Die Heilstätte

Ob es da noch Unterlagen gibt ?

Um herauszufinden, ob es Informationen zu den Heilstätten gibt, war mein erster Gedanke: Google. Sofort aktivierte ich den Webbrowser und ging auf die Suchmaschinen-Seite. Dort gab ich die Begriffe "heilstätten wittenau" ein. Heute sieht die Trefferliste ein wenig anders aus, als im Jahre 2003. Aber schauen Sie selbst mal nach.

 

An dritter Stelle der Trefferliste lese ich aktuell etwas, was mich damals stutzig machte: "Die Irrenanstalt behielt noch zwanzig Jahre ihren Namen und änderte ihn dann in 'Wittenauer Heilstätten' um."

 

Das mußte ich mir gleich genauer anschauen:

"...
1880 errichtete die Stadt Berlin auf einem vom Berliner Magistrat erworbenen Areal die 'Irrenanstalt Dalldorf bei Berlin' für 1200 Patienten. 1881 wurde sie durch eine 'Idiotenanstalt', eine Erziehungseinrichtung für geistig behinderte Kinder, ergänzt. Da innerhalb der Berliner Bevölkerung der Name Dalldorf immer mit der Irrenanstalt verbunden wurde und die Einwohnerschaft kurz nach der Jahrhundertwende darin ein Hindernis für die erwünschte wirtschaftliche Entwicklung sah, wurde der Berliner Vorort auf Grund einer Petition des Bürgermeisters Paul Witte (1866-1930) und des Dalldorfer Bürgervereins im Jahre 1905 vom Regierungspräsidenten in Potsdam mit Genehmigung Kaiser Wilhelms II. in den Namen Wittenau, in Erinnerung an den 1902 verstorbenen langjährigen Amts- und Gemeindevorsteher Peter Witte (1822 bis 1902), umbenannt. Die Irrenanstalt behielt noch zwanzig Jahre ihren Namen und änderte ihn dann in "Wittenauer Heilstätten" um.
..."

Die Klapse

Mein Großvater ist also in die Klapse gekommen. Kein Wunder, dass alle das Thema totgeschwiegen haben. Wer wollte schon mit so jemanden etwas zu tun haben. Das ist ja heute auch nicht viel anders. Aber damals kam noch hinzu, dass es die Anfänge des Nationalsozialismus waren. Und wenn dann so etwas publik wurde, dann hatte man einen schweren Stand. Das war praktisch genauso schlimm, wie ein Jude zu sein. Das waren echt harte Zeiten.

Aber meine Neugier war nun geweckt. Wieso ist er dorthin gekommen und vor allem wann ? Ist er durchgedreht, als er in der Wirtschaftskrise 1928 Konkurs gemacht hat ? Bewiesen war nichts. Gab es mehr Informationen zu der Nervenheilanstalt ? Also weitersuchen in google.

Tatsächlich, schon der nächste Link führt mich auf eine Spur. Dort wird auf eine interessante Arbeit verwiesen:

Beddies, Thomas/Dörries, Andrea (Hrsg.): Die Patienten der Wittenauer Heilstätten in Berlin 1919-1960

Das ist ja unglaublich. Sollte ich wirklich so viel Glück haben, dass dort etwas zu meinem Großvater zu finden ist ? Nun muß ich nur noch herausfinden, wo ich einen der beiden Herausgeber ausfindig mache.

Die DFG-Studie

Nach ein paar Recherchen im Internet bin ich auch fündig geworden. Ich kontaktiere Herrn Bedies. Er ist sehr aufgeschlossen mir gegenüber und teilt mir mit, dass er und seine KollegInnen hierzu gerade einen Bericht für die DFG-Studie herausgebracht haben. Dort sind aber keine Einzelheiten über die Patienten verfügbar. Allerdings könne er, wenn er mal wieder in das Archiv komme, prüfen, ob er etwas zu meinem Großvater finden kann.

Bei der Nachfrage, wann mein Großvater verstorben ist, schwinden meine nun doch sehr großen Hoffnungen wieder. Die Forschungsgelder für die DFG-Studie haben nur für die Erforschung der Akten gereicht, die mit Schreibmaschine erstellt wurden. Der Wechsel zwischen handschriftlichen und maschinell unterstützten Aufzeichnungen war Mitte 1932. Also just zu dem Zeitpunkt, als mein Großvater verstarb. Aber eine kleine Hoffnung hatte ich noch. Vielleicht gehörte er ja zu den ersten Patienten.

Einige Wochen später meldete sich tatsächlich Herr Bedies wieder. Jedoch er mußte mich enttäuschen. Es war nichts über ihn vorhanden. Aber er vertröstete mich, dass es vielleicht ein Nachfolgeprojekt gäbe. Ich möge mich in ein paar Jahren noch einmal melden. 

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