Wir Ostpreußen, Folge 16 vom 20.08.1950

Seite 5   Ostpreußische Gedenktage im August

Der August bringt u. a. folgende ostpreußische Gedenktage:

 

04.08.1879: Max Ebert geb. (1921 - 1927 Prof. für Vorgeschichte an der Albertina, bedeutende Museums- und Lehrtätigkeit, u. v. a. das .Reallexikon der Vorgeschichte", 15 Bde.; gest. 1929).  

 

05.08.1579: Stanislaus Hosius in Capranica bei Rom gest. (geb. 1504 in Krakau, humanistisch gebildet, als erster Nichtpreuße 1551 - 1579 Bischof von Ermland, 1561 Kardinal, gründet 1565 das Jesuitenkolleg und das Priesterseminar in Braunsberg, der bedeutendste Kirchenfürst Ermlands, Vorkämpfer der Gegenreformation).

 

06.08.1825: Ludwig Passarge in Wolittnick, Kr. Heilrigenbeil, geb. (Reiseschilderungen: Aus baltischen Landen, Land und Leute der Kurischen Nehrung u. ä. gest. 1912).  

 

07.08.1934: Hindenburg auf Neudeck gest. (geb.02.10.1847 in Posen; der Befreier Ostpreußens aus der Russennot im Ersten Weltkrieg). 

 

08.08.1460: Bartholomäus Blume in Marienburg von den Polen hingerichtet, (geb. ? in Marienburg, als Bürgermeister aufopfernder Kampf gegen die Polen. Er hält in standhafter Treue zum Orden). 

 

08.08.1904: Otto Brausewetter gest. (geb. 1835 in Saalfeld, Ostpr., Historienmaler, u.a. „Ansprache Yorcks an die ostpreußischen Stände" im Landeshaus Königsberg). 

 

08.08.1930: Otto Krauske in Königsberg gest. (geb. 1859, 1902 - 1925 Prof. für Geschichte an der Albertina, Verdienste um die Landesforschung. 

 

10.08.1579 Andreas von Kreytzen in Doman geb. (stand im Gegensatz zur Kurfürst Georg Wilhelm und in der Gunst Polens; 1628 Landhofmeister, Fürsorge für die Universität. Er lässt den Land-hofmeistersaal in Königsberg bauen. 1641 in Königsberg  gest.) 

 

11.08.1803: Karl von Hohenzollern-Hechingen Oliva gest. (geb. 1732, ehem. Oberst, wird Geistlicher, zuletzt 1795/1803 Fürstbischof v. Ermland. Geschickter Kirchenpolitiker; dabei Wahrung der preuß. Interessen. Seine Pfründen deckten nicht die prunkhafte Hofhaltung)

 

11.08.1874: Alw. Th. K. Mickoleit (Deckname A. K. T. Thielo) in Tilsit geb. (Heimatdichtungen, germanistische Arbeiten; gest. 23.08.1911).

 

14.08.1879: Franz August Eichmann gest. (geb. 1793; 1850 - 1868 Oberpräsident von Ostpreußen; ein vorbildlicher Repräsentant des Beamtentums). 

 

14.08.1897: Kurt von Hagen auf Neu-Guinea ermordet (geb. 1859 in Schippenbeil, im kolonialen Dienst auf Sumatra, zuletzt Amtshauptmann auf Neu-Guinea, findet den Tod bei einer Strafexpe-dition aus Anlass der Ermordung des Weltreisenden Otto E. Ehlers). 

 

15.08.1867: Jos. Ambrosius-Geritz in Frauenburg gest. (geb. 1783 in Seeburg, 1841 - 1867 Bischof von Ermland). 

 

15.08.1813: Rob. Kleyenstüber in Königsberg geb. (Begründer der bekannten Sped.-Firma, stellt 1862 den ersten Schraubendampfer in Dienst, erweitert die Königsberger Schiffahrtslinden bis Skandinavien, Schottland und Irland. Verdienste um den Königsberger Seehandel; gest. 1884 in Königsberg).

 

15.08.1937: Elard von Oldenburg-Januschau in Marienwerder gest. (geb. 1855 in Beisleiden, Kreis Pr.-Eylau). 

 

17.08.1699: Joh. Heinr. Härtung geb. (als Drucker und Verleger von starkem Einfluß auf das ostpreußische Geistesleben; Hartungsche Zeitung; gest. 1756).  

 

17.08.1844: Albert Bittner geb. (Wirken in Insterburg. in seinem Verlag erschienen die „Georgine" und das ostpr. Stutbuch; gest. 08.08.1928 in Insterburg). 

 

18.08.1861: Joh. Wilh. Ebel gest. (geb. 1784 in Passenheim; Königsberger Religionsprozess

1835 - 1842 oder .Muckerprozess". E. und Diestel amtsenthoben). 

 

18.08.1863: August Ambrassat in Lasdehnen, Kr. Pillkallen, geb. (Schulmann, von Bedeutung seine Heimatkunde: Die Provinz Ostpreußen, 2. Aufl. 1912; gest. 1913 in Graudenz).  

 

19.08.1851: Oswald Holder-Egger in Bischofswerder geb. (trotz Theod. Mommsens Widerspruch ist H.-E. durch seine Quellenkritik im Rahmen der Monumente Germaniae im Reich und Ausland hoch geachtet; 1911 gest.).  

 

21.08.1853: Gustav Albert Peter in Gumbinnen geb. (Prof. in Göttingen, botanische Forschungen besonders in Deutsch-Ostafrika; gest. 1937).  

 

21.08.1918: Eugen von Czihak gest. (geb. 1853, Direktor der Königsberger Baugewerkschule, Verdienste um die Erforschung des estpreußischen Kunstgewerbes).  

 

22.08.1762: Friedr. Leop. von Geßler gest. (geb. 1688 in Schwägerau, Ostpr., Generalfeldmarschall, Reiterattacke bei Hohenfriedberg).

 

23.08.1791: Karl Carvacchi in Braunsberg geb. (entdeckt die Handschrift der Eneide des Heinrich von Veldecke, mit Hamann in Münster, gest. 1869).  

 

23.08.1867: Heinr. Ed. Graefe in Königsberg! gest. (geb. 1799, führt seit 1822 mit seinem Schwager J. O. Unzer die 1722 gegründete Buchhandlung Graefe & Unzer).  

 

24.08.1791: Caroline Gräfin von Keyserlingk in Königsberg gest. (geb. 1727 in Königsberg, in Künsten und Wissenschaften hochbegabt, bedeutende Rolle im geistigen Leben Königsbergs - Kant, Kraus).

 

25.08.1744: Johann Gottfried Herder in Mohrungen, Ostpr., geb. (in Königsberg am Friedridiskolleg tätig, in Riga der erste Künder der Volkstumsidee, Lehrer des jungen Goethe in Straßburg. Dichtungen und theol. Schriftensammlung von Volksliedern aller Völker. Generalsuperintendent in Weimar, dort am 18.02.1803 gest.).  

 

27.08.1730: Joh. Georg Hamann in Königsberg geb. (s. Ostpr. Gedenktage, Juni-Folge 5).  

 

27.08.1868: K. W. von Bötticher gest. (geb. 1791 in Soldin, Nachf. des Oberpräsidenten Theod. von Schön 1842 - 1848).  

 

28.08.1397: Heinrich Kubal in Königsberg gest. (geb. ?, Bischof von Samland, gemeinsamer Grabstein mit seinem Nachfolger Heinrich von Seefeld - s. Folge 3 - im Königsberger Dom).

 

28.08.1806: Karl Emil Gebauer in Schröttersdorf geb. (Pfarrer, viele Arbeiten besonders zur Geschichte des Samlandes).

 

28.08.1914: Schlacht bei Tannenberg. Hindenburg rettet durch diesen Sieg Ostpreußen vor den Russen.  

 

29.08.1868: W. K. F. Bobrik in Tapiau gest. (geb. 1794 in Kunzendorf, Superintendent in Tapiau, im Befreiungskrieg der „Theodor Körner" des ostpr. Nat. Cav. Regiments).  

 

29.08.1877: H. K. Heß von Wichdorff in Gotha geb. (Prof., besonders bedeutsame Arbeiten zur Geologie Ostpreußens, speziell Masurens, ferner Geologie der Kurischen Nehrung 1919; in seiner Heimat Entdecker der Saalfelder Feengrotten; gest. 1932).

 

31.08.1763: Andr. Stanislaus von Hatten in Lemitten bei Wormditt geb. (1800 Weihbischof und 1836 - 1841 Bischof von Ermland. Ihm ist die Erhaltung des Heilsberger Schlosses zu danken; 1841 in Frauenburg von einem Schneidergesellen ermordet).

 

Seite 6   Potemkinsche Fassaden. Von unserem Kr.-Berichterstatter 

Göttingen. „Wir haben kein Geld in der Tasche, aber wir sind froh, dass wir hier sind*, diese Worte hörte ich immer wieder bei meinem letzten Besuch im Flüchtlingslager Friedland. Wieder war ein Transport mit ostdeutschen Landsleuten angekommen, etwa 1200 Menschen aus allen Teilen der polnisch verwalteten Gebiete.

 

Im Gegensatz zu den ersten Transporten sah man wenig Hungergesichter, die meisten hatten doch ein gesundes, aber von schwerer Fronarbeit gezeichnetes Aussehen. Und eine alte Frau aus der Nähe von Allenstein erzählte mir, dass sie seit dem Frühjahr ihren Arbeitslohn in Geld ausgezahlt bekommen habe und damit die Lebensführung ertraglicher geworden sei. Die um uns herumstehenden Frauen, welche auch alle in der Landwirtschaft gearbeitet hatten, einige in Pommern, andere in Niederschlesien, bestätigten die Erzählung der ostpreußischen Greisin. Trotzdem haben sie es aber nicht ausgehalten, haben oft über ein Jahr um die Genehmigung für die Ausreise gekämpft.

 

„Ich bin Reichsdeutscher*, sagte mir ein alter Bauer mit von Wind und Wetter gegerbtem Gesicht, und seine Stimme klang stolz dabei. Seit Generationen hatte seine Familie auf einem mittelgroßen Hof hinter Lyck in den tiefen ostpreußischen Wäldern gesessen. Dann kamen die Rotarmisten und raubten den Hof aus, die Polen schleppten Pferde, Kühe und Schafe weg, und jetzt war sein Besitz zu Waldland erklärt worden. Seine Tochter hatte mit ihren beiden Kindern an den Wäldern versteckt gelebt, nur um dem Druck der Polen zu entgehen, die sie als Masurin zu einer Polin stempeln wollten. „Wir sind Deutsche, und da können die machen, was sie wollen", brach es aus ihrem Vater heraus.

 

Auf einer Bank vor der Nachbarbaracke saß ein Ehepaar. Er hatte einmal in Ostpommern eine große Tischlerei besessen. Eines Tages brannten Haus, Werkstatt und Stallungen ab: Brandstiftung . . . Durch Fleiß und Tüchtigkeit erworbenes Eigentum galten nichts mehr, er war eben nur ein Deutscher. Doch der pommersche Tischlermeister ließ sich noch nicht unterkriegen. Etwas Materal und Werkzeug waren beim Bruder gelagert und erhalten geblieben. Reparaturen gab es genügend zu machen, so schlug er sich einige Zeit durch. Nebenbei schnitt er seinen Nachbarn die Haare, auch von den neu angesiedelten Polen kamen bald Kunden zu ihm. Und er erzählte mir, dass in der letzten Zeit seine polnischen Kunden - nachdem sie den für totalitäre Systeme typischen Blick nach rechts und links geworfen hatten, ob auch kein Spitzel in der Nähe sei - ihm zugeflüstert hatten: „Hoffentlich gibt es bald Krieg, in Korea hat es ja schon angefangen, dann wird es hier auch bald so weit sein. Und dann kommen die Amerikaner und befreien uns von den Russen, und wir können in unsere Heimat zurück." Diese Polen sind auch Vertriebene, die vom bolschewistischen Imperialismus aus ihrer Heimat jenseits der Curzon-Linie verjagt wurden.

 

Ein Kaufmann aus Stettin, der jetzt als Handlanger auf einer russischen Werft gearbeitet hatte, rief von der Nachbarbank herüber: „Mir sagten einige Polen, ich solle dableiben, es würde nicht mehr lange dauern, und sie gingen wieder in ihre alte Heimat zurück und dann könnten die Deutschen wiederkommen". Nach einer Pause setzte der Stettiner hinzu, dass es so schnell wohl nicht gehen würde, aber er glaube bestimmt, dass einmal seine Heimat wieder frei würde. Die Polen hätten aber noch einen anderen Grund, die Deutschen zum Bleiben zu ermuntern. Ohne die deutschen Fachkräfte, ob in der Landwirtschaft oder in der Industrie, könnten die Polen die Landbestellung und die nötigste Produktion überhaupt nicht durchführen. Deshalb seien sie auf die Deutschen angewiesen und behandelten sie seit einiger Zeit auch besser als früher. Da polnische Ingenieure sehr selten sind, habe man z. B. auf seiner Werft einen deutschen Ingenieur mit vielen Versprechungen und mit Druck zur Arbeit verpflichtet.

 

Der Wiederaufbau in Stettin, erzählte der Kaufmann weiter, und in anderen Städten Pommerns gehe nur langsam voran und sei nur Blendwerk. Nur die Häuser an den Hauptstraßen würden aufgebaut werden, gucke man in die Nebenstraßen, dann stünde man wieder in der Einöde der Ruinen. Es könne auch nicht anders sein, denn die Polen schaffen jedes noch verwendbare Material in die polnischen Städte, und Neubauten gäbe es nur für die Russen, so die Befestigungen auf den

Haffinseln und an der Küste.

 

Ein Landarbeiter aus der Gegend von Köslin sagte dazu, dass es mit der Feldbestellung genau so wie mit dem Aufbau der Städte sei. Nur die an den Straßen liegenden Felder würden bearbeitet werden, damit alles ordentlich und blühend aussehe, aber die weiter abliegenden Äcker blieben brach liegen und verwucherten. Die polnischen Ansiedler könnten mit dem kargen Boden nicht umgehen, sie flügen zu flach, nicht anders wie sie es von ihren fetteren Böden um Lemberg gewohnt sind. Die besseren Streifen des pommerschen Bodens habe natürlich der Russe für seine Staatsgüter beschlagnahmt.

 

Und über die Friedhöfe werden die Kühe getrieben. Die frischeren Gräber sind aufgebrochen worden, um nach Wertgegenständen zu suchen. Die eisernen Friedhofskreuze wurden abtransportiert, auf der Stettiner Werft liegen sie herum, und aus den Gedenkzeichen für die Toten werden Bleche für die Schiffsreparaturen hergestellt. Wer jetzt stirbt, wird eingewickelt und verscharrt, keiner wird später wissen, wo seine Mutter oder Frau ruht.

 

Die Kinder erhalten keinen Schulunterricht. Auf der polnischen Schule werden sie nicht aufgenommen, und die Deutschen sind zu arm, um eine Pnivatschule zu unterhalten. Als ich aus der Baracke trat, sah ich einige kleine Mädchen: Waisenkinder, heimait- und elternlos. Sie spielten Abzählen und sprachen dazu einen polnischen Reim. Ich strich dem größeren Kind über das blonde Haar und fragte, ob es nicht einen deutschen Reim kenne. Das Kind blickte mich verständnislos und stumm an, dann verbarg er verlegen sein Gesicht in den Händen.

 

Dann sah ich eine alte Frau weinend auf der Bettkante sitzen. Mit vor Trauer würgender Stimme erzählte sie mir, dass sie das Kind ihres Nachbarn, den die Russen erschossen hatten, als Pflegekind angenommen hatte. So rettete sie das Kind vor dem polnischen Waisenhaus. Froh habe sie sich auf diese Reise machen und den Jungen zu seinem Onkel in Westdeutschland bringen wollen. Doch auf dem Bahnhof habe man ihr das Kind weggenommen. Die Papiere seien nicht in Ordnung, habe man gesagt, das Kind würde später nachgeschickt werden. Später..

 

Seite 6   „Aufforstung genehmigungspflichtig"

Nachdem zahlreiche Gemeinden und auch einzelne größere landwirtschaftliche Betriebe in Ostpreußen, Pommern und Schlesien aus Mangel an Arbeltskräften dazu übergegangen waren, gutes Ackerland „aufzuforsten", d. h. in der Regel, die entstandene Strauchsteppe als „aufgeforstet" zu melden, will man nun endlich staatllcherselts dieser Entwicklung einen Riegel vorschieben. So erließ das polnische Landwirtschaftsministerium eine Verordnung, wonach jede „Aufforstung" nunmehr der staatlichen Genehmigung bedarf, wobei die „Nationalräte" die Aufsichtspflicht haben. Für die Ausbreitung der Strauchsteppe werden nunmehr die Schuldigen gesucht, indem behauptet wird, dass die „Kulaken" für den Verschleiß guten Ackerbodens verantwortlich seien.

 

Seite 8   „Klaus und die neue Heimat“

Das Schicksal einer Vertriebenen-Waise als Propagandapolitik

 Die Frage und das Schicksal der Heimatvertriebenen werden in den Spalten der Ostzonenpresse kaum behandelt. Man erinnert dort nicht gerne die Leser und die „Umsiedler*, wie der von oben her festgelegte Ausdruck für die Heimatvertriebenen lautet, an die jedem menschlichen Empfinden Hohn sprechende Behandlung der ostdeutschen Bevölkerung jenseits der Oder-Neiße-Linie. Ängstlich sind die Spitzen der SED darauf bedacht, alles zu vermeiden, was den Unwillen ihrer Moskauer Befehlsgeber erregen könnte. So ist auch die Bemerkung des „stellvertretenden Ministerpräsidenten" Ulbricht nach der Preisgabe Ostdeutschlands zu werten: .... durch die Markierung der Friedensgrenze mit Polen werde der schändlichen Propaganda entgegengewirkt, welche den Umsiedlern Illusionen über die Möglichkeit einer Rückkehr im ihre Wohnstätten macht".

 

Wo sich jedoch politisches Kapital aus dem Los der Heimatvertriebenen schlagen lässt, nutzt die SED bedenkenlos die Chance. Fast zur gleichen Zeit, als Ulbricht diese Verhöhnung der mit brutaler Gewalt Verjagten aussprach, fand in Chemnitz eine Theater-Premiere statt: .Klaus und die neue Heimat".

 

Der Held dieses Propagandastückes ist ein .Umsiedlerkind". Sein Vater fiel vor Stalingrad, seine Mutter starb auf einer Landstraße während der Flucht. Der Junge kommt in einem sächsischen Dorf unter, wo ihn keiner mag. Auch wird er seiner anders klingenden Mundart wegen ständig gehänselt. Aber er zeigt es ihnen! Natürlich ist er Jungpionier und trägt das blaue Hemd der „Freien Deutschen Jugend" (FDJ). Er gründet eine Jungaktivistengruppe. Bald zittern die engherzigen, geizigen Großbauern vor ihm, und ein Saboteur, der, - man denke nur!, - ihn mit Apfelsinen vom rechten Weg der Parteilinie weglocken wollte, muss für sein zynisches Unterfangen schwer büßen. Mit den anderen Jungen baut er Traktorenhäuser und preist in heißen Agitationsreden auf der Bühne die stolzen Erfolge des sozialistischen „Volkswirtschaftsplanes'.

 

In diesem Stück, das allen Jugendkulturbünden in der Ostzone empfohlen wird, zeigt die SED deutlich, wie sie gewillt ist, das Schicksal der Waisenkinder aus den deutschen Ostgebieten zu regeln. Sie sollen zu blinden Parteigängern und Aktivisten erzogen, und jede Regung, jeder Gedanke an die alte Heimat, an Familie und Herkunft soll ausgemerzt werden. Die feindselige Einstellung, die dem armen Vertriebenenkind Klaus in dem Dorf entgegengebracht wird - derartige Vorkommnisse sind leider wahr - wird umgemünzt und zur Entfesselung eines erbitterten Klassenkampfgedankens und wilder Rachsucht benutzt.

 

An der Tendenz und der Thematik dieses Stückes sollte man nicht vorbeigehen. Zündstoff ist genug vorhanden. Der Junge Klaus hat viele Schicksalsgefährten. Jugendliche.

 

Seite 8   Die Umsiedlung der Heimatvertriebenen

 

Das Statistische Amt gab die Zahlen für die bis einschließlich Juni innerhalb des Bundesgebiets umgesiedelten Heimatvertriebenen bekannt. Danach hat der Monat Juni 1950 eine Steigerung gebracht, in ihm sind 17 822 Heimatvertriebene in die neuen Aufenthaltsräume überführt worden. Davon hat das Land Rheinland-Pfalz 11 000, Baden 4100 und Württemberg-Hohenzollern 2100 Vertriebene aufgenommen. Insgesamt sind damit seit dem 1. Juli 1949, dem Beginn der Umsiedlungsaktion, 76 200 Heimatvertriebene anderweitig untergebracht worden. Von diesen kamen die meisten nach Württemberg-Hohenzollern (30 200) und Rheinland-Pfalz (27 100). Die bisherigen Aufenthaltsländer dieser Umsiedler waren Schleswig-Holstein (37 400), Niedersachsen (23 300) und Bayern (15 500).

 

Nach dieser Ausgabe wurde das Blatt „Wir Ostpreußen“ aus Kostengründen eingestellt.

 

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