Ostpreußen-Warte, Folge 08 vom August 1955

Ostpreußen-Warte

Folge 08 vom August 1955

 

Seite 1   und 2   Sinn der Vertreibung.

Aus einer Rede von Staatssekretär Dr. Paul Nahm.

Im Mittelpunkt einer Tagung des Südostdeutschen Kulturwerkes stand eine Rede des Staatssekretärs im Bundesministerium für Vertriebene Dr. Paul Nahm, die die heutige Problematik der Vertriebenenfrage auf letzte Zusammenhänge zurückführte. Wir veröffentlichen nachstehend einen Auszug aus dieser Rede, weil wir glauben, dass die behandelten Probleme auch unseren Lesern Wesentliches zu sagen haben werden.

 

„Ich bin vielleicht nicht so zerstört, als Sie denken, und auch nicht so trostlos, als so mancher meint. Da wird man niedergebeugt, uns niederzubeugen ist ungeheuerlich und herrlich zugleich“. Mit diesen Worten aus Gerhart Hauptmanns „Michael Kramer“ leitete Staatssekretär Nahm seinen Vortrag ein und führte aus:

 

„Die Vertreibung ist kein Zufall, keine Strafe, keine Sinnlosigkeit. Die Vertreibung steht am Ende des Zusammenbruches einer bürgerlichen Welt der Verflachung, Seelenlosigkeit und Konzeptlosigkeit. Zerfallendes neigt zur Bagatellisierung des Werdenden und Neuen. So wurde der Bolschewismus, der zuerst eine soziale Bewegung, dann Religionsersatz und schließlich Imperialismus wurde, nicht richtig erkannt. Dieser nahm einen Weg, wie er sich ähnlich bei der französischen Revolution vollzog, die auch bald im Imperialismus endete. Heute sind die östlichen Räume Europas überrannt, aber die Menschen, die in diesen Räumen wohnten, sind durch die Vertreibung dem Potential und der Macht des Bolschewismus entzogen. Viele, die angesichts der Vertreibung die Sinnlosigkeit des Geschehens vor Gott beklagten, erkennen heute, dass es nichts Sinnloses in der Geschichte gibt. Die Tatsache der Rettung in der Vertreibung bringt jedoch Aufgaben mit sich. Man darf sich in der Zuflucht nicht als Last, als sinnloser Gast empfinden.

 

Es erhebt sich die Frage: wissen wir mit der Freiheit, die wir bewahrt haben, etwas anzufangen? Sind wir bereit, für sie zu leben, nicht zu sterben? Freiheit ist Verpflichtung, man muss ihrer würdig sein, sie zu erhalten. Die meisten aber nehmen sie als etwas Selbstverständliches und wuchern nicht mit diesem kostbaren Besitz.

 

Vier positive Tatsachen

Wichtig ist, dass sich kein Vertriebener unnütz fühlt. Was ist doch Nützliches aus der Vertreibung geschehen:

 

1. Gerade die Vertriebenen zerstörten die erste Spekulation der Russen auf Beunruhigung Europas. Die Vertriebenen schufen keinen Herd der Unruhe, wo die Russen dann als Ordnungmacht einrücken konnten. Sie führten vielmehr eine Immunisierung der Bevölkerung durch, weil sie den Bolschewismus in Tuchfühlung kennengelernt hatten. Dies ist der entscheidende deutsche Verteidigungsbeitrag für Europa.

 

2. Nur scheinbar geschah die Verteilung der Vertriebenen in Sinnlosigkeit. Sie kamen in ihre Aufnahmeräume, die keine wirtschaftliche Kapazität besaßen, kamen ohne Rücksicht auf die konfessionellen Verhältnisse. So endete der Reformationsgrundsatz cuius regio, illius religio des 16. Jahrhunderts, wurden viele Vorurteile beseitigt, viele Spannungen gelöst. Neben der gemeinsamen Bedrängnis der beiden christlichen Konfessionen in Deutschland während des Dritten Reiches ist die nunmehrige gegenseitige Überlagerung Voraussetzung für die Konzeption der tragenden politischen Partei in Westdeutschland geworden.

 

3. Die Fähigkeit zur Vollbringung des Wirtschaftswunders ergab sich aus den sowohl durch die Zerstörung wie durch die Eingliederung der Vertriebenen gestellten Aufgaben. Die beispiellose Disziplin beider Bevölkerungsteile, der Altansässigen und der Vertriebenen, ließ die Krise überwinden.

 

4. Schließlich wurde von den Vertriebenen die Charta der Vertreibung geboren. Wenn diese auch weder in Deutschland noch in der Welt die Wertung erfahren hat, welche sie verdient, so ist sie doch die Offenbarung eines Geistes der Versöhnung und des Willens zu gegenseitig achtender und anerkennender Partnerschaft, deren Bedeutung nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

 

Zu diesen vier nützlichen Tatsachen tritt noch etwas, was besonders das Ausland erkennen soll: die Immunisierung der Vertriebenen gegen den Nationalismus. Das darf man nicht als etwas Selbstverständliches nehmen, sondern in der ungeheuren sozialen, kulturellen und politischen Tragweite erkennen und bewerten.

 

Vertreibung - Weltübel

Allein, dass die Vertriebenen am Leben erhalten wurden, ist für das ganze deutsche Volk eine Leistung von höchstem Nutzen. Die politische Geltung des deutschen Volkes ist eine Folge seiner Disziplin. Es ist genau so viel wert, wie seine Vernunft seine Haltung bestimmt und dem emotionalen Einhalt geboten wird. Nicht die fremde finanzielle Hilfe bedingte den Aufschwung, sondern Disziplin und Fleiß zogen die fremde Hilfe an. Die Arbeitsbeschaffung ist gelungen. Aber Arbeitsbeschaffung und Eingliederung ist nicht dasselbe. Der Aufenthalt der Vertriebenen in der Bundesrepublik wird ein Provisorium bleiben. Der Ersatz der Heimat und der sozialen Struktur der Heimat ist nicht möglich. Solches zu verheißen, wäre ebenso verhängnisvoll, wie es zu erwarten oder zu fordern. Das Heimatrecht ist eine Rechtsfrage, unabhängig von der Wirtschaft.

 

Die Vertreibung der Deutschen steht nicht allein. Vertreibungen sind heute ein Weltübel, Die Tatsache, dass Vertreibung von Millionen technisch bewerkstelligt werden könne, ist eine Versuchung. „Keine Völkerwanderung früherer barbarischer Zeiten erreicht das Ausmaß der modernen Zwangswanderungen, deren ohnmächtige und empörte Zeugen wir in unserem Jahrhundert sein müssen“, schrieb die Schweizer Zeitung „Die Tat“.

 

Die Vertriebenen haben eine Aufgabe auch in Deutschland. Sie müssen den Binnendeutschen den Standort klar machen, auf dem sie stehen. Kaum dass es dem Deutschen besser geht, hält er sich wieder für den Nabel der Welt. Deutschland gehört nicht zu den Schwerpunkten der drei Mächtegruppen, die sich gebildet haben. Es hat nur die aktive Wahl der Partnerschaft mit einer der Gruppen, oder passiv das Opfer einer dieser drei Gruppen zu werden. Wenn die Deutschen das nicht erkennen, sondern Wert und Macht frevelhaft überschätzen, dann besteht die Gefahr, dass die Vertreibung wirklich an das Sinnlose gerät. „Die Deutschen müssen erkennen, dass die deutsche Frage nicht die Ursache, sondern die Konsequenz der Weltspannung ist. Darum kann die deutsche Frage nicht aus deutschen Argumenten gelöst werden, sondern nur im Zusammenhang mit der großen Weltpolitik“. Dieser Ausspruch eines argentinischen Diplomaten fixiert genau den deutschen Standort.

 

Die Aufgabe der Vertriebenen ist die eines Sauerteiges. Sie ist also bestimmend und demütig zugleich. Das deutsche Volk bedarf der Kraft, der Urwüchsigkeit, der Urtümlichkeit der ostdeutschen Menschen. Es bedarf insbesondere der positiven Impulse aus der Erschütterung durch die Vertreibung. Die geistige Verflachung und die Anbetung des goldenen Kalbes sind bei der Eingliederung erwachsende Gefahren, welche die positiven Werte verschütten könnten.

 

Geduld und Demut

Zwei Tugenden haben die Menschen verlernt: Geduld und Demut. Die Bombe arbeitet schneller als Maurer und Zimmerleute. Der Aufbau einer inneren Welt braucht länger als ihr physischer Zusammenbruch, der Schlussakt einer langen Zerfallsperiode ist. Wir können die Weltgeschichte nicht nötigen, sich nach dem Rhythmus unseres Lebens zu richten. Wo ist noch jene Tiefe der Grundhaltung, welche das Wort sagen ließ: „Wenn die Welt morgen untergeht, ich pflanze heute noch einen Baum...“

 

In der uns bekannten Weltgeschichte gibt es keine Restauration, die Bestand hatte. Die Welt schreitet fort. Loths Weib erstarrte, weil es zurückblickte, die mit ihr gingen und nicht zurückschauten, aber kamen in die Zukunft.

 

Wir müssen erkennen, dass wir nur ein Teil sind. Wir sind zu sehr von unserer Perfektion überzeugt. Wenn wir ein gesamtdeutsches Streben haben, dürfen wir nicht glauben, dass wir außer dem Geben bei der Wiedervereinigung keine Funktion haben. Aus dem Normgefühl haben die Deutschen nach 1918 Anschlüsse vollzogen, aber nicht Einigungen. Einigungen sind Synthese und kein Diktat. Daher bedarf die Eingliederung möglichster Erhaltung des früheren Berufes und sozialen Profile. Die Vertriebenen sind Deutschland anvertraut als Potenz dessen, dass wieder ein größeres Deutschland werden wird. Die Eingliederung steht daher in Bezug auf eine spätere europäische Mission.

 

Das Jugendproblem stellt sich bei den Heimatvertriebenen als ein Generationsproblem schärfster Art. Was sollen die Erwachsenen dieser Jugend geben? Heimweh lässt sich nicht vererben. Wer Erinnerungen nicht aus eigener Erfahrung in sich trägt, für den ist sie nicht gestaltend. Aber das Essentielle der Heimat ist für die Gesamtheit der Bevölkerung ein unentbehrliches Gut. Die Gesamtkultur wird amputiert, wenn das, was der Osten hervorbrachte, in amorpher Masse untergehen soll. Untergang oder Assimilierung der einzelnen Sonderformen wäre ein Verlust für das Ganze. Die bäuerliche Kulturgrundlage ist wichtiger als westliche städtische Zivilisation.

 

Aber die Vertriebenen sind heute in Gefahr, die Heimat in ihrer Jugend zu verlieren.

Nicht Staat und Organisation, nur das Elternhaus kann die Heimat weitergeben. Glaube, Brauch und Heimat wohnen nahe beisammen vereint im Elternhaus. Daher ist die Pflege durch die Familie unerlässlich.

 

Die Vertriebenen sind den Deutschen gesendet zur Besinnung und Erneuerung. Wirtschaftlich wurde viel vollbracht. Die Vertriebenen entwinden sich der sozialen Deklassierung und gewinnen Profil. Aber bleibt auch die kulturelle Trächtigkeit erhalten? Was Jahrhunderte hindurch gegenüber Fremden gewahrt wurde, stirbt es in der Verwandtschaft? Geht es im Vaterhaus verloren, weil die sichtbare Unterscheidung fehlt und keine Bedrohung mehr gegeben ist? Hat die Jugend den Mut und die Kraft, ein zweites Mal den Weg zu geben, den die Eltern gingen? Die Familie hat darüber die Entscheidung.

 

Die Souveränität hat heute ebenso Grenzen wie die Freiheit des Individuums gegenüber den Mitmenschen und der Gesamtheit. Die Vertriebenen sollen nicht die letzten Märtyrer des Nationalismus sein, sondern die ersten Künder einer neuen Welt. Freiheit, Menschenwürde, Heimatrecht und Anerkennung des Lebensrechtes der Mitmenschen in dieser neuen Welt ist ihre Losung. Als vor 90 Jahren das Deutschlandlied entstand, waren noch viele Spannungen unter Deutschen, ähnlich wie heute in Europa im Zeichen der Einigung. Heute gilt es, bereit zu sein, Teile der Souveränität unter Voraussetzung der Parität einer höheren Einheit zum Opfer zu bringen. Ebenso unerlässlich ist es, Souveränität auch nach unten, an die lokalen und nationalen Autonomien abzugeben. Dann wird statt „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“ gesungen werden können: „Einigkeit und Recht und Freiheit für das große Abendland“. In diesem Sinne arbeiten wir nicht nur für uns, in gleicher Weise danken wir für das Geschenk der Freiheit in Verbundenheit mit allen, die hinter dem Eisernen Vorhang als unveräußerlicher Teil Europas leben“.

 

 

Seite 1 und 2   Bayrischer „Schulfunk“

(K. K.) Der Bayerische Rundfunk kündigte im März dieses Jahres den Unterrichtsanstalten seines Hörerbereiches eine Schulfunksendung unter dem Titel „Bismarcks Sozialpolitik“ an, die dann, als sie übertragen wurde, manche Entrüstung erregte: die Dialoge ließen erkennen, dass man in der Redaktion des Senders offenbar darauf abzielte, die Gestalt und die Epoche Bismarcks in tendenziöser Verfärbung darzustellen. Inzwischen kam eine zweite Schulfunksendung zu Gehör, die sich „Bismarck und Virchow“ betitelte und die an Bösartigkeit alles überbot, was seit 1945 über Bismarck zusammengeschmiert worden ist.

 

Man erinnert sich wohl, dass der Schweizer Historiker Erich Eyck nach dem Kriege mit einem mehrbändigen Bismarckwerk hervorgetreten ist, das sich zum Ziel gesetzt hatte, Bismarck als moralische Persönlichkeit zu „erledigen“. Inzwischen haben Historiker vom Rang eines Hans Rothfels neues Licht auf die Gestalt Bismarcks geworfen, und die Arbeit Eycks gilt in ihrer Hauptlinie längst als widerlegt.

 

Den Bayerischen Schulfunk aber ficht es nicht an, einen Autor sprechen zu lassen, der das, was Eyck noch vorsichtig abwägend sagt, in eine simplifizierte Propagandasprache übertragen hat, aus der die hochdifferenzierte Persönlichkeit Bismarcks als der Popanz eines reinen Gewaltmenschen und Pistolenhelden hervorgeht.

 

Das anfechtbare Werk Eycks diente dem Zweck, Bismarck als unmittelbaren geistigen Vorläufer Adolf Hitlers darzustellen (eine Tendenz, die die Umerzieher der Morgenthauperiode mit Beflissenheit befolgten). In die helle Sonne der Öffentlichkeit wagen sich solche Geschichtskritiker heute kaum mehr. In dem wenig beachteten Winkel des Schulfunks aber wurde der Gegensatz zwischen Bismarck und Virchow mit folgenden „schlichten“ Sätzen umrissen:

 

„Kommentator: Hier der Bürger — dort der Junker

Hier der Liberale — dort der Konservative

Hier der Demokrat — dort der Monarchist

Hier der bedächtige Wissenschaftler — dort der temperamentvolle Herrenmensch

Hier der Verfechter des Gesetzes — dort der autoritär Entscheidende

Hier der sozial Empfindende — dort der standesbewusste Adlige

Hier der Vertreter des Rechts — dort der Vertreter der Macht“.

 

Die Schüler der Neunten Klasse der Höheren Schulen konnten sich dann unschwer als letzte Steigerung selbst hinzufügen:

 

„Hier die Vorfahren der Demokratie — dort der Vorfahr Adolf Hitlers“.

 

Natürlich musste auch das stets missbrauchte Wort „Blut und Eisen“ herhalten. So sagte der Kommentator des Schulfunks: „...die Politik eines Mannes, der bei Meinungsverschiedenheiten nicht davor zurückschreckte, zur Pistole zu greifen, oder der, um es mit seinen Worten zu wiederholen, mit Blut und Eisen seinen Willen wo auch immer durchzusetzen bereit war“. Und an anderer Stelle: „Bismarck-Schönhausen bedeutet: regieren ohne Etat, Säbelregiment im Innern, Krieg nach außen“.

 

So der bayerische Schulfunk über den Kanzler, der in den zwanzig Jahren nach 1871 durch die Kunst seiner Politik alle schweren auswärtigen Krisen zu überwinden und dem jungen Reich den Frieden zu erhalten vermochte. Und an einer anderen Stelle ließ der Regisseur der Sendung einen Leutnant „näselnd“ sagen:

 

„Haarsträubend, was so ein Bürgerlicher sich heutzutage traut! Er, dieser kleine Gernegroß von Quacksalber wagt es, einem Herrn von Bismarck-Schönhausen zu nahe zu treten! "Wär' ja ein unersetzlicher Verlust, fiele Bismarck, bester märkischer Uradel, einem solchen Kerl zum Opfer! Nicht, auszudenken! Unerhört!“

 

Darauf lässt im besten Biedermanns-Bariton der Schulfunk einen „Bürger“ folgendes sagen:

 

„Er hat Recht, der Virchow, tausendmal Recht. Mit der Wahrheit hat es der Herr von Bismarck nie genau genommen. Unser Herr Ministerpräsident hat sich ja schon früher zu äußern beliebt: es sei einer politisch unbrauchbar, wenn er nicht lügen könne. Das sagt alles. Als wenn durch Pistolen etwas bewiesen werden könnte! Soll er doch beweisen“, dass Professor Virchow unrecht hat – wenn er kann! Man weiß ja, dass er lügt. Unser Abgeordneter Lasker sagt nicht umsonst: Bismarcks Ruhm wird ihn nicht überleben, denn er ist ethisch nicht rein, er lügt, er hat mich oft belogen“.

 

So also sieht das Bild Bismarcks aus, das der bayerische Rundfunk den Oberprimanern vermittelt. So wird Geschichte durch die Mühle der kleinen Feature-Schreiber gedreht. Uns will scheinen, dass hier nicht Schulfunk, sondern üble Propaganda gesendet wurde.

 

Der bayerische Rundfunkrat unter seinem Vorsitzenden, dem Landtagspräsidenten Dr. Erhard, müsste sich doch einmal die Mühe machen, in der Redaktion des Bayerischen Rundfunks nach dem Rechten zu sehen. Die Verhältnisse dort werden immer unerträglicher! W.

 

Seite 1   Die Schönburg bei Deutsch-Eylau, eine der ausgedehntesten und schönsten Burganlagen des Deutschritterordens. Aufn.: Max Löhrich

 

 

Seite 2   Das Verbrechen von Potsdam

Zehn Jahre sind vergangen seit auf der Konferenz von Potsdam die Zerstückelung Deutschlands beschlossen und die Austreibung Millionen deutscher Menschen sanktioniert wurde. Ein Viertel des deutschen Reichsgebietes wurde durch den Spruch von Potsdam fremder Verwaltung unterstellt und ein Siebentel der Gesamtdeutschen Bevölkerung musste Haus und Hof verlassen. Weitere Millionen deutscher Menschen, die in Westpreußen und Posen, in Böhmen und Mähren, in Polen, Ungarn und Jugoslawien schon seit Generationen gelebt und mit Fleiß und Treue den Staatswesen ihrer Wahlheimat gedient hatten, wurden durch den Rechtsspruch von Potsdam in völlige Rechtlosigkeit gestoßen. In Potsdam entstand der unselige Begriff „Oder-Neiße-Linie“ ein Begriff, der zum Symbol für Deutschland und zum Schicksal aller Heimatvertriebenen werden sollte.

 

Die „großen Drei“, die sich vor zehn Jahren im Cecilienhof in Potsdam, der ehemaligen Residenz des deutschen Kronprinzen, an den Konferenztisch setzten, hatten sich leicht auf die alte Soldatenstadt geeinigt. Verband man doch mit dem Namen Potsdam zugleich das Wesen des „preußisch-deutschen Militarismus“, der hier nun auch symbolisch für alle Ewigkeit begraben und an dessen Stelle ein neuer Geist von Potsdam gesetzt werden sollte.

 

Wir wissen heute, dass diese Einigkeit recht oberflächlicher Natur war und nicht über den Konferenzort hinausging, dass tiefe Gegensätze unter den Alliierten gerade in den wichtigsten Punkten bestanden. Stalins Versuch, die von Hass erfüllte Konferenz-Atmosphäre von Teheran und Yalta auch auf die Potsdamer Konferenz zu übertragen, scheiterte an seinen beiden Partnern. Wenn Stalin allein zu entscheiden gehabt haben würde, dann würde es heute kaum noch ein freies Deutschland geben. So hatte Stalin die Frage nach dem Umfang des deutschen Territoriums dahin beantwortet, dass das deutsche Gebiet dasjenige sei, was von Deutschland nach Befriedigung der alliierten Wünsche übrig bleiben werde.

 

Die historische Forschung hat die Hintergründe über die Entstehung der Potsdamer Protokolle weitgehend aufgehellt. Dabei steht fest, dass die „Verwaltungslinie“ an der Oder und Neiße keineswegs der Anerkennung etwaiger Annexionen der jenseitigen ostdeutschen Gebiete gleichkommt. Im Gegenteil! Es wurde ausdrücklich vorgesehen, dass diese Linie nur bis zur endgültigen Regelung im Friedensvertrag befristet und die eigentliche Grenzfestlegung bis dahin zurückzustellen sei, wie es in Artikel IX des Potsdamer Protokolls ausdrücklich lautet. Trotz dieser Vereinbarung schlossen die Satelitenregierungen von Pankow und Warschau im Sommer 1950 ihre sogenannten Grenzverträge ab, gegen die die USA, Großbritannien und Frankreich protestierten und unter ausdrücklichem Hinweis auf das Potsdamer Abkommen ablehnten.

 

Wir wollen nicht verkennen, dass in Potsdam sich die Westmächte gegenüber der Expansionspolitik der Sowjetunion energisch zur Wehr setzten. Sie vermochten sich aber gegenüber den Sowjets und ihrer Politik der „vollendeten Tatsachen“ nicht durchzusetzen. Sie konnten nicht verhindern, dass die erzwungene Hinnahme des fait accompli zu einer Anerkennung wurde. Sie sind deshalb mitschuldig an dem Todesurteil, dass über Ostdeutschland in Potsdam gefällt wurde.

 

Längst hat man seitens der Westalliierten die „Fehler von damals“ erkannt und in der ganzen westlichen Welt mehren sich die Stimmen, die das Unrecht an Deutschland brandmarken und auf seine Beseitigung dringen. So schreibt die in Südamerika, in deutscher Sprache erscheinende, Zeitschrift „Tatsachen“ in diesem Sinne: „Die Tatsache, dass auf den erschreckendsten Krieg der Geschichte der erschreckendste Friede der Geschichte folgte, lässt sich weder vertuschen noch totschweigen“ und fordert dann den Mut zur Erkenntnis und den Mut zum Handeln, damit endlich das Recht wieder zu seinem Recht komme.

 

Und ein anderer Rufer, nach dem Recht in einer rechtlosen Zeit, ist der Professor Austin J. App, aus Philadelphia. Ihm als Christen ist es Pflicht, sich im Namen des Rechtes und der Menschlichkeit gegen all das aufzulehnen, was an Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit in Kriegs- und Nachkriegszeit den Menschen widerfahren ist. Hier sei nur eine Probe aus seinem neuesten Buch „Wir, die Alliierten“ zitiert:

 

„Wir, die Alliierten, sind keine Ungeheuer“ ... , sagte Churchill im Jahre 1945 den Deutschen. Und was folgte....? 12 Millionen oder mehr Menschen wurden unter unmenschlichen Bedingungen von Haus und Hof vertrieben. Ganze Provinzen wurden entvölkert und geraubt. Christen gaben Hunderttausende von Frauen und Mädchen dem asiatischen Antichrist zur Schändung preis. Millionen von Männern wurden zu langjähriger Sklavenarbeit willkürlich testgehalten. Durch eine Hungerblockade wollte man das deutsche Volk systematisch dezimieren. Produktionsstätten wurden demontiert, der Handel nach Übersee unterbunden. Das Recht zur käuflichen Ware gemacht... Man kann auch schwerlich behaupten, dass der Morgentau-Plan ein Ausdruck christlichen Geistes war“. App geht aber noch weiter. Er bezeichnet das Versailler Diktat von 1919 als die Wurzel allen Unrechts, das ihm folgte. Die darin festgelegten territorialen Ungerechtigkeiten, lösten den zweiten Weltkrieg mit aus. Und was geschah danach?

 

„Dort, wo einzelne territoriale Ungerechtigkeiten den zweiten Weltkrieg auslösten, haben die „großen Drei“ ein ganzes Feld territorialen Unrechts angelegt. Wie hätten sich die Amerikaner verhalten, wenn im Falle eines Sieges der Achsenmächte Texas an Mexiko und Kalifornien und Alaska an Japan übergeben und die ansässige Bevölkerung aus den Städten und von den Farmen verjagt worden wäre? Wir, die Amerikaner, hätten dies für ein unmögliches Unrecht angesehen. Eben dasselbe haben wir sanktioniert, als es in Potsdam darum ging, deutsche Provinzen unter fremde Verwaltung zu stellen. Wobei nicht vergessen werden darf, dass Ostpreußen schon ein deutsches Land und Königsberg eine deutsche Stadt war, bevor überhaupt Amerika entdeckt wurde“.

 

Wir wollen uns über jede Stimme freuen — und die beiden zitierten sind glücklicherweise nicht die einzigen — die die Mauer des Schweigens, die Amerika um den vor zehn Jahren begangenen Fehler errichtete, — durchbricht und die aus leidenschaftlichem Herzen den Weg zur Wahrheit und Gerechtigkeit weist.

 

Nach dem verhängnisvollen Irrtum von Potsdam hat die Politik der Westmächte nie einen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass sie in der Oder-Neiße-Linie nur ein vorläufiges Provisorium sieht. Sie wiesen deshalb auch die sowjetische Interpretation, dass es sich bei einer Friedenskonferenz nur noch um Einzelheiten bei der technischen Festlegung der Oder-Neiße-„Grenze“ handeln würde, mit aller Entschiedenheit zurück.

 

Potsdam, das schmerzlichste Kapitel der deutschen Geschichte, wurde zugleich zu einem der neuralgischsten Punkte der Weltpolitik. Bald nach der Konferenz setzte bereits eine Umkehr auf dem politischen Irrweg ein, den die Westmächte beschritten hatten. Das berechtigt uns immerhin zu einer gewissen Hoffnung, dass das allerletzte Wort in der Frage der deutschen Ostgrenze noch nicht gesprochen wurde, zumal die Genfer Konferenz eine freundlichere Atmosphäre der gegenseitigen politischen Beziehungen eingeleitet zu haben scheint. Unsere Hoffnung gründet sich auch auf den weisen Ausspruch des großen amerikanischen Staatsmannes und Politikers Abraham Lincoln: „Nichts ist endgültig geregelt, was nicht gerecht geregelt ist“. W.M.L.

 

 

Hausratshilfe jetzt bis zu 40 Punkten

Mit dem 1. August sind durch eine Anordnung des Bundesausgleichsamts die Anträge auf Hausratentschädigung bis herab zu 40 Punkten zur Auszahlung der ersten Rate der Hausrathilfe freigegeben worden. Danach verbleibt noch ein Rest von 16 Prozent aller eingereichten Anträge, auf die die erste Rate vorerst noch nicht gezahlt werden kann. Gleichzeitig hat das Amt eine Senkung der Punktzahl für die zweite Rate von 75 auf 70 mit Wirkung vom 1. Oktober 1955 angeordnet.

 

 

Höchstdotierter Wirtschaftsplan des Lastenausgleichs

Der Ständige Beirat und der Kontrollausschuss beim Bundesausgleichsamt billigten den endgültigen Wirtschafts- und Finanzplan, wie er auf Grund des Vierten Änderungsgesetzes zum LAG vom BAA-Präsidenten kürzlich vorgelegt wurde. Mit 4,4 Milliarden mit Einnahmen und Ausgaben abschließend ist der Plan der bisher am höchsten dotierte Voranschlag des Lastenausgleichs.

 

Die vorgesehenen Ausgaben sind um 193 Millionen DM höher als im Vorjahr. Für Unterhaltshilfe sind 900 Millionen DM und für Entschädigungsrente 100 Millionen DM angesetzt. Weiter sind vorgesehen Wohnraumhilfe mit 550 Millionen, Härtefonds mit 150 Millionen, Währungsausgleich mit 110 Millionen, Altsparerentschädigung mit 154 Millionen und Landwirtschaftsdarlehen mit 100 Millionen DM. Die Ausgaben für Hausratshilfe beziffern sich auf 852 Millionen für Aufbaudarlehen für die gewerbliche Wirtschaft auf 302 Millionen, für Landwirtschaft auf 180 Millionen, für Wohnungsbau auf 607 Millionen, für Arbeitsplatzdarlehen auf 50 Millionen, für Ausbildungshilfe auf 110 Millionen und für Heimförderung auf 15 Millionen DM.

 

Für Vorfinanzierungs- und Rückstellungskosten sind an Ausgaben 104 Millionen vorgesehen. Schließlich ist noch der Fehlbetrag des Rechnungsjahres 1954/1955 in Höhe von 125 Millionen DM unter den Ausgaben verbucht.

 

 

3000 wollen nach Deutschland

Aus den deutschen Ostgebieten unter fremder Verwaltung und aus Südosteuropa haben sich nach amtlichen Berichten insgesamt 253 100 Deutsche (ohne Verurteilte, Zivilinternierte und Kriegsgefangene) zur Aussiedlung nach Deutschland gemeldet. Davon sind 3000 aus dem sowjetisch besetzten Ostpreußen, 178 000 aus den unter polnischer Verwaltung stehenden Gebieten, 59 000 aus der Tschechoslowakei, 1 100 aus Rumänien und 22 000 aus Jugoslawien. Es sind überwiegend Personen, die eine Aussiedlung durch Familienzusammenführung anstreben.

 

 

Neue Reiseerschwernisse in der SBZ

Westdeutsche Besucher in der sowjetischen Besatzungszone werden ohne Sondergenehmigung nicht nach Ost- und West-Berlin hineingelassen. Diese Sondergenehmigung, die auf der jeweiligen Aufenthaltsgenehmigung eingetragen sein muss, wird aber nur in ganz seltenen Fällen gewährt. So wird ein Besuch erkrankter naher Familienangehöriger in Berlin nicht als ausreichender Grund angesehen.

 

 

Museum des Deutschen Ritterordens

Das ehemalige Deutsch-Ordensschloss in Bad Mergentheim hat den ehrenvollen Auftrag erhalten, ein ständiges Museum des Deutschen Ritterordens in Zukunft zu beherbergen. Das Museum, das kürzlich eröffnet wurde, weist eine stattliche Galerie von Bildern sämtlicher Ordenshochmeister aus der Zeit von 1219 bis 1525 auf.  

 

 

Der Ost- Westpatenschaftsgedanke soll auf Anregung des Schleswig-Holsteinischen Kultusministeriums auf die Schulen des Landes erweitert werden. In der Bundesrepublik bestehen bereits zahlreiche Patenschaften von westdeutschem Schulen für ehemalige Schulen in den deutschen Ostgebieten.

 

 

Seite 2   Gedat fährt nach den USA

Der ostpreußische Bundestagsabgeordnete Gedat wird auf Einladung des USA-Außenministeriums Einrichtungen der Truppenbetreuung, Freizeitgestaltung und staatsbürgerlichen Erziehung in der amerikanischen Wehrmacht studieren.

 

 

Seite 2   Aufruf zum „Tag der Deutschen“

Mit dem „Tag der Deutschen 1945 – 1955“, den der Verband der Landsmannschaften im Bundesgebiet gemeinsam mit dem Berliner Landesverband der Vertriebenen vorbereitet und am 10./11. September in Berlin veranstaltet, werden die landsmannschaftlichen Kundgebungen im zehnten Jahr nach der Vertreibung der Deutschen aus dem Osten und Südosten ihren Höhepunkt finden. Der BLV wandte sich mit nachstehendem Aufruf an die deutsche Öffentlichkeit:

 

Zehn Jahre nach Beendigung des Krieges hat das deutsche Volk nicht die Möglichkeit, als einheitliches Volk in einem Staatsgebiet zu leben. Es wird durch eine Grenze zerrissen, die trennender und brennender als jede andere Staatsgrenze ist.

 

Das Recht auf völkische, staatliche und kulturelle Gemeinschaft, das allen Völkern zusteht, wird dem deutschen Volk verwehrt. Wir wollen, dass dieses Unrecht endlich beseitigt und die Wiedervereinigung, als das brennendste Problem der Gegenwart, Wirklichkeit wird. Nicht mehr wie recht und billig ist es, wenn auch das den Vertriebenen vor zehn Jahren angetane Unrecht gutgemacht wird Der Wiedervereinigung muss daher auch die Verwirklichung des Rechtsanspruches auf die Heimat der Vertriebenen folgen.

 

Ein geeintes Deutschland und erfülltes Heimatrecht werden beste Voraussetzungen für ein freies Europa sein, in dem Menschenwürde des einzelnen und Selbstbestimmungsrecht der Völker zum Wohle aller gewährleistet wird.

 

Am „Tag der Deutschen 1945 – 1955“ wird der Bundespräsident der Bundesrepublik Professor Heuss, für Recht und Freiheit des deutschen Volkes an die Weltöffentlichkeit appellieren. Alle Deutschen, Einheimische und Vertriebene, werden gemeinsam im Berliner Olympia-Stadion für das Recht auf die Heimat zusammenstehen und ihr gemeinsames Wollen aller Welt sichtbar werden lassen“.

 

 

Seite 3   Gerhard Kamin: Ernst Wiechert zum Gedächtnis, mit Foto.

Fünf Jahre sind seit Ernst Wiecherts Tod vergangen. Still ist es um ihn geworden, so wie er es sich gewünscht hat, verhallt ist der Lärm der Eifernden.

 

Fast fürchte ich mich, diese Stille zu stören, da man mich gebeten hat, noch einmal über ihn zu sprechen. Und für die Getreuen allein tue ich es, die auf ein Wort über ihn warten. Es gibt zu seinem Menschentum wie zu seinem Werk keinen Zugang weder über eine Philosophie noch über eine bloß gelehrte Religion, weder über eine literarische Kunstnorm noch über eine Weltanschauung. Die ihn lieben, ihn begreifen und in unwandelbarer Dankbarkeit sich zu ihm bekennen, sind auf anderen Wegen zu ihm gekommen. Und wenn man aus Tausenden von Briefen, die er im Laufe seines Lebens erhalten hat, und aus denen, die ich nun als Bekenntnisse zu ihm erhalte, Fazit zieht oder eine vereinfachende Erklärung für das sucht, was zu diesem Bekenntnis geführt hat, so heißt sie: wir sind einem Menschen begegnet, der durch sein verwandeltes Leid unser Leid sinnvoll machte, der durch seine Liebe unsere Liebe geweckt, durch seine Freude unsere Freude bestätigt, durch sein Wort der handelnden Liebe unser Wort des Dankes möglich gemacht hat. Und bewegt sprechen sie alle von der Dankbarkeit für einen empfangenen Trost oder Segen.

 

Es ist kein Zufall, dass unter den gebildeten wie unter den ganz einfachen Menschen dieser Erde die zuerst zu ihm gefunden haben, die aus ihrer persönlichen Erfahrung um Leid, Not und Schmerzen wussten. Der Student etwa, der vor vielen Kathedern der Universitäten sitzt und aus der Fülle von Weltanschauungen, Begriffen, Philosophien, Dogmen, Gelehrsamkeit und Wissen nach der Erfahrung des hinter uns liegenden, eine Antwort auf die Frage erwartet: „Wie aber soll ich leben?“ — Oder die unbekannte Achtzigjährige, die nach einem Leben vielfacher Prüfungen mir schreibt: „Die Gestalten seiner Dichtung sind erfüllt mit seinem ureigenen Wesen, mit seinen Kämpfen, seinem Suchen und Finden von Gerechtigkeit und Wahrheit, seinem Suchen nach Gott und seiner Sehnsucht nach Frieden. Dies hat mich immer bewegt, erfüllt mein Herz mit Dank und verleiht meinen alten Tagen einen hellen Glanz. Ich habe täglich ein Kapitel aus seinen Werken so nötig wie das liebe Brot“. — Oder dje auf der Flucht Erblindete, deren Freundin mir schreibt, es habe lange an Trost und Hilfe gemangelt, aber jetzt, nachdem sie der Blinden seit Wochen aus Ernst Wiecherts Büchern vorgelesen, sei ein Licht für sie hell geworden, ein neuer Glaube, ja fast eine Gewissheit. — Oder die Flüchtlingsfrau aus dem Osten, die außer der Heimat den Mann und alle ihre Söhne verloren hat und die nun schreibt, ein Trost sei ihr geblieben, das Wort des Dichters ihrer Heimat, der ihre Schmerzen und Nöte täglich verwandle und ihr sage, wie man im Leid bestehen könne. — Oder der unbekannte Pfarrer, den man aus dem Osten vertrieben hat und der in einer Nacht einen kostbaren Engel geschnitzt hat und ihn mir mit der Versicherung schickt, er und seine Familie verdanken dem toten Dichter so viel an Trost und Hilfe, dass es mit Worten nicht auszusagen ist. —

 

Ernst Wiecherts Geburtshaus lag in den großen, stillen Wäldern Masurens, und vielleicht vermag nur der, der diese Wälder und dieses Land kannte,- begreift, was sie für die Seele eines Kindes bedeuten. Wer im Frühling mit dem Lied der Drossel einschläft, wer in den Nächten die Bilder der Gestirne in feierlicher Schönheit am Fensterkreuz vorbeigleiten sieht, wer an Sturmtagen das Brausen des Waldes ebenso in sein Blut aufnimmt wie sein sanftes Rauschen im sommerlichen Abendwind, wer das Röhren der Hirsche und den Schrei des Adlers an manchen Tagen häufiger hört als ein Menschenwort, der weiß wenig noch von der zu erringenden Klugheit dieser Erde, aber er weiß mitunter eines tiefer und unerschütterlicher als mancher Erwachsene: dass hinter dem Schleier des Sichtbaren ein Unsichtbares verborgen ist und dass unter dem Moos das „bucklicht Männlein“ vielleicht lauert, ein hilfloser und scheuer Name für etwas wunderbar Gütiges, Reines, Hohes, Verlässliches. Dass Gott und alle seine Engel vielleicht sprechen, wenn der Wald rauscht und dass die Pforte zum Paradiese dort sein könnte, wo der Waldsaum am Rande einer Schonung rotglühend in einem Meer von Wipfeln ertrinkt.

 

Damals in der Kindheit begann das Erklingen seiner Seele wie das einer zarten Glocke. Und damals — ehe noch die Sprache das Erleben bewältigte — wurde sein Wesen geboren und später erst und als natürliche Folge das fast unveränderlich Gleichbleibende seines Stils. Der Wald als eine „Form Gottes“ und das Wort der Bibel: es sind die bleibenden formenden Kräfte seines Lebens gewesen. Die Gestalten der biblischen Bücher werden in seinem Walde neu geboren oder der Wald kommt zu ihnen und gibt ihrem erschütterten und gotterfüllten Leben Raum und Heimat.

 

Der Glaube des damals heranwachsenden jungen Menschen an den Sinn und die Verpflichtung jedes Menschenlebens ist so groß, dass er mit der Welt der Nützlichkeit und der „Gehaltsstufen“ sich nicht wird abfinden können. Ein Weg muss gefunden werden, der im Vergänglichen und Gebrechlichen das Unvergängliche bewahrt, und für Ernst Wiechert wird dieser Weg das Amt des Dichters und die Berufung des Erziehers. Andere Wege, die Möglichkeiten des Dienens und Helfens gewähren, sind ihm versagt, das Amt eines gerechten Richters zum Beispiel, eines Arztes oder eines Pfarrers. Aber da die Geschichte eines begnadeten Dichters im Laufe eines Lebens den ganzen menschlichen Lebensraum zu umfassen vermögen, werden im Ring der Jahre und aus der nie veränderten Stille des Schaffens die zahllosen Gestalten fast aller Berufe und Lebensschichten in ihrer Mühsal, Hingabe und Unzulänglichkeit geschaffen, Berufene und Gesegnete, Verfluchte und Verfluchende, Helfende und Heilende, Zerbrechende und Verzagende, Liebende, überwindende und vorbildlich Führende und Rettende. Der heimkehrende Offizier wie der heimkehrende Fremdenlegionär, der scheiternde Oberlehrer wie der vorbildliche Erzieher, der getreue Fährmann wie der verzweifelt suchende Knecht Gottes, der einfache und wortlos dienende Soldat aller Kriege, der Hirt und die Magd, der Bauer und der Gutsherr, die Mutter und ihr Kind, der Richter, der Arzt und nicht zufällig und in vielen Gestalten von schlichter Wahrhaftigkeit, kläglichem Versagen und tiefer, nachglühender Leuchtkraft die des Pfarrers. Der Adlige so gut wie der Bettelmann, das Kind wie der Greis, der Verbrecher wie der Heilige. Der Raum, in dem sie handeln, ist der dieser bedürftigen Erde, und das Licht, das sie umgibt, ist das graue Licht des Alltags und der Bewährung, auch wenn im Hintergrund die Schönheit einer Landschaft ihren tröstlichen Schein auf das Geschehen wirft. —

 

Das ist es, woran ich immer zuerst denke, wenn ich über Ernst Wiecherts Glauben etwas aussagen soll: die völlige Einheit von Leben und Lehre, die Einheit des Menschen vor dem Beginn jeder Arbeit, die höchste Sammlung, die größte Demut. Das Wissen um die völlige Abhängigkeit von der Gnade und die Verantwortung und Wahrhaftigkeit im Kleinsten wie im Größten. In allem Zweifel die Gebundenheit des Suchenden, Ringenden und Ahnenden, in aller Dunkelheit und allem Irrtum das Vertrauen des Geduldigen und immer Hoffenden.

 

Wie tief eine illusionslos gewordene Jugend ihn daran versteht, bezeugt neben vielen anderen ein Brief eines jungen, mit unbekannten Studenten aus der Schweiz, der mir schreibt: „Ich war noch ein Junge in den Entwicklungsjahren und kaum sechzehn Jahre alt, als ich zum ersten Male ein Buch von Ernst Wiechert las, seine „Wälder und Menschen“. Glauben Sie mir, dass mich dieses Buch bis ins Tiefste erschüttert hat, dass ich tage- und nächtelang nicht fassen konnte, wie ein Mensch unserer Zeit etwas schreiben konnte, das so unendlich viel Liebe und Barmherzigkeit ausstrahlt. Und dann las ich die „Jerominkinder“ und den zweiten Band „Die Furchen der Armen“ etwas später. Noch einmal ward ich vollkommen aus der Bahn geworfen, aus den scheinbar festgefügten Lebensangeln gehoben, und mit der Überwältigung vor dem Gedanken, dass so viel Leid und Schicksalsschwere, aber auch so viel edle Liebe und ein so tiefer Glaube in der Welt war, entstand in mir ein Gefühl unnennbaren Triumphes darüber, dass nichts in der Welt die Liebe und den unbeirrbaren, tiefen, von keinem Dogma getrübten Glauben an den wahren Gott unterdrücken oder gar vernichten kann. Und ist dies nicht ein Triumph für einen Knaben?“ — Und er schließt seinen Brief mit den Worten: „Als ich zum letzten Male in Zürich weilte — im vergangenen Frühsommer — suchte ich Ernst Wiecherts Grab in Stäfa auf. Und dort traf ich zwei Gymnasiasten aus Bern, die in ehrfürchtiger Stille verweilten und dann Blumen niederlegten. Und ein ehemaliger Züricher Schulkamerad schrieb mir: „Wiechert, den sie den Antichristen nannten, hat mir, dem Schwankenden und Zweifelnden, den Weg zum Christentum zurückgewiesen“.

 

Dankbar konnte Ernst Wiechert am Ende seines Lebens von sich sagen: „Wenn ich alles ansehe, wie es gewesen ist, von der Stunde an, als ich unter den Bäumen meines großen Waldes den ersten Vers mit einer reinen Leidenschaft auf ein Stück Papier schrieb, bis zu der heutigen Stunde, in der ich nun dieses Buch (‚Jahre und Zeiten') beende; wenn ich die Umrisse aller Schicksale entlangsehe, die mich geformt haben und an denen ich geformt habe; wenn ich also das Ganze zu sehen versuche, den Faden im Gewebe, das Gewebe selbst: so ist es mir doch, als sei ich wunderbar geführt worden. Es war nirgends nur ein blinder Zufall, etwas, das auch ebenso gut anders hätte sein können, eine Willkür oder ein Spiel. Das nicht Bestimmte wurde gestreift und abgetan, aber das Bestimmte blieb und ging ein als eine bleibende Form“.

 

Die Stimme des Dichters ist verstummt. Die Wanderer stehen auf dem Friedhof in Stäfa vor dem schlichten Stein, hören unten das Rauschen der Welle, blicken in schweigende Firne. Keine Stimme spricht zu ihnen, aber in ihren Herzen klingt der Nachhall irgendeines seiner liebenden Worte. Und sie brauchen nicht ungetröstet von ihm zu gehen, wenn sie, aus den „treuen Begleitern“ zum Beispiel, leise die Worte vor sich hinsprechen: „Wir aber glauben, dass zu allen Zeiten Gott seine Engel niedersteigen lässt zu den Wandernden und Durstigen in der Wüste“.

 

 

Seite 3   Klang der Heimatglocken

Foto: Turm der Deutsch-Ordenskirche in Tilsit. Aufn.: W. Schiemann

Tief bewegt vernahmen viele Tausende unserer Landsleute bei der 700-Jahrfeier Königsbergs in Duisburg den Klang der einzigen uns übriggebliebenen Königsberger Kirchenglocke. Erinnerungen wurden wieder wach an jene Zeiten, wenn von den Türmen der alten Ordens- und Barockkirchen und der kleinen Dorfkirchen die Glocken weit über das Heimatland dröhnten und riefen, jede mit dem ihr eigenen Klange und in der ihr eigenen Glockensprache, die der Volksbund dann auf seine Weise gedeutet hat. Oft verbrämt mit etwas derbem Mutterwitz. Diese überlieferten Deutungen sind wert, einmal in Erinnerung zurückgerufen zu werden. Beginnen wir mit unserer Hauptstadt Königsberg. Die Glocken der vornehmen Schlosskirche dröhnten gewichtig: „Samt und Seide, Samt und Seide“ über die zu Füßen liegende Stadt, die des reichen Domes dagegen: „Gold und Silber, Gold und Silber“, während es von der Altroßgärter Kirche erklang: „Koddern und Plündern, Koddern und Plündern“, und, eine Anspielung auf den früheren Gemüseanbau auf dem Nassen Garten, von der alten Haberberger Kirche bimmelte es: „Peterzöllje, Sellerie, Peterzöllje, Sellerie“, oder auch „Geehl, möhre, Peterzöllje, Geehlmöhre, Peterzöllje“. Bekannt war ja auch das alte Vers'chen: „Altstadt die Wacht, Kneiphof die Pracht, auf dem Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker“ (in alten Zeiten lag einstmals hier die Abdeckerei, im Volke Racker genannt).

 

In Tilsit, wo einstmals reger Handel blühte und Reichtum vorhanden war, läuteten die Glocken der altersgrauen Ordenskirche am Memelstrome schwer ins weite Land hinein: „Stoff un Damast, Stoff un Damast“, während die Glocken der im 7-jährigen Kriege erbauten Landkirche „Koddre und Plündre, Koddre un Plündre“ hell riefen. Die für die Totenfeiern bestimmte, aus dem 16. Jahrhundert stammende Kapelle auf dem alten Kapellenkirchhof, durch Bomben 1944 zerstört, tönte eindringlich in Moll: „Komm zu mir, ich zu dir, komm zu mir, ich zu dir“. Und das Glöckchen des barocken Rathauses zu Tilsit, in alten Zeiten das Armesünderglöckchen genannt, bimmelte sehr bedeutungsvoll: „Zinse, minse, Zinse, minse, zieh's Hemde aus, bring aufs Rathaus“, übrigens wurde nach alter Tradition bis zuletzt der berühmte Tilsiter Jahrmarkt am ersten Dienstage im September jedes Jahres mit dieser Glocke eingeläutet und nach 8 Tagen wieder ausgeläutet, worauf wir uns schon als Kinder das ganze Jahr freuten. Im nahen Memellande läutete die Glocke der Coadjuther Kirche: „Kupst un Kaddick, Kupst und Kaddick“ (Wacholder) und die der Plaschker Kirche, die zu ihrem Kirchspiel die Dörfer der sogenannten Heide zählte: „Heidsche Liedkes, kleene Liedkes, heid sehe Liedkes, kleene Liedkes“ (kleine Leutchen).

 

Die Glocken der reichen, fetten Tilsiter Niederung waren natürlich entsprechend der Landschaft abgestimmt. So hörte man vom Turm der Kirche zu Neukirch, wo nur reiche Bauern ringsherum saßen, läuten: „Seid' un Damast, Seid' un Damast“, und hoffärtig rief die Kaukehmer Kirchenglocke dazu: Gold un Silber, Gold un Silber“. Aber wenn die Gutsglocken in der Niederung die stattliche Schar der Instleute und Scharwerker zum Mittagessen riefen, dann erklang es derb, aber deutlich und in Hast:

 

„Kommt äte, kommt äte, ju fuule Beestkräte, Kartoffel mött Schälle, dä könn ju söck pälle“.

 

Weil Heinrichswalde nahe der großen Forst lag, läutete dort die Kirchenglocke behäbig: „Pilzkes ongesolte, Pilzkes ongesolte“ (ungesalzen). Lappienen an der Gilge, mit der uralten Kirche, rief weit über die eingedeichte Niederung bis zum Haff: „Schilf un Duwak, Schilf un Duwak“ (Duwak ist eine dort genannte Grasart). Das Glöckchen der achteckigen hölzernen Fischerkirche im Fischerdorf Inse am Rande des Kurischen Haffes aber und ebenso die Glocke des Fischerdorfes Karkeln bimmelten lustig und vielversprechend: „Stint un Puke, Stint un Puke“, denn beide Fischarten wurden dort in großen Mengen gefischt.

 

Die Heiligenbeiler behaupteten, aus ihren Kirchenglocken sogar verschiedenes auf einmal herauszuhören: Die große Glocke sang im Bass „Rum, Rum, Rum...“, die mittlere: „Spanisch-Bitter, Spanisch-Bitter“ und die kleine bimmelte hell dazwischen: „Anis, Anis, Anis ...“, als zarte Anspielungen auf die früher in Ostpreußen so beliebten Schnäpse. Vom prächtigen Braunsberger Dome ertönte feierlich die große Glocke: „Vinum bonum, Vinum bonum“ und dazwischen die kleine hell trällernd: „Äppele, peppele, Äppele, peppele“. Und die Bartener Kirchenglocke, mahnend an den fälligen Kirchendezem, rief hell: „Bring Dittkes, Bring Dittkes“ ...

 

Ähnlich wie die Heiligenbeiler haben auch die Danziger die Sprachen einiger ihrer Glocken gedeutet, wie z. B. die der Pfarrkirche: „Kurfürsten, Kurfürsten, Kurfürsten“ und St. Johann brummte: „Pomeranzen, Pomeranzen, Pomeranzen“. Am 1. Pfingstfeiertage ertönte übrigens vom Turme von St. Marien in Lübeck zum ersten Male wieder das gerettete Glockenspiel von St. Kathrin in Danzig mit dem feierlichen Choral: „O heilger Geist kehr bei uns ein...“ und lässt seitdem mit wechselnden Chorälen in die halben und vollen Stunden über dem der Stadt Danzig so verwandten Lübeck ertönen.

 

Wir wissen nichts mehr von dem Schicksal unserer alten Heimatglocken, die wir zurücklassen mussten und die uns alle ein Stück unseres Lebensweges mit ihrem Klange dort begleitet haben, aber sie tönen noch immer in stillen Stunden in unseren Herzen weiter. H. A.

 

 

Seite 3   Margarethe Kossak wurde vor hundert Jahren, am 22. August 1855 in Schippenbeil als das einzige Kind eines Arztes, Dr. Brasche, geboren. In einem Mädchenpensionat in Königsberg erzogen, verlobte und verheiratete sie sich bereits mit 15 Jahren mit dem Arzte Dr. Kossak, mit dem sie 12 Jahre in glücklicher Ehe lebte. Nach seinem Tode siedelte sie nach Berlin über, wo sie durch schriftstellerische Arbeiten sich eine neue Existenz schuf. Große Reisen führten sie nach den Polarländern, Sibirien, Grönland, Alaska, Lofoten, Nordfinnland, Spitzbergen und Island, wo sie zwei Sommer verbrachte. Auch verschiedene Teile Nordamerikas und Turkestan bereiste die mutige Frau. 1908 verzog sie nach Wien. Eine nordamerikanische Universität verlieh ihr die Würde eines Ehrendoktors der Medizin. Paul Wittko

 

 

Seite 3   Timotheus Kranich

Ein geborener Lyriker ist der Benediktiner-Pater Timotheus Kranich, der am 23. August 1870 in Peterswalde im Kreis Heilsberg als Sohn eines Pächters geboren wurde. Unter dem Decknamen Peter Walde veröffentlichte er seine ersten literarischen Arbeiten, nachdem er auf dem Gymnasium und dem Lyceum Hoseanum in Braunsberg seine philosophische und theologische Ausbildung erhalten hatte und Kaplan und Religionslehrer in Elbing gewesen war. Im Jahre 1900 trat er in die Erzabtei Beuron im Hohenzollernschen als Benediktiner-Pater ein.

 

Sein erster Gedichtband erschien 1904 und trug den Titel „Schlichte Spenden“. Es sind schlichte Töne, die er zum Lobe Gottes seiner Harfe entlockt, auch Lieder, dem Andenken seiner Mutter, geb. Emilie Tescher, gewidmet. Naturbilder, von wehmutsvoller Stimmung durchweht, und eine Reihe Sprüche bietet die Sammlung. Ernst ist der Grundton dieser Lieder und seinen Ernst singt er ins Gemüt mit weichen, melodiösen, zur Vertonung lockenden Strophen. „Goldene Ferne“ nannte er ein zweites, „Fink und Nachtigall“ ein drittes und „Licht und Leid“ sein letztes Gedichtbändchen. Das Irdische hat für ihn nur insoweit Wert, als sich in ihm die ewige Schönheit und Güte widerspiegelt. Heimweh und Sehnsucht sind Grundakkorde seiner Lyrik.

 

 

Seite 3   Ostpreußenaussteilung in Stuttgart

Auf Anregung des Stuttgarter Kultusministeriums an alle Schulen in Baden-Württemberg, den zehnten Jahrestag der Vertreibung besonders zu begehen, haben die Abiturientinnen des Mörike-Gymnasiums eine bemerkenswerte Ostpreußenschau ausgestaltet. Neben Büchern, Gemälden, alten Stichen und Schrifttum von Kant und Herder sammelten sie Bernsteinschmuck, Keramiken und ähnliches, bastelten naturgetreue Modelle von ostpreußischen Siedlungen und zeigten selbstgefertigte Übersichten über die Entwicklung und die vielseitige Struktur des Landes. Mit Bildern von preußischen und schwäbischen Burgen wurde die Verbindung hergestellt. Der Stuttgarter Kreisgruppenvorsitzende der LM Ostpreußen betonte bei der Eröffnung der Ausstellung, dass es einem um Ostpreußen nicht bange zu sein brauche, wenn alle Schulen so im Sinne der Heimatvertriebenen dächten und arbeiteten.

 

 

Seite 4   Frucht und Saat / Von Sabine Harbiether

Ihr, Freunde, merkt, was ich euch hier gegeben,

ist nicht erdachtes, ist gelebtes Leben.

Es ist darin Ostpreußens Kraft,

es ist darin, was Werte schafft,

es liegt darin, wie ich es schlicht erzähle,

ein Hauch, mein Heimatland, von deiner, meiner Seele.

 

I.    Ackerland in der Fremde (1955)

Ja, jetzt ist es bald so weit. Was ist denn so weit? Nun, dass ich 75 Jahre (fünfundsiebzig Jahre) alt werde.

 

Und es wird nicht so sein wie sonst bei Fünfundsiebzigjährigen. Niemand wird meine Verdienste würdigen, nicht durch ehrende, wohlgefügte Artikel in einer Tageszeitung, Artikel, die mein Bild umrahmen. Und das Bild stellt mich natürlich so jugendlich dar, wie ich vor 20 Jahren aussah. Deputationen von Gratulanten mit Blumensträußen und Blumenkörben und einer silbernen „75“ werden nicht vor mir erscheinen, ich werde keine Ehrenurkunde und kein Verdienstkreuz erhalten. Und ob mir ein Haus für den Lebensabend gespendet wird?

 

Was bleibt mir übrig?

 

Ich muss selber von mir berichten. Aber ich beginne nicht mit der Geburt und der Geburtsstadt. Das ist schon immer dagewesen. Nein, ich will den Weg aufzeigen von der Gegenwart mit ihrer Frucht und Ernte, die im Sonnenschein und Wetter reiften, bis zu der Zeit der Saat, die im Dämmerlicht der Vergangenheit verborgen ist. — „Denn alles ist Frucht und alles ist Samen“. Wandert mit mir! Es lohnt sich und wird euch nicht gereuen.

 

Ackerbürger waren die Ahnen bis zu jenem Pruzzen Alwyde Harebythe, der im Jahre 1407 in der Tilsiter Stadtchronik genannt wird. Wohl deshalb hatte ich es immer mit dem Acker zu tun. In der ostpreußischen Heimat buddelte ich als Kind schon Kartoffeln; im Moor half ich beim Torfstechen, das Heu wandte ich im Sommerglast; und wohin mich das gewundene oft unverständliche Schicksal auch führte, legte ich einen Garten an. Wahrlich, ich konnte oft nichts dafür, dass ich so oft den Schauplatz wechselte. Das war die Schuld des Schicksals. Jetzt arbeite ich an dem fünfzehnten Garten. O du Ahnenblut, das mich der Erde verhaftet.

 

Wiese stach ich um, dass Strauch und Baum drauf wuchsen. Schuttplätze befreite ich von dem Abraum und pflanzte Blumen. Von Steinen wurde das Land erlöst. Nicht nur Hacke und Spaten durchwühlten die Erde, auch der Hand tat es wohl, wenn sie durch die Ackerkrume glitt. War sie mir doch verwandt, diese Erde!

 

Ihr Korn nährte mich und baute mich auf.

 

„Erwache jedes Jahr zu neuem Leben!“ grüßten die Leberblumen aus welkem Laub.

 

„Trage dein Haupt hoch wie ich!“ mahnte der Sonnenglanz.

 

„Kümmere dich nicht um den Ablauf der Zeit!“ erinnerte die Herbstzeitlose.

 

„Vergiss nicht das Blühen im Winterschnee!“ sprach die Christrose.

 

Über meinem Bett in der fremden Stadt, in der ich seit zehn Jahren „Neubürger“ bin, hängt ein Bild der 600 Jahre alten Eichen von Steinort am Mauersee. Sie stöhnten damals im Wintersturm, als die Russen 1945 in breiter Front nach Ostpreußen vorstießen. Die Eichen sind gefallen, aber ihr Bild gibt mir Kraft.

 

„Bleibe so stark, unerschütterlich, wurzelecht wie wir!“

 

Dieser Ruf begleitete mich. Er wurde wahr, als der vorige Frühling meinen Einzug in einen Schrebergarten erlebte. Wieder wollte ich mir Erde erobern. Ich packte sie, bahnte neue Wege, säte, pflanzte. Nun erst wurde mir die Fremde wirklich zur Heimat. Auf einem Abhang liegt mein Garten, fast wie ein Weinberg. Er ist nicht leicht zu bearbeiten, denn ich muss viel hinauf- und herabsteigen. Dafür ist aber mein Himmel auch weit und unbegrenzt mit Sonnen- und Mondaufgängen, mit Sternenflimmern auf blauschwarzem Grund. Ich möchte mit keinem tauschen, der wohleingeschachtelt in der Niederung es sich bequem machte.

 

Nach Südosten schweift der Blick. Mein Finger deutet zur Ferne. Dort liegt mein Ostpreußenland. Dort wie hier der Schnee der Obstbaumblüte. Dort wie hier das Reifen in Sonne und Regen und Wind. Dort wie hier die Ernte. Mein Kolonistenblut braust, es ist unverwüstlich.

 

Ich weiß es: in meinen Adern mischt sich pruzzisches, litauisches, masurisches und deutsches Blut. Hatten meine deutschen Ahnen vielleicht einst hier in Niedersachsen gesessen? und hatte mich die Flucht vor zehn Jahren in ihre angestammte Heimat zurückgeführt?

 

Denn das Verstehen mit den Gartennachbarn war ungesucht, ungewollt, wie selbstverständlich. Sie fanden sich zu mir: Der Herr Jessen, der Herr Jensen und der Herr Janssen, der Herr Jürgensen und der Herr Ottsen, der Herr Lorenzen und der Herr Diekmann, der Herr Nielsen und der Herr Swensen, — und mit dem Namen „Hansen“ waren sogar zwei da.

 

Natürlich blieb die Freundschaft nicht auf die Mannsleute beschränkt, schon um der Eifersucht willen. Denn immer wieder durfte ich hören: „Nein, Ihre blitzenden Augen! Ihre Fixigkeit! Sie sind doch höchstens...“ „Halt!“ unterbrach ich, ehe die verhängnisvolle Zahl genannt wurde, „ich zähle 20 Sternenjahre“. Da lachten alle.

 

Das ist die ostpreußische Art, die das Herz schnell auf der Zunge trägt und keine Fremdheit kennt. So zutraulich ist sie.

 

„Viel Glück zum Anfang!“ begrüßte ich den grauhaarigen unbekannten Nachbar. „Das hab' ich noch von keinem Schrebergärtner gehört“, sagte er verblüfft und — dankbar. Nach fünf Minuten brachte er mir einen Eimer hochwertiger Blumenstauden, und wir hockten einträchtig auf den großen beim Umgraben ans Licht gebrachten Findlingsblöcken, daraus ich mir später eine Grotte baute. Der Nachbar sah einer Schar in Keilform dahinziehender Wildgänse nach und sagte sinnend: „Wie ein Flug in die Ewigkeit ist das“. — So hatte sich ein Mensch zu mir gefunden, der seinen Seelenanker in denselben Grund senkte wie ich. Ich sah den schlichten Mann von der Seite an und dachte: „Solche Gedankenwege vermagst du zu gehen?“

 

Und nicht zu stillen war der Wissendurst eines andern Helfers. Beim Graben wollte er in seinen Gesprächen am liebsten mit mir Reisen machen von der Erschaffung der Menschen zur chinesischen Mauer und der Cheopspyramide, über die Völkerwanderung bis zur Hansa und den Borgias, von Shakespeare und Romeo und Julia über Bismarck bis zur Konferenz von Bandung mit Nehru, Nasser und Tschu-En-lai als Mittelpunkt. „Auch einer, der aus dem Dunkel ins Helle will“, dachte ich, stoppte aber den Fragenstrom ab und sagte: „Eigentlich müssten Sie mir jetzt noch zuzahlen, wenn ich das alles beantworte. Besuchen Sie mich mal privat, dann reden wir darüber. Jetzt heißt es: In die Hände gespuckt und geschafft!“

 

Und ich teilte „mein Land“ ein, wie ich es daheim getan, mit Beerensträuchern und Blumen und einem gepflegten Weg in der Mitte, mit Gemüsebeeten zur Seite und hohem Sonnenglanz am Eingang, mit einem lauschigen Winkel unter dem Holderbaum und einem Blumenparadies in der geschützten Ecke.

 

Die gute Nachbarschaft vervielfältigte sich. Blumen und Blumenknollen, Ableger flogen über den Zaun, eine Gartenlaube wurde mir für mein Gartengerät zur Verfügung gestellt, mir der Fremden, ohne die Furcht, ich könnte die nachbarlichen Hühner ihres Eiersegens berauben. Mein Gegenüber, den Herrn Wieder empfing ich beim Wieder sehen mit dem immer wieder belachten: „Guten Tag, Herr Wieder; heißen Sie heute schon wieder „Wieder?“

 

Mein Alter zu erforschen war das Unterhaltungsziel eines rüstigen Sechzigers. Witwer war er, allein, der einzige Sohn war in der Fremde. Den gern gesuchten Gesprächen war der Wunsch nach verständnisvoller Zweisamkeit anzumerken. Humorvoll hätte ich meinen Taufschein zurückdatieren und als rüstige Fünfzigerin auftreten können, um mir die Freude und Spannung einer weißhaarigen Freundschaft zu erhalten. Aber die ehrlichen Augen des Nachbars verlangten Ehrlichkeit. So sagte ich, dass ich älter war als er. — Das hat unsere gute Nachbarschaft nur vertieft. Am nächsten Sonntag spielten wir in seiner Laube Skat ...

 

Meine Gartenfreude steigerte sich. Gedanken- und Meinungsaustausch mit den Menschen, die man die „einfachen“ nennt, rückte das Wesentliche in den Brennpunkt. Es versank die Stadt, die lügnerische Fassade ihre Häuser und Menschen, ihr Lärm, ihr wechselvolles Bild an Freude und Lust, es blieb dahinter die Hast und Unrast. Wahrer Wert bekam Goldglanz. Wenn ich auf einer umgekehrten Kiste inmitten meiner keimenden, sprießenden, blühenden Gartenwelt hockte, dann sprach ich wohl eines meiner Lieblingsgedichte vor mich hin das ich aus dem Englischen übersetzt hatte und das so lautet:

 

„Aufmachen will ich mich und wandern, will wandern nach Innisfree,

und dort eine Hütte mir bauen, aus Lehm und Strauchwerk gefügt.

Neun Bohnenreihen will ich dort haben, für die Bienen Blüten und Haus,

und will allein dort leben, in der Lichtung, von Bienen durchsummt.

Und Frieden werd' ich dort finden, denn Friede senkt nieder sich sacht,

wenn Morgenschleier sich heben und heimlich die Grille zirpt.

Um Mitternacht ist noch ein Schimmern, und mittags ein purpurnes Glühn,

und abends schwirrt träumerisch leise des Hänflings Flügelschlag.

Aufmachen will ich mich und wandern, will wandern nach Innisfree,

wo plätschernd das Wasser vom See her in Wellchen ans Ufer schlägt.

Ich hör' es, wenn sehnend ich stehe im Wegstaub, auf Straßen aus Stein

Ich hör's unter Lärm und Getöse tief drinnen im Herzensgrund“.

 

Nimmt es jemand wunder, dass es urplötzlich nicht die Wasser von Innisfree waren, denen ich lauschte, sondern die Wellen der masurischen Seen?

 

Wenn die Natur um mich her ihr schönstes Festgewand angelegt hatte, wenn das Getier um mich her kroch und krabbelte, zwitscherte, hüpfte und sprang, wenn sich mit dem Lebenslied der Kreatur die nahen und fernen Stimmen der fleißigen, singenden, sich zurufenden Menschen mischten, dann spürte ich das Pulsieren des einen gewaltigen Stroms, der durch die ganze Schöpfung nicht nur der Erde, sondern des Weltalls sich ergießt. Dann wusste ich, was große Männer mit der „Ehrfurcht vor dem Leben“ gemeint haben. Immer stärker gründete ich mich auf den vollendeten

 

Rhythmus, die alles umfassende, alles einschließende Einheit des Lebens.

 

Diese Erkenntnis trug ich hinaus zu einem andern Acker, dem Menschenacker. Auch da wechselt der Frühling mit dem Sommer, dem Herbst, dem Winter. Auch da gilt es Steine, Schutt, Unkraut fortzuräumen. Auch da stieß ich auf gute Nachbarn, treue Helfer.

 

Nun muss ich ein wenig die Decke heben, die auf meinem Wirken in der Vergangenheit liegt. Lehrer bin ich gewesen und werde es bis an mein Ende bleiben; nicht solch einer, der mit erhobenem Finger Mahnungen und Vorschriften erteilt, sondern einer, der wachsen lässt, was gut ist und nur stützt und Hilfe leistet. Studiert habe ich, auch Philosophie, halte es aber mit jenem Professor, der da sagte: „Mein Großvater ist ein Bauer gewesen, und ich möchte, dass mein Enkel wieder ein Bauer wird. Denn wenn alles in der Welt vergeht, der Bauer bleibt“.

 

Gibt es nicht auch geistiges Bauen? Kann ich nicht auch Menschenseelen aufbauen, erbauen?

 

Wie glücklich bin ich, wenn Menschen zu mir kommen, die Trost in Seelennot und Bedrängnis, Rat und Hilfe in den Zwiespältigkeiten des Entschließens nötig haben; ebenso glücklich, wie wenn ich eine Pflanze aus erstickendem Unkraut befreie, das die Entfaltung hemmt.

 

Von einem „Menschenfreund“ in Köln, dessen Name nicht genannt werden soll, berichteten kürzlich Presse und Rundfunk, dass Hilfsbedürftige sich an ihn wenden dürfen in Nöten aller Art. Diese Kunde machte mich froh. Ein Zeichen war sie für mich, dass es auch anderswo Leute gibt, die die Fremdheit und Gleichgültigkeit unter den Menschen überwinden und das Band verstehender Einheit festigen wollen.

 

Mussten deshalb die Erlebnisse der letzten 20 Jahre über die Erde dahinbrausen, damit der Mensch in den Vordergrund gerückt wird und über Klassen, Parteien, Nationen, Religionen hinweg, über die Grenzen der Länder, über die Weiten der Meere Menschen sich finden und zusammenschließen, die — ohne viel Aufhebens davon zu machen — nichts wollen als das „Gute“!

 

Mehrmals im Monat kommen Mitarbeiter zu mir, die wie ich um die Einheit der Menschheit wissen. Gold und Silber haben wir nicht; aber wir geben, was wir haben.

 

Die zu meinem Kreise gehören, haben mit mir den Glauben, dass in den Hilfesuchenden, Kräfte, Fähigkeiten ruhen, die geweckt, entfaltet werden können. Den Verzagten sagen wir: Besinne dich auf das, was du bist, was du kannst und nütze es. Wir helfen, die Gelegenheiten aufzuspüren, wo und wann das möglich ist. Und siehe da! Es sprießt aus meinem Menschenacker der Glaube an die eigene gottgegebene Kraft, da wächst der Mut, da blüht das Hoffen, da reift die rettende Tat.

 

Uns selber aufzubauen, gönnen meine Mitarbeiter und ich sich von Zeit zu Zeit eine Feierstunde, in der wir aus seelenlösender Zwiesprache neue Kräfte schöpfen. Das war letztens so. Da sang der eine Lieder, — kristallklare Musik Mozarts erklang —, der andere sprach Gedichte von der „gelassenen Heiterkeit“ und der „heiteren Gelassenheit“. Wieder andere vereinigten ihre Stimmen zum Zwiegesang, zum Chor. Volkstum aus der alten und der neuen Heimat wurde dargestellt. Und das alles, aus dem Augenblick geboren, erwuchs gleich einem farbenprächtigen Blumengebilde, erklang gleich einer Symphonie von Waldvögeln, in der Harmonie obwaltet, wenn auch jeder das Recht auf den eigenen Ton, die eigene Stimme, den eigenen Sang hat. Ich saß mitten unter den Freunden und dachte:

 

„Das ist erfülltes Leben, Frucht, Ernte“!

 

 

Seite 4   Kulturelle Nachrichten

Ewald Swars 60 Jahre alt

„Das Dorf lag im nördlichsten Zipfel Ostpreußens, im Memelland, dort, wo das Heyskrüger Moor- und Heideland und die Wiesenniederung des Rußstromes ineinandergreifen. So hatte es teil an schwarzer Torferde und grauem Sand, an Kiefernwald und baumlosen Grasflächen, an verschütten Brüchen und an dürrem, mit Heideland und Kaddig (— Wachholder)büschen bewachsenen Hügeln. Niedriges Weiden- und Erlengesträuch umsäumte seine Wege und Gräben und wurde von den schweren und feuchten Westwinden, die sich von der Ostsee und dem Kurischen Haff heranwälzten, und von den trockenen und harten Ostwinden, die aus Russlands grenzenlosen Weiten kamen, überflutet; lange, strenge Winter hielten es umkrallt, und kurze, heiße Sommer überschütteten es mit Glut, Blütenpracht und Wiesenduft; zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, trat der Strom aus seinen Ufern, verwandelte die Niederung in einen See und machte das Dorf zu einer Insel. So war das Leben seiner Bewohner ein ununterbrochener zäher und bitterer Kampf mit Nässe und Dürre, mit Sand und Sumpf, mit Sturm und Flut, und ihre Hände wurden hart und fest und ihre Herzen herb und verschlossen“.

 

Mit diesem Bildnis seiner ostpreußischen Heimat beginnt der Roman „Jonuschats Weg in die Einsamkeit“ von dem Memelländer Ewald Swars, der am 9. August 1955, 60 Jahre alt wird. In Ruboken im ehemaligen Kreise Heydekrug wurde er geboren. Düsterkeit und Schwermut lagern über seinen Erzählungen. Wenn das Glück einmal kommt, so scheint es durch das Schlüsselloch und macht die Stube dennoch hell. Auch sein zweiter Roman „Das Dorf am Meer“ wandelt auf dunklen Wegen. Aber auch er spricht durch tüchtige Zeichnung der Charaktere und der Landschaft und durch trefflich abgetönte Stimmungen an. Swars erinnert an die Kunst Alfred Brusts, des früh verstorbenen, zu den stärksten Hoffnungen berechtigten Erzählers. Aus Ostpreußen vertrieben, lebt jetzt Swars als Lehrer in Groß-Berken bei Hameln an der Weser. Paul Wittko

 

 

Ostdeutscher Kulturrat

Das Präsidium des Ostdeutschen Kulturrates und Vertreter des Nordostdeutschen Kulturwerkes, des Kulturwerkes Schlesien, des Sudetendeutschen Adalbert-Stifter-Vereins und des Südostdeutschen Kulturwerkes führten Besprechungen im Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. Staatssekretär Dr. Nahm begrüßte den neuen Präsidenten des Ostdeutschen Kulturrates, den Bundestagsabgeordneten Dr. Graf Henckel von Donnersmarck als Nachfolger des verstorbenen Staatssekretärs a. D. von Bismarck. Anschließend wurden die kulturellen und kulturpolitischen Aufgaben erörtert, die sich im zehnten Jahr nach der Vertreibung und angesichts der besonderen Aktualität aller Ostfragen ergeben. Die Vertreter des Kulturrates und der Kulturwerke berichteten über die Tätigkeit und über ihre Zusammenarbeit.

 

Sie teilten unter anderem mit, dass die Ostdeutschen Kulturtage in diesem Jahr in Nürnberg abgehalten werden. Ihren Höhepunkt wird ein sich an die geistigen Spitzen des In- und Auslandes wendender Festakt im Feierraum des Germanischen Nationalmuseums am Sonntag, den 30. Oktober, bilden.

 

 

Mollenhauer stellt aus

Die Stadt Goslar zeigt in ihrem Museum zusammen mit der Künstlergilde eine große Kollektivausstellung des ostpreußischen Malers Ernst Mollenhauer (Düsseldorf) und des pommerschen Bildhauers Kurt Schwerdtfeger (Alfeld Leine). Die Ausstellung ist bis 14. August geöffnet.

 

 

Ostkundliche Tagung Die auf Initiative des Verbandes der Landsmannschaften ins Leben gerufene Bundesarbeitsgemeinschaft für deutsche Ostkunde im Unterricht veranstaltete am 30. und 31. Juli in Königswinter eine Arbeitstagung. Die Bundesarbeitsgemeinschaft, in der die Landsmannschaften, der Ostdeutsche Kulturrat, die regionalen Kulturwerke der Vertriebenen, Lehrerverbände und zahlreiche andere Organisationen zusammengeschlossen sind, stellt gewissermaßen die auf die Breitenwirkung bedachte Parallelorganisation zum Fachausschuss für Forschung, Unterricht und Erziehung des Ostdeutschen Kulturrates dar.

 

 

Die Volkshochschule Bremen hat angekündigt, dass im Mittelpunkt ihrer Arbeit, vor allem der politischen Vorträge und Seminare, die Probleme Ostdeutschlands und Osteuropas im kommenden Wintersemester stehen werden. Unter den angekündigten Vortragenden sind Ostexperten aus dem Kreis der Landsmannschaften oder der mit diesen zusammenarbeitenden Einrichtungen erstaunlicherweise nicht genannt.  

 

 

Nach einer amtlichen Aufstellung sind 216 Hochschullehrer als Vertriebene aus dem deutschen Osten und des übrigen Auslandes oder als Zonenflüchtlinge noch nicht wieder an einer Hochschule der Bundesrepublik untergekommen.

 

 

Seite 4   Vom Heimweh der Seele

Sehr bewegt und zum Nachdenken gezwungen hat mich die Erzählung von einem jungen Mädchen, das so stark an Heimweh litt, dass Angehörige und Ärzte ratlos dieser Seelenkrankheit gegenüberstanden. Wir alle, die wir Heimatvertriebene sind, kennen diese Sehnsucht nach der verlorenen Heimat. Wir fragen uns oft in stillen Stunden, woher kommt dieses Sehnen, diese Unruhe des Herzens? Hören wir im Frühjahr den Amselschlag oder im Herbst beobachten wir den Vogelflug, stellt sich sofort eine seelische Verbindung nach der Heimat ein. Die Seele ist der göttliche Funke in uns, den wir nie ergründen werden. Aber, wenn wir tief darüber nachdenken, fühlen wir, dass die Seele sich loslöst vom Körperlichen und sich hinschwingt in das Land unserer Sehnsucht und ... dann sind wir zuhause.

 

Wir gehen dieselben Wege, die wir so oft daheim gegangen sind, wir sprechen mit Freunden aus der Heimat, wir hören genau ihre Stimmen. Wir blicken über die Weite unserer Felder und beobachten das jubilierende Aufsteigen der Lerchen und finden den seelischen Kontakt mit Agnes Miegels Heimwehgedicht „und meiner Heimat Kinder verstehen, was die erste Lerche singt“.

 

Wie werden wir nun, mit dieser Seelenkrankheit fertig, wie überwinden wir, die große Sehnsucht? Indem wir aus dem klaren Quell unseres Innenlebens freudig unsere Seele schwingen lassen, sie nicht durch traurige Gedanken flatterhaft und unruhig werden lassen, sondern im Einklang mit uns selber, unserer Seele die Freiheit geben!

 

Aus dieser „inneren Besinnung“ heraus quillt immer wieder die Kraft zu freudigem Leben. Damit käme uns dann die Erfüllung und der Weg zur Traurigkeit wäre überwunden:

„denn meine Seele spannte

weit ihre Flügel aus.

Flog durch die stillen Lande

als flöge sie --- nachhaus“. Eva Fritschken

 

 

Seite 5   Gegen Scheinwahlen in der Landsmannschaft

Unter der Überschrift: „So haben wir uns das nicht vorgestellt – Die Memelländer sollen Statisten im Theater einer Scheinwahl sein!“ kritisiert in einem Artikel das „Memeler Dampfboot“ die in diesen Monaten in der Landsmannschaft Ostpreußen stattfindenden Wahlen durch welche die bisher kommissarisch eingesetzten Kreisvertreter ihre demokratische Legitimation erhalten sollen. In dem Artikel des „Memeler Dampfbootes“ werden die Auswirkungen dieser Wahlen in erster Linie auf die Organisation der Memelländer untersucht. Wir meinen, dass die angeschnittenen Probleme auch auf andere ostpreußischen Kreise zu beziehen sind, und umso mehr von Bedeutung sind, da die Kreisvertreter doch nachher den Gesamtvorstand der Landsmannschaft Ostpreußen wählen. Es ist nunmehr an der Zeit, dass endlich demokratische Wahlen in der Landsmannschaft durchgeführt werden. Oder soll es bei der Methode weiterhin bleiben: „Wählst du mich, wähl ich dich“! Wir halten den Artikel des „Memeler Dampfbootes“ für so wichtig, dass wir ihn auch unseren Lesern nachstehend zur Kenntnis bringen:

 

„Die Organisation der memelländischen Arbeitsgemeinschaft weicht von der der Landsmannschaft Ostpreußen in gewissen Punkten entscheidend ab; sie bestand ja schon zu einem Zeitpunkt, als die LO noch im Werden war.

 

Hauptträger der memelländischen Organisation sind die Memellandgruppen der Bundesrepublik. Jede dieser Gruppen wählt aus ihren Reihen einen Vertreter, der in den Vertretertag der AdM entsandt wird. Der Vertretertag wählt aus seinen Reihen den Vorstand. Damit war bei uns von Anbeginn ein demokratischer Aufbau vorhanden, der durch die jährlich wiederkehrenden Wahlen in den Gruppen, durch die Neuwahlen der Mitglieder des Vertretertages und die jährliche Vorstandswahl unter Beweis gestellt wurde und sich bewährt hat.

 

Die Landsmannschaft Ostpreußen ging einen anderen Weg. Hier wurden von oben her Kreisvertreter bestimmt, für jeden ostpreußischen Kreis einer. Diese Kreisvertreter suchten sich ihrerseits für die Gemeinden ihrer Kreise Vertrauensleute, die zusammen den Kreistag bildeten. Die LO schlug also organisatorisch den umgekehrten Weg wie die Memelländer ein. Sie bemüht sich, in diesen Monaten durch die Wahlen der Bezirksvertrauensleute und der Kreisvertreter einen Fehler zu korrigieren, der aus den Umständen bei der Gründung der LO heraus verständlich und entschuldbar ist.

 

Ein anderer grundlegender Unterschied in Aufbau und Arbeit der beiden Organisationen liegt darin, dass bei der LO die Kreisvertreter eine Fülle wichtiger Aufgaben besitzen: Sie führen die Kreiskartei und den Suchdienst, sie führen Heimattreffen der Kreisinsassen durch, sie geben Kreiszeitungen wie die „Heimatbrücke“, die „Treuburger Zeitung“ oder den „Insterburger Brief“ heraus, sie halten den Kontakt mit den Patenstädten.

 

In unserer memelländischen Organisation werden diese Aufgaben zum größten Teil von der Arbeitsgemeinschaft der Memelländer wahrgenommen. Der Stein des Artstoßes in unserer Organisation ist, dass wir auf Grund einer Abmachung mit der LO jedes Jahr in unseren vom Vertretertag gewählten Vorstand die vier von der LO ernannten Kreisvertreter für die vier Kreise des Memellandes ohne Diskussion und Wahl aufnehmen müssen.

 

Der Vorsitzende der AdM hat demnach in seinem Vorstand auf der einen Seite vier auf demokratische Weise aus den Memellandgruppen und aus dem Vertretertag gewählte Mitglieder. Und er hat auf der anderen Seite vier von der Landsmannschaft delegierte Männer, die keinem Memelländer Rechenschaft abzulegen haben über die Arbeit oder Nichtarbeit.

 

Es soll dies keine Kritik an den jetzigen vier Kreisvertretern sein — es ist eine Kritik an dem bestehenden Organisationsplan. Es geht erstens darum, dass die ursprünglichen Aufgaben der Kreisvertreter für die vier Kreise des Memellandes durch die AdM erfüllt werden. Und es geht zweitens darum, dass wir trotz dieser Tatsache vier Kreisvertreter — sie mögen gut oder schlecht sein — eo ipso in unseren Vorstand haben, ob sie das Vertrauen der Memelländer besitzen oder nicht.

 

Gegen die vier memelländischen Kreisvertreter richtete sich in den letzten Monaten eine immer unüberhörbarer werdende Kritik. Man warf ihnen Untätigkeit vor und bemängelte, dass sie — die durch die Arbeit der AdM doch von all den Aufgaben entlastet wären, die andere ostpreußische Kreisvertreter zu erfüllen hätten —- ihre Energie nicht auf die Vertretung memelländischer Interessen in der LO richteten. Diese Kritik, die ihren Niederschlag zum Teil auch im „Memeler Dampfboot" fand, gipfelte in der Forderung nach Neuwahlen der Kreisvertreter, wobei hervorgehoben wurde, dass die organisatorische Erfassung der Memelländer endlich die Durchführung demokratischer Wahlen erlaube.

 

Die Prozedur dieser Wahlen soll nun im September anlaufen. Die Initiative dazu kam von der Landsmannschaft Ostpreußen, die für ihre Kreise Mustersatzungen und eine Wahlordnung entworfen hat. Der Wahlvorgang soll sich auf dem Papier wie folgt abspielen: Der jetzige Kreisvertreter ruft die Insassen seines Kreises, die in Westdeutschland wohnen, zu einem Kreistreffen zusammen. Dort liest er ihnen die Entwürfe von Kreissatzung und Wahlordnung vor und lässt diese durch Wahl annehmen. Dann fahren alle wieder nach Hause. In der Heimatpresse erscheint ein Aufruf, Kandidaten für die einzelnen Amtsbezirke oder Kirchspiele zu benennen. Wer einen Kandidaten für seine Heimatgemeinde vorschlagen will, muss die schriftliche Bestätigung des Kandidaten einholen und beilegen, dass er eine evtl. Wahl annehmen würde. Diese Vorschläge werden wieder in der Heimatpresse veröffentlicht, und die Kreisinsassen können durch Postkarte mit voller Absenderangabe für ihren Kandidaten stimmen. Die für jeden Amtsbezirk Gewählten fahren dann — auf wessen Kosten, besagt die Wahlordnung nicht — wieder an einem Ort zusammen. Sie bilden dort den Kreistag und wählen aus ihren Reihen den als Kreisvertreter bezeichneten Landrat und den Kreisausschuss.

 

Das sieht auf dem Papier recht demokratisch aus, doch ließen wir uns von einem Kreisvertreter sagen, dass man in den Reihen der ostpreußischen Kreisvertreter diese Wahl als ein besseres Theater betrachte. Der Andrang zu unbezahlten Ehrenämtern nur die Kreisvertreter erhalten von der Landsmannschaft eine Aufwandsentschädigung von 200 DM monatlich — ist klein. Das Interesse der Landsleute an dieser Wahl ist noch kleiner. Man rechnet damit, dass von den Kreisinsassen kaum Vorschläge für die Wahl der Bezirksvertrauensleute eingehen werden. Daher ist in der Wahlordnung ein Passus vorgesehen, dass der jetzige Kreisvertreter geeignete Männer vorschlagen kann. Diese Männer gelten schon mit einer Stimme als gewählt. Wenn keine Gegenvorschläge vorliegen, kann sich also jeder Bezirksvertrauensmann selber wählen. Selbst wenn neue Leute gewählt werden würden — wer von ihnen würde 20 oder 50 Mark Fahrgeld ausgeben, um eine Kreistagssitzung zu besuchen? So läuft das ganze Manöver auf die Bestätigung der jetzt amtierenden Kreisvertreter hinaus.

 

Soll man daran Anstoß nehmen? Wenn wir von unseren vier Kreisen zunächst einmal absehen, eigentlich nicht. Ein tüchtiger Kreisvertreter — wir denken z. B. an den kürzlich verstorbenen Czygan aus Treuburg — hat in den letzten Jahren viel geleistet. Er baute seine Heimatzeitung auf, schuf die Kartei, führte Treffen durch, fand eine Patenstadt und knüpfte mit ihr enge Beziehungen. Warum sollte ein so verdienstvoller Mann über den Zufällen einer Wahl stolpern, die er im Übrigen auch gar nicht zu scheuen brauchte, wenn sie weniger kompliziert wäre.

 

Anders liegt es aber doch bei uns Memelländern. Wir haben ja unsere von unten her gebaute Organisation. Wir haben unsere jährlichen Wahlen. Warum will man uns nun um jeden Preis in eine Form pressen, die keinen Sinn hat? Warum sollen nun neben den Gruppen, neben dem Vertretertag und dem Vorstand noch vier Kreistage samt vier Kreisausschüssen und vier Kreisvertretern entstehen? Wir wissen schon heute, dass es niemals bei uns Kreistreffen geben wird. Es wird bei uns keine Kreistagssitzungen geben. Der Kreisausschuss wird nie zusammentreten. Und trotzdem sollen diese Wahlen durchgeführt werden!

 

Die Kreissatzungen und die Wahlordnung mögen für andere ostpreußische Kreise ihre Berechtigung haben. In unserer Organisation sind sie fehl am Platze. Wir pfeifen auf das Theater einer Scheinwahl, in der wir nur Statisten sein dürfen. Wenn schon Wahlen sein sollen, dann müssen sie auch wirklich geheim sein und sich den Gegebenheiten unserer Organisation anpassen. Sollten die Wahlen wirklich so durchgeführt werden, wie sie sich unsere augenblicklichen Kreisvertreter vorstellen, dann muss man allen Landsleuten raten, Wahlenthaltung zu üben.

 

Gibt es eine andere Möglichkeit, die Kreisvertreter zu wählen? Ja, besteht überhaupt die Notwendigkeit, Kreisvertreter in unserem Vorstand zu haben? Beide Fragen kann ich bejahen. Wir verzichten auf die Wahl der Bezirksvertrauensmänner und damit auf Kreistage und Kreisrate. Wir wählen die Kreisvertreter in Urwahl durch die Kreisinsassen. Das ist ein einfacher Vorgang, zu dem es keiner besonderen Kreistreffen bedarf. Die AdM ruft zur Namhaftmachung von Kandidaten für die vier Kreise auf. Diese Kandidaten werden in der Heimatpresse veröffentlicht; sie dürfen auch selbst mit einem Programm, einem Arbeitsplan, mit ihrem Lebenslauf und Nachweisen ihrer bisherigen Heimattätigkeit zu Worte kommen. Die Wahl findet als geheime Zettelwahl in den Memellandgruppen der Bundesrepublik statt, wobei die Pogegener nur über ihre Kandidaten, die Heydekruger usw. nur über ihre Kandidaten abstimmen dürfen. Die AdM hält darüber hinaus Stimmzettel für diejenigen Landsleute bereit, die keiner Gruppe angehören und trotzdem an der Wahl teilnehmen möchten. Die Wähler fordern die Stimmzettel in Oldenburg an, wo man an Hand der Kartei ihre Wahlberechtigung prüfen kann. Sie schicken dann die ausgefüllten Stimmzettel ohne Absenderangabe nach Oldenburg, wohin auch die Ergebnisse der Gruppen gehen. So hätten wir in Monatsfrist in echter, demokratischer, geheimer Wahl unsere Kreisvertreter.

 

Die Kreisvertreter sind notwendig. Sie sind auch bei uns notwendig, allerdings aus anderen Gründen als bei den übrigen ostpreußischen Kreisen. Die Kreisvertreter haben ja Sitz und Stimme in der Bundesversammlung der Landsmannschaft Ostpreußen. Einer der Kreisvertreter des Memellandes ist sogar Mitglied des Bundesvorstandes der Landsmannschaft. Es liegt also in den Händen der vier memelländischen Kreisvertreter, in welchem Maß die LO den Kampf der Memelländer um ihr Heimatrecht unterstützt, mit welcher Lautstärke der Kampf gegen die Grenzen von 1937 geführt und mit welchem Eifer fremde Ansprüche auf das Memelland abgewiesen werden. Wenn die AdM unseren Kreisvertretern wichtige Aufgaben nahm, die sie auch in Zukunft ihnen abzutreten nicht gewillt ist — sie überließ ihnen eine weite Brache zum Umpflügen. Ich glaube, man sollte die Auswahl der Kandidaten für die vier Kreisvertreterposten gerade im Hinblick auf diese Aufgabe treffen.

 

 

Seite 5   So macht es Gerdauen! Ein Beispiel zur Wahl der Kreisvertreter

Da auch für die vier Kreise des Memellandes die Wahl der Kreisvertreter herannaht, haben wir uns umgeschaut, wie es andere ostpreußische Kreise anstellen. Unsere Quelle ist dabei das Organ der Landsmannschaft. Da wird das mit der Wahl so gemacht. Es werden die 13 Kirchspiele des Kreises Gerdauen veröffentlicht. Zu jedem Kirchspiel schlägt ein von oben her bestellter Wahlausschuss, dem auch der bisherige Kreisvertreter angehört, einen Vertrauensmann vor. Dann heißt es wörtlich: „Die vorgeschlagenen Landsleute haben sich bereit erklärt, die Wahl anzunehmen. Weitere Vorschläge können dem Unterzeichneten (Kreisvertreter) bis 15. Juli zugeleitet werden. Erfolgen weitere Vorschläge nicht, gelten die vom Wahlausschuss vorgeschlagenen Landsleute als gewählt“.

 

Da die Möglichkeit weiterer Vorschläge wenigstens angedeutet ist, handelt es sich um eine demokratische Wahl. Darüber ist kein Zweifel. Aber dass es keine echte Wahl ist, sondern nur ein nach Demokratie aussehendes Taschenspielerstückchen, ist jedem, der tiefer nachdenkt, auch klar. Es ist ein Trick, bei dem man mit der Trägheit der Massen rechnet. Es ist der gleiche Trick, mit dem man eine Versammlung blufft, indem man bei einer Abstimmung sagt: „Wer dagegen ist erhebe die Hand. Der Antrag ist angenommen!“

 

Eine wirkliche Wahl bemüht sich darum, dass jeder Kreisinsasse nach Möglichkeit seine Stimme abgibt, sich entscheidet für den nach seiner Meinung besten Kandidaten. Solch eine Wahl wünschen wir uns für unsere vier memelländischen Kreisvertreter! Wir verlangen, dass jeder Kreisinsasse im Rahmen der Memellandgruppen Gelegenheit erhält, zwischen mehreren Kandidaten den besten Vertreter seines Kreises zu wählen. Den Memelländern, die keiner Gruppe angehören, muss die Möglichkeit geschaffen werden, durch Stimmzettel brieflich und geheim ihren Kandidaten zu wählen.

 

Wenn eine Wahl durchgeführt werden soll, dann muss es eine richtige Wahl sein. Andernfalls erspare man uns das Theater, das unsere Arbeit nur in Misskredit bei (den Landsleuten bringen kann. Gerdauen kann für uns nur ein Beispiel im negativen Sinne sein. Wir verzichten auf Nachahmung!“

 

 

Seite 5   Aus unseren Heimatkirchen

Von dem Archiv der Lübecker Marienkirche wird in Zusammenarbeit mit den Landsmannschaften und den Heimatauskunftsstellen die Zusammenstellung eines Grabsteinbuches erwogen, das später in der Gedenkkapelle der Kirche ausgelegt werden soll. Das Buch soll dem Andenken an Verstorbene dienen, deren Gräber jenseits der Oder-Neiße-Linie liegen oder im Osten sonst nicht zugänglich sind.

 

 

Von der Landeskirche Schleswig-Holstein ist die Errichtung eines ostdeutschen Kirchenarchivs geplant, das Fotokopien der Kirchenbücher sowie der kirchlichen Bescheinigungen aus den deutschen Ostgebieten sammeln soll.

 

 

Der Kirchendienst Ost kann in diesem Monat auf ein zehnjähriges Bestehen zurückblicken. Die Organisation, die zunächst unter der Leitung von Direktor Dr. Lic. Richard Kammel und der Geschäftsführerin Frau Dr. Ilse Rhode stand, hat in mühevoller Arbeit die kirchliche Versorgung der evangelischen Gemeinden und Gemeindemitglieder jenseits von Oder und Neiße durchführen können. Seit drei Jahren hat Prof. Dr. Harald Kruska die Leitung des Instituts übernommen.

 

 

In ihrer Patenstadt Bochum trafen sich am 30./31. Juli über 2000 Neidenburger. Als Symbol der Zusammengehörigkeit wurde der heimatvertriebenen Jugend von der ältesten Traditionsgemeinschaft eine Stahlglocke überreicht, die immer mahnen solle, dass die ostpreußische Heimat — wenn sie zurzeit auch unerreichbar sei — nicht verloren wäre.

 

 

Seite 5   Kulturnotizen

Im Jahresbericht des Landesverbandes vertriebener Deutscher Vereinigte Landsmannschaften in Schleswig-Holstein heißt es bei der Behandlung kultureller Fragen u. a., das Interesse des Kultusministeriums des Landes an dem Unterricht „Ostdeutscher Raum“ sei im Schwinden begriffen. Dagegen habe die Kulturarbeit der Vertriebenen durch das Kieler Sozialministerium gute Förderung erfahren.

 

 

Der Verein deutscher Studenten zu Marburg (Lahn), in welchem sich seit Kriegsende die Tradition des Königsberger VDSt fortsetzt, gedachte in einer Feierstunde vor Mitgliedern und geladenen Gästen der Gründung Königsbergs vor 700 Jahren und der Gründung des VDSt zu Königsberg vor 70 Jahren an der Albertina. Die Festansprache hielt Legationsrat a. D. von der Dekken.

 

 

Nach einem Erlass des hessischen Ministers für Erziehung und Volksbildung sind das Gebiet der sowjetischen Besatzungszone, die deutschen Ostgebiete unter fremder Verwaltung und das Saargebiet künftig im Geschichts- und Erdkundeunterricht ebenso eingehend zu behandeln wie das Gebiet der Bundesrepublik.

 

 

Für den vom Göttinger Arbeitskreis ausgeschriebenen Erzählerwettbewerb, dessen Einsendeschluss auf den 30. Juni festgesetzt war, sind insgesamt 864 Beiträge eingegangen. Über die Preisverteilung — es gelangen drei Preise in Höhe von 500, 300 und 200 DM zur Verteilung — wird das vom Vorstand des Göttinger Arbeitskreises berufene Preisrichterkollegium bis zum 31. August entscheiden, sofern nicht infolge der großen Zahl von Einsendungen eine kurze Verlängerung dieser Frist erforderlich wird.

 

 

Seite 5   Heinrich Ilgenstein

der scharfzüngige und schneidige Publizist und gewandte Bühnenschriftsteller, wurde vor 80 Jahren, am 5. Juni 1875, in Memel geboren. Sohn eines Kaufmannes, besuchte er das Memeler Gymnasium. Der frühe Tod des Vaters versetzte die Familie in Erschütterung und Bestürzung. Sie sah sich unerwarteter Weise völlig verarmt. Die Mutter siedelte mit den Ihren nach Berlin über, wo sie sich besser durchzusetzen hoffte als in der Heimat. Heinrich wusste für sich und die Seinen mannigfachen Erwerb zu verschaffen, ohne seine wissenschaftliche Weiterbildung zu vernachlässigen. Er bestand als Extraneus das Maturum und studierte in Berlin neuere Sprachen und Literaturen. In Tübingen promovierte er 1901 zum Dr. phil. und widmete sich dann der Tagesschriftstellerei. Seine ersten größeren schriftstellerischen Versuche, literargeschichtliche und literarkritische Abhandlungen und um dichterische Wirkung bemühte Dramen, fanden nur geringe Beachtung, umso größere aber seine politischen Streitschriften („Deutsches Volk, wahre deine heiligsten Güter“ und „Der Preußenspiegel“). 1906 gründete er mit dem bekannten Bremer Sozialethiker Pastor Albert Kalkhoff „Das Blaubuch, eine Wochenschrift für öffentliches Leben, Literatur und Kunst“. Kalkhoff starb jedoch noch in demselben Jahre, und an seine Stelle trat als Mitherausgeber Hermann Kienzl. Ilgenstein braute manches beißende und beizende satirische Tränklein darin und bekämpfte, parteipolitisch ungebunden, mit rücksichtsloser Bissigkeit die polizeistaatliche Volksbevormundung, die zopfige preußische Geheimratsmaschinerie, das verknöcherte Staatshämorrhoidariat. Am grünen Tisch sah man daher „das Blaubuch“ nebst seinem borstigen und kantigen politischen Herausgeber recht missgünstig, ja ingrimmig an und verwünschte ihn zu allen Teufeln. Ilgenstein sah sich fortwährend in zermürbende Pressprozesse verwickelt. Nur ein fünf- oder sechsjähriges Lebensalter war seinem „Blaubuch“ beschieden. Später wurde er Herausgeber der „Gegenwart“.

 

Am meisten bekannt wurde Ilgenstein mit seinen heiteren Bühnenstücken, in denen er zunächst mit übertreibender grollender Bosheit von seinen unliebsamen Erlebnissen mit Gerichten und sonstigen Behörden sich zu befreien trachtete. Ilgensteins sprachliche Sorgfalt und Zugespitztheit wuchs von Werk zu Werk. „Liebfrauenmilch“, sein letztes Bühnen-Stückchen, ist ihm formal wohl am besten gelungen. Schon sein Roman „Die beiden Hartungs“ aus dem Jahre 1909, der binnen kurzer Zeit mehrere Auflagen erlebte, hinterließ das Gefühl, dass Ilgestein das Zeug zum Satiriker größeren Formats besaß. Doch die Unrast literarischer Tagelöhnerei brachte ihn leider nicht zur vollen Entfaltung seiner großen Gaben. In Tessin ist er vor einigen Jahren gestorben. Paul Wittko.

 

 

Seite 5   In diesen Tagen photographiert: Ostpreußen, Danzig, Schlesien und Pommern

Joachim Steinmayr, Mitarbeiter der Münchener Illustrierten, ist soeben von einer dreiwöchigen Reise durch die deutschen Ostgebiete, die heute unter polnischer Verwaltung stehen, zurückgekehrt. Er durfte — als erster westdeutscher Journalist — seine Reiseroute selbst festlegen, fotografieren so viel er wollte und mit prominenten und einfachen Leuten sprechen, auch mit den dort noch wohnenden Deutschen. Sein Weg führte ihn u. a. über Kattowitz, Beuthen, Gleiwitz, Ratibor, Hirschberg, Breslau, Liegnitz, Posen, Stargard, Stettin, Swinemünde, Kolberg, Zoppot, Danzig, Elbing, Allenstein, Sensburg, Rastenburg und das ehemalige Führerhauptquartier Wolfsschanze. In nächster Zeit wird die Münchner Illustrierte in großen Fortsetzungsberichten bringen worauf Millionen Vertriebene warten: Bilder der Heimat.

 

 

Seite 6   Die Ostgebiete des Deutschen Reiches.

Die Ostgebiete des Deutschen Reiches. Ein Taschenbuch. Im Auftrage des Johann Gottfried Herder-Forschungsrates herausgegeben von Gotthold Rhode. Holzner-Verlag, Würzburg 1955, 288 S.

 

Wer zum Konzept einer zukünftigen gesamtdeutschen Staatlichkeit vordringen will, ist gehalten, sich an Voraussetzungen zu orientieren, die auch dann noch einen Maßstab für die Größe der gestellten Aufgabe bilden, wenn sie nur in einem Teilbereich gültig sind. Unter den „Ostgebieten“ werden, hier die völkerrechtlich noch heute zu Deutschland gehörenden Teile des Deutschen Reiches verstanden. Sie sind im Osten durch die Grenzen von 1937, im Westen durch die Verwaltungsgrenze der Oder-Neiße-Linie begrenzt. Die Anlage des Buches ist damit staatspolitisch bezogen und im Wesentlichen aus der nationalen und nur übernational lösbaren Problematik der übrigen ostdeutschen Gebiete herausgenommen. Für alle historisch und geistesgeschichtlich entwickelnden Abschnitte dieses Werkes war ein solcher die nationalstaatlichen Rechtsansprüche dokumentierender Rahmen nicht anwendbar, da er im Verhältnis zur Gesamtgeschichte Ostdeutschlands nur einen minimen historischen Ausschnitt darstellt. Man wählte also die einzig greifbare völkerrechtliche Ausgangsposition eigenstaatlicher, gesamtdeutscher Existenz, wobei man „allenfalls die Freie Stadt Danzig und das Memelgebiet“ in den politischen Darstellungsraum einbezog.

 

Auf die politische und bevölkerungsmäßige Umwandlung in diesem Raum seit 1945 und der Vertreibung wurde mit dem Hinweis auf eine in Vorbereitung befindliche Publikation zu diesem Thema seitens des Herder-Instituts verzichtet. Nur, im Bereich der Wirtschaft hielt man es für nötig, diese Selbstbeschränkung zu durchbrechen und dem Strukturwandel Rechnung zu tragen.

 

Was die Art der Darstellung anlangt, ging man offensichtlich von der Einsicht aus, dass die beste leserpsychologische Wirkung durch eine in den Fluss essayistischen Stils eingebettete Materialsammlung erreicht würde. Dieser Synthese entsprach man durch die Bezeichnung des Sammelwerkes als eines „Taschenbuches“, an dem viele hervorragende ostdeutsche Wissenschaftler mitgearbeitet haben. Stoffliche Kürzungen waren zum Zwecke der Zusammenfassung und Abrundung des Werkes unvermeidlich. Der Herausgeber fordert darum auch den Leser auf, „Mängel und Irrtümer“ zu berichtigen, „damit sie in künftigen Auflagen vermieden werden“. Es scheint uns in Anbetracht der Tatsache, dass ein solches Taschenbuch seinem Wesen nach gar nicht erschöpfend sein kann, jedoch förderlicher, vielmehr auf eine Fülle von Anregungen hinzuweisen, die sich aus der aufmerksamen Lektüre des Werkes von selbst ergeben. —

 

Einen sehr knappen, klar durchgezeichneten Abriss der natürlichen Grundlagen der ostdeutschen Provinzen bietet Herbert Schlenger in seinem Beitrag, einer instruktiven Anleitung zum Lesen der dem Buch im Anhang beigegebenen 19 Karten. Diese sind schwarzweiß gehalten und sehr sauber gearbeitet, dankenswert übersichtlich ausgestattet durch einige den meisten schwerer zugängliche Statistiken aus dem Geographischen Taschenbuch über Klimaverhältnisse in Ostdeutschland, Talsperren, Heilbäder und Kurorte. In solcher optischer Zusammenfassung wird das Ostdeutschland-Handbuch ergänzt.

 

Wolfgang La Baume skizziert in prägnanter Kürze „Ostdeutschland im Altertum“, den frühgeschichtlichen Kulturboden des Darstellungsraumes im kontinentalen Zusammenhang.

 

Den „Gang der deutschen Besiedlung“ behandelt Walter Kuhn. In guter Gliederung rührt er die Epochen der Kolonisation vor und verbindet die chronologische Darstellung mit anschaulichen Exkursen über die Grundformen mittelalterlicher Siedlung, Rechtsinstitutionen, soziologische und ökonomische Entwicklung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. „Die Bevölkerung der östlichen Provinzen des Preußischen Staates von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Jahre 1939“ wird von Erich Keyser untersucht. Nach einer exakten historischen Übersicht bringt er eine statistisch neu erarbeitete soziologische Analyse, die in verdienstlicher Weise eine Lücke in unserer Bevölkerungskunde schließt.

 

Die vorangegangenen, gründlicher Einführung in die Probleme dienenden Kapitel haben die Grundlage geschaffen, auf der erst eine kritische Sicht auf die „Staatliche Entwicklung und Grenzziehungen“ möglich wird. Mit seiner Themenstellung legt sich Gotthold Rhode, der Verfasser dieses Abschnitts, bewusst auf eine geraffte Darstellung der historischen Machtzusammenhänge in diesem Räume fest, wobei er die bereits behandelten bevölkerungs- und sozialgeschichtlichen Elemente aufgreift und geistesgeschichtliche Einflüsse berücksichtigt, soweit sie für die Bildung der Machtverhältnisse von Bedeutung gewesen sind. Der Rahmen des Buches und das historische Gewicht des Komplexes zwingen den Verfasser zu einer besonderen Betonung des Deutch-polnischen Geschichtsproblems. Dass in diesem Abschnitt die staatliche Entwicklung im 20. Jahrhundert viel detaillierter behandelt wird als die vorhergehenden Epochen, stimmt durchaus mit der Einsicht überein, dass in der gesamten Problematik der Machtbereiche und Grenzziehungen die Belege der Vor- oder gar der Frühgeschichte, die noch 1919 in der europäischen Politik eine mitentscheidende Rolle spielten, heute zu Gunsten zeitgeschichtlich aktueller Argumente zurückgetreten sind.

 

Rhode ist bemüht, weder die apologetische Linie des deutschen Ostgeschichtsbildes der jüngsten Vergangenheit zu verfolgten, noch gegenwärtige ideologische Pendelausschläge mitzumachen und heutige Denkweisen in die Geschichte zu übertragen. Die Wendung, dass Hermann von Salza „von vornherein dem Kreuzzugsunternehmen einen europäischen Rahmen“ gegeben habe, als eine solche unzulässige Übertragung eines Zeitterminus zu kritisieren, wäre vielleicht allzu pedantisch. Die richtige Feststellung, dass Danzig im zweiten Thorner Frieden von 1466 „nicht unmittelbar an den polnischen Staat angeschlossen, sondern in Personalunion mit der Krone Polens verbunden“ wurde, hätte in dem von Rudolf Urban bearbeiteten und mit wichtigen neueren Daten aus polnischen Quellen versehenen Anhang „Ostdeutsche Städte“ beachtet werden sollen. Diese leichte, aber nicht belanglose Ungenauigkeit kann zu einer Unterschätzung der Stellung Danzigs als einer Freien Stadt führen. Dieser Status ist für die historische Perspektive wichtig, war er doch bis 1939 völkerrechtlich anerkannt und von einem internationalen Interesse, das sich auf den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verhängnisvoll auswirkte. Diese Tatsache wird in den Angaben der ostdeutschen Städteliste nicht erwähnt (S. 260).

 

Gegenüber der sowjetischen Ideologie und ihrer pro-slawischen Geschichts„korrektur“ wäre eine stärkere Herausarbeitung der historischen russisch - polnischen Hegemonialtendenzen und damit des polnisch-russischen Antagonismus gegenüber dem polnisch-deutschen gerade im Hinblick auf die von Rhode angestrebte Berichtigung falscher Geschichtsbilder wünschenswert gewesen. Dies umso mehr, als der Verfasser mehrfach — schon für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg — die mangelnde Aufmerksamkeit der deutschen Öffentlichkeit gegenüber den Entwicklungstendenzen im östlichen Mitteleuropa feststellen muss (S. 101 f., 113).

 

Dem Informationscharakter des „Taschenbuches“ dienen vorzüglich die Zusammenfassungen der in Ostmitteleuropa wirksamen Kräfte, die Rhode zu den einzelnen Epochen gibt.

 

Über den derzeitigen völkerrechtlichen Status der Ostgebiete des Deutschen Reiches referiert Ulrich Scheuner. Neben diesem staatspolitischen Kernstück des Werkes steht gleichberechtigt und in vorbildlicher Geschlossenheit der große Beitrag über „Die ostdeutsche Wirtschaft“ von Rudolf Neumann. „Das geistige Gesicht des Ostens“ in den Grenzen des Deutschen Reiches von 1937 darzustellen, wurde von Ludwig Petry und Hellmuth Weiß übernommen. Soweit es ihnen der für ihr Thema allzu knapp bemessener Raum gestattet, deuten sie außer den gesamtdeutschen auch die übernationalen Kulturbindungen an, deren umfassende Behandlung immer dringender wird.

 

Die äußerst gedrängte Skizzierung der Geistesgeschichte Preußens und Schlesiens konnte bei der Fülle des Stoffes essayistisch gar nicht übersichtlicher dargestellt werden, als dies hier geschehen ist. Verkürzungen, die unter Umständen Anlass zu Missverständnissen geben, sind dabei nicht ganz zu vermeiden. Wenn z. B. im Abschnitt über das schlesische Geistesleben des Mittelalters vom „benachbarten Sudetendeutschtum“ (S. 214) die Rede ist, dann wird hier eine Grenze gezogen, die ein ganz anderes, nationalstaatlich bestimmtes Nachbarschaftsverhältnis voraussetzt und für die behandelte Epoche noch keine Gültigkeit hat.

 

Der den kulturgeschichtlichen Teil ergänzende Anhang „Persönlichkeiten des Ostens“ enthält eine von Ernst Bahr zusammengestellte Auswahl von Kurzbiographien, die nach der Auffassung ihres Verfassers „nicht eine ‚Ehrentafel ostdeutscher Geistesgrößen' darstellen“ sollen, sondern auch Persönlichkeiten nennen, die als Deutsche oder Nichtdeutsche außerhalb der Reichsgrenzen für das Schicksal des Oder-Neiße-Raumes von Bedeutung gewesen sind. Unter ihnen werden mit Recht auch viele Balten genannt, deren Kulturleistungen in der geistesgeschichtlichen Gesamtdarstellung leider unerwähnt bleiben, während die Kulturschaffenden sudetendeutscher Herkunft keine Berücksichtigung finden. Damit soll keiner unfruchtbaren Kritik Raum gegeben werden, die an dem Konzept des Werkes vorbeigeht, und die Schwierigkeiten der Stoffauswahl verkennt. Es geht vielmehr darum, die Verbindung zwischen den einzelnen Teilen dieser Sammlung zu verstärken, jenen Zusammenklang des Ganzen zu schaffen, in dem die einzelnen Stimmen erst voll zur Geltung kommen und in der Vielheit landschaftlicher Differenzierung mit ihrem Eigenwert die innere Einheit des Gemeinsamen schicksalhaft bestätigen. Robert Müller-Sternberg  

 

 

Seite 6   Sackheimer Mittelschüler

In der Unterschrift zu dem Bilde der 35. Stiftungsfeier der Sackheimer Mittelschüler muss es richtig heißen: von links nach rechts: Ernst Witt und Helmut Barths.

 

 

Seite 6   Der Dichter Simon Dach. Zu seinem 350. Geburtstage

Foto: Simon Dach. Nach einem Stich von Philipp Kilian vom Jahre 1730. Archiv: Heimatbild

Der Mensch hat nichts so eigen,

So wohl steht ihm nichts an,

Als dass er Treu' erzeigen

Und Freundschalt halten kann“.

 

Das sind unsterbliche Worte des ostpreußischen Dichters Simon Dach, der von 350 Jahren in Memel am 29. Juli geboren wurde. Das Schicksal hatte dem Knaben den Besuch der Domschule in Königsberg gegönnt, woran sich ebendort ein Studium der Theologie und Philosophie anschloss. Über die Stellung eines Konrektors an der Domschule erhielt Simon Dach 1639 an der Königsberger Albertina einen Lehrstuhl für Dichtkunst. Schon im Jahre 1659 schloss sich für immer sein Dichtermund.

 

Dach hat im Laufe seines verhältnismäßig kurzen Lebens 1140 Dichtungen verschiedenen Inhalts in deutscher, lateinischer und griechischer Sprache verfasst. Sein für die Förderung der deutschen. Dichtkunst bleibendes Verdienst liegt aber weniger in der großen Zahl seiner Gedichte, als vielmehr darin, dass er Gründer und Haupt des „Königsberger Dichterbundes“ war, der im Jahre 1641 zwölf Personen umfasste. Die Anregung zu dieser Gründung hatte Dach von Schlesien her erhalten, wo der Dichter Martin Opitz entarteten Dichtergenossen seiner Zeit scharf ins Gewissen redete und so eine Zeitlang als der Diktator der deutschen Literatur galt. Simon Dach griff dessen Gedanken und Lehren mit Eifer und Geschick auf. Stolz sagte er von sich: „Phöbus ist bei mir daheime, diese Kunst der deutschen Reime / Lernet Preußen erst von mir“; und an anderer Stelle: „Ich erst hab der Musen Zier an den Pregel müssen holen“. Ein Festspiel von ihm, das am 21. September 1644 bei der Jahrhundertfeier der Universität aufgeführt wurde, feierte die Vertreibung der Barbarei aus Preußen durch Apollo und die Musen. In seinen Dichtungen, vornehmlich in denen volkstümlichen und religiösen Inhalts bewahrt Dach einen schlichten Ton, der zum Gefühl und Herzen spricht. Sein Hauptgebiet war die Lyrik. Viel gesungene Kirchenlieder tragen seinen Namen, z. B. „O wie selig seid ihr doch“ und „Ich bin ja, Herr, in deiner Macht“. Hier reiht sich Dach würdig der großen Zahl von Dichtern geistlicher Gesänge und Kirchenlieder an, die seine Zeit hervorgebracht hat.

 

Unser Dichter hat das Glück gehabt, gleichgesinnte Dichtergenossen neben sich zu haben, die dem damaligen geistigen Leben Königsbergs eine erfreuliche Note gaben. Unter ihnen befanden sich Robert Roberthin aus Saalfeld, Ostpreußen, und Heinrich Albert aus dem Vogtlande, Organist am Dom, der Komponist des Liedes: „Gott des Himmels und der Erden“. Er und Johannis Stobäus, der Kantor an der Domschule, besorgten die Vertonung von Dachs Gedichten.

 

Es hat dem Dichter schon zu Lebzeiten nicht an Anerkennung gefehlt. Abgesehen von seiner Berufung zum Poesie-Professor verlieh ihm der Rat des Kneiphofs freie Wohnung am Honigtore, und der Kurfürst schenkte ihm für ein Festspiel 10 ½ Hufen Land durch Übereignung des Gutes Kuckeim im Amte Kaymen, wodurch er den Dichter der wirtschaftlichen Not entrückte; denn die Dichtkunst musste in jenen Tagen oft genug nach Brot gehen und durch Anfertigung von Gelegenheitsgedichten den Tisch zu füllen suchen. Ein Lied dieser Art, ein bestelltes Hochzeitslied, ist das bekannte „Annke van Tharow öß, de mi geföllt“, für dessen Verfasser — nicht ganz zweifelsfrei — Simon Dach gilt. Dr. W.G.? (letzter Buchstabe unleserlich)

 

 

Seite 6   Unsere Buchbesprechungen

Horst Siewert: Störche. Erlebnisse mit dem schwarzen und weißen Storch. Neu herausgegeben und ergänzt von Rolf Dircksen. 246 Seiten. Mit 31 Fotos. Leinen 6,85 DM. C. Bertelsmann Verlag, Gütersloh.

Als man nach dem Kriege in der Schorfheide den zerfledderten Restbestand der unersetzlichen Filmstreifen und Platten des großen Naturfreundes, Zoologen und Vogelforschers Horst Siewert bergen konnte, reichte das Material gerade aus, um sein berühmtes „Storchenbuch“ in dieser Neuausgabe Rolf Dircksens mit Aufnahmen zu füllen, ohne die dieses einmalige Dokument nicht zu denken ist. In der exakten Darstellung eines gewissenhaften Naturforschers von seltener Beobachtungsgabe erleben wir sozusagen zu jeder Tagesstunde den „Alltag“ der Storchenfamilie mit. Siewert plaudert oft humorvoll vom heimlichen Treiben des selten gewordenen Schwarzstorches an den Seen und in den Wäldern Masurens; vom „Adebar“ auf dem Dach des Forsthauses, wie er sein Nest baut, die teure Gattin höflich begrüßt oder die lieben Kleinen füttern muss. Wer von uns wusste, was Storchens „Klapperstrophe“ ist? Siewert, dem passionierten Kamerajäger, sind bei seinen mühseligen, luftigen „Expeditionen“ seltene, dabei hochkünstlerische Aufnahmen gelungen, die jeden Natur- und Vogelfreund begeistern werden. Rolf Dircksen hat dieses zauberhafte Tierbuch des während des Krieges im Dienste seiner Wissenschaft auf Kreta verstorbenen Verfassers nach dem neuesten Stande ergänzt. Ein Vogelleben, wie es wirklich ist, und darum — doppelt interessant! Es fördert die Liebe zum Tier und weckt die Ehrfurcht vor den geheimnisvollen Gesetzen der Natur, denen auch wir unterworfen sind.

 

 

Paul Fechter: Deutscher Osten

47 Bilder aus West- und Ostpreußen mit 31 Seiten einführendem Text. Das Kleine Buch Nr. 76. Gebunden 2,20 DM C. Bertelsmann, Gütersloh.

Ein neues Bildbändchen der verdienstvollen Bertelsmann-Reihe „Das Kleine Buch“, das weiteste Beachtung und Verbreitung verdient. Es war ein guter Gedanke, Paul Fechter, dem gebürtigen Elbinger, Bildauswahl und Worte der Einleitung zu übertragen. Die 47 künstlerischen Aufnahmen sind sorgfältig gewählt. Das Charakteristische der einzelnen Landschaften, — „eine beinahe unausrottbare Vorstellung des Westens, dass der Osten nichts als Ebene ist“ — Schönheit und Eigenart seiner alten Bauten wird mit jedem Bild zu zauberhafter Erinnerung. Paul Fechter gibt in der Einleitung einen das Wesentliche fassenden Abriss der jahrhundertealten Geschichte der Ostgebiete und ihrer Kultur; selbst für den Kenner reich an neuen Beobachtungen und Akzentsetzungen. Ein Meisterstück echter Sinndeutung, die Bildtafeln historischer Dokumente.

 

 

Werner Helwig: Die Singenden Sümpfe

Novelle. Das Kleine Buch Nr. 75. 77 Seiten. Gebunden 2,20 DM. C. Bertelsmann Verlag, Gütersloh.

Im fahlen Licht der Mitternachtssonne dehnen sich die blaugrünen Tundren des schwedischen Lapplandes. In brodelnden Mooren lauert betäubendes Sumpfgas und nur dürftige Erdhütten, aus denen braune Gesichter mit spitzen Mützen spähen, und die Fellzelte der über die finnische Grenze wechselnden Nomaden beleben mit ihren Renntierherden die Landschaft. Die Novelle erzählt vom Abenteuer zweier schwedischer Vermessungsbeamter. Auf ihrem Expeditionsweg verirren sie sich bis an jene politische Grenze, „wo die Luft Nerven bekommt“. Sie erfahren unter der hypnotischen Macht der Singenden Sümpfe das Mysterium des Nordens und verspüren schon fast körperlich die Bedrohung der anderen Macht, die von jenseits der Grenze „wie unermesslicher Moorbrand über Millionen Quadratkilometer glimmend sich durchs Niemandsland gen Westen frisst“. Der ungewöhnliche Novellenstoff fasziniert durch die Dichte seiner Gestaltung.

 

 

Bernt von Heiseler: Allerleirauh

Die Märchen, Balladen und erzählenden Gedichte. Mit vielen Vignetten von Gerhard Ulrich. Das Kleine Buch Nr. 77. 66 Seiten. Gebunden 2,20 DM. C. Bertelsmann Verlag, Gütersloh.

Kleine Köstlichkeiten, aus der Dichterwerkstatt hier zu kurzweiligem Kunterbunt zusammengetragen: In den Schwänken, wo die braven Leutchen im Inntal den Teufel übers Ohr hauen, riechts nach Schwefel und nach starkem Toback beim „Holzknecht im Hinterwald“. Den lieben Heiligen wird in ihrem segnenden Tun viel Gutes nachgesagt, Engelsingen und Hochzeitsmusiken klingen auf und das Märchen wandert auf heimlichen Sohlen neben dem Jüngling einher in die weite Welt. Wie in der Ballade das geflüchtete Fürstenkind unter seinem unscheinbaren, geflickten und gestückten Mantel ein güldenes Kleid mit sich führt, so spürt der geneigte Leser hinter diesem „Allerleirauh“ das geheime Gold der echten Dichtung. Auch Gerhard Ulrichs hohe Zeichenkunst hat hier mit hübschen Vignetten nach diesem Gold erfolgreich geschürft.

 

 

Seite 7   Fahrt nach Narmeln / Von Alfred Dohnke

Wer in den Jahren vor dem Kriege aufmerksam das Reichskursbuch studierte, fand in ihm Narmeln, das von Braunsberg aus in 1 ½ Stunden über Passarge und Haff zu erreichen war. Es war unser Bad – das Bad der Braunsberger -, das wir oft und gern aufsuchten. Wie erinnern wir uns an diesen schönen Sommertagen dieses kleinen Ostseebades, das ja nur ein Fischerdorf und durch die isolierte Lage weltabgeschieden war!

 

Die Fahrt auf der etwa 9 km langen Passarge war wenig reizvoll, weil das Flussbett eng und stark gekrümmt war. Interessant wurde es, wenn wir uns den beiden Dörfern Alt- und Neu-Passarge näherten, welche rechts und links vor der Mündung der Passarge in das Frische Haff lagen. Da die Passarge die Grenze zwischen Natangen (evangelisch) und Ermland (katholisch) bildete, waren die Bewohner von Alt-Passarge evangelisch und die von Neu-Passarge katholisch. Beide Dörfer lagen einen Steinwurf weit auseinander, weil die Passarge etwa die Breite der Ems von Warendorf hatte. Die Bewohner beider Dörfer waren Haff-Fischer und im Nebenberuf Gemüsebauern. Sie zogen sozusagen an einem Strang und hielten auch beste Nachbarschaft. Hier zwischen den beiden Dörfern empfing uns Fisch- und Teergeruch. Fischgeruch von den zum Trocknen aufgehängten großen Fangnetzen, Teergeruch von den frischgeteerten Booten; beides gehörte zusammen.

 

Die dann folgende Fahrt auf dem etwa 10 km breiten Frischen Haff war sehr schön, wenn das Wasser ruhig war und die Sonne „brannte“; weniger angenehm, aber wenn Sturm und Regen auftraten. Dann konnte das sonst so ruhige Haff sehr böse Wellen haben, die unserem Schiff sehr zusetzten! Da wir ja meistens bei schönem Wetter fuhren, freuten wir uns des vor uns liegenden schönen Bildes, das die Frische Nehrung uns durch ihre bewaldeten und kahlen Dünen bot. Links von Narmeln sah man den Leuchtturm von Kahlberg, während rechts die Wanderdünen lagen, die später ein Ziel unserer Nehrungswanderung wurden. Die Fischerhäuser mit ihren roten Dächern sahen wie Spielzeuge aus.

 

In Narmeln angekommen, wurde am „Bahnhof“, wie der kleine Hafen allgemein genannt wurde, festgemacht. Bei flachem Wasser konnten die Schiffe, es waren bis zu 100 Personen fassende Motorkutter, ihres Tiefganges wegen oft nicht in den Hafen hinein. Sie ankerten dann etwa 50 m vor diesem und die Fahrgäste mussten ausgebootet werden. Endlich war man am Ufer und dann ging es in den sandigen Weg über die Nehrung zum Ostseestrand. Wie weit lag die See vor uns! Immer wieder war man von dem Anblick gebannt. Rauchfahnen am Horizont ließen den Schiffsverkehr ahnen und oft sah man auch Kriegsschiffe, die zwischen Narmeln und Kahlberg ihre „Meilenfahrten“ machten, für welche die Entfernung am Strand durch „Baken“ gekennzeichnet war.

 

Am Strand angekommen, entledigte man sich schnell der Kleidungsstücke und dann ging es hinein in das Wasser, das, wie immer, erfrischte! Zwischendurch, oder auch vor dem Baden, bauten wir eine Sandburg, um dann in dieser eingeölt oder gefettet, von der Sonne braun gebraten zu werden. Wenn man in dieser Beziehung zu viel des Guten tat, konnte es einem passieren, dass man sich einen Sonnenbrand holte, unter dem man sehr zu leiden hatte! Später wurde die Strandhalle aufgesucht, in welcher uns die jetzt in Versmold lebende Besitzerin auf das Beste bewirtete, und dann folgten die Spaziergänge zu den Wanderdünen, die immer wieder wie ein Wunder anmuteten. Ewig rieselte der feinkörnige Sand der Haffseite zu, oft durch Strandhafer- oder Kieferanpflanzungen gehemmt, die den Zweck verfolgten, die Dünen zu befestigen. Der Kiefernbestand der Nehrung war in manchen Jahren durch die Forleule, einer Schmetterlingsart der Erdeulen, bedroht, zu deren Bekämpfung man Flugzeuge einsetzte, um aus diesen Giftstaub herab zu sprühen. Der Waldbestand der Nehrung wurde auch von dem Prozessionsspinner befallen, deren Raupe in besonderen Haaren einen Giftstoff entwickelt, der in Berührung mit der menschlichen Haut starke Entzündungen hervorruft.

 

Narmeln bestand aus drei zusammengehörenden Dorfteilen, und war fast ausschließlich von Fischern bewohnt, die hauptsächlich dem Flundernfang oblagen. Dieser Fisch bedeutete ihnen im Sommer ihre Haupteinnahmequelle, wenn auch daneben der Fang des Haffzanders und der Aale betrieben wurde. Wir hatten in Narmeln Gelegenheit, frische und geräucherte Flundern zu essen, die, von den Fischerfrauen zubereitet, besonders gut schmeckten. Neben der Fischerei wurde auch Landwirtschaft betrieben, die aber des Sandbodens und der knappen Weiden wegen nur begrenzt war.

 

Wie die Nehrungsbewohner allgemein, so war auch die Bevölkerung von Narmeln in jeder Weise anspruchslos. Obwohl der immer größer gewordene Fremdenverkehr ihnen den Weg zur Hebung ihres Lebensstandards bot, blieben sie ihren Gewohnheiten treu. Von Natur aus still und schweigsam, kamen die Worte nur langsam von ihren Lippen. Man musste schon öfter mit ihnen zusammen gewesen sein, um in eine nähere Verbindung zu kommen.

 

Am Abend ging es dann in gewohnter Weise nach Hause. Müde und „abgekämpft“, aber den Körper voll Sonne, fuhren wir dem Festland entgegen. Still saß ein jeder auf seinem Platz und überdachte das Tageserleben. Es gab aber auch Nimmermüde, die dann Lieder anstimmten, die zu den Klängen einer Harmonika eine besondere Bordstimmung entfachten.

 

Wie mag es heute in Narmeln aussehen! Das Ende des Krieges hatte auch diesen stillen Ort in das Geschehen hineingezogen. Die Flüchtlingstrecks zogen über die Nehrung und die Granaten der russischen Geschütze verheerten auch dieses Land.

 

Fischer von Narmeln — wo leben sie heute! Nicht allen wird es vergönnt sein, an der Wasserkante ihrem alten Beruf nachzugehen und wie schwer wird vielen von ihnen die Umstellung in einen anderen Beruf und vielleicht noch in bergigen Gegenden geworden sein, die nur die weite Fläche der See als ihr Arbeitsfeld kannten und frei und der eigenen Verantwortung lebten! Und wir, die wir die Nehrung liebten, sind traurig darüber, dass auch dieser schöne Landstrich verlorengegangen ist. Er bleibt uns aber in der Erinnerung, was er uns war: ein Stück unserer geliebten Heimat!

 

Seite 7   Ausstellung von Vertriebenenausweisen

Die Ausstellung von Vertriebenenausweisen an Ehefrauen, deren Männer in Kriegsgefangenschaft oder vermisst sind, scheitert häufig daran, dass die Wohnsitzbegründung in den Vertreibungsgebieten durch die Ehefrau nach den Vorschriften des DGB abgelehnt wird. Zu dieser Frage hat das Landesverwaltungsgericht Hannover in dem Urteil AH II 143/54 vom 6. Mai 1955 klärende Stellung genommen. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts muss unter den besonderen Verhältnissen nach Kriegsende auch einer Ehefrau das Recht zugesprochen werden, die Wohnsitzbegründung an Stelle des Ehemannes und mit Wirkung für den Ehemann vorzunehmen, wenn im Übrigen die Umstände für eine tatsächliche Aufenthaltsnahme an dem betreffenden Ort sprechen. Eine rechtswirksame Wohnsitzbegründung für die Ehefrau würde vorliegen, wenn die Aufenthaltsnahme in dem in Frage stehenden Ort dem mutmaßlichen Willen des abwesenden Ehemannes entspricht.

 

 

Seite 7   Steuerfreibeträge in Sonderfällen

Zur Milderung der sich aus dem Wegfall der Freibeträge für Vertriebene und Flüchtlinge nach § 33a des Einkommensteuergesetzes ergebenden Härten haben die Finanzminister des Bundes und der Länder gemeinsam eine Durchführungsverordnung zum § 52 Abs. 12 des ESTG 1955 (Freibeträge für besondere Fälle) erlassen. Danach wird der Freibetrag den Vertriebenen, Flüchtlingen, Totalkriegsgeschädigten, Spätheimkehrern und Politisch Verfolgten für drei Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte Arbeit aufnehmen und Einkünfte beziehen konnte, gewährt. Das begünstigt Personen, die sich längere Zeit in einem Flüchtlingslager befanden, krank waren oder noch die Schule besuchten. Die Anordnung regelt im Einzelnen, welches Kalenderjahr als Erstjahr anzusehen ist. Die Steuervergünstigung wird drei Jahre lang auch denen gewährt, die den im Gesetz geforderten amtlichen Nachweis der Geschädigteneigenschaft ohne ihr Verschulden nicht führen konnten und daher gar nicht oder nicht drei Jahre lang in den Genuss der Vergünstigung gekommen sind. Die Verordnung gilt entsprechend für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über deren Rechtsstellung im Bundesgebiet vom 25. April 1951.

 

Für Sowjetzonenflüchtlinge gilt als Erstjahr das Kalenderjahr 1953, so dass diese in jedem Fall den Freibetrag für 1955 erhalten.

 

Die zweite Rate der Lastenausgleichsanleihe in Höhe von 200 Millionen DM war nach Mitteilung der LAG-Bank bereits am zweiten Tage der dreizehntägigen Zeichnungsfrist, nämlich am 14. Juli, vollgezeichnet.

 

 

Seite 7   Landestreffen des BVD in Hannover am 13./14. August 1955.

Foto: Blick auf die wiederhergestellte Marktkirche

Programm

Sonnabend, den 13. August 1955

14.00 - 16.00 Uhr Tagung der Landesvorstände der im BVD vereinigten Landsmannschaften in Niedersachsen im kleinen Saal des Ratskellers (Altes Rathaus).

 

16.00 - 17.30 Uhr „Feierlicher Aufklang“ im großen Casinosaal, Kurt-Schumacher-Straße 23 (nur geladene Teilnehmer).

 

ab 18.00 Uhr Arbeitstagung der heimatvertriebenen Wirtschaftler im Beethovensaal der Stadthalle, Corveniusstraße.

 

ab 18.00 Uhr Arbeitstagung des heimatvertriebenen Landvolkes im großen Casinosaal, Kurt-Schuhmacher-Straße 23.

 

ab 18.00 Uhr Arbeitstagung der Frauenarbeitsgemeinschaft im BVD im Parkettsaal der Stadthalle, Corveniusstr.

 

ab 18.00 Uhr Arbeitstagung der heimatvertriebenen Ärzte und Zahnärzte in der Gaststätte Horrido, Bahnhofstr. 5.

 

ab 18.00 Uhr Arbeitstagung der Kreis-Vertrauenslehrer im Saal des Bäckeramtshauses, Herschelstr./Brüderstr.

 

20.00 Uhr Heimatabende der Landsmannschaften in den landsmannschaftlichen Standquartieren (siehe „Standquartiere“).

 

20.00 Uhr Bunter Abend „……bis an die Memel“ in der Niedersachsenhalle. Anschließend fröhliches Beisammensein mit Tanz. Eintritt: DM 1,-- (nur 2000 Sitzplätze). (Siehe „Programmfolgen“).

 

20.00 Uhr „Festliche Stunde im Europasaal, Haus der Jugend, Maschstraße 22/24. Aufführung der Kantate „Der Weg ins Licht“ aus dem Gedankengut Albert Schweitzers. Eintritt: DM 1,50 (nur 400 Sitzplätze). (Siehe „Programmfolgen“).

 

Sonntag, den 14. August 1955

8.00 Uhr Evg. Gottesdienst in der Marktkirche, Am Markt (Stadtsuperintendent Wolckenhaar).

 

8.30 Uhr Kath. Gottesdienst in der St. Marienkirche, Marschnerstraße (Pfarrer Möller). Weitere Gottesdienste für Vertriebene und Flüchtlinge in allen übrigen Kirchen der Stadt.

 

11.00 Uhr Großkundgebung im Niedersachsen-Stadion (ab 10 Uhr konzertiert die Bundesgrenzschutzkapelle, Hannover).

 

ab 14.00 Uhr Beisammensein In den Standquartieren der Landsmannschaften (siehe „Standquartiere“).

 

15.00 - 16.00 Uhr Arbeitsbesprechung der DJO-Führer und -Führerinnen im DJO-Lager, Eilenriede.

 

20.00 Uhr Bunter Abend „ … bis an die Memel“ in der Niedersachsenhalle. Anschließend fröhliches Beisammensein mit Tanz. Eintritt: DM 1,-- (nur 2000 Sitzplätze). (Siehe „Programmfolgen“).

 

20.00 Uhr „Festliche Stunde“ im Europasaal, Haus der Jugend, Maschstr. 22/24. Aufführung der Kantate „Der Weg ins Licht“ aus dem Gedankengut Albert Schweitzers. Eintritt: DM 1,50 (nur 400 Sitzplätze). (Siehe „Programmfolgen“).

 

 

Seite 8   Ostkunde im Unterricht

Foto: Am Segelbootshafen in Nikolaiken am Gr. Spirdingsee. Aufn.: Foto Löhrich

Am 30. und 31. Juli hielt die „Bundesarbeitsgemeinschaft für deutsche Ostkunde im Unterricht“, der Dachverband aller ostkundlichen Bestrebungen im Bundesgebiet, in Anwesenheit von Vertretern der zuständigen Bundesministerin in Königswinter eine entscheidende Arbeitstagung ab, die vor allem zur Aufstellung eines umfassenden Arbeitsprogramms und zu einem organisatorischen Ausbau, insbesondere durch Errichtung von Landesarbeitsgemeinschaften führte.

 

Bei dieser von fast allen Mitgliedsverbänden beschickten Tagung, die unter Leitung von Reg.- und Schulrat Zintl stand, referierte Dr. Dr. Lehmann über den gegenwärtigen Stand der ortskundlichen Bestrebungen im zehnten Jahr der Heimatvertreibungen und umriss die aus dieser Lage sich ergebenden neuen Aufgaben.

 

Dr. Adolphi berichtete über die Ergebnisse der Arbeitstagung des Ostdeutschen Kulturrates, Fachausschuss für Forschung, Unterricht und Erziehung in Herrenchiemsee. Realschullehrer Steinacker als Verfasser eines Geschichtslehrbuches zeigte die Möglichkeiten und Schwierigkeiten auf, die deutsche Ostkunde in einem Geschichtslehrbuch entsprechend unterzubringen.

 

Am Nachmittag sprach Prof. Dr. Birke über „Ostkunde und Ostforschung“. Er wies die Bedeutung der gegenwärtigen Ostforschung umfassend auf und ließ dann Einblick in die vielgestaltige Arbeit des J.-G.-Herder-Instituts nehmen. Die anschließenden Kurzberichte boten wohl erstmalig ein Bild der ostkundlichen Arbeit in den Ländern der Bundesrepublik und Westberlins. Die sich dabei ergebenden vielfältigen Anregungen wurden am Sonntagvormittag unter Leitung Dr. Dr. Lehmanns zu einem ostkundlichen Arbeitskatalog zusammengefasst.

 

Als besonders dringend wurde bezeichnet: die Vollendung und Herausgabe der ostkundlichen Handreichung von Lehmann-Steinacker, die im Auftrag des „Göttinger Arbeitskreises“ bearbeitet wird, die Schaffung eines ostkundlichen Quellen- und Lesebuches, der Ausbau der „Deutschen Ostkunde, west-ostdeutsche Blätter für Erziehung und Unterricht“, die bereits vierteljährlich von der Bundesarbeitsgemeinschaft im Kammweg-Verlag Jarschel, Troisdorf (Rhld.), zu je 0,40 DM herausgegeben werden, zu einem Blatt, das jeder Schule des Bundesgebietes zugestellt wird, die Schaffung einer Wandkarte über die Siedlungsgebiete des deutschen Volkes sowie von ostdeutschen Schulwandbildern, die Koordinierung der ostkundlichen Dias- und Filmherstellung, der ostkundlichen Schulfunksendungen, Ausbau der ostkundlichen Ausstellung der DJO und Zusammenarbeit in der Einschaltung bei Abfassung und Begutachtung von Lehrbüchern, Leseheften und dergleichen. Für Schulwanderungen wurde der Besuch von Vertriebenensiedlungen empfohlen.

 

Dem Erlass von Preisausschreiben, der Einschaltung der Patenschaften, der Intensivierung der Arbeitstagungen, u. a. auch für Schulräte, die allgemeine Herausstellung von Kreis- und Bezirksvertrauensleuten für deutsche Ostkunde nach dem bewährten Muster von Schleswig-Holstein, Westfalen und vor allem Berlin galten weitere Beschlüsse der Tagung.

 

Im Rahmen der Jahresversammlung der Bundesarbeitsgemeinschaft kam es zur Wiederwahl der beiden Vorsitzenden, Reg.- und Schulrat Zintl und Dr. Adolphi, als 3. Vorsitzender wurde der verdienstvolle Leiter des Kulturwerks Schlesien, Schulrat Schodrok, gewählt. Zu Leitern der Bundesfachsteile wurden wieder bestellt Dr. Dr. Lehmann, Dr. Gehrmann, Lehrer Hayduk und für die Südostdeutschen Realschullehrer Steinacker. Der absichtlich klein gehaltene Vorstand wurde durch einen Beirat erweitert, der aus dem Vorsitzenden der Landesarbeitsgemeinschaften und Vertretern der DJO, der Lehrerverbände u. a. besteht.

 

So wurden bei dieser außerordentlich arbeitsreichen Tagung die inhaltlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der deutschen Ostkunde als Bildungsauftrag aller deutschen Schulen in einmütiger Weise geschaffen, und es ist nur zu wünschen, dass die Bundesarbeitsgemeinschaft, die sich als den „Motor“ dafür bezeichnet, dass die entsprechenden Ministerialerlasse wirklich in der Schulstube durchgeführt werden, nun auch über ihre Landesarbeitsgemeinschaften die entsprechende Anerkennung und Unterstützung in allen Ländern findet.

 

 

Seite 8   Unsere Leser schreiben: Das „lächerliche Gebilde“

Die Ausführungen des Herrn Hardt aus Lübbecke haben nicht nur mir, sondern auch meinen Freunden viel Spaß bereitet. Die sachlichen Einwände sind in dem politischen Kreise, der hinter diesem Gedanken steht, längst erwogen. Auch ist die Debatte über Einzelheiten keineswegs abgeschlossen. Herr Hardt würde staunen, wenn er erführe, welche nicht ganz unbekannten Politiker sich mittlerweile mit diesen Dingen befassen und wenn er in meinem Briefwechsel mit jenen Einblick nähme. Ein herzliches Gelächter hat hier der „Wanderer zwischen den Parteien“ erregt, der sich als Kandidat an sicherer Stelle anbietet. Sicherlich eine weniger beschämende als vielmehr komische Angelegenheit. Augenscheinlich hält Herr Hardt mich für eine ähnliche komische Nudel. Darum will ich ihm nur sagen, vor allem auch im Hinblick auf seine freundlichen Ratschläge zur Mitarbeit in einer Partei: „Ich stehe seit 1918 in der praktischen Politik, habe damals z. B. oft genug mit Stresemann an einem Tisch gesessen und beraten, habe mit dem damaligen Oberlehrer, späteren Kultusminister Grimme debattiert, mich mit Arbeiter- und Soldatenräten herumgeschlagen und bin erst im Dritten Reich kaltgestellt worden. Meine Mitarbeit in den Spitzenverbänden der höheren Beamten und im heutigen Beamtenbund ist ja auch wichtige politische Arbeit. Und wenn ich noch bemerke, dass ich im Jahre 1945 zu den ersten Gründern der Vertriebenen-Organisation gehöre und bis heute an dem politischen Parteileben aktiven Anteil nehme, so ist das vielleicht eine ausreichende Legitimation gegenüber den etwas unvorsichtigen Äußerungen des Herrn Hardt. Ich muss diesen aber noch über eins beruhigen: Ich habe noch niemals den Ehrgeiz gehabt, Minister oder Abgeordneter zu werden. Das muss ausdrücklich gesagt werden, da man sieht, wie manche Leute sachliche Meinungsverschiedenheiten in den falschen Hals bekommen. Doch ich komme zum Schluss. Wenn ich selbst, und mit mir sehr ernsthafte und erfahrene Leute, für eine politische Sammlung der ostdeutschen Bevölkerung im Bundesgebiet eintreten, so hat das seinen Grund in der trostlosen Situation der Gegenwart. Man blicke auf die ekelhaften persönlichen Auseinandersetzungen im BHE, in den Landsmannschaften, im BVD, über die die Mitglieder dieser Organisationen entsetzt sind. Man blicke ferner auf die Haltung der übrigen politischen Parteien gegenüber den Vertriebenen. Nach ihrer Ansicht sind bekanntlich Organisationen der Vertriebenen, also der ostdeutschen Bevölkerung, nicht mehr nötig, da diese inzwischen völlig „eingegliedert“ seien. Die Vertriebenen sollen sich gefälligst darauf beschränken, „Märkische Heide“ oder „Ännchen von Tharau“ zu singen und sentimentale „Fleckessen“ zu veranstalten. Man spekuliert darauf, dass die ostdeutsche Jugend ja gar kein Interesse mehr an den Ostgebieten habe und Westdeutschland gar nicht mehr verlassen würde. Man kann sich auch nicht des Eindrucks erwehren, dass von gewissen Seiten künstlich Spaltungen erzeugt werden, da man eine politische Einheit der ostdeutschen Bevölkerung für unerwünscht hält. Grade unter der Einwirkung dieser Bestrebungen besteht die Gefahr, dass  die Vertriebenen-Organisationen, zerspalten in landsmannschaftliche Grüppchen und berufliche Interessenverbände, zu „lächerlichen Gebilden" werden. Gelingt es dagegen, eine wirkliche, starke „Ostdeutsche Union“ zu schaffen, die zur Bildung eines Ostdeutschen Landtages führt, dann ist das wahrhaftig kein „lächerliches Gebilde“, sondern ein Ding, mit dem die Politiker rechnen müssten.

 

Landsmannschaftliche Arbeit in allen Ehren, und ich nehme ja selbst daran eifrig teil, aber die politische Sammlung der gesamten ostdeutschen Bevölkerung ohne jede provinzielle Eifersüchtelei ist das weitaus Wichtigere. Ob sich die jetzige Zersplitterung der Vertriebenen beseitigen lässt, vermag niemand zu sagen, wir müssen aber an ihrer Beseitigung arbeiten. In erster Linie müssen wir heute Ostdeutsche, Preußen alten Stils sein, nicht Ostpreußen, Pommern, Schlesier oder Brandenburger. Gelingt uns die Herstellung dieser Einheitsfront nicht, dann können wir einpacken. Dann sind „Königsberger Klopse“ und „Schlesisches Himmelreich“ nebst ein paar Photographien das Letzte, was uns von dem deutschen Osten übrig geblieben ist. Den Triumph habe dann die Polen, die über „lächerliche Gebilde“ ganz anders gedacht haben und noch denken. Dr. Gindler.

 

 

Seite 8   Neue Grundbuchangaben

Für folgende Grundstückseigentümer aus dem Amtsgerichtsbezirk Königsberg liegen beim Archiv für Grundbesitz e.V., (22b) Bad Ems, Römerstraße 34, Grundbuchangaben vor.

 

Hermann Dommert, Königsberg;

 

Hans Dunajski, Seligenfeld,

 

Albert Fuhrmann, Königsberg;

 

Hedwig Hoffmann, Königsberg-Ponarth;

 

Wolfgang Japha, Königsberg;

 

Frieda Kittler, Königsberg;

 

Walter Kömling und Lisbeth Kömling, Königsberg-Quednau;

 

Max Krüger, Königsberg;

 

Helmut Lind, Lawsken;

 

Fritz Meyer, Königsberg-Juditten;

 

Kfm. Walter Oestreich, Königsberg;

 

Dr. med. R. Pilchowski und Charl. Pichowski, geb. Wiese, Königsberg;

 

Emil Quint, Königsberg;

 

August Senger und Anna Senger, Metgethen;

 

Emil Siegbert, Königsberg,

 

Kfm. Nathan Simon, Königsberg;

 

Dr. Paul Spicale, Königsberg;

 

Otto Schöneich und Else Schöneich, Königsberg;

 

Dr. Walter Scholz, Königsberg;

 

Kfm. Paul Stiehl, Königsberg;

 

Israel Tobias Kazenellenbogen und Moses Kazenellenbogen, Königsberg;

 

Hermann Tiedemann und Marie Tiedemann, Seligenfeld:

 

Max Wessolowski, Königsberg-Sackheim;

 

Otto Wiede, Königsberg.

 

 

Seite 8   Die lange Wurst in Königsberg

Wir bitten unsere Leserinnen und Leser um einen freundlichen Hinweis, wo das Bild von der langen Wurst in Königsberg (1601) wiedergegeben ist. Die Schriftleitung.

 

 

Seite 8   Ehemalige Lehrkräfte und Schülerinnen des Staatl. Hufenoberlyzeums Königsberg/Pr.

Die von Oberstud.-Dir. Walsdorff für seine ehemaligen Schülerinnen geschriebene Schulgeschichte unserer alten Schule kann mit zehn Bildern bestellt werden bei H. Schmidt, Oberschullehrerin, (21b) Soest/Westf., Wilhelm-Morgner-Weg 16. Schulgeschichte 5,50 DM, Bilder 2,-- DM, mit Nachnahme und Auslagen 8,80 DM.

 

 

Seite 8   Von Frischen Haff zur Kieler Förde. Ein Tatsachenbericht / Von Wilhelm Gramsch.

Das Jahr 1944 neigte sich dem Ende zu. Die russische Invasion hatte große Teile der Provinz Ostpreußen überflutet und die wenigen in deutscher Hand verbliebenen Flughäfen waren immer wieder Ziele feindlicher Luftangriffe zur Unterbindung eigener Luftoperationen. Somit waren auch unsere Fliegerhorste unmittelbar Front geworden und das Werftpersonal stand den Kameraden im Graben in keiner Weise nach. Das Weihnachtsfest stand bevor. Der Horstkommandant hatte seine Gefolgschaft zu einer würdigen Feierstunde vereinigt und seinen Worten war unschwer die ganze Tragik zu entnehmen, der wir alle entgegengingen. Dass diese Weihnacht gerade für uns Ostpreußen zu denken gab, war nur zu verständlich. Konnte ein gütiges Geschick noch einmal eine Wendung bringen? Wenn nun die Heimat verloren ging — was wurde dann letzten Endes aus Deutschland? Womöglich war es für lange Zeit die letzte Weihnacht in der Heimat! Keiner wagte es auszusprechen, weil es uns eben möglich erschien.

 

Ein Gutsbesitzer aus der Nachbarschaft hatte der Küchenverwaltung einen Mastochsen zur Verfügung gestellt und somit kamen wir alle in den Genuss eines Festbratens. Das neue Jahr kam heran und wurde — diesmal nicht mit Glockengeläut und Festgesang —, sondern im wahrsten Sinne des Wortes mit Bomben und Granaten eingeleitet. Täglich fanden sich mehr und mehr Flüchtlinge ein in der Hoffnung, mittels Flugzeugen ins Reich gebracht zu werden. Was hier menschenmöglich war, wurde getan und jede Maschine wurde zusätzlich mit Zivilisten beladen bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit. Die Front rückte näher heran und bald standen wir in direktem Panzerbeschuss. Der Räumungsbefehl für den Flugplatz Jesau war stündlich zu erwarten. Am Abend des 27. Januar war es dann soweit. Das Werftpersonal hatte gute Vorarbeit geleistet und hochwertige Werkzeugmaschinen und Geräte waren indessen auf einem Bergungszug verladen, welcher auch sein Ziel, den Fliegerhorst Heiligenbeil, glücklich erreicht hatte. Bald sollten wir aber eines besseren belehrt werden, denn in Heiligenbeil war die „Welt mit Brettern vernagelt“ und hinaus aus dem Kessel war ein Problem für sich. Zunächst hatten wir etwa vier Wochen alle Hände voll zu tun, denn Heiligenbeil war der einzige Flugplatz, der als Luftbasis in diesem Abschnitt zur Verfügung stand. Der Russe hatte schnell seine Bedeutung erkannt und würdigte diesen Umstand durch pausenlose Anflüge bei Tag und Nacht.

 

Der bisher unbedeutende Fischereihafen Rosenberg vermittelte den Verkehr vom Kessel in Richtung Pillau und erhielt dadurch eine nie geahnte Bedeutung. Nebenher vollzog sich auf der Haffnaht bei Heidemaulen und Heidewaldburg in den Nachtstunden ebenfalls ein Nachschubverkehr, wenn auch nur in beschränktem Umfange. Auf diesem letzteren Wege wurde dann Ende Februar ein Teil des Werftpersonals über Königsberg nach Pillau-Neutief in Marsch gesetzt. Wenige Tage zuvor hatten deutsche Heerestruppen in kühnem Angriff den Einschließungsring um Königsberg nach Westen aufgebrochen, so die Straße über Metgethen-Vierbrüderkrug sowie die Eisenbahnlinie zwischen Königsberg und Pillau wieder zur Verfügung standen. Es waren trostlose Bilder, die sich uns beim Durchfahren der befreiten Ortschaften boten. Die Eisenbahnstrecke konnte nur zur Nachtzeit mit größter Vorsicht befahren werden, da der Russe seine Stellung nördlich des Flugplatzes Seerappen hatte und Einsicht nehmen konnte.

 

Die noch in Königsberg verbliebene Bevölkerung war zum großen Teil sehr zuversichtlich und die Anwesenheit vieler junger Soldaten bestärkte sie in ihrer Auffassung. Die Bevölkerung litt auch zu dieser Zeit keinerlei Not, denn es gab zusätzliche Verpflegung, die Versorgung mit Strom und Wasser sowie auch mit Gas war intakt und sogar die Apollo-Lichtspiele in Ratshof und das Skala-Lichtspielhaus in der Hufenallee waren in Betrieb. Während im Januar die Partei bestrebt war, die Menschen herauszuführen, stellte man es ihnen im März frei, in ihre Wohnungen zurückzukehren. Diese Maßnahme sagte es den Menschen geradezu deutlich, dass die Gefahr gebannt sein müsse. Daher vermieden es in erster Linie alte Leute, sich bei dem harten Winter auf die Landstraße in die Ungewissheit zu begeben. Die Menschen hatten sich im Laufe der Zeit an den Gefechtslärm gewöhnt, denn die deutschen Stellungen verliefen stellenweise dicht am Vorstadtrande und besonders zur Nachtzeit konnte man dort und am Landgraben ein „grandioses Feuerwerk“ erleben. Unwillkürlich gingen die Gedanken zurück nach Cranz zum Seefeuerwerk des Jahres! Ja, wie friedvoll war die Welt damals und wie geborgen fühlte man sich, wenn man den Abend mit einem Besuch im „Monopol“ oder im „Schloss am Meer“ abschloss oder in stiller Betrachtung des abendlichen Himmels am Seestieg verweilte! Und jetzt — Tod und Verderben — in der Heimatstadt, ja in der eigenen Wohnung! Ich habe sie kennengelernt in diesen Tagen seelischer Not, unsere Königsberger, unsere Ostpreußen! An Mut und Gottvertrauen standen sie den Soldaten in keiner Weise nach. Mit tiefem Glauben im Herzen an die Menschlichkeit des Feindes haben sie sich in ihr Schicksal gefügt — und wurden leider zutiefst enttäuscht. Besonders die alten Leute erinnerten sich jener schicksalhaften Tage des August 1914. Damals waren die Russen ritterliche Gegner und achteten die Gesetze der Humanität und die Menschenwürde. Wie war das alles anders geworden! Doch — „mich ruft mein Geschick von den Freunden hinweg“ und mein nächster Einsatzplatz wird Brüsterort. Aber auch hier bleibt nicht viel Zeit, das schöne Samland von dieser Seite kennenzulernen, dann auch an dieser Stelle sind wir im Einsatz und der weit gegen Osten ins Land reichende Blick lässt fast mit bloßem Auge den Frontverlauf erkennen. Die „Stalin-Orgeln“ hämmern stundenlang ihr ehernes Lied auf unsere Stellungen.

 

Es ist März geworden, der Frühling hat begonnen und wir fassen neue Hoffnung, denn der Bundesgenosse der Russen, der Winter, ist in seiner Macht gebrochen. Sogar Post erreicht uns, auch aus Königsberg und meine alte Mutter schließt ihre Zeilen mit dem Wunsch „möge der Herrgott seine schützende Hand über Dich und Deine Kameraden halten!“ Ja, das Gebet einer Mutter wirkte Wunder, weil es aus tiefstem Herzen kam. Es wurde April und mit den ersten warmen Sonnenstrahlen kam auch neue Hoffnung zu uns. Da erkannten wir eines Tages in der Richtung, wo Königsberg lag, dunkle Wolken sich zu einer riesigen Wolkenbank zusammenschließend, die tagelang am Horizont stehen blieb. Es bestand kein Zweifel darüber, was sich dort abspielte. Aber wir standen alle erst am Anfang des letzten Aktes ostpreußischer Geschichte, über dessen Ausmaß und Folgen wir uns damals noch kein Bild machen konnten. Pillau war der nächste Blickpunkt, seit langem für die ostpreußische Bevölkerung und, nun auch für den deutschen Soldaten. Auf dem Wege dorthin gelangten wir zur Burg Lochstädt. Wer hätte es je zu glauben gewagt, dass diese Ordensburg nochmals vor eine Aufgabe gestellt wurde, wie man sie bei ihrer Erbauung zuerkannte.

 

In Pillau musste der Übergang zur Frischen Nehrung sichergestellt werden. Die Luftwaffe sicherte von oben her die Transporte, welche die Kriegsmarine mit ihren Fahrzeugen bewerkstelligte. Hier hatte man eine große Fähre zusammengestellt, die von vier Schleppern von einem Ufer zum andern Ufer geführt wurde und die wegen ihrer eigenartigen Gestalt den Namen „Seeschlange“ erhielt. Der Flugplatz Neutief auf der Frischen Nehrung wurde unsere nächste Etappe. Auch dieser lag schon im Bereich russischer Artillerie, welche von Balga aus ihr Störungsfeuer unterhielt. Am 20. April wurden dann — und wir waren uns über die Letzmaligkeit dieser „Zeremonie“ klar — Beförderungen bekanntgegeben und Auszeichnungen „verteilt“, freilich ohne Dokumente, denn dazu bestand keine praktische Möglichkeit mehr. Es dauerte nicht lange und auch das Schicksal Pillau's war besiegelt. Noch einmal wurde auf der Nehrung ein letzter Widerstand organisiert. Unser Weg führte uns durch das sonst so friedliche und freundliche Badeörtchen Kahlberg, sehr geschätzt besonders von der Bevölkerung Elbings. Aber wie sah es jetzt aus? Man hatte den Eindruck, als sei der Feind hier zuvor schon drin gewesen! Doch wir haben keine Zeit, uns mit diesem Problem näher zu befassen. Uns ruft die Pflicht zu neuem Einsatz und wir halten in der Danziger Niederung bei Junkeracker. Unterwegs überholen wir lange Trecks und auch einen sich mühsam fortschleppenden Menschenzug in eigenartiger Kleidung. Es sind die Insassen des Konzentrationslagers Stutthof in ihren gestreiften Anzügen.

 

Der April geht zu Ende und am Abend vor dem 1. Mai stehen auch wir in Nickelswalde bereit zur Überfahrt nach Hela. Es wird eine kalte Nacht, die wir an Deck einer motorisierten Fähre der Kriegsmarine erleben und wir haben gut daran getan, uns wenigstens eine Decke mitzunehmen. Um Mitternacht sind wir auf halbem Wege. Da stimmt einer unter vielen das schöne Volkslied „Der Mai ist gekommen“ an, aber nur einige wenige Stimmen gesellen sich dazu. Unsere Gedanken sind noch drüben auf dem verlassenen Festland, sind in Ostpreußen, in der Heimat. Wo mögen sie jetzt wohl sein, unsere Angehörigen? Kaum wird ein Wort gesprochen und keiner will den andern aus seinen Gedanken reißen. Aber alle sind wir der Ansicht, dass wir wohl für lange Zeit stummen Abschied von der Heimat genommen haben. Es wird allmählich hell, als wir in Hela an Land gehen. Unterkünfte sind lange besetzt, denn seit Tagen ist kein Transport herausgegangen. Dazu befinden sich noch ziemlich viel Zivilisten hier, die auf Abtransport warten. Also bleiben wir im Waldgelände und buddeln uns ein. Zur besseren Verteidigung hatte man aus der Halbinsel Heia eine Insel gemacht.

 

Zur Zeit unseres Eintreffens auf Hela war der Hafen fast leer. Lediglich einige kleine Kähne und der Motorbarkassen waren vorzufinden. Man rechnete aber noch mit dem Eintreffen größerer Einheiten, was dann im Laufe der Woche geschah. Unsere Werftabteilung hatte einige Kisten wertvollen Geräts mitbekommen, welche im Hafengebiet gelagert werden sollten. Diese Aufgabe fiel mir zu. Ich fand im Hafen einen eisernen, mit Kohlen und Koks beladenen Kahn, der zum Bunkern bereitlag und auf dem sich eine Wache der Kriegsmarine befand. Die Hafenkommandantur zog jedoch diese Wache zurück und übergab mir den Kahn als Unterkunft für meine Männer, wofür ich die Überwachung etwa auszugebender Brennstoffe übernahm. Abgesehen von den täglichen Feuerüberfällen russischer Artillerie mit weittragenden Geschützen vom Festlande aus gerade auf das Hafengebiet hatten wir keinerlei Not auszustehen. Im Mannschaftsraum des Kahns befand sich ein Herd, Feuerung besaßen wir selbst genug und die kalte Verpflegung holten wir uns von der Verpflegungsstelle der Kommandantur. Setzte dann plötzlich ein Feuerüberfall ein, dann hatten wir keine andere Wahl, als die Ohren anzuziehen und mit einem Stoßgebet zu hoffen, dass es noch einmal gut gehen möge. Irgendwelche Deckungsmöglichkeiten gab es für uns nicht; doch ist es gut gegangen, weil das Schicksal den bekannten „Daumen“ dazwischen gehalten hat. Am 8. Mai kam u. a. ein kleinerer Tanker — „Liselotte Friedrich“ — herein und machte in unserer Nähe fest. Wir sollten ihn bebunkern und waren froh und ganz stolz, dass wir nun auch mal eine andere Aufgabe, auf seemännischem Gebiet bekamen. Kaum waren die erforderlichen Maßnahmen besprochen, als der Russe wieder einen Feuerüberfall machte, worauf der Tanker loswarf und schleunigst auf Reede ging.

 

Auch unser Schlepper hatte die Leinen losgeworfen und wir trieben mit der Strömung der Hafenausfahrt auf See zu hinaus. Ich weiß nicht, wo wir geblieben wären, hätte sich unserer nicht eine Motorbarkasse angenommen und uns zum Tanker hinausgebracht. Während wir längsseits gingen und uns zur Kohlenübernahme bereitmachten, kam von Land her das Signal zum Einlaufen, denn der Beschuss hatte aufgehört. Der Tanker fuhr voran, während wir mit Schlepperhilfe folgten. Indessen hatten wir Zeit und Gelegenheit, uns mit der Besatzung bekanntzumachen. Außer einigen wenigen Matrosen der Kriegsmarine, welche für die Bedienung einer 2 cm Flak vorgesehen waren, bestand die ganze Besatzung einschl. Kapitän aus Zivilisten. Ferner waren zwei Krankenschwestern an Bord, die bei nächster Gelegenheit gen Westen wollten. Es war inzwischen Nachmittag geworden und wir legten wieder an der Kaimauer an, wobei wir die Nachricht erhielten, dass Hela bis Mitternacht geräumt sein müsse. Wer bis dahin die Insel nicht verlassen hätte, würde den Russen mit übergeben. Der Kapitän des Tankers erklärte uns, dass er auch ohne Kohleneinnahme den nächsten Hafen erreichen könne. Welcher das aber sei, wagten wir nicht zu erfragen. Wir waren froh, dass er uns auf seinem Schiff mitnehmen wollte.

 

Im ganzen Hafengebiet wimmelte es von Menschen, die alle irgendwo mitfahren wollten. Das Proviantamt wurde offiziell geräumt und große Mengen Verpflegung in Form von Büchsen kamen auch an Bord zu uns. Inzwischen war auch unser Schiff übervoll an Menschen, sowohl Zivilisten als auch Soldaten. Alles, was überhaupt schwimmfähig war, wurde seeklar gemacht und ein Schiff nach dem andern verließ den Hafen. Wir waren fast die letzten, die gegen 20 Uhr ausliefen. Wir hatten während der Nacht eine ruhige Fahrt und konnten auch beim ganzen Geleit, das sich vor uns hinauszog, nichts Gegenteiliges feststellen. Am nächsten Morgen kam eine leichte Dünung auf, die sich zum Nachmittag in einen steifen Seegang verstärkte, als wir gegen 18 Uhr nördlich Bornholm standen. Wir hatten nicht die Absicht, diesen Hafen anzulaufen, zumal wir nicht wussten, wie die Lage dort war. Ich war gerade mit einigen meiner Männer in der kleinen Kombüse im Achterschiff zum Abendessen, als wir oben am Deck erregtes Laufen und Rufen vernahmen. Kurz darauf krachte es mehrmals und wir vernahmen neben Bombeneinschlägen auch Bordwaffenbeschuss. Die Bordwand war beschädigt und wir versuchten auch mit einigem Erfolg, das Leck abzudichten. Dann aber raus aus dem Schiff und nach oben, denn wir wollten nicht elend versaufen. Alles drängte auf der einzigen schmalen Treppe nach oben, wo es schlimm aussah. Was war geschehen? Russische Flugzeuge hatten unser kleines, so gut wie wehrloses Schiff tatsächlich mit Bomben und Bordwaffen angegriffen und das sogar nach Eintritt der Waffenruhe. Während auch wir uns um die Verwundeten bemühen, naht die zweite Angriffswelle. Nun entscheidet jeder für sich, ob er oben oder unten bleiben will. Unsere Flak ist bereits beim ersten Angriff niedergekämpft und sonst haben wir ihnen nichts Wirksames entgegenzusetzen. Ich selbst entscheide mich für unten, wo man wenigstens vor dem Bordwaffenbeschuss sicher ist. Ein Bombenvolltreffer bringt das Ende für alle, so oder auch so. Und noch einmal überschüttet uns Tod und Verderben und als wir an Deck, gelangen, ist das sich uns bietende Bild nur noch grausiger geworden. Wir haben insofern Glück, als sich herausstellt, dass wir neben den beiden Krankenschwestern auch noch einen Truppenarzt an Bord haben. Jeder hilft, so gut er kann, aber viele liegen bereits stumm an Deck und bedürfen keiner Hilfe mehr.

 

Inzwischen sind durch das eindringende Wasser die Feuer verlöscht, die Maschine hat keinen Dampf und wir liegen bzw. treiben in der See. Wir haben Glück, dass der Tanker leer ist und die Laderäume das Schiff mit tragen. Ein im Geleit weit voraus fahrendes Schiff wendet, um uns in Schlepp zu nehmen. Aber der Versuch misslingt, denn noch einmal stoßen drei Flugzeuge auf uns hernieder, um uns den Garaus zu machen. Torpedoflugzeuge! ruft da jemand! Wir haben mit allem abgeschlossen — doch zu unserm Glück vorbeigeschossen. Dann lässt man uns in Ruhe. Es ist inzwischen fast 8 Uhr abends geworden und wir hoffen, dass man uns noch holen wird. Ja, da lösen sich am Horizont Fahrzeuge, mehrere. Ich zähle fünf, die in langem Abstande herankommen. Alle kommen sie von Backbordseite, können aber wegen des starken Seeganges nicht festmachen. An der Reeling stehen etliche Ölfässer. Wir versuchen damit die See zu beruhigen, um das übersteigen zu erleichtern. Der Seegang ist aber so stark, dass wir uns festhalten müssen, um nicht gegen die Reeling geschleudert zu werden. Es sind flache, stark armierte Kampffähren, von denen die erste sich vorsichtig heranschiebt. Wir können nur herüberspringen und das nur in dem Augenblick, als die Fähre neben uns in ein Wellental kommt.

 

Ich sehe abwartend, wie einige Soldaten zu früh abspringen, dazwischen fallen und von den Wellen abgetrieben werden. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren, heißt die Parole. Der Kommandant ruft von der Brücke durch ein Megafon „springen“ und wer dabei zu spät kommt, muss auf die Zurufe der nächsten Boote warten. Diese waren selbst schon überfüllt und es wurde die Weisung durchgegeben, dass Gepäck zurückgelassen werden müsse. Mein letztes Gepäck lag irgendwo in der Gegend zwischen Palmicken und Pillau, ich hatte also den Verlust bereits überwunden. Nachdem ich mir bei den beiden ersten Booten den Vorgang angesehen hatte, war ich gewillt, auf das dritte überzusteigen, was mir auch gelang. Die beladenen Boote sammelten sich und traten gemeinsam die Weiterfahrt an, nachdem auch der letzte Passagier übernommen worden war. Während der Nachtfahrt hatten Matrosen die Maschinenwaffen besetzt, denn es war mit dem Erscheinen russischer Schnellboote zu rechnen.

 

Aber es kam zu keinem Zwischenfall und wir liefen gegen 10 Uhr am 10. Mai 1945 in den Kieler Hafen bzw. in die Kieler Förde ein. Hier konnte man Schiffe aller Größen und Gattungen sehen und dazwischen fuhren britische Barkassen, welche Weisungen hinsichtlich der Anlandung erteilten. Am Nachmittag war die Reihe an uns, auszusteigen und gegenüber Laboe an Land zugehen.

 

Freilich, wir waren noch nicht frei in unseren persönlichen Entschlüssen. Aber wir waren in Deutschland, und dieses Deutschland sollte uns nun zur neuen Heimat werden.

 

 

Seite 9   Merkwürdiges aus Königsberg/Preußen. Von Landesmuseumsdirektor a. D. Dr. W. Gaerte

Foto: Das Schifferstechen auf dem Pregel. Bildliche Darstellung auf dem Königsberger Stadtplan von Bering.

Das Schifferstechen auf dem Pregel

Für das Jahr 1594 ist ein merkwürdiger Brauch der Königsberger Schiffer überliefert. Peter Michel, ein angesehener Kaufmann (später Bürgermeister des Kneiphof, einer der ehemaligen drei Städte Königsbergs) berichtet in seinen Annalen von einem Schifferstechen: „Den 3. Januar ist von denen Schiffern auf dem Wasser bey der Langgassenbrücke ein Stechen gehalten worden, und stattlich mit zwo Fahnen ein Prozesz aus dem Altstädtischen Gemein-Garten (Jubiläumshalle in der Koggenstraße) in den Kneiphof gehalten, mit Pfeiffer und Drummeln. Haben 7 Paare miteinander gestochen, und von jedem einer ins Wasser gefallen, und haben sich wohl getroffen“.

 

Von diesem Schiffersport besitzen wir eine bildliche Darstellung auf dem Königsberger Stadtplan von Bering aus dem Jahre 1613 (siehe Bild). Zwei Boote sind gerade im Begriff gegeneinander zufahren. Die Stecher stehen, mit Stoßstangen bewehrt auf einer Plattform hinten im Boot. Das Spiel scheint in Königsberg früh aufgegeben worden zu sein. An anderen Orten Deutschlands lebte es bis in neueste Zeit fort, so in Berlin, wofür folgende Schilderung vorliegt (1912): „Alle zwei Jahre wiederholte sich in Berlin das Fischerstechen am 10. August, dem Tage des hlg. Laurentius . . . Am Festtag begann der Zug 2 Uhr nachmittags. An der Spitze marschierten 6 Musiker, dann folgte ein junges verheiratetes Fischerpaar in der Tracht der Spreewälder, Bauer und Bäuerin genannt, und Fischer in bunten Narrentrachten, in denen sie allerlei Schabernack ausübten. So bewegte sich der Zug mit dem Hauptspeer, an dem die größte Medaille hing, zu den Mühlen. Auf dem Wasser entspann sich dann ein Kampf zwischen den Stechern und Kämpfern, deren Lanzenschäfte durch große Scheiben ungefährlich gemacht waren. Wer drei über Bord geworfen hatte, ohne nass zu werden, war Sieger und erhielt die große Medaille ...“

 

Denselben Sport pflegten bereits die alten Ägypter. In Deutschland schließt sich das Schifferstechen wohl den Zunftfesten an, die vielfach die Nachahmung ritterlicher Gebräuche in derbkomischer Übertreibung liebten. In diesem Zusammenhang sei auf ein Nürnberger Flugblatt vom Jahre 1671 verwiesen, das in seinen Versen deutlich die Beziehung des Schifferstechens zum ritterlichen Turnierkampf kundtut; es heißt dort:

 

„Es mögen sich Ritter in Schranken und Schantzen

Umbjagen und schlagen mit rennenden Lanzen:

Wir stechen und brechen einander den Muth,

Die Pferde sind Schiffe, der Rennplatz die Flut“.

 

Die Verbreitungskarte dieses Wassersportes der Schiffer weist eine starke Verdichtung in Mittel- und Süddeutschland auf. Nach Königsberg ist er wohl auf dem Wege längs der Ostsee gelangt. Von norddeutschen Städten kannten ihn Bremerhaven und Hamburg. Hier wird um 1800 von einer „Schifferbelustigung auf den Fleeten, bei der die Schiffer sich vom Boot aus ins Wasser zu stoßen suchen“, gesprochen; man nannte sie „das Stakensteken“.

 

Seltsam mutet wegen der Winterzeit der Tag des Königsberger Schifferstechens, der 3. Januar, an. Doch hat dieser Zeitpunkt seine besondere Bedeutung; er ist für die Schiffer der Abschluss des verflossenen und der Anfang des kommenden Rechnungsjahres. Deshalb wurde er mit gewissen Feierlichkeiten begangen. Die „Schifferhög“ in Lauenburg (Schleswig-Holstein) am 6. Januar und der „Schipperball“ von Burg (ebenda) im Januar passen zu dem Termin des Königsberger Festes. Auch sonst war der Jahrestag der deutschen Schiffergemeinden der Dreikönigstag oder der Montag danach.

 

Der Schwertertanz zu Neujahr 1601

Die Silvesternacht und der darauffolgende Neujahrstag waren von jeher im Leben der Völker Zeiten, wo es lustig herging, wo frohes Spiel Alt und Jung und die Angehörigen jeden Standes erfreute. Ausgelassener Scherz herrscht auch heute noch allerorts, und zur Mitternachtsstunde, wenn die Glocken vom Turm das neue Jahr einläuten, ergreift toller, ungebundener Trubel den Menschen. Heute alles nur ein Spiel, früher sinnvolle Mysterien von tiefer Bedeutung.

 

Nur noch ein frohes Spiel war auch jener Königsberger Schwerttanz des Neujahrstages 1601. über 350 Jahre sind dahingeflossen, seit dieser Schwerttanz, ausgeführt von den Königsberger Handwerkern, wohl zum letzten Mal an jenem Tage in der Metropole Ostpreußens aufgeführt wurde. Uns ist darüber nur eine kurze Mitteilung des Peter Michel erhalten. Sie verzeichnet (Erleut. Preußen III. S. 240): „Anno 1601, im Eingang dieses neuen Jahres haben Handwerksleute in ihren Zusammenkünften allerley fröhliche Sachen vorgenommen als mit Schwerdt-tantzen ... und andere kurzweilige Sachen mehr“. Es muss ein außergewöhnliches Schauspiel gewesen sein, das sich wohl mit Unterbrechung von mehreren Jahren wiederholte.

 

Gern möchte man wissen, wie sich ein solcher Schwerttanz der Handwerksleute vollzogen hat. Hier kommen bildliche und schriftliche Urkunden Nürnberger Herkunft zu Hilfe. Auch aus vielen anderen Städten Deutschlands sind gleiche Tänze überliefert. Unter Pauken- und Flötenbegleitung bewegte sich eine lange Reihe von festlich geschmückten Handwerksmeistern, von denen jeder das geschulterte Schwert des Vordermanns angefasst hielt, vor den Zuschauern. Verschiedene Figuren durchlief der Tanz, bis er schließlich in der Bildung der sogenannten „Rosen“ endete. Je zwei Gruppen rückten zum Kreise zusammen. Die Meister legten ihre Schwerter auf ihre eigenen Schultern und auf die ihrer Gegenmänner, wodurch ein festes Schwertgitter im Innenteil des Kreises geschaffen wurde. Auf jedem Gitter („Rose“) stand je ein Meister mit einem Zweihänder. In fröhlichem Kampfspiel schlugen die beiden aufeinander los. Es war gewiss kein Leichtes, auf dem Gitterwerk während des Kampfes festen Fuß zu behalten.

 

Bemerkenswert ist die Mitteilung, dass in diesem Schwertkampf eine „Braut“ mit Brautführern eine Rolle spielte, und zwar gab es — je nach Zusammensetzung der Tanzreihe und Tanzrose — eine Meister- und Gesellenbraut.

 

 

Seite 9   Die Seel vom Leib, der Mensch vom Haus … Besinnliches in den alten Haussprüchen Königsbergs.

„Wie sich gern das Angesicht

In dem Spiegel mag beschauen,

Also liebt das Spruchgedicht

Sich die Seele zu erbauen“

 

heißt es in einem Epigramm von Goethes Freund Riemer. Volksepigramme können dem Volksliede sehr treffend zur Seite gestellt werden. Sie sind recht auf eigensten Grunde des Volkes erwachsen, das in ihnen seinem religiösen Gefühl, seinen Anschauungen von Welt und Menschen, seinem Humor bald in naiver grundsatzreicher Unbeholfenheit, bald in artigem Gedankenspiel, nicht selten mit charakteristischer Wendung und fast kunstgemäßem Schliffe einer sinnreichen Bezüglichkeit Ausdruck gibt. Wie das deutsche Volkslied ist das deutsche Volksepigramm eine anspruchslose Feldblume, deren Farbe und Duft aber neben den auserlesensten Zierpflanzen Anspruch auf Pietät und Wertschätzung hat.

 

In Königsberg, mehrfach durch Großbrände vernichtet, waren die Haussprüche schon selten geworden, aber hier und da traf man noch solche an. An dem Haus der Technik oder wie es zuletzt genannt wurde, Schlageterhaus, konnte man die besinnlichen Worte lesen:

 

„Wer ist Meister? — Wer was ersann! —

Wer ist Geselle? — Wer was kann! —

Wer ist Lehrling? — Jedermann!

 

Im Hause des Hinterroßgarten Nr. 26 stand ein alter Willkommensspruch:

 

„Grüß Gott, tritt ein, bring Glück herein!“

 

Voll großer Eigenart waren jedoch die mittelalterlichen Inschriften, die noch in Chroniken erhalten geblieben sind, wenn auch die Gebäude längst schon der Vergangenheit angehören. In der Altstädtischen Langgasse an Jakob Schwedlers Haus konnte der Beschauer einst lesen:

 

„Die Seel vom Leib, der Mensch vom Haus,

Ziehen aus ihrer Herberg aus,

Nach dieser Eitelkeit, der Himmel ist bereit“.

 

Paul Freilings Besitztum in der Nähe verkündete:

„Frömmigkeit glücklich macht; drum ist es nicht deines Amtes,

Dass du dich kümmern sollst, Mensch, um die alte Schuld,

Die seit Adams Fall der ganzen Welt auferlegt ward.

Den Ausgang überlass ihm, der da ist wie er war“.

 

In derselben Straße an Johann Koyens Haus lehrte eine Mahnung:

 

„Erstens bete genug und zweitens fröhne der Arbeit,

Weise Vorsehung gibt, dass du nicht holtest vergebens“.

 

 

Jacob Kreuschner besaß ein Haus in der Wassergasse, welches mit einer langen Inschrift versehen war:

 

„Trauen, Gutsagen und Borgen

Machen viel Hummeln und Sorgen

Auch aus einem sehr guten Freund

einen grimmigen und bittern Feind,

Der für gute Zahlung und Dank

Giebt lose Wort und lauter Stank.

Darum wer hier Tuch kaufen will,

der zahl baar oder schweig still,

Denn jetzo ist nicht mehr der Tag,

Da man von Borgen sagen mag.

Weil in der Welt steckt groß Betrug,

Ist man mit Schaden worden klug.

Der Gottlob borgt und zahlet nicht,

Der Gerechte zahlt bald und nichts abbricht“.

 

Heinrich von Möllen in der Kneiphöfischen Langgasse bekannte mit seiner Inschrift:

 

„Durch Glauben, Eintracht, Frieden und Gerechtigkeit steht meine Wohnung sicher da“.

 

Der Nachbar Christoph Kersten schrieb an seine Behausung:

 

„Andre haben für uns gebaut, wir bauen für Spätre.

Und so statten wir ab überkommene Pflicht“.

 

Johann Kritzen in derselben Gasse verkündete:

 

„Lebensregel sei: erst beten, dann an die Arbeit;

Hast du dies getan, dann vertraue dich Gott“.

 

Ein Memento mori lag in der Inschrift an Balthasar Platens Gebäude:

 

„Kommt der Tod herbei, giebts eine Ruhe,

die andre In der Erde, die dritt' ist beständig: bei Gott“.

 

 Mit den Bauhandwerkern wanderten auch die Inschriften, so konnte man, wie auch in anderen Gegenden deutscher Zunge, an dem Hause von Peter Lange in der Brodbänkenstraße ein allbekanntes Wort finden:

 

„Bauen ist eine große Lust,

Nur dass es viel kost't

Welches ich nicht gewusst, —

Doch bau ich wie mirs gefällt,

Was fragst du darnach, Es kost't mein Geld“.

 

In der alten Domgasse am Hause, welches einst David Stagnet gehörte, stand der Kernspruch:

 

„Alles war wir haben, Das sind Gottesgaben“.

 

Nächst der Dombrücke befand sich das Besitztum des Ignaz Treppenhauer, welches mit einem Zweizeiler geschmückt war:

 

„In Gottes Namen bau ich dies Haus,

Wenn Gott will, so muss ich daraus“.

 

Zwischen der Köttel- und Langgassenbrücke stand an Hieronymus Fahrenheidts Haus, das von seinem Großvater mütterlicherseits Jetsch einzig und allein aus seinem Gewinn am Heringshandel, den er im Laufe eines Jahres erzielt, aufgebaut worden, und das mit einem gemalten Kastell, einem Schiff, drei großen und drei kleinen gekrönten Heringen und folgender Beischrift geziert war:

 

„Häring in aller Welt ich heiß,

Vor allem Fisch hab ich den Preiß,

Bin ihr König von großer Macht,

Unzählbar reis‘ ich Tag und Nacht,

Ich hab kein Schloss, Burg, noch Castell

Im Himmel und auf Erden kein Theil,

Ich leb, bin todt oder gefangen,

Nach mir hat der Mensch Verlangen,

Komm von Westen herein her weit von fern,

Willkommen heißt man mich gar gern“.

 

Am Hause des Chirurgen Rudolph Eichelmann in der Vorstadt war eine Jagd gemalt und die Verse beigesetzt:

 

„Hunde Macht und Lust, der Jäger kühnes Jagen

wird von den Hasen hie gefällt und Schau getragen.

Durch Recht und Kunst alles Thun der Welt

nun gänzlich ist versehrt und in einander gefällt“.

 

Auch die Speicher wurden mit entsprechenden Gedanken versehen, so stand am Speicher des Hofadvokaten Balthasar Schwenn:

 

„Für Gott, Vaterstadt und Nachwelt“. Und dazu:

„Andre haben für uns gebaut, wir baun für die Nachwelt,

Christus hat uns den Weg auf zum Himmel gebahnt.“

 

Der Kaufmann Georg Keuter versah seinen Speicher mit dem Leitgedanken:

 

„Die Natur hat uns gelehret wohl,

Dass niemand sich bereichern soll

Mit andrer Schaden und Verderb,

Sondern mit Gott und Ehren sein Brot erwerb.

Alle die mich meiden und nichts geben,

Die thu ich meiden und lass sie leben“.

 

Es würde viel zu weit führen, wollte man weitere Beispiele der Spruchdichtung aus der alten Krönungsstadt heranziehen. Mögen aber die aufgeführten Zeilen allen denen mit freundlichem Gruße empfohlen sein, die, um einen Ausdruck des Ostpreußen Herder uns anzueignen,

 

„den Verstand haben, ihren Verstand zu fassen, und Gefühl, die naive Schönheit des Ausdrucks zu fühlen!"

Hermann Bink

 

 

Seite 10   Königsberg und Preußentum – unauslöschlich. Von Herbert Schlobies - Unna

Als in der Presse die Zusammensetzung der Beobachterdelegation der Vereinigten ostdeutschen Landsmannschaften für Genf bekannt wurde, die aus zwei Vertretern der Schlesier zwei der Sudetendeutschen und einem der Balten bestand, wurde es offenbar, dass man auch von deutscher Seite nicht den Mut hatte, vor den großen Vier die Forderung auch der Rückgabe aller deutschen Gebiete mit den alten Reichsgrenzen eindeutig und unmissverständlich zu erheben. Jeder Ost- und Westpreuße wird es als ein nicht gutzumachendes Versäumnis empfinden, dass dieser Delegation nicht auch Vertreter der ost- und westpreußischen und der pommerschen Landsmannschaft angehörten.

 

Umso mehr soll nach dem negativen Ergebnis von Genf die Welt davon Notiz nehmen, dass wir niemals auf unser durch die Charta der Vereinigten Nationen garantiertes Recht auf unsere ost- und westpreußische Heimat verzichten werden.

 

Für uns wird die 700-Jahrfeier unserer Landeshauptstadt Königsberg eine unauslöschliche Mahnung sein, diesen Anspruch immer wieder aufs Neue und nachdrücklichste zur Geltung zu bringen. Darum rufen wir uns noch einmal die Tage von Duisburg zu Pfingsten 1955 in die Erinnerung zurück.

 

Und diese Erinnerung kann nur beginnen mit einem Dank an die Patenstadt Duisburg. Gerade je mehr man Abstand gewinnt von den festlichen Pfingsttagen des Jahres 1955, zeitlich und die einzelnen Veranstaltungen gleichsam analysierend, umso mehr kommt einem zum Bewusstsein, wie groß das Maß an Verstehen, sich in die Bedeutung Königsbergs hineindenken, an Mitfreude war, das die verantwortlichen Männer Duisburgs und ihre Mitarbeiter damals an den Tag gelegt haben bei den Vorbereitungen und der Durchführung dieses, denkwürdigen Geburtstages unserer Landeshauptstadt. Das war nicht eine mehr oder minder seelenlose Verpflichtung, weil nun einmal Patenschaften ein Ausdruck unseres staatlichen Zustandes sind, sondern das war ganze Hingabe an eine Aufgabe, die als vordringlichstes Gebot der Stunde erkannt worden war, das war der Wunsch nach einem Schenkenwollen, um selbst daraus die größte innerliche Bereicherung zu erfahren. Darum Dank und nochmals Dank allen Männern und Frauen Duisburgs!

 

Diese Tage von Duisburg haben aber hoch ein anderes offenbar werden lassen, dass immer wieder aufs Neue zu unterstreichen wahrlich die Pflicht eines jeden von uns ist. Die Begriffe „Königsberg“ und „Preußentum“ haben nichts, aber auch gar nichts mit einer parteipolitischen Ideologie zu tun, wer ihnen einen restaurativen, reaktionären, chauvinistischen Beigeschmack geben will, tut es böswillig und unter Verdrehung des wahren Sachverhalts. Das sozialdemokratische Duisburg sprach es mit Stolz aus, dass Königsberg die Geburtsstätte des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des größten deutschen Landes, Preußen, Otto Braun war, dass Preußentum mit dem Wahlspruch „Suum cuique“ gerade das Streben nach sozialer Gerechtigkeit und sozialem Ausgleich gewesen ist, dieses Preußentum die Heimat Hunderttausender von Menschen wurde, die in ihrer Heimat Frankreich, Schweiz und Österreich in ihrer persönlichen und weltanschaulichen Freiheit eingeengt und gefesselt waren. Preußen ist immer und stets eine Vorlösung des europäischen Einheitswillens und der Schmelztiegel für eine europäische Union gewesen.

 

Unauslöschliches Erleben.

Dieser Geist lag auch unsichtbar über allem, was an Erleben diese Pfingsttage brachten. Dass es ein harmonisches, unauslöschliches Erleben wurde, war einzig und allein der vorzüglichen Organisationsarbeit zu danken, die Stadtinspektor Neiss mit seinen Mannen von der Patenschaftsdienststelle der Stadt Duisburg geleistet hatte. Auf seinen Schultern ruhte die ganze Verantwortung in dem Haus in der Düsseldorfer Straße.

 

Der Freitag brachte bereits mit vier kulturellen Veranstaltungen einen grandiosen Auftakt der Geburtstagsfeier, wie man ihn sich kaum würdiger und erhebender vorstellen konnte. Das geschriebene Wort, das Brauchtum, die Werke von Pinsel, Stift und Meißel, und nicht zuletzt das Reich der Töne offenbarten den ungeheuren kulturellen Reichtum, der Königsberg eigen war und der mit dem Namen dieser Stadt unlöslich verbunden ist. Die Duisburger Stadtbibliothek, im Immanuel-Kant-Park gelegen, der aus dem festlichen Anlass ein gepflegtes Gewand erhielt, war der Sammelpunkt aller am früheren Geistes- und Kunstleben der Stadt Königsberg und an der Erhaltung des kulturellen Erbes Interessierten und Beteiligten, die sich hier ihr erstes Stelldichein gaben, um Wiedersehensfreude mit der dankbaren und fröhlichen Entgegennahme der künstlerischen Genüsse zu vereinen. Die vielen markanten Profile, die diesen Veranstaltungen ihre besondere Note verliehen, waren ein beredtes Zeugnis für die hier gemachten Aussagen.

 

Das Verbindende durch Wort zwischen Ost und West, das erst das gegenseitige Verstehen ermöglicht, unterstrich Bibliotheksdirektor Dr. Schmitz-Veltin. Unser Landsmann Wilhelm Matull, Direktor der Landeszentrale für Heimatdienst in Hannover, zeichnete in knappen, aber prägnanten Strichen Entwicklung, Umfang und Gewicht ostpreußischen Schrifttums. Die Ausstellung, durch wertvolle Leihgaben der Bücherei des deutschen Ostens in Herne qualitativ auf eine dem Jubiläum angemessene Höhe gebracht, bewies, dass die Ostpreußen nicht nur mit Schwert und Pflug, sondern auch mit der Feder umzugehen wussten.

 

Innerlich von diesem ersten Erlebnis bewegt, eilte man gleich zur Eröffnung der Ausstellung „Erinnerungen an Alt-Königsberg“ im Niederrheinischen Heimatmuseum, das im Gebäude des Duisburger Stadttheaters untergebracht ist. Gleichsam auf dem „Olymp“ wurden von Direktor Dr. Tischler diese Köstlichkeiten ostpreußischen Brauchtums dargeboten, unter denen menschlich am meisten anrührte der als Leihgabe zur Verfügung gestellte Brautschleier.

 

Wie überhaupt diese fast familiäre Note dieser Ausstellung und ihrer Eröffnung in allem zum Ausdruck kam, in den Worten von Dr. Tischler, der noch zu Pferde nach Königsberg geritten war in seiner Jugendzeit, wie in der Begrüßung der Witwe des Widerstandskämpfers Gördeler durch Oberstadtdirektor Klimpel, Münzen, Abendmahlskelche, Stiche und Knüpfteppiche zeugten für den allezeit hohen Stand ostpreußischer Lebenskultur, deren historischen Rahmen und Ablauf Dr. Gause, Direktor des Königsberger Stadtgeschichtlichen Museums, unter der begrifflichen Dreiheit Burg, Dom und Börse in ihrer Mission der Vorpostenstellung der westlich-abendländischen Welt darlegte.

 

Nur gut, dass die Prominenz ebenfalls nicht das Festprogramm einhalten konnte, sonst hätte man keine Minute gehabt, die eben empfangenen Eindrücke in sich nachklingen zu lassen, so konnte man sich in der kleinen Anlage neben dem Städtischen Kunstmuseum in der Königsstraße etwas ergehen und sich vorbereiten auf das Kommende. Und nur zu schnell musste man ins Museum, wo die bekannte Stecknadel nicht mehr zu Boden fallen konnte. Zu den schon geschauten Gesichtern aus Stadtbibliothek und Niederrheinischem Museum hatten sich viele neue, alte, vertraute und fremde, gesellt, um nach Ausbrüchen echter Wiedersehensfreude — die bei allen Veranstaltungen die ergreifendste Dokumentation der großen Ostpreußenfamilie war — stille zu werden vor den Werken einer Käthe Kollwitz und eines Lovis Corinth, während die Lebenden sehr lebhafte, oft zustimmende, oft bedächtig abwägende Kritik herausforderten. Nach der Begrüßung durch den Hausherrn, Museumsdirektor Dr. Händler, widmete Frau Lemke, die Bundesvorsitzende der Awo aufs tiefste aufrüttelnde Worte der großen mütterlichen Freundin Käthe Kollwitz. Die stattliche Reihe der Namen, die Vielfalt der einzelnen Techniken, Stile und Kunstauffassungen ließen den Ostpreußen zum Bewusstsein kommen, wie fruchtbar und Kunstelemente bildend unsere Heimat war. Den „Einheimischen“ aber vermittelte diese Ausstellung die Weltweite ostpreußischen Künstlertums.

 

Olof Jernberg,

Waldemar Rößler,

Theo von Brockhusen.

Heinrich Wolff,

Alfred Partikel,

Fritz Burmann,

Eduard Bischoff,

Franz Marten,

Karl Eulenstein,

Ernst Mollenhauer,

Karl Kunz,

Arthur Kuhnau ,

Alexander Kolde,

Georg von Stryk,

E. R. Grisard,

Hans Fischer,

Rudolf Strey,

Susane Schönberger,

Rolf Cavael,

Hans Pluquet,

Eva Schwimmer,

Hans Orlowski,

Gertrud Lerbs-Bernecker,

Dietmar Lemke

 

und die Plastiker

 

Hermann Brachert,

Jan Holschuh und

Rudolf Daudert,

 

 

Seite 10   Enthüllung der Kanttafel

Den Abschluss dieses verheißungsvollen Auftakts der Jubelfeier bildete der Klavierabend, den Hans-Erich Riebensahm in der Aula der Obermauer-Schule seinen Königsbergern und vielen anderen, die gekommen waren, um sich ein Bild von dem Königsberger Musikleben und Musikschaffen zu machen, bescherte. Der reiche Beifall, den er erntete, galt ebenso sehr dem bedeutenden Pianisten wie den beiden Künstlern Heinz Tiessen und Otto Besch, die sich ebenfalls dem Publikum zeigen mussten. Die „Natur-Trilogie“ mit den Sätzen „Auf dem Gipfel der toten Düne“, „Am Kurischen Haff“ und „Nacht am Meer“ von Thiessen und Otto Beschs Sonate waren begeisterte und begeisternde Hymnen auf die ostpreußische Heimat, denen sich keiner entziehen konnte.

 

War der Freitag den Museen gewidmet, brachte der Pfingstsamstag als Auftakt einen Empfang der Delegation der letzten Königsberger Stadtverordnetenversammlung, an ihrer Spitze der letzte Stadtverordnetenvorsteher Dr. Lawien, der Stadtverwaltung und Vertreter des öffentlichen und kulturellen Lebens durch die Stadt Duisburg, bei der Oberbürgermeister Seeling, ein ausgezeichneter Kenner der geschichtlichen Bindungen zwischen Duisburg und Königsberg, bereits Wesentliches darüber aussagte. Die Anwesenheit von Frau Goerdeler und unserer großen Dichterin Agnes Miegel verliehen diesem Empfang ein besonderes Gewicht, das Oberbürgermeister Seeling durch die Nennung der Namen Freiherr vom Stein, von Simson, Otto Braun und Goerdeler zu verdeutlichen wusste. Dr. Lawien und Konsul Bieske fanden warme Worte des Dankes und der Würdigung der Bemühungen der Patenstadt Duisburg. Dem Empfang schloss sich die Enthüllung der Immanuel-Kant-Tafel in einem der Torbogen des burgartigen Rathauses an. Mit der naturgetreuen Wiedergabe dieser Tafel, die einst am Schloss zu Königsberg den Vorübergehenden die Worte Kants vom gestirnten Himmel über mir und dem moralischen Gesetz in mir als ständige Mahnung zuriefen, hat Duisburg vielleicht das schönste und erste Beispiel gegeben, wie es seine Aufgabe als Patenstadt auffasst, nämlich im Geiste des großen Königsberger Philosophen zu handeln. Der Königsberger Bundestagsabgeordnete Rehs sagte dem die Enthüllung vollziehenden Oberbürgermeister Seeling Dank. Manchem stahl sich heimlich eine Träne in die Augenwinkel, als beim Fallen der Hülle vom nahen Turm der Salvator-Kirche „Ach bleib mit deiner Gnade“ erklang, jener Choral, der uns oft vom Schlossturm gegrüßt hatte.

 

Die Domglocke erklang

Mit diesen vertrauten heimatlichen Klängen im Ohr ging man durch das fahnengeschmückte Duisburg zum Stadttheater, vor dem ein zweiter Gruß aus der Heimat entgegenklang, aus dem ehernen Mund einer Glocke des Königsberger Domes. Als der Schreiber dieser Zeilen vor ihr verweilte, sah er ein kleines Mädchen, das ebenfalls sich ganz diesem überwältigenden Erlebnis hingab. Ob es ein Ostpreußenkind war oder ein „einheimisches“, das von der Gewalt dieser ehernen Sprache angerührt war? Hier wurde eine Sprache geredet, die jeder verstehen musste und verstand.

 

Höhepunkt der Jubelfeier war der Festakt, in dem prachtvollen Duisburger Stadttheater. Parkett und Ränge waren bis auf den letzten Platz gefüllt. Eine festlich gekleidete und festlich gestimmte Menge verlieh der Feierstunde einen würdigen Rahmen, die mit der Coriolan-Ouvertüre von Beethoven eingeleitet wurde. Generalmusikdirektor Eugen Jochum bot mit seinen Mannen des Duisburger Symphonie-Orchesters das Werk in edelster Nachschaffung. Mit exakten, auf einen Bruchteil von Sekunden abgegrenzten Bewegungen führte Jochum seine Männer, die den Intentionen ihres Dirigenten ebenso minutiös folgten. Die Kette der dann folgenden Reden kristallisierte sich um die Ansprachen von Oberbürgermeister Seeling und dem Festredner Professor Dr. Rothfels, ehemals acht Jahre Ordinarius für neuere Geschichte an der Königsberger Albertina. Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen Jakob Kaiser überbrachte die Grüße der Bundesregierung und sprach seine eigenen Glückwünsche aus.

 

Er forderte zu seiner stets lebendigen Wahrung der Tradition, die mit dem Namen Königsberg verknüpft ist, auf. Besonderen Beifall erntete der Bundesminister, als er mit herzlichen Worten seines Freundes aus der Zeit der Widerstandsbewegung, Carl Friedrich Goerdeler, gedachte, und aller Augen richteten sich auf die Witwe, die als Ehrengast am Festakt teilnahm. Rechts-, preußisches Pflicht- und Freiheitsgefühl ließen diesen Mann den Weg gehen, der gleichsam vom Geist Immanuel Kants und des Freiherrn vom Stein vorgezeichnet erscheint. Der Bundesminister zeigte dann die Bedeutung und das wahre Wesen des ehemaligen preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun auf, die Verkörperung einer Synthese von preußischer Staatsgesinnung und demokratischen Freiheitsbewusstsein. Seine Ausführungen gipfelten in der Mahnung, dass alle deutschen Menschen und Stämme einander näher rückten, um ein einiges, in allem ausgeglichenes Volk zu werden.

 

Konsul Bieske und der Vorsitzende der Berliner Landesgruppe der Landsmannschaft hatten auch bei dem Festakt die angenehme Aufgabe einer aus ehrlichem Herzen kommenden Danksagung.

 

Oberbürgermeister Seeling ging aus von einer ehrenden Erwähnung des tapferen Einsatzes unserer Wehrmacht bei den Kämpfen um Königsberg, um der eingeschlossenen Zivilbevölkerung den Weg in die Freiheit freizukämpfen, dabei geißelte er die Verlogenheit des Wehrmachtsberichts vom 12. April 1945, die die Ehre des Verteidigers von Königsberg, General von Lasch, besudelte, indem sie ihm Feigheit vorwarf und seine Verurteilung zum Tode durch den Strang ankündigte, als er in Erkenntnis der Sinnlosigkeit weiteren militärischen Widerstandes die Festung übergab. Dann ehrte der Redner die Toten, die während der Kämpfe um Königsberg und in den Hunger- und Seuchenjahren nachher erfroren, ermordet und verhungert sind. Warme Worte widmete er dabei den verstorbenen Ärzten, Geistlichen und Krankenschwestern, die ihr Leben hingaben im Dienste an ihren Nächsten. „Eine siebenhundertjährige Geschichte endete in Schutt und Asche, in Blut und Jammer“, ein ruhmvolles Erbe war frevelhaft verspielt worden, mit ihm die Ergebnisse von siebenhundert Jahren gesamtdeutscher Geschichte. Damit endete die Aufgabe dieser Stadt, „Vorort des Deutschtums im Nordosten, Bollwerk gegen die fremden Stämme im Osten zu sein, dazu Brücke und Verbindung zu ihnen für alles, was deutsche Kultur zu bieten hatte“.

 

Oberbürgermeister Seeling entwarf dann das Bild des Werdens dieser Stadt, die das Haupthaus des Deutschen Ritterordens nach 1457 wurde, die Umwandlung vom geistlichen in ein weltliches Herzogtum erlebte, Krönungsstadt des preußischen Königtums wurde, die Geburtsstätte der Städteordnung von 1808 und des preußischen Freiheitskampfes gegen Napoleon war. Und es muss dem Sozialdemokraten Seeling hoch angerechnet werden, für seine Worte „Preußen steht im Zwielicht, es ist ein Zerrbild geworden, es wurde im Bewusstsein vieler ein Urbild für Chauvinismus, Militarismus und Ungeist. Das echte Preußentum lebte aus anderen Kräften. Sein Wahlspruch „Suum cuique“  -  „Jedem das Seine“ — machte die Gerechtigkeit zum obersten Gesetz, dem auch der Staat diente. Preußentum war Bereitschaft zum Dienen, Wille zur Form, Ehrfurcht vor den menschlichen und geistigen Werten, war: „Mehr sein als scheinen. Königsberg lebt!“

 

Abschließend gab Oberbürgermeister Seeling seiner Überzeugung Ausdruck, dass bald der Tag einer friedlichen Rückkehr kommen werde. Und er schloss, wie manch anderer Redner nach ihm mit den Worten Agnes Miegels: „Dass noch in Dir, o Mutter, Leben ist, und dass Du, Königsberg, nicht sterblich bist!“

 

Es bedurfte schon eines Historikers vom Range eines Rothfels, um die gleiche Höhe zu halten, durch die sich die Worte von Oberbürgermeister Seeling auszeichneten. Was Seeling als Mensch ausgesprochen hatte, wurde von Rothfels durch wissenschaftliche Ausführungen untermauert, deren Schwerpunkt vor allem in der Darstellung der Bedeutung Königsbergs nach 1918 lag. Die Insellage Ostpreußens stellte Königsberg vor ganz neue, nie gekannte Aufgaben, die es städtebaulich, kommunalwirtschaftlich, kultur- und wirtschaftspolitisch hervorragend löste. Seedienst und Ostmesse, Handelshochschule und Kunstakademie, neue Blüte der Universität und des Theaterlebens, Ostforschung und Universitätswochen, die sich an die gesamte Bevölkerung richteten, waren Ausdruck eines kulturellen, wirtschaftlichen und staatlichen Abwehrwillens gegenüber den Mächten aus dem Osten. Vor allem deutete Rothfeld darauf hin, dass in den Kreisen der Universität ernsthafte Überlegungen angestellt wurden, wie das Mit- und Nebeneinander von dreißig Millionen Menschen befriedigend gelöst werden konnte, da das Nationalstaatliche Prinzip hier versagte, in der echten Eingliederung fremder Volksgruppen. Es ging dabei, wie der Redner sich ausdrückte, nicht so sehr um eine „Revision der Grenzen, sondern der Gesinnung“.

 

Vermächtnis und Unverlierbares, das gilt nicht nur für eine echte Verständigung zwischen Ostpreußen und Westslawen, sondern auch für die Fortführung aller Ideen in Bezug auf Bürger und Staat, Kultur und Politik, Recht und Macht, Volk zu Volk, die in den Mauern der Stadt Königsberg gedacht worden sind, kurz, das, was Theodor von Schön in die beiden Begriffe „Gewissen und Vernunft“ zusammengefasst hatte.

 

Mit der Tragischen Ouvertüre von Johannes Brahms klang die Feierstunde aus.

 

 

Festakt für die Albertina

Der zweite wissenschaftliche Beitrag zur Jubelfeier wurde in dem Festakt der Göttinger Georgia Augusta für die Alma Mater Albertina im Duisburger Hof gegeben. Professor Dr. Metzke, gebürtiger Danziger, der in Königsberg promoviert und am berühmten Friedrichskollegium seine Referendarjahre absolviert hatte, sprach über Gegensätzliches und Gemeinsames bei Kant und Hamann, denen das moralische Sittengesetz schließlich Ausfluss einer zutiefst religiösen Empfindung war. Den zweiten Festtag beschloss Hans Rehberg's Festspiel „Königsberg“. Von der Stadt Duisburg gedacht als ein besonderes Patengeschenk, vom Dramatiker nicht eben glücklich gelöst, eine Aneinanderreihung von Mono- und Dialogen in oft zu großer dichterischer Freiheit. Die Aufnahme war höflich, die Pressekritik weniger zurückhaltend.

 

Der Pfingstsonntag war einem allgemeinen Heimattreffen in der DVG-Halle nach der großen Kundgebung der Landsmannschaft im Duisburger Stadion vorbehalten, in der die einzelnen Sprecher den unabdingbaren Anspruch auf Ostpreußen unterstrichen. Der Abend brachte als zweites musikalisches Erlebnis, das Orchesterkonzert mit Werken von Otto Nicolai, E. T. A. Hoffmann, Hermann Goetz und der Uraufführung von Otto Beschs Partita „Aus einer alten Stadt“. Deren fünf Sätze „Türme am Horizont“, „Menuett im Schloss“, „Der Eislauf“, „Abendchoral“ und „Finale“ echt Königsberger Kolorit atmen, ohne jedoch in einen primitiven Provinzialismus zu verfallen, sondern mit allgemeingültiger Musikalität geschaffen. Erich wies auch bei dieser Veranstaltung seine besondere Begabung als Dirigent, der sich in die einzelnen Werke des Programms (Festouvertüre von Nicolai nach der Melodie „Ein feste Burg ist unser Gott“, Sinfonie von E.T. A. Hoffmann, Violinkonzert von Goetz) hineinversenkt hatte und den Klangkörper des Duisburger Sinfonie-Orchesters wie Solisten und Chor zu abgerundeten Leistungen, die Begeisterungsstürme hervorriefen, hinführte.

 

Um diese zentralen Angelpunkte der Festveranstaltungen rankte sich eine Vielzahl anderer Veranstaltungen. Die Kreisgruppe Duisburg der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen hatte zu einem Heimatabend unter dem Motto „Mein Bernsteinland und meine Stadt“ eingeladen. Verse von Agnes Miegel, Ostpreußenlieder, Rezitationen in ostpreußischem Platt und Volkstänze, dargeboten von der DJO Opladen und Oberhausen, bildete ein mit Beifall aufgenommenes Programm. Eine andere Veranstaltung unter dem Motto „Heimat am Pregel“ mit der ostpreußischen Humoristin Ruth Schimkat hatte sich die gleiche Aufgabe gestellt. Kräfte vom ehemaligen Reichssender Königsberg begeisterten ebenfalls wie eh und je. Dazu kamen die ungezählten Sondertreffen, das Akademikertreffen und die 300-Jahrfeier der Kronprinzer und das 175-jährige der Pioniere. Auch die ostpreußische Jugend hatte in einer Offenen Singstunde dazu beigetragen, ostpreußisches Liedgut wieder lebendig werden zu lassen.

 

 

Seite 11   Im Königsberger Stadttheater. Von Herbert Meinhard Mühlpfordt. Schluss.

Foto: Eingang zur Deutschen Ostmesse. Aufn.: Foto-Pohle

„Wodurch bewegt der Dichter alle Herzen?

Wodurch besiegt er jedes Element?

Ist es der Einklang nicht, der aus dem Busen dringt.

Und in sein Herz die Welt zurücke schlingt?

Wenn die Natur des Fadens ew'ge Länge

Gleichgültig drehend auf die Spindel zwingt,

Wenn aller Wesen unharmon'sche Menge

Verdrießlich durcheinanderklingt;

Wer teilt die fließend immer gleiche Reihe

Belebend ab, dass sie sich rhythmisch regt?

Wer ruft das Einzelne zu allgemeiner Weihe

Wo es in herrlichen Akkorden schlägt?

Wer lässt den Sturm zu Leidenschaften wüten?

Das Abendrot im ernsten Sinne glühn?

Wer schüttet alle schönsten Frühlingsblüten

Auf der Geliebten Pfade hin?

Wer flicht die unbedeutend grünen Blätter

Zum Ehrenkranz Verdiensten aller Art?

Wer sichert den Olymp? Vereinet Götter?

Des Menschen Kraft im Dichter offenbart“.

 

Diese herrlichen Worte, die den Beruf, die Berufung des Dichters so wundervoll umreißen, gewannen von den Lippen Friedrich Schillers in eigener Person ein ganz anderes Leben, als wenn ein X-beliebiger sie deklamiert hätte.

 

Hier stand der deutscheste aller Dichter leibhaftig vor den Augen des Publikums, hier sprach der edelste aller Dichter zu den tief ergriffenen Hörern und pries den Wert des Dichters für die Menschheit nicht so sehr in seiner künstlerischen Begabung, als vielmehr noch in seiner menschlichen Würde, im Adel seines Wesens, in der hohen edlen Menschlichkeit.

 

Der Schiller, den jeder aus seinen Dramen, aus seiner Gedankenlyrik, aus seinen Balladen, die darum so volkstümlich sind, weil sie mit spannender Erzählung, ergreifender Stimmungsgewalt, fortreißender Lebendigkeit tiefen sittlichen Gehalt paaren, kennt, den sah und hört man hier die Größe seiner Gesinnung, den hohen Ernst seines Strebens, seinen aufrichtigen Willen, gut und edel zu sein, in der seit Kindheit wohlbekannten Gestalt selbst bekennen.

 

Dieser Dichter, der sich dort auf der Bühne des würdigen Stadttheaters mit dem geschäftstüchtigen Direktor und der gegenwartsnahen lustigen Person im schönen Feuer idealer Leidenschaft um Zweck und Sinn des Schauspiels stritt, — er gab seiner hohen sittlichen Auffassung den schönsten Ausdruck, weil er eben — Friedrich Schiller war. —

 

Auch der nicht mehr junge Theaterdirektor, der Wirklichkeitsmensch, der Geschäftsmann, der die Menschen nimmt, wie sie sind, im braunen Radmantel und den Stulpenstiefeln der Jahre 1810 - 1820 und die Lustige Person im farbenfrohen Kasperlekostüm mit der Pritsche in der Hand, deren Maxime es ist, dem Augenblick zu leben und ihm sein Recht zu gönnen, brachten ihre Ansicht überzeugend zum Ausdruck, um damit Schillers hohes ideales Streben letztlich nur noch mehr zu unterstreichen.

 

So ward das Ideal, dem die alte Bühne seit just 111 Jahren treu gedient hatte, an jenem Tage dem Stadttheater zum nachträglichen Prolog und zur Rechtfertigung über Generationen hinaus. —

 

 

XIII.

29./30. VIII. 1944.

Sternenklar, mondlos wölbte sich der sommerliche Nachthimmel über Königsberg. Kein Lichtschein ließ ahnen, dass hier eine große Stadt an dem breiten Strom lag, dessen träge fließende Wasser nur matt das Sternenlicht widerspiegelten. Allein der Hauptbahnhof, jenseits des Flusses, verriet durch wenige abgeblendete Lampen sein Dasein.

 

Schweigend lag das Zentrum der Stadt mit dem gewaltigen grauen Schloss und mit dem Paradeplatz; finster ragten hier in der Dunkelheit die großen Gebäude der Universität mit dem schwarzen Reiterstandbild des Königs davor und das Opernhaus auf, dessen Einweihung vor 135 Jahren dieser selbe König lebend beigewohnt hatte.

 

Das Stadttheater, wie die alten Königsberger es noch immer zärtlich nannten, obwohl das Schauspielhaus draußen auf den Hufen mit dem dorthin übergesiedelten Schillerdenkmal davor auch längst städtische Bühne geworden war, hatte Ferien, weil es Sommer war. Hätte es aber keine Sommerferien gehabt, so wären seine Pforten, die es den Krieg hindurch bisher geöffnet gehalten hatte, dennoch geschlossen gewesen. Denn wenn man auch nach dem Wort der klugen Römer, die im Circus und Theaterwesen neben dem täglichen Brot die Hauptbefriedigung der Massen gesehen hatten, die Theater den ganzen Krieg über hatte spielen lassen, so war nun, im beginnenden sechsten Kriegsjahr die Heldengreifkommission endlich auch bis zu den Künstlern gedrungen und hatte weder vor Bonvivants und Heldenvätern, noch von Tenören und Bassbuffos, noch selbst vor Balletttänzern haltgemacht. Vielleicht könnten gerade diese letzteren, der Kunst, ach, so Unentbehrlichen, die immer mehr ins Wanken gekommene Front noch retten? —

 

Unheimliche Stille lastete über der Stadt. Drei Tage vorher war ein englisches Luftgeschwader über Königsberg gewesen und hatte einen nördlichen, dichtbevölkerten Stadtteil vernichtet — kahl starrten dort die rauchgeschwärzten zerbröckelten Mauern und die wie Knochenfinger eines Gerippes trostlos nach oben weisenden Essen in den Nachthimmel. —

 

Doch da die beiden folgenden Nächte kein Angriff weiter stattgefunden hatte, hatten die Einwohner gehofft, von weiteren Überraschungen verschont zu bleiben, zumal viele von ihnen wussten, dass ihre Stadt, wie schon im ersten Weltkrieg, als Einflusssphäre und künftiger Besitz der Russen galt, die sie unbeschädigt ihrem Reiche einzuverleiben hofften.

 

Stunde um Stunde verrann. Nichts regte sich. Die von schwerer Kriegsarbeit ermüdete, ungenügend ernährte Bevölkerung lag in lastendem Schlaf —.

 

Plötzlich — wenige Minuten nach zwei Uhr — von dem verhassten gellenden auf- und abschwellendem Heulen der Luftschutzsirenen jäh aus schweren Träumen gerissen, schreckten die so grausam Erweckten hoch, fuhren in fieberhafter Hast in die Kleider, ergriffen ihre bereitstehenden Bunkerkoffer und liefen in wilder Eile zum nächsten Luftschutzbunker.

 

Noch war der viel zu spät gegebene Fliegeralarm nicht verhallt, als das tiefe Dröhnen Hunderter von englischen Flugzeugen grauenvoll die Luft erschütterte. Vergebens versuchten die viel zu spät alarmierten Flakbatterien bellend und belfernd die Flugzeuggeschwader eines erbarmungslosen Feindes abzuwehren, der gekommen war, um unter die wehrlose Bevölkerung Vernichtung und Schrecken, Grauen und Todesnot zu tragen.

 

Schon prasselten die ersten Bomben auf die unglückliche Stadt hernieder.

 

Der Paradeplatz war eine der zuerst getroffenen Stellen. Krachend fielen die gekoppelten Phosphorbomben in die Häuser neben der Universität, Sekunden später bereits schlugen aus den Dächern helle Flammen. Universität und Opernhaus grell gelbrot beleuchtend.

 

Doch nur Bruchteile von Sekunden hatte das alte Stadttheater Muße, die ausbrechende Feuersbrunst zu betrachten, als von den, wie böse Bremsen hoch über der Stadt brummenden Flugzeugen einer dieser grauenvollen Brandfackeln auch in seinen würdigen Bau niedersauste, sein Schieferdach zerschlug und mitten auf den Schnürboden fiel.

 

Sofort fand der verspritzte Phosphor für sein heißes, weißes Glühen die erwünschte Nahrung — in Bruchteilen von Sekunden flammten die dicht bei dicht hängenden Soffitten lodernd hoch; vergeblich blieb das Herzuspringen beherzter Luftschutzwachen; sofort waren Schnürboden und Bühne ein einziges Flammenmeer, das zu löschen völlig aussichtslos blieb und aus dem die wenigen Menschen schleunigst flüchten mussten, wollten sie nicht dem beginnenden Feuersturm zum Opfer fallen.

 

Noch hielt der vorsorglich herabgelassene Eiserne Vorhang, der in Friedenszeiten einen so wichtigen und zuverlässigen Schutz gegen das Übergreifen von Bühnenbränden gebildet hatte, das rasende Feuer vom Zuschauerraum ab, aber auf der Bühne fand der Brand reichliche Nahrung an den Kulissen aus Holz, Pappe, Leinwand — knisternd und knatternd verbrannte das alte Gerümpel, Funkenregen jagte zum brennenden Dach hinaus in den klaren Nachthimmel, dichter schwarzer Qualm stieg hoch —.

 

Aber es war nicht bei der einen Bombe geblieben. Dicht bei dicht waren die entsetzlichen Geschosse auf die unglückliche Stadt geprasselt und auch das Opernhaus war mehrfach getroffen worden.

 

Schon brannten die Requisitenkammern, die im Nu ein loderndes Feuermeer waren; der doch für jedes Theater so unentbehrliche Plunder gab dem Feuer die erwünschte Nahrung: auflohend verkohlten ächzend die alten Kulissen — hei, wie sie brannten, all die schönen Dekorationen: der Isistempel aus der Zauberflöte — im Augenblick funkensprühend in Asche aufgegangen; das Hans-Sachs-Häuschen, aus dessen offenem Fenster so oft das Klappern des Schusterhammers des Meisters geschallt — eine einzige auflodernde Flamme; die Walddekoration mit dem aufgehenden Mond aus dem köstlichen dritten Akt der Lustigen Weiber — mit Gedankenschnelle in feuriges Nichts zerstoben; die aus dem Grün ragende Wartburg aus dem Tannhäuser — mit Windeseile ein knisternder Brand; ein Kerker aus dem Fidelio, dem Hohelied der Gattenliebe — im Nu ein schwarzer Qualm —.

 

Jetzt brannte auch der Zuschauerraum — hoch loderten die gierig fressenden Flammen im Gebälk; krachend fiel mit entsetzlichem Klirren der große Kronleuchter herab in die schönen Polsterreihen des Parketts, sie in Kleinholz zerschmetternd, soweit sie noch nicht durch herabfallende brennende Dachsparren und Balken ein Raub des Feuers geworden waren — wild leckten die Flammen an den Rängen entlang, ergriffen die Königsloge, deren edler Tempelbau noch im Sterben in Schönheit aufglühte, und bald war der ganze herrliche Raum ein einziges lebendes Flammenmeer.

 

Was half es nun, dass der schwere Eiserne Vorhang herabgelassen war, wo das Feuer in allen Ecken des Theaters ausgebrochen war und sich die gewaltigen Brände vor und hinter ihm nicht mehr die züngelnden Hände zu reichen brauchten? —

 

Riesengroß schlugen die Wolken schwarzen Qualms in den Nachthimmel, dessen in eisiger Ferne blinkende Sterne kalt und unbeteiligt herniederstarrten in die furchtbarste Tragödie, die je in dem alten Stadttheater aufgeführt worden war —.

 

So ging inmitten der ein einziges Flammenmeer bildenden Innenstadt Königsbergs der vor noch nicht anderthalb Jahrhunderten mit so viel schönen Hoffnungen erbaute Musentempel der östlichsten Stadt des Reiches grausam zu Grunde — barbarische Kriegsführung gegen eine am Kampf nicht beteiligte, dem Krieg von Anbeginn in ihrer überwältigenden Mehrheit völlig ablehnend gegenüberstehende Bevölkerung machte in ihrem brutalen Hass nicht Halt vor den Kunstdenkmälern der alten Residenzstadt, vor schönen Kirchen, Museen, dem altersgrauen, ehrwürdigen Schloss, der Stadt eines Immanuel Kant —.

 

Und so wurde auch das Theater, über dessen weltbedeutende Bretter so oft Shakespeares Gestalten geschritten waren, dessen König Lear, Hamlet, Macbeth, dessen Heinrich IV., Richard III., dessen Kaufmann von Venedig, Othello, Sommernachtstraum, Julius Cäsar, dessen Romanzen und Lustspiele so oft in erstrangiger Darstellung aufgeführt worden waren, von den Epigonen des Volkes, dem der gewaltige Speerschüttler angehört hatte, bis auf die Ringmauern vernichtet, in einer Kriegführung, welche die Rohheiten des Dreißigjährigen Krieges noch weit in den Schatten stellte —-.

 

Tage später, als der gewaltige Pilz von Qualm, Staub und Rauch, der drohend über den Trümmern der Stadt in den blauen Nachsommerhimmel des 30. August geragt hatte, sich verzogen hatte, als das letzte Schwelen in den kreuz und quer liegenden schwarzverkohlten Balken der Ruinen erloschen war und nur noch der durchdringende brenzlige Geruch über den Stätten der Verwüstung lag, da konnte man durch die stehenden Außenmauern in den Zuschauerraum des Opernhauses eintreten, vor dessen leeren Türöffnungen keine Theaterfrauen in Tändelschürzchen mehr standen, die Eintrittskarten verlangten und ihre bildgeschmückten Programme verkauften, und den einst so herrlichen Raum betrachten: ausgebrannt, geschwärzt das Mauerwerk, dessen Putz durch die Hitze in großen Fetzen abgeplatzt war, hochangefüllt mit Trümmern und Schutt — so lag er da!

 

Hell schien die Septembersonne vom blauenden Himmel in all die trostlose Zerstörung hinein, sie so erbarmungslos nackt aufzeigend, dass den Betrachter ein Grauen überlief —.

 

Zwischen den Trümmern von Bühne und Zuschauerraum aber hing noch immer, schief und verbogen von der Gluthitze, zwischen zerborstenen Mauern der gewaltige Eiserne Vorhang, und zuweilen wenn der Windhauch klagend durch das Gemäuer lief, schlug mit schleppender Musik irgendeine lose Eisenstange oder eins der herabhängenden Drahtseile des Schnürbodens hallend gegen ihn, als wollte dieses losgelöste Stück toter Materie eine Grabrede halten den erbarmungswürdigen Resten, die fünf Generationen hindurch so viel des Idealen, Schönen und Edlen der Menschheit vermittelt hatten —.

 

 

Seite 11   Garnisonleben im alten Königsberg.

Es waren vornehme alte Regimenter, die in Königsberg standen. Da gab es ein Regiment „König“, „Kronprinz“, „Herzog“, „Graf“ und „von“ sowie das Bataillon „Fürst“. Alle hatten einen festen Stamm von Freiwilligen, die aus Familien kamen, deren wehrfähige Jugend manchmal seit Generationen bei der gleichen Truppe diente. Außerdem stellte die Studentenschaft der Albertina eine große Zahl von Einjährigen, die nach ihrer vorgeschriebenen Übung A und B zu Reserveoffizieren befördert werden konnten. Es bestand ein enger Kontakt mit allen Kreisen der Zivilbevölkerung. Ein Verschen sagte:

 

„Schaschkes jibt's und Attallristen,

Pijenier' und Hobejisten;

In ‚Sprechen', da jehn so tanzen,

Denn da jibt's de feinsten Pflanzen.

Und ein jedrer nimmt sich schnell

So'ne drugglige Marjell,

Amisiert sich aasig!“ —

 

‚Sprechen‘ war ein Tanzlokal vor dem Steindammer Tor, rechts herum am alten Samlandbahnhof vorbei. Dort verkehrten die Schaschkes, das sind die ‚Gemeinen' Infanteristen, gern ‚mit krummem Arm'. Die Chargen, auch gelegentlich der Leutnant in Zivil, besuchten ,Ruckpauls Scheune', ein Lokal, das auch auf den Hufen gelegen war. Seine Anpreisung in der Allgemeinen oder der ‚Tante Hartung‘ lautete ungefähr: Ruckpaul, Treffpunkt der fashionablen Lebewelt Königsbergs — garantiert schneidig schärfster Flirt der östlichen Metropole ...!

 

Mit wenig Geld konnte man sich in schönen Friedenszeiten herrlich amüsieren. Der Leutnant stellte mit einem Thaler in der Tasche eine ganze Nacht durch die Lokale rund um den Schlossteich auf den Kopf. Wenn dann solch ein Bummel mit aufgehender Sonne im Flecklokal von Mutter Böhm beim Theater oder im Café Bauer am Paradeplatz endete, fanden sich draußen die Nachtdroschkenkutscher und die Straßenfeger ein, denn sie wussten, dass nun ihre Stunde gekommen war. Es wurden einige Griffe mit den Piassavabesen und Peitschen geklopft, dann in Linie angetreten zum Löhnungsappell, wobei jeder einige Pfennige in die Hand gedrückt bekam. Schließlich bestieg ‚der geschlossene Leutnant' eine Droschke und ab ging es zur Kaserne; manchmal wurde der brave Rosselenker hinten in den Fond gesetzt und einer der Fahrgäste bestieg den Kutschbock und ergriff selbst die Zügel. Angelangt, schnell den Kopf in die Waschschüssel, umgezogen und vor die Rekrutenabteilung, denn Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps!

 

Der Kavallerie-Brigadekornmissar Graf E. war in seiner Jugend Blüte selbst Kürassier gewesen. Jetzt wie damals standen seine Pferde im Stall der 2. Eskadron, wo übrigens auch ein abscheulich stinkender Ziegenbock gehalten wurde, weil das gegen die gefürchtete Druse gut sein sollte. Der Herr General hatte viele Verwandte unter den Offizieren seines alten blauen Regiments und wurde deshalb allgemein Onkel Karl genannt. Nun wohnte er damals unten in der Vorstadt und musste auf dem Wege zum Dienst immer die Pregelbrücken passieren, die häufig hochgeklappt wurden, um Schiffe durchzulassen. So stand er einmal geduldig wartend an der Sperrkette neben einem biederen Sackträger, dem das Geschäft zu lange dauerte. Der sagte zu dem Mann, der die Kurbel zum Schließen der Brücke bediente:

„Na August, nu drell man, drell man; ick und der Harr Jeneroal wie soane all hier un luere wie de Oape!“

 

Um die Jahrhundertwende kam der Kommandierende General Graf F. zur Rekrutenbesichtigung bei den Wrangelkürassieren. Nach der Instruktion richtete er selbst noch ein paar Fragen an die angetretene Mannschaft und sagte: „Kommen Sie mal vor die Front, der Kürassier auf dem linken Flügel im zweiten Gliede. Ich nehme an, Sie sind mit einem Kameraden in der Stadt und der hat sich etwas die Nase begossen. Was tun Sie?“ —

 

„Ich nehm ihm unterm Arm und bring ihm inne Kasern“. — „Gut, und was weiter?" „Ich bring ihm aufe Stub‘, zieh ihm dem Koller aus und leg ihm ins Bätt“. — „Gut, und was weiter?“ — Nach langem Überlegen: „Ich stell ihm 'nen Eimer ans Bett“. — „Gut, woher wissen Sie denn das?“ — „Ich war Bursche beim Leutnant, Herr Ex‘lenz!“ — Dieser war sprachlos. —

 

Dienstunterricht über Armee-Einteilung: Das Kriegsministerium. „Vom Kriegsministerium ressortieren die verschiedenen Waffen-Inspektionen. Es gibt eine Inspektion der Jäger und Schützen, eine solche des Maschinengewehrwesens, eine General-Inspektion der Kavallerie, der Feldartillerie ... Schließlich gibt es noch die Veterinär-Inspektion. Wie schon der Name besagt, sorgt sie für die Veteranen, ihre Witwen und Waisen“. — Ja, diese verflixten Fremdwörter!

 

 

Seite 11   Heimstätte für die vertriebene Jugend in Berlin

Eine neue Heimstätte für die vertriebene Jugend in Berlin hat der BLV am Wannsee erhalten. Mit Hilfe des BLV und seiner Landsmannschaften ist das unmittelbar am Wannsee gelegene ehemalige „Haus Königsberg“ in den Stand gesetzt worden, zum Mittelpunkt für alle Jugendlichen des deutschen Ostens zu werden. Das Heim verfügt über 20 Räume und ist zurzeit für eine Belegstärke von 70 Personen vollkommen ausgerüstet. Das 14 000 qm große parkähnliche Gelände mit seinen Grünanlagen, Zeltplätzen, Spiel- und Liegewiesen ist eine vorzügliche Stätte der Erholung für die vertriebene Jugend. Die Landsmannschaften und der Berliner Landesverband sind stolz auf diese Heimstätte, die eine wertvolle Ergänzung des bekannten Hauses der Landsmannschaften in Berlin, des „Hauses der ostdeutschen Heimat“ am Kaiserdamm darstellt.

 

 

Seite 12   Aus den Landsmannschaften

II.   Goldaper Kreistreffen

Die Patenstadt Stade gab im Rahmen des zweiten Kreistreffens der ehemaligen Einwohner des ostpreußischen Grenzkreises Goldap eine Reihe von Förderungsmaßnahmen bekannt. Der Kreis Stade will in seinem Gebiet Goldaper Bauern ansiedeln, Kindern aus dem Patenkreis Stipendien für die Ausbildung gewähren und Goldaper Künstler unterstützen. 25 Goldaper Kinder sind bereits auf Kosten des Patenkreises in das Nordseebad Duhnen bei Cuxhaven geschickt worden. Dem Kreistreffen wohnte auch der letzte Landrat von Goldap, Dr. von Buschka bei. Er ist Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Parlamentarischen Beirates des VdL.

 

 

Seesen a. H.

Zum „Tag der deutschen Heimat“ leitete Obmann Papendick den sehr gut besuchten Gemeinschaftsabend der Ost und Westpreußen am 06.08. mit einer heimatpolitischen Kundgebung ein. „Zäh und geduldig, mutig und maßvoll und mit verhaltener Leidenschaft müssen wir die kommenden Ereignisse der Weltpolitik verfolgen.“.— Die anschließende Stunde „Humor der Heimat“ gestaltete unser Landsmann Dr. Alfred Lau aus dem reichen Schatz seines dichterischen Schaffens mit plattdeutschen und mundartlichen Vorträgen, wofür ihm mit großem Beifall und Blumengebinden seitens der Zuhörer gedankt wurde. Ebenso großen Anklang fand auch Frau Lina Fahlke - Pillau, die Dr. Lau selbst als eine ganz vorzügliche Interpretin seiner Gedichte bezeichnete. — Zum Heimatabend am 03.09. bereitet Hilfsschullehrer Fenske einen Lichtbildervortrag über „Das ostpreußische Ermland“ vor.

 

 

Verein heimattreuer Ost- und Westpreußen zu Hannover

Am Sonntag, 28. August 1955, findet eine Autobusfahrt zur Porta Westfalica statt. Abfahrt in Hannover vom Raschplatz um 9 Uhr. Rückkehr in Hannover um 23.30 Uhr. Schlossbesichtigung in Bückeburg. Ab 18 Uhr in Porta fröhlicher Tagesausklang bei Musik und Tanz. Teilnehmerpreise: Mitglieder 2,-- DM, Gäste 6,-- DM, Kinder bis zu zehn Jahren 3,50 DM, Mittagessen (Eintopf mit Einlage) 1,20 DM. Der Teilnehmerpreis ist bis spätestens zum 18. August auf das Postscheckkonto des Vereins, Hannover Nr. 122 176, zu überweisen. Der Einlieferungsschein der Zahlkarte gilt als Fahrtausweis und ist während der Fahrt auf Verlangen vorzuzeigen.

 

 

Warendorf (Westf.)

Die Ostpreußen sind in dieser Stadt, welche nicht nur durch das Landgestüt der Mittelpunkt der westfälischen Pferdezucht, sondern auch der Sitz des Deutschen Olympiakomitees für Reiterei und der, der einzigen Höheren Reit- und Fahrschule des Bundesgebietes ist, ganz besonders rege. Sie halten aber auch engsten Kontakt mit den übrigen Landsmannschaften und bilden mit diesen zusammen den Kreisverband des BVD.

 

Die diesjährige Hauptversammlung bestätigte den bisherigen Vorstand der Kreisgruppe, der nun schon vier Jahre unter dem Vorsitz von Oberrentmeister Dohnke steht und wählte Frau Link und Frau Kannt hinzu. Landsmann Paul Funk sprach über das Geschehen vor zehn Jahren und schilderte die Räumung Ostpreußens aus eigenem Erleben an maßgeblicher Stelle. An einer Autobusfahrt in das Sauerland, vom BVD veranstaltet, nahmen wir zahlreich teil und erlebten die Schönheiten unserer neuen Heimat. Unsere Frauengruppe trifft sich an jedem zweiten Mittwoch im Monat zum regen Gedankenaustausch. Für das Winterhalbjahr sind drei kulturelle Veranstaltungen vorgesehen. A. D.

 

 

Seite 12   Landsleute bitte herhören

Wir suchen und wer berichtet:

 

Angest. Eduard Heinrich.

 

Bibliothekar Dr. Wolfgang Hermann.

 

Spark.-Angestellte Hertha Hoelze geb. Guske.

 

Karl Hinz (zuletzt Luftschutzpolizei-Hansaring).

 

St.-Insp. Fritz Huuk.

 

St.Insp. Hennig.

 

Lehrer Holm.

 

Hausmstr. Hippel,

 

St.-O.-Insp. Hans Hand.

 

St.-Sekr.(in) Maria Haack,

 

Bauführer Hüge,

 

Anna Hoffmann (Fuhrges.),

 

Gasrohrnetzprüfer Emil Hock,

 

Angest. Gertrud Hoppe geb. Schmidt,

 

Angest. Harder (Hafen),

 

Arbeiter Hans Homm, (Alters- u. Pflege-Heim),

 

Spark.-Angest. Holl,

 

St.-O.-Insp. Oskar Haase,

 

Schlossoberinsp. Fritz Henkensiefken,

 

Bibliothekarin Elsa Haubensack,

 

Angest. Heßke (Wi.-A.),

 

Steuervollz.-Sekr. Emil Heske und Frau,

 

Kammermusiker Fritz Haake,

 

Gartenarbeiter Fritz Heinrich,

 

die K.-W.-S.Kameraden Fritz Harbach,

 

Angest. Fritz Harnisch,

 

Otto Hill,

 

Karl Hollweck,

 

Schaffner Paul Iffländer,

 

Otto Jackstein und Jackel (W. W. Hardershof);

 

Angest. Jobke,

 

St.B.-O.-Isp. Paul Jürgens,

 

St.-Insp. Johannes Jahnke,

 

Angest. Jaschinski (K.-W.-S.),

 

Insp.-Anw. Karl John,

 

Ermittl.-Beamter Heinrich Jahnke,

 

Christel Jüergasch-Saul,

 

St.-Insp. Jedamzick,

 

Frau Iwohn (Stiftung),

 

Spark.-Angest. Jäger.

 

Anschriftensammelstelle der Königsberger Magistratsbeamten, -Angestellten und -Arbeiter (16) Biedenkopf/Lahn, Hospitalstraße 1

 

 

„Kameraden vom Flügelrad“

Mit dem Titel „Kameraden vom Flügelrad“ hat in Würzburg ein Nachrichten- und Mitteilungsblatt sein Erscheinen begonnen, das sich an alle Eisenbahner aus den früheren ostdeutschen Reichsbahndirektionen (Breslau, Danzig, Königsberg, Oppeln, Osten in Frankfurt/Oder, Posen und Stettin) wendet.

 

Die neue Eisenbahnerzeitschrift „Kameraden vom Flügelrad“ erscheint zweimal im Monat und kann bei allen Postämtern im Bundesgebiet und in Westberlin oder direkt beim Verlag in Würzburg, Postfach 39, bestellt werden.

 

 

Achtung, Steinfurter!

Vor drei Jahren veröffentlichten wir in unserer Zeitung eine Artikelserie über die Geschichte der Union-Gießerei in Königsberg. Angeregt durch diese Artikelserie beabsichtigt der frühere Direktor der Waggonfabrik L. Steinfurt, Herr F. O. Radok, der jetzt in England lebt, die Geschichte der Waggonfabrik auf Grund der von ihm seinerzeit verfassten Jahrhundertschrift (1830 - 1930) neu zu fassen und, wenn möglich, bis 1945, dem bitteren Ende, zu erweitern.

 

Da Herrn Radok vor allem die Kenntnis der Ereignisse von 1938 bis zum Ende fehlt, bittet er um Material, das diese Zeitperiode umfasst. Es sind erwünscht Angaben über die Zeit von 1936 - 1945 und evtl. darüber hinaus, über die Tätigkeit des einzelnen Betriebsangehörigen im Werk, Fabrikation, Ereignisse besonderer Art, Schilderungen der letzten Zeit, Erlebnisse nach dem Zusammenbruch, Alter und heutige Tätigkeit und Lebensumstände, Schicksale und nähere Umstände von Arbeitskameraden, die heute nicht mehr am Leben sind. Alle ehemaligen Steinfurter rufen wir daher zur Mitarbeit auf und bitten alles Material der Schriftleitung der Ostpreußen-Warte zuzuleiten. Wir werden dann das Material gesammelt an Herrn Radok nach England weiterleiten.

 

 

Pankow gegen Vertriebenenmarke

Auf die Forderung des Postministers der Sowjetzone hin, die Vertriebenengedenkmarke aus dem Verkehr zu ziehen, hat das Bundespostministerium die Bevölkerung im Bundesgebiet gebeten, Postsendungen nach der Sowjetzone nicht mit dieser Marke freizumachen, um Beschlagnahme oder Rücksendung zu vermeiden.

 

Über die von der Pankower Regierung in etwa gegebene Begründung, dass die Marke „als Bekundung von Völkerhass und Kriegshetze“ gelte und deshalb der Entspannung nicht diene, äußerte sich der Bundesvertriebenenminister, dass dieses Postwertzeichen eine harmlose Erinnerungsmarke sei, eine Erinnerung an die erste Vertreibung unserer Landsleute aus dem Osten vor zehn Jahren. Er fügte hinzu, dass durch Unterdrückung von Tatsachen eine Entspannung keinesfalls erzielt werden könne.

 

Die Vertriebenenmarke, die nur im 20 Pfennig-Wert herausgegeben wird, bleibt, wie ursprünglich vorgesehen, bis zum 31.01.1956 im Verkauf und behält bis 31.12.1956 ihre Gültigkeit. Es konnte eine Druckauflage in der doppelten der sonst bei Sondermarken üblichen Höhe erreicht werden. Durch die Bemühungen des Verbandes der Landsmannschaften wurde außerdem die Bezeichnung „10 Jahre Vertreibung“ durchgesetzt.

 

 

Seite 12   Wir gratulieren!

Frau Anna Gutzeit geb Brachaus, aus Königsberg, jetzt Seesen a. H., Jahnstraße 7, wird am 26.09.1955 das 78. Lebensjahr vollenden.

 

Der Pensionär Karl Meier von der Stadtverwaltung Königsberg/Ostpreußen, wohnhaft in Seesen a. H., Hinter der Kirche 3, wird am 14.09.1955 sein 76. Lebensjahr vollenden.

 

Frau Martha Szczepanski oder Szepanski, geb. Fischer, aus Allenstein/Ostpreußen, vollendet am 11.09.1955 in Seesen a. H., Marktstr. 4, bei guter Gesundheit ihr 70. Lebensjahr.

 

Frau Meta Neumann geborene Schlicht, Witwe des 1929 verstorbenen Stadtinspektors Otto Neumann, früher Zinten (Ostpreußen), wird am 28. August 1955, 75 Jahre alt. Sie lebt mit ihrer Tochter Gertrud jetzt in Beienrode bei Helmstedt. Haus der helfenden Hände, Altersheim.  

 

Das erste juristische Staatsexamen bestand Herr cand. jur. Erich Groß am 25. Juni 1955 bei dem Justizprüfungsamt des Oberlandesgerichts Köln mit Prädikat. Herr Groß stammt aus Neßberg im Kreise Heilsberg, wo seine Eltern einen Hof besaßen.

 

 

Seite 12   He sorgt vär. Von Dr. Lau

Ons Emil dal weer e karäsiger Jung

Möt e breedet Muul on e spötze Tung.

Moal wurd he önt Krankehuus rönnergestoake,

He hadd söck nich wo e Knoake gebroake,

E dodgem Voß hadd he angereehrt,

Dä weer nich geschoate, dä weer krepeert.

Doa keem de Kreisphysikus oawends um acht

On kratzd söck dem Kopp on säd: „Tollwutverdachtt“

 

On wie öm Schmolttopp e prachrige Luus,

So keem ons Emil önt Krankehuus.

Doa kreeg he e groote Sprötz möt Göfft,

Nu liggt he öm Bedd on schröfft on schröfft. —

Öndeß kömmt de Dokter on sitt em doa schriewe

On denkt, he wöll söck de Tied verdriewe.

Drom seggt he: Jetzt mußt du schön ruhig liegen,

 

Sonst mußt du noch eine Spritze kriegen!“

Doadropp ons Emil: „Öck wöll bloß noch weete“,

„Wie Sö möttem röchtige Noame heete“.

„Denn gnarr öck nich on denn ligg öck ook stöll“.

Öck schriew mi bloß opp, wem öck biete wöll“.

 

 

Unsere Buchbesprechung. Kurt Oskar Buchner: Burg der Freiheit

Eine Schiller-Erzählung. Zeichnungen von Gerhard Ulrich. Das Kleine Buch Nr. 79. 61 Seiten. Gebunden 2,20 DM. C. Bertelsmann Verlag, Gütersloh.

Eine wenig beachtete Episode im Leben Friedrich Schillers ist der Besuch des Dichters in Berlin im Jahre 1804. Not, Schulden und die schleichende Krankheit hatten ihm die Enge Weimars unerträglich gemacht. In Berlin, wohin Königin Luise ihn eingeladen hatte, glaubte Schiller Geborgenheit und Freiheit des Schaffens zu finden, um der Nation die deutsche Bühne zu schenken. Die Novelle gestaltet vor zeitgerechter Kulisse den Empfang, die leise Enttäuschung, den Besuch der „Braut von Messina“ im Kgl. Schauspielhaus; das sich aufraffen des Todkranken zu neuem Schaffen. Der Plan zum „Demetrius“ entsteht, das neue Werk, welches unter der Hut Goethes dann dem Zurückgekehrten zur wahren „Burg der Freiheit“ wird. Zeichnungen von Gerhard Ulrich begleiten harmonisch den Text. Ein hübsches Geschenkbändchen zum Schiller-Jahr.

 

 

Seite 12   Landbriefträger Ernst Trostmann erzählt (25)

Liebe ostpreißische Landsleite!

Ja, is das nu die Meeglichkeit! In zehn bis zu fufzehn Jahre sollen wir wirklich zum Mond fliegen können? Wie ich das im Rundfunk heerd, da dachd ich erst, ich treim, aber am anderen Morgen stand es schwarz auf weiß inne Zeitung. Da hat ja nu all oft was dringestanden, was nachdem nich stimmd, aber da war das nu alles so genau ausenanderverposamentiert, dass einer es diräkt glauben missd. „Du fährst aber nich mit“, sagd de Emma gleich, wie se das heerd, sonst nachdem bleibst irgendwo inne Luft hängen und zappelst mitte Beine, und wie soll ich dir denn wieder runterkriegen?“ Wodraus einer doch sieht, dass se um mir besorgt is. Nu stellen se sich mal vor, Se haben sich e Billjettche nachem Mond gekauft wie frieher nach Satzkowen, vorsichtshalber natierlich e Returbilljett, denn wer weiß, ob aufem Mond e Fahrkartenschalter giebt. Nu packen Se Ihrem Rucksack mit Fressalien und e Buddel Kornus — fier alle Fälle, vielleicht is da oben kein Schnaps nich zu kriegen, und wie wollen Se denn anstoßen? — und wirgen sich e dickem, wollnem Schal umme Gurgel, und denn steigen Se ein in die Rakete. Es giebt e Rucks, und denn fliegen Se freelich durche Gegend, dass Ihnen Heeren und Sehen vergeht. Und denn giebt wieder e Rucks, und denn landen Se aufem Bahnsteig von die „Fliegende Untertasse“. „Umsteigen nachem Mond“, brillt einer. Und der andere brillt: „Drops, Schokolade, Reiselektüre gefällig?“ Se kaufen sich e Zeitung, und weil bei diese Unternehmung ja alles mit unwahrscheinliche Geschwindigkeit geht, können Se nun all lesen, dass Se glicklich gestartet, glicklich geflogen und auch all glicklich aufem Mond gelandet sind. Der Zeitungsverkäufer hädd in die Aufregung e falsches Paket erwischt. Die Zeitung solld er erst aufem Mondbahnsteig anbieten. Aber nu war es passiert! Er hädd noch e Paket Zeitungen mit. Da stand all zu lesen, dass Se auch wieder glicklich auf die Erde angekommen sind. Aber soweit is es ja nu noch nich. Auf die „Fliegende Untertasse“, wo nu mit eins Erdsatellit heiß — bei die Gelegenheit kommt nu endlich raus, dass se all jahrelang mit sone Dinger rumgepinksert und rumgemaddert haben — is e scheenes Resterang, wo aber bloß Kaffee und Fleischbrühe giebt. Wie gut, dass Se e Buddel Kornus mithaben! Nu dauert auch nich mehr lang, denn geht es weiter. De Luft is e bißche dinn, und im Magen kluckert es, als wenn gleich alles hochkommen will. Deshalb kriegen Se Sauerstofftabletten, fimf Stick kosten zwei Mark. Wenn de Luft bloß nich noch dinner wird, sonst wird das auf die Dauer zu teier. Nu hucken Se wieder vergniegt in die neie Rakete, fest angeschnallt, aber sonst ganz bequem wie zu Haus im Sessel. Erst beim zweiten Rucks geht es los nach oben, aber nu gleich mit einem Tempo, wo die Autobahn gar mischt gegen is. Draußen fliegen allerhand Sternchens vorbei, wie im D-Zug de Telegrafenstangen, und kicken Ihnen dußlig an, als ob se sagen wollen: „Was haben die komischen Leite von die unruhige Erde hier in unsre friedliche Gegend zu suchen?“ Nu fliegen wir ganz dicht anne Milchstraß vorbei. Bloß gut, dass wir nich durchfliegen missen, sonst mechd aus die Milch gleich Schmand und Butter werden! Vleicht auch Glums, aber das war denn wenigstens noch e scheene Erinnerung an die Heimat. Denn nu kommt der gefährlichste Teil von die Mondfahrt. Es ruckst und stukert dauernd, weil wir ieberall mit kleine und große Sternchens und Planetchens zusammenstoßen. Ja, sehn Se, in diese Gegend giebt es auch e Verkehrsproblem, nich bloß bei uns aufe Erd. Wie wollen Se de Warnungsschilder und Pollezisten aufstellen? Außerdem, wer sagt denn, dass de Himmelskörper lesen können, und wenn se können, dass se auch gehorchen? Und wer soll de Strafmandate kassieren?

 

Sehn Se, das sind alles sone Schwierigkeiten, wo keiner nich mit gerechnet hat. Aber unsere

Rakete is festgebaut. Alles, was dagegen haut, wird foorts in kleine Stickerchens zerkloppt, wo denn als Sternschnuppen aufe Erd zurickfallen. Zuletzt giebt es wieder e großem Rucks, aber diesmal so dolil, dass Se trotz die Anschnallung mitte Nas aufem Vordermann seinem Rucksack raufstoßen. Der Dussel hat nu auch noch e Kochgeschirr aufgeschnallt, weil er sich, wenn wir wieder runterkommen, gleich bei die neie Wehrmacht melden muss. Dem Einberufungsschein hat er all inne Fupp. Er wolld bloß noch schnell dem Mondche besuchen, weil er nich weiß, wie lange er aufem ersten Urlaub lauern muss. Na, jedenfalls is nu das Ziel erreicht. Mit e Haufen Beilen und Schrammen huckt die Rakete nu in einem großen Krater, und keiner weiß nich, wie er aussteigen soll! Das wissen wohl die Erfinders selbst auch noch nich. Aber Se haben ja Ihr Returbilljett. Wenn die Rickfahrt nich meeglich is, missen Se ja Ihr Geld zurickkriegen. Und das is doch wenigstens e kleiner Trost. Vleicht wollen Se auch gar nich zurick! Vleicht ist da oben aufem Mond so still und friedlich, dass Se gar keine Sehnsucht mehr haben nach Autos, Fernsehen und Atombomben! Wenn da gut zu essen und zu trinken giebt und wenn die Mondmenschen uns nich gerad mit Knippels dotschlagen, denn wird da oben eben e neier Zirkus aufgezogen. Denn nehmen wir dem Mond im Völkerbund auf und bringen ihm pöh a pöh unsre ganze Kultur rauf, bis wir so weit sind, dass wir mit einem Druck aufem Atom-Knopp wieder alles vernichten können. Is das nich herrlich? Wissen Se, wenn ich mir das so beseh, wie eilig es die Leite mit die Mondfahrt haben und wie se aller sich schon jahrelang mit die Sache beschäftigen, denn wer ich dem Verdacht nich los, dass die Großen sich all beizeiten e Fluchtweg vorbereiten, dass se sich absetzen können, wenn auf die Erde emmend doch wo mal der Atom-Schmetter losgeht. In Amerika sollen sich all viertausend Menschen Billjetts besorgt haben. Das kost natierlich e Kleinigkeit, und wer die Zechinen nicht hat, muss hier bleiben. Es is immer dieselbe Geschichte! De Kleinen missen fier das bießen, was die Großen angerichrt haben. Denn, sagen Se, wo bleiben wir Rentner und Flichtlinge? Aber noch is es ja nich so weit, und de Emma kann ganz beruhigt sein. Wenn es fier uns Flichtlinge keine Fahrpreisermäßigung gibt, können wie sowieso nich mit. Und wie ich dem Bundestag kenn, wird er sich hieten, das auch noch zu bewilligen. Oder es wird genehmigt, aber erst in hundert Jahre gezahlt, und denn sind wir nich mehr da. Sehn Se, es giebt immer noch einen Weg, auch das schwierigste Problem erfolgreich zu leesen. Einer muss bloß Geduld haben! Nu hab ich mir aber e bißche reichlich mit die Mondfahrt aufgehalten. Eigentlich wolld ich Ihnen was vonnem Schitzenfest erzählen, wo im Augenblick ja noch wichtiger is, denn bei uns innes Dorf haben sie bei die Gelegenheit vorgtem Sonntag einem Schwer- und drei Leichtverletzte innes Krankenhaus abgeschleppt. Die waren nich womeeglich angeschossen, sondern bloß angesoffen, wie das bei so e Fest ieblich is. Und denn haben se sich aufem Festplatz mit Blumen beschmissen, aber die Blumentöppe waren noch dran. Das ging noch einigermaßen gut ab. bloß einem seine Brill wurd zerkeilt. Aber des Morgens, wie se nach Haus gingen, hakden se die Schwengels von einem Leiterwagen ab, sehn Se, und das hädden se nich tun solld. Aber sonst war es ganz gemietlich. Beim Festzug verlor einer von die Kostiemierten de Hosen, aber er kond ihnen noch rechtzeitig zergrabbeln, und nu missd er das große Schild „Einst und jetzt“ bloß noch mitte rechte Hand halten, weil er de linke fiere Bixen brauchd. De Musekanten haben freehlich geschmettert, und annem Schießstand hat es dem ganzen Tag geknallt. Zu essen und zu trinken bekamen wir dann auch reichlich, und die Karussells hädden gar nich genug Pferdchen und Sessels. Is doch wirklich was Scheenes, so e Schitzenfest! Ei der Schitzenkönig hat vleicht angegeben! Als ob er dem Weltrekord geschossen hädd. Er strahld ieber sämtliche Backen und hädd vor Freid bald die beide Ehrenjungfrauen zerknillt und zerdrickt. Zum Glick konnden se noch gerettet werden. Bloß das Wetter hädd könnt e bißche besser sein, die Biergläser liefen aller ieber, wenn einer draußen trank. De Wirstchen hat der Regen natierlich nuscht geschadt, heechstens, dass se nich ganz so heiß waren. Dafier konnd einer sich auch nich das Maul verbriehen. Womit ich mir fier heite wieder zurückziehe, um ieber dem Mond nachzudenke, wo so stille durch die Abendwolken hingeht. Es lässt mir doch keine Ruh nich!

Herzliche Ostpreißengrieße!

Ihr

Ernst Trostmann Landbriefträger z. A.

 

 

Seite 13   Suchdienst – Gefallene und gestorbene Wehrmachtsangehörige

Anfragen und Mitteilung zu dieser Liste sind unter Angabe des Namens und Vornamen des Gemeldeten (zweiter Name in der Suchmeldung) an den Suchdienst München, Rundfunkauskunft München 13, Infanteriestraße 7a zu richten.

 

Gesucht werden aus:

 

Vermutlich Allenstein: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Katanneck, geb. etwa 1927/1928, zuletzt bei der 3. Marschkompagnie Panzer-Ersatzabteilung 10 Zinten (Ostpreußen), A 5878;

 

der Gegend von Allenstein: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Schurkes, geb. 1926, Landwirt, Gefreiter, Feldpostnummer 22062 C, B 3621.

 

Eisermühle, Kreis Lötzen: die Angehörigen von Erich Bock, geb. 01.08.1927 in Reichenstein, zuletzt beim Grenadier-Ersatz- und Ausbildungsbataillon 12 Halberstadt, B 3533;

 

Guttstadt, Alleesiedlung 4: die Angehörigen von Alois Gronenberg, geb. 17.01.1927 in Guttstadt, ledig, Kaufmann. Flieger bei einem Fallschirmjäger-Regiment, A 386;

 

Königsberg: die Angehörigen von Helmut Frischmuth, geb. etwa 1919 in Königsberg, ledig, von Beruf Bäcker, Unteroffizier bei der 14. Komp. Grenad.-Rgt. 695, Feldpostnummer 04975, A 1659;

 

Königsberg-Neumark: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Ganschow, Bankbeamter, Volkssturmmann b. Volkssturm Küstrin B 3106;

 

vermutlich Königsberg: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Hildebrandt, Hilfswachtmeister, B 3186;

 

vermutlich Königsberg: die Angehörigen von Friedrich Kühn, geb. in Königsberg, verh., zuletzt bei der Sanitäts-Komp, der Feldpostnummer 37702. B 3306.

 

vermutlich Königsberg: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Puppe, Stabsgefreiter bei der 1. Komp. Pionier-Bat. 21, Feldpostnummer 29671, B 6614.

 

Königsberg: die Angehörigen von Otto Schulz, geb. etwa 1907/1909 in Königsberg, Unteroffizier, Feldpostnummer 24934 A, 3 6188;

 

Königsberg: die Angehörig, von Ernst Wißler, geb. 1912, Obergefreiter, B 3740;

 

Korschen (Ostpreußen): die Angehörigen von Alfred Palke, ledig, Feldwebel bei der 13. Komp. Volks-Grenadier-Division 349, B 1084;

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Prinz Heinz, B 3140;

 

Ostpreußen, vermutlich Masuren: die Angehörigen von Georg Koplin, geb. 06.12.1917 in Schönbruch, ledig, Unteroffizier bei der 1. Abteilung Nachrichten-Rgt. 501, Feldpost-Nr. 22454, A 2481;

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Wilhelm Krause, geb. etwa 1910 in Ostpreußen, von Beruf: Sattler, Obergefreiter, bei der Feldpostnummer 19667 D, C/212.

 

Ost- oder Westpreußen: die Angehörigen von Fritz Pußt, geb. etwa 1913/1914, Stabsgefreiter bei der Feldpostnummer 06542, A 2048;

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Hasenpusch, geb. etwa 1919, ledig, Landwirt, Obergefreiter beim Artillerie-Rgt. 349, Feldpostnummer 10760, A 4952;

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Erich Janke, geb. etwa 1903 in Ostpreußen, verh., 3 bis 4 Kinder, Metallarbeiter, Obergefreiter bei der Feldpostnummer 02713.

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Jörike, , geb. etwa 1915, verh., Obergefreitev bei der Feldpostnummer 20940, A 5037;

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Jordan, geb. etwa 1915, ledig, zuletzt bei der Veterinär-Kompagnie Dänemark, Feldpostnummer 41869, A 5039;

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Jordan, geb. etwa 1927/1928, led., zuletzt bei der Festungs-Pionier-Komp. Königsberg A 5040,

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: vermutlich Heinz Kallweit, geb. etwa 1916, zuletzt bei der 2. Kompanie Füsilier-Bataillon 361, Feldpostnummer 24826, D 155.

 

dem Kreis Angerapp (Ostpreußen): die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Allies, geb. etwa 1890/1895, Volksschullehrer, Hauptmann und Kompaniechef des 2. Landesschützen-Wachbataillons I/2, B 4105

 

Bartenstein (Ostpreußen): die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Borchert, geb. etwa 1900/1905 in Bartenstein, verh., Lagerverwalter, Pionier bei der 1. Komp. Bau-Pion.- und Ausbildungs-Bataillon Dirschau, A 3721

 

Goldap (Ostpreußen): die Angehörigen von Georg Arndt, geb. etwa 1926 in Goldap, ledig, Unteroffizier und Reserve-Offiziers-Bewerber, Feldpostnummer 66783, A 4214

 

der Gegend von Gumbinnen: die Angehörigen von Otto Freinik, , geb. etwa 1910, Molkereiangestellter, Feldwebel, Feldpostnummer 07507, A 4431

 

der Umgebung von Heilsberg (Ostpreußen): die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Burkhardt, geb. etwa 1916 in Ostpreußen, verh., aktiver Soldat, Feldwebel beim Stab I. Bat. Panzer-Reg. Brandenburg, Feldpostnummer 13107, A 4031

 

vermutlich aus Insterburg: die Angehörigen von Karl Brandt, geb. etwa 1915, verh., zuletzt beim Grenadier-Regiment 911, Feldpostnummer 00353, A 4132

 

vermutlich aus Königsberg: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Bablitz, Hauptmann und Kommandeur der II. oder III. Abteilung Artillerie-Regiment 96, B 4053

 

Königsberg: die Angehörigen von Erich Danehl, Unteroffizier bei der I. Abteilung Artillerie-Regiment 37, Feldpostnummer 23279 A, B 4054

 

vermutlich aus Königsberg: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Falk, Leutnant bei der 11. Kompanie Infanterie-Regiment 56, Feldpostnummer 22966 B, A/3863

 

Königsberg: die Angehörigen von Walter Geier, geb. etwa 1894, verh. Oberwachtmeister bei der Schutzpolizei Königsberg, A/4457

 

 Königsberg: die Angehörigen von Hans-Georg Geehrmann, SS-Sturmmann bei der Feldpostnummer 33755, B/4297

 

Kukerneese (Elchniederung): die Angehörigen von Paul Eivel, Oberst und Regimentskommandeur, B/4243

 

Nidden oder Cranz: die Angehörigen von Albert Detzkeit,  geb. etwa 1914, Beruf: Fischer, Matrosen-Hauptgefreiter bei der 3. Artillerie-Flottille, Feldpostnummer 49141, B/4205

 

Rodschani (Ostpreußen): die Angehörigen von Rudolf Gemballa, geb. 1922, zuletzt bei der Marine-Artillerie-Abteilung 632 Venedig-Italien, A/4122

 

Tilsit (Ostpreußen): die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Andreas, verh., Unteroffizier beim Fliegerhorst Neukuhnen, A 4212

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Maria Bach, geb. 1921, zuletzt bei der Heimatflak Nachrichtenhelferin 226/1, A 3775

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Bantel, A 4221

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Heinz Barwich oder Barwig, geb. etwa 1920, verh., Beruf: Seemann, Obermaat bei der Feldpostnummer 31247, B 4124

 

Ostpreußen die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Bauer, geb. etwa 1904/1908, verh., Landwirt, Soldat beim Feld-Ersatz-Bataillon 290 der 290. Infanterie-Division, A 4226

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Ernst Becker, geb. etwa 1925, SS-Grenadier bei der Kampfgruppe Joachim, A 4238

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Beß, geb. etwa 1900, verh., Landarbeiter, Obergefreiter bei der 2. Batterie leichte Flak-Abteilung 733, Feldpostnummer L 47242, A 4259

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Bönig oder Böhing, geb. etwa 1910/1912, Landwirtssohn, Obergefreiter bei der Feldpostnummer 43061, A 4284

 

vermutlich aus Ostpreußen oder Schlesien: die Angehörigen von Helmuth Bock, geb. etwa 1922, Unteroffizier beim Jäger-Regiment 24 der 12. Luftwaffen-Felddivision, Feldpostnummer 45220, A 4278

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Josef Caika, geb. etwa 1919/1921 in Ostpreußen, Unteroffizier bei der Feldpostnummer 15299, A 4322

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt Chiprowski, geb. etwa 1922. Landwirt, zuletzt bei der 16. Kompanie Grenadier-Sturmbataillon Oberrhein, A 4325

 

Vermutlich aus Ostpreußen: die Angehörigen von Erwin Freier, geb. 09.09.1907, Obergefreiter bei der 3. Kompanie Jäger-Grenadier-Regiment 2 der 11. Infanterie-Division, Feldpostnummer 16650 D, A 4430

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Bruno Ganda, geb. etwa 1920/1921, zuletzt bei der 14. Kompanie Grenadier-Regiment 407, Feldpostnummer 14206, B 4294

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Gennat, geb. etwa 1900, verh. Oberwachtmeister beim Artillerie-Regiment 349, Feldpostnummer 10760 C, A 4459

 

der Umgebung von Heilsberg: die Angehörigen von Richard Menzel, geb. etwa 1904, ledig. Landwirt, zuletzt bei der Kraftfahrpark-Kompanie zur besonderen Verwendung 573, A 6966

 

Königsberg: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Ganschow, verh., Bankbeamter, Volkssturm, B 1867

 

Königsberg: die Angehörigen von Franz Hirscher, verh., Wehrmachtsbeamter, Oberstabsintendant bei der Nachrichten-Ersatz-Abteilung 1 Königsberg, A 6681

 

Königsberg: die Angehörigen von Joachim Klein, geb. etwa 1912/1914 in Königsberg, ledig, Beruf: Zimmermann, SS-Unterscharführer bei der 1. Komp. Kampfgruppe „Reich“, A 597

 

Ostpreußen: die Angehörigen von Ernst Carsten, geb. 26.08.1909, Feldwebel bei der Feldpostnummer 17769, A 155

 

Allenstein: die Angehörigen von Eugen Pazinski, geb. etwa 1925 in Allenstein, ledig, Kanonier und Funker, A/8971.

 

Kreis Ebenrode (Ostpreußen): die Angehörigen von Heinz Klinger, geb. etwa 1915/1920, ledig, Landwirt, Gefr. beim Inf.-Regiment Großdeutschland, früher bei den Fallschirmjägern, A/8706.

 

Kreis Goldap: die Angehörigen von Gustav Preuß, Volkssturmmann beim Volkssturm Goldap, A/8772.

 

Gumbinnen: die Angehörigen von Fritz Raeder oder Reder oder Reeder, geb. etwa 1914 in Gumbinnen, verh., hatte Kolonialwarengeschäft, Hauptfeldwebel bei der Werkstatt-Komp. 3/40 der 24. Panzer-Div. B/7822.

 

Insterburg: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Barthel, geb. etwa 1925/1926, Flieger, B/7134.

 

Königsberg: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Groß, geb. vermutlich in Königsberg, verh., Beruf: Fleischer und Stadtangestellter, Hauptwachtmeister bei der Einheit Steinkamp, Königsberg, A/8654.

 

Königsberg (vermutlich): die Angehörigen von Kurt Nett, , geb. etwa 1910, SS-Hauptscharführer beim Artillerie-Rgt. der Division „Florian Geyer“, A/7161.

 

Ostpreußen: die Angehörigen von: Vorname unbekannt, Mohr, geb. 1919, Gefreiter bei den Pionieren 125, A/10 443

 

 

Seite 13   Eltern suchen ihre Kinder

Tausende ostpreußische Eltern und Angehörige suchen noch immer ihre Kinder, die seit der Vertreibung aus der Heimat verschollen sind. Wer Auskunft geben kann, schreibe bitte sofort an den Kindersuchdienst Hamburg - Osdorf. Blomkamp 51 unter Angabe von Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Ort des Kindes sowie die gleichen Angaben der Angehörigen und ihre Heimatanschrift von 1939, Landsleute, helft mit, das Schicksal der Vermissten aufzuklären.

 

Gesucht werden aus:

 

Allenstein, Elsa-Brandström-Straße 8: Siegfried Küssner, geboren im März 1942 in Allenstein, von seiner Tante: Frieda Küssner, geb. 20.09.1903

 

Allenstein, Bismarckstraße 9: Heidi Müller, geboren 17.08.1941 in Allenstein, von ihrer Großmutter: Katharina Müller, geborene Kraemer, geboren 20.03.1877

 

Bartschat: Gerhard Puch, geboren 30.08.1936 in Weinoten, von Frieda Schwarz, geborene Puch, geboren 27.05.1916

 

Barwen, Kreis Heydekrug: Irma Schulz, geboren 10.11.1940 in Barwen, von Ida Linkies, geborene Plegsties, geboren 04.02.1907

 

Blauden, Kreis Tilsit: Rita Sagels, geb. 10.12.1944 in Mehlsack, von Anni Skandies, geborene Ponelies, geb. 09.09.1905

 

Braunsberg, Flemingstraße 22: Jürgen-Peter Borowski, geb. 20.06.1942 in Braunsberg, von seinem Vater: Ernst Borowski, geb. 23.01.1913

 

Coadjuthen, Kreis Heydekrug: Die Geschwister Horst-Hugo Westphal, geb. 05.08.1940, Heinz-Hugo Westphal, geb. 20.08.1941 und Dietmar Westphal, geb. 10.12.1943, von ihrer Tante: Anna Girke, geborene Beckerath, geb. 11.05.1893

 

Dittwiesen, Kreis Angerapp: Herbert Samsonow, geb. 16.12.1936 in Aschegalen, von Stefan Samsonow

 

Eichenstein, Kreis Insterburg: Die Geschwister Ingrid Dammerau, geb. 05.10.1939, Kurt Dammerau, geb. 14.03.1941 und Edeltraut Dammerau, geb. 15.05.1942, gesucht von: Irmgard Stockmann, geborene Manske, geb. 11.07.1924

 

Freimarkt, Kreis Heilsberg: Erika Salditt, geb. 10.04.1938, von ihrem Onkel: Anton Salditt, geb. 06.11.1903

 

Hasenrode, Kreis Gumbinnen: Hildegard Paleit, geb. 18.11.1937 in Hasenrode, von ihrem Vater: August Paleit.

 

Heilsberg, Danziger Straße 19: Helga Klebingat, geb. 27.07.1940 in Heilsberg, von ihrer Tante: Lina Platz, geb. 12.04.1907

 

Insterburg, Weidenweg 13: Richard Lorenslat, geb. 04.01.1942 in Georgental, von Elisabeth Lorenslat, geb. 26.01.1923

 

Kamplack, Kreis Rastenburg: Die Geschwister Gerda Arbeit, geb. 1936, Ursula Arbeit, geb. 1940 und Dieter Arbeit, geb. 1942, von ihrer Tante: Hildegard Arndt, geb. 04.08.1920

 

Klinthenen, Kreis Gerdauen: Georg Groneberg, geb. 24.07.1938 in Klinthenen, von Hanna Blarr, geborene Wüsthoff, geb. 03.02.1913

 

Klinthenen, Kreis Gerdauen: Günther Wiese, geb. 21.01.1939 in Keulenburg, von seinem Onkel: Franz Kühn

 

Königsberg-Ratshof, Gerlachstraße 95c: Heinz-Willi-Georg Koslowski, geb. 21.02.1944 in Königsberg, von seinem Vater: Willi Koslowski. Bei dem Kind befand sich die Mutter: Helene Koslowski, geborene Wölk

 

Königsberg, Neugroßgärter Kirchenberg 7: Die Eheleute Albert Markwald und Maria Markwald, sowie deren Pflegekinder: Hannelore Eggert oder Eckert und Lothar Eggert oder Eckert, geboren im Juni 1936, von Helene Pagel. Die Familie Markwald befand sich etwa im August 194 während eines Bombenangriffs in einem Bunker des Neugoßgärter Kirchenwegs.

 

Königsberg, Ziegenweg 39: Rosemarie Nippa, geb. 16.10.1937, von ihrer Mutter: Hildegard Spiegel, geborene Nippa

 

Königsberg, Lawsker Allee 73: Alfred Pahlke, geb. 22.07.1935 und Christel Pahlke, geb. 31.10.1937, von ihrer Tante: Gertrud Pawel, geborene Pahlke, geb. 05.05.1909

 

Randau, Kreis Ebenrode: Horst Hennig, geb. 03.11.1941 in Randau, von seinem Großonkel: Adolf Lamprecht

 

Preußisch-Holland, Erich-Koch-Straße 26: Irma Edelgard Fischer, geb. 26.07.1936 in Steegen, von ihrer Mutter: Anna Fischer, geb. 10.02.1909

 

Open, Kreis Braunsberg: Johann Tolksdorf, geb. 27.10.1937 in Open, von seinem Vater: Anton Tolksdorf, geb. 22.04.1882

 

Ostfurt, Kreis Schloßberg: Siegfried Freutel, geb. 18.03.1938, von seinem Vater: Fritz Freutel, geb. 27.09.1903

 

Rehwalde, Kreis Schloßberg: Dieter Haase, geb. 08.03.1939 in Rehwalde, von seinem Vater: Albert Haase, geb. 03.09.1898

 

Petershausen, Kreis Schloßberg: Die Geschwister Kurt Rebner, geb. etwa 1935 und Herta Rebner, geb. etwa 1937, von ihrem Vater: Albert Rebner, geb. 10.10.1892

 

Smailen, Kreis Schloßberg: Herbert Bader, geb. 27.05.1934 in Löbtubalen und Ingrid Bader, geb. 18.08.1940 in Smailen, von ihrem Vater: Daniel Bader, geb. 30.04.1875

 

Scharon, Kreis Schloßberg: Bodo Monien, geb. 18.02.1935 in Spullen, von Ella Monien, geborene Kurpiuweit, geb. 21.06.1912

 

Schillfelde, Kreis Schloßberg: Martha Bartkus, geb. 12.05.1934 in Barschen, von ihrem Bruder: Anton Bartkus, geb. 09.07.1900 (der Suchende könnte eher der Vater sein)

 

Der Schäferei bei Groß-Ottenhagen, Post Groß-Lindenau, Kreis Samland: Herr Tonn. Er hatte eine Landwirtschaft und betreute die Kinder: Angelika Biller, geb. 1940 und Klaus-Peter Biller, geb. etwa 1942. Bei den Kindern befanden sich die Großeltern Neumann.

 

Schloßberg, bei Mina Sachs: Erwin Lemke, geb. im Oktober 1954 (vielleicht Schreibfehler 1934 oder 1944?) von Fritz Sachs, geb. 14.03.1910

 

Töteningken, Kreis Wehlau: Siegfried Pokall, geb. 05.08.1937 und Roswitha Pokall, von ihrem Vater: Erwin Pokall

 

Treuburg, Kanben-Kinderheim: Otto-Siegfried Klatt, geb. 02.10.1933 in Krotschin, von seinem Vater: Johann Klatt, geb. 10.06.1898

 

Willkühnen Kreis Samland, bei Familie Gedaschke: Edeltraud Gertrud Zerrath, geb. 24.07.1939, von ihrem Vater: Horst Zerrath

 

Königsberg, Karlstraße 3: Christa Biermann, geb. 15.12.1938, von ihrer Tante: Agnes Biermann, geb. 01.08.1895. Christa Biermann befand sich zuletzt im Waisenhaus in Tilsit.

 

Königsberg, Rosenauer Straße 29 oder 39: Traute Prang, geb. 17.07.1934, von Großeltern Otto Prang und Auguste Prang. Traute soll sich noch 1947 in Königsberg, Kummeraustraße, aufgehalten haben und dann mit einer unbekannten Frau nach Litauen gegangen sein.

 

Königsberg, Schrötterstraße 129: Die Geschwister Herbert Gregorzewski, geb. etwa 1936, Horst Gregorzewski, geb. etwa 1938 und Renate Gregorzewski, geb. etwa 1941, von ihrer Großmutter: Ida Gregorzewski, geborene Monetha, geb. 16.11.1881

 

Königsberg, Unterhaberberg 8c: Edith Lange, geb. 22.05.1936, von ihrer Tante: Hedwig Wesch, geborene Lange, geb. 12.03.1899

 

Königsberg, Unterhaberberg 10: Rosemarie Thiel, geb. 22.06.1941 in Schloditten, von ihrem Großvater: Friedrich Lapehn. Rosemarie Thiel wohnte mit der Mutter: Anna Thiel, geborene Lapehn, von Juni bis Oktober 1946 in Bögen, Kreis Preußisch-Eylau, und später in Tharau. Im April 1947 kam die Mutter in das Krankenhaus Preußisch-Eylau, wo sie verstarb.

 

Königsberg-Seligenfeld: Ursula Isekait oder Bendig, geb. 24.10.1934 und Dora Isekait oder Bendig, geb. 08.08.1937, von ihrer Pflegemutter: Marie Bendig, geb. 18.09.1913. Ursula Bendig soll seinerzeit als Rückkehrerin über das Lager Wolfen, Kreis Bitterfeld, gekommen sein.

 

Mahnsfeld, Kreis Samland: Bruno Bischoff, geb. 21.08.1933 und Rudolf Johannes Bischoff, geb. 26.11.1934, von ihren Schwestern: Edith Bischoff und Christel Bischoff

 

Dem Krankenhaus Mohrungen: Paul Schlussus, geb. 07.10.1943, von seiner Mutter: Elisabeth Schlussus. Der Knabe war im Dezember 1944 an Ruhr erkrankt und soll mit dem Evakuierungstransport des Kreiskrankenhauses Mohrunen weggekommen sein. Die betreuende Schwester Hanna Loleit, geborene Breitmoser, müsste den Verbleib des Kindes kennen.

 

Moterau, Kreis Wehlau: Anni Harnack, geb. 08.06.1934, von ihrer Mutter: Frieda Harnack, geborene Lux, geb. 19.08.1906

 

Neustadt, Ostpreußen, Erziehungsheim: Hans-Georg Demski oder Hennig, geb. 27.10.1935 in Insterburg, von seiner Mutter: Frieda Demski, geborene Hennig, geb. 21.02.1910

 

Pillau: Karl-Fred Walter, geb. 17.03.1943, von seiner Mutter: Frieda Walter. Der Knabe wurde im Januar 1945 in Pillau von seiner Großmutter getrennt und soll mit einem Schiff Pillau verlassen haben. Er war damals darmkrank. Der Knabe hatte blaue Augen und hellblondes Haar. Er konnte nur wenige Worte sprechen. Bekleidet war Karl-Fred Walter mit einem Strickanzug, einem grünen Lodenmantel und einer roten Mütze.

 

Buddern, Kreis Angerburg: Joachim Welz, geb. 14.05.1936 in Goldap, von seinem Vater: Helmut Welz, geb. 17.10.1906. Joachim war mit seiner Mutter auf einem Lastkraftwagen der Wehrmacht auf der Flucht. Dieser wurde am 22. Januar 1945 in der Nähe von Elbing durch einen Volltreffer zerstört. Dabei ist der Mutter das Kind abhandengekommen.

 

Drengfurt, Kreis Rastenburg: Kurt Buchholz, geb. 22.03.1934 in Neidenburg, von seiner Mutter: Charlotte Buchholz, geb. 08.05.1908 und von seinem Bruder: Heinz Buchholz. Kurt war mit dem Kinderkrüppelheim Angerburg nach Drengfurt gekommen.

 

Gillandwirszen, Kreis Tilsit-Ragnit: Herbert Schneiderat, geb. 21.03.1938 und Günter Schneiderat, geb. 02.03.1944 in Gintscheiten, von seinem Vater: Walter Scheiderat, geb. 12.12.1907

 

Heilsberg, Klosterstraße 12: Helga Keichel, geb. 17.01.1938 und Günter Keichel, geb. 28.08.1939 in Heilsberg, von ihrer Großmutter: Anna Wiedemann, geborene Bluhm, geb. 06.09.1887. Die Kinder sollen zuletzt im Waisenhaus II in Heilsberg gewesen sein.

 

Königsberg-Maraunenhof, Säuglingsheim: Sigrid Karin Pilkan, geb. 10.12.1944, von ihrer Tante: Christel Klemm, geb. 26.12.1923. Das gesuchte Kind Sigrid Karin Pilkan wurde am 08.03.1945 von seiner Großmutter in das Säuglingsheim Königsberg-Maraunenhof gebracht.

 

Königsberg-Rothenstein, Möwenweg 57: Hildegard Heinemann, geb. 19.04.1936, von ihrem Vater: August Heinemann, geb. 05.09.1906

 

Königsberg, Ponarter Bergstraße 7: Erika Maria Felgendreher, geb. 25.10.1939, von ihrer Mutter: Martha Felgendreher, geb. 25.10.1905. Erika Maria Felgendreher ging im Sommer 1947 mit mehreren Kindern aus Königsberg nach Litauen. Sie soll zuletzt mit einem Fräulein Anna Neumann aus Brandenburg bei Königsberg zusammen gewesen sein.

 

Königsberg, Prappelner Straße 17: Lothar Wegner, geb. 12.02.1935 und Ingrid Wegner, geb. 16.09.1938, von ihrem Vater: Hermann Wegner, geb. 14.07.1901. Lothar und Ingrid sind im Mai 1947 nach Litauen gegangen.

 

Korschen, Kreis Rastenburg, Gartenstraße 4: Werner Klein, geb. 22.07.1936 in Korschen, von seinem Vater: Georg Klein. Werner ist beim Einmarsch der sowjetischen Truppen mit einer Frau Neumann aus Bartenstein mitgelaufen.

 

Mohrungen, Krankenhaus: Luzia Schenk, geb. 11.11.1933 in Freudenberg, von ihrer Mutter: Luzia Kuhn, geborene Pantel, geb. 13.01.1911. Luzia Schenk wurde am 18.05.1945 wegen Typhus in das Krankenhaus Mohrungen gebracht.

 

 

Seite 13   Zivilgefangene …

Nachrichten und Nachfragen sind an den Suchdienst Hamburg des DRK, Abteilung II, Hamburg-Osdorf, Blomkamp 51 zu richten

 

Gesucht werden aus:

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Paul Dudeck, geb. etwa 1928. Angehörige sollen in Dortmund wohnhaft sein.

 

Ostpreußen (vermutlich Königsberg): die Angehörigen einer Frieda Flickert, geb. etwa 1918.

 

Saugen, Kreis Heydekrug: die Angehörigen des Zimmermanns Georg Gadeles, geb. etwa 1915.

 

Memelland: die Angehörigen eines Richard Gundis, geb. etwa 1923, war während des Krieges Feldwebel, linker Arm amputiert.

 

Budwethen, Kreis Tilsit: die Angehörigen der Eva Maier, geborene Baumgart, geb. 19.11.1913, und zwar die Mutter Berta Baumgart, geborene Adomeit, geb. 08.11.1884, und die Kinder Brigitte Baumgart, geb. 09.08.1937, und Doris Maier, geb. 10.09.1940.

 

Aus der Nähe von Tilsit: die Angehörigen eines Erwin Masakowitz, geb. 1931.

 

Ostpreußen: die Angehörigen einer Maria Muffeit, geb. etwa 1905.   

 

Uigschen (Memelgebiet): die Angehörigen eines Josef Pauliks,

 

Königsberg: die Angehörigen einer Gertrud Schafschwerd, geb. etwa 1923.

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Kaufmanns Gerhard Schäfer, geb. etwa 1915. Die Ehefrau soll in der Gegend von Dortmund wohnen.

 

Ostpreußen: die Angehörigen einer Margarete Scharding, geb. etwa 1925.

 

Memelgebiet: die Angehörigen des Schneidermeisters, Vorname vermutlich Max Schigautis oder ähnlich, geb. etwa 1900.

 

Ostpreußen: die Angehörigen eines Heinz Stache, geb. etwa 1929.

 

Die Angehörigen des Ernst Propawske, er soll während des Krieges in Ostpreußen gewesen sein.

 

Aus Elchwerder, Kreis Labiau: die Angehörigen des Erich Kuhn, geb. etwa 1926.

 

Aus Allenstein: die Angehörigen des Franz Dabrowski, geb. etwa 1900, von Beruf Melker.

 

Ostpreußen, der Gegend Königsberg: die Angehörigen einer Martha Egloff, geb. etwa 1905.

 

Königsberg: die Angehörigen einer Lisa Engel, geb. etwa 1895.

 

Königsberg: die Angehörigen des Arbeiters Fritz Fischer, geb. etwa 1913.

 

Wehlau (Ostpreußen): die Angehörigen einer Frau Elsner, geb. etwa 1897.

 

Ostpreußen: die Angehörigen eines Gerhard Finohr, geb. etwa 1930.

 

Ostpreußen: die Angehörigen der Anna Rohde, geb. etwa 1910.

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Kurt Peters, geb. etwa 1923.

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Siegfried Kelm,

 

Lindendorf, Kreis Wehlau: die Angehörigen des Horst Lakawe, geb. 28.03.1931, Beruf: Arbeiter. Vater soll Franz heißen.

 

Sichelberg: die Angehörigen des Wilhelm Mey, geb. etwa 1904, Beruf: Kaufmann

 

 

 

Seite 14   Foto: Festumzug beim Kreisturnfest und Alterstreffen der D. T. 1930 in Königsberg

 

 

Seite 14   Tannenberg-Treffen Königsberg Preußen

Vor 25 Jahren veranstaltete die damalige Deutsche Turnerschaft in Königsberg/Pr. vom 1. bis 6. August 1930 in Verbindung mit dem Kreisturnfest des Kreises I Nordost ein Tannenbergtreffen und Alterstreffen, zu dem aus allen Teilen des Reiches Tausende von älteren Turnern und Turnerinnen nach Ostpreußen eilten.

 

Dr. Lohmeyer, Oberbürgermeister der Stadt Königsberg/Pr., begrüßte den Entschluss zur Durchführung dieses Treffens und sagte in seinem Aufruf unter anderem: „Namens der Stadt Königsberg lade ich hiermit die deutschen Turner und Turnerinnen, insbesondere aus dem Westen unseres Vaterlandes, herzlichst zu möglichst zahlreichem Besuche ein. Wie die Deutsche Turnerschaft, so ist die Stadt Königsberg seit jeher bestrebt, alle Arten von Turnen und Sport nach ihren Kräften zu unterstützen und damit an der Erhaltung und Förderung der körperlichen und geistlich-sittlichen Kräfte unseres Volkes mitzuarbeiten.

 

Der Besuch der Turner aus allen Gauen unseres Vaterlandes in unserer Stadt soll auch ein Zeichen der Verbundenheit zwischen West und Ost sein und möglichst weite Kreise Inner-Deutschlands mit der Lage der vom Vaterland seit mehr als zehn Jahren abgetrennten Provinz Ostpreußen und seiner Bewohner bekanntmachen. Unser Gäste werden neben ihren Beratungen und der turnerischen Arbeit Gelegenheit finden, die Sehenswürdigkeiten Königsbergs und die Schönheiten der Ostprovinzen kennenzulernen; sie werden ferner, so hoffe ich, die Überzeugung mit nach Hause nehmen, dass die Ostmärker trotz der hier besonders schweren wirtschaftlichen Nöte unbeugsam und zäh für eine bessere Zukunft unseres Vaterlandes arbeiten und daran glauben“.

 

Diese erste und einzige turnerische Großveranstaltung in Königsberg mit Turnern aus allen Teilen des Reiches wurde ein glänzender Erfolg. Den Festtagen von 1. bis 03.08.1930 in Königsberg schlossen sich Turnfahrten in die verschiedensten Gegenden unserer Heimatprovinz an, die alle nach Hohenstein führten, wo am Mittwoch, dem 06.08.1930, im Innenhof des Tannenbergdenkmals ein feierlicher Schlussakt stattfand. Anschließend wurde den Teilnehmern aus dem Reich vor ihrer Rückreise durch den Korridor noch Gelegenheit geboten, Marienwerder und Marienburg unter einheimischer Führung eingehend zu besichtigen. W. A.

 

 

Seite 14   Sportkämpfe der Traditionsgemeinschaft der ostdeutschen Leichtathleten

Am Freitag, 5. August 1955, fanden die Wettkämpfe der Traditionsgemeinschaft der Leichtathleten aus den deutschen Ostgebieten in Frankfurt/Main statt. Zahlreiche Meldungen der ehemaligen Sportverbände aus Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Schlesien und dem Sudetenland lagen vor, so dass alle Sportdisziplinen zum Teil außerordentlich stark besetzt waren. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es sich bei den Wettkampfteilnehmern größtenteils um Mitglieder der Seniorenklasse handelt. Die mit großer Begeisterung durchgeführten Wettkämpfe entsprachen der eigentlichen Zielsetzung dieses Sportfestes, die vor allem in der Pflege ostdeutscher Sporttradition besteht.

 

Der Kameradschaftsabend mit Siegerehrung verlief in Anwesenheit des Vorsitzenden des Deutschen Leichtathletikverbandes, Herrn Dr. Danz, in harmonischer Weise.

 

 

Seite 14   Ergebnisse der Wettkämpfe

Wettbewerbe für Männer 100-m-Lauf:

Altersklasse 1: 1. Hildebrand, Pr. Sam., Königsberg, 12,2 Sek.;

 

Altersklasse 2:

1. Wittke, VfK Königsberg, 12,7 Sek.,

2. Domschat, Pr. Insterburg, 12,8 Sek.

 

75-m-Lauf: Altersklasse 3:

2. und 3. Hilbrecht, VTB Königsberg, Kubbutat, Königsberger Sport- und Turnverein (KStV), 9,4 Sek.;

 

Altersklasse 4:

1.und 2. Hillmann, VfB Breslau, Kubbutat, KStV Königsberg, 9,4 Sek.

 

1500-m-Lauf:

Altersklasse 2:

Albrecht, Pr. Sam., Königsberg, 4:40,1 Min.;

 

Altersklasse 3:

Liedig, Pr. Sam., Königsberg, 5:08,9 Min.;

 

Altersklasse 4:

Kowak, York Johannisbg., 5:47,5 Min.

 

4X100 m Traditionsstaffel der ostdeutschen Gebiete:

1. Ostpreußen 47,8 Sek.,

2. Pommern 49,4 Sek.

 

Weitsprung: Allg. Klasse:

1. Wedeln, Elbinger SV, 6,02 m,

2. Laudin, Asco Königsberg, 6,00 m;

 

Altersklasse 1:

1. Wagemann, Post Königsberg, 6,48 m,

2. Hildebrand, Pr. Sam. Königsberg, 5,85 m;

 

Altersklasse 2:

1. Wittke, VfK Königsberg, 5,46 m,

2. Domschat, Pr. Insterburg, 5,02 m;

 

Altersklasse 3:

Hilbrecht, VfB Königsberg, 5,28 m;

 

Altersklasse 4:

1. Dr. Scharping, Stettiner SC, 4,93 m,

2. Kowalk, York Johannisbg.. 4,81 m.

 

Kugelstoßen: Altersklasse 1:

1. Hildebrand, Pr. Sam. Königsberg, 9,95 m,

2. Sellnau, Elbinger SV, 8,95 m;

 

Altersklasse 2:

1. Wittke, VfK Königsberg, 12,37 m,

2. Domschat, Pr. Insterburg, 9,95 m;

 

Altersklasse 3:

1. Hilbrecht, VfB Königsberg, 13,04 m,

2. Kurreick, Pr. Samland, 9.82 m;

 

Altersklasse 4:

1.Blask, SV Lötzen, 11,68 m.

 

Dreikampf: Allgemeine Klasse (100 m, Weitsprung, Kugelstoßen):

Wedel, Elbinger SV, 1763 Punkte;

 

Altersklasse 1: Hildebrandt, Pr. Sam., Königsberg, 1673 Punkte;

 

 Altersklasse 2:

1. Wittke, VfK Königsberg, 1755 Punkte,

2. Domschat, Pr. Insterburg, 1411 Punkte;

 

Altersklasse 3 (75-m-Lauf, Weitsprung, Kugelstoßen):

Hilbrecht, JVfB Königsberg, 2100 Punkte;

 

Altersklasse 4:

Kubbutat, KSTV Königsberg, 1518 Punkte.

 

Wettbewerbe für Frauen 75-m-Lauf:

1.Klugkist, Asco Königsberg, 10,2 Sek. —

 

Weitsprung:

Haagner-Röwer, Asco Königsberg, 4,23 m. —

 

Kugelstoßen:

1. Haagner-Röwer, Asco Königsberg, 10,05 m,

2. Teuber, KTG Königsberg, 8,79 m. —

 

Dreikampf (75-mLauf, Weitsprung, Kugelstoßen):

1. HaagnerRöwer. Asco Königsberg, 1620 Punkte.

2. Klugkist, Asco Königsberg, 1511 Punkte.

 

Wettbewerbe für weibliche Jugend 75-m-Lauf:

1. Klahr, Asco Königsberg, 10,7 Sek.,

2. Kubbutat, KSTV Königsberg, 11,0 Sek.

 

Weitsprung:

Klahr, Asco Königsberg, 4,82 m. —

 

Kugelstoßen:

Klahr, Asco Königsberg, 8,37 m. —

 

Dreikampf (75-m-Lauf, Weitsprung, Kugelstoßen): Weibl. Jugend:

Klahr, Asco Königsberg, 1752 Punkte.

 

 

Turnerfamilie Ost- und Westpreußen

Zur Vermählung herzlichste Glückwünsche unserer Turnschwester Hertha Hesse geb. Migge (KTC Königsberg), die am 02.07.1955 mit Herrn Robert Hesse in Celle den Bund fürs Leben geschlossen hat. Dem jungen Paar alles Gute bis in fernste Zukunft.

 

Zum Geburtstage allen August-Geborenen die besten Wünsche für das neue Lebensjahr, ganz besonders zum vollendeten 50.

am 06.08.1955, Gertrud Falsehr geb. Hoffmann (Tgm. Danzig), 50 Jahre.

 

am 09.08.1955, Margarete Zegke (Elbing), 50 Jahre

 

am 16.08.1955 Margarete Wosegien (VfK Königsberg), 50 Jahre.

 

zum vollendeten 70.

am 01.08.1955, Eduard Grigoleit (MTV Königsberg),

 

zum vollendeten 75.

am 25.08.1955, Albert Zerahn (Elbing),

 

zum vollendeten 78.

am 14.08.1955, Paul Krause (KMTV Kgb. und Tilsit) und

 

zum vollendeten 80.

am 08.08.1955, Ernst Nelte (TuF Danzig) und

am 31.08.1955, Max Tribukait (KMTV Kgb.).

 

Ihnen allen ein frisch-fromm-frei-fröhliches Gut Heil!

 

Unbekannt verzogen sind laut Postvermerk:

Ursula Hauth und Franz Markowsky, beide KTC Königsberg,

 

Anni Raap geb. Hochmuth, KMTV Königsberg.

Wer kennt die jetzigen Anschriften? Onkel Wilhelm.

 

 

Nr. 860/I: Georg, unbekannter Soldat, zuletzt Angehöriger des Volkssturm-Btls. Königsberg: Im Januar 1945 fiel vermutlich in Haswinkel bei Labiau ein unbekannter. Soldat, der zuletzt obiger Einheit angehörte. Personalien: etwa 1,75 m groß, dunkle Haare, vermutlich aus Königsberg. Hinweise: Der Unbekannte soll als Prokurist bei der Firma Switt und Svensen in Königsberg beschäftigt gewesen sein. Seine Mutter soll ebenfalls bei ihm gewohnt haben.

 

Nr. 836/I: Heinrich, unbekannter Feldwebel, zuletzt Angehöriger des Festungsstabes Königsberg: Am 09.04.1945 fiel in Königsberg ein unbekannter Feldwebel, zuletzt Angehöriger des Festungsstabes Königsberg. Personalien: geb. etwa 1912/1917, blonde Haare, blaue Augen, schlanke Figur, verheiratet, eine Tochter. Hinweise: Der Unbekannte stammte aus der Nähe von Hildesheim, soll aber zuletzt in einer Garnisonsstadt in Bayern gewohnt haben, da er bei den Gebirgsjägern gedient haben soll.

 

 

Seite 14   Humor der Heimat

Am Königsberger Hafen werden schwere Säcke aus dem Dampfer in den nahen Speicher getragen. Einer der Stauer ist „auf Draht“ und macht nach jedem hineingetragenen Sacke einen Strich mit weißer Kreide auf den Prellstein am Speichertor, „damit die Zahl auch stimmt“. Da kommt ein Köter vorbeigelaufen und hebt ausgerechnet am Prellstein ein Hinterbein in die Höhe. „Hei, Koarl“, ruft einer der Stauer, „kick moal, doa radeert eener ön Dienern Hauptbook“.

 

Eine kleine Geschichte lange Jahre, vor dem Kriege vom Tilsiter Wochenmarkt seligen Angedenkens. Vor dem Rathause stehen die Besenbinder mit ihren Strauchbesen. Sichtlich erbost sieht einer zu, wie sein Nachbar seine Besen reißend los wird, während bei ihm keiner kauft. Schließlich kann er sich nicht halten und fragt: „Nu segg bloß, Noaber, wie kannst Du so böllig dä Bessems (Besen) verrkeepe för zwee Dittkes. Miene koste dree Dittkes un öck hebb dä Klubes (Birkenzweige) noch geklaut“. Darauf der also Angeredete: „Joa, mien Trutster, aber öck hebb fertige Bessems geklaut!“

 

Der alte Kutscher Meschkat und zwei junge Hofgänger dreschen in der Gutsküche Skat. Da bemerkt die Gutsbesitzersfrau, dass sich die beiden Burschen unter den Tisch bücken und die Karten austauschen. Sie ruft Meschkat unbemerkt zu sich und sagt ihm das. „Loate Se man, junge Frau“, sagt Meschkat, „öck weet Besch

 

Beim alten Waldwärter Nobereit ist der damalige Reichspräsident von Hindenburg bei einer Jagdfahrt vorbeigefahren und hat angehalten, sich mit den beiden Alten erzählt. Am nächsten Tage wird Frau Nobereit gefragt, wie es denn war, wie „er“ aussah. „Nu wie seech he ut? Ganz so wie opp mienem Kaffeetoppke“. Dieselbe Frau Nobereit erkrankte bald darauf schwer und der Arzt musste aus der Kreisstadt geholt werden. Darüber erzählte sie dann den Nachbarn: „Na weete Se, dä niemodsche Doktorsch sönn uck schon halvdomm. Öck segg em, mie deiht de Bug weh und he kickt mie önt Mul!“

 

Der alte Krebstakies will nach Frankfurt zum Besuch seiner Tochter fahren. Am Schalter fragte der abfertigende Beamte: „Frankfurt Oder oder Main?“ worauf im K. antwortet: „Geiht die ock wat an, wo öck foahr?“

 

Vor dem ersten Weltkriege wurden in Cadienen neue Insthäuser gebaut, die sogar Badestuben hatten. Als die Kaiserin einmal die neuen, schon bezogenen Häuser besichtigte, fragte sie bei einer alten Instfrau, wie sie mit den Badestuben zufrieden sei. „Ach sehr, Majestät“, erwiderte freudig die Alte, „doa breeg wie ömmer onsem Borg!“

 

Am Strom sieht ein alter Herr einem Jungen beim Angeln zu. „Na, mein Sohn, hast schon was gefangen?“ fragt er ihn. Der Junge schüttelte mit dem Kopf. Fragt der Herr weiter: „Aber heut müssen die Fischchen doch beißen?“ Zustimmendes Nicken des Jungen. „Na, Jung, kannst nich dem Mund aufmachen?“ fragt er jetzt ärgerlich. Wieder ein Kopfschütteln. „Na warum denn nich?“ Da meldet sich der danebenstehende kleine Bruder ganz entrüstet: „Geiht doch nicht. He hätt do dä Wärms (Würmer) önnet Mul!“ H.A.

 

 

Seite 14   Wir gratulieren

Pfarrwitwe Klara Selke, früher wohnhaft in Königsberg/Pr., beging am 5. August 1955 in geistiger Rüstigkeit ihren 80. Geburtstag. Sie wohnt jetzt im Vinzentiushaus Oppenau im Schwarzwald.

 

 

Seite 15   Familienanzeigen

Ihre Vermählung geben bekannt: Willi Bartenbach, Kirchberg/Hunsrück und Gertrud Bartenbah (wahrscheinlich Schreibfehler, soll wohl Bartenbach heißen), geborene Aust, Kirchberg/Hunsrück. Früher Königsberg, Preußen. 25. Juli 1955

 

Vor zehn Jahren beendete der Hungertyphus In Königsberg/Preußen ein blühendes Menschenleben, das der Kunst gehörte. Es verschied nach qualvollen Wochen meine innigst geliebte Schwester Liebgard Thiele, im 33. Lebensjahre. Sie folgte meiner unvergesslichen Mutter Maria Thiele geb. Wassel, die auch zu früh, im 49. Lebensjahre, verstarb. Wieder zehn Jahre später, am 10. Juni 1953, verließ mich nun auch mein herzensguter Vater Hans Thiele, 80 Jahre, dessen ausgefülltes Leben an Erfolgen und Auszeichnungen reich und voll steter Sorge für die Seinen war. Im Herrn vereint in Ewigkeit! Doch lautlos weint mein Herz . . .  Frau Margot Krumm, geb. Thiele, Gewerbeoberlehrerin i. R. Königsberg/Pr., Dahlerau (Wupper), Nürnberg-Stein

 

Immer wieder hält der Tod reiche Ernte in unseren Reihen. In aufrichtiger Mittrauer mit den Hinterbliebenen beklagen wir das Ableben unserer Turnschwestern Flora Thomas, geb. Losch vom KMTV Königsberg; gest. am 03.05.1955. 67 Jahre alt. Charlotte Peter, geb. Wroblewski vom Zoppoter Turnverein; gest. am 10.06.1955, 50 Jahre alt. Paula Schott, geb. Genschow vom Zoppoter Turnverein; gest. am 20.06.1955, 64 Jahre alt und des Turnbruders Conrad Bayer von der Turngemeinde Danzig; gest. am 20.05.1955, 78 Jahre alt. William Grupp vom KMTV Königsberg; gest. 18.07.1955, 73 Jahre alt. In Liebe und Treue zur Turnsache waren sie mit Ihren Vereinskameraden und darüber hinaus mit uns allen aufs engste verbunden. Ihr Andenken halten wir in Ehren! Für die Turnerfamilie Ostpreußen — Danzig — Westpreußen Wilhelm Alm

 

 

Suchanzeige

Gesucht wird Ernst Beyer, Kantor und Organist an der Tragheimer Kirche in Königsberg/Pr. Bis 1933 auch Organist an der neuen Synagoge in der Lindenstraße gewesen. Er hat auch bei verschiedenen Musikfesten In Königsberg mitgewirkt. Ernst Beyer ist am 22.10 1888 in Rastenburg geboren. Wer kennt Herrn Ernst Beyer oder die Anschrift der Angehörigen und Nachkommen? Nachricht erbeten an Herrn Dr. Friedrich Perles, Landgerichtsrat u. Notar, jetzt Tel-Aviv-Saffa - Israel, 12, Rothschild-Boulevard.

 

 

Seite 15   Ostpreußische Bücher

Ostpreußische Gutshäuser. Von Carl von Lorck — Eine wichtige Neuerscheinung, die zu den bedeutendsten Werken unserer heimatlichen Literatur zählt. Das Bildwerk kostet 12,80 DM.

 

Geschichte der Stadt Königsberg. Von Dr. Franz — Schriftenreihe des Göttinger Arbeitskreises. Preis 1,50 DM.

 

Humor aus Ostpreußen. 112 Seiten, Format 12 X 18 cm. Ganzleinen DM 4,80, kartoniert DM 4,--.

 

Der Väter Land. Deutsche Heimat zwischen Weichsel und Memel. Eingeleitet und mit 86 der besten Aufnahmen aus Ost- und Westpreußen, Danzig und dem Memelgebiet ausgestattet von Hubert Koch. Ein preiswertes, erinnerungsreiches Geschenkwerk! Nur 6,80 DM.

 

Der Untergang der „Wilhelm Gustloff“. Der aufsehenerregende Tatsachenbericht von dieser tragischsten und größten Schiffskatastrophe. Ein Mahnmal für alle Angehörigen der 5000 Toten dieses Schiffes. Preis 3,85 DM.

 

Gertrud Papendick: Die Kanther Kinder. Roman einer Königsberger Kaufmannsfamilie. 522 Seiten. Leinen 10,80 DM

 

Alles um eine Maus. Walter von Sanden-Guja. Die berühmt gewordene Geschichte von Birkenmaus, die der Verfasser in Ostpreußen fing, liegt nunmehr wieder vor. Preis 0,80 DM.

 

Hermann Sudermann: Frau Sorge - Roman - Ln. 7,80 DM - Der Katzensteg Roman, Ln. 7,80 DM. - Litauische Geschichten. Halbl. 6,80 DM. - Das Bilderbuch meiner Jugend Roman Halbl. 6,80 DM. - Die Reise nach Tilsit, Geb. 2,20 DM.

 

Agnes Miegel: Gesammelte Gedichte. Neue Gesamtausgabe. Leinen. 9,80 DM. - Geschichten aus Alt-Preußen 7,80 DM. — Der Federball 7,60 DM. - Unter hellem Himmel 1,85 DM.

 

Willy Kramp: Die Jünglinge, Roman, 500 S., Ganzl. 13,80 DM. — Was ein Mensch wert ist, Erzählungen, 4,20 DM.

 

Jürgen Thorwald: Es begann an der Weichsel. Ungekürzte Volksausgabe. 2,95 DM

 

Ostpreußen-Merian-Heft II: Lebens- und Schicksalstage aus der Welt der ostpreußischen Städte. 2,80 DM.

 

Götz von Selle: Deutsches Geistesleben in Ostpr. 1,80 DM.

 

Prof. K. Andrea: Der Bernstein 1,80 DM.

 

Die Entdeckung Ostpreußen! von Robert Budzinski. Ganzl. 5,50 DM.

 

Wir Ostpreußen. Hausbuch unserer Heimat Ganzl. 12,50 DM

 

 Preußenbrevier von Götz von Selle. In Leinen 4,80 DM.

Ostpreußen erzählt. Ein Buch für unsere Jugend. 6,85 DM.

 

Abschied von Königsberg v. Boree (7,80) Gzl.

 

„. .. bis an die Memel" v. E. Nadolny. 48 S. (1,50 DM).

 

Walter von Sanden-Guja: Am See der Zwergrohrdommel (6,80), Der Eisvogel (1,80), Leben am See der Vögel (12,--), Der See der sieben Inseln (5,80), Der große Binsensee (11,80).

 

Die neue Erde, Salzburger Roman von G. Schimansky. 520 S., 10,50 DM.

 

Königsberger Gästebuch, 124 S. kart 1,-- DM

 

Ernst Wiechert. In der Heimat. Mit 64 Fotos, Ganzl. 9,80 DM.

 

Schlacht um Ostpreußen von F. Hossbach 2,80 DM.

 

Doennig's Kochbuch. Das berühmte Kochbuch erscheint in 30. Auflage (201. - 205. Tausend) mit 32 Abbildungen auf Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 640 Seiten, in Ganzleinen DM 16,20, in abwaschbarem Einband DM 18,20.

 

Olfers-Batocki, Ostpreußische Dorfgeschichten Hlw.3,90 DM

 

Schumacher, Aus der Geschichte Ostpreußens. Ein volkstümlicher Geschichtsabriss gb. 3,50 DM

 

Königsberg 1945 - 1948. Ein Erlebnisbericht von Pfarrer H. Linck Hlw. 3,50 DM

 

Charlotte Keyser. Und dann wurde es hell. Menschenschicksale, erzählt in schlichter zu Herzen gehender Art. 280 S. Ln. 8,50 DM

 

Kramp, Konopka — Ein Spiel aus dem alten Ostpreußen Ln. 5,80 DM

 

Buchholtz, Jugend an der Grenze. Erzählung von tiefer Jugend-Freundschaft und Kameradschaft und Treue zur alten Heimat 128 S. Hlw. 5,40 DM

 

Dwinger, Wenn die Dämme brechen. Der Untergang Ostpreußens. 610 S. Ln. 6,80 DM

 

Rudolf Naujok: Der Herr der Düne. Ein Heimatroman, der auch schon für die reifere Jugend geschenkt werden kann. 240 S. Halbl. 6,80 DM.

 

Göttinger Arbeitskreis — Schriftenreihe:

Richard Meyer: Das Memelland --,80 DM. — W. Ziesemer: Die Marienburg 1,10 DM. — Prof. Dr. Hubatsch: Preußenland --.90 DM. — Prof. Keyser: Die Geschichte der Stadt Danzig 1,10 DM. — Prof. Dr. v. Selle: Immanuel Kant --,80 DM. — Dr. E. Riemann: Volkskunde des Preußenlandes 1,10 DM. — Kossak: Landeskunde von Ostpreußen 1,10 DM. — Prof. Dr. Peuckert: Ostd. Sagenbüchlein und Ostd. Märchenbüchlein je 1,10 DM.

 

Paul Fechter: Der Zauberer Gottes. Eine Komödie, 96 S.. Geb. 2,20 DM.

 

Schmauch, ost- und westpreußischer Sagenborn 64 S. Hlw. 3,90 DM

 

 

 

Seite 16   Treffen der Ortelsburger Jäger

In Verbindung mit dem Ortelsburger Heimattreffen am 3. und 4. September in unserer Patenstadt Hann. Münden soll auch eine Zusammenkunft aller ehemaligen Jäger des Kreises Ortelsburg stattfinden.

 

Wir wollen die in Ortelsburg gewohnte, herzliche Verbundenheit aller Waidgefährten nach altem Brauch auch fern der Heimat wieder einmal erleben und unter Beweis stellen. Es soll uns allen eine besondere Freude sein, auch im Kreise alter Jagdkameraden zehn Jahre nach der Vertreibung wieder einmal zusammenzukommen und uns an unser schönes Ortelsburg und seine herrlichen Jagdreviere zu erinnern. Die Unterzeichneten richten hiermit an alle ehemaligen Ortelsburger Waidgefährten und Freunde des edlen Waidwerks und der Falknerei, insbesondere auch an die ehemaligen Angehörigen des Ortelsburger Jägerbataillons und der Forstverwaltung die herzliche Einladung, möglichst zahlreich zu diesem Treffen zu erscheinen. Diejenigen Waidgefährten, welche noch im Besitz geretteter ostpreußischer Trophäen sind oder noch Abbildungen hiervon besitzen, werden gebeten, diese nach Möglichkeit zur Zusammenstellung einer kleinen heimatlichen Erinnerungsschau mitzubringen. F. Rexilius, Generalmajor a. D., letzter Kommandeur des Ortelsburger Jäger-Bataillons. B. Armgardt, ehem. Bürgermeister der Jägerstadt. Gröning, Forstmeister i. R. f. d. Forstbeamten. Willy Glaß, ehem. Kreisjägermeister des Kreises Ortelsburg-Nord.

 

 

Seite 16   Große LAG-Novelle in Kraft

Mit Verkündung des vierten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes im Bundesgesetzblatt Nr. 22 vom 15. Juli ist die Große LAG-Novelle in Kraft getreten. Der jetzt verabschiedete Kompromissvorschlag entspricht zwar nicht in vollem Umfang den Vorstellungen, wie sie von der im Bundestag im Februar dieses Jahres verabschiedeten Fassung enthalten waren, wird aber allgemein als annehmbar erachtet. Die wesentlichsten der zahlreichen Verbesserungen des LAG sind:

 

1. Der Aufenthaltsstichtag für die Geltendmachung von Vertreibungs- und Ostschäden wurde vom 31. Dezember 1950 auf den 31. Dezember 1952 heraufgesetzt.

 

2. Die im Bundesgebiet ansässigen Erben der in Kriegsgefangenschaft oder Internierung verstorbenen Vermissten können bis Ende dieses Jahres Vertreibungs- und Ostschäden geltend machen.

 

3. Verlagerter und durch die Kriegsereignisse verlorener Hausrat wird kriegssachgeschädigtem Hausrat gleichgestellt. Zur Hausratsentschädigung können Familienzuschläge für Spätheimkehrer gewährt werden, die nach dem 1. April 1952 in den Haushalt des Geschädigten aufgenommen sind.

 

4. Der Altsparerzuschlag von 10 bzw. 13,5% der verlorenen Altspareranlage wird auch bei Vertriebenen- und Ostgeschädigten zum Grundbetrag der Hauptentschädigung gewährt.

 

5. Bis 31. März 1979 müssen alle Hauptentschädigungsansprüche abgewickelt sein.

 

6. Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau gemäß § 254 Abs. 3 LAG werden auch an Pensionäre und Rentner gegeben.

 

7. Durch Erhöhung der Unterhaltshilfe erhält der Alleinstehende jetzt DM 100,--, das Ehepaar DM 150,-- und die Familie mit zwei Kindern DM 220 -- im Monat. Die Einkommensgrenze für die Gewährung von Unterhaltshilfe wurde ebenfalls erhöht. Die Krankenversorgung wird nach den Grundsätzen der öffentlichen Fürsorge als Rechtsanspruch gewährt.

 

8. Beim Bezug der Entschädigungsrente wurde der Einkommenshöchstbetrag erhöht. Unter bestimmten Voraussetzungen wird Geschädigten mit hohen Sparerschäden Entschädigungsrente wieder gegeben.

 

9. Sowjetzonenflüchtlinge können künftig auch Wohnraumhilfe erhalten. Der Härtefonds wurde von 50 auf 150 Millionen jährlich erhöht.

 

10. Eine Anzahl Vereinfachungen im Verfahren werden durch das Gesetz geschaffen.

 

Der Präsident des Bundesausgleichsamtes hat bereits die zur Durchführung erforderlichen Überleitungsbestimmungen getroffen, um die Ausgleichsbehörden in den Stand zu setzen, die durch das Gesetz veranlassten Umrechnungs- und sonstigen Arbeiten sofort aufzunehmen.

 

 

Seite 16   Kindersuchdienst des DRK

Hamburg-Osdorf, Blomkamp 51

Bild-Nr. 01391, Steckbrief mit Foto:

Name: Lippek

Vorname: Hans-Jürgen

Geboren: 10.09.1941

Augen: graublau

Haar: blond

Der Knabe sucht seine Mutter, Marie, Erna Lippek, geboren am 30.10.1912 in Ortelsburg. Sie soll 1938 geschieden worden sein und hat vor 1945 als Arbeiterin in Potsdam – Babelsberg gelebt.

 

 

Bild-Nr. 01328. Steckbrief mit Foto

Name: unbekannt

Vorname: unbekannt

Geboren: etwa 1938

Augen: blaugrau

Haar: blond

Vermutlich stammt der Knabe aus Königsberg. Der Junge kann sich auf seinen Namen und Geburtsdatum nicht besinnen. Angeblich hat auf einer in seinem Besitz befindlichen Kleiderkarte der Name Kawalof gestanden.

 

Bildnr. 01230. Steckbrief mit Foto

Name: Kannbare oder ähnlich,

Vorname: Agathe,

geb.: etwa 1940,

Augen: graubraun,

Haar: dunkelblond.

Das Kind stammt vermutlich aus Ostpreußen. Es erinnert sich an zwei Brüder Werner und Richard und will mit diesen im Kinderheim Rastenburg/Ostpreußen gewesen sein. Ferner erinnert sich das Mädchen, dass die Eltern eine Landwirtschaft neben einem Sportplatz hatten. Von dort aus sah man eine große Stadt.

 

Transsau, Kreis Samland: Bernhard Leskien, geb. 02.02.1934, von seinem Vater: Fritz Leskien, geb. 01.04.1901

 

Schareiken, Kreis Treuburg: Dorit Knoch, geb. 04.06.1936 in Halldorf, und Ritmar Knoch, geb. 24.09.1939 in Schareiken, von ihrem Vater: Franz Knoch, geb. 29.06.1910.

Inhaltspezifische Aktionen