im Felde, 22. Juni 1943

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Mein geliebtes Mädchen !

Als heute ein Kamerad zur Stellung ging, um Post zu
holen, hatte ich keine große Hoffnung. Umso größer
war meine Freude, als nun doch ein Brief von
meinem Liebchen dabei war, einen lieben Kuß bekommst
Du dafür. Dein Brief ist vom 14.6. Du warst traurig,
daß Du ausgerechnet an Pfingsten keine Post von mir
erhielst, und ich bin mir selbst böse, daß ich nicht
rechtzeitig schrieb. Aber in der Zwischenzeit hast Du
nun wohl gesehen, daß ich alle nachgeholt habe,
nicht wahr, Liebste. Jetzt bekommst Du Tag für Tag
Deinen Brief, und alle meine Zeilen sind von
meiner Sehnsucht nach Dir begleitet. Ich habe hier
vorn auf der b-Stelle auch soviel Zeit, wenn ich
Dir nur eine einzige Stunde täglich abgeben
könnte. So lange nichts los ist, hat man hier
vorn im Graben das schönste Leben. Freust Du
Dich über die viele Post, Du wirst wohl bald gar nicht
mehr nachkommen, alles zu lesen ?!
Nein, meine Eltern, Geschwister und Kameraden
kommen dabei trotzdem nicht zu kurz. Aber mit Dir
plaudere ich eben zu gern, und wenn ich Dir
schreibe, bist Du mir ganz nahe. Mit offenen Augen
kann ich dazwischen vor mich hinträumen.

Huete sind es genau 2 Jahre, daß wir über die Grenze
gingen. Und kurz vorher begegnete ich Dir. Ganz
leise und sachte bist Du in mein Leben getreten,
und nun bist Du schon gar nicht mehr daraus
wegzudenken. Das ganze Leben gestaltet sich dadurch
anders, viel glücklicher, denn die Zukunft trägt ein

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frohes Gefühl. Wenn nur damals das einer gesagt hätte,
als ich den Blumenladen betrat, wie nahe mir
einst die kleine Verkäuferin kommen würde. Und doch ist
das alles unser Schicksal. Das Bewußtsein gibt einem
ein unsagbares Glück. Jetzt hast Du einen geliebten
Menschen, der nur für Dich da ist, und mit dem
Du bald in festen, unlöslich engen Banden verbunden
sein wirst. So eng ist die Bindung zwischen Mann
und Frau, die sich lieben, wie selbst zwischen Kindern
und Eltern nicht.

Ganz ganz fest glaube ich an unseren Urlaub, und
an unser glückliches Beisammensein. Wie arm
war doch unsere ganze frühere Zeit dagegen !

Es soll unsere Braut-Zeit werden, die schönste Zeit
im Leben. -- Wegen der Stuttgarter Reise fragst
Du wieder, darüber schrieb ich Dir ja im gestrigen
3 Blatt großen Brief. Hoffentlich erhielst Du ihn auch.

Meine Erika ist in Stuttgart schon lange ein Begriff.
Die Mutter fragt in jedem Brief nach Dir.
Die beiden Luftpostmarken vergaß ich das letzte-
mal beizulegen, hier sind sie.

Bleibe mir gesund, meine geliebte
Erika. Hoffentlich konntest Du mir am Sonntag
eine Karte aus Ebenrode senden. Wie war es zu
Hause ? Mit innigen Grüßen und einem
lieben, langen Kuß bin ich
für immer Dein Liebster.

 

N.S. Zwar ist der Kuß auf die Blattecke nur ein sehr bescheidener
Ersatz, aber Du sollst wissen, daß ich das Blatt Papier an die
Lippen drückte, das Du bald in Deinen lieben Händen
halten wirst. Ein klein bißchen von der Liebe wird
er Dir zum Bewußtsein bringen, mit der ich Dich
gerne küssen würde.

 

Hier der Gute-Nacht-Kuß.


 

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