im Felde, 26. April 1943

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Mein geliebtes Mädel !

heute wartete ich den ganzen Tag auf Post,
unendlich (?) auf einen Brief von Dir. Gerade kam dann
auch, aber ich war doch ein wenig enttäuscht,
also nur eine Osterkarte mit einem ganz formellen
Gruß von dir eintraf. Aber Du wirst sicher nicht mehr
Zeit haben, und später alles nachholen. Eine
große Überraschung bildete für mich ja dann noch das
von Dir aus R(ohren) abgesandte Päckchen, das heute noch rechtzeitig
auf Ostern eintraf, und für das ich Dir recht herzlich
danke. Ich freute mich ja sehr darüber. Woher hattest Du
denn eine Paketmarke, die ging womögliche Deinem
Bruder (Gustav) ab !? - Heute machte ich einen weiten Oster-
spaziergang, ganz allein, an den großen Seen ent-
lang, in Gedanken warst Du immer bei mir.
Weißt Du, Liebste, manchmal bin ich ganz schwermütig
vor Sehnsucht und Verlangen nach Dir, und meine
Gedanken sind Tag und Nacht von Dir erfüllt. Beim
Schlafengehen halte ich Dich in den Armen, beim Aufwachen
küsse ich Dich wach, und beim Spazieren gehen zeige
ich Dir alles Schöne, und doch bist Du mir
für so lange Zeit so unendlich fern. - Heute ging
einer von unserem Bunker in Urlaub, da wurde
das Thema natürlich eifrig erörtert. So stellte ich
fest, daß ich Dich in Grodno vorerst gar nicht besuchen
kann. Erstens in es Ausland, und zweitens

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erhalte ich die mir zustehenden 3 Reisetage für Süddeutsch-
land nur, wenn ich dort den ersten Aufenthalt mache.
Wenn es also nicht gelingt, daß Du bis ca Ende
August ebenfalls Urlaub erhältst, werde ich Dich, Liebste,
überhaupt nicht sehen, ein Gedanke, den ich gar nicht
ausdenken mag. Es muß unbedingt klappen,
denn ein Urlaub ohne Dich ist für mich wertlos. Was
glaubst Du, mein geliebtes kleines Mädel, wie oft
ich es mir schon ausgemalt habe, wie es sein wird,
wenn ich Dich zum erstenmal treffe, küsse, wie
wir zusammen zuerst nach Berlin zu Deiner Schwester (Emmi)
reisen, dann nach Stuttgart, und von dort schließlich
irgend wo hin in einen kleinen, einsamen,
schönen Ort, wo wir zwei ganz für uns sind.

Ich freue mich unbändig, geht es Dir gerade so ?
Wir müssen uns nur ganz zeitig über den Urlaub
verständigen. Am besten ist es wohl, wenn ich von
hier aus, bestätigt von meiner Dienststelle, ein
Schreiben an Deinen Chefarzt richte, daß ich als
Dein Bräutigam da und da Urlaub erhalte,
und natürlich mit Dir zusammentreffen möchte.
Dann müßter es schon klappen. Im Urlaub verloben
wir uns dann, und den nächsten sollst Du
als mein geliebtes, kleines Weibchen ver-
bringen. - Mein süßes Mädel, schreib mir bald Antwort,
vor allem, wie Du es mit dem Urlaub am
besten hälst. Tausendmal grüßt und
herzinniglichst küßt Dich
Dein Siegi.


Der nächste Brief erscheint am 29. April 2013, 22:00 Uhr
 


Die großen Seen lieben vermutlich in der Mitte des Flußlaufs des Wolchow, da mehrere nur dort vorkommen.

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