Ostpreußische Nachrichten, Folge 04 vom April 1954

Ostpreußische Nachrichten

Folge 04 vom April 1954

 

Seite 1   Oberländers Fünf-Punkte-Programm

Ostdeutscher Kulturrat besprach in Aachen die Erhaltung unserer Kulturwerte

Von unserem nach Aachen versetzten md-Redaktionsmitglied

Ein umfassendes Fünf-Punkte-Programm zur Erhaltung des ostdeutschen Kulturgutes und der Aufnahme ostdeutscher Themen in den Schulunterricht verkündete Bundesvertriebenenminister Prof. Dr. Theodor Oberländer in einer Rede anlässlich der Gedenkfeier zum 400. Todestag von Nikolaus Kopernikus, die der Ostdeutsche Kulturrat in Aachen durchführte.

 

„Es ist unser Ziel, die kulturelle Kraft des deutschen Ostens und seiner Vertriebenen innerhalb und außerhalb der deutschen Grenzen zur Geltung zu bringen und an ihrer Weiterentwicklung mitzuarbeiten."

 

Bundesvertriebenenminister Dr. Oberländer formulierte als Aufgabe und Ziel der ostdeutschen Kulturarbeit folgende 5 Punkte:

 

1.     Das geistige Erbe soll so gepflegt werden, dass es hauptwirkend weiterzuleben vermag.

 

2. Die Kulturtragende Schicht Heimatvertriebenen soll sozial gesichert und für weitere kulturschöpferische Arbeit stark gemacht werden.

 

3. Der deutsche Osten und seine kulturellen Heimatvertriebenen soll sozial gesichert und für weitere kulturschöpferische Arbeit stark gemacht werden.

 

4. Das Recht auf Heimat soll zu einem international anerkannten Postulat der gesamten Menschheit werden.

 

5. Es ist eine der vornehmsten Aufgaben des Bundesvertriebenenministeriums, Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen zu zeigen, dass aus der Vertreibung eine Lehre zu ziehen ist und dass das Recht auf Heimat durch Arbeit, Leistung und Glauben immer neu erstritten werden muss.

 

Einigkeit herrscht unter den Teilnehmern der Tagung darüber, dass alle Bemühungen um den Erhalt dieses Erbes umsonst sind, wenn nicht die Jugend mitarbeitet. Kräftig wird applaudiert, als Staatssekretär Thediek vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen ausruft: „Die Unterrichtung über den deutschen Osten muss in den Schulen intensiviert werden. Aus der Erkenntnis, dass die Bemühungen bei der jungen Generation anzusetzen haben, verlagert sich die Arbeit in zunehmendem Maße auf das Gebiet des Erziehungswesens."

 

 

Seite 1   Die Bundestreffen der Landsmannschaften

Beim letzten Treffen der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Frankfurt sagte der damalige Staatssekretär Dr. Schreiber unter anderem: „Die Arbeit der Landsmannschaft hat zu verhindern, dass ein grauenhaftes Unrecht durch dessen Verjährung Legalisierung findet".

 

Dies ist ein Ausspruch, der seine Bedeutung durch die Tatsache besonders unterstreicht, dass er bei einem Bundestreffen getan wurde, an dem mehr als 400 000 Heimatvertriebene zugegen waren.

 

Immer näher rückt die Zeit des Jahres, in der wiederum die großen Bundestreffen der Landsmannschaften in Westdeutschland stattfinden. Noch immer waren diese Treffen Massenkundgebungen der heimatvertriebenen Volksgruppen des deutschen Ostens, des Sudetenlandes und des Südostens. Die bisher gut gelungenen Bundestreffen waren vor allem der Prüfstein für die Entwicklung und die Arbeit der Landsmannschaften. Bedeutung erlangen die Bundestreffen der Heimatvertriebenen nicht zuletzt dadurch, dass sie überhaupt die größten massenmäßigen Veranstaltungen in den letzten Jahren waren, die in der Bundesrepublik je stattfanden. Dass sie inhaltlich obendrein mit zu den größten und bedeutendsten Kundgebungen des gesamten deutschen Volkes gehören, beweist die Lösung der Heimatvertriebenenfrage als Angelegenheit des ganzen Volkes und vielleicht der ganzen Welt.

 

Hunderttausende Gleichgesinnter, vom gleichen Schicksal der Vertreibung betroffener deutscher Menschen strömen bei diesen Bundestreffen aus ganz Deutschland, aus Berlin und dem Ausland zusammen, um für ihre Heimat, für Recht und Rückgabe dieser Heimat zu demonstrieren.

 

Manche dieser Bundestreffen haben direkt einen unwahrscheinlichen Aufstieg in Inhalt und Teilnehmerzahl zu verzeichnen. Wenn im vergangenen Jahr über eine halbe Million Schlesier in Köln, über 400 000 Sudetendeutsche in Frankfurt, über 150 000 Ostpreußen in Bochum, über 100 000 Pommern in Hamburg und Zehntausende Westpreußen, Brandenburger, Danziger, Wartheländer und Südostdeutsche bei ihren Bundestreffen in den Städten der Bundesrepublik zusammenkamen, so weisen diese großen Teilnehmerzahlen direkt auf die Bedeutung dieser Bundestreffen in überzeugender Weise hin. Dadurch bestätigt sich wohl am besten, dass nur in der geschlossenen Form der Landsmannschaften die vitale Kraft der Volksgruppen des deutschen Ostens, des Sudetenlandes und des Südostens wirksam zu werden vermögen.

 

Der Bundessprecher der Vertriebenen aus dem Wartheland, Dr. Johannes Scholz, sagte beim Bundestreffen seiner Landsleute im vergangenen Jahr in Augsburg, folgendes: „Wir wollen uns nicht nur zu geselligem Tun als Menschen gleicher Erinnerung an Vergangenes zusammenfinden, dann ginge uns die Existenzberechtigung ab, wir würden in eine unzeitgemäße Vereinsmeierei abgleiten. Das bisher nationalstaatliche Denken hat einem nationalvolklichen Platz zu machen. Wir sind vom Schicksal bestimmt, das neue Europa mit zu schaffen."

 

So stehen uns in wenigen Monaten wieder zahlreiche Bundestreffen in Westdeutschland bevor, die alle vom Selbstbestimmungswillen und von gesamtdeutscher Verantwortlichkeit Zeugnis ablegen werden. Genug Raum bleibt auch der persönlichen Begegnung, dem langersehnten Wiedersehen, diesmal besonders über die Zonengrenzen hinweg.

 

 

Seite 1   Bundesminister Kraft war bei uns

Der Bundesminister für besondere Aufgaben und Vorsitzende des BHE, Waldemar Kraft, besuchte am 25. und 26. März, das „Haus der ostdeutschen Heimat" und führte informelle Besprechungen mit den Vertretern des Berliner Landesverbandes der Heimatvertriebenen, den Landsmannschaften und der Stiftung „Haus der ostdeutschen Heimat". Während Kraft am 25. März Gast des BLV war, widmete er sich am nächsten Tag den Landsmannschaften, insbesondere der Landsmannschaft Wartheland. Der Minister selbst ist Posener.

 

 

Kraft betonte am Abschluss seines Besuches, dass nach seiner Ansicht die Heimatvertriebenen in Berlin eine vorbildliche Organisation geschaffen hätten. Die gegenwärtig noch mangelnde Einigkeit der Vertriebenen-Organisationen im Bundesgebiet werde aber von der Zeit selbst erzwungen werden.

 

In einer Erklärung vor Vertretern des BLV und der Landsmannschaften sagte Kraft, dass die Frage der Wiedervereinigung nicht nur eine Angelegenheit der Vertriebenen und der Mitteldeutschen sei, sondern des gesamten deutschen Volkes. In der Bundesrepublik sei die Bevölkerung jetzt so weit, sich auf die Aufgabe einer Nation wieder zu besinnen. Zuversicht und ein starker Wille seien notwendig, um zur Wiedervereinigung zu kommen. Dr. Rojek, Vorsitzender des BLV, der den Gast begrüßte, erklärte dazu, dass unter dem Begriff Gesamtdeutsch das ganze Gebiet, das zu Deutschland gehörte, zu verstehen sei. Das müsse auch der Inhalt der gesamtdeutschen Bewegung sein:

Foto: BLV-Vorsitzender Dr. Rojek begrüßte Bundesminister Kraft

 

 

Seite 1   Deutsche keine Deutschen? Eigener Bericht

Berlin. „Nicht jeder ist ein Deutscher, welcher die deutsche Sprache spricht". Mit dieser Behauptung versuchen Funktionäre der polnischen KP auf Versammlungen in Breslau und Umgebung die heute noch dort lebenden Deutschen zur Option für Polen zu überreden.

 

Wie mit den letzten Transporten aus Schlesien in die Sowjetzone ausgesiedelte Deutsche berichteten, pflegen die Funktionäre auf den Versammlungen des Weiteren auszuführen, dass ein „großer Teil der 1945 befreiten polnischen Urbevölkerung" in Schlesien von den „deutschen Eindringlingen" gezwungen worden sei, die polnische Sprache aufzugeben. Die Behauptung der westlichen Presse, dass sich noch mehrere hunderttausend Deutsche in Schlesien befänden, sei deshalb „unwahr". Die ausgesiedelten Deutschen teilten mit, dass gegenwärtig allein in Breslau noch etwa 3000 Deutsche leben.

 

Im vergangenen Jahr habe die polnische Verwaltung für das Breslauer Gebiet die Einführung des Deutschunterrichts für die in Breslau und Umgebung wohnenden Kinder der Deutschen gestattet. Jedoch träfen die Berichte der jetzt in Schlesien erscheinenden polnischen Provinzpresse nicht zu, wonach die Deutschen in Breslau ein „autonomes Kultur- und Geistesleben" führen sollen. Tatsächlich dürfe die Mehrzahl derjenigen deutschen Jugendlichen, die in ihrer Notlage für Polen optiert haben, auch heute nicht die Breslauer Universität besuchen.

 

Dagegen seien im vergangenen Herbst zahlreiche dieser deutschen Jugendlichen gezwungen worden, in die kommunistische Jugendorganisation Polens (ZMP) und in die vormilitärische Ausbildungsorganisation „Liga der Soldatenfreunde" einzutreten. Im Weigerungsfalle wurde ihnen mit der Entlassung aus ihren Stellungen gedroht.

 

Seite 2   Wann kommt die Hauptentschädigung?

Ein Kommentar zu den letzten Forderungen des ZvD/BVD

Von unserem Bonner VK-Korrespondenten

Der dritte Abschnitt des Dritten Teiles des Lastenausgleichsgesetzes regelt die Frage der Hauptentschädigung. Die 1952 vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung in dieser Frage stellt einen Kompromiss, in gewissem Umfange sogar nur eine Vertagung der Entscheidung bis zum Jahre 1957 dar. Der Gesetzgeber hat 1952 eine Hauptentschädigung, also eine Entschädigung für im Osten eingetretene Vermögensverluste, grundsätzlich bejaht; der Wirtschaftsrat hatte sie 1949 verneint. Der Gesetzgeber des Jahres 1952 fand sich bereit, sehr geringe vorläufige Entschädigungssätze festzulegen; die Festsetzung der endgültigen Entschädigungshöhe behielt er einem bis zum 31. März 1957 zu erlassenden Gesetz vor.

 

Der Gesetzgeber hat sich nicht dazu durchringen können, dem Hauptentschädigungsanspruch eine Fälligkeit zu geben. Es ist durch das Lastenausgleichsgesetz durchaus nicht gewährleistet, dass die Hauptentschädigung bis zum Jahre 1979 ausbezahlt werden wird. Lediglich die Tatsache, dass die Lastenausgleichsabgaben nur bis zum Jahre 1979 gezahlt werden, ließ die naheliegende Vermutung aufkommen, dass auch die Hauptentschädigung bis zu diesem Termin abgewickelt sein werde.

 

Es wäre nach den jetzigen Bestimmungen des Lastenausgleichsgesetzes z. B. durchaus möglich, dass in Erfüllung des Hauptentschädigungsanspruches dem Vertriebenen nicht bis zum Jahre 1979 das Geld ausgezahlt wird, sondern dass ihm Bundesschuldverschreibungen ausgehändigt werden, die bis zum 31. März 1999 eingelöst werden. Lediglich in zwei Sonderfällen, nämlich bei Aufbaudarlehen für die gewerbliche Wirtschaft, die Landwirtschaft oder den Wohnungsbau und bei Bezug einer Entschädigungsrente, hat der Gesetzgeber des Jahres 1952 eine gewisse Freigabe des Hauptentschädigungsanspruches gutgeheißen.

 

Dieser bei der Verabschiedung des Lastenausgleichsgesetzes zustande gekommene Kompromiss ist höchst unbefriedigend; denn infolge des völligen Fehlens von Bestimmungen über Fälligkeit der Hauptentschädigung ist der Anspruch wirtschaftlich unverwertbar; er kann z. B. weder bilanzmäßig aktiviert noch privatwirtschaftlich beliehen werden.

 

Es soll hier nicht gegen die Notwendigkeit angegangen werden, dass mindestens bis zum Jahre 1957 das mehr soziale System der Aufbaudarlehen vordringlicher ist als die Zahlung von Vermögensentschädigungen. Es kann auch nicht einmal die Empfehlung ausgesprochen werden, dass schnell möglichst bereits jetzt die Reihenfolge der Erfüllung des Hauptentschädigungsanspruchs geregelt wird.

 

Es muss aber gefordert werden, dass eine Regelung getroffen wird, die den Hauptentschädigungsanspruch bereits jetzt in gewissem Umfange wirtschaftlich verwertbar macht. Aus diesem Grunde hat der Lastenausgleichsausschuss des ZvD/BVD dem Verband vorgeschlagen, darauf hinzuwirken, dass im Lastenausgleichsgesetz baldmöglichst eine Bestimmung aufgenommen wird, der zufolge die Ausbezahlung der Hauptentschädigung an jeden Berechtigten bis spätestens 31. März 1979 zu erfolgen hat.

 

Durch eine solche Bestimmung wäre dem Gesetzgeber von 1957 noch genügend freie Hand gelassen, ein geeignetes mehr oder weniger soziales System in die Auszahlung der Hauptentschädigung hineinzubringen; es wäre ihm sogar möglich, in gewissem Umfang für eine gewisse Zeit das System der Aufbaudarlehen weiter beizubehalten. Für den Berechtigten hätte die Limitierung jedoch den großen Vorteil, dass er - wenn auch anfangs mit erheblicher Abzinsung - für seinen Hauptentschädigungsanspruch einen Tageswert errechnen kann, wodurch der Anspruch wirtschaftlich verwertbar wird.

 

Darüber hinaus scheinen noch zwei weitere Ergänzungen zu den Bestimmungen über die Hauptentschädigung vordringlich. Es müsste der Hauptentschädigungsanspruch in gewissem Umfang nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel freigegeben werden zur Wiederherstellung der ernsthaft bedrohten Gesundheit des Geschädigten oder seiner Familienangehörigen; gegenwärtig sind aus dem Lastenausgleich Zahlungen für diesen Zweck nicht möglich.

 

Ebenso notwendig ist es, dass die Hauptentschädigung im Rahmen der vorhandenen Mittel freigegeben werden kann für Zwecke der Wiederbeschaffung von Gegenständen, die für die freie, außerberufliche (außergewerbliche) Wissenschaft im Rahmen des Aufbaudarlehenssystems hierzu keine Möglichkeit der Förderung gegeben. Gerade die Wissenschaft ist jedoch der Sektor, in dem alles verloren ist, wenn nicht bald geholfen werden kann. Zudem ist der Kreis der in Betracht kommenden Personen so klein, dass finanziell betrachtet, das geringste Bedenken bestehen kann.

 

 

Seite 2   Eingliederung - nicht Einschmelzung

Bundesminister Oberländer über die Aufgaben der Landsmannschaften

Am 12. März 1954 sprach Bundesminister Prof. Theodor Oberländer auf einer Veranstaltung der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft e. V. in Hamburg über das Thema: „Die Überwindung der deutschen Not". Bundesminister Oberländer machte in seiner Rede auch grundlegende Ausführungen über die besondere Aufgabe der Landsmannschaften auf dem Gebiet der heimatlichen Kulturpflege, denen wir folgende Ausführungen entnehmen:

 

„Von den Vertriebenen waren in der alten Heimat 40 Prozent selbständig. Jetzt sind es hochgerechnet nur 10 Prozent, die eine selbständige Existenz haben. Damit ist in der wirtschaftlichen Eingliederung der Vertriebenen die Gefahr der Vermassung gegeben, wie sie der Osten will. Aber in der sozialen Eingliederung ist diese Vermassung unmöglich. Keiner von all den Menschen, die materiell alles verloren haben, fühlt sich als Proletarier und Mitglied einer Masse. Aber es muss die geistige Eigenständigkeit unter allen Umständen erhalten bleiben. Wir müssen die Tradition und die Vielgestaltigkeit unserer Kultur bewahren. Wer heute in einer Landsmannschaft ist, der sollte Wert darauf legen, diese Tradition der Jugend weiterzugeben. Man kann nicht einerseits auf eine jahrhundertelange kulturelle und wirtschaftliche Leistung stolz sein und andererseits diese Tradition in wenigen Jahren verlieren und über Bord werfen. Vor kurzem hat ein Franzose erklärt, dass die Heimatvertriebenen in Deutschland die besten Europäer sind und zu den stabilsten Gruppen der europäischen Politik gehören. Das Gegenstück zur Eingliederung wäre die Einschmelzung, wie sie in der Sowjetzone zu beobachten ist. Dort werden heute 4,4 Millionen Vertriebener bewusst zur Vermassung benutzt. Alle Traditionen werden vernichtet, vom Abreißen des Berliner Schlosses bis zum Abschaffen der Landschaftsnamen wie Thüringen und Brandenburg. Wer heute in der Sowjetzone wagen würde, echte landsmannschaftliche Tradition zu pflegen, der würde mit dem östlichen System unweigerlich in Schwierigkeiten geraten. Angesichts der Zerstreuung der Vertriebenen bei uns über die ganze Bundesrepublik ist die Tradition gefährdet, weil das Land, das einst die Menschen verbunden hatte, als Widerstandsfaktor weggefallen ist. Ich glaube, dass der kulturelle Reichtum der Vergangenheit das beste Mittel ist, über eine gewisse materielle und vielleicht auch dadurch kulturelle Verarmung hinwegzukommen. Wir setzen den Kulturföderalismus gegen die Einheitszivilisation. Wir wollen nicht den „meltingpot" Amerikas, sondern wir wollen die Tradition. Auch die europäische Großraumbildung soll nicht auf Kosten von Volk, Volkstum und völkischer Eigenständigkeit gehen. So wie Deutschland heute gewissermaßen ein Landsmannschaftsgarten ist, so soll auch Europa ein Völkergarten sein. Aus der Zwangsmassenbildung der Sowjetzone sehen wir, wie man es nicht machen soll. Eine echte Gliederung ist auch die beste Vorbereitung für jede Wiedervereinigung, und zwar von Deutschland aus gesehen wie ebenso von Westeuropa aus. Für die deutsche Eingliederungspolitik ergibt sich damit, dass sie gegen jeden Kollektivismus gerichtet ist und dass es ihr Ziel sein muss, neues Eigentum zu schaffen.

 

 

Seite 2   Danziger Fabrik liefert weiter nach Korea (Eigenbericht.)

Vierzig Prozent der Danziger Fabrik für sanitäre Einrichtungen gehen nach zuverlässigen Berichten seit etwa einem Jahr an koreanische Empfänger. Unter anderem hat diese Fabrik zwei komplette Krankenhäuser in Nordkorea eingerichtet.

 

 

Seite 3   Das ostpreußische Forscher-Ehepaar von Sanden-Guja

Den alten Bewohnern von Ostpreußen ist Walter von Sanden-Guja durch seine Bücher über das Tierleben in seiner Heimat ein fester Begriff. Im Juni 1888 wurde er in Launingken in Ostpreußen geboren. Er wuchs auf den im Mündungsgebiet der Angerrap gelegenen elterlichen Gütern Launingken und Guja auf. Der landwirtschaftliche Betrieb, die zum elterlichen Besitztum gehörenden ausgedehnten Wälder und besonders der See Guja waren die Welt, in der er glückliche Kinderjahre verlebte und eine ebenso frohe Jugend. Die Eindrücke dieser Zeit bestimmten seinen späteren Weg.

 

Nach Ableistung seiner Schul- und Wehrdienstzeit widmete er sich mit ganzer Kraft der Arbeit auf dem Lande und im Walde. Er nahm seinen Eltern sehr bald die Wirtschaftsführung ab.

 

Wenige Monate vor Ausbruch des ersten Weltkrieges heiratete er Edith von Schlüter, die er seit frühester Kindheit kannte. Guja wurde während dieses Krieges zum Schlachtfeld, aber nach dem Kriege wurde es wieder aufgebaut.

 

Schon als Schüler war Walter v. Sanden schriftstellerisch tätig, aber erst mit 45 Jahren trat er 1933 zum ersten Mal mit seinen literarischen Produkten an die Öffentlichkeit. In seinem ersten Werk „Guja, Leben am See der Vögel" verfolgte der Verfasser das stille und reiche Leben am Vogelsee Guja die Jahreszeiten hindurch. Die Liebe des Verfassers zu den Geschöpfen, seine schlichte Sprache und der bei den Aufnahmen entscheidende Blick des Künstlers und Jägers schufen mit dem Guja-Buch ein Werk von ganz eigener Art und Bedeutung, das rasch in den weitesten Kreisen bekannt wurde.

 

Wenig später erschien die inzwischen ebenfalls weit verbreitete Fischotter-Geschichte „Ingo". Dieses Buch ist mit entzückenden Aufnahmen ausgestattet und erzählt in warmherziger Art die Lebensgeschichte eines Fischotters.

 

Sein Buch „Das gute Land" bezeichnet Sanden als den Niederschlag seiner glücklichsten Jahre von 1911 bis 1914, in der Arbeit auf dem Lande und im Walde, als rechte Hand seiner Eltern. Dieses Buch erschließt die Quelle seiner Treue zum Elternhaus und zur angestammten Scholle. Dort hat er seinen Boden bestellt, hat geforstet, gefischt und gejagt und täglich neu mit allen Sinnen sein Land erlebt. Er lernte es kennen und lieben, samt allem, was darin wächst, blüht, schwimmt, kriecht und fliegt. Seiner Mutter hat er dieses Buch gewidmet.

 

Seinem unermüdlichen Schaffen setzte die Flucht aus seiner Heimat ein Ende. Im Januar 1945 sah von Sanden sein geliebtes Guja zum letzten Male. Vorübergehend hielt er sich auf seinem Hof in Österreich auf, den er vor langen Jahren erworben hatte. Seine Frau kam mit ihm. Es zog ihn aber unwiderstehlich zu seinen notleidenden Landsleuten hin, und so zog das Ehepaar Sanden 1947 an den Dümmer, wo es jetzt mit gleicher Schaffenskraft und Schaffensfreude am Werk ist, um sich die alte Heimat aufs Neue zu verdienen. Frau von Sanden hilft ihrem Mann draußen und drinnen mit Ihrer Kunst, mit Bildern und Plastiken.

 

Auch an Buchmanuskripte ging Walter von Sanden nach der Flucht wieder heran. „Der Eisvogel" konnte schon 1948 veröffentlicht werden. Dem „Eisvogel" folgte „Zugvögel". Die „Zugvögel" sind Millionen Flüchtlinge aus den Ostprovinzen, zu denen auch der Verfasser des Buches gehört. Zugleich wird aber zu den durch lange Jahre so liebevoll und kenntnisreich beobachteten

und farbenfroh geschilderten gefiederten Freunden in der weiten Natur eine Gemütstiefe wie sinnbildhafte Verbindung hergestellt.

 

1950 brachte der Holzner-Verlag sein Buch „Am See der Zwergrohrdommel" heraus. Weitere Werke von ihm, die uns die Schönheit der Tierwelt erschließen, dürfen wir von ihm erwarten.

 

Das Schicksal des Ehepaares von Sanden ist ein Abglanz des Ergehens der Vertriebenen aus den Ostprovinzen Deutschlands und zugleich ein rührendes Vorbild. Im Reichtum geboren, hat es frühzeitig seine Fähigkeiten mit großem Fleiß entfaltet und sich in schweren Zeiten nicht nur behauptet, sondern sie auch zu neuen Erfolgen gebracht.

In seinem tiefsten Herzen aber wünscht Walter von Sanden, einmal seine ostpreußische Heimat und sein geliebtes Guja wiederzusehen. Die Sehnsucht nach der fernen Heimat wird auch in ihm nie sterben können.

 

 

Seite 3   Ein Hausfrauenwunsch ging in Erfüllung

Die größte Nähmaschinenfabrik des Kontinents, G. M. Pfaff A. G., Kaiserslautern, stellt neuerdings als bisher einzige Nähmaschinenfabrik der Welt alle Haushaltsnähmaschinen mit einem serienmäßig eingebauten Einfädler her. Das Einfädeln der Nähmaschinennadel war schon immer eine mühevolle und daher unbeliebte Arbeit; es gehörten außer ein wenig Übung, gute Augen und eine ruhige Hand dazu. Bei einer Nähmaschine mit eingebautem Einfädler wird nichts dergleichen verlangt. Das Einfädeln erfolgt einfach und schnell. Mit der linken Hand betätigt die Näherin einen Hebel an der Rückseite der Nähmaschine, wodurch ein feines Häkchen in das Nadelöhr eingeschwenkt wird, mit der rechten Hand wird der Faden über dieses Häkchen gelegt, beim Loslassen des Hebels zieht das zurückgehende Häkchen den Faden durch das Nadelöhr.

 

 

Seite 3   Foto: Senator für Volksbildung: Prof. Dr. Joachim Tiburtius

Das Amt des Senators für Volksbildung in Berlin bekleidet Prof. Dr. Joachim Tiburtius, der zwar in Liegnitz in Schlesien geboren wurde, aber in seiner Jugend lange Zeit in Danzig war und das er, wie er selbst sagt, „als lebendigen Hintergrund für seine Jugendzeit empfindet, gesättigt von alter Kultur und Schönheit." Davon zeugen auch das schwere Schnitzwerk und die kunstvollen Intarsien der alten Danziger Barockschränke, die sich Prof. Tiburtius aus Danzig mitgebracht hat. Dann kam das Studium in Berlin und nach dem ersten Weltkrieg gemeinsam mit Dichtern, wie Weinreich und Weismantel, der Aufbau des Bühnen-Volksbundes. Aus sozialem Empfinden heraus erfolgte seine Mitarbeit in der „Sozialen Arbeitergemeinschaft Berlin-Ost", die Arbeiter geistig zu fördern suchte, und heute ist Tiburtius Professor für Handels- und Sozialpolitik an der Freien Universität. Nach der Wahl am 3. Dezember 1950 zog er dann, der CDU angehörend, als Kultussenator in die Berliner Regierung ein. Heute gehören zu seinem Aufgabenbereich Schule, Wissenschaft, Musik und bildende Kunst sowie der Sport. Aber sein Wirken für die Kunst ist für Prof. Tiburtius, wie der „Tag" in seiner Würdigung schrieb, in erster Linie „Dienst" für die überzeitliche Wahrheit, die uns aus der Gegenwartsnot herauszuheben vermag.

 

 

Seite 4   Im Spiegel: Wahrheit und Dichtung

Unwahre Berichterstattung der sowjetischen Presse

Wer als aufmerksamer Leser in der letzten Zeit die, Berichte der sowjetzonalen Presse liest, die sich mit den Verhältnissen in der heutigen Tschechoslowakei - vor allem mit dem sudetendeutschen Vertreibungsgeiet - befassen, wird feststellen, dass die vom kommunistischen Regime gelenkte Berichterstattung alles andere als wahr ist.

 

Vorerst einmal muss doch die Tatsache, dass gerade in der letzten Zeit sehr viel die Tschechoslowakei und das Sudetengebiet in der sowjetzonalen Presse Erwähnung finden, schon tiefere Wurzeln haben. Vielleicht braucht man deutsche Arbeitskräfte, vielleicht will man die entvölkerten Gebiete, nach dem so und sovielten Aufruf zu einer Besiedlung endlich an den Mann - das heißt - an den Besiedler bringen. Und wenn dieser neue Arbeitskuli der gleiche Deutsche sein sollte, der vor neun Jahren aus der Heimat vertrieben wurde und jetzt sein karges Leben in der Sowjetzone fristet.

 

Dieser Berichterstattung der sowjetzonalen Presse stellen wir Augenzeugenberichte gegenüber, wir stützen uns auf Zeitungsberichte des einzigen in der CSR deutschsprachigen Blattes „Aufbau und Frieden", das zweimal im Monat herausgegeben wird.

 

Bei einer folgenden Gegenüberstellung dürfen wir wohl dem Leser ersparen, zu wiederholen, wie die sowjetzonale Presse unsere gegenwärtig verlorenen Gebiete beschreibt. Worte wie „Frohe Menschen leben im freien Land" oder „Die Deutschen leben gleichberechtigt" und schließlich „Weder Not noch Elend in der CSR", genügen uns schon als Überschriften.

 

Was wissen wir aber getreu der Wahrheit über das heutige Leben in der CSR oder im Sudetenland? Fest steht, dass die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse derart katastrophal sind, dass der Lebensstandard in der CSR heute - vor allem nach dem Währungsschnitt - schlechter ist als in der Sowjetzone. Ferner wissen wir, dass noch Tausende Sudetendeutsche auf eine Ausweisung warten, weil das Leben dort unerträglich ist.

 

Dass nun jeder Deutsche in der CSR, automatisch tschechischer Staatsbürger geworden ist, hat diese zurückgehaltenen Deutschen bestimmt nicht erfreut. Aber man braucht Soldaten, dafür sind auch unsere Landsleute gut genug.

 

Immer noch werden „Freiwillige" für den Uran- und Kohlenabbau gesucht. Und wenn sich dann in einem Bezirk von 60 000 Einwohnern einmal 25 melden, so wird dieses Ereignis ein glorreicher „Sieg" der Staatstreue geheißen. Noch immer werden Aufrufe zur Schrottsammlung erlassen. Lichtabschaltungen am Tage und in der Nacht, Beachtung der Strom-Spitzenzeiten werden noch immer vorgenommen und empfohlen.

 

Und in der gleichen Zeitung steht ganz klein gedruckt, dass man einen Verantwortlichen dafür, sucht, weil in Reichenberg die Stadtverwaltung nichts dagegen unternimmt, dass während der Wintermonate nicht die Straßen vom Schnee und Unrat freigehalten werden, so dass keine Anfahrtsmöglichkeit für Lebensmittel und Kohle besteht.

 

Dafür wissen wir andererseits zu gut, weil es uns vom Augenzeugen selbst berichtet wurde, dass in manchen rein tschechischen Orten wie Ostrau und Pilsen über Nacht Häuserfronten und Zäune mit Aufschriften in tschechischer Sprache geziert sind, die die tschechischen Worte „nemci zpet", zu Deutsch „Deutsche kommt zurück", tragen.

 

Dass man sich In diesem gleichen Blatt bitter darüber beklagt, dass die Deutschen in der CSR Veranstaltungen der tschechisch-russischen Freundschaft fast überhaupt nicht besuchen, während die sehr seltenen deutschen Filme aus Österreich immer ausverkauft sind, kann man ebenfalls lesen.

 

So ist das wahre Gesicht der heutigen CSR und des Sudetenlandes, selbst eingestanden durch die einzige deutsch geschriebene Zeitung und nicht wie es uns eine Reportage eines sowjetzonalen Journalisten der sowjetzonalen „Berliner Zeitung" vorschwindeln will.

 

 

Seite 4   Umsiedlung aus Ostpreußen

Eigener Bericht

Besprechungen über die Umsiedlung von Deutschen aus dem sowjetisch besetzten Teil Ostpreußens werden wahrscheinlich Anfang April stattfinden. Die Anregung dazu geht von den Sowjets aus. Nach Mitteilung des Pressedienstes der Heimatvertriebenen hat die Pankower Regierung Staatssekretär Hegen (SED) vom Innenministerium beauftragt, eine Kommission zu bilden, die die Verhandlungen mit den Sowjets führen soll. Als Verhandlungsort wird Königsberg genannt, über die Zahl der noch im sowjetisch verwalteten Teil Ostpreußens lebenden Deutschen ist nichts Näheres bekannt.

 

 

Seite 4   Ein Leben für die Autofahrer

„Wenn Sie etwas brauchen und wir Ihnen helfen können, stehen wir gerne jederzeit zur Verfügung!" Diesem freundlichen Angebot der Daimler-Benz-Werke an ihren jahrzehntelangen Kunden folgte ein Riesenpaket mit den modernsten Lehrtafeln und Mercedestypen als Schnittmodelle zur Vervollständigung des Unterrichtsraumes der Fahrschule Hellmann in der Hasenheide 22-31 und Urbanstraße 48. „Ja, seh'n Sie, nun baue ich eben ein drittes Mal wieder von vorne auf", erzählt Paul Hellmann gutgelaunt und spannt einen Lehrfilm in den modernen Bildwerfer.

 

Neun Jahre Leidensweg lagen hinter dem jetzt 59-jährigen Flüchtling aus Fraustadt in Schlesien, ehe er am 20. Juli vorigen Jahres wieder seinen ersten Fahrschüler in der neuen Heimat Berlin hinter ein - vorerst nur gepachtetes - Lenkrad setzen konnte. „Immer nach vorne schau'n", ist sein Wahlspruch. Nur manchmal, wenn ihm - „die Welt ist doch ein großes Dorf" - einer seiner alten Schützlinge über den Weg läuft, werden die Erinnerungen wieder hellwach. Dann wird von „zu Hause" gesprochen, von der zentralen Polizei-Kraftfahrschule in Fraustadt, deren Gründer und Kommandeur er war. In den unzähligen Garagen und Werkstatthallen standen 20 Lastkraftwagen, 80 Kübelwagen und über 100 Kräder. Zuweilen waren es 1200 Mann, die er mit seinen 55 Fahrlehrern zu dem heranbildete, was wir heute unter „weißen Mäusen" verstehen.

 

Bei Kriegsende war es damit vorbei. In einem tschechischen Lager fand Paul Hellmann seine Ehefrau wieder. Die gemeinsame Flucht glückte und nach einem 800 Kilometer-Fußmarsch landeten sie in Burg Stargard in Mecklenburg. Am zweiten Abend schon holten ihn wieder die Sowjets ab. Zuerst ins Internierungslager Neubrandenburg, dann anderthalb Jahre ins KZ Sachsenhausen. 1950 kehrte Paul Hellmann nach Mecklenburg zu seiner Frau zurück, zwar krank aber ungebrochenen Mutes. Dann zeigte die „Volkspolizei" immer lebhafteres Interesse an seinen Fachkenntnissen und Erfahrungen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als nochmals sein Bündel zu schnüren und den Weg zu wählen, der vor und nach ihm Abertausenden letzte Zuflucht wurde: Westberlin.

 

 „Gute Freunde haben uns hilfreich aufgenommen". Die Kameradschaft und das gemeinsame Schicksal halfen vieles überbrücken. Und vor einem dreiviertel Jahr konnte der Heimatvertriebene und politische Flüchtling endlich wieder „ein Lenkrad vor den Bauch nehmen" und wissbegierigen Fahrschülern erprobte Tipps geben, wie sie den Tücken der Straße am besten ausweichen können. An der Wand des Unterrichtsraumes hängt eine hochmoderne magnetische Tafel, auf der die kleinen Verkehrsmodelle in jeder beliebigen Situation haften bleiben. Hier lernt man gewissermaßen „spielend" den kompliziertesten Verkehrswirrwarr entknoten. Genau so „kinderleicht" wird einem an Hand vielfarbiger Bildalben der Mechanismus eines Motors plausibel gemacht. Die trockene Theorie - das leidige Schmerzenskind der meisten Fahrschüler - wird zur interessanten Entdeckungsreise.

 

Wenn seinem Schulwagen zuweilen sogar in Berlin eine „weiße Maus" begegnet, die vor einem guten Dutzend Jahren selbst noch neben Paul Hellmann über das Übungsgelände Fraustadt gefahren ist, kann man die Gedanken aus dem Lächeln erraten: „Na, da kann's ja nicht daneben gehen, wenn der Polizeiausbilder persönlich doziert".

 

 

Seite 6   Verstorben ist

am 29. Oktober 1953 Frau Martha Pieper, geb. Wauschkuhn, aus Darkehmen/Ostpr. im Alter von 63 Jahren. Zuletzt wohnhaft gewesen Berlin-Charlottenburg, Charlottenburger Ufer 13.

 

 

 

Seite 6   Wir gratulieren

Zum 75. Geburtstag am 5. April unserem Landsmann Julius Sieg aus Tilsit/Ostpr., jetzt wohnhaft Berlin SO 36, Skalitzer Straße 54.

 

 

Seite 6   Geburtstagsständchen für 85 jährige Ostpreußin

Im Mittelpunkt zahlreicher Gratulationen stand die erst kürzlich aus Rastenburg nach Westberlin gekommene Frau Auguste G. anlässlich ihres 85. Geburtstages am 13. März, den sie nach langen Jahren der Trennung im Kreise ihrer Familie feiern konnte. Das alte Mütterchen hat sich von der schweren Erkältung, die sie sich auf der Eisenbahnfahrt im ungeheizten Zug nach Allenstein zugezogen hatte, schnell erholt. Lebhaft beteiligte sie sich an der Unterhaltung mit den zahlreichen Gratulanten, unter denen sich auch der Vorsitzende des Heimatkreises Rastenburg, Preuß, und sein Stellvertreter, Gutzeit, befanden. Gratuliert hatte auch der Bezirksbürgermeister von Charlottenburg, Dr. Batzel, unter Überreichung eines Geldgeschenks, ebenso die Landsmannschaft Ostpreußen und der Berliner Landesverband der vertriebenen Deutschen, vertreten durch seine Sozialreferentin, Frau Leopold, die eine größere Lebensmittelspende überreichte. Bereits morgens hatten ostpreußische Musiker der Jubilarin ein Ständchen gebracht. So groß sei ihr Geburtstag ihr ganzes Leben noch nicht gefeiert worden, sagte Frau G., indem sie sich zufrieden lächelnd in den bekränzten und mit einer großen 85 geschmückten Sessel zurücklehnte, -

 

Seite 6   Fünf Hundertjährige

Es ist eine statistisch erwiesene Tatsache, dass die Frauen langlebiger sind, als die Männer. Während die Männer heute ein Durchschnittsalter von höchstens 63 Jahren erreichen, bringen es die Frauen auf 68 Jahre. Obwohl die holde Weiblichkeit nicht alt werden will, gibt es doch viel mehr 100-jährige Frauen als Männer. Auch Notzeiten pflegen Frauen viel besser zu überstehen als das stärkere Geschlecht. Das hat sich vor allem im letzten Weltkrieg gezeigt. Nur dank der Anspruchslosigkeit ihrer Frauen konnten viele Männer mit den bescheidenen Rationen der Kriegs- und Nachkriegsjahre auskommen. In Berlin beispielsweise haben die „Hundert" wohl 5 Frauen, aber nicht ein einziger Mann geschafft. Auch in den Internierungslagern sind Frauen kaum Hungers gestorben, während das bei den Männern sozusagen am laufenden Band der Fall war. Die Frauen sind auch in seelischer Beziehung viel robuster und ausgeglichener, als es gemeinhin den Anschein hat. Sie empfinden seelische Belastungen vielleicht stärker als die Männer, aber sie werden besser und schneller damit fertig. Daher kommt es wohl auch, dass der Prozentsatz der Selbstmorde bei den Frauen kaum den dritten Teil des Anteils der Männer beträgt. Und welcher Mann wollte wohl im Ernst behaupten, dass er noch nie den Reizen einer schönen Frau erlegen wäre oder dass er im Rededuell mit einer Frau - und sei es seiner eigenen - den Sieg davongetragen hätte?

 

 

Seite 6   Mütter sind Leben

Das alles aber würde zu einer positiven Beantwortung unserer Frage noch nicht ausreichen, wenn das „schwache Geschlecht" nicht noch ein ganz besonderes, sehr ernst zu nehmendes Plus für sich hätte. Und das ist das, dass die Frauen die Mütter unserer Kinder sind. Das aber stellt sie tatsächlich turmhoch über die Männer. Und das hat ihnen mit Recht auch die hohe Verehrung und Wertschätzung eingetragen, die sie bei allen Kulturvölkern genießen. Den Müttern verdanken die Völker Leben und Weiterbestand. Die Mütter schließlich sind es gewesen, die in der Familie die Grundlage zur menschlichen Gesellschaft und letzten Endes zu den modernen Staatswesen gelegt haben. Sie sind der „tiefste, allertiefste Grund" menschlicher Gestaltung und Umgestaltung, wie Goethe in seinem „Faust" sagt.

 

Und wenn sich die Welt heute vielleicht an einem Wendepunkt zum Guten oder zum Schlechten, zum Leben oder zum Untergang, zur Liebe oder zum Hass befindet, an den Frauen wird es liegen, die Menschheit auf den richtigen Weg zu führen. Eine Frau vermag viel!

 

Nicht in den politischen Versammlungen, sondern in der Familie sollte das Fundament für das menschliche Zusammenleben gelegt werden. „Die Mütter sind es!" Und was sie ihre Kinder lehren, lebt weiter, hat ewigen Bestand!

 

Drum Mütter! Lehrt auch unsere Kinder die Heimat erkennen und lieben, damit auch sie an dem Recht auf unsere Heimat festhalten und dieselbe nie vergessen wird.

 

 

Seite 6   Polnische Pläne für Allenstein (Eigenbericht.)

Vor kurzem sind offiziell die Wiederaufbaupläne der polnischen Verwaltung für die ostpreußische Stadt Allenstein, die vor kurzem ihr 600-jähriges Bestehen feierte, bekanntgegeben worden. Danach will man bei dem Wiederaufbauplan der Altstadt den Stadtwall freilegen und die Stadtmauer zum Teil wieder herstellen. Der Altstadtmarkt wird eine Grünanlage erhalten, am Fuße des Schlosses soll ein breitgegliederter Park angelegt werden. Die Fassaden der alten Arkadenhäuser sollen wiederhergestellt werden - hinter ihnen aber sollen moderne Häuser entstehen. Das Bürgermeisterhaus mit seinen gotischen Spitzbogen ist vor kurzem fertiggestellt worden. Das Stadtarsenal soll ebenfalls seine ursprüngliche Form wieder erhalten.

 

Ausgebaut wird der Bahnhof von Allenstein, wobei man allerdings erst Ende 1965 fertig sein wird

 

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