Ostpreußische Nachrichten, Folge 10 vom Oktober 1954

Ostpreußische Nachrichten

Folge 10 vom Oktober 1954

 

Seite 1   Große Vertriebenendebatte in Bonn

Aber nur ein Drittel der Abgeordneten war im Plenum anwesend

Bonn. - Sprecher aller Fraktionen haben in der vergangenen Woche im Bundestag stärkere Bemühungen aller zuständigen Bundesministerien zur Eingliederung der Vertriebenen, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigten gefordert. Bundesvertriebenenminister Theodor Oberländer versicherte, dass die Bundesregierung dieses große Ziel mit allem Nachdruck weiter verfolgen und dabei alle Geschädigtengruppen gleichberechtigt behandeln werde. Die Debatte über eine Große Anfrage der SPD zur Vertriebenenpolitik der Bundesregierung dauerte fast fünf Stunden.

 

Zunächst gab Bundesvertriebenenminister Oberländer einen Überblick über die Arbeit seines Ressorts. Danach habe es Ende August 1954 nur noch 25,7 v.H. arbeitslose Vertriebene gegeben, während ihr Anteil an der Gesamtzahl Vertriebener 1949 noch 38 v.H. betragen habe. Eine halbe Million Vertriebener würden zu Beginn des neuen Baujahres in Wohnungen gut untergebracht sein. Bis zum 31. August 1954 seien 679 000 Personen aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern umgesiedelt worden. Einschließlich der Evakuierten und Flüchtlinge sollen bis Ende 1955 insgesamt 915 000 umgesiedelt sein. Der Finanzbedarf dafür sei gedeckt. 280 000 der insgesamt 337538 in die Länder eingewiesenen Sowjetzonenflüchtlinge seien, bezüglich Wohnraum zufriedengestellt worden. Es gebe noch 290 000 Lagerinsassen zuzüglich 140 000 Sowjet-Zonenflüchtlingen, die in Durchgangslagern leben. Bis Ende des Rechnungsjahres sollen 30 000 Lagerinsassen in Wohnungen untergebracht werden. Die Zahl der in Lagern lebenden Evakuierten betrage 25 000. Die Vorfinanzierungsmaßnahmen für den Lastenausgleich hätten einen Umfang von 856 Millionen DM erreicht. Mehr als 100 Millionen DM würden außerdem bis Ende 1954 erwartet. Ferner soll eine Umsiedlungsanleihe in Höhe von 200 Millionen DM aufgelegt werden. Seit Inkrafttreten des Flüchtlingssiedlungsgesetzes seien 52 732 Vertriebene und Flüchtlinge in die Landwirtschaft eingegliedert worden.

 

In der Aussprache betonte der CDU-Abgeordnete Walter Rinke, dass das Problem mit deutschen Mitteln allein nicht zu lösen sei. Auch der SPD-Abgeordnete Wenzel-Jaksch äußerte sich in diesem Sinne. Er kritisierte jedoch, dass 75 v.H. der Geschädigten bisher nicht mehr als die Hausratshilfe aus dem Lastenausgleich erhalten hätten. Ein BHE-Sprecher betonte, die Unzufriedenheit unter den Geschädigten werde jetzt größer, weil sie sich vom Lastenausgleich mehr erhofft hätten, als er nach zwei Jahren Laufzeit gebracht habe.

 

 

Seite 1   Oberländer und Reichenberger erwartet

Der bekannte Vorkämpfer für die Menschenrechte der Vertriebenen, Pater Dr. Reichenberger, wird am 9. und 10. Oktober als Gast der Sudetendeutschen Landsmannschaft zum ersten Mal in Berlin weilen. Er wird auf der Hauptkundgebung der „Sudetendeutschen Heimattage am 10. Oktober sprechen. Gleichfalls am 10. Oktober wird Bundesvertriebenenminister Professor Dr. Theodor Oberländer zu einem kurzen Besuch in Berlin erwartet, in dessen Rahmen auch wiederum eine Aussprache zwischen dem Minister und den Vertretern der Berliner Vertriebenen stattfindet.

 

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft macht darauf aufmerksam, dass Pater Reichenberger nur innerhalb der „Sudetendeutschen Heimattage", und zwar am Sonntag, dem 10. Oktober um 10.30 Uhr im „Wintergarten", Hasenheide, sprechen wird. Eine beschränkte Anzahl von Karten für diese Veranstaltung erhalten alle Landsmannschaften des BLV zur Abgabe an Interessenten, um auch den Vertriebenen der anderen Landsmannschaften die Begegnung mit Pater Reichenberger zu ermöglichen.

 

Außerdem werden noch andere Persönlichkeiten der Vertriebenenbewegung in Berlin im Oktober erwartet, unter anderen die Schriftsteller Werner Bergengruen (Deutsch-Balten) und Graf Gottfried von Fickenstein (Westpreußen). Im Rahmen der „Sudetendeutschen Heimattage" werden auch zahlreiche Vertreter des tschechoslowakischen Exils Berlin besuchen. In führenden Kreisen der Berliner Vertriebenen erwartet man von der zweiten großen Aussprache der Vertreter der Berliner Vertriebenen mit dem Bundesvertriebenenminister eine weitere Festigung der Zusammenarbeit in den wichtigen sachlichen Fragen, die alle Vertriebenen interessieren.

 

 

Seite 1   Nach Redaktionsschluss. Kuratorium nach Berlin

In einer Grußadresse der Berliner Vertriebenen an das Kuratorium „Unteilbares Deutschland", das am Montag in Königswinter seine erste Arbeitssitzung durchführte, fordert der Vorsitzende des Berliner Landesverbandes der Vertriebenen, Dr. Alfred Rojek, gleichzeitig die Verlegung des Hauptsitzes des Kuratoriums „Unteilbares Deutschland" von Bad Godesberg nach Berlin. Wie es in dem Telegramm weiter heißt, sind die deutschen Vertriebenen der Meinung, dass eine gesamtdeutsche Bewegung nur dann einen echten Erfolg haben könne, wenn sie ihren Sitz in Berlin als der eigentlichen Hauptstadt Deutschlands habe.

 

 

Seite 1   Höhere Unterhaltshilfe geplant

Bonn (DPA). Die Unterhaltshilfe aus dem Lastenausgleich soll rückwirkend vom 1. Juli dieses Jahres an erhöht werden. Der Bundesausschuss für den Lastenausgleich hat, wie am Mittwoch bekannt wurde, auf Antrag der CDU/CSU einstimmig einen Gesetzentwurf beschlossen, wonach Vorschusszahlungen bis zum Inkrafttreten einer späteren Novelle zum Lastenausgleichsgesetz geleistet werden sollen. Die Vorschüsse sollen die Unterhaltshilfe für den Berechtigten selbst um monatlich 15 Mark, für den Ehegatten oder für zuschlagsberechtigte Pflegepersonen um 12,50 Mark und für jedes berechtigte Kind oder Vollwaisen um 7,50 Mark erhöhen. Die Vorschüsse sollen nach Möglichkeit noch vor Weihnachten ausgezahlt werden.

 

 

Seite 1   Die Aufgabe der Wiedervereinigung

Anlässlich des „Tages der Heimat" in der Bundesrepublik hielt der Vorsitzende des VdL, Dr. Lodgman von Auen, am 11. September in Stuttgart eine Rede, die wir wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung in Auszügen unseren Lesern übermitteln wollen:

 

Während bis zum vorigen Jahrhundert die Auseinandersetzungen zwischen den Staaten und Völkern um reale Bedürfnisse territorialer oder wirtschaftlicher Natur gingen, ist das jetzige Jahrhundert dem Kampfe um die Ideologien gewidmet, wobei sie von den einen aufrichtig gemeint, von den anderen zur Begründung und als Vorwand für die Erreichung materieller Interessen gepredigt werden.

 

Aus diesen Ideologien aber ist für das deutsche Volk das Unheil erwachsen, an dem wir auch heute noch kranken und dessen wir am „Tage der Heimat" gedenken müssen.

 

Es ist klar, dass wir unsere Heimat erst wiedergewinnen müssen und das gilt nicht nur für die vertriebenen Volksgruppen und die Flüchtlinge aus der Sowjetzone, sondern auch für die einheimische Bevölkerung. Einheimische und Vertriebene haben also das gleiche Interesse und diese gleichen Interessen bedingen eine gleiche Politik. Da sich herausgestellt hat, dass Frankreich an einer Einigung Europas kein Interesse hat, weil es das besiegte Deutschland mehr fürchtet, als den unter bolschewistischer Herrschaft stehenden asiatischen Kontinent, so verschiebt sich die Verantwortung für Europa immer mehr auf seine Mitte, also auf das deutsche Volk. Wenn aber Deutschland in diesem Sinne tätig werden soll, dann kann es dies nur als freier, gleichberechtigter Staat und die logische Folge der Entwicklung ist daher die Erlangung der deutschen Souveränität, die zunächst den Einheimischen ihre Heimat ideell wiedergäbe. Die Wiedergewinnung der Heimat der vertriebenen Volksgruppen und der Flüchtlinge aber hängt von der Vereinigung der zwei deutschen Staaten ab, die Heimat im Osten kann niemals wiedergewonnen werden, wenn nicht vorher die Vereinigung mit der Mitte erfolgt ist.

 

 

Seite 1   Breslauer Industrieausstellung 1954

In Breslau ging eine Industrie-Ausstellung zu Ende, die nach Angaben der polnischen Presse und des Ostrundfunks zur „größten Leistungsschau der wichtigsten Erfindungen und technischen Errungenschaften auf dem Gebiete Volkspolens" ausgewachsen ist.

 

Zweifellos würde sich trotz aller Lobeshymnen polnischerseits bei einem Vergleich etwa mit der industriellen Entwicklung Westdeutschlands und Westeuropas das Bild der polnischen Industrie von heute - das diese Ausstellung zeigte - bescheiden ausnehmen. Doch ein solcher Vergleich wäre irreführend. Zweckmäßiger erscheint es, den heutigen Stand der polnischen Industrie mit dem der Vorkriegszeit oder auch nur mit dem von 1951 zu vergleichen; und dabei zeigt sich ein unübersehbarer Fortschritt. Die Berichte von den Jubelstürmen und der Begeisterung, mit denen das polnische Volk die Leistungen seiner Erfinder und Konstrukteure, seiner „Rationalisatoren" und Ingenieure erlebte, sind sicherlich übertrieben, aber im Großen und ganzen falsch. Bestimmte Teile der Breslauer Ausstellung mussten bei einem Volke, das sich sprunghaft zum Industrievolk entwickelt, einen faszinierenden Eindruck hinterlassen.

 

Die meisten einfachen Besucher sahen zum ersten Mal in ihrem Leben moderne Maschinen und Geräte der Metallbearbeitung, Riesenbaukräne, Bagger und Verladeeinrichtungen, Kunststofferzeugnisse aller Art und wichtige, bisher entbehrte Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Entsprechend dem Zweck der Ausstellung, Errungenschaften des technischen Fortschritts bekannt zu machen, waren viele Maschinen in Betrieb, „Bestarbeiter" und „Rationalisatoren" zeigten ihre nach sowjetischen Vorbildern entwickelte Arbeitsweise.

 

Was in Breslau aber - verständlicherweise - weder ausgesprochen noch empfunden wurde, war die Tatsache, dass es sich bei den gezeigten Leistungen und Produktionsergebnissen fast ausschließlich um überdurchschnittliche, von staatlich geförderten Schwerpunktbetrieben erzielte Arbeitsergebnisse handelte. Den meisten Werken der polnischen Industrie fehlen nach wie vor die Mittel, vor allem aber die Menschen zur Verwirklichung der geplanten Entwicklung auf Breitenbasis. Die mit großem Aufwand wachgerufene „Initiative von unten" erlahmte noch stets gegenüber den Hindernissen in den Betrieben selbst und angesichts der Bürokratie der höheren Stellen.

 

Die Frage bleibt also offen, ob es der polnischen Industrie gelingen wird, beachtliche Einzelleistungen durch Ausbildung und Propaganda aller Art auch im Durchschnitt ihrer Betriebe zu erreichen. Die Aussichten dafür erscheinen gering, wenn man bedenkt, dass der Stamm alterfahrener Fachkräfte heute sehr klein ist und dass somit auch das tragende Element gediegener Berufsausbildung und -erfahrung für die meisten Industriezweige fehlt. Die kommunistische Führung erwartet zwar gerade von der heranwachsenden Schicht junger Arbeiter, Techniker und Ingenieure die Kräfte, die mit den offensichtlichen Mängeln der bisherigen Entwicklung fertig werden sollten. Vorerst allerdings sieht es noch immer so aus, als ob in „Volkspolen" noch für lange Zeit der technische Fortschritt mit weiterer menschlicher Verarmung erkauft werden müsste.

 

 

Seite 2   Zwei wichtige Durchführungsbestimmungen

Endlich Durchführung des Fremdrentengesetzes / Das Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz

Der 11. August 1954 ist für Hunderttausende von Renten- und Unfallversicherten in der Bundesrepublik zu einem bemerkenswerten Datum geworden. An diesem Tage ist die „Erste Verordnung zur Durchführung des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes vom 31.07.1954" im Bundesgesetzblatt verkündet worden und rückwirkend zum 01.04.1952 in Kraft getreten. Damit hat ein Schwebezustand sein Ende gefunden, der für Tausende von Rentnern und Rentenantragstellern unerträglich geworden war.

 

Das Fremdrentengesetz selbst, das offiziell „Gesetz über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Land Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung vom 7. August 1953" heißt, wurde zwar bereits vor mehr als einem Jahr verkündet und rückwirkend zum 1. April 1952 in Kraft gesetzt. Die zahllosen Rentner und Rentenantragsteller, die seinerzeit das rückwirkende Inkrafttreten des Gesetzes lebhaft begrüßt hatten, erlebten in der Folgezeit jedoch eine schwere Enttäuschung. Die Rentenversicherungsträger antworteten nämlich auf ihr Drängen nach Erledigung ihrer Rentenanträge, die in Einzelfällen schon durch Jahre hindurch anstanden, mit der stereotypen Mitteilung, „dem Antrage könne noch nicht nähergetreten werden, weil erst die Durchführungsverordnung zum Fremdrentengesetz abgewartet werden müsse". Das Fremdrentengesetz hatte zwar die Rechtsgrundlage für Leistungen aus Versicherungsverhältnissen bei nicht mehr bestehenden, stillgelegten oder außerhalb des Bundesgebietes befindlichen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet geschaffen. Es hatte jedoch gleichzeitig eine ganze Reihe von Tatbeständen der Regelung durch Durchführungsverordnungen überlassen. Ohne diese Durchführungsverordnungen konnten die Rentenanträge entweder überhaupt nicht oder nur teilweise erledigt werden. Es ist infolgedessen begreiflich, dass die Versicherten und ihre Organisationen immer dringlicher die Herausgabe dieser Durchführungsverordnungen forderten.

 

Erst jetzt werden auf Grund des Fremdrentengesetzes Leistungen möglich, die auf Versicherungen bei nicht mehr bestehenden deutschen Versicherungsträgern, z. B. bei der 1945 stillgelegten Reichsversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, bei deutschen Versicherungsträgern außerhalb der Bundesrepublik und des Landes Berlin (z. B. bei den Sozialversicherungsanstalten der sowjetischen Besatzungszone), bei nichtdeutschen Versicherungsträgern (z. B. bei tschechoslowakischen, ungarischen, rumänischen, polnischen Versicherungsträgern), zurückgehen. Zwar lässt diese erste Verordnung noch manchen Wunsch offen. Die Großzahl der anstehenden Rentenanträge wird jedoch nunmehr einer endgültigen Erledigung zugeführt werden können.

 

 

Seite 2   Heimkehreranspruch bis Ende Januar 1955 anmelden!

Zu dem am 30. Januar 1954 verabschiedeten Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz sind inzwischen die Durchführungsbestimmungen erlassen worden. Hiernach obliegt die Durchführung dieses Gesetzes den Landkreisen, den kreisfreien Städten und Regierungen, also den Fürsorgebehörden, die für die Bearbeitung besondere Referate für Kriegsgefangene und Heimkehrer eingerichtet haben.

 

Entschädigungsberechtigt sind alle jetzt noch in der Kriegsgefangenschaft befindlichen Deutschen und alle ehemaligen Kriegsgefangenen, die vom 1. Januar 1947 an noch in Gefangenschaft waren und ihren Wohnsitz im Bundesgebiet oder in Westberlin haben. Als Kriegsgefangene werden alle Deutschen angesehen, die wegen ihres militärischen oder militärähnlichen Dienstes gefangengenommen oder von einer ausländischen Macht festgehalten wurden oder noch festgehalten werden.

 

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Dauer der Gefangenschaft. So wird vom 1. Januar 1947 ab für jeden Kalendermonat ein Betrag von 30,-- DM gewährt. Nach weiteren zwei Jahren der Gefangenschaft, also vom 1. Januar 1949 ab, erhöht sich der Betrag auf monatlich 60,-- DM.

 

Den Spätestheimkehrern, die der Dringlichkeitsstufe 1 angehören, sind nach dem Willen des Gesetzgebers die Entschädigungen so schnell wie möglich auszuzahlen. Die Entschädigungsanträge von Kriegsgefangenen, die seit dem 1.1.1953 zurückgekehrt sind, müssen vor allen anderen Anträgen unverzüglich geprüft und bearbeitet werden.

 

Antragstellung. Der Antrag ist in dreifacher Ausfertigung einzureichen. Hiervon wird unmittelbar nach der Antragstellung eine Ausfertigung dem Statistischen Landesamt, die andere dem Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte in Bonn für den Suchdienst übersandt.

 

Die Punkttabelle: Die Faktoren, die die soziale Lage des Berechtigten bestimmen, sind folgende:

1. das Familieneinkommen,

2. die Größe der Familie,

3. der Gesundheitszustand des Heimkehrers,

4. die Zeit der Erwerbsmöglichkeit,

5. die besonderen Lebensumstände der Familie.

Besondere Fälle: Vertriebene, Flüchtlinge, Kriegsgeschädigte, Arbeitslose und Arbeitsunfähige erhalten einen Zuschlag bis zu 25 Prozent der errechneten Punktezahl. Ebenso wird eine besondere Notlage berücksichtigt, die durch Krankheit entstanden ist.

 

 

Leistungen des Bundesausgleichsamtes

Nach Mitteilung des Bundesausgleichsamtes wurden im Rechnungsjahr 1953 an Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau 229 Mio. DM bewilligt. An dieser Summe sind die Kriegssachgeschädigten und die Vertriebenen etwa je zur Hälfte beteiligt. Die bewilligte Summe entspricht 39% der insgesamt in diesem Zeitraum beantragten Darlehenssumme. Bei einem Förderungssatz von durchschnittlich 3000 DM konnte die Voraussetzung für den Bau von 78 000 Wohnungseinheiten geschaffen werden. An Anträgen nach dem Härtefonds des Lastenausgleichsgesetzes hat das Bundesausgleichsamt bis zum 30. Juni 1954 rund ein Viertel mit 53,5 Mio. DM bewilligt, und zwar rund 60% an Sowjetzonenflüchtlinge, 27% an Vertriebene und 8% an Spätheimkehrer. Der Rest von 5% verteilt sich auf Saarausgewiesene, Helgoländer und sonstige Geschädigte.

 

 

Seite 2   Erste Altrentenzahlungen im Dezember

Bonn (AP). Rentner über 65 Jahre und Witwen über 60 Jahre werden die ersten Zahlungen nach dem Altrentengesetz voraussichtlich mit ihrer Dezemberrente erhalten, wie Bundesarbeitsminister Storch auf einer Pressekonferenz mitteilte. Auf jeden Fall würden zu diesem Zeitpunkt Vorschüsse auf die im Höchstfalle 30 DM betragenden Zuschläge ausbezahlt werden.

 

 

Bei der Bewertung der Beitragsleistungen werden die in Goldmark gezahlten Beiträge doppelt so hoch bewertet wie die nach dem 1. Januar gezahlten Beiträge. Voraussetzung für eine Rentenerhöhung ist, dass Beiträge vor dem 1. Januar 1939 gezahlt worden sind.

 

Der SPD-Abgeordnete Schellenberg bezweifelte, dass die Auszahlung so rechtzeitig erfolgen könne. Er bestand deswegen darauf, als Sofortmaßnahme vorweg entsprechend den Vorschlägen der SPD eine Sonderzulage In Höhe einer Monatsrente zu gewähren. Dies sei auch deshalb gerechtfertigt, weil die Rentenerhöhung ursprünglich bereits vom 1. Mai dieses Jahres an habe erfolgen sollen.

 

Die Aufwendungen für die Rentenaufbesserungen betragen nach Storchs Angaben 680 Millionen DM jährlich. Die Mittel sollen zum Teil aus Kassenüberschüssen der Versicherungsträger, zum anderen Teil aus einer Verlagerung des Beitragsaufkommens in Höhe von 450 Millionen DM von der Arbeitslosenversicherung auf die Rentenversicherung aufgebracht werden. Die Arbeitslosenversicherung werde damit vom 1. April nächsten Jahres an statt vier Prozent der versicherungspflichtigen Lohnsummen nur drei Prozent erhalten.

 

Die Höhe des Mehrbetrages ist individuell verschieden. Je länger ein Versicherter Beiträge in Goldmark gezahlt hat, desto höher wird seine Zulage sein. Storch sagte, dem Gesetz seien in Zusammenarbeit mit den Versicherungsträgern ausgearbeitete Tabellen beigefügt, womit die Erhöhungen ohne Schwierigkeiten errechnet werden könnten.

 

 

Seite 2   „Moskau-Karten" warten auf Zustellung

München. 111600 sogenannte „Moskau-Karten" des Roten Kreuzes lagern noch bei den Heimatortskarteien der kirchlichen Wohlfahrtsverbände und warten auf ihre Zustellung. Die Post kann die Karten, die deutsche Kriegsgefangene in der Sowjetunion von 1945 bis 1947 an ihre Angehörigen in den geräumten deutschen Ostgebieten schrieben, nicht zustellen, weil die neuen Anschriften der nach Westdeutschland vertriebenen Empfänger unbekannt sind. Wie die Zentralstelle der Heimatortskarteien in München mitteilte, waren anfänglich 204 000 solcher unzustellbaren Karten vorhanden. In jahrelanger mühseliger Nachforschungsarbeit seien jedoch in 92 400 Fällen die neuen Anschriften der Empfänger ermittelt und die Karten ausgeliefert worden. So könne es möglich sein, dass entlassene Kriegsgefangene jetzt ihre eigenen Karten zu lesen bekommen. Für viele Angehörige werde aber vielleicht das letzte Lebenszeichen des Gefangenen übermittelt. Die Zentralstelle weist darauf hin, dass ihre Arbeit wesentlich erleichtert würde, wenn sich jeder Heimatvertriebene, der Angehörige bei der ehemaligen deutschen Wehrmacht hatte und sie noch vermisst, unter Angabe der früheren Heimatanschrift und jetzigen Adresse melden würde. Die Zentralstelle, der zwölf Heimatortskarteien nach landsmannschaftlicher Gliederung im Bundesgebiet angeschlossen sind, befindet sich in München, Lessingstraße 1.

 

 

Seite 2   5000 Pommern in Ruhleben Dr. Eggerl: „Wiedervereinigung erster Schritt"

Unter dem Wahlspruch „Pommern - deutsch immerdar" wurde in Anwesenheit von über 5 000 Pommern aus Berlin, Mitteldeutschland und Schleswig-Holstein der diesjährige „Pommerntag" auf dem Gelände der Trabrennbahn Ruhleben festlich begangen. Im Mittelpunkt des Tages standen die Ausführungen des Sprechers der Pommerschen Landsmannschaft im Bundesgebiet, Dr. Oskar Eggert.

 

Zu Beginn der zahlreichen Einzelveranstaltungen stand die Eröffnung der interessanten' „Pommernausstellung", die aus Privatbesitz (u. a. von Dr. Priebe und Hugo Topp) zusammengestellt wurde. Besondere Aufmerksamkeit erregten Holzschnitzarbeiten, Einzelausgaben pommerscher Heimatliteratur und eine Puppe in der Weizackertracht.

 

Mit den traditionellen Gottesdiensten beider Konfessionen, gehalten von Pfarrer Krössin/Kolberg und Pfarrer Ramatschi, wurden die Veranstaltungen des Nachmittags eingeleitet. Unter dem Beifall der 5 000 Pommern und der zahlreichen Ehrengäste marschierten Fahnen und Trachten in das Rund ein. In Vertretung des BLV-Vorsitzenden, Dr. Rojek, grüßte der stellv. Vorsitzende der LM Ostbrandenburg-Neumark, Gutsche, die Versammelten im Namen der Berliner Vertriebenen. Für die Berliner selbst übernahm die Grüße MdB Ernst Lemmer, der deutlich darlegte, dass es ohne die Wiedervereinigung keine Rückkehr in die Heimat geben werde. Der Weg in die Heimat sei aber nicht durch einen Krieg, sondern nur durch eine zielbewusste Politik zu öffnen.

 

Die Wiedervereinigung war auch das Generalthema der Rede des pommerschen Sprechers Dr. Eggert. Die Herbeiführung der Einheit Deutschlands bedinge die Wiedervereinigung als ersten Schritt. Dr. Eggert wies darauf hin, dass es das Anliegen der Pommerschen Landsmannschaft sei, ihren Teil zur Wiedervereinigung durch aktive politische Arbeit beizutragen.

 

Der Abend der Veranstaltung war gefüllt von den mannigfachen Begegnungen. Preisstechen und ein Schützenwettbewerb, Kinderbelustigungen und Tanz rundeten den Pommerntag zu einem gelungenen Erlebnis ab. Lichtbildvorführungen ergänzten das Programm.

 

 

Seite 2   Vertriebene bauen Autos

Die Auto Union GmbH, beschäftigt, wie aus Düsseldorf mitgeteilt wird, in ihren Werken rund 3690 Flüchtlinge, die aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße oder aus dem Sudetenland kamen. Die gesamte Belegschaft umfasst jetzt 11365 Köpfe. Von der Produktion, die in den ersten sechs Monaten 1954 über 50 000 Fahrzeuge betrug werden 20 bis 25 Prozent in 54 Ländern der Erde exportiert.

 

 

Seite 2   Kurznachrichten

Zur Gebührenfrage für Erbscheine zum Zwecke des Lastenausgleichs

Wie das Bundesvertriebenenministerium mitteilt, besteht nach Rückfrage beim Bundesjustizministerium keine Rechtsgrundlage für eine allgemeine Gebührenbefreiung. Jedoch hat der Bundesjustizminister Ende August die Landesjustizverwaltungen erneut auf die Möglichkeiten hingewiesen, Gebühren nicht oder nur in einer für die Beteiligten tragbaren Höhe zu erheben. Nach den gegebenen Anweisungen ist bei Gesuchen zur Niederschlagung bei Gerichtskosten wohlwollend zu verfahren. Nach einer amtlichen Mitteilung der polnischen „Wojewodschaftsverwaltung" von Oppeln benötigen Deutsche, die innerhalb der „Wojewodschaft Opole" ihren Wohnsitz wechseln wollen, künftig keine Sondergenehmigung der polnischen Behörden mehr. Lediglich bei einem Wohnwechsel in eine andere „Wojewodschaft" müssen die polnischen Dienststellen darüber unterrichtet werden.

 

 

Seite 3   Erntedankfest

Die Felder daheim sind abgemäht, die Hackfrüchte werden in breiten Wagen in die Höfe gefahren, die letzten Äpfel in den Bäumen leuchten im matten Licht des Herbstes. Das Land liegt ruhig da, als ob nichts geschehen wäre. Wir kommen in der Fremde zusammen, um ein Fest der Heimat zu begehen, das jedes Mal zu einem Feiertag wurde - das Erntedankfest. Auf hochgetürmten Wagen sind wir hinausgefahren zu den Kirchen und den Altären, die wir Christus und der Jungfrau Maria auf den Feldern errichtet hatten. Diese Altäre und Kreuze stehen heute in der Heimat verwittert inmitten der herbstlichen Erde, nur in den Dörfern ist ein lauter Trubel. Wir stehen hier mit leeren Händen bei unserem Erntedankfest. Wir suchen den Boden, der unsere Saat und Ernte trägt. Und an jedem dieser Erntedanktage fern der Heimat müssen wir daran denken, wie stark wir mit dem Boden unserer Heimat verwachsen waren. Es ist nicht mehr wie in der Heimat ein Fest des Jubels - es ist ein Tag des Besinnens geworden.

 

 

Seite 3   Weltmeisterin aus Danzig

Mit der großen „Völkerwanderung", die nach dem unseligen Kriege einsetzte, kam ein blasses 19-jähriges Mädchen mit seiner Mutter von Danzig nach Schleswig-Holstein. Der Name Krey sagte niemanden etwas. Später bekam er ein „Happe" davor und im deutschen Schwimmerlager einen guten Klang; seit kurzem aber ist er in ganz Europa bekannt: die mit Danziger Goldwasser getaufte Ursula Happe-Krey gewann für Deutschland im Wasser eine Goldmedaille. Sie krönte ihre sportliche „Völkerwanderung" in Turin mit dem Sieg in der Europameisterschaft im 200-m-Brustschwimmen.

 

Als die schlanke, blonde Ursula Happe-Krey kürzlich erschöpft, aber überglücklich für einen kurzen Moment allein in der Umkleidekabine des Turiner Stadions Civio war, bedauerte sie nur, dass ihr Vater diesen stolzen Triumph nicht mehr erleben durfte. Er war es, der Ursula als erster mit dem nassen Element vertraut gemacht hat. Zwar hatte er nicht den Ehrgeiz, aus seiner Tochter eine Rekordschwimmerin zu machen, aber als Bademeister wusste er, dass es mehr Wasser als Sand auf der Erde gibt, und dass Schwimmen somit eine Lebensnotwendigkeit ist. Ursulas Vater fiel in Stalingrad.

 

Nach dem Tode des Vaters setzte Ursulas Nomadenleben ein. Erst 1950 wurde sie in Dortmund sesshaft und heiratete dort. Aus Ursula Krey wurde Ursula Happe-Krey. Innerlich veränderte sich die am 20. Oktober 1926 geborene Schwimmerin aber nicht, sie blieb das sympathische, bescheidene, nie verzagende Mädchen. Zäh verfolgte Ursula bisher ihre Ziele, die sie sich steckte. Vor keiner Arbeit scheute sie zurück, als es galt, auf der unfreiwilligen Wanderung durch Deutschland das für den Lebensunterhalt notwendige Geld für sich und ihre Mutter zu verdienen. So viele Etappen sie bis Dortmund zurücklegte, so viele Berufe übte sie aus. Ob es sich um Landarbeit, um Laborarbeiten in einer Molkerei oder Büroarbeiten handelte, Ursula erledigte alles zur Zufriedenheit ihrer Arbeitgeber. Heute gilt ihre Sorge vor allem ihrem einjährigen Töchterchen, das bei Erwähnung des Namens „Happe" vorläufig nur an Essen und Trinken denkt

 

 

Zu einer ostpreußischen Feierstunde mitten im Großstadtgetriebe Westberlins gestaltete sich die Premiere von Hermann Sudermanns „Johannisfeuer auf der neuen Freilichtbühne im Volkspark Hasenheide. War noch am Vorabend eines der schwersten Gewitter niedergegangen, das Berlin in diesem regenreichen Sommer erlebt hatte, so wölbte sich am Premierenabend (9. September 1954) ein sternklarer Himmel über der Szenerie und der Vollmond gab sich alle Mühe, den Tiefstrahlern über der Naturbühne Konkurrenz zu machen.

 

Dass ausgezeichnet gespielt und das ostpreußische Milieu gut getroffen wurde, dafür hatte Regisseur Eduard Matzick bestens gesorgt. Der jetzt 50-jährige Ostpreuße, der wie Hermann Sudermann auf dem Gut Matzicken im Kreis Heydekrug geboren wurde, lebt seit 1924 in Berlin. Bereits vor dem 2. Weltkrieg hatte er sich als Kunstmaler und Bühnenbildner einen Namen gemacht. Seine Bilder wurden auf den verschiedensten Ausstellungen gezeigt und auch in seiner engeren Heimat, in Heydekrug und Memel, gab es nicht wenige, die seine Ölgemälde, Radierungen und Zeichnungen, die zumeist heimatliche Motive zeigten, zu schätzen wussten.

 

Nach dem Kriege wandte Matzick sich mehr und mehr dem Theater zu. Er trat mit einer Reihe von Inszenierungen an die Öffentlichkeit, die sich durch Echtheit des Milieus und stilvoller Regieführung auszeichneten. So wurde auch das schon vor 50 Jahren geschriebene Schauspiel von Sudermann, in der Urfassung inszeniert, ein großer Erfolg. Gewiss ein Experiment. Aber die herzliche Anteilnahme der Zuschauer an dem Geschehen im Hause Vogelreuter bewies, dass Sudermanns „Johannisfeuer" auch heute noch zweifelhafte Modernisierungsversuche nicht nötig hat. Vor allem fühlten sich die zahlreichen heimatvertriebenen Landsleute, die der Aufführung beiwohnten, angesprochen. Sie hörten die altvertraute Mundart und erlebten innerlich ergriffen ein Stück Heimat, auch wenn die Handlung nicht mehr ganz in unsere Zeit hineinpassen will und wir Heutigen die Konflikte, die Sudermann hier dramatisch sich zuspitzen lässt, vielleicht anders lösen würden.

 

Aus der Reihe der Darsteller verdienen besonders hervorgehoben zu werden: Paul Löffler als Gutsbesitzer Vogelreuter; Heike Balzer als Marikke; Gisella Reichenbächer als Tochter Trude; Henry Georgy als Baumeister von Hartwig und Harry Urbano als Hilfsprediger, der zu seiner glänzenden Darstellung auch noch die Mundart als Ostpreuße von Hause aus mitbrachte. Eingangs sang Jupp Koczyk begleitet von Erich Gutzeit, das Ostpreußenlied.

 

Zwischenzeitlich ist die Spielzeit der Freilichtbühnen beendet und „Johannisfeuer" wird am 1. Oktober 1954 um 20.00 Uhr im Neuköllner Theater (Stadt. Saalbau), Karl-Marx-Straße 141, weiterbrennen. R. Brieskorn

 

 

Seite 4   Ernst Gaedtke 75 Jahre alt

Der Kreisbetreuer der Kreisgruppe Tilsit, Tilsit-Ragnit und Elchniederung, Ernst Gaedtke, feierte am 18. September 1954 seinen 75. Geburtstag. Mit ganz besonderer Herzlichkeit nimmt die Kreisgruppe an diesem Ehrentage ihres Kreisbetreuers teil. Mit großer Dankbarkeit denkt sie daran, dass Landsmann Gaedtke seit 1950 seine ganze Kraft zum Wohle aller eingesetzt hat. Durch seine Korrektheit und Lauterkeit, verbunden mit einer schlichten, menschlichen Wärme, hat er die Herzen aller Landsleute gewonnen. Die Kreisgruppe Tilsit, Tilsit-Ragnit und Elchniederung dankt ihrem Kreisbetreuer ganz besonders herzlich für alle seine Arbeit und wünscht Herrn Gaedtke noch viele Jahre Gesundheit. Möge es ihm im Leben doch noch vergönnt sein, unsere Heimat wiederzusehen.

 

Die Kreisgruppe Tilsit, Tilsit-Ragnit und Elchniederung Die Landsmannschaft Ostpreußen-Berlin schließt sich den Wünschen der Kreisgruppe Tilsit, Tilsit-Ragnit, Elchniederung auf das wärmste an und dankt Herrn Gaedtke für seine erfolgreiche Tätigkeit als Kreisbetreuer und Mitarbeiter innerhalb der Landsmannschaft. Landsmannschaft Ostpreußen gez. Dr. Matthee, 1. Vorsitzender

 

 

Seite 4   Aus dem Deklamatorium von Robert Johannes

Regen

Es pladdert ohne Ende,

Bindfäden jeden Tag;

Wohin man sich auch wende,

Es pladdert allgemach.

 

Schon jeder Wurm in Preußen,

Is glücklich eingeweicht

Und krächzt und hat das Reißen,

Das macht: Es ist zu feucht.

 

Beim Leitungswerk dort oben

Is wieder was entgleist;

Der Deiwel hat's verschoben,

Der Petrus ist verreist.

 

Nu drippelt es un pladdert

Und plurkscht ohn‘ Unterlaß

Und gießt und klatscht un quaddert

Bis alles quitschenaß.

 

De Muttche gab e Groschen

Als Bahngeld - ach, wie süß!

„Vergeßt nich die Galloschen,

Sonst kriegste nasse Fieß!"

 

Nu panscht der dös'ge Bengel

Im Rinnstein bis ans Knie,

Und fällt er mal vom Stengel,

Denn quatscht es wie noch nie!

 

Der Klepper an der Ecke

Stöhnt: Kutscherche, ich kleb'!"

Der bringt die Pferdedecke,

Die Tantche nimmt das Cape.

 

Der Droschkengaul liebt Pfützen,

Man radelt selbst im Patsch,

Und um die Ohren spritzen

Kann dir der schönste Matsch.

 

Ob deine Seele heiter,

Ob tief bekümmert du –

Da draußen pladdert's weiter

Und pfeift sich eins dazu.

 

Und eh' die Sonn' wird siegen,

Hast du se manches weg!

Dem Rheuma und die Fliegen,

Dem Schnupfen und dem Dreck!

 

 

Seite 4   Eine „Tote Zone" zieht sich durch Ostpreußen

Berlin (hvp). Quer durch Ostpreußen zieht sich die Demarkationslinie, die den „Rayon Kaliningrad" genannten sowjetischen Verwaltungsteil Nord-Ostpreußen vom polnisch verwalteten südlichen Ostpreußen nahezu hermetisch abschließt. Auf beiden Seiten dieser Demarkationslinie zieht sich eine „Tote Zone" hin, in der sich kaum ein Mensch befindet und in der die Städte und Dörfer niedergerissen wurden. Aus jenen Gebieten liegen bisher kaum Augenzeugenberichte vor. Jetzt hat eine Gruppe von Deutschen, die von den polnischen Behörden aus dem polnischen Verwaltungsgebiet Ostpreußens nach der Sowjetzonenrepublik umgesiedelt wurden und kurze Zeit nach ihrem Eintreffen nach Westberlin flüchteten, erstmals dem Berliner Korrespondenten des „Pressedienstes der Heimatvertriebenen" über den Zustand der deutschen Städte und Ortschaften entlang der Demarkationslinie zwischen dem sowjetischen und polnischen Verwaltungsgebiet in Ostpreußen berichtet:

 

Von der Stadt Braunsberg, die von den Polen „Braniewo" genannt wird, bis zur polnisch-sowjetischen Demarkationslinie sind es nur knapp zehn Kilometer. Doch bereits nach fünf Kilometern sind Stacheldrahtverhaue und tiefe Gräben angelegt worden, so dass der Streifen bis zur eigentlichen Demarkationslinie fünf Kilometer breit ist. Dieses „Sicherheitsgebiet" darf nicht betreten werden. Polnische Bauern, die in diesem Gebiet ihre Äcker und Felder haben, dürfen nur unter Bewachung polnischer Militärposten die landwirtschaftlichen Arbeiten ausführen, berichteten die Deutschen.

 

Auch entlang der Trennungslinie im sowjetischen Verwaltungsteil seien größere Absperrmaßnahmen und eine teilweise Räumung der in unmittelbarer Nähe der Linie gelegenen Ortschaften durch die sowjetischen Militärbehörden veranlasst worden. In Abständen von 300 bis 400 Metern stehen 15 Meter hohe Beobachtungstürme, auf denen jeweils zwei sowjetische Soldaten mit Maschinengewehren postiert sind.

 

Die Ortschaften Grünau (Grunowo) und Tiefensee (Glebock) im Kreise Heiligenbeil, den die Trennungslinie durchläuft, sind bereits 1947 völlig geräumt und im Laufe der folgenden Jahre von polnischen Pionieren gesprengt worden. Der geringe Verkehr auf der Autobahnstrecke Elbing-Königsberg wird sehr scharf überwacht; in der Nähe der Ortschaft Eisenberg (Zelazna Gora) im polnischen Verwaltungsteil ist die Autobahn durch Sperren unterbrochen, die nur mit Sonderpapieren sowjetischer Behörden in Richtung Königsberg passiert werden können. Folgende bekanntere Ortschaften im polnischen Verwaltungsgebiet, die innerhalb des „Sicherheitsgebietes" liegen, stehen leer und werden nur von polnischem Grenzmilitär benutzt: Schönbruch (Szczurkowo) im Kreis Bartenstein, Groß-Schönau (Kraskowo) und Nordenburg (Nordenborg) im Kreis Gerdauen, Waldkerme (Piatki) im Kreis Angerburg und Wehrkirchen feytkiejmy) im Kreis Goldap. Diese Namen seien nur eine Auswahl. Hunderte weiterer Ortschaften zu beiden Seiten der Trennungslinie seien gleichfalls menschenleer.

 

 

Seite 4   Bestehende Patenschaften:

Ostpreußen Treuburg: Notgemeinschaft BergischLand (Zusammenschluß der Städte Wuppertal, Remscheid, Solingen und der Landkreis Düsseldorf-Mettmann und Rhein-Wupper-Kreis).

Gumbinnen, Stadt und Landkreis: Stadt Bielefeld.

Landkreis Neidenburg einschl. der Städte Neidenburg und Soldau: Bochum.

Königsberg: Duisburg.

Johannisburg, Stadt und Landkreis: Landkreis Flensburg.

Allenstein, Stadt: Gelsenkirchen.

Labiau: Hadeln.

Schloßberg, Landkreis (Pillkallen): Landkreis Harburg.

Ebenrode, Landkreis (Stallupönen): Stadt Kassel.

Tilsit, Stadt: Stadt Kiel.

Insterburg: Krefeld.

Memel, Stadt und Land, Pogegen/Heydekrug: Mannhelim.

Angerapp: Mettmann.

Braunsberg, Stadt und Landkreis: Stadt Münster.

Lötzen, Stadt u. Landkreis: Neumünster.

Osterode: Osterode/Harz.

Fischhausen: Landkreis Pinneberg/Holst.

Tilsit/Ragnit, Landkreis: Landkreis Plön/ Holstein.

Gerdauen, Stadt: Stadt Rendsburg.

Gerdauen, Landkreis: Landkreis Rendsburg.

Goldap: Landkreis Stade.

Preußisch-Holland, Kreis: Landkreis Steinburg.

 

 

Seite 4   Wir gratulieren

zur goldenen Hochzeit unseren Landsleuten Gustav und Ida Scheiba aus Sorquitten, Kreis Sensburg, jetzt wohnhaft Berlin-Britz, Walnußweg 26-28;

 

zum 77. Geburtstag unserer Landsmännin Fräulein Clara Dawideit aus Allenstein, jetzt wohnhaft Berlin-Steglitz, Holsteinische Straße 22;

 

zum 75. Geburtstag unserer Landsmännin Frau Hedwig Merten aus Allenstein, jetzt wohnhaft Berlin-Charlottenburg, Wundtstraße 44

 

zum 75. Geburtstag unserer Landsmännin Frau Auguste Heinrich aus Allenstein, jetzt wohnhaft Berlin-Charlottenburg, Königin-Elisabeth-Straße 6;

 

zum 70. Geburtstag unserer Landsmännin Frau Auguste Dirsat aus Treuburg, jetzt wohnhaft Berlin-Charlottenburg, Westendallee 118

 

 

 

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