Ostpreußen Nachrichten, Folge 02 vom Februar 1953

Ostpreußische Nachrichten
Seite 1   Truman gegen die Oder-Neiße-Linie
„Wir haben die Beschlagnahme des deutschen Ostens durch Polen niemals anerkannt“
Wenige Tage bevor der bisherige Präsident der Vereinigten Staaten, Harry S. Truman, sein Amt an General Dwight Eisenhower übergab, hat Truman in einer Abschiedsbotschaft ausdrücklich festgestellt: „Als Präsident der Vereinigten Staaten werde ich der Besitzergreifung deutschen Gebietes durch Polen niemals zustimmen, noch diese als vollendet ansehen." Truman erklärte ferner, er habe Stalin bereits während der Potsdamer Konferenz im Jahre 1945 die gleiche Erklärung abgegeben. Vor in- und ausländischen Pressevertretern fügte Truman hinzu: „Wir haben die Beschlagnahme deutschen Gebietes durch Polen auch niemals anerkannt." Zu dieser Abschiedsbotschaft des amerikanischen Präsidenten erklärte der 1. Vorsitzende des Zentral Verbandes der vertriebenen Deutschen (ZvD), Dr. Linus Kather, die Feststellung des amerikanischen Präsidenten, er werde niemals der Besitznahme des deutschen Territoriums durch Polen zustimmen, erfülle die Heimatvertriebenen mit Genugtuung und Hoffnung. Diese Feststellung sei umso bedeutsamer, als auch der neue Präsident der USA, Eisenhower, im November des vorigen Jahres auf dem Pularskitag erklärt habe, dass die derzeitige deutsche Ostgrenze, die durch die Oder-Neiße-Linie gebietsmäßig kompensiert werden sollte, keine endgültige Lösung darstellen könne.
 
Obwohl im Potsdamer Abkommen von 1945 festgelegt worden war, dass die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße nur zur vorläufigen Verwaltung Polen unterstellt werden sollten, vorbehaltlich einer endgültigen Regelung durch einen Friedensvertrag, erfüllt es die deutschen Heimatvertriebenen mit besonderer Genugtuung, dass mit Trumans Erklärung zum ersten Mal ein Mitunterzeichner des Potsdamer Abkommens so präzise gegen die Oder-Neiße-Linie als Grenze Stellung nimmt.
 
Die Heimatvertriebenen können vermerken, dass damit auch von den USA ihr Recht auf die Heimat anerkannt wurde. Trumans Erklärung sollte für den weiteren Kampf der Heimatvertriebenen um den deutschen Osten, um ihre alte Heimat, ein neuer Ansporn sein.
 
Weg zum Osten offenhalten
Von der deutschen Bundesregierung wissen die Heimatvertriebenen, dass sie niemals einer Regelung zustimmen wird, nach der die Oder-Neiße-Linie die Ostgrenze Deutschlands bleiben soll. Und erst in unserer Ausgabe Nr. 1 vom 1. Januar hat der Leiter der Presse- und Informationsstelle Berlin des Bundesministeriums für gesamtdeutsche Fragen, Karl Brammer, geschrieben, in dem Kampf um die Wiedervereinigung Deutschlands seien die Heimatvertriebenen die treuesten Bundesgenossen. Sie seien auch in der politischen Vorrangstellung, denn sie halten den Weg zum Osten, den Weg zur alten Heimat offen. Aber all diese Anerkennung, die dem Kampfe der Vertriebenen um ihr Recht auf die Heimat im Inland und Gottseidank mehr und mehr im Ausland gezollt wird, darf das eine nicht vergessen lassen: Dass der Weg zurück in die ostdeutsche Heimat über die Befreiung der Sowjetzone vom kommunistischen Regime führt. Die Heimatvertriebenen müssen auch in Zukunft, da der Kampf um den gerechten Lastenausgleich nicht mehr der Kampfpunkt Nr. 1 sein wird, im besonderen Maße daran denken, dass in der sowjetischen Besatzungszone noch 4,3 Millionen Heimatvertriebener leben. An diese Menschen nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten zu denken, ist eine wichtige Aufgabe.
 
Einheitsverband stärkt
Eine Stärkung in dem Kampf um die Heimat werden die Heimatvertriebenen durch die Bildung des Einheitsverbandes in Westdeutschland finden. Es hat lange Jahre gebraucht, ehe dieser Einheitsverband der Wirklichkeit näher rückte. Die Berliner Heimatvertriebenen haben niemals dafür Verständnis gehabt, warum es mehrere Heimatvertriebenen-Organisationen geben musste. In Berlin ist das Problem, Einheitsverband Ja oder Nein, schon lange gelöst. Im Herbst des vergangenen Jahres haben sich nun endlich auch die Vertriebenen-Organisationen in der Bundesrepublik, der Zentralverband der vertriebenen Deutschen und der Verband der Landsmannschaften in dem in Wiesbaden geschlossenen Abkommen darauf geeinigt, bis zum März 1953 einen Einheitsverband unter der Bezeichnung Bund der vertriebenen Deutschen (BVD) zu bilden.
 
Landsmannschaft Deutschland
Gerade In diesen Tagen werden entsprechend des Beschlusses von Wiesbaden zwischen ZvD und VdL die Mitgliederlisten ausgetauscht. Im Februar und März sollen dann gemeinsame Wahlen stattfinden, und es ist zu hoffen, dass es im Frühjahr nur einen großen, einheitlichen, starken Verband der Millionen Heimatvertriebenen in Deutschland gibt. Von diesem Einheitsverband erhoffen sich die Heimatvertriebenen in Berlin eine Aktivierung des Kampfes um die Wiedervereinigung Deutschlands, eine Aktivierung des Kampfes um die Rückgewinnung der deutschen Ostgebiete. Aufgabe des Einheitsverbandes wird es sein, eine aktive Kraft im Felde der gesamtdeutschen Politik zu werden und die Heimatvertriebenen zu einer Kampfgemeinschaft zusammenzuschließen. Vom Frühjahr 1953 an sollte es für alle Heimatvertriebenen, in welcher Landsmannschaft sie immer auch Mitglied sein mögen, nur eine Gemeinsamkeit geben: Die Landsmannschaft Deutschland.
 
Seite 1   Deutsche werden nach Polen zwangsweise „umgesiedelt"
Dem BLV liegen Informationen vor, nach denen das Innenministerium der sogenannten DDR seit einigen Tagen die Rückführung einiger Hundert Bewohner der sowjetischen Besatzungszone nach, den von den Polen „verwalteten" deutschen Ostgebieten vorbereitet. Es handelt sich meistens um Angehörige der von der polnischen Regierung seit 1945 als Zwangsarbeiter verpflichteten Deutschen, denen selbst eine Ausreise zu den Angehörigen nach der sowjetischen Zone und Westdeutschland verweigert wurde.
 
Bereits vor einigen Monaten hatte die polnische Regierung der Sowjetzonenregierung mitgeteilt, dass sie eine Freigabe der in den besetzten Gebieten lebenden Arbeitskräfte nicht beabsichtige, sondern im Gegenteil wünsche, dass noch mehr deutsche Facharbeiter, insbesondere für die Landwirtschaft und den Bergbau im oberschlesischen Revier und nach Waldenburg aus der „DDR" nach der Volksrepublik Polen rückgesiedelt werden sollen.
 
Seite 1   Geschichtsfälscher am Werk
Durch einen Beschluss des Präsidiums der polnischen Regierung vom 13. Dezember 1952 wurde die Entschließung des wissenschaftlichen Sekretariats der polnischen Akademie der Wissenschaften über die Gründung eines „Historischen Instituts" als selbständige wissenschaftliche Forschungsstelle mit dem Sitz in Warschau bestätigt.
 
Zu den Aufgaben des Instituts gehören vor allem die Planung, Organisierung und Durchführung wissenschaftlicher, historischer Forschungen sowie die Ausbildung von wissenschaftlichen Kadern.
 
Als erstes sollen in Angriff genommen werden: Die Bearbeitung eines Handbuches für polnische Geschichte für den Hochschulgebrauch, die Bearbeitung einer „Geschichte Schlesiens" und einer „Geschichte von Pomorze". Interessant ist, dass für das „Gebiet der allgemeinen Geschichte", z. B. der „Geschichte der Volksdemokratien" die Übersetzungen sowjetischer Lehrbücher der allgemeinen Geschichte sowie der Geschichte der Völker der Sowjetunion vorgesehen sind. Hier ist jeder weitere Kommentar überflüssig.
 
Seite 1   Zusammenschluss der Mittel- und Ostdeutschen Verleger
Der „Verband der Mittel- und Ostdeutschen Zeitungsverleger" ist von einigen aus der sowjetisch besetzten Zone vertriebenen Verlegern in Wiesbaden gegründet worden.
Der Verband will alle in Westdeutschland und Westberlin lebenden Verleger und deren Nachfolger aus den Gebieten innerhalb der Reichsgrenzen von 1937, soweit sie sowjetisch besetzt und beeinflusst sind, organisatorisch zusammenfassen und deren berufliche Interessen vertreten.
Seine wesentliche Aufgabe erblickt der Verband in dem Aufbau einer freien demokratischen Presse in diesen Gebieten, nach deren Wiedervereinigung mit Westdeutschland, sowie In der Vertretung der Ansprüche seiner Mitglieder auf Wiedergutmachung der Ihnen zugefügten Schäden und Wiedereinsetzung in ihre früheren Rechte als Verleger und Drucker.
 
Seite 1   Landsmannschaftsgeschäftsführer tagen in Berlin
Zu einer Tagung in Berlin werden alle Geschäftsführer der Vereinigten Landsmannschaften aus dem Bundesgebiet Ende Februar - Anfang März kommen. Mit dieser Tagung wollen die Geschäftsführer der Verbundenheit der Heimatvertriebenen in der Bundesrepublik zu den Heimatvertriebenen Berlins Ausdruck geben. Gleichzeitig werden sich die Geschäftsführer während ihres Berliner Aufenthaltes über die Berliner Situation, die Flüchtlingsprobleme, das Bundesnotaufnahmeverfahren und die Lage der Heimatvertriebenen in der Sowjetzone informieren.
 
Seite 1   Der Härteparagaph. Von Dr. Hans Matthee, MdAm Vorsitzender der Landsmannschaft Ostpreußen
Die Leistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz sind gerade jetzt in Berlin in den Mittelpunkt der Erörterungen gerückt. Anlass dazu gab der Entwurf einer zweiten Verordnung über Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz. Diese Verordnung hat den Zweck, zur Milderung von Härten ausnahmsweise auch dann Leistungen zu gewähren, wenn Schadenstatbestände vorliegen, die den im Gesetz festgelegten entsprechen oder ihnen ähnlich sind. Diese Bestimmung ist der sogenannte Härteparagraph.
 
Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine generelle Härteklausel. Vielmehr müssen die Personengruppen, denen Leistungen aus dem Härtefonds gewährt werden können, durch eine Rechtsverordnung genau bestimmt werden. Daneben gibt § 301 Abs. 4 Satz 2 die Ermächtigung, im Wege der Rechtsverordnung einen beschränkten Sonderfonds innerhalb des Härtefonds zu bilden, und zwar zur Milderung von Notständen einzelner Personen, die nicht zu den namentlich aufgeführten Personengruppen gehören.
 
Die jetzt im Entwurf vorliegende Rechtsverordnung hat somit Bestimmungen über die Voraussetzungen und den Personenkreis, der Leistungen aus dem Härtefonds erhalten kann, zu treffen. Nach § 1 dieses Entwurfes können Leistungen gewährt werden an Personen, die ihren Wohnsitz in der sowjetischen Besatzungszone oder im sowjetisch besetzten Sektor von Berlin haben oder gehabt haben, von dort geflüchtet sind und nicht durch ihr Verhalten gegen die Grundgesetze der Menschlichkeit verstoßen haben. Ebenso werden die Personen berücksichtigt, die im Zeitpunkt der Besetzung ihren Wohnsitz in der sowjetischen Besatzungszone oder im Sowjetsektor Berlins gehabt und sich außerhalb dieser Gebiete aufgehalten haben, dorthin jedoch nicht zurückkehren konnten. Es ist hier also die Möglichkeit gegeben, den Sowjetzonenflüchtlingen im Falle einer Notlage Hilfe aus dem Härtefonds zu gewähren.
 
Diese Verordnung enthält somit einen gewissen Ausgleich dafür, dass der Gesetzgeber seinerzeit dem Wunsche der Sowjetzonenflüchtlinge, ihre in der sowjetischen Besatzungszone entstandenen Schäden ebenfalls durch Gewährung von Rechtsansprüchen auf Entschädigung abzugelten, nicht entsprochen hat.
 
Das Bedauerlichste an dem Entwurf war für unsere Berliner Bevölkerung, dass nicht die Personen berücksichtigt waren, denen ein Kriegsschaden im Sinne des § 13 Lastenausgleichsgesetzes in dem jetzt sowjetisch besetzten Sektor Berlins entstanden ist. Der Lastenausgleichsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses Ist infolgedessen sofort in Bonn vorstellig geworden und hat eine Ergänzung des S 1 Abs. 1 hinsichtlich dieses Personenkreises verlangt. Sein Vorschlag lautet: „Leistungen sollen auch an solche Personen gewährt werden, denen ein Kriegsschaden im Sinne des § 13 LAG in dem jetzt sowjetisch besetzten Sektor von Berlin entstanden ist und die ihren ständigen Aufenthalt vor dem 31. Dezember 1951 in Berlin (West) oder Im Geltungsbereich des Grundgesetzes genommen haben."
 
Dieser Vorschlag ist In der letzten Sitzung des Bundesrates angenommen worden.
Nach dieser Rechtsverordnung werden Leistungen aus dem Härtefonds unter den Voraussetzungen des § 301 Abs. 1 und 2 des LAG zur Abwendung einer gegenwärtigen Notlage gewährt. Ein Rechtsanspruch auf diese Leistungen besteht nicht.
 
Seite 2   Vertriebenengesetz wieder vertagt. Feindliche Einstellung des westdeutschen Bauernverbades gegen Heimatvertriebene
Die in vier Ausschüssen des Bundestages gegenwärtig stattfindenden Beratungen über den Entwurf des Bundesvertriebenengesetzes haben noch nicht zu einer Einigung geführt. Die Ausschussberatungen über das Gesetz dauern bereits ein Jahr. Der z. Zt. vornehmlich beteiligte Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat sich wiederum vertagt mit der Begründung, dass der Unterausschuss „Obst und Gemüse" (!!) z. Zt. Verpflichtungen in Bayern habe und diese zunächst wahrnehmen müsse. Der Vorsitzende des Vertriebenenausschusses des Bundestages. Dr. Linus Kather -  Vorsitzender des Bundes der vertriebenen Deutschen -, hat an den Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses und die Fraktionen aller Parteien die dringende Bitte gerichtet, die Beratungen über das Gesetz unverzüglich wieder aufzunehmen.
 
Die Landsmannschaft Ostpreußen hat zur Behandlung des Vertriebenengesetzes eine Erklärung abgegeben, in der es heißt, dass die Stellungnahme des Bauernverbandes weit über die Wahrung der Interessen der westdeutschen Landwirtschaft hinausgehe und deutlich eine feindliche Einstellung gegenüber allen Maßnahmen für die heimatvertriebenen Bauern erkennen lasse.
 
Bedauerlicherweise haben es die Bonner Regierungsparteien für richtig gehalten, dem Einspruch des westdeutschen Bauernverbandes stattzugeben und den in den parlamentarischen Ausschüssen durchgearbeiteten Regierungsentwurf an die Ausschüsse zurückzuverweisen und damit die Eingliederung der Heimatvertriebenen aus der Landwirtschaft für längere Zeit zu erschweren oder sogar zu verhindern. Die Landsmannschaft Ostpreußen, die sich mit dieser Erklärung zum Sprecher aller Heimatvertriebenen macht, sieht in diesem Verfahren eine Provokation aller Vertriebenen und erwartet von der Bundesregierung und den Parteien durchgreifende Maßnahmen, um die Verabschiedung des Vertriebenengesetzes in kürzester Frist zu erreichen.
 
Wir werden, wenn der Gesetzesentwurf verabschiedet ist und das Gesetz damit Rechtskraft erhält, in unseren „Nachrichten" ausführlich über das Gesetz berichten.
 
Seite 2   Neue Begriffsbestimmungen für Heimatvertriebene
Durch die Übernahme des Bundesgesetzes über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz - LAG -) vom 14.08.1952 (RGBl. I, S. 446/GVBl. S. 785) auf Berlin bestimmt sich nunmehr für den Bereich des Lastenausgleichs nach § 11 LAG, wer Vertriebener ist.
 
Diese Begriffsbestimmung, der auch der Tatbestand des § 1 des in hoffentlich absehbarer Zeit zu erwartenden Vertriebenengesetzes wörtlich entsprechen wird, deckt sich nicht mit derjenigen, nach welcher in Berlin bisher die „Bescheinigungen für Heimatvertriebene“ von den Sozialämtern der Wohnbezirke ausgestellt wurden. Der neue Vertriebenenbegriff macht daher eine Anpassung der Bestimmungen über die „Bescheinigungen für Heimatvertriebene" erforderlich. Es wäre nicht vertretbar, für die außerhalb des Lastenausgleichs bestehenden Vergünstigungen (Kreditgewährung, Steuerermäßigung, Fahrpreisermäßigung usw.) einen anderen Vertriebenenbegriff als den im Lastenausgleich niedergelegten zu verwenden. Anderenfalls würde hier in Berlin der unerwünschte Zustand eintreten, dass innerhalb Berlins die Ausgleichsbehörden einen anderen Vertriebenenbegriff zugrunde legen, als die Dienststellen, die mit der Gewährung von Vergünstigungen außerhalb des Lastenausgleichs befasst sind.
 
Für die Ausstellung der „Bescheinigungen für Vertriebene" gelten ab sofort folgende Bestimmungen:
A. Vertriebener ist:
1. Wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz in den deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember 1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des 2. Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat. Bei mehrfachem Wohnsitz muss derjenige Wohnsitz verlorengegangen sein, der für die persönlichen Lebensverhältnisse des Vertriebenen bestimmend war.
2. Wer infolge von Kriegseinwirkungen seinen Wohnsitz in die in Nr. 1 genannten Gebiete verlegt hat, ist jedoch nur dann Vertriebener, wenn aus den Umständen hervorgeht, dass er sich auch nach dem Kriege in diesen Gebieten ständig niederlassen wollte.
B. Als Vertriebener gilt auch, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger 1. nach dem 30. Januar 1933 wegen ihm drohender oder gegen ihn verübter nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen auf Grund der politischen Überzeugung, der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung die In Absatz 1 genannten Gebiete verlassen und seinen Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches genommen hat,
2. auf Grund der während des zweiten Weltkrieges geschlossenen zwischenstaatlichen Verträge aus außerdeutschen Gebieten oder während des gleichen Zeitraumes auf Grund von Maßnahmen deutscher Dienststellen aus den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten umgesiedelt worden ist (Umsiedler),
3. nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen die deutschen Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie, Danzig, Estland, Lettland oder Litauen, die Sowjetunion, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien oder Albanien verlassen hat oder verlässt, es sei denn, dass er erst nach dem 8. Mal 1945 einen Wohnsitz in diesen Gebieten begründet hat (Aussiedler),
4. ohne einen Wohnsitz gehabt zu haben, sein Gewerbe oder seinen Beruf ständig in den in Absatz 1 genannten Gebieten ausgeübt hat und diese Tätigkeit infolge Vertreibung aufgeben musste.
C. Als Vertriebener gilt ferner, wer, ohne selbst deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger zu sein, mit einem Vertriebenen zur Zeit der Vertreibung verheiratet war und nur aus diesem Grunde seinen Wohnsitz in den in Absatz 1 genannten Gebieten aufgegeben hat. Weitere Einzelheiten sind in den Geschäftsstellen der Landsmannschaften. „Haus der Heimat", Berlin-Charlottenburg, Kaiserdamm 83, zu erfragen.
 
Seite 2   Kredite haben geholfen
Als im Frühjahr 1951 bekannt wurde, dass Kredite an Heimatvertriebene gewährt werden sollten, glaubten viele Landsleute nach den Jahren des Leids und des Elends eine erste finanzielle Hilfe zu erhalten. Viele wurden jedoch enttäuscht, da sie das Wesen eines Kredites übersehen und den Zweck verkannt hatten. Sie waren zum Teil der Ansicht, dass sie eine finanzielle Hilfe für Ausbau von Wohnungen oder Grundstückserwerb erhalten würden oder dieses Geld für Umschuldungen, Sanierungen u. ä. verwenden könnten. Dadurch war die Zahl der eingereichten Anträge sehr hoch; für Heimatvertriebene standen aber nur 4 Millionen zur Verfügung. Eingereicht wurden rd. 3000 Anträge mit einer Gesamtsumme von etwa 15 Millionen, so dass nur jeder fünfte mit einem Kredit rechnen konnte. Da die Kredite nach bankmäßigen, kaufmännischen und sozialen Gesichtspunkten verteilt werden mussten, war es selbstverständlich, dass nur die rentabelsten Unternehmen, bzw. die Unternehmen, bei denen die Aussicht auf eine größere Rentabilität gegeben war, zum Zuge kamen.
 
Rd. 1000 Landsleute haben einen Kredit erhalten, sind damit zu einer Existenz gekommen und in die Berliner Wirtschaft mit eingegliedert worden. Dass die bisherigen Kredite nicht ausreichten, ergibt schon die Zahl der eingereichten Anträge. Diejenigen, die unberücksichtigt bleiben mussten, haben nunmehr die Möglichkeit, auf Grund des Lastenausgleichsgesetzes Aufbaudarlehen bei ihren zuständigen Bezirksausgleichsämtern zu beantragen. Jedoch werden die jüngeren Jahrgänge, die einen Beruf erst erlernt oder sich weitergebildet haben, mit diesem Aufbaudarlehen kaum rechnen können, da sie ja vielfach keine Entschädigungsansprüche stellen können Diesen müsste durch weitere Hergabe von Kreditmitteln in gleicher Weise wie bisher geholfen werden. Es wäre angebracht, wenn sich die zuständigen Stellen hierum bemühen würden. Lieske.
 
Seite 2   Porträt des Monats. Foto: Benno Nehlert
72 Jahre wird der Vorsitzende des Heimatverbandes der Schlesier, Rechtsanwalt Benno Nehlert, am 6. Februar. 1881 ist er in Hennersdorf, Kreis Grottkau, in Schlesien geboren worden. Im schlesischen Land aufgewachsen, besuchte er in Neiße das Gymnasium und studierte in Breslau und München Rechtswissenschaft. 1903 konnte Benno Nehlert das Referendarexamen ablegen und in schlesischen Städten als Jurist wirken.
 
Der Weltkrieg sah ihn im Kriegshilfsdienst des Magistrats Gleiwitz. Später setzte er sich für die Deutscherhaltung Oberschlesiens ein und erhielt die Verdienstmedaille „Schlesischer Adler". Seit 1908 Angehöriger der Zentrumspartei, wirkte Nehlert von 1910 - 1913 als Stadtverordneter und Stadtverordnetenvorsteher in Gleiwitz, von 1919 an in Neiße. Für politisch unzuverlässig erklärt, musste er 1933 seine parlamentarischen Ämter und seine politische Tätigkeit aufgeben. Der Jurist Nehlert blieb nie ein Paragraphenreiter. Literatur beanspruchte immer sein großes Interesse. Bereits als Primaner schrieb er seine erste Tragödie, die im Stadttheater von Neiße aufgeführt wurde. Seinem schlesischen Lieblingsdichter Christian Günther widmete er eine Günther-Tragödie. Außerdem galt er in Schlesien als ein ausgezeichneter Eichendorff-Kenner.
 
Im Winter 1945, als die Sowjets vor Neiße standen und die Stadt am 17. Januar zur Festung erklärt wurde, verließ er mit der Zivilbevölkerung seine Heimat. Im Treck, zu Fuß, auf Lieferwagen und Militärautos gelangte er über Prag bis Bodenbach im Sudetenland. Dort erlebte er den Zusammenbruch. Etwas später gelang es Ulm und seiner Familie, wenn auch erst nach einer Ausplünderung, bis Görlitz zu kommen. Ende August 1945 war es dann möglich, nach Berlin zu gelangen. Nach 2 ½ Jahren Tätigkeit als Amtsgerichtsrat in Charlottenburg konnte er 1948 seine Anwaltspraxis wieder eröffnen. Politisch betätigte er sich in der CDU. Außerdem, gehörte Rechtsanwalt Nehlert zu den ersten Männern, die in Berlin die Heimatvertriebenen-Organisationen aufbauten. Seit Sommer 1950 hat er das Amt des Vorsitzenden des Heimatverbandes der Schlesier inne.
 
Seite 2   Standesamt für Heimatvertriebene
Als amtliche Urkundenzentrale für Heimatvertriebene ist seit einigen Tagen das Standesamt I in der Albrecht-Achilles-Straße der Öffentlichkeit zugänglich. Diese Dienststelle wurde mit Anfragen und Auskünften, die nicht in das Sachgebiet standesamtlicher Belange fallen, derart bestürmt, dass eine sachliche Abwicklung gefährdet erscheint. Das Standesamt I beschränkt seine Tätigkeit ausschließlich auf die Erteilung von urkundlichen Abschriften über Geburt, Heirat, Sterbefällen und Todeserklärungen!
 
Seite 2   Lohnsteuerermäßigung für Heimatvertriebene
Heimatvertriebene erhalten auf Antrag Lohnsteuerermäßigung auf Grund des § 25a der Lohnsteuer-Durchführungs-Verordnung. Der antragstellende Heimatvertriebene erhält bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Finanzamt ein Formular, welches ausgefüllt mit der Steuerkarte für das Jahr 1953 unter gleichzeitiger Vorlage der „Bescheinigung für Heimatvertriebene" dem Finanzamt einzureichen ist. Heimatvertriebene, die noch nicht im Besitz einer „Bescheinigung für Heimatvertriebene" sind, werden im eigensten Interesse aufgefordert, sich diese Bescheinigung umgehend zu beschaffen.
 
Seite 2   Der Leser hat das Wort. Kredite, Kredite
Interessant fand ich Ihre Abhandlungen über vorangegangene und in Aussicht genommene Kreditaktionen für Heimatvertriebene. Vielleicht müsste es aber auch Ihre Aufgabe sein, die Kreditsuchenden vor überspitzten Hoffnungen bei Erhalt von Krediten zu warnen. Nicht immer reicht der zur Verfügung stehende Kredit dazu, um eine feste Existenzgrundlage zu schaffen. Beispielsweise habe ich im Frühjahr einen sehr angemessenen Investitionskredit zugebilligt bekommen. Nach reiflicher Überlegung und mehrfachen Verhandlungen mit der Bank wurde derselbe von mir wieder zurückgegeben. Es erwies sich von vornherein, dass bei einer Zweidrittel-Investierung das Restkapital niemals ausreichen kann, um die eingegangenen Verpflichtungen zu befriedigen. Die Bank bestätigte mir meine Feststellung durch die Tatsache, dass viele Kunden, die Monate vorher derartige Kredite bekamen, absolut keine wesentliche Verbesserung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse erreicht hatten. H.B., Bln.-Halensee
 
Seite 2   Zwei neue heimatvertriebene Bundestagsabgeordnete
Die Deutschbalten Axel de Vries (FDP) und H. A. Eplee (CDU/CSU) sind als Nachfolger für zwei verstorbene Bundestagsabgeordnete in den Bundestag nachgerückt und haben an der ersten Bundestagssitzung im Jahre 1953 bereits teilgenommen.
 
Seite 3   Eine große Aufgabe steht vor uns
Das Sammeln ostdeutscher Kulturgüter ist wichtig
In unserem Artikel „Jeder Landsmann kann helfen“, in Nr. 1 unserer Zeitung vom 1. Januar 1953, wurde zur Sammlung ostdeutschen Kulturgutes angeregt. Auf diesen Artikel hin sind bei der Redaktion eine Reihe von Zuschriften und Stellungnahmen eingegangen, die im Folgenden abgedruckt werden.
 
Im „Haus der ostdeutschen Heimat" ist inzwischen eine Sammlung begonnen worden. Mehrere tausend Bildpostkarten, Reiseprospekte, Bücher, Zeitungen und Broschüren aus den deutschen Ostprovinzen, die heute unter polnischer Verwaltung stehen, wurden bereits zusammengetragen. Die Sammlung soll vergrößert werden. Die Zusendungen aus allen Kreisen der Heimatvertriebenen haben unserer Behauptung Recht gegeben, dass trotz der Turbulenz, die in den Vertreibungsjahren herrschte, noch manches aus der alten Heimat erhalten geblieben ist und in Kästen und Schränken sein Dasein fristet. Jeder Landsmann kann wirklich helfen, die Sammlung zu vervollständigen.
 
In einer Stellungnahme zu unserem Artikel „Jeder Landsmann kann helfen" gab der Geschäftsführer der Stiftung „Haus der ostdeutschen Heimat", Ernst Badekow, eine Reihe von Hinweisen. Ernst Badekow schrieb: „Eine große Aufgabe steht vor uns. Sie kann nur erfüllt werden, wenn alle Deutschen mit der Tat dabei sind. Was soll gesammelt werden? Schilderungen über heimatliches Leben und Erleben. Die Siedlungsweise, das Bauernhaus, seine Anlage und Einrichtung. Brauchtum von Neujahr bis zu Weihnachten. Brauchtum der Bauern, Handwerker, Bergleute, Hirten, Fischer, Holzfäller, Holzschnitzer usw. Religiöses Zeremoniell: Überlieferte Gebete, Gestaltung von Kirchenfesten. Trachten und Arteigenarten, Kunstgewerbe, Schnitzereien, Handweberei, Glasbläserei, Glasschleiferei und Glasmalerei. Volkslieder, alte Tänze, Kinderreime und Kinderspiele (möglichst in Mundart). Volksglaube und Aberglaube. Volksmedizin, Wetterregeln. Sprichwörtliches oder Neckereien in Mundart und Redensarten. Fotos über alle Erscheinungsformen des volkskundlichen Lebens von damals bis zuletzt. Der Grundsatz für jede Mitteilung darüber muss unter Wahrheit und Aufrichtigkeit geschehen. Wer etwas nur vom Hörensagen kennt, muss dieses ausdrücklich vermerken. Alle, die ihre Heimat im Herzen tragen, sind Ihr auch verpflichtet und dienen ihr mit der Überlieferung auf das Beste."
 
Hugo Härtung: Festhalten, was war und ist
Die Aufgabe des Schriftstellers bei der Dokumentation über den deutschen Osten fasste Hugo Härtung, der Autor des Romans „Der Himmel war unten", in den Worten zusammen: „Ich habe in meinem Roman eine gestrenge Wiedergabe von dem gegeben, wie es wirklich war. Denn die Aufgabe des Schriftstellers ist es, aufzuzeigen und festzuhalten, was war und ist. Mein Roman soll der Nachwelt als Unterlage für den Untergang der schlesischen Hauptstadt Breslau berichten. Dabei ist es für mich als Schöpfer eines Zeitdokumentes besonders schön, die starken Wirkungen als ein Echo der schlesischen Seelen zu spüren, die sich in meinem Buche wiederfinden. Dieses Echo steigt nicht allein nur aus den Herzen und Seelen der Heimatvertriebenen, sondern es widerhallt aus Übersee und der gesamten Welt. Als ich jetzt im Züricher Rundfunk aus meinem Buche las, waren auch Schweizer vom Schicksal Schlesiens außerordentlich beeindruckt, und in der ganzen Welt bildet sich die Meinung, dass das deutsche Recht auf den deutschen Osten zu Recht besteht."
 
Der Allgemeinheit nutzbar machen
Wie wichtig es ist, über jede Stadt und jedes Dorf aus der alten Heimat Material zusammenzutragen, und sei es auch bloß eine alte Bildpostkarte, bestätigte der Geschäftsführer der Landsmannschaft Ostpreußen, Ernst Lukat: „Als zum Beispiel die ostpreußische Stadt Zinten am Tag der Heimat 1952 ihr 600-jähriges Jubiläum feierte, war es nicht möglich, ein Bild von Zinten aufzutreiben, es war ein Zufall, dass uns eine heimattreue Landsmännin das Buch „600 Jahre Geschichte der Stadt Zinten", von Heinrich Lenz, überbrachte. Deshalb begrüße ich die Anregung des Artikels „Jeder Landsmann kann helfen" und fordere alle Landsleute auf, mit zu sammeln, alle Dinge dem „Haus der ostdeutschen Heimat" zu übergeben und damit der Allgemeinheit nutzbar zu machen."
 
Es gibt sicherlich noch vieles
Auch aus der Sowjetzone kam ein Echo. Ein vertriebener Westpreuße sandte der Redaktion eine Serie westpreußischer Bildpostkarten und schrieb: „Die Anregungen in Ihrem Artikel finden meine vollste Zustimmung. Ich übersende ihnen beiliegende Bilder aus meiner Heimat als kleinen Beitrag von mir und ich will gern versuchen, weiteres Material zusammenzutragen. Es gibt sicherlich noch vieles, was bei uns irgendwo nutzlos in Kästen, Kisten und Truhen verborgen liegt und für ihre Sammlung zu unser aller Nutzen wertvoll ist." Die Redaktion wird die Diskussion zu diesem Thema fortsetzen und fordert alle Landsleute auf, sich daran zu beteiligen.
 
Tilsit wurde Grenzstadt / Schluss der Stadtchronik von Ernst Gaedtke
In die weiter beabsichtigte Aufbautätigkeit Tilsits brach im August 1914 der Weltkrieg aus, alles friedliche Wirken unterbrechend. Tilsit wurde vom 26. August bis zum 12. September 1914 von russischen Truppen besetzt. Noch erlitt die Stadt nur geringe Schäden. Zwangsmaßnahmen der Russen konnten durch Zahlung einer Kriegskontribution abgewendet werden. Dank der Vorstellungen des damaligen Bürgermeisters Pohl konnte die vom Generalkommando Königsberg am 24. August 1914 befohlene Sprengung der neuerbauten Königin-Luisen-Brücke und der Memel-Eisenbahnbrücke abgewendet werden. Die Stadt schien ausgangs des Krieges der Katastrophe glücklich entronnen zu sein, da traf sie der Versailler Diktatfrieden mit doppelter Schwere.
 
Tilsit wurde nicht nur Grenzstadt, sondern es lag auch auf der Grenze. Der Stadtteil über Memel mit Wasserwerk und Baulichkeiten, sowie Tilsiter Wiesen wurden durch die blutende Grenze getrennt. Mitten auf der Luisenbrücke wurde das litauische Hoheitszeichen angebracht. Es bedurfte schon der ganzen Tatkraft von Verwaltung und Wirtschaft, um der schwierigen Lage der Stadt Herr zu werden. Es gelang dem Oberbürgermeister Dr. Salge, der im Frühjahr 1924 das Oberbürgermeisteramt übernommen hatte, das Verständnis für die Notlage der Stadt zu wecken. Es wurden Tilsit „als des Deutschen Reiches zugiges Nordostfenster“ verlorene Zuschüsse beschafft und Auslandsanleihen flüssig gemacht. Der Betonbau des Hafenspeichers entstand mit den zeitgemäßen Kranen und Transportbändern zum Güterumschlag auf Bahn, Fahrzeugen, Schiffen und umgekehrt.
 
Den Anschluss an die europäischen Fluglinien vermittelte der städtische Flugplatz im Westen der Stadt. Er wurde fahrplanmäßig durch die Verkehrsflugzeuge der Lufthansa und der Deruluft im Streckenverkehr Berlin – Moskau angeflogen.
 
Die Stadt hatte nach dem ersten Weltkrieg 47 500 Einwohner. Der Vieh- und Pferdemarkt war vom Anger nach dem Westen der Stadt verlegt und der Anger, an dessen Nordseite das Grenzlandtheater stand, wurde zu einer vorbildlichen Grünanlage umgestaltet, die einen Aufmarschplatz umschloss und einen viel bewunderten Schmuck durch das Elchstandbild erhielt. Tilsit verfügte über eine umfangreiche und wertvolle Stadtbibliothek. Es besaß aus privaten und städtischen Sammlungen ein Museum, das eine reiche stadtgeschichtliche Sammlung und eine Abteilung Volkskunde der Landschaft um die Memel erhielt. Es konnte seine Bestände vergrößern aus den reichhaltigen Funden, die im Sommer 1933 bei den Ausgrabungen von Wikingergräbern in Linkunen gemacht worden waren. Zum Andenken an Prof. Gustav Kossinna, dem in Tilsit gebürtigen Bahnbrecher deutscher Vorgeschichtsforschung, hatte die Stadt die frühere Querstraße umbenannt in Kossinnastraße.
 
Am 5. September 1928 zählte die Stadt 53 864 Einwohner. Aber im Jahr 1939 war die Einwohnerzahl auf 57 745 gestiegen und die Personenstandsaufnahme am 10. Oktober 1941 ergab eine Wohnbevölkerung von 59 105 Personen. Die am 22. März 1939 erfolgte Rückgliederung des Memelgebiets wirkte sich in den erhöhten Einwohnerzahlen sichtbar aus. Trotz der Verstümmelung der Stadt Tilsit durch den Versailler Diktatfrieden hatten seine Bürger in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen sichtbar zum Ausdruck gebracht, dass ihre Schaffenskraft auch als Grenzstädter nicht unterzukriegen ist. Wenn nun auch vieles von dem Geschaffenen im nächtlichen Bombenhagel und Artilleriebeschuss untergegangen ist, so werden die Tilsiter Ihrer Heimatstadt mit Wehmut, aber auch mit Stolz in Erinnerung behalten als die schmucke Handelsstadt, zu der mindestens 13 Generationen sie in 393 Jahren gestaltet hatten.
 
 
Seite 4   M.O. Kirchenbuchämter für Heimatvertriebene.
Zur Feststellung der Kirchenbücher aus den deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie hat die Evangelische Kirche „Ein Kirchenbuchamt für den Osten" in Hannover, Militärstraße 9, und die Katholische Kirche ein „Katholisches Kirchenbuchamt" in München Freysingstraße 21, eingerichtet.
 
Seite 4   Die Kreise Samland und Labiau am Jahresende
Am 28.12.1952 feierten die Kreise Samland und Labiau ihr Weihnachtsfest in wehmütiger Erinnerung an die vielen Feste in der Heimat und im Rückblick auf alle Weihnachtsfeste, die seine Menschen bisher in der Fremde feiern mussten. Wir hatten in den drei letzten Jahren ganz besonders freudige Überraschungen. Sie wurden uns zuteil durch unsere amerikanischen Freunde, die es sich zur Aufgabe machten, Flüchtlingskindern Freude zu bereiten. Die Jüngsten erhielten, wie in den Vorjahren, schöne bunte Bälle neben den Süßigkeiten. Die schulpflichtigen Buben und Mädel wurden mit wertvollen Bilderbüchern bedacht.
 
Eine Samländerin hatte einige Gedichte im Gedenken an die Heimat verfasst, die von Kindern vorgetragen wurden. Die Erwachsenen nickten sich mit Tränen in den Augen zu, Jedem war das Herz übervoll. Das „weihnachtliche Dorf“, ein Gedicht von dem noch lebenden Dichter Erich Kästner, schien eigens für uns Ostpreußen verfasst zu sein.
 
Agnes Miegel sprach zu uns über drei Weihnachten, die sie rückblickend an sich vorüberziehen ließ. Das erste dieser drei Weihnachten erlebte sie als unbeschwertes Kind im Königsberger Dom, das zweite als junge Dichterin findet sie beim Rundfunk, wo sie ihre eigenen Gedichte neben einer bekannten Schauspielerin sprechen soll. Das dritte Weihnachten erlebt sie in Dänemark im Flüchtlingslager mit vielen Frauen und Kindern zusammen in Baracken, die all die vielen Heimatlosen aufnahmen, die dem Zugriff der Sowjets mit knapper Mühe entgangen waren und die ein gnädiges Geschick vor dem Tode in der Ostsee bewahrt hatte.
 
Die amerikanischen Soldaten ließen es sich nicht nehmen, unsere Kinder selbst zu bescheren, nachdem alle tüchtig geschmaust hatten. Es war ein Weihnachtsfest voll Freude, Harmonie und Dankbarkeit, wie wir es nicht vergessen werden. An dieser Stelle sei nochmals unsern amerikanischen Freunden gedankt. Madalinski
 
Seite 4   Wir gratulieren
zum 87. Geburtstag unserer Landsmännin Frau Elisabeth Hagen, geb. 20.01.1866, aus dem Kreise Insterburg. Jetzt wohnhaft Berlin-Nikolassee, Altersheim Mittelhof, Kirchweg 33
 
Seite 4   Die Geschäftsstelle informiert.
Memelländer schließen sich der Landsmannschaft an
Die Arbeitsgemeinschaft der Memelländer mit den Heimatkreisen Memel Stadt und Land - Heydekrug und Pogegen hat sich mit Wirkung vom 1. Januar 1953 der Landsmannschaft Ostpreußen in Berlin angeschlossen.
 
Kreis Neidenburg Soldau gegründet
Bei dem Kreistreffen der Neidenburger am 11.01.1953 wurde der Heimatkreis Neidenburg/Soldau gegründet und schloss sich der Landsmannschaft Ostpreußen In Berlin an
 
Heimalkreis Darkehmen gebildet
Der Heimatkreis Darkehmen bildet ab 1. Januar 1953 eine eigene Heimatkreisgruppe innerhalb der Landsmannschaft Ostpreußen In Berlin. Wir begrüßen die Mitglieder der angeschlossenen Heimatkreise auf das herzlichste und wünschen Ihnen recht erfolgreiche Arbeit innerhalb der Landsmannschaft und im Streite für das Recht auf unsere ostpreußische Heimat.
 
1953 treffen sich die Pillkaller in Berlin
Nachdem das letzte Treffen der Pillkaller 1952 in Bochum/Westf. Durchgeführt worden ist, treffen sich in diesem Jahre am 14. Und 15. März sämtliche Pillkaller in Berlin. Anmeldungen zur Teilnahme an diesem Treffen sind zu richten an die Geschäftsstelle der Landsmannschaft Ostpreußen, Berlin-Charlottenburg 9, Kaiserdamm 83

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