Ostpreußische Nachrichten, Folge 08 vom August 1954

Ostpreußische Nachrichten

Folge 08 vom August 1954

 

Seite 1   Ruf an die Vertriebenen in Berlin

1. August in der Waldbühne Tag der Vertriebenen Berlins

Wer nicht ständig seine Rechte fordert und dafür einsteht, wird sie nicht erhalten - Die Einheit ist unsere Stärke

Die alljährliche traditionelle Großkundgebung der Vertriebenen in Berlin und der Sowjetzone, der „Tag der deutschen Heimat", in der Waldbühne, muss in diesem Jahr ein besonderes Echo finden, wenn dem Kampf des Berliner Landesverbandes der Vertriebenen, für die Forderungen seiner Landsleute einzutreten, weiterer Erfolg beschieden sein soll. Darum geht der Ruf: „Vertriebene Berlins, rindet euch zu der Kundgebung in der Waldbühne zusammen", an jeden einzelnen, der seine Rechte gewahrt wissen will.

 

Die Berliner Vertriebenen müssen beweisen, dass sie hinter ihren eigenen Forderungen stehen. 25000 Menschen fasst die Berliner Waldbühne, die an diesem Tag, der unter dem Motto „Unteilbares Deutschland im freien Europa" steht, bis auf den letzten Platz gefüllt sein sollte.

 

Erst vor wenigen Tagen sagte Bundesvertriebenenminister Professor Dr. Oberländer bei seinem Berliner Besuch, dass es notwendig sei, wie auf den großen Bundestreffen der Vertriebenen in der Bundesrepublik, auch in Berlin die Geschlossenheit der Vertriebenen zu demonstrieren. Kein Anlass ist besser dazu geeignet, dies zu tun, als der „Tag der deutschen Heimat". Das ist wichtig für die wirtschaftlichen, politischen und auch die kulturellen Belange der Vertriebenen, solange sie noch ihre Eigenständigkeit bewahren und nicht einfach aufgesogen werden wollen.

 

Die Mehrzahl der Vertriebenen ist sich darüber im Klaren, dass nur die Geschlossenheit für das Erreichen ihrer Ziele bürgt. Die Bundestreffen der Landsmannschaften in Westdeutschland haben bewiesen, dass auch die wirtschaftlich Bessergestellten es jetzt nicht mehr verantworten können, sich aus der Schicksalsgemeinschaft auszuschließen. Berlin, in vielen Dingen ein Beispiel, sollte sich hier keine Blöße geben.

 

Die vielfachen Veranstaltungen am Nachmittag des 1. August zeigen deutlich, dass dieser Tag ein echter „Tag der deutschen Heimat" sein soll. Wenn am Morgen mit den Gottesdiensten begonnen wird, so wird in diesen die Bitte an den Allmächtigen verkündigt, uns unsere Heimat wiederzugeben. Die weltliche, politische Forderung erheben wir in der Großkundgebung um 10 Uhr, wenn Staatssekretär Thedieck, der Präsident des Abgeordnetenhauses, Dr. Suhr, und als unser Vertreter Dr. Rojek sprechen. An den Treffen am Nachmittag finden wir uns im Kreise unserer Landsleute zusammen, um uns schließlich und endlich wieder menschlich zu begegnen.

 

Jeder Vertriebene sollte sich den 1. August frei halten zur Erfüllung seiner Verpflichtung, die er gegenüber seiner Heimat hat.

 

 

Seite 1   Kuratorium „Unteilbares Deutschland" in Berlin (Eigenmeldung).

Berlin. In der Eichengalerie des Charlottenburger Schlosses, wenige Schritte vom Mausoleum Kaiser Wilhelms I. entfernt, wählte das Kuratorium der Volksbewegung „Unteilbares Deutschland" in Gegenwart von Bundespräsident Prof. Heuss, Bundeskanzler Dr. Adenauer und Bundestagspräsidenten Dr. Ehlers den früheren Reichstagspräsidenten Paul Löbe zu seinem Präsidenten.

 

Löbe sagte nach seiner Wahl in einer kurzen Ansprache, er folge nur der Pflicht, wenn er die Wahl annehme. Alle Menschen, die guten Willens seien, müssten helfen, das freie Deutschland zu schaffen. Der Sowjetzonenbevölkerung, die ohne Verschulden ein schweres Schicksal trage, müssten von uns Beweise der Solidarität gebracht werden. Jedem Deutschen gebe die häufig abgegebene Erklärung „Wir haben Euch nicht vergessen!" die Pflicht auf, jeden Tag zu überlegen, ob er nicht seinen Verwandten und Freunden in der Zone eine Stunde der Hoffnung und der Zuversicht geben könne.

 

Zu Beginn der von Jakob Kaiser geleiteten Sitzung erklärte der Minister für gesamtdeutsche Fragen, der Wille, die innere Einheit unseres zerrissenen Volkes zu bewahren und die Wiedervereinigung voranzutreiben, sei viel stärker als nach außen in Erscheinung trete. Im Verhältnis von Deutschen zu Deutschen solle die Propaganda abgeschafft werden. Jede Fühlungnahme mit den Menschen der sowjetischen Zone, ob anlässlich des FDJ-Treffens Pfingsten in Berlin oder des Evangelischen Kirchentages in Leipzig, beweise nur eins: die 18 Millionen Deutschen der Zone wollten menschliche Begegnung und geistige weltanschauliche und soziale Auseinandersetzung, aber keine Propaganda, auch nicht mit gefüllten Schaufenstern.

 

Zur Organisation der Volksbewegung teilte Kaiser mit, dass die Arbeit sich vorwiegend auf die freiwillige Zusammenarbeit von Vertretern der Organisation stützen solle, die im Kuratorium vertreten seien. Wo die örtlichen Zusammenschlüsse noch nicht begonnen hätten, solle es unverzüglich geschehen.

 

 

Seite 1   Die Zahlen zum „großen Thema"

Bereits zweimal innerhalb von 25 Jahren hat Deutschland als Folge verlorener Kriege Gebiets- und Bevölkerungsverluste ertragen müssen, von denen es sich nur schwer erholen konnte. Durch das Versailler Diktat gingen Deutschland im Westen und Norden mit Elsaß-Lothringen, Eupen-Malmedy und Nord-Schleswig 3,6 v. H. und im Osten mit dem Memelland, mit Danzig, Posen/Westpreußen, Ost-Oberschlesien und dem Hultschiner Ländchen 9,4 v.H., insgesamt 13 v.H. seines Staatsgebietes verloren. Ein Zehntel seiner Bevölkerung wurde vom Mutterland getrennt und ging der deutschen Volkskraft verloren. Wenn auch durch den sogenannten Polnischen Korridor von Ostpreußen getrennt, blieb das Staatsgebiet von 1920 als Ganzes aber erhalten. Die in langjähriger Pionierarbeit von deutschen Forschern, Farmern und Pflanzern erschlossenen Kolonialgebiete in Afrika und in der Südsee von der sechsfachen Größe des Mutterlandes mussten dem Völkerbund als Mandat übergeben werden.

 

Nach der Kapitulation von 1945 hat zwar noch kein Friedensvertrag über die neuen Grenzen Deutschlands entschieden, aber durch das Potsdamer Abkommen sind die deutschen Ostgebiete hinter der Oder-Neiße-Linie - 24,4 v. H. des Staatsgebietes von 1937 - unter polnische und sowjetische Verwaltung gestellt und praktisch zunächst der deutschen Staatshoheit entzogen worden. Im Westen wurde das Saarland - neben kleineren Abtretungsgebieten an Belgien und Holland - mit 0,5 v. H. des früheren Staatsgebietes politisch selbständig erhalten, aber wirtschaftlich Frankreich angeschlossen. Die politische und wirtschaftliche Einheit des verbliebenen Staatsgebietes wird noch durch die Demarkationslinie zwischen der Bundesrepublik und sowjetisch besetzten Zone verhindert. Auf den Bevölkerungsstand von 1939 bezogen, lebten damals 9,6 Mio. Menschen in den deutschen Ostgebieten, von denen bis 1946 nur etwa 6,8 Mio. als Flüchtlinge und Vertriebene über die Oder-Neiße-Linie zurückkehrten. Das Schicksal von rund 3 Mio. Ostdeutschen ist ungewiss. Etwa 900000 Deutsche sollen schätzungsweise noch in den polnisch und sowjetisch verwalteten Ostgebieten ansässig sein.

 

 

Seite 1   Deutsche Vertriebenenfrage in Helsinki diskutiert

Von unserem Sonderkorrespondenten

An der Vollversammlung des International Council of Women in Helsinki vom 8. bis 18. Juli nahmen neben den Vertreterinnen des Deutschen Frauenringes die 1. und 2. Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Frauen im BVD, Frau Hertha Pech und Frau Hanna Magen, teil. Dadurch war es möglich, im Rahmen des Kongresses in Referaten und persönlichen Gesprächen mit den Tagungsteilnehmern die Problemstellung der deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge ausführlich darzulegen. Beide Vertreterinnen des BVD nahmen an allen Sitzungen der Vollversammlung teil und wurden für die Dauer des Kongresses in den ständigen Ausschuss „Migration" delegiert, in dem Frauen von 37 Nationen der freien Welt vertreten sind.

 

Im Gesamtbericht über die Lage der Frauen im sozialen und politischen Leben der Teilnehmerstaaten war Deutschland noch nicht berücksichtigt, da es seit 1951 erstmalig als beobachtendes Mitglied zugezogen wurde, jedoch konnte Frau Hanna Magen gesondert berichten. Sie hob insbesondere die materiellen Konsequenzen der Vertreibung für die Bundesrepublik hervor und wies auf die bisher erzielten Eingliederungserfolge in der Bundesrepublik hin. Frau Magen ließ auch keinen Zweifel daran, dass eine mangelhafte Eingliederung immer noch Gefahren für das wirtschaftliche und politische Leben in Westdeutschland mit sich bringe. Äußerste Not herrsche vor allem unter den älteren Vertriebenenfrauen, die sich mit einer schmalen Rente zumeist ohne verwandtschaftliche Hilfe abfinden müssten. Da die Stärkung der Familie für den gesamten freien Westen eine wichtige soziale Aufgabe bedeute, appellierte Frau Magen an die Vertreter aller freien Völker, den deutschen Frauen jede erdenkliche Hilfe in ihrem schweren Existenzkampf zu geben.

 

Durch Berichte über die finnischen Eingliederungsleistungen boten sich eindrucksvolle Vergleiche zu den deutschen Einzelproblemen an und überzeugten die Teilnehmer von Umfang und Vielschichtigkeit der deutschen Vertriebenenfrage. Auf Antrag der Vertreterin Norwegens, die selbst an Hilfsaktionen für die Vertriebenen in Deutschland mitgearbeitet hat, wurde eine Resolution verfasst, in der die nationalen Frauenräte für die Bearbeitung der Flüchtlingsfragen aufgerufen werden und den Vereinten Nationen Vorschläge für konkrete Hilfsmaßnahmen unterbreitet werden sollen.

 

In Gesprächen mit dem Präsidenten des finnischen Reichstages, Generaldirektor Vennamo und dem finnischen Landwirtschaftsrat Veisanan von der landwirtschaftlichen Siedlungsabteilung wurden Fragen des finnischen und deutschen Lastenausgleichs behandelt. Im Anschluss daran erfolgte eine Besichtigung karelischer Vertriebenensiedlungen und einer landwirtschaftlichen Siedlerschule unter Beteiligung der Ausschussvorsitzenden Madame Chevalley. Abschließend stellten die Beteiligten fest, dass die erzielten Erfolge bei der finnischen Eingliederung nur auf Grund einer unmittelbaren Lösung der Probleme nach der Vertreibung aus Karelien möglich waren und die kontinuierliche Wanderungsbewegung in Deutschland bis heute eine derart gründliche und umfassende Lösung der Vertriebenenfrage nicht zulasse.

 

 

Seite 2   Hunderttausende auf den großen Vertriebenentreffen

Deutsch und ungeteilt - Schlesier in Frankfurt

Von unserem haz-Sonderkorrespondenten

Mehr als 100 000 heimatvertriebene Schlesier haben am Haupttag auf dem Frankfurter Messegelände ihren unbeirrbaren Willen zur Rückkehr in die angestammte Heimat bekundet. Zugleich bekannten sie sich zum europäischen Gedanken. Bundesminister Kaiser unterstrich das Recht der Vertriebenen auf ihre Heimat und betonte, dass eine Rückkehr nur mit friedlichen Mitteln der Politik auf dem Verhandlungswege möglich sei.

 

 Insgesamt waren mehr als 200 000 Schlesier nach Frankfurt gekommen, um an diesem großen Treffen, das unter dem Motto „Schlesien deutsch und ungeteilt" stand, teilzunehmen. Rund 12 000 Schlesier hatten bei der gestrigen Abschlusskundgebung auf dem Frankfurter Messegelände in der mit Girlanden und schlesischen Wappen geschmückten Festhalle Platz gefunden. Aber mehr als 100000 Vertriebene drängten sich draußen auf dem Freigelände und weitere 100 000 saßen in den zahlreichen Frankfurter Lokalen und erlebten an den Lautsprechern die Kundgebung mit.

 

In Grußtelegrammen an den wiedergewählten Bundespräsidenten Prof. Heuss und Bundeskanzler Dr. Adenauer gaben die Schlesier ihrer Hoffnung Ausdruck, dass in die neue Amtszeit des Bundespräsidenten auch die Rückkehr in ihre Heimat fallen möge.

 

Die Delegierten der schlesischen Landsmannschaften wählten Dr. Julius Doms aus Orsoy im Kreis Moers (Rheinland) zum neuen Bundesvorsitzenden. Der bisherige Vorsitzende Dr. Rinke hatte sein Amt wegen Arbeitsüberlastung durch sein Bundestagsmandat zur Verfügung gestellt.

 

Frankfurt hatte an diesem Wochenende völlig im Zeichen des Schlesiertreffens gestanden. Die ganzen Nächte hindurch waren die Lebensmittelgeschäfte geöffnet, und Tausende von Schlesiern, die nicht an Schlaf dachten, zogen durch die Straßen. Alle Hotels und Privatquartiere waren überbelegt. Tausende schliefen in den Messehallen. Der auf dem Treffen eingerichtete Suchdienst hatte großen Erfolg. Mehr als 100 Suchmeldungen endeten nicht mit „Fehlanzeige". Ein Geschwisterpaar, das sich seit zehn Jahren suchte, konnte sich mit Tränen der Freude schon zehn Minuten, nachdem die Durchsage durch den Lautsprecher gekommen war, in die Arme schließen.

 

 

Seite 2   50 000 Westpreußen in Bochum

Von unserem Md-Redaktionsmitglied

Am 34. Jahrestage der Abstimmung in West- und Ostpreußen fand in Bochum das diesjährige Bundestreffen der Landsmannschaft Westpreußen statt. Es bekam sein besonderes Gepräge durch die Teilnahme der Landsmännischen Vereinigung ostdeutscher Heimatvereine (Heimattreue Ost- und Westpreußen) in Nordrhein-Westfalen, die gleichzeitig ihren Verbandstag abhielt. Heimatvertriebene und Heimattreue Landsleute fanden sich zu einem machtvollen Bekenntnis für die alte Heimat zusammen.

 

Westpreußen sei immer die Brücke zwischen Ost und West gewesen und habe Anspruch darauf, nicht vergessen zu werden, sagte Bundesminister Prof. Dr. Oberländer auf der Großkundgebung am Sonntag, dem 11. Juli, in der Riesenhalle des Bochumer Vereins, die durch eine große Karte Westpreußens und zahlreiche Fahnen und Trachten ihren festlichen Schmuck erhalten hatte. Die Heimattage der Vertriebenen bezeichnete Oberländer als Meilensteine auf dem Wege zu einem vereinigten Europa. Nach ihm verlas der Sprecher der Landsmannschaft Westpreußen, Erik von Witzleben, zahlreiche Grußtelegramme, begrüßte im Besonderen die Teilnehmer aus Berlin und wandte sich dann gegen eine Verzerrung des Bildes von Preußen, das auch heute noch lebe. Er übte schließlich scharfe Kritik an der bisherigen Durchführung des Lastenausgleichs, die er wörtlich „einen Schmarren" nannte.

 

Den festlichen Auftakt des Westpreußen-Tages hatte bereits am Sonnabendnachmittag eine Feierstunde im Festsaal des Rathauses gebildet, in der nach Begrüßungsworten des Bochumer Oberbürgermeisters Heinemann und des Sprechers Erik von Witzleben der Staatssekretär Thedieck sprach, der die Wiedervereinigung Deutschlands als vordringlichste Aufgabe der deutschen Politik bezeichnete. Das Bochumer Streichquartett spielte Mozart und Haydn. Am gleichen Abend fand nach einer Feierstunde der Jugend ein allgemeiner Begrüßungsabend im Parkhaus statt.

 

Vorausgegangen waren den Hauptkundgebungen zahlreiche interne und kulturelle Veranstaltungen, in der der bisherige Sprecher Erik von Witzleben einstimmig wiedergewählt wurde; eine Kulturtagung mit den Kulturschaffenden Westpreußens; und nicht zuletzt die Eröffnung einer Kunstausstellung, die der Öffentlichkeit Ausschnitte aus dem Schaffen westpreußischer Maler und Bildhauer zeigen soll.

 

Die Stadt Bochum selbst, die nach einem Ausspruch ihres Oberbürgermeisters schon zu einem Spiegelbild ostdeutscher Heimattreue geworden ist, hat auch die Westpreußen in ihren Mauern herzlich aufgenommen. Das bewiesen der reiche Flaggenschmuck der Straßen und das stündliche Glockenspiel des Westpreußenliedes ebenso wie die rege Anteilnahme der Bevölkerung an einem Festzug der Heimatvereine mit ihren bunten Fahnen und Trachten. Der Dank der Landsmannschaft fand sichtbaren Ausdruck in der Übermittlung einer großen Radierung des Thorner Rathauses von dem westpreußischen Maler und Graphiker Hellingrath als Geschenk an die Stadtverwaltung.

 

 

Seite 2   150 000 Pommern beim Deutschlandtreffen 1954

Von unserem P. H.-Sonderberichterstatter

Bochum. Das diesjährige Deutschlandtreffen vereinte rund 150 000 Pommern aus allen Teilen der Bundesrepublik und aus Berlin in der Industriestadt Bochum. Unter der Losung: „Pommern ruft Deutschland und Deutschland die Welt!" legten sie ein Bekenntnis ab zur Heimat und zur Einheit des ganzen Deutschlands in einem freien Europa.

 

Eröffnet wurden die beiden gesamtdeutschen Tage der Pommern mit einem Empfang, den die Stadt Bochum am Pfingstsonnabend im Rathaus gab. Das Glockenspiel ließ vom Rathausturm alle Stunde das Pommernlied erklingen. Menschen aus dem Land an der Ostsee lauschten zusammen mit Bewohnern der Gaststadt im weiten Innenhof des Stadthauses den Klängen dieses Spieles.

 

An der Hauptkundgebung am Pfingstsonntag in der riesigen Werkhalle des Bochumer Vereins nahmen mehr als 100 000 Pommern teil, die aus allen Teilen der Bundesrepublik und aus Berlin ins Industriegebiet gekommen waren. Superintendent Gensichen, der Landesvorsitzende der Pommerschen Landsmannschaft in Berlin, überbrachte die Grüße der ehemaligen Reichshauptstadt und Oberbürgermeister Heinemann gab der Verbundenheit der Stadt Bochum zu den heimatvertriebenen Pommern Ausdruck, stellvertretend für alle Westdeutschen, die in Brüderlichkeit das Schicksal der Ostdeutschen als ein Schicksal aller Deutschen mitzutragen und mit zu lösen bereit sind.

 

Bundesminister Oberländer leitete seine Festrede mit dem Grußwort der Bundesregierung ein. Er betonte, dass das Gedenken an die Vergangenheit sich nicht In Wehmut erschöpfen dürfe, sondern dass daraus die Kraft für zukünftige Aufgaben entspringen müsse. Die wirtschaftliche Leistung Westdeutschlands während der vergangenen Jahre sei ohne den Beitrag der Vertriebenen nicht zu denken. Jedoch ist während dieser neun Jahre erst ein Drittel der Heimatvertriebenen sozial voll eingegliedert worden. Die unverzügliche soziale Eingliederung und Sicherung der noch verbleibenden zwei Drittel erfordert eine erhöhte Kraftanstrengung und einen vollen Einsatz aller Mittel. In der Mithilfe bei dieser Arbeit liege die erste Aufgabe der Landsmannschaft: Erhaltung der Substanz und Sicherung einer sozial gesunden Volksgruppe.

 

Die Stuttgarter Charta der Heimatvertriebenen enthält eine klare Absage an Machtgelüste, an Rache und Hass. Sie muss weiterentwickelt werden zu einer Zusage zu Europa und dem Abendland, ohne dabei auf Heimatrecht und Rückkehr zu verzichten. Es gibt kein isoliertes Westeuropa; ohne Mittel- und Osteuropa ist es nicht denkbar. Oberländer zitierte die Äußerung eines prominenten Franzosen: „Die Heimatvertriebenen sind die besten Europäer, weil sie wirklich an Europa glauben!"

 

„Pommern ist und bleibt ein untrennbarer Teil Deutschlands", rief Minister Oberländer unter dem Beifall der Hunderttausend aus. Pommern ist heute geteilt, wie es Deutschland ist." Die Welt müsse mithelfen, die Gräben zuzuschütten, die Europa trennen, damit Europa erstehen kann.

 

 

Seite 2   Bekenntnis zur Heimat

Ein Tag im Jahre soll unser Tag sein, soll in den Herzen der Geflüchteten und Gehetzten in gemeinsamem Erleben heimatlicher Verbundenheit wieder echtes Menschbewusstsein wachrufen.

 

An uns liegt es, ob diesen „Tag der Heimat" ein wehmütiges Gedenken sagenhafter Friedenszeiten bestimmt, ob wir uns beim Austausch der Erinnerungen von den furchtbaren Erschütterungen des über uns hereingebrochenen Kriegsgeschehens beherrschen lassen, oder ob wir darüber hinaus die Leidenswege der Vergangenheit umzuprägen gewillt sind in einen positiven Willen mit dem Ziele der großen Völkerversöhnung.

 

Unsere Opfer sind nicht umsonst gebracht.

 

Man rechnet mit uns, und an die Überwindung unseres Jahrhunderte überdauerten Grenzlandringens sind alle Voraussetzungen geknüpft, die in Bezug auf die Lösung des gesamtdeutschen Problems berechtigte Lichtblicke erschließen. Wir dürfen uns nur nicht auf bloße Erwartung, Wunschträume und tatenloses Geduldet sein beschränken, - wir müssen es vielmehr als eine innere Bereicherung betrachten, dass die seelische Ausreife gerade des östlichen Deutschtums durch die Meisterung selbst der katastrophalsten Schicksalsschläge ihrer Vollendung entgegengehen konnte.

 

Darum lassen wir den „Tag der Heimat" zum Aufbruch für die Verteidigung des Friedens werden - nicht nur heute, sondern täglich und stündlich - das ganze Jahr hindurch.

 

 

Seite 2   Die Arbeitsfähigkeit der Heimatauskunftsstellen

Auf die Eingabe des VdL-Präsidiums vom 6. Mai an den Bundesminister der Finanzen mit Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten der Heimatauskunftsstellen hat das Finanzministerium dem Verband geantwortet. In dem Schreiben wird der Auffassung des VdL, dass die Durchführung der Verfahren nach dem Feststellungsgesetz in jeder möglichen Weise gefördert werden muss, beigepflichtet.

 

Die unerfreuliche Verzögerung des Anlaufens der Schadensfeststellung begründet das Finanzministerium mit der Notwendigkeit, zur Vorbereitung der zu erlassenden Rechtsverordnungen ein außerordentlich umfangreiches Material zu verarbeiten. Das Ministerium erkennt weiter die große Bedeutung der Arbeitsfähigkeit der HAStn an und teilt mit, dass die Möglichkeiten, diese Arbeitsfähigkeit zu steigern, in den letzten Monaten in den verschiedensten Gremien wiederholt und eingehend erörtert worden sind.

 

 

Seite 2   Das Bundestreffen der Siebenbürger Sachsen

Von unserem Ha.-Sonderberichterstatter

Dinkelsbühl. Das traditionelle Pfingsttreffen der Siebenbürger Sachsen in der ehemaligen reichsfreien Stadt Dinkelsbühl, zu dem alljährlich Tausende aus allen Teilen der Bundesrepublik, aus der Sowjetzone, aus Österreich und dem Ausland herbeiströmen, zeigte auch diesmal wieder das Bild wunderbarer Trachten vor dem Hintergrund mittelalterlicher Fachwerkhäuser: das Bild eines in seinem Volkstum nahezu verankerten, in seinen Überlieferungen und Gefühlen harmonisch ausgewogenen Volksstammes. Den Höhepunkt des Treffens bildete wieder die Hauptkundgebung auf dem Marktplatz, auf der Bürgermeister Schmidt in seiner Begrüßung mit warmen Worten unterstrich, dass die Siebenbürger Sachsen der Stadt Dinkelsbühl ans Herz gewachsen sind.

 

Staatssekretär Stain überbrachte die Grüße der  bayrischen Regierung und der Sudetendeutschen und verband damit den Hinweis auf die historische Verbundenheit der Sudetendeutschen mit den Siebenbürger Sachsen. Diese Gemeinschaft sei 1918 nach dem Zusammenbruch Österreich-Ungarns zerschlagen worden. Aufgabe sei es nun, wieder aus der Kleinstaaterei herauszufinden und eine großräumige Zusammenfassung der Völker zu erreichen. Die Aufgaben im Osten und Südosten seien für das deutsche Volk noch nicht beendet. „Reiche sind gekommen und gegangen, aber der Gedanke des Volkstums ist geblieben und wird zu neuer Lebenskraft erwachen". Ihn den Binnendeutschen, vor allem aber der Jugend nahezubringen, sei die Aufgabe der Vertriebenen.

 

 

Seite 2   Deutsche Heimat hinter der Grenze

Ausgesiedelte berichten aus Pommern, Ober- und Niederschlesien sowie dem Wartheland

Vier- bis fünftausend Deutsche aus allen Teilen des polnisch besetzten Ostdeutschlands treffen monatlich in den sowjetzonalen Auffanglagern Fürstenberg/Oder und Bischofswerda ein. Zehntausende Deutscher, sind noch in der alten Heimat und warten schon jahrelang auf die Genehmigung zur Ausreise. Das Ausweisungslager in Stettin, wo sich alle Transporte aus Ostdeutschland sammeln, ist für die Zurückgebliebenen zu einem Tor der Hoffnung geworden, wenn die Reise auch nur in die Sowjetzone geht und es nur einem geringen Teil gelingt, von dort nach Westdeutschland zu den Angehörigen zu kommen.

 

Frau D. stammt aus L. im Kreise Köslin in Pommern. Ihr Mann war im Kriege gefallen. Mit ihrem Sohn wohnte sie in einem Zimmer einer Baracke, die früher als Lager für französische Kriegsgefangene gedient hatte. Andere Deutsche, wohnten im Alten Schloss L. Bis 1950 wurde das Gut von Russen verwaltet. Seit dieser Zeit erhielten die Deutschen - die Polen waren nur als Verwalter und nicht als Arbeiter eingesetzt - 300 Zloty monatlich für ihre schwere Arbeit. Sie hatten selten einen Sonntag frei. Selbst bei schlechtem Wetter mussten sie an Feiertagen auf die Felder. Als sie einmal streikten, trieb sie polnische Miliz mit Gewalt auf die Äcker.

 

Wenn die Deutschen nach der Kreisstadt Köslin fahren wollten, mussten sie eine Genehmigung der polnischen Verwaltung einholen. Auch später, als die Deutschen Feierabendveranstaltungen durchführen konnten, musste dafür eine Genehmigung eingeholt werden. Zum Tanzfest erschienen Beauftragte der polnischen Geheimpolizei.

 

1948/49 kamen polnische Arbeiter in die leerstehenden Häuser der pommerschen Bauern. Aber die Dächer der Häuser hatten Sturmschäden, Zäune lagen schief und Fenster waren zerbrochen. Die polnischen Bauern wirtschafteten darin, bis sie schließlich die hohen Abgaben nicht mehr tragen konnten. Dann verschwanden die Polen oft wieder nach dem Osten, wo sie hergekommen waren. Die Deutschen lebten für sich. Ihre Kinder durften seit 1950 in eine deutsche Schule gehen - eine deutsche Lehrerin hielt sie in ihrem Zimmer ab. - Auch deutsche Predigten, die ein Laie in der 15 km entfernten Kirche hielt, konnten seit damals wieder gehört werden.

 

In verwanzten Zügen und mit einer polnischen Transportleiterin ging es bei Erhalt der Ausreisegenehmigung nach Stettin in ein sauberes Lager. Vier sowjetzonale Funktionäre und Polen sprachen von der deutsch-polnischen Freundschaft. Einen Tag später fuhr der Zug über die Oder.

 

Frau B. kommt aus Oberschlesien. Sie berichtet: „Ich bekam eine monatliche Rente von 100 Zloty. Das war zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben. Also kochte ich bei anderen Familien das Essen, strickte und nähte und verdiente mir den notwendigen Lebensunterhalt. Als meine Mutter starb, hatte ich kein Geld für das Begräbnis. Mit dem Rodelschlitten musste ich die Tote zum Friedhof fahren. Dort stand ein vom polnischen Staat gestifteter Armensarg bereit; der evangelische Geistliche verzichtete auf die Gebühren. Wie stets bei dem Begräbnis eines Deutschen, hatten sich alle Deutschen des Ortes eingefunden, um der Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen.

 

Die Miete in Oberschlesien war sehr billig. Die Häuser der Deutschen waren verstaatlicht worden. Ein Zimmer bekam man schon für 2,50 Zloty, und für eine Zweieinhalbzimmerwohnung zahlte man kaum mehr als 15 Zloty. Zum Unterschied von den pommerschen Landsleuten konnten wir sämtliche Möbel bei der Ausweisung mitnehmen."

 

Frau E. M. wohnte in Niederschlesien. Sie war Beamtenwitwe und verstand nicht viel von der Landwirtschaft. Aber sie musste von 1945 an den Schweinestall der polnischen Kolchose ihres Dorfes warten. Einmal war ihr ein kleines Ferkel eingegangen - strenge Verhöre folgten. Von ihrem kargen Verdienst musste sie in Raten den Wert des Ferkels an die Kolchosenleitung abzahlen. Von den Prämien, die die Kolchosenleitung an die polnischen Mitarbeiter ausschüttete, blieb sie ausgeschlossen. Es gab eine kleine deutsche Schule. Ein biederer Handwerkermeister hatte sie in seiner Wohnung aufgemacht und brachte den Jugendlichen auch polnisch bei, um ihnen die Existenz zu erleichtern. - Kurz vor ihrer Ausreise kam Frau M. in den Kreis Löwenberg. Das Dorf ihres Schwagers war zu zwei Dritteln zerstört. Die Kreisstadt selbst bot ein Bild des Verkommens. Die sogenannte Friedensfahrt wurde um die Stadt herumgeführt, damit die westlichen Radfahrer, die an dieser Tour teilnahmen, nicht die „verfallenste Stadt Schlesiens" sehen sollten.

 

Frau Z. kommt aus Lodz. Früher lebten hier einige hunderttausend Deutsche, jetzt kaum mehr als 5000. Die Deutschen dürfen nur die Tätigkeit eines ungelernten Arbeiters ausüben. Die zurückgehaltenen deutschen Fachkräfte wurden .durch inzwischen von diesen ausgebildete Polen ersetzt und müssen nun ebenfalls niedere Arbeit tun. Deutsch durfte im Wartheland nicht gesprochen werden, bis sich vor einigen Monaten das Verhältnis zwischen Polen und Deutschen etwas lockerte. Nachdem zerstörte Häuser wieder aufgebaut und neue Siedlungen gebaut worden waren, erhielten auch die Deutschen, die bis dahin in engen Zimmern hausen mussten, ordentliche Wohnungen.

 

Lodz hat heute mehr Einwohner als vor dem Kriege und damit die Millionengrenze überschritten. Seine Industrien sind ausgebaut und seine Verwaltung ausgedehnt worden. Die Landflucht der Polen machte sich auch hier bemerkbar.

 

Der Gottesdienst wurde nur polnisch abgehalten - trotzdem gehen alle Lodzer Deutschen fast nur in die Matthäi-Kirche, die früher ein Zentrum des kirchlichen deutschen Lebens in dieser Stadt war. Wenn auch die Liturgie polnisch gesprochen wurde - die gemurmelten Gebete hatten deutsche Worte.

 

 

Seite 3   Kulturnachrichten.

Der Deutsche Orden im Jahre 1954

Das Generalkapitel des Deutschen Ordens wählte Mitte Mai in Lana (Tirol) Dr. Marian Turnier erneut zum Ordenshochmeister. Es ist wenig bekannt, dass der Deutsche Ritterorden in seinem österreichischen Zweig noch existiert. Die wechselvolle 800-jährige Geschichte dieses Ordenswerkes, dem der deutsche Osten seine Missionierung und hohe Kultivierung zu verdanken hat, drohte bereits 1929 ihr Ende zu nehmen.

 

Die vielen Besitzverluste des Ordens und seine Bekämpfung durch deutschfeindliche Regierungen in den einzelnen europäischen Ländern nach dem ersten Weltkrieg führten sehr bald zu seiner inneren Schwächung. Lediglich in der Tschechoslowakei, in Jugoslawien und in Österreich rettete sich der deutsche Ritterorden durch geschickte Anpassung an die jeweiligen politischen Verhältnisse. Eine völlige Enteignung des Ordens nahm das nationalsozialistische Regime nach der Machtübernahme in Österreich und in der Tschechoslowakei vor. Die letzten Bastionen für den Deutschen Orden nach der Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei, Ungarn und Jugoslawien blieben die Ordensprovinzen Deutschland, Österreich und Südtirol.

 

Der deutsche Konvent befindet sich in Darmstadt und das Mutterhaus der deutschen Ordensschwestern in Passau. Der Orden betätigt sich gegenwärtig auch sehr stark in der Für- und Seelsorge für Vertriebene und Flüchtlinge. Die Vereinigung zählt gegenwärtig noch etwa 700 Mitglieder und hat ihren Hauptsitz im Deutschen Haus in der Nähe des Stephandomes in Wien.

 

 

Seite 3   Deutscher Kunstrat e.V. gegründet

Auf einer Pressekonferenz in Köln trat der Deutsche Kunstrat e. V. erstmalig an die Öffentlichkeit. Der Vorstand des Deutschen Kunstrates setzt sich aus den Herren Oberpräsident a. D. Stoltzer, Prof. Dr. Luchtenberg und Dr. Thiele als Geschäftsführer zusammen. Prof. Luchtenberg ist Mitglied des Beirats beim Kulturwerk der vertriebenen Deutschen.

 

Der Deutsche Kunstrat ist aus der Notgemeinschaft der Deutschen Kunst entstanden. Er hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Werke der zeitgenössischen deutschen Kunst im In- und Ausland zu verbreiten und dabei mit allen anderen Kultur-Organisationen in den Ländern, Kreisen und Städten eng zusammenzuarbeiten. Es bestehen bereits gute Verbindungen des Deutschen Kunstrates mit dem Werkbund, dem Rat für Formgebung, dem Kulturkreis im Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutschen Sektion des Internationalen Musikrats, den Werkbundschulen und dem Deutschen Künstlerbund.

 

 

Seite 3   Kurznachrichten

Nach Pressemeldungen leben in Danzig, noch etwa 10 000 bis 15 000 Deutsche unter schlechten Bedingungen. Kinder kürzlich eingetroffener Rückkehrer aus Danzig, konnten nicht deutsch sprechen.

 

 

Seite 4   Heimweh

Der Himmel küsset die Erde wach,

Es blühet im Garten die Linde,

Im Wiesengrunde, da glänzt der Bach,

Es lispeln die lauen Winde.

 

Und ein Raunen geht durch die ganze Welt,

Vom Himmel, da fällt ein Stern,

Voll Sehnsucht schau ich zum Himmelszelt,

O Heimat, wie bist du so fern.

 

Das Büchlein im nahen Wiesengrund,

Das hüpft ohne Rast, ohne Ruh',

Und das Herz tut so weh und das Herz ist

so wund

Und ich schließe die Augen zu.

 

Und träume vom Frühling und dem Duft

der Felder

Und große Sehnsucht erfüllt mein Herz,

Von ferne hör' ich das Rauschen der Wälder,

O Heimat, ich seh: dich in meinem Schmerz.

 

Im Mondenschein, da träumt jetzt dein See,

Es wiegt sich das Schilf im Winde,

Und das Herz ist so wund und das Herz tut

so weh,

Und daheim blühet auch die Linde.

 

Es strahlen die Sterne in ihrer Pracht,

So schön, so klar und so rein.

O Herr, sei du für uns auf der Wacht,

Lass uns m der Heimat bald sein.

 

Und starkes Heimweh erfasst mich mit

Macht,

Und der Morgentau setzt sich nieder,

O Gott, beschütz: uns bei Tag und bei

Nacht,

Und gib uns die Heimat bald wieder.

Jeger

 

 

Seite 4   Deutsche in Ostpreußen

Die Reste der deutschen Bevölkerung jenseits der Oder und Neiße machen der polnischen Verwaltung anscheinend doch noch einiges Kopfzerbrechen. Offenbar ist in einzelnen Gebieten das Bewusstsein der deutschen Zugehörigkeit noch so stark, dass sich die polnische Presse ernstlich mit diesem Problem auseinandersetzen muss. Bezeichnend ist ein Artikel der in Allenstein erscheinenden Zeitung „GlosOlsztynski". Es heißt darin: „Ermland und Masuren sind polnischer Boden. Die älteren Bewohner dieser Gebiete sind Polen, und als Polen anzusprechen sind auch die der Schule entwachsenen jungen Leute und die Kinder, die jetzt in die Schule gehen. Aber diese im Grunde genommen polnische Bevölkerung sieht sich den Versuchungen des Feindes ausgesetzt. Auf verschiedenen Wegen kommt die revisionistische Propaganda nach Ermland und Masuren und bemüht sich, es nicht zu einer Einheit zwischen der eingesessenen Bevölkerung dieser Gebiete und jenen Brüdern kommen zu lassen, die aus verschiedenen Teilen Polens zugewandert sind. Gemessen am Umfang der revisionistischen Propaganda, die die Ermländer und Masuren daran hindert, ihre Muttersprache besser kennenzulernen und im täglichen Leben zu gebrauchen, und die ferner diese Menschen durch Zweifel und Unsicherheit vergiftet, ist der Einfluss der Lehrer noch so gering. Sie sollen auch auf die ältere Generation einwirken, damit sie zu sich selbst zurückfindet und ihr der Weg zum freien Vaterland geöffnet wird."

 

 

 

Seite 4   Mein Diamant

Neben den vielen Perlen in meinem Erinnerungsschrein habe ich einen Diamanten. Dieser Diamant hat ganz besondere Fähigkeiten. Nehme ich ihn aus meinem Schrein - was gar nicht selten geschieht - strahlt er noch nach 18 Jahren in ursprünglichem Glanz. Er überstrahlt alles, das möblierte Zimmer, die Umgebung, Kummer und Sorgen, Kälte und Hitze und gibt Kraft und Hoffnung. Er nutzt sich nicht ab, verliert nichts von seiner Leuchtkraft und erfreut mich in ursprünglicher Form. Ja, er macht sich auch sonst noch bemerkbar. Ein ganzes Jahr quält er mich schon, ihn auch Euch zu zeigen und nun ist es soweit. Vielleicht erwärmt er Euch ein wenig und vielleicht holen auch andere einen solchen Diamanten auf meine Anregung hin hervor.

 

Vor 18 Jahren besuchte ich die Handelsschule in Allenstein und wir hatten einen dreitägigen Ausflug nach der masurischen Seenplatte vor. Den Jubel brauche ich nicht zu beschreiben, denn den können Sie sich sicher vorstellen. Die ganzen Tage in der Natur zu verleben, ist etwas, was durch nichts zu überbieten ist. Die Wanderungen und Dampferfahrten waren einzigartig schön. „Willst Du eine Dampferfahrt richtig genießen, so stelle Dich neben den Steuermann, vielleicht überläßt er Dir auch für eine Weile dos Steuer, — die Stirne wird frei dabei und das Auge tief und klar." — Ein Stück hinter Rudczanny ist eine große Jugendherberge, wo wir uns einquartierten. — Der Name des Dorfes ist mir entfallen, aber beschreiben könnte ich es noch —. Nach dem Abendbrot teilte sich unsere Klasse in diei Gruppen auf und zwar in die Schäflein, die sich um Lehrer und Lehrerin scharten, also mit Gesellschaftsspielen vorlieb nahmen, in eine Gruppe, die aus Knaben bestand, dessen Anführer zwar nicht der fleißigste, aber der unternehmungslustigste war und in eine Gruppe aus Mädchen, deren Anführerin ich war. Die zweite Gruppe zog auf Entdeckungsreisen aus und da sie Plaudertaschen nicht gebrauchen konnten, zog ich mit meinen Mädels alleine aus. Denn uns fremdes Gelände zu erkunden, gehörte einfach dazu. Es ging Feldwege entlang, über sumpfige Wiesen, das kluk

helt vergiftet, ist der Einfluß der Lehrer noch so gering. Sie sollen auch auf die ältere Generation einwirken, damit sie zu sich selbst zurückfindet und ihr der Weg zum freien Vaterland geöffnet wird." Die Geschäftssteil« informiert: Wir gratulieren! zum 82jährigen Geburtstag am 28. August 1954 unserer Landsmännin Frau Emma Wolff aus Treuburg, Ostpreußen, jetzt wohnhaft Berlin O 112, Knorrpromenade 9.

Verstorben ist unser Landsmann aus Alt-Jablonken, Kreis Osterode/Ostpr., Erich Jendrian, im Alter von etwa 38 Jahren.

Eine Ostprenßensiedlung in Westberlin In wenigen Wochen wird auf dem Bauplatz in der Birkbuschstraße in Steglitz das Richtfest für die Berliner Ostpreußensiedlung stattfinden. Die Wohnungen werden Ende des Jahres beziehbar sein,

Wir bitten «Hm von weiteren Anfragen abzusehen. Nachstehend ein Bericht Uber das interessante Bauprojekt: Dass Berlin auch in der Seßhaftmachung Heimatvertriebener mit gutem Beispiel vorangeht, beweist ein Bauprojekt, das in Steglitz in Angriff genommen wurde und das bisher seinesgleichen in anderen Bundesländern sucht. In der Birkbuschstraße, dicht am Teltowkanal, ist der Bau des Ostpreußenhauses im Gange. Hier entsteht auf einem 14 900 Quadratmeter großen Bauplatz mit einem Kostenaufwand von über 3 Millionen DM eine Gemeinschaftssiedlung für heimatvertriebene Ostpreußen, die von einem privaten Baugremium mit dem Ostpreußen, Dr. Rilinger an der Spitze, angeregt und mit öffentlichen Mitteln, darunter auch Lastenausgleichsgeldern, finanziert worden ist. Die fünf Häuserblocks, die sich in der jetzt üblichen aufgelockerten Bauweise um ein großes Viereck gruppieren, werden insgesamt 196 Wohnungen enthalten. Davon sind 33 Einzimmer-, 102 Zweizimmer- und 60 Dreizimmerwohnungen. Die Pläne stammen von dem Charlottenburger Architekten Ludwig Spreitzer, der auch die Bauleitung innehat. Die Vorderfront auf der Südseite der Siedlung wird von einem elf geschossigen Hochhaus flankiert, das mit seiner klargegliederten, hochragenden Silhouette dem Stadtbild ein neues Gepräge geben wird. Dieses Hochhaus wird in Erinnerung an die verlorene Heimat den Namen „Königsberg" erhalten, ebenso wie auch die anderen Blocks Namen ostpreußischer Städte oder Landschaften tragen werden. Drei Blocks weisen vier und ein Block drei Geschosse auf. In der Mitte liegt eine 5000 Quadratmeter große, von Baumgruppen und Zugangswegen durchzogene Rasenfläche. Falls keine unvorhergesehenen Verzögerungen eintreten, werden die Wohnungen von in Berlin lebenden lastenausgleichsberechtigten Ostpreußen gegen Ende des Jahres bezogen werden können.

Wie der Bau selbst, so ist auch die Innenausstattung nach modernsten Gesichtspunkten geplant. Alle, auch die Einzimmerwohnungen, werden geräumig und hell sein und ein Bad haben. Die Einzimmerwohnungen bestehen aus Diele, Zimmer, Abstellkammer, Bad und Küche oder Kochnische. Die Größe der Einzimmerwohnung beträgt etwa 30 bis 35 qm, der Zweizimmerwohnung 40 bis 50 qm und der Dreizimmerwohnung 64 qm. Fast alle Wohnungen werden einen Balkon oder eine Loggia haben und zwar nach der Sonnenseite. Ferner werden die Wohnungen mit Warmwasser und Fernheizung versehen sein. Das Heizwerk liegt in allernächster Nachbarschaft auf der anderen Seite des Teltowkanals. Für die Küchen sind Elektroherde vorgesehen. Auch Müllschlucker werden in keiner Wohnung fehlen. Eine zentrale Waschanlage mit den modernsten Maschinen wird den Hausfrauen die Arbeit leicht machen. In den Treppenfluren des Hochhauses werden Fahrstühle die Bewohner schnell und bequem in ihre Wohnungen befördern. Einer der Blocks wird als Laubenganghaus gebaut. Eine auch für Berlin interessante Neuerung, die es den Bewohnern ermöglicht, anstatt vom Treppenflur direkt von den Laubengängen die Wohnungen zu betreten. Trotz allen Komforts werden sich die Mietpreise in erschwinglichen Grenzen halten. Während der nördliche Häuserblock mit den Einzimmerwohnungen an der verkehrsreichen Birkbuschstraße liegt, erhebt sich das Hochhaus an dem fast ländlichen Dalandweg. Vom Hochhaus und von vielen Wohnungen der anderen Blocks aus hat man eine herrliche Aussicht auf den Teltowkanal und eine weite Parklandschaft. Hier kann man die Blicke über hohe Pappeln, Trauerweiden und Obstbäume hinweg kilometerweit in die Ferne schweifen lassen. Gepflegte Parkwege an blumigen Wiesen und verträumten Teichen vorbei laden zum Spaziergang und zu erholsamem Ausruhen ein. Hier ist der Lärm der Großstadt weit weg. Hier ist Stille und Einsamkeit. Aber auch das Paradies der Kinder tut sich hier auf mit sonnigen Spielplätzen und großen Liegewiesen. Hier ist Bewegungsfreiheit genug und die bedrückende Enge der Hinterhöfe endlich überwunden. Ein Wohnparadies, wie man es sich schöner in dem großen und übervölkerten Berlin kaum denken kann.

 

 

Seite 4   Mein Diamant

Neben den vielen Perlen In meinem Erinnerungsschrein habe ich einen Diamanten. Dieser Diamant hat ganz besondere Fähigkeiten. Nehme ich ihn aus meinem Schrein — was gar nicht selten geschieht — strahlt er noch nach 18 Jahren in ursprünglichem Glanz. Er überstrahlt alles, das möblierte Zimmer, die Umgebung, Kummer und Sorgen, Kälte und Hitze und gibt Kraft und Hoffnung. Er nutzt sich nicht ab, verliert nichts von seiner Leuchtkraft und erfreut mich in ursprünglicher Form. Ja, er macht sich auch sonst noch bemerkbar. Ein ganzes Jahr quält er mich schon, ihn auch Euch zu zeigen und nun ist es soweit. Vielleicht erwärmt er Euch ein wenig und vielleicht holen auch andere einen solchen Diamanten auf meine Anregung hin hervor.

 

Vor 18 Jahren besuchte ich die Handelsschule in Allenstein und wir hatten einen dreitägigen Ausflug nach der masurischen Seenplatte vor. Den Jubel brauche ich nicht zu beschreiben, denn den können Sie sich sicher vorstellen. Die ganzen Tage in der Natur zu verleben, ist etwas, was durch nichts zu überbieten ist. Die Wanderungen und Dampferfahrten waren einzigartig schön. „Willst Du eine Dampferfahrt richtig genießen, so stelle Dich neben den Steuermann, vielleicht überlässt er Dir auch für eine Weile das Steuer, - die Stirne wird frei dabei und das Auge tief und klar." - Ein Stück hinter Rudczanny ist eine große Jugendherberge, wo wir uns einquartierten. - Der Name des Dorfes ist mir entfallen, aber beschreiben könnte ich es noch -. Nach dem Abendbrot teilte sich unsere Klasse in drei Gruppen auf und zwar in die Schäflein, die sich um Lehrer und Lehrerin scharten, also mit Gesellschaftsspielen vorliebnahmen, in eine Gruppe, die aus Knaben bestand, dessen Anführer zwar nicht der fleißigste, aber der unternehmungslustigste war und in eine Gruppe aus Mädchen, deren Anführerin ich war. Die zweite Gruppe zog auf Entdeckungsreisen aus und da sie Plaudertaschen nicht gebrauchen konnten, zog ich mit meinen Mädels alleine aus. Denn uns fremdes Gelände zu erkunden, gehörte einfach dazu. Es ging Feldwege entlang, über sumpfige Wiesen, das kluckerte so schön, und über Stacheldrahtzäune. Ein Riss im Kleid, macht nichts, wird zugenäht. „Ruhe, ich rieche Wasser, da müssen wir unbedingt hin." Noch einmal verhalten wir den Schritt, wir hören Flüstern; aber das sind nur die Weiden. Dann hören wir auch schon das Plätschern der Wellen, das ist unser See. Aber wer hockt denn da, die Gruppe unserer Klassenkameraden, mucksmäuschenstill sitzen sie, ohne sich zu rühren. In Reih und Glied setzen wir uns still dazu und lauschen. Halb ist die Sonne schon im Wasser und aus ziemlich verstreuten Gehöften hören wir noch das Brüllen des Viehs, Kettenrasseln und Wortfetzen. Langsam wird es immer ruhiger, der Abend senkt sich über uns. Der Wald zur Linken wird immer dunkler, die Strahlen der Sonne immer kleiner. Die Nebelfrauen sammeln sich langsam zum Reigen. Und jetzt beginnt leise und dann immer lauter das Leben in der Natur. Mit angehaltenem Atem lauschen wir, kein Wort durchbricht die Stille, wie Mumien muss ich einmal denken. Es flüstert und ziept, es wispert und surrt, es knackt und knarrt und raschelt, es plätschert und rauscht. Glühwürmchen fliegen hin und her, alles ist emsig beschäftigt, als wenn heute ein großes Fest stattfinden sollte. Immer mehr Nebelfrauen finden sich ein, jetzt fassen sie sich schon bei den Händen. Alle Märchen und Sagen aus unserer Kinderzeit fallen uns ein. Dürfen wir sie denn belauschen, die Geister der Nacht? Vielleicht bestraft uns dafür der Wassermann. Soeben fuhr mir ein kalter Luftzug ins Gesicht - streifte sogar an mir vorbei -. Einem Glühwürmchen schaue ich lange nach und dabei kommt mir unwillkürlich der Gedanke, das wäre hier ein Moor, wo leicht ein Fremder durch das Licht in sein Verderben laufen könnte. Ein Schauer läuft mir den Rücken herunter, aber dann schüttle ich die Gruselgeschichten ab und lausche nur noch auf das Leben und Treiben, trinke den Frieden und die Ruhe tief in mich hinein. Vielleicht ahnte ich schon damals unbewusst, dass jedes Erleben einzig in seiner Art ist. Immer dunkler wurde die Nacht und immer lebhafter das Treiben ringsum. Empfanden wir jetzt alle, dass wir hier nicht länger stören dürften oder vertrieb uns das Wasser mit seinem kühlen Hauch? Leise sagte unser Häuptling „kommt Kinder". Behutsam erhoben wir uns, um keinen zu verscheuchen. Andacht war in uns und ich glaube, uns bewegten alle dieselben Gedanken, „Heimat" und das hat Gott geschaffen. Im Gänsemarsch schritten wir hintereinander her, gesenkten Hauptes, so als wenn einer vor dem andern sein Erleben verbarg. Schweigend, und noch immer genießend. Ein Hund bellte auf, wir schraken zusammen, aus einem anderen Gehöft bekam er Antwort. Wir lächelten leise, er hat wohl schlecht geträumt, dann wieder Stille. –

 

In der Jugendherberge angekommen, verabschiedeten wir uns mit einem festen Händedruck, um die Schlafsäle aufzusuchen. Gott sei Dank, es war schon alles ruhig, wir brauchten keine Fragen zu beantworten. - Wart Ihr nun einmal zu Hause, liebe Landsleute, nur deswegen habe ich Euch meinen Diamanten gezeigt und jetzt soll ihn auch mein 11-jähriger Junge sehen, dem die Liebe zum Wasser und zur Natur schon im Blute steckt.

 

 

Seite 4   Die Geschäftsstelle informiert:

Wir gratulieren!

 zum 82-jährigen Geburtstag am 28. August 1954 unserer Landsmännin Frau Emma Wolff aus Treuburg, Ostpreußen, jetzt wohnhaft Berlin O 112, Knorrpromenade 9.

 

Verstorben ist unser Landsmann aus Alt-Jablonken, Kreis Osterode/Ostpr., Erich Jendrian, im Alter von etwa 38 Jahren.

 

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