Ostpreußenblatt, Folge 51 vom 22.12.1956

Ostpreußenblatt

Folge 51 vom 22.12.1956

 

Seite 1   Foto: uns ist ein Kindlein heut gebor’n

Vom tiefsten Sinn des Weihnachtserlebnisses und von der Freude über die Gnade Gottes kündeten in unserer ostdeutschen Heimat nicht nur die unvergesslichen Lieder der Christzeit, sondern auch die vielen Meisterwerke der bildenden Kunst, die dem Gottessohn und Erlöser der Welt und seiner Mutter geweiht wurden. Das Christkind grüßte uns von den Mauern der Marienburg und von unzähligen Standbildern und Gemälden in den Gotteshäusern Ostpreußens. Eines der schönsten Kunstwerke dieser Art schuf ein Meister des 15. Jahrhunderts in der „Stehenden Maria mit dem Kinde", das einst die herrlichste Zierde der Reinholdskapelle im Dom von Sankt Marien zu Danzig war. Der gleiche gottbegnadete Künstler hat auch die berühmte Danziger „Schöne Madonna" geschaffen. Seine Werke huldigen dem Kind von Bethlehem, dem Retter der Welt und Versöhner der Menschheit mit Gott.

 

Seite 1   Friede auf Erden

Von Conrad Ferdinand Meyer

Als wäre das Gedicht jetzt geschrieben worden und nicht vor Jahrzehnten — der große schweizerische Dichter lebte von 1825 bis 1898 —, so stark und unmittelbar wirkt es gerade heute.

 

Da die Hirten ihre Herde

Ließen und des Engels Worte

Trugen durch die niedre Pforte

Zu der Mutter und dem Kind,

Fuhr das himmlische Gesind

Fort im Sternenraum zu singen,

Fuhr der Himmel fort zu klingen:

„Friede, Friede! Auf der Erde!"

 

Seit die Engel so geraten,

O wie viele blutge Taten

Hat der Streit auf wildem Pferde,

Der geharnischte, vollbracht!

In wie mancher heil'gen Nacht

Sang der Chor der Geister zagend,

Dringlich flehend, leis verklagend:

„Friede, Friede ... auf der Erde!"

 

Doch es ist ein ew'ger Glaube,

Dass der Schwache nicht zum Raube

Jeder frechen Mordgebärde

Werde fallen allezeit:

Etwas wie Gerechtigkeit

Webt und wirkt in Mord und Grauen,

Und ein Reich will sich erbauen,

Das den Frieden sucht der Erde.

 

Mählich wird es sich gestalten,

Seines heil'gen Amtes walten,

Waffen schmieden ohne Fährde,

Flammenschwerter für das Recht,

Und ein königlich Geschlecht

Wird erblühn mit starken Söhnen,

Dessen helle Tuben dröhnen:

Friede, Friede auf der Erde!

 

Seite 1   Wieder wird’s Weihnachten

Eine ganze Welt liegt in dem kurzen Satz unserer Überschrift und steht auf als Erinnerung und als Anruf zugleich zu dieser weihnachtlichen Zeit. Nach jeder Seite hat dieser Satz für uns ein schweres Gewicht bekommen wir lesen und bedenken ihn mit sorgendem Ernst. Es sieht so unweihnachtlich wie nur möglich aus zurzeit, da die Glocken von allen Türmen die gute neue Mär ins Land hineinläuten, von der die Weihnachtsgeschichte berichtet und die alten und neuen Lieder des Festes in vielfältigen Aussagen verkünden. Dunkle Mächte treiben dunkles Spiel, mischen Recht und Unrecht, List und Gewalt, Lüge und Wahrheit, Leben und Tod. In harter Weise wird wahr, was Prophetenmund einst zu den Zuständen der Welt gesprochen hat: Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker. Seit Jahr und Tag geht es nun schon so, dass kein echter Friede ist unter den Völkern, unter den menschlichen Gemeinschaften bis hin zu Haus und Familie. In den Anliegen, die uns als Heimatvertriebene tagtäglich zu schaffen machen, haben wir das in bitterer Weise zu spüren bekommen. Wir sehen uns persönlich in das dunkle Spiel hineingemischt, um dessen Ausgang uns nicht nur einmal bange werden will.

 

In solchen Zeiten, wo unser Erdball zu schwanken scheint, wo ein paar hundert Kilometer entfernt von uns gelitten und gekämpft wird um Freiheit und Leben bis zur Existenzbedrohung eines ganzen, tapferen Volkes, wo Millionen deutscher Brüder und Schwestern nur noch in Gedanken frei sind und in vielen Familien das Leid des Getrenntseins brennt wie Salz in einer offenen Wunde, wo nicht versiegen will die Träne, geweint um alle, die zu früh von uns gerissen wurden im Sog der reißenden Jahre, in solchen Zeiten suchen wir nach Aufrichtung und Trost. Wir suchen nach Kräften und Gütern, die uns auch in der größten Unordnung der Welt und in schwersten Erschütterungen unseres Lebens nicht mehr genommen werden können, weil sie unser ureigenster Besitz geworden sind, dem Herzen in unvergleichlicher Weise verbunden. Im Licht der Weihnachtskerzen glänzt es auf wie köstlicher Perlenschimmer, das Land der Erinnerung mit seinen Strahlungen die uns begleiten werden bis an unseren letzten Tag und uns helfen und segnen werden. In diesen Erinnerungen sind Weihnachten und Heimat in wundersamer Weise verbunden.

 

Es bleibe offen, unter welchem Bilde uns das nun so ferne Land unserer Väter am nächsten steht. Schön war unser Ostpreußen immer, von Nimmersatt bis Soldau, von Schirwindt bis zur Nogat. Schön war die Heimat unter dem ersten Licht eines frühen Frühlingstages, Wiesen und Wälder im jungen Grün hinter den zarten Schleiern der Birken am Wege. Und die Sommertage, wenn der Wind über die weiten, goldenen Ährenfelder ging, und es war wie das Rauschen der See, die unsere Küste umspülte! Schön war die Heimat in jenen klaren Herbsttagen, in den Nächten unter dem Licht der Sterne und im silbernen Geleucht des Mondes. Und erst der Winter, der wirklich Winter war und unsere Welt verzauberte in einer Weite und Stille, wie es sie nur einmal gibt! Das Lied, das die Heimat beschreibt, findet kein Ende und wird niemals aufhören, solange noch ein Mensch lebt, der die Heimat kannte und von ihr erzählt für Kinder und Kindeskinder. Aber die schönste Strophe fängt doch da an, wo wir von Weihnachten in der Heimat sagen und singen sollen, und sollte sie auch so schwer gewesen sein, wie wir sie 1945, 1946, 1947 in Königsberg erleben mussten, von der ich damals schrieb:

 

kein Glockenton hallt über unsern Schritt,

kein Licht vom Baum strahlt in die Nacht hinein,

kein Kinderfreuen geht die Straße mit,

kein Orgelton lädt uns zur Andacht ein.

 

In einer zerschossenen Turnhalle saß damals am Heiligen Abend eine arme, frierende, hungernde Gemeinde, in Lumpen gehüllt, und starrte mit brennenden Augen auf ein einziges, dürftiges Licht an einem Tannenzweig, der lag auf einem kleinen Tische. Im Nebenraum scharrten die Pferde der russischen Kommandantur im 1. Rayon vor ihren Krippen, am anderen Ende des Gebäudes wurde in

, was in des Jahres veränderlichem Lauf aus der Ordnung gekommen war.

 

Denke einem Magazin gekauft und verkauft. Wir wussten uns dem Geschehen in Bethlehems Stall so nah wie nie zuvor, und klang unser Singen auch gebrochen und wie erstickt, inniger und wahrhaftiger als damals hat es nie geklungen: bis zum Scheiden aus diesem Jammertal lass dein Hilf‘ uns geleiten, hin in den Freudensaal! Ich denke daran, dass ich zu jener Weihnacht ein einziges Geschenk bekam; ein russischer Major, der aus dem Hintergrunde unsere armselige Christvesper beobachtet hatte, reichte es mir und bekannte sich als Christ zu dem neuen Gesetz, das seit der ersten Weihnacht verkündet wird: liebet euch untereinander!

 

Von der letzten Weihnacht in der Heimat spannt sich der Bogen, auf dem dieses Wort geschrieben ist, bis zur ersten, soweit die Erinnerung reicht. Das strohgedeckte Vaterhaus fernab der Straße und dem Dorf, „utgebut" und wie verloren im hohen Schnee, da es tagelang „gestiemt" hat. Über der weißen Weite ein dunkler, schneeschwerer Himmel. Ich stehe am Fenster und sehe mit angstvoller Sehnsucht auf den tiefverschneiten Feldweg, ob der Vater denn noch immer nicht kommen wolle von der harten Arbeit des Tages. Die ganze bescheidene Freude, Friede und kindliches Glück hängen ja von seinem Kommen ab! Und dann ist er da, in der verschlossenen guten Stube fängt ein emsiges Hantieren an unter leisem Wort. Mit klopfendem Herzen wird noch einmal das Verschen aufgesagt, dem Christkind zur Ehre gelernt. Und dann läutet ein Glöckchen vom Baum mit unvergesslichem Klang, es öffnet sich die Tür. Die arme Stube ist ein Lichtersaal, in ihm klingen die Lieder der hochheiligen Nacht, Freude und Friede breiten sich aus, das Wort kann sie nicht beschreiben, sie sind da, und wenn dann auch zur Nacht der harsche Ostwind um das Haus pfeift, es bleibt eine warme Geborgenheit in der Liebe der Eltern und in der Liebe des Vaters im Himmel: Weihnachten und Heimat!

 

Und wieder wird's Weihnacht. Da lebt der junge Kandidat unter den Kranken und Epileptischen der Anstalt Carlshof bei Rastenburg, die man oft das Bethel des Ostens genannt hat, und erlebt den Sieg der Weihnachtskunde über ein Leben in Leiden und Verkümmerung, zu dem ein vorschnelles Urteilen sagen möchte: unwertes Leben, - und ahnt bei diesem Urteil nichts von dem inneren Reichtum, der in einem zerschlagenen Körper eingebettet liegt als kostbare Gabe, die unter dem Licht der Weihnacht zu glänzen anhebt und mit ihrem Schein viele Gesunde beschämt und getröstet hat. Ein ganzes Kapitel möchte ich schreiben über das hohe Fest, im lieben Memel verlebt und im Memellande, unter den Aussätzigen im Lepraheim, in der Fischerkirche von Schwarzort nach unvergesslicher Fahrt über das Haff mit der „Trude" durch leichten Eisgang, und zurück im Schlitten durch Wälder und Dünen der Kurischen Nehrung. Die litauischen Lieder der heiligen Festzeit in ihren eigenartigen Weisen klangen durch die weite Halle der Landkirche, und die hohen Fenster von St. Johannis, der Kirche, in welcher Simon Dach getauft wurde und die Königin Luise in des armen Vaterlandes tiefster Not als Flüchtling am Altar kniete und betete, leuchteten in die Nacht hinein über die Stadt und den Dangefluss! Wir vergessen nicht die herzliche Gastlichkeit unserer Heimat zu festlicher Zeit, und wahrlich nicht nur an Festtagen; die Verwandtenbesuche am zweiten Feiertage, die guten Gespräche, die manches zurechtrücktenich an Königsberg, dann höre ich den Choral der Heiligen Nacht, wie er vom hohen Schlossturm feierlich herniederklingt und die Herzen der Menschen sucht. Da ist die ehrwürdige Schlosskirche; zwei riesige, lichterübersäte Tannen flankieren den Altar, an dem einst Preußens Könige gekrönt wurden. Die Soldatengemeinde füllt die Kirche bis zum lezten Platz; Fanfaren und Kesselpauken begleiten die Lieder dieser Männergemeinde, die den kommandierenden General umfasst wie den Rekruten, und sie singen dem König der Ehren. Ihm singen auch die großen Chorgemeinschaften der Stadt; alljährlich erklang J. S. Bachs Weihnachtsoratorium und viel weihnachtliche Musik alter und neuer Meister.

 

Aber nun setze du, lieber Leser und Landsmann, den Bericht fort, und lass die eigenen Erinnerungen aufleuchten in ihrer ganzen Fülle. Sie machen nicht nur wehmütig, sie machen reich und stark. In ihnen liegt etwas, was uns nicht genommen werden kann und was uns bleibt. Sie sind alle im letzten Grunde geformt von dem Geschehen, das jenseits unserer Erde angefangen hat und im Stalle von Bethlehem für uns Ereignis wurde. Die Besten, die das Leben unserer Heimat geprägt haben, waren innerlich von Gottes Rat und Tat bestimmt und wussten davon, dass der Friede der Menschheit und ihr Heil im eigenen Herzen beginnt und der Friede der Welt im eigenen Hause. Erinnerung wird zum Anruf, es mit dem göttlichen Kinde zu wagen, dessen erste Erdentage in harter Weise bestimmt waren von Heimatlosigkeit und Flucht. Es wuchs zum Manne mit dem Namen, der über alle Namen ist, und trug die Last einer Welt der Mühseligen und Beladenen.

 

Georg Weißel, Ostpreuße aus Domnau, der dann Pfarrer in Königsberg wurde und uns das in aller Welt gesungene Adventslied geschenkt hat: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit", bekennt: all unsre Not zum End er bringt. Darauf vertrauen wir, da es wieder Weihnacht werden will über der Welt. O. Leitner

 

Seite 2   Trost der Heiligen Nacht. Von Heinrich Zillich

Es war vor fünf Jahren, da wanderte ich im Herandämmern des Heiligen Abends durch den winterlich starren Wald und war müde vom Leid, das über uns Deutsche gekommen ist, war verbittert, dass allein uns, die zu den wichtigsten Mitschöpfern des Abendlandes gehören und als dessen Verteidiger seit elf Jahrhunderten die meisten Opfer gebracht haben, nun wie etwas Selbstverständliches zugemutet wird, zerrissen zu leben in Gebieten, die zur Mehrheit auf dem alten Reichsboden liegen. Und ich suchte verzweifelt die Möglichkeiten, wie wir einer solchen Hölle voll Unfreiheit entrinnen könnten, und fand keinen betretbaren Weg, denn nicht die fremden Zwingherren sind das Schlimmste. Die ermatteten Herzen in den eigenen Reihen sind es und jene beflissenen Geister, die sich in der aufgebürdeten Zerteilung munter einrichten, nur Bundesrepublikaner sein wollen, nur Österreicher, nur Sowjetzonale, ohne das Gemeinsame zu achten und nach ihm zu streben.

 

Ich ließ die heiligen Plätze unserer Geschichte an mir vorüberziehen, das Münster zu Aachen, woher einst die Erneuerung Europas ausging, die Marienburg an der Nogat und die ältere Marienburg in Siebenbürgen, die Kaiserpfalzen in Böhmen und Thüringen und im Elsaß, das Schwarzhäupterhaus zu Riga, die Burg Tirol jenseits des Brenners und den Heldenplatz in Wien vor der Hofburg, wo die deutschen Kaiser jahrhundertelang herrschten. Und der Aberwitz folterte mich, dass all diese Insiegel unserer Geschichte und des Reiches heute in Landschaften ragen, die Gewalt voneinander trennte, ohne Befragung des Volkes, scheinbar zunutze anderer Völker und, genau betrachtet, zu niemandes Nutzen als zur Gefährdung des Friedens, der Menschlichkeit und der Fülle des Erdteils.

 

Als ich so dahinwanderte, bedachte ich auch, dass dieses schreckliche Gemälde der Gegenwart, wirklich, wie es leider ist (und heute noch nichts von seiner Grausamkeit verlor), im Nu anders aussähe, wollte man die Menschen entscheiden lassen, die vor Gott und nach irdischem Recht das Eigentum an den großen Stätten haben. Dann würden sich die Tore des Ostens öffnen, auseinandergesprengte Eltern und Kinder sich endlich vereinigen und der Jammer Unzähliger gestillt sein.

 

Doch sogleich entsann ich mich wieder der ermatteten Seelen und der beflissenen deutschen Nutznießer der Niederlage und überlegte, ob sich ein Zeichen dafür biete, dass unser verstummtes Volk unter dem Gewirre seiner Wortführer noch eine Einheit sei. Nicht auf Bekenntnisse komme es da an, sondern auf eine sprachlose urgründige Gemeinschaft. Sei sie vorhanden, so müsse sie dereinst die Wiedergeburt heraufführen wider jede Vernunft, die doch nur die Vernunft einer vergänglichen Sekunde ist, denn in der Geschichte geschieht das Wunderbare oft, freilich nur auf dem Boden eines natürlichen Zusammenhalts von Menschen, daraus sich einmal die Tat errafft, sich Bundesgenossen wirbt und das Recht verwirklicht. Solche Wunder hatte ich ja selbst mehrfach erlebt. Staaten habe ich fallen sehen im Osten und bei uns, aufs ärgste entkräftet, und in verwandelter Form erstanden sie wieder, weil ihr Volk, gestern noch armselig, plötzlich gewillt war, seine Sache zu vertreten. War uns ein solcher Aufstieg noch möglich?

 

Wie eine Erleuchtung überkam es mich jäh; das gesuchte Zeichen bot sich im Abend, durch den ich schritt. Alljährlich einmal bewies er unsere Einheit und Gemeinschaft mit bezwingend stiller Macht in der Art, wie wir, wo wir auch hausen mögen, Weihnachten feiern. Nicht der Bann derselben Bräuche, nicht der geschmückte Baum, der Armen und Reichen leuchtet, sondern - und das ist wichtiger - der innere Gleichklang, der uns zur Christnacht erfasst, er ist das Zeichen.

 

Einer Beseelung hingegeben, die jedermann verspürt, sind wir am Heiligen Abend Kinder eines einzigen Hauses. Unser Gemeinsames tritt hier als klare Wirklichkeit und reine Wahrheit hervor. So nüchtern unser Dasein sonst sein mag, unter der Tanne sind wir geheimnisvoll berührt, erweisen, wie es dem Heilandsfest entspricht, Liebe dem Nächsten und empfangen sie zurück, als tauchten wir zum Quell hinab, aus dem jeder Mensch emporstieg. Gott selber versammelt uns zum Guten; ob wir ihn anrufen oder nicht, in unserer Verinnerlichung ist er gegenwärtig. Ohne ihn könnten wir das Fest so mühelos aufgeschlossen nicht begehen, wir alle gleichermaßen. Es bestätigt uns dabei, und wir antworten ihm mit dem wortlosen „Hier" verzauberter Herzen, wir allesamt, das ganze Volk. Dass sich ein solches Eins-sein in der Geburtsstunde des Christentums gleichsam als Widerspiegelung des Göttlichen Stube um Stube in jeder deutschen Familie bekundet, in derselben Weise durch die Zweige des Volkes, darf uns trösten. Verheißung birgt sich darin, sie wird sich erfüllen, wenn wir die weihnachtliche Verbundenheit auch in den Alltag, ins gemeinsame Handeln und Füreinander leben hinübertragen und daran unbedingt und beirrbar festhalten.

 

So dachte ich damals beim Wandern durch den winterlichen Wald und kehrte ruhiger zurück, vorbei an den Häusern, aus denen da und dort die Kerzen schon herausglänzten. Aus einer Wohnung hörte ich den Gesang von der stillen, der Heiligen Nacht. Und das gewaltige Geläute der Vesperglocken schwoll herüber in den Lüften. Ich dachte, dass die Lichter an der Tanne, obschon wir es uns sonst gar nicht bewusst machen, die Sterne bedeuten, die wir vom Himmel ins eigene Zimmer zu sammeln wünschen, und dass der strahlende Baum ein Abbild des Firmaments sei.

 

Fünf Jahre verstrichen, seitdem ich mich so des Dunkels entrissen hatte, und bei den nachfolgenden Christnächten, wenn sich das Weihnachtsvolk der Deutschen wieder unverändert freudig und lauschend wie je zur Heiligen Stunde rüstete, empfand ich stets ein Gefühl der Dankbarkeit, weil wir dieses Große noch haben und keine Katastrophe es zerstören konnte.

 

Vieles ereignete sich in den letzten Jahren. Es hungern wohl auch jetzt Deutsche und manche andere und leiden Not, doch bei weitem weniger als damals; vielen geht es gut, manchen zu gut; der Fluch überstürzt errungenen Besitzes, innere Leere und äußerliches Genügen, Prunk und Sattheit, zersetzt sie wie ein Gift. Nichts aber von den Gefahren unserer Lebenswelt ist beseitigt, nichts von der Zerklüftung, kein einziges der entwendeten Dörfer fiel an die rechtmäßigen Eigner zurück, und der Raub, der eigentliche Götze unserer geschichtlichen Epoche, hält die Beute fest. Nur die Beraubten nennen ihn freilich beim Namen; die auf der Beute sitzen, haben für ihn gleißnerische Ausdrücke, mit denen sie sich zu rechtfertigen suchen. Ein unsterblicher chinesischer Weise sagte vor langen Zeiten: wenn den Dingen und Geschehnissen, den Gefühlen und Gedanken das zuständige Wort nicht mehr gegeben werde, seien Welt und Menschheit in Unordnung. Wir haben Anlass, vor dieser uns umfassenden und oft genug uns selbst ergreifenden Unordnung zu zittern, denn aus Gewalt, Raub und Lüge wächst nichts Gedeihliches. Einmal wuchern sie aus zu neuem Entsetzen, sofern sich aus der Mitte der Völker die Wahrheit nicht durchringt und ihr Recht behauptet.

 

Vielleicht unterliege ich der Sehnsucht nach Freiheit, wenn ich die Rückkehr der Saar als schöpferisches Empordringen der Wahrheit bezeichne. Vielleicht übertreibe ich das Ereignis. War es aber nicht auch ein Zeichen für jenes Eins sein, das die Deutschen zu Weihnachten alle so deutlich erkennen lässt und das sie bekunden werden, sobald man sie nicht länger hindert oder sie es durchsetzen, ihren Willen zu äußern? Nur die Bevölkerung eines kleinen Flecks Erde durfte bisher die Stimme erheben, stellvertretend für die Gesamtheit. Mag ich das Geschehnis übertreiben, — es wird dennoch niemand leugnen: das Bekenntnis zu sich selber trotzte vor einem Jahr ernsten Gegenkräften. Heute ist es vor der Welt und von ihr bestätigt.

 

Weihnachten naht. Wir haben unsere Heimlichkeiten, wir schichten Geschenke auf, wir stellen die Kerzen bereit, ein Duft von Tannennadeln weht in jedes Haus, hüben und drüben, über die unsinnigen Grenzen hinweg. Wir können vielen Deutschen die Hand nicht drücken, manche Familien ersehnen vergeblich ihre Vereinigung. Seit mehr als elf Jahren versinnbildlicht sich im Christentum, in ihm allein, unsere trotz aufgeworfenen Gräben gottgegebens Gemeinschaft, die wir nicht nur auf uns beziehen wollen. Weit über das eigene Volk hinaus richtet sie sich auf alle, die guten Willens sind.

 

Zwar scheint die Welt in Gegensätzen erstarrt und der Raub gefestigt. Die Zeitenuhr schlägt dennoch weiter. Nichts bleibt, wie es war. Was aber die Christnacht verkündet, bleibt, so selten es rein erfüllt wird, es bleibt ungeschwächt und wirkt ins zukünftige Dasein. Trost, Zuversicht, Auftrag und Kraft aus dem hellen Schein ins Grau des Alltags zu retten, sei unserer Heiligen Nacht fortdauerndes Geschenk.

 

Seite 2   In alter Verbundenheit

Unter dem altvertrauten Christbaum werden sich auch in diesem Jahre wieder Hunderttausende von ostpreußischen Familien fern der immer noch verschlossenen Heimat zu einer Stunde der Einkehr und Besinnung versammeln. Ein tröstliches Licht auf einem winzigen Bäumchen oder auf einem Tannenzweig werden sich am Heiligen Abend auch die vielen Einsamen unter unseren Landsleuten anzünden, die Krieg und Vertreibung aus dem Kreis der Lieben und der alten Freunde rissen und für die es schon eine Freude ist, wenn zum Weihnachtsfest bei ihnen wenigstens ein Kartengruß oder ein kleines Gabenpaket von anderen Ostpreußen eingeht. Vergessen wir es nicht, es gibt heute fast kein Land auf der weiten Erde, wo nicht zu Frauen und Männern und Kindern unseres Blutes heute die Botschaft des höchsten und innigsten Festes der Christenheit kommt, wo nicht das göttliche Kind an die Tore der Herzen klopft und Einlass begehrt. Das Evangelium von Weihnachten richtet sich an alle, es macht keine Unterschiede zwischen denen die nach Notjahren schon wieder zu einigem Wohlstand fanden und denen, die immer noch auf der Schattenseite des Lebens wohnen. Es durchbricht Gefängnismauern und Lagerzäune, es überwindet die weitesten Wege, es kennt keine „Eisernen Vorhänge" und keine menschlich-unmenschlichen Machtgebote. Den Ruf „Christ, der Retter, ist da" kann jeder vernehmen, der es nur will. Ein Abglanz des ewigen, unverlöschlichen Lichtes fällt auf die verödeten Dörfer unserer Heimat ebenso wie auf unsere Häuser und Wohnungen und spendet uns einmaligen Trost und neue Zuversicht in einer wahrhaft düsteren Gegenwart.

 

Im rechten Weihnachtserleben dürfen wir die Nähe des liebenden Gottes wie nirgends sonst verspüren, dürfen wir erkennen, dass trotz aller menschlichen Bosheit und Niedertracht auch über uns in diesen Jahren der Prüfung und Heimsuchung noch einer waltet, der uns in der dunkelsten Stunde die Treue hielt und weiter halten wird. Solche Erkenntnis und solches Wissen aber gibt uns die Kraft, die wir heute und in der Zukunft gebrauchen, um inmitten aller Anfechtungen und Versuchungen die Aufgaben erfüllen zu können, die uns Gott gestellt hat. Ein festes Herz, einen ungebeugten Mut und eine unbeirrbare Zuversicht, — das ist es, was wir uns am zwölften Weihnachtsfest nach der Vertreibung und am Altjahrabend 1956 vor allem erbitten wollen.

 

Blicken wir zurück auf das nun verklingende Jahr, dann wird uns allen klar, dass es in ihm für Deutschland und für unser Ostpreußen nicht viel Erfreuliches, umso mehr aber schwere Enttäuschungen gegeben hat. Unsere Heimat liegt nach wie vor in Fesseln, ist heute immer noch den Menschen verschlossen, denen sie gehört. Das große und unaufschiebbare Anliegen der deutschen Wiedervereinigung ist in der Praxis nicht einen einzigen Schritt vorangekommen. Verhallt ist alles zweckbewusste Gerede von „Koexistenz" und Verständigungsbereitschaft. Die es besonders laut anstimmten und einen „neuen Kurs" verhießen, sie stehen heute vor der Welt mit bluttriefenden Händen da, nachdem sie den Freiheitswillen des ungarischen Volkes mit Panzern und Kanonen niederkartätschten und allzu bald die freundliche Maske vom Gesicht rissen.

 

Elf Jahre nach unserer Vertreibung sind im zerrissenen Europa wieder Zehntausende, ja Hunderttausende auf der Flucht vor den Peinigern und Henkern. Unser Weihnachten wird überschattet von den Ereignissen in Budapest und am Suez, wo der Dritte Weltkrieg — und damit zweifellos die Weltkatastrophe — losbrechen konnte. Noch sind die tödlichen Gefahren, die hier jäh heraufstiegen, nicht gebannt.

 

In solchen Zeiten muss die große Gemeinschaft auch unserer Landsleute, die sich in der Vergangenheit als Landsmannschaft Ostpreußen in der Vertretung unserer gerechten Forderungen und Wünsche bewährt hat, geschlossener denn je zusammenstehen. Wenn wir müde würden, wenn wir uns in unserem klaren Kurs beirren ließen, dann wäre unsere Sache verloren. Wenn wir aber mit Umsicht und Klugheit, kraftvoll und einfallsreich, unser vor Gott und den Menschen so wohlbegründetes Recht vertreten, wenn wir spornen und mahnen, raten und helfen, dann werden wir uns durchsetzen. Die ganze Welt soll es wissen, dass sie unsere Heimat nicht als Kaufpreis feilbieten kann und darf, sie soll es erfahren, dass unser Anspruch niemals „problematisch" ist und dass wir nicht mit uns handeln lassen. Wo Menschenrecht und Heimatrecht zur bloßen Ware auf dem Markt der Weltpolitik herabsinken, da werden niemals Frieden und Gerechtigkeit geschaffen.

 

Wir sind uns darüber im Klaren, dass auch das Jahr 1957 für uns eine große Bewährungsprobe sein wird. Fühlt sich jeder einzelne Landsmann mitverantwortlich für unser großes Werk, trägt jeder die Last mit, dann können wir ihr mit Zuversicht entgegensehen. Wir Ostpreußen, die wir heute vereint mit unseren Lieben in der Freiheit leben, wollen darin gerade zu Weihnachten die Verpflichtung sehen, uns mit aller Kraft unablässig für alle jene Landsleute einzusetzen, die unsere Hilfe und auch unseren seelischen Beistand hier, jenseits der Zonengrenze und in der Fremde so nötig brauchen. Wir dürfen nicht ruhen und rasten, bis ihnen allen ihr Recht auf Freiheit und auf ein menschenwürdiges Dasein geworden ist.

 

Die Zeiten sind ernst, und vieles will noch gemeistert sein, ehe Deutschland wieder geeinigt und geachtet dasteht als ein Mitbewahrer des Friedens in Europa und in einer besseren Welt. Vor Schwierigkeiten schreckte der Ostpreuße nie zurück. Zähigkeit und Beharrlichkeit gehörten stets zu seinen besten Tugenden. Zu ihnen wollen wir uns auch 1957 bekennen.

 

An alle unsere Landsleute in nah und fern gehen unsere herzlichsten Grüße zum Weihnachtsfest und die besten Wünsche für ein gesegnetes neues Jahr!

 

Der Bundesvorstand der Landsmannschaft Ostpreußen

Dr. Alfred Gille, Sprecher;

Wilhelm Strüvy, stellv. Sprecher;

Egbert Otto, stellv. Sprecher;

Dr. Hans Matthee, stellv. Sprecher;

Arno Jahn, Bundesschatzmeister;

Hellmuth Bieske, Dr. Philipp Deichmann;

Karl von Elern;

Erich Grimoni;

Fritz Naujoks;

Robert Parschau;

Fritz Teichert;

Paul Wagner.

 

Die Kreisvertreter in der Landsmannschalt Ostpreußen

Hellmuth Bieske, Königsberg-Stadt —

Max Brenk, Ortelsburg —

Ulrich Byszio, stellv. Kreisvertreter Goldap —

Walter Buttkereit, Heydekrug —

Rudolf de la Chaux, Ebenrode —

Franz Einbrodt, Gerdauen —

Karl von Elern, Pr -Eylau —

Walter Gernhöler, Labiau —

Erich Grimoni, Königsberg-Stadt —

Franz Grunenberg, Braunsberg —

Werner Guillaume, Lötzen —

Wilhelm Haegert, Angerapp —

Heinrich Hilgendorff, Rastenburg —

Arno Jahn, Memel-Stadt —

Reinhold Kaufmann, Mohrungen —

Fritz-Walter Kautz, Johannisburg —

Albert von Ketelhodt, Sensburg —

Johannes Klaus, Elchniederung —

Karl-August Knorr, Heiligenbeil —

Carl Kroll, Pr.-Holland —

Willy Kowitz, Treuburg —

Hans Kuntze, Gumbinnen —

Hans-Ludwig Loeflke, Allenstin-Stadt —

Heinrich Lukas, Fischhausen —

Fritz Naujoks, Insterburg-Land —

Richard von Negenborn, Osterode —

Egbert Otto, Allenslein-Land —

Robert Parschau, Heilsberg —

Hans Priddat, Angerburg —

Reinhold Rehs, Königsberg-Stadt —

Dr. Hans Reimer, Tilsit-Ragnit —

Heinrich von Schlenther, Pogegen —

Otto Skibowski, Lyck —

Ernst Stadie, Tilsit-Stadt —

Karl Strauß, Memel-Land —

August Strehlau, Weh/au —

Franz Stromberg, Rößel —

Fritz Teichert, Königsberg-Land —

Paul Wagner, Neidenburg —

Dr. Erich Wallat, Schloßberg —

Dr. Gert Wander, Insterburg-Stadt —

Bruno Zeiß, Bartenstein —

 

Die Vorsitzenden der Landesgruppen der Landsmannschaft Ostpreußen

Dr. Philipp Deichmann, Rheinland-Pfalz —

Erich Grimoni, Nordrhein-Westfalen —

Hans Krzywinski, Baden-Württemberg —

Hans Kuntze, Hamburg —

Dr. Hans Matthee, Berlin —

Konrad Opitz, Hessen —

Dr. Erich Prengel, Bremen —

Fritz Schröter, Schleswig-Holstein —

Heinz Thieler, Bayern —

Arnold Woelke, Niedersachsen —

 

Die Schriftleitung des Ostpreußenblattes.

Die Geschäftsführung der Landsmannschaft Ostpreußen.

 

Seite 3   Foto: Weihnachtsbild eines ungarischen Meisters

Vorposten des christlichen Abendlandes im Osten ist auch das heute so furchtbar heimgesuchte Ungarn seit mehr als einem Jahrtausend gewesen. Herrliche Kunstschätze, die hier von frommen Meistern geschaffen wurden, künden von der wahren Gesinnung dieses tapferen Volkes, zu dem unser aller Gedanken gerade in den Weihnachtstagen gehn. Im Budapester Museum hing die „Anbetung des Christkindes", die ein unbekannter Künstler im 14. oder 15. Jahrhundert geschaffen hat und die wir hier wiedergeben. Niemand vermag zu sagen, ob das so innige Werk bei der Vernichtung des Museums noch gerettet werden konnte, als sich der stolze Bau in eine riesige Brandstätte verwandelte.

 

Tausende von ungarischen Müttern mussten mit ihren Kindern vor dem roten Terror flüchten. Ausgetrieben und aller Habe beraubt, müssen sie in Lagern, Sälen und Scheunen kampieren. Manche von ihnen mag in diesen Tagen an den Stall von Bethlehem denken, wie ihn mit dem Gotteskind, mit Maria und Josef, den Hirten, den Engeln und der stummen Kreatur ihr großer Landsmann einst gemalt hat. Aufnahme. Bildarchiv Foto Marburg

 

Seite 3   Gemeinsame christliche Weihnacht. Von Landesbischof D. Lilje

Zum 12. Male seit dem Ende des Krieges feiern wir Weihnachten im getrennten Deutschland. Zwar werden wir es, soviel an uns ist, nicht an Zeichen der Verbundenheit fehlen lassen. In der Christnacht sollen entlang der Zonengrenze die Weihnachtsbäume brennen und leuchtende Boten jener Liebe sein, die uns mit den Brüdern jenseits der Zonengrenze verbindet. Bis dahin wird aus den Päckchen und Paketen, die wir senden können, ein Strom der Liebe geworden sein. Aber trotzdem brennt die Wunde der Zerrissenheit wie je, und uns allen will die Zeit bis zu der ersehnten Wiedervereinigung zu lang und zu hart erscheinen.

 

Darum ist es in diesem Jahre eine besondere Pflicht, uns gegenseitig zu Geduld und zu Vertrauen zu ermahnen. Wenn wir vergessen würden, dass Gott im Regiment sitzt, so würden wir nur den Mut und die Ausdauer verlieren. Es ist unser unbestreitbares politisches Recht, dass wir zueinander gehören. Auch wenn wir wissen, dass die Gewalt nicht das Mittel ist, dieses Recht durchzusetzen, sind wir doch überzeugt, dass es nicht ohne geschichtliche Wirkung bleiben kann, wenn wir unbeirrt an diesem Recht festhalten. Diese Zuversicht soll auch in allen Zeichen unserer weihnachtlichen Freude und Verbundenheit enthalten sein.

 

Es ist schon immer so gewesen, dass der christliche Glaube über alle Grenzen hinweg gereicht hat; er wird es auch in diesem Jahr tun. Denn jene größte Tatsache der Weltgeschichte, die Geburt des Gottessohnes und Weltheilands, hat vom ersten Augenblick an über alle politischen Scheidewände hinweg Bedeutung gehabt; das große Werk der Welterlösung war von Anfang an für alle bestimmt gewesen, und er, der den Menschen in den Frieden mit Gott zurückgeführt hat, hat gerade darum eine Bedeutung für den Frieden der ganzen Welt: „Welt ging verloren — Christ ward geboren!" So werden auch in diesem Jahre zu beiden Seiten des Eisernen Vorhanges die Lobgesänge der Christnacht aufklingen und uns von einer Einheit Zeugnis geben, die keine menschliche Gewalt aufheben oder zerstören kann.

 

Deshalb sollten wir in diesem Jahre auf den eigentlichen weihnachtlichen Lobgesang mit besonderer Bewusstheit hören: „Friede auf Erden!" Gerade wenn wir uns keiner Täuschung darüber hingeben können, dass in der Welt, in der wir heute leben, der Friede keine selbstverständliche Tatsache ist, sollten wir nicht der Resignation oder dem Zynismus verfallen. Gerade jetzt kommt alles darauf an, dass es Kräfte des Friedens in einer von Unfrieden und Gewalttat verheerten Welt gibt. Die Völker wünschen nichts sehnlicher als den Frieden, vor allem die einfachen Menschen wollen ihn. Dies Verlangen ist auf beiden Seiten des Eisernen Vorhanges gleich stark. Darum wollen wir in diesem Jahr das Weihnachtsfest mit doppelter Bewusstheit als ein gemeinsames Fest begehen und wollen glauben, dass diese weihnachtliche Gesinnung den Hass überwinden und entmächtigen kann, jene furchtbare Gesinnung, die brutal und gedankenlos zugleich die Völker zerstreut. Wer diesen Glauben bewahrt und bestätigt, hilft an der Überwindung der Mutlosigkeit und Verzagtheit mit.

 

Kaum ein anderes Volk feiert das Weihnachtsfest mit so viel eigenen Bräuchen und so viel Tiefe wie das deutsche. Christbäume, Weihnachtslieder, Kerzenglanz und weihnachtliche Sitten. Auch diese Tatsache ist zu beiden Seiten des Eisernen Vorhanges gleich. Wenn sich wieder die eigenartig tiefe Stille über das Land senkt, die immer in den weihnachtlichen Tagen herrscht, dann wollen wir einander gedenken. Je fester wir in unserem Sinn verbunden sind, je entschlossener wir das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit wachhalten, umso unausweichlicher rückt der Tag näher, da wir tatsächlich wieder zu einem Volk und Land verbunden sein werden.

 

Seite 3   Mehr als in manchem Krieg …

„Herzzerreißend und grauenvoll" hat der indische Botschafter bei der Sowjetunion, Krischna Menon, die Not des von den Russen vergewaltigten ungarischen Volkes in seinem Bericht an den Ministerpräsidenten Nehru genannt. Menon ist wohl der einzige nichtkommunistische Staatsmann, der sich in den letzten Wochen in Budapest selbst ein Bild der Lage aus eigener Anschauung bilden konnte. Weder Moskau noch die roten Sowjettrabanten in Ungarn konnte es wagen, ihm — wie etwa dem UNO-Generalsekretär Hammerskjöld — den Besuch kurzerhand zu verbieten. Nehru, der den Bericht seines Sonderbotschafters der Presse übermittelte, erklärte bei dieser Gelegenheit, es könne nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, dass die Revolution in Ungarn die ganze Nation erfasst habe und von ihr getragen worden sei. Die Zahl der Todesopfer müsse für die Zeit bis Anfang Dezember auf mindestens 25 000 Ungarn und etwa 7 000 Sowjetsoldaten geschätzt werden. 32 000 Menschen sind also nach dieser gewiss sehr vorsichtigen Schätzung in Ungarn umgekommen. Das bedeutet, dass sechs Wochen des ungarischen Aufstandes weit mehr Todesopfer forderten also etwa so mancher Krieg im 18. und 19. Jahrhundert. Dabei kann man sicher sein, dass die Zahlen schon heute in Wirklichkeit noch viel höher liegen werden. Der bewaffnete Widerstand hat ja keineswegs aufgehört. Größere Gefechte und Zusammenstöße werden aus dem Bergwerksgebiet von Fünfkirchen, vom Plattensee, von den Gellertbergen bei Budapest und aus anderen Gegenden gemeldet. Mit einem unerhörten Mut wendet sich auch die waffenlose Bevölkerung gegen ihre roten Tyrannen und schreit ihnen ihre Verachtung ins Gesicht. Ein Streik folgt dem andern und die überwältigende Mehrheit gerade der Industriearbeiterschaft und der Landbevölkerung beweist der Welt, wie verhasst sowohl die Sowjets selbst als auch das Marionettenregime der Kadar und Münnich im Lande ist.

 

Oberster Chef der Unterdrücker ist heute der berüchtigte GPU-General Serow aus Moskau, der Nachfolger eines Berija. Sein Regiment stützt sich ausschließlich auf die russischen Panzer, und Infanteriedivisionen sowie auf jene Schwerverbrecher, die seit Jahren die „Elite" der roten ungarischen Geheimpolizei stellen. Verhaftungen und Verschleppungen am laufenden Band, Haussuchungen, Hinrichtungen und Misshandlungen sind die Kennzeichen dieser „roten Befreiung".

 

Seite 3   Unruhe auch in Litauen. Der kommunistische Parteichef droht mit „Säuberungsaktionen“

Nach der ernsten Warnung, die das moskautreue Regime der Sowjetrepublik Estland vor kurzem gegen „gewisse oppositionelle Kreise" erlassen hat, richtet sich jetzt die Aufmerksamkeit auf Litauen, wo nach Meldungen aus Moskau unter den Studenten antirussische Tendenzen offen zutage getreten sind. Die Situation ist im höchsten Sowjet Litauens behandelt worden, wobei der kommunistische Parteisekretär Snetschkus mit neuen, vor allem gegen die Studenten und Intellektuellen gerichteten „Säuberungsaktionen" gedroht hat.

 

Er erklärte: „Unter dem Einfluss der Ereignisse in Ungarn haben viele litauische Intellektuelle begonnen, die parteiamtlichen sowjetischen Auffassungen über Kunst, Wissenschaft und Philosophie anzugreifen. Wir sehen ungesunde Strömungen und falsche Ansichten, die nichts mit der marxistischen Theorie zu tun haben“.

 

Wie dazu der nunmehr in Stockholm ansässige frühere Gesandte Litauens in Helsinki und Stockholm, Scheynius, der namentlich die Ereignisse in den Studentenkreisen Litauens genau zu verfolgen sucht, in der Presse erklärt, hatte die Unzufriedenheit in den litauischen Universitätskreisen bereits im vergangenen Herbst einen Höhepunkt erreicht, als die Russen den unter den Studenten besonders beliebten Rektor der Universität Wilna, Prof. Zemaitis, absetzten. Der Zugriff der Russen sei ursprünglich deshalb erfolgt, weil die litauische Mehrheit des dortigen Universitätsrates beschlossen habe, den Unterricht in russischer Sprache aufzuheben oder wenigstens einzuschränken, wobei es zu Sympathiekundgebungen vonseiten der Studentenschaft kam. Seither habe der Freiheitskampf der Ungarn den nationalen Tendenzen unter den litauischen Studenten neuen Auftrieb verliehen.

 

Schon im vorigen Winter ist nach Scheynius ein geschätzter litauischer Universitätslehrer und ehemaliger Sozialdemokrat, Prof. Augustinas Janulaitis, auf Veranlassung der Russen abgesetzt worden, weil er sich weigerte, seine geschichtlichen Vorlesungen der sowjetischen Geschichtsschreibung anzupassen. Nach Stalins Tod waren dann auch in Litauen gewisse Anzeichen einer politischen „Liberalisierung" spürbar. Diese habe jedoch die planmäßige Russifizierung des Landes, vor allem in der Erziehung der Jugend, nicht aufgehalten. In den Volksschulen werde seit etwa zwei Jahren, so sagt der litauische Gewährsmann, der Unterricht, der früher ausschließlich in litauischer Sprache erfolgte, von der dritten Klasse an auf Russisch erteilt. Eine Quelle der Unzufriedenheit sei ferner, dass die litauische Jugend nur im Rahmen eines von den Russen festgesetzten jährlichen Kontingents zum Universitätsstudium zugelassen werde. Viele müssten auf die Fortsetzung ihrer Studien verzichten, um als Arbeiter oder auch als Bauer in den kollektiven landwirtschaftlichen Betrieben zu arbeiten. Russische Versuche, junge Litauer als „Freiwillige" für Neusiedlungen in Sibirien anzuwerben, seien — wie übrigens auch aus Estland gemeldet wird — auf harten Widerstand gestoßen. Allzu widerspenstige Elemente seien dann allerdings unfreiwillig doch nach Sibirien gelangt.

 

Sollten sich heute die Russen gezwungen sehen, in Litauen aufs neue zu Verschleppungen in größerem Umfang zu greifen, so wäre dies nach dem litauischen Beobachter ein Beweis für en Ernst, mit dem das kommunistische Regime die Studentenopposition beurteile, gleichzeitig aber würde es auch eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor dem Tod Stalins bedeuten. Einige Studenten hätten sich der zwar immer noch vorhandenen, jedoch schwachen, schlecht bewaffneten und isolierten unterirdischen Widerstandsbewegung in Litauen angeschlossen. Eine neue Verschleppungswelle könnte, so meint Scheynius, dieser Bewegung neuen Auftrieb verleihen.

 

Seite 3    Das Recht der osteuropäischen Völker.  Eine Unabhängigkeitserklärung der NATO.

Der Atlantikrat der NATO billigte auf seiner Pariser Tagung einen Vorschlag des Bundesaußenministers von Brentano, eine Erklärung der fünfzehn Vertragsmächte anzunehmen, in der die Unabhängigkeit der Völker Osteuropas betont wird. Brentano schilderte zunächst die Entwicklung in Osteuropa und er erklärte, der Kampf der Ungarn um ihre Freiheit und die Ereignisse in Polen hätten die Sowjetunion vor schwere Probleme gestellt, es sei aber abwegig, davon zu reden, dass die Sowjetunion militärisch geschwächt worden sei. In ihrer Politik gegenüber der Sowjetunion werde die Bundesregierung nur in enger Verbindung mit ihren Alliierten handeln. Die Haltung Bonns werde sich der Entwicklung anpassen.

 

Die vom Atlantikrat gebilligte Unabhängigkeitserklärung für die Länder im sowjetischen Machtbereich enthält fünf Punkte. Es wird festgestellt:

 

1. Es ist Pflicht aller friedliebenden Völker, das Recht der osteuropäischen Völker auf Selbstbestimmung und Selbstregierung in voller Freiheit zu unterstützen.

 

2. Die politische Ordnung in den osteuropäischen Staaten muss auf nationaler Unabhängigkeit und Souveränität beruhen. Alle Versuche imperialistischer Unterdrückung müssen verhindert werden.

 

3. Alle osteuropäischen Völker müssen das Recht haben, über die von ihnen gewünschte soziale Ordnung selbst und in voller Freiheit zu entscheiden.

 

4. Die innere Entwicklung der osteuropäischen Völker darf nicht durch militärischen, wirtschaftlichen oder politischen Druck beeinflusst werden.

 

5. Die Menschenrechte der osteuropäischen Völker müssen unverletzlich sein.

 

Seite 3   Ostkunde an allen Schulen. Kultusminister beschlossen verstärkte Förderung der Ostforschung

Die Kultusminister der Länder haben auf ihrer letzten Tagung beschlossen, sich für eine verstärkte Berücksichtigung der Ostkunde in Lehre, Forschung und Unterricht einzusetzen. Schüler und Studierende sollen mit allen Problemen der heute von den Polen und Russen besetzten deutschen Ostprovinzen wie auch der früheren deutschen Siedlungsbereiche in Ost- und Südosteuropa vertraut gemacht werden. Die Kenntnis der östlichen Nachbarvölker und der anderen Ostländer soll vertieft werden. Die Hochschul-Lehrstühle für alle Sparten der Osteuropaforschung will man erheblich vermehren. Ostkunde wird in Zukunft in die Lehrpläne aller Schulen aufgenommen werden.

 

Seite 4   Rechtsanspruch auf den deutschen Osten wahren! Dr. Gille zu den Problemen des „Osthandels"

In der großen Debatte des Bundestages zu den Osthandelsfragen ergriff auch der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Abgeordneter Dr. Alfred Gille, das Wort zu einigen grundsätzlichen Ausführungen, die in den Kreisen unserer Leser besondere Beachtung finden werden. Dr. Gille sagte:

 

„Das Thema, das durch das Wort „Osthandel" heute umrissen wird, ist weit genug. Wenn Sie die drei Anlässe, die uns zu der Debatte geführt haben, also die Große Anfrage der SPD und die beiden Anträge der FDP, nach ihrem Inhalt bedenken, dann werden Sie erkennen, dass der räumliche Bereich sich von den Grenzen der Satellitenstaaten im Osten bis fernhin nach China erstreckt.

 

Ich möchte mich deshalb, auch für meine politischen Freunde, darauf beschränken, einige Akzente zu setzen und vielleicht ein Zweites zu tun: auf die Verantwortung hinzuweisen, die wir alle ohne Ausnahme bei der Behandlung eines solchen Themas tragen, die Verantwortung, die wir besonders dann zu tragen haben, wenn wir uns zu diesem oder jenem Entschluss durchringen wollen. Ich glaube, es war nötig, die Verantwortung herauszustellen. Es war für mich und für meine Freunde durchaus eindrucksvoll, und wir begrüßen es, dass der Herr Bundesaußenminister so klar und deutlich aussprach: dass hier letzten Endes keine wirtschaftlichen Interessen des Großhandels oder des Spediteurgewerbes oder einer sonstigen ehrsamen Sparte des Handels zur Debatte stehen, sondern dass es sich um echte politische Entscheidungen handelt, um die Frage politischer Kontaktaufnahme, um die Voraussetzungen, die Möglichkeiten, die Folgewirkungen.

 

Es ist bisher auch noch kein Widerspruch dagegen erhoben worden, dass der Herr Außenminister es für selbstverständlich hielt, dass diese Dinge im Auswärtigen Ausschuss behandelt werden sollten. Ich hoffe, dass die Begründer der Anfrage und der Anträge auch dagegen nichts einzuwenden haben.

 

Das Wort „Entspannung" ist mehrfach gefallen. Man hat gepriesen, dass gerade wirtschaftliche und handelspolitische Mittel uns zu einer Entspannung bringen könnten. Meine Damen und Herren, darf ich an folgendes erinnern. Es ist noch gar nicht so lange her, nämlich knapp eineinhalb Jahre — es war um die Zeit der ersten Genfer Konferenz , dass auch in diesem Hause, wenn ich mich nicht irre, völlige Übereinstimmung darüber bestand, dass jeder Schritt Entspannung gleichzeitig einen Schritt Wiedervereinigung bedeuten müsse. Das war doch die These, die, wenn ich mich recht erinnere, auf deutsche Veranlassung von den drei westlichen Staatsmännern sowohl in der ersten als auch in der zweiten Genfer Konferenz, das erste Mal mit Erfolg, das zweite Mal mit völligem Misserfolg, vertreten worden ist: kein Schritt Entspannung ohne einen Schritt Wiedervereinigung.

 

Ich will damit nur andeuten, wie tief wir gründen müssen, um bei der Behandlung dieser Probleme nicht zu Fehlschlüssen zu kommen.

 

Über den Zeitpunkt der Behandlung dieses Themas sind einige kritische Worte gefallen. Ich möchte sagen: es lässt sich einiges Positives und einiges Negatives dazu sagen, dass wir im Bundestag die Dinge gerade jetzt behandeln. Zum Positiven gehören nach meiner Meinung die Ereignisse der letzten Zeit insofern, als uns allen eine Reihe von Illusionen zerstört worden sind, als die falschen Meinungen in der Periode des Lächelns, glaube ich bei keinem von uns mehr herrschen.

 

Denn die Ereignisse in Ungarn hätte ich in der Periode des Lächelns kaum einer von uns vorzustellen vermocht. Wir waren doch fast so weit, dass wir wirklich glaubten, es sei etwas Neues angefangen und alte grausige Methoden würden nicht wiederkehren. Insofern ist es also gut, dass wir heute darüber sprechen und dass die Behandlung dieser Probleme in diesem Zeitpunkt beginnt.

 

Dabei sollten wir uns vor der Gefahr hüten - ich glaube, der Herr Bundesaußenminister war es, der auch schon darauf hinwies —, etwa zu meinen, dass man mit handelspolitischen Mitteln gerade in den Satellitenstaaten, also in der nächsten Nachbarschaft, zu erheblichen politischen Wirkungen kommen könne. Auch da glaube ich, ist uns Ungarn eine Lehre. Es ist doch ein sehr ermutigendes Zeichen gewesen — und so wurde es auch in diesem Hause bei anderer Gelegenheit gewertet, - dass ein Volk nicht aus materieller Not, sondern um der Freiheit willen aufstand und einen Heldenmut an den Tag legte, der unerhört war. Wir sollten uns davor hüten, anzunehmen, dass wir mit handelspolitischen Hilfeleistungen oder Wirtschaftshilfen solche elementaren Entwicklungen fördern oder hemmen könnten.

 

Nun möchte ich einen Akzent auf etwas setzen, was bisher nicht angesprochen worden ist. Er gilt besonders den Antragstellern des zweiten Antrages der FDP. Ich möchte den Antragstellern nicht unterstellen, dass sie es nicht gesehen haben. Aber ich wunderte mich, dass Herr Rademacher mit keinem Wort auf die Frage einging, ob der Austausch von Handelsmissionen mit konsularischen Berechtigungen nicht in genau dem gleichen Maße ein Thema auf die Tagesordnung bringt, über das wir uns bei der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen mit Moskau schon einmal unterhalten mussten, nämlich die Frage, ob dann nicht gewisse Vorbehalte unerlässlich sind, um deutsche Rechtsansprüche nicht zu verschweigen. Meine politischen Freunde sind dieser Auffassung. Wir können uns dabei auf den Rat sehr beachtlicher Sachkenner des Völkerrechts stützen, die der Meinung sind, dass es nicht erst der Aufnahme diplomatischer Beziehungen bedarf, um diese Frage akut zu machen, sondern dass es bereits internationale Vereinbarungen von wesentlich geringerer Bedeutung — also etwa in dem Umfang, wie es ihr Antrag, anregt — notwendig machen, die Klärung dieser Fragen auf die Tagesordnung zu setzen.

 

Herr Kollege Rademacher, ich wäre Ihnen dankbar — Sie werden verstehen, dass diese Frage für uns ein besonderes Gewicht hat —, wenn Sie uns die Auffassung ihrer Fraktion zu folgender Frage noch in dieser Aussprache mitteilten. Wenn sich unsere Voraussetzungen als richtig herausstellen, dass auch bei dem Austausch handelspolitischer Missionen mit oder ohne Konsularrechte die Vorbehalte hinsichtlich unserer heimatpolitischen Ansprüche auf deutsche Ostgebiete hervortreten, sind Sie dann auch bereit, mit uns dafür Sorge zu tragen, dass in dieser Beziehung nichts unterbleibt, was zur Aufrechterhaltung unserer Ansprüche notwendig ist?

 

Meine Damen und Herren, ich habe schon unsere Bereitwilligkeit mitzuarbeiten, zum Ausdruck gebracht. Die drei großen Problemteile, um die es sich handelt — China, Moskau und die Satellitenstaaten —, sind außerordentlich verschieden. Was China anbelangt, so meinen wir, dass die Große Anfrage der SPD wirklich dem Bedürfnis entspricht. Wir sollten im zuständigen Ausschuss einmal überlegen, ob auf diesem Sektor nicht noch mehr zu tun ist. Dabei schwebt mir nicht etwa eine Aufweichung der Embargobestimmungen vor, zu der wir gar nicht in der Lage sein werden. Aber es wäre gut, einmal das ganze Gebiet zu überlegen und sich Gedanken darüber zu machen, was man hier mehr tun könnte.

 

In der Frage der Aufnahme von Handelsbeziehungen mit Moskau bin ich mit meinen politischen Freunden in Abweichung von der Meinung des Herrn Außenministers der Ansicht, dass wir trotz all dessen, was in letzter Zeit geschehen ist, allen Anlass haben, diese Frage sehr ernstlich ins Auge zu fassen; denn wir waren nicht nur um eines Augenblickeffektes wegen bereit, diplomatische Beziehungen aufzunehmen, sondern wollten ja doch zu einem wirklichen Gespräch kommen. Hier gelten eine Reihe von unseren Besorgnissen, die wir gegenüber den Satelliten geltend machen sollten, nicht“.

 

Seite 4   Polnische Wirtschaft … Die Folgen der „Brachland-Beseitigung“ – Katastrophales Absinken der Ernteerträge in Ostpreußen

Die in den letzten beiden Jahren auf Anordnung Warschaus mit allem Nachdruck betriebene „Aktion zur Beseitigung des Brachlandes" hat keineswegs zu einer Erhöhung der Ernteerträge, sondern vielmehr zu einem geradezu katastrophalen Absinken der landwirtschaftlichen Erzeugung geführt, wie die Warschauer Zeitschrift „Nowe rolnictwo" (Neue Landwirtschaft) in einem Artikel „Bemerkungen zur Wirtschaft der Staatsgüter in den Brachlandgebieten" feststellt. Die polnische Fachzeitschrift gibt folgende Beispiele:

 

Ein Staatsgut in Ostpreußen erntete im Jahre 1955 nur neun Doppelzentner Kartoffeln je Hektar. Im Kreise Lyck erzielten die Staatsgüter im Jahre 1955 durchschnittlich nur 28 dz Kartoffeln je Hektar. Über die ostpreußischen Staatsgutgemeinschaften Wehrkirchen und Hegelingen (beide Kreis Goldap) veröffentlichte „Nowe rolnictwo" folgende Tabelle:

 

Roggen: Wehrkirchen, Anbaufläche in ha 924; Wehrkirchen, Ernteerträge je ha in dz 6. Hegelingen Anbaufläche in ha 590; Hegelingen, Ernteerträge je ha in dz 4,2.

 

Hafer: Wehrkirchen, Anbaufläche in ha 186; Wehrkirchen, Ernteerträge je ha in dz 5. Hegelingen Anbaufläche in ha 476; Hegelingen, Ernteerträge je ha in dz 1,5

 

Gerste: Wehrkirchen, Anbaufläche in ha 42; Wehrkirchen, Ernteerträge je ha in dz 3,5. Hegelingen Anbaufläche in ha 20; Hegelingen, Ernteerträge je ha in dz 1,1.

 

Weizen: Wehrkirchen, Anbaufläche in ha 55; Wehrkirchen, Ernteerträge je ha in dz 4. Hegelingen Anbaufläche in ha 145; Hegelingen, Ernteerträge je ha in dz 2,0.

 

Die polnische Zeitschrift stellt ausdrücklich fest, dass die beiden Staatsgutgemeinschaften „mit der Erzielung derartig niedriger Hektarerträge keineswegs allein stehen". Auch in den „Wojewodschaften" Grünberg (Niederschlesien) und Köslin (Ostpommern) erreichten „ganze Staatsgutvereinigungen" nur Hektarerträge, die bei Getreide höchstens 10 dz erreichten. Bezüglich des Staatsgutes Klein-Kessel im südlichen Ostpreußen wird vermerkt, dass „die Übernahme von Brachlandflächen ein Absinken der Hektarerträge" bedingte. Hier wurden im Jahre 1950 noch 566 dz Futterrüben je Hektar geerntet, 1955 jedoch nur noch 132 dz je Hektar.

 

Bei der Untersuchung der Gründe, die ein dermaßen starkes Absinken der Hektarerträge verursachten, führt die Warschauer Zeitschrift aus, dass bei einer Anzahl von Staatsgutgemeinschaften die Zahl der Arbeitskräfte — einschließlich der aufgeblähten Verwaltung — je 100 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche nur sieben Personen beträgt. Des Weiteren heißt es in „Nowe rolnictwo":

 

„Als man an die Bestellung der Brachlandflächen heranging, wurden weder die fachlich nötigen Menschen in entsprechender Zahl noch die notwendigen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräte bereitgestellt. Die von unserer Landmaschinenindustrie gebauten landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen sind nämlich für leichte und mittlere Böden gedacht, und sie können auf schweren Böden entweder überhaupt nicht eingesetzt werden, oder sie verschleißen sehr schnell. Dies wird in allen Regionen bestätigt". So konnten also bei der schweren Bodenbestellung in Brachgebieten keinerlei Maschinen eingesetzt werden, oder es wurde mit sehr großen Verlusten an Maschinen, auch Zugmaschinen, gearbeitet. Der niedrige Viehbesatz führt dazu, dass zu wenig Dung als natürlicher Dünger vorhanden ist, und somit greift die Bodenerosion immer mehr um sich. In der Staatsgutgemeinschaft Goldap sind je 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche nur 13,8 Stück Lebendinventar vorhanden. In den einzelnen Staatsgütern ist der Besatz sehr verschieden, dazu auch teilweise bedeutend geringer. Das Staatsgut Urbansdorf, Kreis Goldap, mit einer Fläche von 610 ha, besitzt nur sieben Pferde und zwei Kühe. Es gibt auch zu wenig Kunstdünger, um eine gute Ernte zu gewährleisten; denn es werden an Stickstoff und Phosphordünger durchschnittlich nur 8 kg je Hektar und Kalisalze rund 15 kg je Hektar aufgewendet.

 

Noch immer seien Brachlandflächen in den besetzten deutschen Ostgebieten vorhanden, die nunmehr das Staatsgutministerium direkt für eine Bestellung übernehmen wolle. Doch komme man langsam zur Überzeugung, dass diese Neubestellung zum gegenwärtigen Zeitpunkt wirtschaftlich nicht gerechtfertigt sei. Man solle erst die bestehenden Staatsgüter wirtschaftlich festigen und die Brachlandflächen liegen lassen. Denn bei den bestehenden Staatsgütern, so heißt es wörtlich weiter, „sind die Bedürfnisse riesig groß. Dort fehlen Leute, Maschinen und Inventar und vor allem Wirtschaftsgebäude. Wenn man also nicht genügend Geldmittel besitzt, um alle Bedürfnisse zu befriedigen, so muss man sie richtig und sinnvoll einsetzen. Und sinnvoller und auch wichtiger ist eine volle Bewirtschaftung der bestehenden Staatsgüter als der Beginn von Neubestellungen in neuen Brachlandgebieten mit einer Verstreuung der knappen Mittel über eine weite Fläche, was zu geringen produktiven und finanziellen Ergebnissen führt“.

 

Seite 4   Eine „Westgebiete-Kommission“. Zur Beseitigung der katastrophalen Zustände.

Die seit der Rückkehr des KP-Parteisekretärs Gomulka von der rotpolnischen Presse und den Regierungsbehörden als „unbefriedigend" bezeichnete Gesamtsituation in den polnisch besetzten deutschen Ostgebieten hat zu einer neuen Aktivität geführt, deren Ziel es ist, nunmehr „endlich den Neubeginn einzuleiten". Zu diesem Zwecke wurde von der rotpolnischen Regierung eine besondere „Kommission zur Förderung der Entwicklung der polnischen Westgebiete" gegründet, die dem bis 1949 existierenden „Ministerium für die wiedergewonnenen Gebiete" ähnelt, das bis zu seiner Auflösung von Gomulka geleitet wurde.

 

Die Gründung der „Sonderkommission" geht auf einen Beschluss zurück, der auf einer Funktionärskonferenz in Warschau „im Bewusstsein der Verantwortung für die Zukunft der wiedergewonnenen Gebiete" gefasst wurde. Dort wurde die Errichtung eines „mit genügenden Vollmachten ausgerüsteten ständigen Organs" gefordert. Dieses „ständige Organ" soll folgende Aufgaben haben:

 

1. Feststellung des „tatsächlichen Standes der Dinge und der erforderlichen Maßnahmen in den wiedergewonnenen Gebieten" und

 

2. Einbringung von „Vorschlägen, welche die Wiedergutmachung und Beseitigung des katastrophalen Zustandes der Benachteiligung dieser Gebiete in wirtschaftlicher und kulturellpolitischer Hinsicht zum Gegenstand haben". Letzteres soll „unter besonderer Berücksichtigung der Angelegenheiten der autochthonen Bevölkerung" erfolgen.

 

Seite 4   Von Woche zu Woche

Die Gesetze zur Rückführung der Saar nach Deutschland sind im Bundestag einstimmig verabschiedet worden. Sprecher aller Parteien würdigten die Rückkehr der Saar als ein nationales Ereignis. Bundesminister von Brentano sprach die Hoffnung aus, dass eines Tages das ganze deutsche Volk hinter dem Mann stehen werde, der die Unterschrift unter einen Vertrag über die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes setze.

 

Die Saar-Demokraten haben beschlossen, die Saarbrücker Regierungskoalition zu verlassen. Bei der Abstimmung über den Beitritt des Saarlandes zum Geltungsbereich des Grundgesetzes enthielten sie sich der Stimme.

 

Bundeskanzler Dr. Adenauer wird am 1. Januar an dem Saarbrücker Festakt anlässlich der politischen Eingliederung des Saarlandes teilnehmen. Bundespräsident Heuss wird etwa eine Woche später die verschiedenen Kreise des Saarlandes besuchen.

 

Eine Amerikareise des Bundeskanzlers erwartet man in Bonn für den Januar; er will sich beim Präsidenten Eisenhower über die neue weltpolitische Zielsetzung der Vereinigten Staaten informieren. Der indische Ministerpräsident Nehru führte dieser Tage wichtige politische Unterredungen mit dem amerikanischen Staatsoberhaupt.

 

Die Musterung der Wehrpflichtigen wird am 21. Januar beginnen. Insgesamt werden diesmal rund 100 000 Wehrpflichtige, die im dritten Quartal 1937 geboren sind, gemustert.

 

Mehr als zwölftausend Aussiedler aus den ostdeutschen Provinzen sind seit dem Dezember letzten Jahres in Transporten in die Bundesrepublik gekommen.

 

3947 Sowjetzonen-Flüchtlinge sind in der letzten Woche in der Bundesrepublik und in West-Berlin eingetroffen. Gegenüber den Vorwochen sank die Zahl etwas.

 

Über neunlausend politische Häftlinge gibt es nach Feststellungen des West-Berliner Untersuchungsausschusses noch in der sowjetisch besetzten Zone. Viele von ihnen sind schwer krank.

 

Neue Zwangsmaßnahmen gegen freiheitlich gesinnte Studenten der Zone sind auf Anordnung Ulbrichts durchgeführt worden. Eine größere Anzahl von Studierenden ist nach Westdeutschland geflüchtet.

 

Das, alte Berliner Diplomatenviertel am Tiergarten soll in absehbarer Zeit wieder erstehen. Bundesbevollmächtigter Dr. Vockel erklärte, dass fast alle Staaten dem Wiederaufbau ihrer Gebäude zugestimmt haben. Einige nordische Länder, Italien und die Schweiz haben die Aufbauarbeiten bereits eingeleitet.

 

Einen großen Kohlenmangel in Polen und im besetzten Ostdeutschland gab der Warschauer Brennstoffminister zu. Er erklärte, eine Reihe von Fabriken Polens müsse wegen des Brennstoffmangels im Winter geschlossen bleiben. Hierunter befänden sich auch chemische Werke und Gießereien.

 

Die Welle antisowjetischer Demonstrationen in Polen dauert an. Nach einem Vorstoß der Jugend gegen das Stettiner Sowjet-Konsulat werden ungarnfreundliche Demonstrationen unter anderem auch aus Posen, Liegnitz und Zoppot gemeldet.

 

Die ersten Todesurteile der ungarischen Standgerichte sind bereits vollstreckt worden.

 

Zum Studium des ungarischen Flüchtlingsproblems hat sich der amerikanische Vizepräsident Nixon im Auftrag Eisenhowers nach Österreich begeben. Er wird nach seiner Rückkehr den amerikanischen Hilfsorganisationen Ratschläge erteilen.

 

Eine weitere Verstärkung der Sowjet-Garnisonen wird sowohl aus Rumänien wie auch aus Bulgarien gemeldet.

 

Dreizehntausend Rekruten der neuen österreichischen Bundesarmee sind inzwischen feierlich vereidigt worden. Es handelt sich um die ersten Wehrpflichtigen, die Österreich Mitte Oktober einberufen hatte.

 

Anschläge südirischer Freischärler erfolgten in dem noch zum britischen Reich gehörenden Nordirland. In Londonderry wurde durch eine Bombenexplosion der dortige britische Rundfunksender schwer beschädigt und vorübergehend außer Betrieb gesetzt.

 

Der zum neuen NATO-Generalsekretär gewählte belgische Außenminister Spaak soll nach einem Beschluss des Atlantikrats wesentlich erweiterte Vollmachten erhalten. Spaak wird demnächst sein belgisches Ministeramt zur Verfügung stellen.

 

Eine neue Suez-Konferenz wollen nunmehr England und Frankreich vorschlagen. Sie haben ein Treffen ihrer Außenminister mit einem Vertreter Ägyptens angeregt.

 

Die Räumung Ägyptens durch Briten und Franzosen ist inzwischen fast völlig abgeschlossen worden. Auch im Suezkanal von Port Said hat inzwischen die UNO-Truppe die Kontrolle übernommen.

 

Einen Fünfmilliarden-Kredit für England hat der Weltwährungsfonds in Washington bewilligt. London hatte um Hilfe gebeten, da seine Reserven an Gold und Dollars stark zusammengeschrumpft sind.

 

Seite 4   Eine Vorschusszahlung auf die neuen Renten erhalten im Februar über sechs Millionen Rentner. Ein entsprechender Beschluss wurde vom Bundestag gefasst.

 

Weitere politische Meldungen Seite 7

 

Seite 5   Foto: dpa-Bild. Ernst Scharnowski (in der Mitte), links von ihm (vom Leser aus gesehen) Bundespräsident Professor Theodor Heuss, rechts von ihm der Regierende Bürgermeister von Berlin, Professor Ernst Reuter, der damals, als diese Aufnahme in der Waldbühne in Berlin auf einer Feier am 1. Mai gemacht wurde, noch lebte.

 

Seite 5   Foto

Weihnachtliches Bild aus Berlin. Wir blicken vom Halleschen Tor zum Landwehrkanal. Im Hintergrund die imposante Fassade der Amerika-Gedenkbibliothek am Blücherplatz. Vorn der Landesteg einer Reederei; sie hat ihre Passagierschiffe, die im Sommer die beliebten Ausflugsfahrten durch die West-Berliner Gewässer unternehmen, zum Transport von Weihnachtsbäumen eingesetzt. Der Verkauf findet am Ufer statt.

 

Seite 5   Mein neues Kleid aus Berlin. Wo Träume Wirklichkeit werden - Landsleute als Mitgestalter der Damenmode

Lasst uns zu Weihnachten Erfreuliches berichten, von schönen Dingen sprechen. Von der Mode, von Kleidern, Mänteln und Kostümen, das interessiert doch unsere Frauen und Mädchen. Aber auch die Männer, nicht nur, weil sie dafür ins Portemonnaie greifen müssen, sondern weil es ihnen geht wie Goethe, der einmal schrieb:

 

„Die neuen modischen Gewänder erhöhen die weibliche Gestalt … Man glaubt, sie immer wieder von neuem und anmutiger zu sehen, wenn sie die Schönheit ihres Wesens in einem neuen Kleide darbringt!“

 

Wer wollte da wagen, zu widersprechen? Mit Goethe hat man immer, recht.

 

Beginnen wir also unsere Geschichte, die wie ein Märchen anhebt, aber ganz und gar Wirklichkeit ist.

 

Das Mädchen aus Tilsit

Es war einmal ein kleines Mädchen. Das lebte in Tilsit und sein Vater betrieb dort eine Sägemühle. Das Mädchen spielte gern mit Puppen, und nichts tat sie lieber, als diese Puppen mit schönen Kleidern anzuziehen. Das tun viele Mädchen; aber kaum eines war so darauf bedacht, ihren Puppen immer wieder etwas Neues und der jeweiligen Jahreszeit Entsprechendes anzuziehen. Waltraut, so wollen wir das Mädchen nennen, kramte tagaus, tagein in Muttis Flicken- und Restekorb, und sie nähte schon flink mit Nadel und Faden, ehe sie rechnen und schreiben konnte.

 

Ließ Mutti einmal die Nähmaschine offen stehen, dann kletterte Waltraut auf den Stuhl und suchte das Geheimnis dieses Zauberwerks zu ergründen. Welch ein Jammer, dass ihre Beinchen noch nicht bis zum Fußantrieb hinunterreichten.

 

Nun kam sie zur Schule, und der Schulweg führte an Tilsits großem Kaufhaus Raudies & Bugenings vorbei. Wie oft blieb Waltraut da vor den schön dekorierten Schaufenstern stehen. Diese Mäntel! Diese Kleider! Zuhause holte Waltraut den Zeichenblock hervor und versuchte, das Geschaute aus dem Gedächtnis nachzuzeichnen.

 

Einmal fragte sie, woher denn all diese herrlichen Dinge kämen, wo sie gemacht würden, und erhielt die Antwort, dies alles würde zum größten Teil in Berlin hergestellt. Von da ab war Berlin das Ziel der Sehnsucht des kleinen Tilsiter Mädchens.

 

Die Eltern freuten sich über die Begabung ihres Kindes, und als echte Ostpreußen entschlossen sie sich, Waltraut eine gediegene Ausbildung zu geben. Nicht gleich in Berlin, der riesengroßen und für ein junges Ding sicherlich nicht ungefährlichen Stadt. Man hatte Bekannte in Prag, und auch Prag war damals bekannt als Ort hochentwickelter Schneiderkunst. Dorthin wurde Waltraut nach der Schulentlassung mit Empfehlungen und tausend Segenswünschen geschickt.

 

Von Prag aber führte Waltrauts Weg endlich nach Berlin. Berlin war das beherrschende Zentrum der deutschen Damenmode. Hier wurden fünfundachtzig Prozent aller Mäntel, Kleider, Kostüme und Blusen hergestellt, die in Deutschland alljährlich verkauft wurden, und diese Industrie konzentrierte sich schon seit fast hundert Jahren rund um den Hausvogteiplatz, in einem Viertel, das von der Straße „Unter den Linden" bis zum Halleschen Tor reichte.

 

Waltraut fand eine Stellung bei einer großen Mantelfirma. Das war nun nicht etwa eine Fabrik; Fabriken gab es in der Berliner Damenkonfektion nicht und gibt es auch heute noch nicht, darauf beruht ja gerade ihr Erfolg. Jede Firma arbeitete mit erfahrenen Handwerksmeistern, den „Zwischenmeistern" zusammen, und diese wiederum beschäftigten eine ganze Armee fleißiger Heimarbeiterinnen.

 

Waltraut diente von der Pike auf. Sie trug Pakete zur Post, sie öffnete den Kunden, den Einkäufern der großen Ladengeschäfte aus allen Teilen Deutschlands, die Tür. Bald durfte sie selber Mäntel vorführen, und es dauerte nicht lange, bis der Chef entdeckt hatte, dass sie modischen Geschmack und Fingerspitzengefühl hatte. Bald verhandelte Waltraut selbstständig mit den Zwischenmeistern mit Modezeichnern und Stofflieferanten, und 1938 hatte sie sich zur Direktrice heraufgearbeitet. Sie empfing und beriet die Kunden und tätigte Abschlüsse. Ein Traum war Wirklichkeit geworden. Auch aus Königsberg und Tilsit kamen die Einkäufer, stets erfreut, eine Landsmännin anzutreffen, die ihnen ganz genau das anbot, was dem Modegeschmack im Allgemeinen und dem ostpreußischen Geschmack im Besonderen entsprach.

 

Ostpreußen war Berlins bester zahlungskräftigster und beliebtester Abnehmer. Seine Einkäufer waren am Hausvogteiplatz gern gesehen, und umgekehrt fuhren die Handelsvertreter der Berliner Damenoberbekleidung nirgends so gern hin wie nach Ostpreußen. Das ist nicht übertrieben, davon spricht man noch heute in den Berliner Fachkreisen.

 

Untergang und Neubeginn

Dann kam der Krieg. Waltrauts Vater fiel als Soldat, die Mutter kam bei einem Besuch in Berlin durch einen Bombenangriff ums Leben. Das Berliner Modezentrum rund um den Hausvogteiplatz fiel in Schutt und Trümmer.

 

So mancher ausgebombte Industriezweig hat in den Jahren nach dem Krieg Berlin verlassen

und sich in Westdeutschland angesiedelt. Die Berliner Damenkonfektionäre taten das nicht, obwohl sie kein einziges Gebäude und kaum noch ein paar Nähmaschinen besaßen. Sie blieben in Berlin, weil hier noch immer die Kräfte lebten, die ihrem Produktionszweig einst zur Weltgeltung verholfen hatten, das Heer der so wunderbar aufeinander eingespielten Zwischenmeister und Heimarbeiterinnen.

 

In Ost-Berlin zu bleiben, zu dem der größte Teil des Zentrums um den Hausvogteiplatz nun gehörte, war jedoch unmöglich. Die Planwirtschaft der Kommunisten und lebendiges Modeschaffen vertragen sich nun einmal nicht. So ging die Berliner Mode mit all ihren schöpferischen und handwerklichen Kräften nach West-Berlin.

 

Der Anfang war nicht leicht. Die Berliner Wirtschaft, durch die Blockade um über ein Jahr zurückgeworfen, gesunde nur langsam. Von Westdeutschland aus wurde der Handel mit Berlin noch lange als ein Risiko angesehen, die Damenkonfektion hatte zudem ihre wichtigsten Stofflieferanten, das sächsisch-thüringische Textilrevier, verloren.

 

Doch schon 1945 ging die Konfektion wieder ans Werk. Auch Waltraut S., inzwischen verheiratet, war dabei. Ihre Privatwohnung wurde zur Werkstatt. „Aus Alt mach Neu!" hieß die Losung. Da wurde gewendet, geflickt, improvisiert, aus zwei Kleidern eines gemacht, aus einem alten Mantel ein Rock und eine Weste gezaubert...

 

Nach der Blockade löste Waltraut S. die Bindung zu ihrer alten Firma und machte sich selbstständig. Sie zog einen eigenen Konfektionsbetrieb auf, einen der heute rund vierhundert Firmen, von denen jede einzelne dazu beiträgt, Berlins Ruf als Modestadt wiederherzustellen und zu befestigen.

 

Heute, da die Berliner Mode in drei Großbauten am Zoo ihr neues Zentrum gefunden hat, ist das bereits gelungen. Heute erzeugt Berlin nahezu die Hälfte der bundesdeutschen Damenoberbekleidung und ist auch am Export mit nahezu der Hälfte beteiligt. Der Umsatz der Berliner Damenoberbekleidung (kurz DOB genannt) nähert sich schon der Milliardengrenze, und mit fünfzigtausend Beschäftigten ist die DOB nach der Elektro-Industrie die zweitstärkste der Stadt.

 

In Berlin selbst bleibt nur ein Fünftel der Produktion, vier Fünftel gehen per Bahn, Lastauto oder Flugzeug nach dem Westen. Von Saison zu Saison erhöht sich die Zahl der westdeutschen und ausländischen Einkäufer, die die Ateliers und Vorführräume der vierhundert DOB-Firmen besuchen. Und nicht zuletzt auch die neuen Geschäftsräume der Firma S., am Kurfürstendamm, in denen das „Mädchen aus Tilsit" ihre Mäntel und Kostüme zeigt, — keine Massenware, sondern hübsche, besondere Sachen, „modellige Stücke", wie es in der Fachsprache heißt.

 

Eine Wormditterin verrät Modegeheimnisse

Wollen Sie mir noch weiter folgen, liebe Leserin, lieber Leser? Vielleicht sind Sie nun auf den Geschmack gekommen und folgen mir auf dem Weg zu ausgesprochenen Modegeheimnissen!? Was ist das überhaupt, Mode? Wo kommen die immer neuen Einfälle her? Ist das alles nur ein Trick geldgieriger Geschäftsleute? Oder hat das kaufende Publikum irgendeinen Einfluss?

 

Folgen Sie mir zu Frau Marta M.

Sie stammt aus Wormditt, Kreis Braunsberg, und die Begabung für alles, was mit Stoffen, Schneiderei und Mode zusammenhängt, liegt in der Familie. Eine der beiden Schwestern von Marta M. war Inhaberin eines Textilgeschäftes in Wormditt, die andere hatte dort einen Modesalon. (Wormditter, die die genauen Namen wissen wollen, ebenso aber auch Tilsiter, die Waltraut S. richtigen Namen und Adresse in Erfahrung bringen wollen, mögen bitte bei der Hauptschriftleitung nachfragen ...)

 

Von den beiden Schwestern wird noch die Rede sein. Marta selbst kam schon 1930 von Wormditt nach Berlin, wie Waltraut S. angezogen von seinem Ruf als Modestadt, und sie arbeitete sich rasch zur Prokuristin einer führenden Firma hoch. Auch sie schlug sich dann nach dem Zusammenbruch unter der Parole aus „Alt mach Neu" mit Flickwerk und Stückelei durch, hochbeglückt, wenn dann und wann doch einmal ein Ballen Stoff und sei es im Tausch gegen Ami-Zigaretten den Weg von Sachsen nach Berlin fand. Marta M. gründete schon 1947 ihr eigenes Geschäft, dessen Sitz sie aus ihrer Privatwohnung als eine der ersten an den Fehrbelliner Platz verlegte, der als Nachfolger des Hausvogteiplatzes vorläufiges Berliner Modezentrum wurde, bis ihn jetzt, im Dezember 1956, der Zoo endgültig abgelöst hat. Marta M. ist diesem Zug zum Zoo gefolgt und hat ihre Geschäftsräume kürzlich an den Kurfürstendamm verlegt.

 

Sie sind wunderschön und äußerst geschmackvoll eingerichtet, und das ist durchaus kein überflüssiger Luxus, keine „Angabe", sondern eine der Schönheit der angebotenen Dinge entsprechende Umgebung, eine der Berliner Wirtschaft dienende Werbung — eine Feststellung, die übrigens auch für unsere Tilsiter Landsmännin zutrifft.

 

Die Firma Marta M. hat nicht nur eine ostpreußische Chefin, sie ist durch und durch ostpreußisch, denn auch die kaufmännische Leiterin und die Direktrice sind Landsleute, nämlich jene beiden Schwestern, die 1945 als Heimatvertriebene nach Berlin kamen. Drei Wormditterinnen sind also die Seele einer Firma, die neben zwölf im Hause tätigen festen Angestellten zahlreichen Zwischenmeistern und einer großen Schar von Heimarbeiterinnen Lohn und Brot gibt.

 

Für uns ist jetzt Winter, aber bei Frau M. ist der Frühling schon vorbei, längst sind die Frühjahrsmäntel und -Kostüme, deren Muster sie uns zeigt, in Arbeit gegeben, und mit den Gedanken ist man hier schon beim Sommer.

 

Und was sind das für Gedanken? Wenn Frau M. erzählt, begreift auch der Laie, dass ihr Beruf ein schöpferischer ist.

 

Jedes Jahr fährt sie zweimal nach Paris, um sich bei den großen, in der ganzen Welt als richtungsgebend anerkannten Modeschöpfern Anregung zu holen. Dazu studiert sie die internationalen Fachzeitschriften. Aber das allein genügt nicht. Man muss selber schöpferisch sein. Es geht ja nicht, einfach zu kopieren, was Dior und Fath in Paris zeigen. Das ist zu teuer, zu extravagant, das muss vielmehr ins Deutsche übersetzt, das heißt dem Geschmack und dem Geldbeutel der deutschen Durchschnittskäuferin angepasst werden.

 

Da muss man Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis besitzen.

 

 

Was will Lieschen Müller, die Durchschnittskundin, heute? Sie will alle Tage nett und am Sonntag sehr nett und vielleicht sogar elegant angezogen sein. Ja, das wünscht sich auch die kleinste Stenotypistin, stimmt es? Nichts Extravagantes, aber auch nichts Hausbackenes. Es darf nicht unerschwinglich sein, aber es soll ruhig teuer aussehen. Es muss „das gewisse Etwas" haben, das man den „Berliner Chic" nennt. Berliner Chic, der nicht nur in ganz Westdeutschland Anklang findet, sondern auch im Ausland. Die größten Modehäuser von Zürich, Amsterdam, Stockholm sind gute Kunden der Berliner Damenkonfektion!

 

Aber diese Beliebtheit muss — anders als bei der Herstellung von Rasierklingen oder Seife — von Saison zu Saison neu behauptet werden. Wird unsere neue Kollektion gefallen? Das ist jedes Mal wieder die Frage.

 

Frau M. zeigt mir ein Stoffmusterbuch mit fünfhundert Mantelstoffen. Und das sind nur die Wollstoffe; Baumwollstoffe, Popeline, Gabardine füllen weitere Musterbände. Das alles muss durchstudiert werden, nachdem die Schnitte der künftigen Modellstücke nach langem hin und her und Änderungen zeichnerisch festgelegt sind. Denn nicht nur der Schnitt, auch der Stoff entscheidet, seine Qualität, Webart, Farbe, sein Muster. Es kommt vor, dass derselbe Mantel in grün keine, in Kognakfarbe aber reißende Abnahme fand! Aber das weiß man nie vorher! Manches Stück, von dem es die Chefin am wenigsten erwartete, wurde ein „Schlager“, manch anderes, das sie als besonders geglückt empfand, blieb unbeachtet. Ein reines Lotteriespiel, denkt der Laie verwirrt. Doch die Begabung, die angeborene, die schon in der Wiege in Wormditt oder Tilsit lag, bleibt doch entscheidend.

 

Eine große Rolle spielt bei den Überlegungen der Chefin auch Geschmack und Charakter der Handelsgeschäfte, die sie beliefern will, und deren Geschmack richtet sich nach dem jeweiligen Kundenkreis. Ein Beispiel: Frau M. beliefert Spezialgeschäfte mit anspruchsvollen Kundinnen, die sich gern einmal einen auffallenden Mantel kaufen; Voraussetzung ist, dass es diesen Mantel nicht allzu oft gibt. Wie schrecklich, wenn Frau X. „ihrem" Mantel schon an der nächsten Straßenecke in zweiter Auflage begegnet! Ganz anders bei Großstadt-Warenhäusern: die bestellen von ein und demselben Modell oft hundert Exemplare, und da kommt es dann mehr auf scharfe Preiskalkulation an und darauf, dass das betreffende Stück nicht allzu sehr betont modisch ist und auch nächstes Jahr noch getragen werden kann.

 

So — nun ist alles durchgedacht und die Musterkollektion für die kommende Saison wird in Auftrag gegeben. Einhundertzwanzig Modelle waren es bei unserer Wormditter Landsmännin für das Frühjahr 1957, und von jedem Modell werden ein, zwei oder drei Exemplare hergestellt, je nachdem, ob es nur im Hause oder gleichzeitig auch an anderen führenden Modeplätzen, wie etwa Düsseldorf, gezeigt werden soll.

 

Und endlich ist alles bereit, die Durchreise kann beginnen. Die Einkäufer der Handelsgeschäfte erscheinen und versinken in den üppigen Sesseln. Die Mannequins schweben über die Perserteppiche. Die Besucher zücken ihre Bestellblocks. Der entscheidende Augenblick ist da, in dem das rehbraune Kostüm mit dem feinen Nadelstreifen zum Erfolg wird und der blassgrüne Mantel mit den breiten Revers durchfällt. Unsere Töchter und Frauen entscheiden mit, denn an sie denkt der Einkäufer bei seiner Wahl.

 

Abends liegen dann die Bestellungen gebündelt auf dem goldfüßigen Chippendaletisch des Vorführraumes. Telegramme an die Stoff- und Zutatenfirmen. Ballenweise und per Express trifft das Gewünschte ein. Die Aufträge werden an die Zwischenmeister verteilt. Die Termine sind oft knapp, und eine ganze Stadt beginnt fieberhaft zu arbeiten.

 

Wer durch West-Berlin fährt, sieht sie auf Schritt und Tritt, die Heimarbeiterinnen, auf dem Weg, das fertige Stück abzuliefern, in unscheinbaren Futtersatin eingeschlagen und mit Stecknadeln zugesteckt.

 

Die beiden Firmen, von denen hier die Rede war, sind nicht die einzigen mit ostpreußischen Inhabern. Einige fanden wir noch im alten Textilviertel Berlins, hart am Rand des Ostsektors. Das ist eine Gegend, die weithin auch heute noch — ob in ihrem östlichen oder westlichen Teil — einen trostlosen Anblick bietet. Nur einzelne Häuser sind stehengeblieben. Nur wenige Firmen haben dort die Stellung gehalten. Doch ihnen ist es zu verdanken, dass auch diese Wüste sich langsam wieder zu beleben beginnt auch Banken und Versicherungen haben sich dort wieder niedergelassen.

 

Beherrscht wird dies Viertel zwischen Kochstraße und Halleschem Tor vom Gebäudekomplex des Landesarbeitsamtes. Das Haus der traurigen Schicksale in den der Blockade folgenden Jahren. Jetzt geht es wieder aufwärts, und dabei wollen wir nicht vergessen zu bemerken: der erste Berufszweig ohne Arbeitslosigkeit, ja mit Kräftemangel, war der der Berliner Damenoberbekleidung. Die DOB hat, neben der Elektroindustrie der Stadt Berlin über die schwerste Krise ihrer Geschichte hinweggeholfen.

 

Und Landsleute haben dazu beigetragen, nicht nur als Firmenchefs, auch als Zwischenmeister, als Heimarbeiter, kurz, als Glieder jenes wunderbar eingespielten Mechanismus, dem Berlin seinen wiedererstandenen Ruf als führende deutsche Modestadt verdankt. Martin Pfeideler

 

 

Seite 5   Ulbricht hasst diesen Mann... Zum Geburtstag eines ostpreußischen Arbeiterführers.

Von unserem Berliner M. Pf. - Korrespondenten

Ernst Scharnowski wurde sechzig Jahre alt. Ein Landsmann und zugleich als Vorsitzender des Berliner Deutschen Gewerkschaftsbundes eine der meistgenannten Persönlichkeiten des Berliner öffentlichen Lebens. Er ist ein interessanter, ein eigenwilliger Mann. Ulbricht hasst ihn wie die Pest; für die bürgerlichen Parteien Westberlins ist er manchmal das „rote Tuch", doch auch von seiner eigenen Partei, der SPD, wird er oft angegriffen und missverstanden.

 

Aber das macht ihm nichts aus. Er geht seinen Weg, diesen schweren, doch stets zielsicheren Weg des antikommunistischen Arbeiterführers. Woher nimmt er die Kraft dazu?

 

Die Heimat gab sie ihm einst. Wenn er von seiner Kindheit spricht — und wie prächtig kann er erzählen! — dann begreift man, was es bedeutet, was heute in Dutzenden von Heimatfilmen verkitscht und verwässert wird, dies: in der Heimaterde wurzeln.

 

Armut ohne Hass

Am 5. Dezember 1896 wurde Ernst Scharnowski in Pr.-Eylau geboren. Der Vater, ein Landarbeiter, starb früh und hinterließ zehn unmündige Kinder. Für sie zahlte der Staat monatlich einen Taler Armenunterstützung, zehn Pfennig pro Tag. „Dafür kauften wir uns Langsemmeln, und außerdem aßen wir Kartoffeln und tranken Buttermilch — wir litten keine Not“ … Schuhe brauchten die Scharnowski-Kinder zum Beispiel nicht, sie liefen barfuß und im Winter in Holzpantinen. Schon als Fünfjähriger hütete der kleine Ernst anderer Leute Schafe unter dem weiten Himmel der flachen Landschaft um Pr.-Eylau, dem Städtchen der Ackerbürger und Arbeiter. Blutjunge Lehrer, mit neunzehn Jahren vom Lehrerseminar kommend, unterrichteten Ernst Scharnowski und lenkten seinen rasch zutage tretenden Bildungshunger in richtige Bahnen, gaben ihm klassische Theaterstücke zu lesen und große Geschichtswerke wie die von Mommsen und Niebuhr, die er begierig verschlang.

 

Ein besonderes Erlebnis war es für den Jungen, als seine Lehrer einmal wegen zu schlechter Bezahlung in Streik traten. Das mag den entscheidenden Anstoß gegeben haben, einmal selber für soziale Verbesserungen für alle arbeitenden Menschen zu kämpfen.

 

Der Atmosphäre seiner Heimat verdankt Scharnowski, dass sein Sozialismus ohne Hass blieb. Dafür gab es in Pr.-Eylau keinen Nährstoff, niemand, auch der barfüßige Hütejunge nicht, fühlte sich als Proletarier, hier konnte die Klassenkampftheorie niemals zünden, diese Theorie, die mit ihrem Ziel der Weltrevolution die Welt an den Abgrund gebracht hat und heute zur Rechtfertigung unaussprechlicher Schandtaten dient.

 

Der kleine Ernst wollte Tischler werden, fand aber keine Lehrstelle und ging als Landarbeiter, bis er von einem Schlosser dann als Lehrling angenommen wurde. 1914, nachdem die Russen vorübergehend in die Heimatstadt eingedrungen waren, meldete er sich freiwillig als Soldat.

 

Der Weg nach Berlin

Scharnowski wurde Sozialdemokrat; sein ostpreußisches Fundament bewahrte ihn auch in den dunklen Nachkriegsjahren davor, radikalen Verlockungen und Einflüsterungen zu unterliegen. Damals wechselte er von Beruf zu Beruf, er war Bergarbeiter, Polizist, Montageschlosser, Reisender einer Netzfabrik, überall beobachtete er mit offenen Augen Missstände, soziale Probleme. Seine ganze Liebe erwarben die wortkargen, zuverlässigen Fischer der deutschen Ostseeküste, besonders in Pommern, denen er Netze verkaufte.

 

Von 1922 bis 1933 bekleidete Scharnowski den Posten des Gewerkschaftssekretärs des ADGB in Ostpreußen.

 

Sechs Mal wurde er während der Nazizeit verhaftet. Im Jahre 1945 setzten ihn die Sowjets als Stadtrat für Wirtschaft und Arbeit in Stettin ein. Doch auch hier missfiel seine demokratische Gesinnung. Nachdem die Polen in die Stadt eingezogen waren, wurde er nach zweimaliger Verhaftung ausgewiesen. Zu Fuß wanderte er über Berlin nach Jerichow in der Mark, wo er eine SPD-Ortsgruppe gründete. Da er sich offen gegen die Bodenreform aussprach und auch von der Zwangsvereinigung seiner Partei mit den Kommunisten nichts wissen wollte, wurde er abermals verhaftet. Nach seiner Freilassung wandte er sich nach Westberlin; er wurde Parteisekretär der SPD und Bezirksrat in Neukölln.

 

Ernst Scharnowski, und das sei hervorgehoben, war einer der ersten, die den Zusammenschluss der aus dem deutschen Osten Vertriebenen anregten. Das erforderte damals, als die vier Alliierten noch gut Freund spielten und derartige Zusammenschlüsse von allen vieren als gefährlich, revanchistisch und reaktionär abgelehnt wurden, einigen Mut. Scharnowski förderte den damals also illegalen Zusammenschluss Vertriebener zunächst im Rahmen und gedeckt durch seine Partei, jedoch von Anfang an mit dem Ziel der überparteilichen Sammlung der einzelnen Landsmannschaften, so wie sie dann Wirklichkeit wurde.

 

An der Seite Ernst Reuters

1948 begann Scharnowskis große Zeit. Bis zur Spaltung Berlins, die im Herbst jenes Jahres die Blockade einleitete, gab es für ganz Berlin nur die eine, kommunistisch geleitete Gewerkschaft, den FDGB. Unser Landsmann war es, der im entscheidenden Augenblick eine nichtkommunistische Gegengewerkschaft, die unabhängige Gewerkschaftsopposition, UGO, ins Leben rief, die rasch in allen Westberliner Betrieben Boden gewann. Man stelle sich vor, es hätte die UGO nicht gegeben. Und es wäre dem FDGB mit seinem riesigen von den Sowjets finanzierten Propagandaapparat gelungen, den Eindruck zu erwecken, die Berliner wünschten nichts sehnlicher als den Abzug der westlichen Truppen! Wohl kaum hätte dann der amerikanische Kongress noch Neigung verspürt, die Millionen für die Luftbrücke auszugeben.

 

So darf man, wenn man Ernst Reuter als den Führer des Westberliner Freiheitskampfes nennt, auch Ernst Scharnowski als den Sprecher der antikommunistischen Westberliner Arbeiter nicht vergessen. Er war es auch, der in den schweren Jahren der Arbeitslosigkeit an Reuters Seite gegen östliche Einsickerung und Unterwanderung in den Betrieben und im Heer der Arbeitslosen selbst kämpfte. Und als dann die Berliner Wirtschaft langsam begann, den Anschluss an die Entwicklung in Westdeutschland zu suchen, war er es, der verfrühte Lohnkämpfe die mühsam Erreichtes vollständig hätten zerstören können, zu bremsen verstand. „Erst Boden für die Berliner Wirtschaft schaffen, dann die Lohntüten füllen", sagte er, eine Meinung, die von vielen seiner Parteigenossen nicht verstanden wurde.

 

Der Realist

Scharnowski, der Vorsitzende des Berliner DGB, ist kein „Bonze", der nach billigen Propagandaerfolgen strebt, sondern absoluter Realist. Die bundesrepublikanische SPD sollte von ihm lernen. Als Realist spricht Scharnowski sich auch für eine deutsche Verteidigungsmacht aus, und auch das schafft ihm viele Gegner in seiner eigenen Partei, in der er übrigens keine Funktion bekleidet.

 

Ein Verzicht auf die uns geraubten Ostgebiete, und sei es auch „nur" ein teilweiser, kommt für ihn nicht in Betracht. Jedoch sieht er im Augenblick nur einen möglichen Weg, der zur Wiedervereinigung und zur Rückkehr unserer ostdeutschen Heimat führt, — den Weg über ein vereinigtes Europa. Und zwar ein bewaffnetes Europa, denn „der Russe erkennt nur die Macht an".

 

Scharnowski verspricht sich nichts von Verhandlungen der Art, wie sie seine Partei propagiert. Er ist der Meinung, dass man mit ewiger Vorsicht und Rücksicht und mit dem Kinderglauben, der Russe meine es im Grunde gar nicht so schlecht, nicht weiter kommt.

 

Unser Landsmann ist mutig, wenn der DGB seinen radikal antikommunistischen Kurs bemängelt, gut, dann veröffentlicht Scharnowski eben auf eigene Faust und persönlich als Herausgeber und Verantwortlicher zeichnend, polemische Schriften, wie zum Beispiel jene geschickt aufgemachte „Mitteldeutsche Arbeiter- und Bauernzeitung", die in Hunderttausenden von Exemplaren an die Ostbesucher der Westberliner Industrieausstellung verteilt wurden und die Ausbeutung im Osten und echte soziale Entwicklung im Westen einander gegenüberstellt.

 

Nächstes Jahr finden Neuwahlen für den Vorstand des Berliner DGB statt. „Wenn sie mich wegen meiner Eigenwilligkeiten, nicht wieder wählen, dann suche ich mir eben wieder einen praktischen Beruf. Ich habe viel gelernt, ich finde bestimmt etwas, was mich und „meine Familie ernährt", sagt der Sechzigjährige.

 

Seite 6   Dr. Matthee Vorsitzender der CDU-Fraktion

Nachdem der Vorsitzende der CDU-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses, Ernst Lemmer, wegen seiner Berufung zum Bundespostminister sein Amt niedergelegt hat, ist der bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Dr. Hans Matthee, mit der Fraktionsführung betraut worden. Die endgültige Wahl soll im Januar erfolgen.

 

Seite 6   Weihnachtsfeiern der Heimattreuen

Wie alljährlich, so veranstaltete der Bund der heimattreuen Ost- und Westpreußen Berlin auch in diesem Jahr in den verschiedensten Berliner Bezirken heimatliche Advents- und Weihnachtsfeiern, die von zahlreichen Landsleuten, darunter auch von Heimatvertriebenen, besucht wurden. In Steglitz, wo besonders viele Ostpreußen leben, fand am 2. Adventssonntag im Haus der Markus-Gemeinde eine Adventsfeier statt, auf der Landsmann Pfarrer Klamroth und Schulrat Schattkowsky sprachen und Alrun Bürkner Weihnachtslieder und Gustel Senn-Schalnat Gedichte vortrugen.

 

Seite 6   Weihnachten bei den Königsbergern. Festliche Stunden der Berliner Heimatkreise. Weihnachten wie zu Hause! Weihnachten wie in der alten Heimat! Das war der Leitgedanke, der den Berliner Kreisen der Landsmannschaft Ostpreußen auch bei den diesjährigen Weihnachtsfeiern vor Augen stand. Ein ganzes, Dutzend Feiern fanden allein am vergangenen Wochenende statt, darunter die der Kreise Königsberg, Allenstein, Gerdauen, Stallupönen, Heiligenbeil, Mohrungen, Lötzen, Rößel, Pr.-Eylau, Gumbinnen und Angerapp (Darkehmen). Einige Kreise waren schon vorher zusammengekommen, andere werden in der Weihnachtswoche folgen. Überall waren die Feiern stark besucht, die Säle waren zum Teil überfüllt. Ein Zeichen dafür, wie stark die heimatliche Verbundenheit sich gerade in den Weihnachtstagen zeigt.

 

Bei den Königsbergern hatten sich auch diesmal rund tausend Landsleute zusammengefunden, darunter mehrere Hundert aus Ostberlin und der sowjetisch besetzten Zone. Manche hatten auch eine weite Reise nicht gescheut, um gerade zu Weihnachten wieder einmal mit Landsleuten zusammenzukommen, mit ihnen zu sprechen und neue Kraft zu schöpfen. Viele waren schon am Tage zuvor in Berlin eingetroffen. Landsleute hatten in bewährter Gastlichkeit für Quartiere gesorgt und die Landsmannschaft hatte sie abends in das Haus der ostdeutschen Heimat eingeladen, wo Landsmann Roddeck sie mit einem heimatlichen Vortrag mit Lichtbildern erfreute. Anschließend war dann in der Ostpreußenstube Gelegenheit, über die Heimat und über die Zukunft zu sprechen. Am Sonntagvormittag fand eine Stadtrundfahrt statt. Der Autobus war voll besetzt, und Landsmann Roddeck hatte es nicht leicht, alle Fragen der von dem Erlebnis begeisterten Teilnehmer zu beantworten.

 

Am Nachmittag empfingen Weihnachtsklänge die Besucher der Lichterfelder Festsäle. Die Gäste aus Ostberlin und der sowjetisch besetzten Zone wurden mit Kaffee und Kuchen bewirtet und mit Geschenken bedacht. Der Kreisvorsitzende Dietsch fand herzliche Begrüßungsworte vor allem für die Landsleute aus der Zone und die Kinder. „Im Gedenken an die Heimat", so sagte er, „sind wir auch

heute wieder als eine große Familie zusammengekommen. Jeder von uns denkt in dieser Stunde an unser schönes Königsberg, wo wir einst als glückliche Menschen leben durften. Lassen Sie uns heute in Gedanken Weihnachten feiern, als ob sich hier über uns der Himmel von Königsberg wölbt. Möge das Jahr 1957 uns der Rückkehr in die geliebte Heimat näherbringen“. Pfarrer George (früher Königsberg) richtete die dringende Mahnung an alle, den Frieden zu verwirklichen, den die Weihnachtsbotschaft verkündet. Jeder könne sein Teil dazu beitragen, dass das „Friede auf Erden" endlich in Erfüllung gehe.

 

Die vielen brennenden Kerzen auf den weißgedeckten Tischen und ein riesiger Weihnachtsbaum, dazu die gemeinsam gesungenen altvertrauten Lieder schufen die rechte Weihnachtsstimmung, bis dann Knecht Ruprecht erschien, um seine Gaben an die schon ungeduldigen Kleinen auszuteilen. Jedes der Kinder bekam eine große bunte Tüte, nachdem alle den Weihnachtsmann und die Erschienen, wie es zu Hause Sitte war, mit ihren Sprüchen und Gedichten erfreut hatten. Eine Tombola mit dreihundert Gewinnen, die von Landsleuten und Berliner Kaufleuten gestiftet worden waren, bereitete viel Freude. Hier gab es allerlei schöne Dinge zu gewinnen. Die Lose fanden reißenden Absatz. Auch echtes Königsberger Marzipan wurde wieder verkauft.

 

Den Besuchern aus der sowjetisch besetzten Zone fiel der Abschied schwer. Hier war alles so weihnachtlich, so licht und menschlich. Vor allem war es die Gastfreundschaft und die Liebe mit der sie von den Berliner Landsleuten umhegt und umsorgt wurden, die manchen zu Tränen rührte. Dies war wohl das schönste Geschenk dieser weihnachtlichen Stunden. Am liebsten wären sie noch geblieben. „Aber was hilft's", sagte ein Landsmann, „wir müssen ja. Wir bleiben um der Heimat willen. Denn wenn alle Standhaften gehen würden, dann wird es erst recht Nacht da drüben. Die Berliner Weihnacht wird uns Kraft geben, auszuharren, bis auch unser Tag kommt“.

 

Seite 6   Advent der Sensburger. Aus dem Notizbuch des Berlin-Berichterstatters.

In der „Idealklause“, dicht am Neuköllner Bahnhof Sonnenallee und nicht weit von der Sektorengrenze, fanden die Stammkunden am ersten Dezembersonntag nur noch Stehplätze am Ausschank. Denn die Sensburger aus Ost- und West-Berlin füllten alle Räume. Lebhaft gingen die Gespräche über die Tische hinweg, Kaffee floss in Strömen aus dickbauchigen Kannen, der Kuchen türmte sich zu Bergen, und auch die scharfen und die süßen Getränke fehlten nicht. Der Weihnachtsmann verteilte hübsch verpackte Geschenke, — vorweihnachtliche Stimmung, wie wir sie uns wünschen.

 

Advent der Sensburger — in doppelten, dreifachen Sinn. Denn nicht nur der westdeutsche Kreisvertreter aller Sensburger hatte sich von Ratzeburg nach Berlin aufgemacht; auch direkt aus Sensburg kamen viele, viele schmerzlich liebe Grüße, von einem Landsmann überbracht, der gerade von einer Besuchsreise in die alte Heimat zurückgekehrt war. Und dann gab es noch eine dritte „Ankunft", und diese mit einer kleinen Vorgeschichte. Am vorangegangenen Sonnabend hatte ein Flugzeug stundenlang über Berlin kreuzen müssen, unter blauem Himmel, doch unter sich eine dichte Wolkendecke, die Stadt und Flugplatz verbarg — das Flugzeug der fahrplanmäßigen Linie Düsseldorf—Berlin. Hätte es nicht landen können, dann hätten die Sensburger am Sonntag einen Gast nicht begrüßen können, wie wir ihn allen unseren Heimatkreisen zu ihren Feiern wünschen. Es war der Patenonkel, der Abgesandte der Stadtverwaltung Remscheid, der Patenstadt von Sensburg. Er hatte fesselnde Lichtbilder mitgebracht, er brachte Grüße und Wünsche und feste Zusicherungen für einen immer stärkeren Ausbau der Patenbeziehungen.

 

Schon in diesem Sommer hatte Remscheid dreißig Kindern unserer Landsleute einen herrlichen Ferienaufenthalt beschert. Wir konnten an Hand zahlreicher Fotos noch einmal daran teilnehmen. Und welch ein Zufall, dass der Leiter des Remscheider Jugendamtes ein Königsberger ist, der die Mädels aus Berlin mit den Worten empfing: „Na, Marjellchens, nu schabbert doch e bissche Ostpreißisch . . .|"

 

Nach diesem Bericht aus der Patenstadt Remscheid dann der des soeben aus dem Kreis Sensburg zurückgekehrten Landsmanns. Er hatte seine Mutter, seinen Bruder und seine beiden Schwestern besucht.

 

Mutter und Bruder leben noch im alten Haus der Familie. Der Bruder ist Milchfahrer bei der staatlichen Molkerei; Tag für Tag fährt er im Morgengrauen im klapprigen Lastauto durch die umliegenden Dörfer, und dabei bringt er es auf 1200 Zloty im Monat. Die Mutter bekommt eine Rente, die nach dem Posener Aufstand auf 180 Zloty erhöht wurde, sie hat ein Schwein, fünfzig Hühner und zieht Blumen, die sie auf dem Markt verkauft.

 

Von den achttausend Einwohnern der Stadt Sensburg (früher waren es zwölftausend) sollen nach Auskunft der Stadtbehörde sechstausend Deutsche sein. Man spricht Deutsch in der Kirche und es wird Deutsch gesungen, der Pfarrer hält seine Predigt in polnischer Sprache. Die Schwestern unseres Landsmannes haben polnische Freunde, — das klingt befremdlich, doch ist zu bedenken, dass unter den Deutschen die mittleren Jahrgänge fast vollständig fehlen. Zudem: was haben wir gegen die Polen als Menschen? Der Freund der älteren Schwester möchte sogar mit ihr zusammen nach Westdeutschland auswandern! Ulbricht-Deutschland, das „demokratische", interessierte die Polen, mit denen der Landsmann sprach, überhaupt nicht. Doch ihre Augen leuchteten, wenn er von Westdeutschland, dem „faschistischen“ Deutschland, erzählte. Das ist für sie das Wunderland.

 

Was wir schon oft hörten: korrekt, ja liebenswürdig die polnischen Beamten, sei es Zoll, Eisenbahn, Polizei, Stadtverwaltung. Und auch das andere bestätigt unser Landsmann: dass die Polen ihre Gleichgültigkeit im Hinblick auf die Erhaltung der Gebäude und die Pflege des Ackerlandes mit den Worten begründen: „Es ist ja doch nicht unseres, Ihr kommt ja doch wieder …“ Gott gebe es. Doch verheißt auch der neue innerpolitische Kurs in Polen — der auch unseren dort verbliebenen Landsleuten so manche kleine Verbesserung und Erleichterung bringt — keine Änderung der Außenpolitik, zeigt sich nicht der geringste Hoffnungsschimmer auf ein deutsch-polnisches Gespräch über die widernatürliche Oder-Neiße-Linie. So wollen alle Ostpreußen nach wie vor heraus, die, die „unterschrieben" haben und in Lohn und Brot stehen, und die, die nicht unterschrieben haben und, als Menschen zweiter Klasse, oft nur vom Verkauf ihrer Pakete aus Deutschland leben.

 

Die siebzigjährige Mutter unseres Landsmanns allerdings will die Heimat nicht mehr verlassen, wie so viele Alte.

 

Weitere Berlin-Berichte in der Rubrik „Aus der landsmannschaftlichen Arbeit“

 

Seite 7   Für das Recht der Deputanten. Die Bundestagsabgeordneten müssen eingreifen!

Bereits in der landwirtschaftlichen Beilage „Georgine“ vom 15. Dezember wurde unter der Überschrift „Entschädigung aus dem LAG für Landarbeiter“ bekanntgegeben, dass der Bundesrat die Entschädigung der zur Viehhaltung gehörenden Betriebsmittel der Deputanten abgelehnt habe. Der Wortlaut der Begründung der Ablehnung sowie die Stellungnahme des Bauernverbandes der Vertriebenen wurden im Zusammenhang mit dieser Meldung veröffentlicht.

 

In den Kreisen der ostpreußischen Landarbeiter und Landwirte hat diese Ablehnung berechtigter Forderungen Enttäuschung und Empörung ausgelöst. Erörterungen über diesen unverständlichen Beschluss des Bundesrates standen im Mittelpunkt einer Sitzung des Agrarpolitischen Ausschusses der Landsmannschaft Ostpreußen in Hamburg. Getragen von dem Bewusstsein einer inneren Verbundenheit mit den geschädigten Deputantenfamilien, die häufig seit Jahrhunderten auf den Höfen waren, behandelten die Mitglieder des Ausschusses diese wichtige Frage. Angreifbar sei besonders die Behauptung der Begründung (vergleiche den Wortlaut in der bereits genannten Bekanntgabe), „dass der fast immer bescheidene Hausrat und das Vieh des Deputanten zusammen einen Ausgleich bietet“.

 

Als einen sehr einleuchtenden Beweis für das wirkliche Vermögen des Landarbeiters wurde ein Versicherungsfall aus dem Jahre 1933 angeführt. Damals brannte in einem Betrieb ein Haus ab, in dem sechzehn Deputantenfamilien wohnten. Es stellte sich heraus, dass die niedrigste Versicherung der betroffenen Familien mit 3000, der höchste mit 10 000 RM abgeschlossen war. Als die Berechtigung der zuletzt genannten Summe bezweifelt wurde, wurde der Wert des Besitzes der Versicherungsnehmerin – es war eine Kriegerwitwe – nachgerechnet. Die sehr genau durchgeführten amtlichen Ermittlungen ergaben aber sogar einen Wert des Besitzes von 11 000 RM.

 

Im Westen Deutschlands herrschen oft völlig falsche Vorstellungen über den einstigen Besitz des ostpreußischen Landarbeiters. Wohl jede Deputantenfamilie besaß außer ihrem Viehstand, der in der Zahl wechselte, mindestens einen Separator, ein modernes Butterfass, ferner landwirtschaftliche Arbeitsgeräte wie Sensen und Forken in verschiedenen Arten, hinzu kamen noch Kleider, Wäsche und Hausrat.

 

Der Ausschuss erklärte, dass es die Pflicht aller in der Landwirtschaft tätig gewesenen sei, gegen die beabsichtigte Benachteiligung der Deputanten Einspruch zu erheben. Jede Möglichkeit müsse hier versucht werden. Wirksam könne ein Appell an die Bundestagsabgeordneten sein, die sich besonders der Angelegenheiten der Heimatvertriebenen annehmen. An sie ergeht nun die Bitte, die Landarbeiter vor Schaden zu bewahren und sich für ihre Rechte im Bundestag einzusetzen. Alle Landsleute könnten durch Eingaben an die Bundestagsabgeordneten mit dazu beitragen, den Landarbeitern ihr Recht zu verschaffen.

 

Seite 7  Bittere Enttäuschung für die Rentner. Sozialgesetz erst im Februar – Jetzt nur Anwartschaft auf Vorauszahlung. Von unserem Bonner O. B.-Mitarbeiter

Die Sozialreform wird nicht fristgerecht fertig. Niemand in Bonn leugnet mehr, dass das Sozialreformgesetz erst im Februar verabschiedet wird. Selbst der Bundeskanzler gab vor einigen Tagen unumwunden zu, dass die Bundesregierung besser getan hätte, dem Parlament ihren Regierungsentwurf früher zuzuleiten. Aber Herr Storch kam mit seinen Vorarbeiten nicht schneller zurande.

 

Bei den Rentnern wird also am 1. Januar eine bittere Enttäuschung Platz greifen. Viele werden bereits mit den höheren Bezügen ab Januar kalkuliert haben. Sie müssen warten, weil ein Bundesminister in sechseinhalb Jahren nicht in der Lage war, einen Regierungsentwurf auszuarbeiten. Es dürfte für die Sozialversicherungsrentner kein Trost sein, zu wissen, dass man in den Wandelgängen des Bundestages die Überzeugung hegt, dass dieser Minister im kommenden Herbst bestimmt nicht wieder auf seinen Sessel zurückkehren wird.

 

Dass bittere Enttäuschung bei den Rentnern eintreten muss, ist auch den Fraktionen der Koalition klar. Es verwundert deshalb niemand, wenn in diesen Kreisen Übergangsregelungen angestrebt werden, die die Bitternis dämpfen sollen. So hat die CDU/CSU im Bundestag einen Antrag eingebracht, nach dem am 1. Februar jedem Invaliden- und Angestelltenversicherungsrentner eine Vorauszahlung auf die zu erwartende Neuregelung ausbezahlt wird. Jeder Rentenberechtigte soll eine Zusatzzahlung in Höhe des Dreifachen des sogenannten Rentenmehrbetrages erhalten. Mindestens soll ihm jedoch ein Betrag von 21,-- DM, Witwen ein Betrag von 14,-- DM und Waisen eine Zusatzzahlung von 10,-- DM zustehen. Die neuen Vorauszahlungsbeträge entsprechen in ihrer Höhe genau der Sonderzulage, die die Invaliden- und Angestelltenrentner im Dezember erhalten haben. Wenn auch erst in einigen Tagen das Plenum des Bundestages über den CDU-Antrag entscheiden wird, so gilt jedoch als absolut sicher, dass dem Antrag zugestimmt werden wird, so dass den Rentnern auf den Weihnachtsgabentisch wenigstens die Anwartschaft auf diese weiteren 21,-- DM gelegt wird.

 

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass das Sozialreformgesetz rückwirkend auf den 01.01.1957 in Kraft gesetzt werden wird.

 

Seite 7   Von sechzig auf fünfzig Punkte. Die Mittel für die Hausrathilfe, Von unserem Bonner O.B.-Mitarbeiter

Der Kontrollausschuss des Bundesausgleichsamtes bewilligte 150 Mill. DM zusätzlich für die Hausrathilfe. Er gab dem Präsidenten des Bundesausgleichsamtes außerdem die Ermächtigung, als Vorgriff auf das Rechnungsjahr 1957 noch vor dem 31.03.1957 weitere Millionen an Hausrathilfe auszuschütten. Diese Neubewilligungen werden es ermöglichen, dass auch im Rechnungsjahr 1956 wie in allen vorhergegangenen Jahren rund eine Milliarde DM an Hausrathilfen ausbezahlt wird. Die Neubewilligungen setzen den Präsidenten des Bundesausgleichsamtes in die Lage, im Februar die Punktzahl der zweiten Rate der Hausrathilfe von 60 auf 50 zu senken.

 

Der Kontrollausschuss bewilligte ferner zusätzliche Mittel für die Ausbildungshilfe, so dass ab Januar keine Ausbezahlungen bewilligter Ausbildungsbeihilfen wegen Mangels an Mitteln mehr zu unterbleiben brauchen.

 

Der Kontrollausschuss veranlasste schließlich den Präsidenten des Bundesausgleichsamtes, die Sätze der Aufbaudarlehen Wohnungsbau für über 60 qm große Wohnungen geringfügig zu erhöhen und seine Durchführungsbestimmungen zur Wohnungsbauweisung dahingehend zu ändern, dass ein Abkömmling eines Vertriebenen, der ein Haus verloren hat, die Dringlichkeitsstufe des Vaters (bzw. der Mutter) erhalten kann, sofern der Vater (die Mutter) seinerseits auf die Errichtung eines Ersatzbaus verzichtet. Durch diese Neuregelung kommen die in Betracht kommenden Vertriebenenkinder an den Anfang der Dringlichkeitsskala, während sie bisher meist am Ende der Dringlichkeitsstufen standen. Es muss darauf hingewiesen werden, dass dieser Beschluss des Kontrollausschusses mutmaßlich erst Ende Januar eine Änderung der Durchführungsbestimmungen auslösen wird, so dass das Inkrafttreten des Kontrollausschusswillens erst von diesem Zeitpunkt ab erfolgen wird.

 

Seite 7   Georg Baur 75 Jahre

Kurz vor Weihnachten, am 17. Dezember 1956, konnte der auch von allen heimatvertriebenen ostpreußischen Landwirten hochgeschätzte erste Vorsitzende des Bauernverbandes der Vertriebenen, Georg Baur, in großer Rüstigkeit seinen 75. Geburtstag feiern. In einer Feierstunde in Hannover wurde der verdiente Mann mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik ausgezeichnet. Die entscheidende Rolle, die er nach dem Zweiten Weltkrieg und der Austreibung aus der Heimat bei den Bemühungen um die Eingliederung und die Erhaltung ostdeutschen Bauerntumes ebenso wie bei der Schaffung des landwirtschaftlichen Teiles des Bundesvertriebenengesetzes spielte, wird ihm den Dank seiner Schicksalsgenossen für immer sichern. Georg Baur, der Sohn eines Posener Guts- und Molkereibesitzers, hat der ostdeutschen Landwirtschaft schon daheim u. a. als Reichstagsabgeordneter und kluger Berater große Dienste geleistet. Das von ihm seit 1907 jahrzehntelang bewirtschaftete schlesische Gut Dittersbach im Kreis Sagan war ein bekannter Saatgutzucht und Musterbetrieb. Im Januar 1945 aus der Heimat vertrieben, kam er mit dem Treck nach Niedersachsen, wo er sofort seine Berufskollegen um sich sammelte.

 

Seite 7   Fünfzigtausend polnische Bücher für Westdeutschland ...

Wie die Warschauer Presse berichtet, soll die „Zentrale für den Außenhandel", welche auf der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt am Main polnische Bücher ausstellte, im Rahmen der Messe Verträge über Lieferung von etwa fünfzigtausend polnischen Büchern, meistens von Bildbänden und von Kinder- und Jugendliteratur in fremdsprachigen Übersetzungen, abgeschlossen haben. Die polnische Buchausstellung in Frankfurt am Main sei also „mit Erfolg gekrönt" worden, heißt es hierzu.

 

Rest der Seite: Werbung, Bekanntschaften, Unterricht

 

Seite 8   Die Büste Thälmanns auf dem Sockel des Kant-Denkmals. Der Bericht einer Königsbergerin: Welches Bild unsere Hauptstadt jetzt bietet

Foto: Die Altstädtische Kirche an der Ecke Poststraße/Tragheimer Kirchenstraße; im Vordergrund die Straßenbahnschienen auf dem Steindamm

 

Foto: Die Hufenallee — Ecke Luisenallee, so wie sie heute aussieht

 

Foto: Auch die besten Kenner unserer ostpreußischen Hauptstadt werden kaum sagen können, welchen Teil von Königsberg die jetzt dort gemachte Aufnahme zeigt. Es ist der Blick von der Lindenstraße über den Pregel auf das ausgebrannte Gebäude der Börse, die in der Mitte des Bildes deutlich zu erkennen ist.

 

Eine Königsbergerin, die vor kurzem in die Bundesrepublik kam, schrieb uns einen Brief, in dem sie von dem Königsberg von heute erzählt; sie möchte nicht, dass ihr Name genannt wird.

 

Als geborene Königsbergerin möchte ich auf diesem Wege mit dem nachstehenden Bericht aus meiner Heimatstadt allen Landsleuten, besonders aber den Königsbergern, die herzlichsten Grüße übermitteln. Ich bin, abgesehen von einigen Unterbrechungen, bis Juli 1956 in Königsberg geblieben.

 

Im Laufe der Nachkriegsjahre hat Königsberg ein ganz anderes Gesicht erhalten. Ruinen werden entfernt; es entstehen weite Rasen- und Grünanlagen.

 

In dem wiederaufgebauten Hauptbahnhof laufen täglich Züge aus Moskau und Leningrad, aus Pillau, Pr.-Eylau und aus den Küstenorten ein. Wenn wir die Vorstädtische Langgasse entlanggehen, erblicken wir links und rechts immer noch weite Ruinenflächen. Allerdings fällt hier unser Blick auf schwere Räumbagger; es ist eine doppelte Verbreiterung der ehemaligen Langgasse vorgesehen. Im Hintergrunde rechts erkennen wir die Domruine, die noch bis zum heutigen Tage das Grabmal Kants hütet.

 

Verödeter Kaiser-Wilhelm-Platz

Wir nähern uns nun dem ehemaligen Stadtkern, dem Kaiser-Wilhelm-Platz. Dort, wo einst die Schlosskirche emporragte, erblickt man heute einen riesigen Trümmerhaufen. Der Turm musste nämlich 1955 wegen Einsturzgefahr gesprengt werden. Dieser Platz, auf dem einst reges Leben herrschte, liegt verlassen und tot da; nur selten geht ein Mensch über den Platz. Die Denkmäler sind schon seit langem verschwunden. Auf dem Sockel, auf dem einst die Bismarckstatue stand, erblicken wir heute die Büste Suworows, eines russischen Feldmarschalls aus dem 18. Jahrhundert.

 

Wir gehen dann zum Schlossberg. Am Telegrafenamt (auf dem Gesekusplatz) bleiben wir stehen und werfen einen Blick zurück auf das Trümmerfeld der Innenstadt! Wir haben eine vollkommen freie Sicht bis hinunter zum Hauptbahnhof. Beim Weitergehen kommen wir durch die bekannte Junkerstraße, über den Paradeplatz mit der Universität, weiter bis zum ehemaligen Regierungsgebäude — alles Ruinen! Die Bismarckschule wurde erst unlängst dem Erdboden gleichgemacht, um für einen großen Lebensmittelmarkt Platz zu schaffen. Am Bismarckplatz in Maraunenhof — auf der ehemaligen Herzog-Albrecht-Allee — steht wieder ein Denkmal, dessen Sockel uns bekannt erscheint. Auf ihm stand einst — am Paradeplatz — die Statue Immanuel Kants; heute aber trägt er die Büste Thälmanns. Auf dieser Straße herrscht heutzutage großes Treiben, da hier das Zentrum des Maraunenhöfer Stadtteiles liegt.

 

Walter-Simon-Platz auch jetzt Sportplatz

Der eigentliche Mittelpunkt der Stadt liegt augenblicklich zwischen dem ehemaligen Nordbahnhof und der Wrangelstraße, schließt also das gesamte einstige Messegelände ein. An der Stelle, wo früher die fünf Torbögen des Messeeinganges waren, sieht man jetzt ein riesiges Stalindenkmal. Das alte Stadthaus ist eine Ruine, in deren Erdgeschoss große Kaufläden sind. Zweimal im Jahre finden auf diesem Platz Massenparaden und Demonstrationen statt. Das einstige Schauspielhaus wird wieder neu aufgebaut; es soll im nächsten Jahre fertig sein. Bisher war die ehemalige Kunstakademie das einzige Theater der Stadt. Hier gegenüber, in diagonaler Richtung zum einstigen Staatsarchiv (jetzt Gebietsbibliothek) steht immer noch das große Schiller-Denkmal, das jetzt allerdings auch russisch beschriftet ist. Der frühere Walter-Simon-Platz ist Sportplatz geblieben, und russische Fußballmannschaften treffen sich hier. Viele Menschen finden auch heute noch Erholung im Königsberger Tiergarten.

 

Dem Zoo gegenüber haben die Russen ein riesiges Hotel gebaut. Es ist jetzt das größte in Königsberg. Gerade hier erblickt man auffallend gut angezogene Menschen, die sich zu Tagungen oder Sportveranstaltungen aus allen Teilen Russlands einfinden. In der Hufenallee sind kaum noch Spuren der Verwüstung zu sehen. Die „Scala" ist heute das größte Lichtspielhaus der Stadt; es führt den Namen „Sargja" (auf Deutsch „Morgenröte").

 

Die Luisenkirche ist eine Ruine. Der Park Luisenwahl mit seinen Anlagen, weithin bis zur Pillauer Landstraße — also über die dort liegenden Friedhöfe hinweg — ist nun russischer „Kulturpark". Hier amüsiert sich, besonders an den Sonntagen, die russische Jugend. Auf den weiteren Teilen der Hufen (Hammerweg, Körteallee, Lawsker Allee usw.), ist das Leben fast genauso rege wie einst, nur mit dem wesentlichsten Unterschied, dass hier keine deutschen Menschen mehr anzutreffen sind. Die wenigen Deutschen, die dort in Sehnsucht nach ihrem Vaterlande leben, sind entweder Memeldeutsche oder solche, die nicht nachweisen können, dass sie deutsche Staatsangehörige sind. Einige von ihnen haben inzwischen die russische Staatsangehörigkeit angenommen. Sie taten dieses aus einer gewissen Bedrängnis heraus; sie kamen dadurch in den Genuss größerer Vorteile. Man kann wirklich nicht sagen, ob sich diese Menschen nicht auch innerlich gewandelt haben.

 

Wie war nun das Verhältnis der Russen zu uns zurückgebliebenen Deutschen? Man kann auf diese Frage keine klare Antwort geben, da es von Fall zu Fall verschieden war; außerdem änderte sich das Verhältnis im Laufe der Jahre.

 

In den noch erhaltenen Steinhäusern und Villen wohnen jetzt Russen, und sie fühlen sich dort recht wohl, da sie meist aus ganz primitiven Verhältnissen stammen. Hier haben sie fließend Wasser, oft ein Bad, was für sie natürlich Luxus ist. Die selbstverständlichen Einrichtungen westlicher Zivilisation werden dabei in einem Zustand gehalten, der für unsere Begriffe unvorstellbar schlecht ist.

 

Die Preise der Dinge, die man in Königsberg kaufen kann, sind im Verhältnis zu den unseren sehr hoch. Ein Durchschnittsarbeiter verdient etwa 600 Rubel im Monat. Ein einfacher Anzug kostet aber etwa 1500 Rubel, ein Paar Schuhe 250 und ein Kilo Butter im Geschäft 26 Rubel, wobei man erwähnen muss, dass sehr oft keine Butter zu haben ist.

 

Abschließend möchte ich noch ein Wort über die ehemaligen Ostseebäder sagen. Cranz ist völlig vernachlässigt; nichts erinnert dort mehr an das einstige Modebad. Der Dünensand weht in die ersten Fischerhäuser der Seestraße. Die Ruinen des Cafés am Strande scheinen auch die Erinnerungen an glückliche Zeiten begraben zu haben. Rauschen ist dagegen wieder aufgebaut.

 

Alles hat sich im Laufe des vergangenen Jahrzehnts gewandelt; nur die ewig gleichbleibende Ostsee rauscht tagaus, tagein ihr altes Lied, das Lied der Heimat.

 

Seite 8   Wird das Königsberger Opernhaus wieder aufgebaut?

Eine erst kürzlich nach Westdeutschland gekommene ostpreußische Frau, die gelegentlich in Königsberg war, ergänzte diese Angaben:

 

In der Vorstädtischen Langgasse wird viel Schutt weggefahren. An dem langen Straßenzug sind stellenweise Grünflächen angelegt und Bänke aufgestellt worden.

 

Der ganze Komplex der Schlossbauten ist jetzt ein wüster riesiger Trümmerhaufen. Im vorigen Jahre wurden außer dem Stumpf des Schlossturms auch die noch 1947 sichtbaren Mauerreste von Bauten gesprengt.

 

Sprengtrupps arbeiten auch längs des Steindamms. Das Steingeröll ist so eng aufgeschüttet worden, dass gerade noch Platz für die hier verkehrenden Straßenbahnen frei gelassen ist. Fußgänger müssen sich irgendwie durchschlängeln. Man sieht von der Straßenbahn aus über die anderthalb Meter hoch getürmten Schuttmassen und blickt auf eine merkwürdige Haldenlandschaft, auf der Buschwerk und schon ziemlich hohe Bäume wachsen.

 

Am Nordbahnhof wird gebaut. Noch immer sind die Öffnungen zwischen den schlanken Pfeilern des Empfangsgebäudes zugemauert. Drei große Geschäfte wurden im Erdgeschoss des noch immer nicht hergestellten Stadthauses eingerichtet.

 

Im Rundfunkhaus am Hansaring wird seit einigen Monaten wieder gesendet. Man hörte auch deutsche Schallplatten-Musik. Innerhalb der nicht überdachten Außenmauern des Hauses der Technik wird Markt gehalten.

 

Die in dem ersten Bericht angeführten Preise kann man noch höher ansetzen, denn ein Paar Männerschuhe kosten etwa 300 bis 350 Rubel. Der Durchschnittsverdienst des Arbeiters müsste mit 400 Rubel im Monat angegeben werden.

 

Um die ausgebrannten Mauern des Opernhauses am Paradeplatz wurden Gerüste aufgestellt. Ob aber das Theatergebäude — das heute in einer völlig wüsten Gegend liegt – wirklich wiederaufgebaut werden soll, bleibt fraglich.

 

Gesprochen wird von einer neuen Schienenlegung auf der weggeräumten Eisenbahnstrecke Königsberg—Labiau—Tilsit. Bisher muss man von Tilsit über Insterburg nach Königsberg fahren.

 

 

Seite 8   Etwa hundert Wölfe in Masuren

Die Wölfe sind in diesem Spätherbst bis an den Unterlauf der Oder vorgedrungen. Während noch im Vorjahre die Wolfsplage vornehmlich auf das südliche Ostpreußen beschränkt war, wo es bis nach Kriegsende bereits seit Menschengedenken keine Wölfe mehr gab, haben nun die Wolfsrudel ihre ersten „Vorhuten" bis in die Gegend von Stettin vorausgesandt, wie die polnische Zeitung „Gromada-Rolnik polski" (Die Dorfgemeinde — der polnische Bauer) berichtet. Im südlichen, polnisch besetzten Ostpreußen hat sich „trotz aller Anstrengungen in der Bekämpfung der Wölfe" deren Zahl weiterhin beträchtlich vermehrt. Während man im Winter 1955 mit etwa sechzig Wölfen in Masuren rechnete, wird die Zahl der Wölfe, der polnischen Zeitung zufolge, dort gegenwärtig auf etwa hundert geschätzt.

 

 

Seite 8   Die alten Bräuche leben erst jetzt wieder auf. Aus einem Adventsbrief aus Rößel.

Aus Rößel in Ostpreußen berichtet jetzt eine Kirchenhelferin: „Die alten Bräuche leben erst jetzt wieder so recht auf bei uns, und so seltsam das klingen mag: sogar unsere polnischen Nachbarn hier nehmen manches davon an. Ihre „Choinka" haben sie schon im letzten Jahr nicht anders geschmückt als wir unsere Weihnachtsbäume, und unsere Buben und Mädel haben eine ganze Menge Geld eingenommen für ihre selbstgebastelten Stroh- und Papiersterne und -ketten. Sonntag um Sonntag finden sich jetzt mehr Menschen in unserer Kirche und nachher im Gemeindehaus ein. Eine am Buß- und Bettag veranstaltete Sammlung brachte fast 1500 Zloty für die gemeinsame Weihnachtsbescherung . . .

 

In einem Dankbrief aus dem Kreise Osterode für ein gut angekommenes und nur gering verzolltes Paket aus Westdeutschland lesen wir: „Es vergeht kein Wochenende mehr, ohne dass sich nicht unsere Frauen und Mädchen jetzt zusammentun, nähen, stricken und allesmögliche für das Fest vorbereiten, als wären sie wirklich eine große Familie“.

 

Seite 8   Nicht eine deutsche Schule in Ostpreußen ... 72 deutschsprachige Grundschulen in Pommern

Die „Woiwodschaft" Köslin verfügt, wie aus Presseberichten hervorgeht, gegenwärtig über 72 deutschsprachige Grundschulen, die von 2200 verbliebenen und zurückgehaltenen deutschen Kindern besucht werden. In Rügenwalde, Körlin und Raddatz bei Stettin bestehen drei „Internate" mit 60 deutschen Kindern. 26 deutsche Schüler erhalten in der 1. Klasse der „Grundschule für Mechanisierung der Landwirtschaft", die sich in Stolp befindet, Unterricht. Insgesamt sind 123 Lehrer während des Schuljahres 1956/1957 an den deutschsprachigen Schulen eingesetzt, von denen jedoch nur 32 Fachausbildungen besitzen. Die Versorgung mit Lehrmaterial und Schulbüchern erfolgt nicht mehr, wie bisher, aus der „DDR", sondern durch Schulbücher in deutscher Sprache, die in Warschau hergestellt wurden. Die „pädagogische Aufsicht" über die deutschsprachigen Schulen in der Kösliner „Woiwodschaft" erfolgt weiterhin durch polnische Inspektoren.

 

In Ostpreußen gibt es bekanntlich nicht eine einzige deutschsprachige Schule.

 

Seite 9  „Für Deutschland gewonnen“ Wie unsere ostpreußischen Olympia-Sieger in Wiesbaden begrüßt wurden.

Unseren beiden bei den Olympischen Spielen in Melbourne mit der Silbermedaille ausgezeichneten jungen Landsleuten Horst Arndt und Karl Heinrich von Groddeck sowie ihrem kleinen Steuermann Rainer Borkowsky wurde bei der Heimkehr sowohl in Wiesbaden wie auch in Biebrich ein wahrhaft triumphaler Empfang bereitet, der deutlich bewies, welch große Sympathien die drei jungen Leute genießen.

 

Schon Stunden vor dem Eintreffen des roten Triebwagens in Wiesbaden hatten sich Tausende auf dem Bahnhof versammelt. Zum ersten Mal in der Geschichte dieses Bahnhofs waren sämtliche Automaten für Bahnsteigkarten lange im Voraus geleert worden. Auf dem Bahnsteig selbst konnten bei weitem nicht alle Begeisterten Platz finden. Als der Fahrdienstleiter das Eintreffen des Triebwagens aus Mainz verkündete, und dieser wenige Minuten später einlief, brachen Stürme des Jubels los. Bahnpolizei und Stadtpolizei mussten dafür sorgen, dass die drei Olympiasieger überhaupt den Wagen verlassen konnten. Während sich die beiden „Langen“ – von Goddeck und Arndt – schließlich selbst den Weg zum Auto bahnen konnten, mussten die Bahnpolizisten Rainer Borkowsky auf ihren Schultern erst einmal „durchschleusen“. Immer wieder rief die Menge. „Herzlich Willkommen". Ihr seid prima „Jungens" und „Herzlichen Glückwunsch". Tausende bekräftigten das, indem sie eifrig in die Hände klatschten. Die drei Sieger waren etwas verlegen, aber doch sehr glücklich. Karl Heinrich von Groddeck, der als erster braungebrannt und glücklich den Wagen verließ, fiel seinen Eltern um den Hals. Ebenso wurde Arndt umarmt, dem kleinen Rainer war der Vater bereits bis München entgegengefahren.

 

Nachdem man sich zu Hause erst einmal etwas von den Strapazen der letzten Wochen und der Reise erholt hatte, kam dann nach einigen Stunden der feierliche Empfang unserer Landsleute im Wiesbadener Rathaus, wo der Rat der Stadt zu einer Sondersitzung zusammengetreten war. Oberbürgermeister Dr. Mix würdigte in sehr herzlichen Worten die Leistung der Jungen deutschen Sportler und betonte, dass Wiesbaden besonders stolz auf sie sein könne. Eine neugestiftete Sportplakette der Stadt Wiesbaden wurde in Gold zum ersten Mal an Arndt, von Groddeck und Borkowsky überreicht. Eine Silberplakette erhielten andere verdienstvolle Sportler. Vor dem Rathaus hatten sich wieder viele begeisterte Wiesbadener eingefunden. Eine Vertreterin der hessischen Landesregierung erklärte, das Land Hessen sei auf diese Olympia-Sieger, die heute hier wohnten, besonders stolz. Die Feierlichkeit der Plaketten-Überreichung wurde auch für den Fernsehrundfunk aufgenommen. Die Stadt Wiesbaden überreichte den dreien zugleich wertvolle Buchgeschenke. Dann wurden die Olympia-Sieger zu einem Festessen in den Ratskeller gebeten, wo sich auch der Stadtverordnetenvorsteher Fuchs den herzlichen Glückwünschen anschloss.

 

Eine ganz besondere Ehrung gab es dann auch noch im Stadtteil Biebrich, wo die Rudergesellschaft; der Arndt, von Groddeck und Borkowsky angehören, ihren Sitz hat. Tausende waren auf den Beinen, um den Fackelzug zur Turnhalle mitzuerleben, an dem neben allen Wiesbadener Sportlern und Turnern auch die Sänger, Schützen, Lebensretter und die Feuerwehrleute teilnahmen.

 

Die drei Sieger wurden mit ihrem Trainer zusammen in einem mit Blumen reichgeschmückten Polizeifunkstreifenwagen gefahren. In der mit Wimpeln und Fahnen geschmückten Turnhalle warteten schon über tausend Gäste.

 

Die Feierlichkeit umrahmte die Landespolizei-Kapelle Hessen. Die Vereinsvorsitzenden sprachen herzliche Willkommensworte, und dann wurden die vielen Glückwünsche und Telegramme verlesen. Unter starkem Beifall wurden vom Vorsitzenden der Rudergesellschaft Wiesbaden-Biebrich nach alter Tradition an Horst Arndt und von Groddeck die Riemen ihres Siegerbootes, das den Namen des großen deutschen Gelehrten Dilthey getragen hat, überreicht. Gleichzeitig erhielten die beiden die Gutscheine für eine Führerscheinprüfung, der kleine Rainer erhielt eine goldene Sportnadel. Im Namen der hessischen Landesregierung wurden ihnen je ein Globus und ein Buchgeschenk überreicht. Es gab noch eine ganze Reihe weiterer überraschender Geschenke, von denen ein Fernglas für Arndt, ein Skianzug für von Groddeck und ein seit langem heimlich ersehnter großer Handwerkskasten für den kleinen Rainer Borkowsky genannt seien. Die Industrie- und Handelskammer gab bekannt, dass sie als besondere Würdigung für die Leistungen Arndts, von Groddecks und Borkowskys der Rudergesellschaft Wiesbaden-Biebrich einen neuen Gig-Achter für die weitere Ausbildung tüchtiger, junger Ruderer stiftet. Auf die vielen Ehrungen, die den drei Olympia-Siegern zuteil wurden, antwortete Rainer Borkowsky. Er sagte: „Wir haben die Silbermedaille nicht für uns, sondern für Deutschland gewonnen. Wir wollen auch weiter die einfachen Sportler bleiben, die wir vor unserem Sieg in Melbourne gewesen sind“.

 

Seite 9   Briefe an das Ostpreußenblatt

Hilfe für alte und einsame Landsleute

Auf unseren Bericht in Folge 48 vom 1. Dezember „Wenn doch mal ein Landsmann käme“ haben wir aus den Kreisen unserer Landsleute in Stadt und Land eine Fülle von Hilfsangeboten bekommen. Täglich brachte der Postbote neue Briefe und Karten, die den Willen zu praktischer Hilfe und Fürsorge für unsere Alten und Einsamen erkennen ließen. In Folge 49 vom 8. Dezember brachten wir einige Auszüge aus diesen Briefen. Heute sollen weitere Beispiele folgen.

 

So schreibt Frau H. aus der Lüneburger Heide: „Ich habe Ihren Bericht mit Erschütterung gelesen. Ich selbst bin eine Flüchtlingsfrau, doch haben mein Mann und ich nach schweren Jahren uns wieder eine Existenz geschaffen. Bitte würden Sie mir mitteilen, ob ich von hier aus etwas für meine Landsleute tun könnte, indem ich hingehe oder hinfahre“.

 

Aus Südbaden kam eine Karte von Frau R., in der es heißt: „Wenn auch ein Besuch unmöglich ist, so möchte ich gern ein liebes Weihnachtspaket und Brieflein an solch eine einsame Frau auf den Weg bringen. Ich selbst bin ja auch allein, habe aber doch noch wenigstens meinen zehnjährigen Jungen“.

 

Frau Sz., die jetzt in Bayern wohnt, bittet um zwei Anschriften: „Ich habe hier in der Umgebung manche alten, alleinstehenden Ostpreußen besucht, siebzig Jahre und darüber waren sie. Nun sind schon viele gestorben. Ich wäre sehr dankbar für zwei Anschriften von alten alleinstehenden Frauen, wenn möglich aus Kreis Pillkallen oder Tilsit-Ragnit, aber es kann auch vom übrigen Ostpreußen sein. Ich will versuchen, ihnen ein bisschen Freude zu bringen, ihnen zu schreiben“.

 

Aus Dortmund kam von Frau R. folgender Brief: „Mit großer Anteilnahme habe ich Ihren Artikel „Wenn doch mal ein Landsmann käme ...“ gelesen, und ich möchte gern zu Weihnachten und auch darüber hinaus einem alten, einsamen Menschen etwas Liebe und Wärme geben. Vielleicht können Sie mir eine Dortmunder Anschrift geben?"

 

Frau W. aus der Nähe von Hamburg hat unsere Anregung mit einem Patenabonnement aufgegriffen: „Liebes Ostpreußenblatt! Auch ich bin eine einsame Witwe, und weil ich an meinem eigenen Leibe verspüre, was Einsamkeit bedeutet, möchte ich bitten, Anschriften von einsamen Landsleuten zu schicken. — Dann Folge 49, Seite 5, unter dem Titel „Eine gern gesehene Weihnachtsgabe" möchte ich dem alten Rentner im Heim ab 1. Januar 1957 auf zwölf Monate das Ostpreußenblatt bestellen …“

 

Ganz kurz und schlicht schreibt eine Siebzigjährige aus Rheinhessen: „In Folge 48 steht vom Helfen. Schicken Sie mir bitte eine Adresse von einem alten Menschen, der alleinstehend ist. Ich bin es auch. Es kann auch eine Jüngere sein. Bitte bald. Danke schön“.

 

Und schließlich noch der Brief einer Ostpreußin, die jetzt in Baden lebt und selbst ein schweres Schicksal hat: „Ich möchte Sie doch höflichst bitten, mir die Adresse von Frau S. aus dem Samland und von Landsmann B. zu schicken. Ich bin Kriegshinterbliebene; ich stehe mit meinen fünf Kindern allein, habe als Wohnung ein Zimmer und Küche mit sechs Personen ... Sollten sie nicht zu weit von mir entfernt sein, so möchte ich jemand von den beiden zu Weihnachten bei mir einladen. Ich selbst liege schon zwölf Wochen zu Bett, habe viermal das Bein gebrochen, deshalb kann ich jeden verstehn. Bitte schreiben Sie mir doch die zwei Adressen. Ich selbst habe Mann, zwei Kinder, den Vater und zwei Schwestern verloren“.

 

Aber auch aus den Reihen der Alten und Einsamen erreichten uns erschütternde Briefe.

 

So schreibt uns eine Achtundsiebzigjährige aus dem Kreis Insterburg, die jetzt ganz allein in einem kleinen Ort im Westerwald lebt: „Liebes Ostpreußenblatt! Heute Abend, als ich das Ostpreußenblatt las, da wurde mir so weh zumute, und doch fühlte ich mich so getröstet, dass doch an uns alte, einsame Menschen gedacht wird und dass es noch warmherzige Menschen in dieser fremden lieblosen Welt gibt, dass man doch noch ganz verlassen ist …“ Sie erzählt dann von ihrem Schicksal, ihrer Krankheit und der schmalen Rente, die kaum für das Nötigste reicht, und fährt fort: „... fehlen mir wollene Sachen, eine warme Decke für die Knie und ein warmes Kleid Nr. 50, alles geht kaputt, es ist alles so teuer und ich habe niemand, der mir beisteht ... Ich werde 'am 31. Januar 1957, 78 Jahre alt. Kinder habe ich keine und hier ist alles fremd und kalt …“

 

Und in dem Brief einer Siebzigjährigen heißt es: „Mit meiner Rente komme ich zwar aus, aber die große Einsamkeit bedrückt mich sehr“. „Würde mich sehr freuen, wenn es auch nur ein freundlicher Brief oder eine Karte wäre …“

 

Ein Achtundsechziger Landsmann bittet um ein Patenabonnement für das Ostpreußenblatt: „Da ich nur noch als Ostpreuße im Lager A. allein bin, ist es mir nicht mehr möglich, das Ostpreußenblatt allein zu halten; wir waren drei Familien und haben das Blatt zusammen gehabt, nun sind zwei Familien zu ihren Kindern gezogen ... Ich bin gelähmt auf beiden Beinen und bin bloß auf fremde Hilfe angewiesen. Meine Frau ist mir vor acht Jahren gestorben, so dass ich jetzt allein dastehe, ohne Landsmann. Ich bitte darum um eine Vergütung, so dass ich das Ostpreußenblatt auch weiter bekomme, da ich die Zeitung schon Jahre habe“…

 

Soweit die Briefe. Es wäre schön, wenn sich unter den Landsleuten noch einige bereit erklärten, ein Patenabonnement zu übernehmen. Wir sind gern bereit, ihnen Anschriften von Landsleuten zu vermitteln, die sich herzlich über eine solche Patenschaft freuen würden. Für jeden von ihnen bedeutet das Ostpreußenblatt in jeder Woche des Jahres einen Gruß aus der Heimat; es bietet Lesestoff für viele einsame Abende.

 

Wir möchten heute allen, die uns geschrieben haben, herzlich danken. Wir freuen uns von Herzen darüber, dass die Hilfe untereinander zu Weihnachten etwas Licht in so manche Notbehausung im Lager, in manches dunkle, einsame Stübchen bringen wird. Aber gleichzeitig möchten wir noch einmal daran erinnern, dass diese Fürsorge für die Alten, Kranken und Einsamen in der großen Familie, der Ostpreußen, sich nicht allein auf das Weihnachtsfest beschränken darf. Auch im kommenden Jahr sollte es niemand unter unseren Landsleuten geben, der sich von den anderen verlassen und vergessen glaubt. Jeder von uns sollte einmal in einer besinnlichen Stunde darüber nachdenken, was er selbst dazu tun kann.

 

Seite 9   Amtliche Bekanntmachungen

Aufgebot

Die Todeserklärung des Landwirts Walter Stiemer, aus Klein-Sobrost, Ostpreußen, geboren am 20.10.1895, Volkssturmmann des Volkssturm-Bat. Hauenstein in Neukuhren, ist beantragt. Wer kann Angaben über das Schicksal des Vermissten machen, oder wer weiß, mit welchen Angehörigen des Volkssturmes der Vermisste zusammen gewesen ist? Detmold, den 28. November 1956

Das Amtsgericht — 4 II 316/56 -  

 

Aufgebot

Die Todeserklärung des Schülers Gerhard Stiemer, aus Klein-Sobrost, Ostpreußen, geboren am 05.06.1927, Arbeitsdienstmann der FPNr. 64 504 a, ist beantragt. Der Vermisste war zuletzt im Januar 1945 im Arbeitsdienstlager Nieder-Salbkeim. Wer kann Angaben über das Schicksal des Vermissten machen, oder wer weiß, mit welchen RAD-Angehörigen der Vermisste zusammen gewesen ist? Detmold, den 26. November 1956   Das Amtsgericht — 4 II 315/56

 

14 II 103/55   Beschluss

Die Bäuerin Martha Grunenberg, geb. Dietrich, geboren am 13. Juli 1897 zu Schlitt, Kreis Heilsberg, Ostpreußen, zuletzt wohnhaft gewesen in Münsterberg, Ostpreußen, wird für tot erklärt. Als Zeitpunkt des Todes wird der 31. Dezember 1945, 24 Uhr, festgestellt.

Hildesheim, den 3. Dezember 1956   Das Amtsgericht

 

Seite 9   Suchanzeigen

Achtung, Heimkehrer! Wer weiß etwas über das Schicksal meines Sohnes, Obgefr. Julius Pahlke, geb. 30.09.1912 in Gertlauken, wohnh. in Gertlauken, Kr. Labiau, Ostpreußen? Seine FPNr. war 25 017 E. Er geriet im Juli 1944 b. Witebsk in Gefangenschaft und war zuletzt 1944 im Kriegsgefangenenlager 61 948, Marschansk. Als besonderes Kennzeichen: am rechten Zeigefinger fehlte das erste Glied und runde Operationsnarbe rechte Stirnseite. Nachr. erb. Frau Maria Pahlke, Odendorf über Euskirchen, Landkreis Bonn.

 

Gesucht wird Frau Marta Grudnick, geb. 06.09.1896, zul. wohnhaft in Königsberg Pr., Steindamm 45, auch Königsberg Pr., Am Ausfalltor 21. Wer hat sie zuletzt gesehen und wer kann Auskunft geben? Nachr. erb. Hans Tiedtke, Bochum-Gerthe, Am Bremsberg Nr. 26.

 

Achtung, Heimkehrer! Wer weiß etwas über meinen Sohn, Gren. Alfred Weide, geb. am 02.01.1927 in Gedilgen, Kr. Heiligenbeil, Ostpreußen? Letzte Nachr. Januar 1945 von Gren.-Ers.-Bat. 400 Allenstein, Ostpreußen, Kaserne Friedrich d. Große. Nachr. erb. Otto Weide, (24b) Niesgrau, Kr. Flensburg.

 

Russlandheimkehrer! Wer war mit Willy Itzaber, aus Treuburg, Ostpreußen, in russ. Gefangenschaft? Nachr. erb. Frau Gertrud Itzaber, Rabber, Bez. Osnabrück.

 

Ehem. Angehörige der Ln.-Komp. Linauer, Bialystok. werden herzlichst gebeten, zu schreiben unter Nr. 67 583 Das Ostpreußenblatt, Anz.-Abt., Hamburg 13.

 

Wer kann Auskunft geben über meine Eltern Fritz Hamann, geb. 10.10.1889, Anna Hamann, zuletzt wohnhaft in Bürgersdorf, Kreis Wehlau, Ostpreußen? Letzte Nachricht Januar 1945. Nachr. erb. Friedrich Hamann, Wuppert.-Elberfeld. Ernststraße 21

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Mann Max Kosack, aus Dompendehl, Kreis Bartenstein? Derselbe war bei der 291. Inf.-Div., FPNr. 36 563 A. Die letzte Nachr. v. Januar 1945 aus dem Gr. Weichselbogen. Für jede Nachr. sehr dankbar. Eliese Kosack, jetzt (20a) Schneflingen über Wittingen (Hannover).

 

Achtung, Heimkehrer! Wer kann Ausk. geben oder wer ist mit meinem Sohn, Gefr. Fritz Riedel, geboren 29.05.1908, Gr.-Sobrost, Kreis Gerdauen, Ostpreußen, 1945 b. d. Kurland-Armee, letzte Nachr. 1946 aus Moskau, Rot. Kreuz, Postf. 327/3, zusammen gewesen? Nachr. erb. bei Unkostenerstattung Eduard Wolff, Trittau, Bezirk Hamburg, Kirchenstraße 6.

 

Gesucht wird Frau Martha Kroll, früher Tilsit, Ostpreußen, Landwehrstraße 15, I. Letzte Nachr. erb. Fr. Gertrud Tiedemann, Hamburg-Farmsen, Rennbahn.

 

Wer kann bestätigen, dass mein Sohn, der San.-Uffz. Ernst Kelch v. Januar 1935 bis März 1939 im Garnisonlazarett Insterburg beschäftigt gewesen und dass er im April 1936 als Berufssoldat auf 12 Jahre verpflichtet worden ist? Von seinen Vorgesetzten und Kameraden sind mir noch in Erinnerung Zahlmeister Randzio, Hauptfeldwebel Vogel, San.Feldw. Neumann, Rechnungsfhr. Thamm. Kameraden, bitte meldet Euch, damit eine Kriegerwaise zu ihrem Recht kommt. Otto Kelch, Rotenburg (Hannover), Mittelweg 35 a.

 

Suche meine Schwester Fr. Berta Werner, geb. Rahn, aus Marienhagen-Fuchsberg, Ostpreußen. Frau Therese Romey, geb. Rahn, Sanderbusch i. O., Hauptstraße 135.

 

Seite 9   Wir melden uns

Verwandte und Bekannte! Bin von Ebstorf nach Mölln (Lbg.), Brauerstraße 11, umgezogen. Frau Aug. Garnies, geb. Berwing, früher Schloßberg, Ostpreußen

 

Verschiedenes

Wer weist Träger des Namens Flessing nach, früher Memel, Tilsit Neukuhren? Für Erstermittlung kleine Belohnung durch Flessing, Bad Godesberg, Waldstraße 59.

 

Die Einwohner des Grundstücks Königsberg Pr., Rippenstraße 3, bitte ich hierdurch, mir bis Ende August 1944 gezahlte Mieten anzugeben. (Zur Einsicht für das Ausgleichsamt.) Unkosten werden ersetzt. Frau Helene Sprakties, (24a) Drögennindorf über Lüneburg

 

Rest der Seite: Werbung, Stellenangebote

 

Seite 10   Landsleute, die jetzt aus Ostpreußen kamen

Mit dem 43. Aussiedlertransport sind am 25. November 1956 im Grenzdurchgangslager Friedland bei Göttingen, 264 Landsleute aus Ostpreußen eingetroffen. Wir bringen im Folgenden, den ersten Teil der Namen dieser Ausgesiedelten. Aus Gründen, die darzulegen hier zu weit führen würde, ist es schwierig, über jeden Ausgesiedelten genaue Angaben zu erhalten, und so sind die Zahlen und die Ortsangaben nicht in jedem Fall ganz richtig; auch diese Liste enthält, was die Orte anbetrifft, Fehler. Der Wohnort von 1939 ist in der Liste in Klammern gesetzt.

 

Es trafen in Friedland ein:

1. Ella Bartsch, geb. Hoelzer, geboren am 28.11.1901 (Pomeren, Kreis Heilsberg), kommt aus Pomeren. —

 

2. Edeltraut Bemer, 10.04.1944, kommt aus Bathiska. —

 

3. Gerd Bendzur, 23.11.1943, kommt aus Sellbongen, Kreis Allenstein. —

 

4. Friederike Berger, geb. Lestrowitz, 27.09.1882 (Sonnenborn, Kreis Mohrungen), kommt aus Sonnenborn. —

 

5. Barbara Bikowski, geb. Kluschewski, 18.04.1887 (Batowen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Bischofsburg. —

 

6. Therese Boehnke, 06.01.1893 (Lehlesken), kommt aus Gilgenau. —

 

7. Friedrich Boegel, 04.02.1878 (Sensburg), kommt aus Sensburg. —

 

8. Gottlieb Bonaitsch, 29.11.1880 (Stoßnen, Kreis Treuburg), kommt aus Welkendorf, Kreis Rastenburg. —

 

9. Luise Bonaitsch, geb. Wiberny, 25.02.1883 (Stoßnen), kommt aus Welkendorf. —

 

10. Gudrun Bocian, 04.12.1942, kommt aus Bischofsburg. —

 

11. Ursula Bocian, 09.08.1944, kommt aus Bischofsburg. —

 

11. (lfd. Nummer doppelt vergeben) Helene Burry, geb Nolde, 24.07.1906 (Tilsit), kommt aus Heilsberg. —

 

12. Wilhelmine Budweg, geb. Ritter, 26.01.1882 (Nasewitt, Kreis Mohrungen), kommt aus Nasewitt. —

 

13. August Burneleit, 05.05.1888 (Kl.-Rominten, Kreis Goldap), kommt aus Saadau (?). –

 

14. Elisabeth Burneleit, geb. Naujoks, 08.10.1889 (Kl.-Rominten), kommt aus Saadau (?). –

 

15. Anna Cychowski, geb. Lüwitz, 12.05.1895 (Bruchwalde, Kreis Sensburg), kommt aus Bruchwalde. –

 

16. Johanna Deppner, geb. Niesit, 21.05.1903 (Ganten, Kreis Sensburg) kommt aus Ganten. —

 

17. Werner Deppner, 27.05.1942, kommt aus Ganten. —

 

18. Berta Dietrich, geb. Kornatz, 30.10.1894 (Goldap), kommt aus Martensburg, Kreis Sensburg. –

 

19. Auguste Eichholz, geb. Ross, 21.01.1888 (Tolkemit, Kreis Elbing), kommt aus Alt-Christburg. –

 

20. Charlotte Fanelsa, geb. Latza, 17.03.1875 (Gellen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Gellen. —

 

21. Karl Fanelsa, 07.09.1878 (Gellen), kommt aus Gellen. —

 

22. Erika Fetzka, 14.08.1942, kommt aus Wartenburg. —

 

23. Anna Frenschkowski, 16.08.1894 (Allenstein), kommt aus Allenstein. —

 

24. Rosa Frenschkowski, 20.09.1888 (Allenstein), kommt aus Allenstein. —

 

25. Marta Fuchs, 18.04.1898 (Springen, Kreis Gumbinnen), kommt aus Wilmsdorf. –

 

26. Auguste Galla, geb. Klotka, 14.04.1888 (Gr.-Schimanen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Gr.-Schimanen. —

 

27. Wilhelmine Gallonska, geb. Gorowski, 08.11.1887, (Gramen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Gramen. —

 

28. Henriette Gallowski, geb. Schmolenski, 02.12.1875 (Adl. Blumenau), kommt aus Gerswalde. —

 

29. Elisabeth Gand, geb. Krogul, 10.04.1887 (Wieps, Kreis Allenstein), kommt aus Wieps. —

 

30. Franziska Gedig, geb. Guski, 06.04.1887 (Tollak, Kreis Allenstein), kommt aus Tollak. —

 

31. Friedrich Gehweiler, 19.09.1904 (Neidenburg), kommt Neidenburg —

 

32. Gisela Gesper, 04.06.1943, kommt aus Wigrinnen, Kreis Sensburg. —

 

33. Berta Gonscher, geb. Schiweck, 13.12.1892 (Jauer, Kreis Sensburg), kommt aus Muntau, Kreis Sensburg. —

 

34. Johann Gonscher, 08.11.1880 (Jauer), kommt aus Muntau. —

 

35. Horst Graboß, 03.04.1940, kommt aus Markshofen, Kreis Ortelsburg. —

 

36. Margarete Greifenberg, geb. Pohlmann, 07.01.1892 (Allenstein), kommt aus Allenstein. —

 

37. Gustav Gunia, 25.07.1883 (Lindenwalde, Kreis Osterode), kommt aus Lindenwalde. –

 

38. Anna Hasselberg, 05.11.1878 (Gr.-Laschenen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Gr.-Laschenen. —

 

39. Hedwig Hambruch, 14.05.1892 (Nikolaiken, Kreis Sensburg), kommt aus Nikolaiken. —

 

40. Maria Helmer, 14.04.1880 (Allenstein), kommt aus Allenstein. —

 

41. Berta Hettich, geb. Lik, 17.02.1884 (Marienwalde, Kreis Mohrungen), kommt aus Ponarien, Kreis Mohrungen. —

 

42. Julius Hettich, 26.03.1885 (Marienwalde), kommt aus Ponarien. —

 

43. Heldt Henriette, geb. Liedtke, 06.12.1884 (Ribben, Kreis Sensburg), kommt aus Ribben. —

 

44. Frieda Hinz, geb. Werner, 23.03.1892 (Hirschberg, Kreis Osterode), kommt aus Hirschberg. —

 

45. Hedwig Hlasek, geb. Wolter, 07.06.1922 (Manden, Kreis Allenstein), kommt aus Manden. —

 

46. Brunhilde Hlasek, 20.04.1943, kommt aus Manden. —

 

47. Maria Hlasek, 30.01.1946, kommt am Manden. –

 

48. Emma Ickert, geb. Fuchs, 06.06.1894 (Springen, Kreis Gumbinnen), kommt aus Wilmsdorf, Kreis Osterode. —

 

49. Michael Iczek, 28.09.1881 (Leschinen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Ortelsburg. —

 

50. Helga Ingler, 08.07.1935 (Sensburg), kommt aus Sensburg. –

 

51. Margarete Jablonka, geb. Holanowski, 20.11.1919 (Göttkendorf, Kreis Allenstein), kommt aus Göttkendorf. —

 

52. Jablonka, August, 2. 11. 1880 (Wartenburg), kommt aus Wilims, Kreis Rößel. —

 

53. Adelheid Jablonka, 26.02.1941, kommt aus Allenstein. —

 

54. Christa Jablonka, 08.12.1937, kommt aus Allenstein. —

 

55. Pauline Jablonka, 19.01.1910 (Allenstein), kommt aus Allenstein. —

 

56. Helene Jablonka, geb. Klein, 09.08.1897 (Bischofsburg), kommt aus Bischofsburg. —

 

57. Marta Jabs, geb. Zwick, 26.08.1888 (Angerburg), kommt aus Maneten, Kreis Angerburg. —

 

58. Irmgard Jagodka, 10.10.1930 (Raken, Kreis Johannisburg), kommt aus Johannisburg. —

 

59. Maria Jagodka, geb. Slawinski, 03.09.1894 (Raken), kommt aus Johannisburg. —

 

60. Anna Jakubowski, geb. Naurischat, 26.11.1891 (Papudoppen, Kreis Tilsit), kommt aus Heilsberg. —

 

61. Emilie Jakubzik, geb. Matheyka, 19.05.1881 (Nikolaiken), kommt aus Nikolaiken. —

 

62. August Jankowski, 04.02.1891 (Waltershöhe, Kreis Lyck), kommt aus Tollak, Kreis Allenstein. —

 

63. Luise Jankowski, geb. Trawdzik, 20. 6. 1893 (Waltershöhe), kommt aus Tollak. —

 

64. Johanna Jantzen, geb. Stanislawski, 15.12.1890 (Hohenstein), kommt aus Hohenstein. —

 

65. Josef Jendrny, 04.12.1900 (Allenstein), kommt aus Allenstein. —

 

66. Elise Jablonski, 17.03.1902, (?), kommt aus Srokowo, Kreis Allenstein. –

 

67. Ingrid Kahnert, 04.04.1942 kommt aus Schoenbruch, Kreis Sensburg. —

 

68. Lotte Kalina, 20.10.1881 (Drugen), kommt aus Gehlenburg, Kreis Johannisburg. —

 

69. Hedwig Kaminski, geb. Orlowski, 7. 10. 1920 (Ketzwalde, Kreis Osterode), kommt aus Klonowo (?) —

 

70. Ingrid Kaminski,  11.06.1941, kommt aus Klonowo (?) —

 

71. Gertrud Karpinski, 18.10.1926 (Ortelsburg) kommt aus Ortelsburg. —

 

72. Marie Karpinski, geb. Porsch, 16.10.1889 (Ortelsburg), kommt aus Ortelsburg. —

 

73. Minna Kaspritzki, geb. Borowski, 18.10.1882 (Saalfeld, Kreis Mohrungen), kommt aus Saalfeld. —

 

74. Berta Kattanek, 02.03.1894 (Ollschöwken. Kreis Ortelsburg), kommt aus Ollschöwken. —

 

75. Friederike Kattanek, 15.05.1869 (Ollschöwken), kommt aus Ollschöwken. —

 

76. Gabriele Kerlis, 25.10.1940, kommt aus Bischofsburg. —

 

77. Olga Kerlis, 27.03.1916 (Neidenburg), kommt aus Bischofsburg. —

 

78. Anna Kijek, geb. Weinert, 08.12.1921 (Martinsdorf, Kreis Allenstein), kommt aus Martinsdorf —

 

79. Helene Killisch, geb. Smoszinski, 02.06.1884 (Allenstein), kommt aus Wartenburg. —

 

80. Julius Kinski, 21.09.1887 (Krimitten, Kreis Angerburg), kommt aus Angerburg. —

 

81. Paul Kischel, 23.01.1895, (Rossitten, Kreis Pr.-Holland), kommt aus Ebenau, Kreis Mohrungen. —

 

82. Anton Kiwitt, 12.06.1890 (Wartenburg), kommt aus Wartenburg. —

 

83. Luise Klimach, geb. Hennig, 30.04.1894 (Marinowen, Kreis Goldap), kommt aus Barten, Kreis Rastenburg. —

 

84. Wilhelmine Kloss, geb. Grabosch, 15.01.1900 (Markshöfen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Markshöfen, Kreis Ortelsburg. —

 

85. Luise Knizia, geb. Makrutzki, 06.01.1888 (Grammen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Grammen. —

 

86. Michael Knizia, 10.08.1875 (Grammen, Kreis Ortelsburg), kommt aus Grammen. —

 

87. Auguste-Ottilie Knobel, 06.04.1898 (Stuhm, Westpreußen), kommt aus Wartenburg. —

 

88. Erna Komorowski, geb. Maerz, 25.07.1908 (Gneist, Kreis Lötzen), kommt aus Barten, Kreis Rastenburg. —

 

89. Helga Komorowski, 10.04.1943, kommt aus Rastenburg. —

 

90. Helene Konopatzki, geb. Hanke, 10.09.1880 (Kl.-Altenhagen, Kreis Osterode), kommt aus Kl.-Altenhagen. —

 

91. Dietmar Kopka, 30. 3. 1942, kommt aus Weidecken, Kreis Lötzen. —

 

92. Hildegard Kopka, geb. Marek, 28.05.1920 (Montwitz, Kreis Ortelsburg), kommt aus Weidecken, Kreis Lötzen. —

 

93. Gustav Korzitzki, 18.12.1882 (Ganten, Kreis Sensburg), kommt aus Ganten. —

 

94. Charlotte Kotzik, geb. Borowski, 09.10.1913 (Langebrück, Kreis Sensburg), kommt aus Steckersruh, Kreis Rastenburg. —

 

95. Jürgen Kotzik, 23.11.1943, kommt aus Steckersruh. —

 

96. Bärbel Kotzik, 08.04.1945, kommt aus Steckersruh. —

 

97. Marie Kraski, 23.12.1939, kommt aus Bechersdorf, Kreis Rößel. —

 

98. Friedrich Krause, 22.05.1879 (Kl.-Jerutten, Kreis Ortelsburg), kommt aus Kl.-Jerutten. —

 

99. Maria Krause, geb. Masud, 06.03.1874 (Kl.Jerutten, Kreis Ortelsburg), kommt aus Jerutten. —

 

100. Emma Kruschat, geb. Doering, 08.04.1897 (Kreutzingen, Kreis Tilsit), kommt aus Mohrungen. —

 

101. Luise Krzykowski, geb. Ehrenberg, 23.01.1888 (Insterburg), kommt aus Kamonke, Kreis Mohrungen. —

 

102. Michael Krzykowski, 05.09.1875 (Insterburg), kommt aus Kamonke. —

 

103. Anna Kuczinski.geb. Wach, 13.01.1895 (Allenstein), kommt aus Salbken, Kreis Allenstein. —

 

104. Auguste Kulessa, geb. Mozarski, 22.11.1873 (Ortelsburg), kommt aus Ortelsburg. —

 

105. Marie Kuschmierz, geb. Kulessa, 23.02.1903 (Ortelsburg), kommt aus Ortelsburg.

 

Fortsetzung folgt

 

Rest der Seite: Wir hören Rundfunk. Heimatliches Kopfzerbrechen (Kreuzworträtsel, Silbenrätsel). Rätsel-Lösungen aus Folge 50

 

Seite 11   Familienanzeigen

Unsere Eleonore Beate Alice ist eingetroffen. In dankbarer Freude: Dorothea Brase, geb. Klein. Friedrich Brase, Gewerbeoberlehrer Rositten, Ostpreußen, Kreis Pr.-Eylau. Verden (Aller) den 2. Dezember 1956

 

Als Verlobte grüßen, Edith Schurat, Insterbrück, Recklinghausen, Steigerstraße 38. Heinz Frick, Königsberg. Recklinghausen, Milchpfad 68. Weihnachten 1956

 

 Karsten, geb. 22.10.1956, Käthe Knuth, geb. Sievers. Karl Knuth, Neumünster, Holstein, Reventlowstraße 23. Heiko, geb. 27.11.1956, Christa Knuth, geb. Steinhagen. Rainer Knuth, Wedel, Holstein, Rosengarten 23 a. Die glücklichen Großeltern: Elsa Knuth, geb. Romanowski, Gerhard Knuth, Königsberg Pr., Albrechtstr. 4 a, jetzt Neumünster, Holstein, Geibelstraße 10

 

Ihre Verlobung geben bekannt: Sieglinde Steinke, Kettwig (Ruhr), Am Stammensberg 24, früher Königsberg, Barbarastraße 120. Horst Staffel,  Hagen, Westf., Fleyer Straße 231

 

Lutz Hans Georg, geboren am 04.12.1956 (Tag schlecht lesbar). Unser Reinhard, hat ein Brüderchen bekommen. In dankbarer Freude, Elfie Meyhöfer, geborene Bieber. Horst Meyhöfer, Hildesheim, Insterburger Straße 8, früher Baltupönen. Kr. Tilsit-Ragnit, Vierhufen, Kr. Gumbinnen

 

Die Verlobung Ihrer Tochter Monika mit Herrn Berthold Baier, geben hiermit bekannt: Albert Kumsteller und Frau Ella Kumsteller, geb. Skibbe. Gerdauen, Ostpreußen, jetzt Oberaden, Kreis Unna, Finkenstraße 17. Weihnachten 1956

 

Die glückliche Geburt unserer Tochter Cathrin, zeigen wir hocherfreut an: Dr. Lieselotte Hörmann, geb. Grübner. Dr. Carl Hörmann, Lyck-Lötzen, jetzt Großhansdorf über Ahrensburg, den 26. September 1956

 

Ihre Verlobung geben bekannt: Ruth Losch, Essen-Überruhr, Rüpingsweg 34. Willi Heßling, Essen-Kray, Lunemannsiepen 24. Früher Wiartel, Johannisburg, Ostpreußen

 

Wir haben uns verlobt, Lieselotte Grabowski, Martin Schröder. 26. Dezember 1956. Grabenhof, Kreis Sensburg, Ostpreußen, jetzt Oldenburg (Obldbg.) Noackstraße 14

 

Wir haben uns verlobt, Irmgard Moeck, Königsberg Pr. Erhard Urban, Eichhöhe, Ostpreußen. Jetzt Bad Godesberg (Rhein) Gotenstraße 111. Weihnachten 1956

 

Als Vermählte grüßen, Klaus Nicolaizik, Königsberg Pr., Rippenstraße. Anneliese Nicolaizik, geb. Eisenmenger, Königsberg Pr., Koggenstraße. Jetzt Bremen, St.-Jürgen-Straße 60. 22. Dezember 1956

 

Hiermit geben wir die Vermählung unserer Tochter Inge mit Herrn Opernsänger Helmut Gritzka bekannt. Arno Herrmann u. Frau Anastasia Herrmann, geb. Zaremba. Hamburg 28, Wilhelmsburger Straße 79, früher Angerburg Ostpreußen, Masurenstraße 1. 29 Dezember 1956.

 

Helmut Gritzka, Inge Gritzka, geborene Herrmann. Vermählte. Berlin-Spandau, Wustermarker Straße 50. 29. Dezember 1956

 

Die Verlobung unserer Tochter Hannelore mit Herrn Manfred Müllenheim zeigen wir an: Hans Krause und Frau Elsa Krause, geb. Reincke, Allenstein, Ostpreußen, Danziger Straße 1, jetzt Solingen, Weyersberger Straße 18. Weihnachten 1956.

 

Ihre Verlobung geben bekannt: Hannelore Krause, Manfred Müllenheim, Solingen-Ohligs, Bonner Straße 32. Weihnachten 1956

 

Ihre Vermählung geben bekannt, Frank Ziegler, früher Dresden. Eva Ziegler geb. Hoffmann, früher Gr.-Hoppenbruch, Kreis Heiligenbeil, Ostpreußen. München, im Dezember 1956, Agnes-Bernauer-Straße 69

 

Die Verlobung unserer Tochter Ursula mit Herrn Polizeiwachtmeister Heinz Günther, beehren wir uns anzuzeigen. Werner Derday, Dorothee Derday, geb. Monnington, Hamburg-Altona, Kieler Straße 76 I, früher Angerburg, Ostpreußen. Weihnachten 1956

 

Ursula Derday, Hamburg-Altona, Kieler Straße 76 I. Heinz Günther, Hamburg-Bergedorf, Brookstraße 13, grüßen als Verlobte. Weihnachten 1956

 

Wir haben uns verlobt. Erika Zekay, Herzberg (Harz), Heinrich-Heine-Straße 9, früher Domnau, Ostpreußen. Georg Schönfeld, Sörup/Angeln, P.-Mordhorst-Straße 4, Kreis Flensburg. Herzberg, den 23. Dezember 1956

 

Die Verlobung unserer Tochter Christiane mit Herrn Franz Wöpke, Münster geben wir bekannt. Kurt Gottschalk und Frau Eva Gottschalk, geb. Matthée, Rösrath, Bez. Köln, Hauptstraße 34, früher Schule Jagdbude, Rominter Heide, und Noragehlen, Elchniederung. Weihnachten 1956

 

Christine Gottschalk, Franz Wöpke. Verlobte. Rösrath. Weihnachten 1956

 

Als Verlobte grüßen Gisela Brodde, Karlsruhe-West, Herweghstraße 5, früher Königsberg Pr., Beeckstraße 35. Siegfried Borcherd, Baumholder (Pfalz), früher Memel, Ostpreußen, Kantstraße 6. Weihnachten 1956

 

Ihre Verlobung geben bekannt, Hanna-Luise Möwius, Gerhard Maskow, Gr.-Ottenhagen, Ostpreußen und Stettin, Pommern, jetzt Schashagen b. Neustadt, Holst. Weihnachten 1956

 

Ihre Vermählung geben bekannt, Gerhard Fabritz, Paulswalde, Kreis Angerburg, Ostpreußen. Ingeborg Fabritz, geborene Rehwald, Bebra, Hessen, Pfarrstraße 2. Weihnachten 1956

 

(Der FN der Eltern taucht bei den Kindern nicht auf, vielleicht ist Albin Krieger ein Adoptivkind?) Am Tage der Silberhochzeit unserer Eltern Horst Kutschewski u. Frau Selma Kutschewski, geborene Brock, schlossen wir den Bund fürs Leben. Albin Krieger, Gisela Krieger, geb. Gribbe. Kirchheim-Teck, Eichendorffstraße 73. Eyershausen (Unterfr.). Früher Königsberg Pr., Stieglitzweg 25. Germersheim (Rhein). Kirchheim, 19. Dezember 1956

 

Die Vermählung ihrer Tochter Gerda mit dem Zollbeamten Herrn Gustav Mertes, geben bekannt: Ernst Oelsner, Stadtsekretär, und Frau Hedwig Oelsner, geb. Langkath. Braunsberg, Ostpreußen, Seeligerstraße 67. Jetzt Schwelm, Kollenbuscher Weg 43, den 24. Dezember 1956

 

Ihre Vermählung geben bekannt, Hugo Kiel, Gerda Kiel, geb. Poppke. 27. Dezember 1956. Hannover-Stöcken, Freudenthaistraße 26

 

Zu unserem 40-jährigen Hochzeitstag und dem 65. Geburtstag meiner lieben Frau sind uns in so großer Anzahl Glückwünsche, Blumengrüße und Aufmerksamkeiten übersandt worden, so dass wir allen unseren lieben Verwandten, Freunden und Bekannten, sowie den lieben Kameraden und Kameradenfrauen des Vereins ehemaliger 43-er und deren Angehörigen vorerst nur auf diesem Wege von ganzem Herzen innigsten Dank sagen können. Wir wünschen allen ein frohes, schönes Weihnachtsfest und ein glückliches gesundes neues Jahr. Landesoberinspektor Willy Kast. Gertrud Kast, geb. Brandt, Königsberg Pr., Prinzenstraße 22, jetzt Düsseldorf-Benrath, Haydnstraße 36 (Hausnummer schlecht lesbar)

 

Am 22. Dezember 1956 feiern unsere Eltern Franz Didszun und Frau Martha Didszun, geb. Pilzecker, verw. Klein, ihre Silberhochzeit. Es gratulieren die Kinder und Enkelkinder, Ebenrode, Ostpreußen, Dobel 19, jetzt Kiel-Wik, Wismarer Straße 17 I

 

So Gott will, begehen wir am 20. Dezember 1956 den Tag unserer Silbernen Hochzeit. Wir grüßen hiermit alle lieben Verwandten und Bekannten. Artur Wisbar und Frau Ella Wisbar, geb. Wasna.

Seckenburg, Elchniederung, jetzt Muggensturm, Baden, Gasthaus „Zum Hirsch"

 

Weihnachten 1956 feiern unsere lieben Eltern Albert Ruck und Frau Elma Ruck, geb. Kohn ihre Silberhochzeit. Die bankbaren Kinder, Eleonora und Waltraud. Früher Heiligenwalde, Kreis Samland, Ostpreußen, jetzt Hamburg-Blankenese, Manteuffelstraße 49

 

So Gott will, begehen wir am 22. Dezember 1956 den Tag unserer Silbernen Hochzeit. Carl Cautzner und Frau Margarete Cautzner, geb. Barreck. Königsberg, Boelckestr. 18, jetzt (17 b) Ettenheim, Kreis Lahr, Austraße 4

 

Für die uns so zahlreich erwiesenen Glückwünsche. Blumen und Geschenke aus nah und fern anlässlich unserer Goldenen Hochzeit danken wir auf diesem Wege recht herzlich. Friedrich Thiel und Frau. Gaffken, Kreis Fischhausen, jetzt Barsfleth über Meldorf

 

Am 21. Dezember 1956 feiern unsere Eltern Paul Marquardt und Frau Elfriede Marquardt, geb. Franz, ihre Silberhochzeit. Es gratulieren die Kinder und Enkel. Heiligenbeil, Ostpreußen. Jetzt Schwäb.-Hall, Ringstr. 58

 

Zum 40-jährigen Ehejubiläum am 22. Dezember 1956 wünschen wir unseren lieben Eltern Friedrich Tonnius und Frau Luise Tonnius, geb. Borrmann, früher Königsberg Pr., Neuer Graben 25, jetzt Buschhütten, Kr. Siegen, Westfalen, Hagener Straße 122, alles Gute und dass sie uns noch recht lange erhalten bleiben. Ihre Kinder

 

Für freundliches Gedenken zum 100-jährigen Bestehen meiner Firma Müller & Guthzeit und meiner 40-jährigen Inhaberschaft, danke ich herzlich und wünsche allen Freunden und Bekannten frohes Fest und gutes 1957. Siegfried Orlopp, Hamburg/Königsberg Pr.

 

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Seite 12   Familienanzeigen

Am 13. Dezember 1956, feiern unsere lieben Eltern, meine liebe Omi und lieber Opi, Johann Post und Frau Berta, geb. Peldßus, früher Gumbinnen, Ostpreußen, Prang-Mühle, jetzt Dortmund-Hombruch, ihr 40-jähriges Ehejubiläum. Es, gratulieren in Liebe und wünschen weiterhin Gottes Segen, die Kinder mit Enkelkind

 

Am 23. Dezember 1956 begehen wir unseren 30. Hochzeitstag und grüßen alle Verwandten und Bekannten aus der Heimat. Willi Vater und Frau Lisbeth Vater, geb. Ollesch. Allenstein. Braunsberg. Wetzhausen, Kr. Neidenburg, jetzt (22a) Velbert. Rhld., Danziger Platz 11

 

Am 26. Dezember 1956, feiern der Taubstummenlehrer i. R. Ernst Gubba und seine Frau Elisabet Gubba, geb. Kern, das Fest der Goldenen Hochzeit. Es gratuliert recht herzlich der Königsberger Freundeskreis. Königsberg Pr., Hintertragheim. Jetzt Frankfurt (Main), Ilbenstädter Straße 3. part.

 

Am 28. Dezember 1956 feiert unser lieber Vater und Großvater, Friedrich Bergmann, früher Königsberg Pr., Roonstr. 13, jetzt Grünendeich 131, Kreis Stade, seinen 80. Geburtstag. Es, gratulieren herzlichst und wünschen weiterhin gute Gesundheit, Tochter Elfriede Gerber und Enkelkinder

 

Für die vielen Glückwünsche zu meinem 90. Geburtstage danke ich allen Bekannten und Heimatfreunden herzlichst. Karl Schurau, Lötzen, Ostpreußen, Boyenstraße 10, jetzt Köln (Rhein) Kleiner Griechenmarkt 26

 

Für die Glückwünsche zu meinem 75. Geburtstage sage ich allen ehemaligen Berufskameraden und Freunden herzlichen Dank. Max Wolff. Nikolaiken, Ostpreußen. Jetzt Hannoversch Münden, Zimmerbreite 12 I

 

Danksagung. Allen Freunden und Bekannten aus der Heimat, der Stadt Hagen als Patenstadt von Lyck, im Besonderen der Kreisvertretung des ehemalig. Kreises Lyck, sage ich recht herzlichen Dank für die erwiesenen Aufmerksamkeiten zu meinem 75. Geburtstag. Witwe Anna Mazath, früher Stradaunen, Ostpreußen. Zurzeit Espelkamp-Mittwald, Kreis Lübbecke, Westfalen, Am Hügel 6

 

Alle guten Wünsche zum Weihnachtsfest und zum neuen Jahr! Albert Sauff, Gaststätte, früher Königsberg Pr., Aweider Allee Nr. 118. Jetzt Hamburg-Altona, Fischmarkt Nr. 31, Ruf 31 24 12

 

Wir wünschen allen Verwandten und Bekannten ein gesegnetes Weihnachtsfest und viel Glück im neuen Jahr. Familie Heinrich Austin und Witwe Ida Austin, geb. Kujus. Tilsit, Ostpreußen, Boyenstraße 16, jetzt Jülich, Gut Freiwald

 

Meinen ostpreußischen Freunden und Landsleuten, insbesondere auch meinen früheren Angestellten meiner Steuerpraxis in Königsberg, Ostpreußen, herzlichst frohe Weihnacht und ein gesundes erfolgreiches neues Jahr 1957. Willy Marquardt, Steuerberater, vereld. Bücherrevisor. Königsberg Pr., jetzt München 25, Valleystraße 40

 

Am 30. Dezember 1956 feiert unsere liebe Mutter, Oma und Schwester, Minna Bogatz, Hebamme i. R. aus Widminnen, Kreis Lötzen, in Dortmund-Aplerbeck, ihren 75. Geburtstag. Wir wünschen ihr alles Gute und noch viele schöne Jahre. Otto u. Edith Dahl mit Armin und Margitta und Schwester Marta Kroschinski. Früher Königsberg Pr., Hermann-Göring-Straße 91, jetzt Dortmund-Aplerbeck, Ravensweg 3

 

Am 1. Januar 1957 feiert meine liebe Frau, unsere gute Mutter, Martha Rybak, früher Königsberg Pr., Am Bahnhofswall 9, jetzt Hagen, Westfalen, Wilhelmstraße 14 a, ihren 60. Geburtstag. Es gratulieren herzlichst: Bernhard Rybak und die dankbaren Kinder

 

Im Dezember 1956 feiert Herr Heinz Borries seinen 50. Geburtstag und sein 25-jähriges Dienstjubiläum bei der Firma Hugo Stinnes. Es wünschen Dir lieber Heinz, zu diesem Tage und für die Zukunft alles Beste Deine Frau Magda, geb. Skibb. Verwandte, Freunde und Landsleute. Offenbach (Main), im Dezember, Bettinastraße 73, früher Königsberg Pr., Lizentstr. 11

 

Auf diesem Wege wünsche ich allen meinen lieben Landsleuten und Verwandten ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr. F. Piechotka, Kiel-Wellingdorf, Hintere Wehde 152

 

Wünsche meiner Mutter in Blumberg bei Baden gesegnete frohe Weihnachten und gleichzeitig ein gesundes neues Jahr 1957. Gertrud Grisar, geb. Liedtke. Schalksmühle, Westfalen, Volmestraße 44

 

Unseren Freunden und Bekannten herzliche Weihnachts- und Neujahrsgrüße. R. Lebowski und Frau. Königsberg Pr. Jetzt Essen-West, Amixstr. 20

 

Allen Verwandten und Bekannten wünschen ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes neues Jahr, Franz Hildebrandt und Frau Amalie Hildebrandt, geb. Daugart. Waldwinkel, Labiau, jetzt Schoningen über Uslar (Hannover) „Verwandte, meldet Euch!"

 

Meine herzlichsten Welhnachts- und Neujahrsgrüße an alle Verwandten, Bekannten und früheren Arbeitskollegen der Firma Thyssen A.-G., Königsberg Pr. Ernst Ribb. Lage, Schützenstraße 4, früher Königsberg Pr., Heilsberger Straße 39

 

Allen Verwandten und Bekannten wünsche ich ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr. Emil Pogodda, 349 Channing Ave, Detroit 20, Michigan, USA, früher Jürgen, Kreis Treuburg, Ostpreußen

 

I.P.S. Ponarth-Ost „Karschauer Hof", Palvestraße 13/15. Wir grüßen unsere Freunde in Ost und West und wünschen gesunde Feiertage. Otto und Ida Sinnhoff, jetzt Gaststätte „Storchen-Nest" Hamburg 20, Stavenhagenstr. 28

 

Allen Verwandten und Bekannten wünschen wir frohe Weihnacht und ein gesegnetes neues Jahr. F. Woischwill und Frau. Königsberg Pr., Kaporner Straße 18 c, jetzt Neuland über Stade

 

Allen Verwandten und Bekannten wünschen ein gutes Jahr 1957 mit heimatlichen Grüßen, Franz Stanscheit, Berta Stanscheit, geb. Lunau. Königsberg-Maraunenhof, Herzog-Albrecht-Allee 8, jetzt (16) Salmünster-Bad Soden, Huttengasse 9

 

Wir grüßen alle Verwandten und die Bekannten der lieben alten Heimat. Fam. Emil Poehl und Fam. Gottlieb Bednarz. Fröhlichswalde und Gr.-Schiemanen, Kreis Ortelsburg, Ostpreußen. Jetzt (23) Rastede (Oldbg.) Am Stratjebusch 13

 

Liebe Mehlsacker, Liebstädter und alle, die im Leuchten der Kerzen mit unserer Mutter Ostpreußen, Agnes Miegel, unsere Heimat, Tal und See schauen, grüße ich mit den Worten Ewald A. Sosnowskis: „Wann wird die Stunde schlagen, wann werden Ross und Wagen nach Osten wieder ziehn? Wir woll'n geduldig warten, in unsrer Kinder Garten soll'n wieder Rosen blühn“. Erich E. Kongehl, Oestrich (Rhg.) Wer schreibt mal?

 

Nach einem arbeitsreichen Leben verschied am 11. Dezember 1956 mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwiegervater, Großvater und Onkel, Kaufmann Emil Gutek, früher Allenstein, Ostpreußen, Bahnhofstraße 67, im 74. Lebensjahre. Er folgte seinem im Jahre 1943 gefallenen Sohn Günther. Therese Gutek, geb. Struß. Ursula Ibrügger, geb. Gutek. Dipl.-Ing. Heinz Ibrügger. Mechthild Schuboldt. Fritz Lothar Ibrügger. Ulrike Ibrügger. Gerhard Ibrügger. Fritz Gutek und Frau Hildegard. Minden, Westfalen, Cheruskerstraße 1, Simmern (Hunsrück)

 

 

Ortelsburger aus Stadt und Kreis! Gesegnete Weihnacht und glückliches neues Jahr wünscht allen, Ihr Otto Wenda und Frau, Bekleidung und Pelze Ortelsburg, jetzt Kettwig (Ruhr), Wilhelmstr. 1

 

Allen lieben Verwandten und Bekannten ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr.

Schneidermeister Otto Rohr und Frau. Kaimen, Kreis Labiau, Ostpreußen, jetzt Gelsenkirchen-Buer II, Horster Straße 296

 

Allen Bekannten und Freunden aus unserem alten Königsberg übermitteln wir herzliche Weihnachts- und Neujahrsgrüße. Olga Ebner, geborene Rehse, Köln (Rheinl.), Metzer Straße 31. Else Donath, geb. Rehse, Berlin-Haselhorst, Lüdenscheider Weg 6 c, früher Königsberg Pr., Sackheim 42/43

 

Meinen verehrten Kunden, Freunden und Bekannten wünsche ich frohe Weihnachten und ein glückliches 1957. Fritz Fuhr, Kraftfahrzeuge, Autovermietung, Bützfleth, Kreis Stade, Telefon 278, früher Königsberg, Roonstr. 7

 

Allen Freunden und Bekannten wünschen wir frohe Weihnachten und ein glückliches neues Jahr. Familie Gustav Lascheit, Karkeln, Ostpreußen, jetzt Papenburg (Ems) Splitting r. 13

 

Frohe Weihnachts- und Neujahrsgrüße allen Freunden und Bekannten. Walter Gottaut und Frau Adele Gottaut, geb. Ehlert, Luft-Hauptmuna Gr.-Blumenau (Samland). Frau Johanne Ehlert, früher Königsberg Pr., Siedlung Lauth. Jetzt M.-Gladbach, Villenstraße 15

 

Ein frohes Weihnachtsfest wünschen allen lieben Verwandten und Bekannten, Helmut Klaedtke und Elly Klaedtke, geb. Schwarplies, früher Danzig, vordem Insterburg, Cecilienstraße 15, jetzt Bremen-Oberneuland, Oberneulander Landstr. 195 A

 

Ein frohes Weihnachtsfest, sowie ein segensreiches neues Jahr, wünscht allen Bekannten aus der Heimat, insbesondere den Freizeitgenossen, Fritz Ekat, Rahnen, Kreis Gumbinnen. Jetzt Rheinhausen-Oestrum, Eichenstraße 24

 

Plötzlich und unerwartet entschlief am 5. Dezember 1956, durch Herzschlag, kurz vor Vollendung seines 70. Lebensjahres, unser lieber Vater, Schwiegervater und Opa, der frühere Landwirt Hermann Klein, aus Worglitten, Kr. Pr.-Eylau. In stiller Trauer: Helmut Klein. Elisabeth Klein, geb. Steinhauer. Magdalena Klein. Erna Klein. Hans-Dieter, als Enkelkind. Kassel-Ndzw., Am Frohnhof 7

 

Am 26. November 1956 verstarb nach langer schwerer Krankheit mein lieber Mann, unser lieber Vater und Großvater, der Schmiedemeister Karl Gollub, aus Almen, Kreis Stallupönen, im Alter von 73 Jahren. Im Namen aller Hinterbliebenen: Johanne Gollub, geb. Blank. Herta Lieder, geb. Gollub. Benefeld über Walsrode, Uferstraße 34. Wir haben ihn in aller Stille in der sowj. bes. Zone zur letzten Ruhe gebettet

 

Du warst so jung. Du starbst so früh. Wer dich gekannt, Vergisst dich nie. Nach langem schwerem Leiden verstarb am 11. Dezember 1956 unser lieber guter Sohn, Bruder, Schwager, Onkel und Neffe, Kurt Hinz, im Alter von erst 27 Jahren. In tiefer Trauer: Familie Gottfried Hinz. Familie Hermann Hinz und alle Verwandten. Karwinden, Kreis Pr.-Holland, jetzt Viernheim, Hessen, Rathausstraße 38

 

Am 11. Dezember 1956 verstarb plötzlich und unerwartet meine liebe Mutter, Schwester, Schwägerin, Tante und Kusine, Ella Schönhoff,  geb. Grow, im 71. Lebensjahre. Gleichzeitig gedenke ich meines lieben Vaters, Bäckermeister Emil Schönhoff, der im September 1945 im Gefangenenlager Pr.-Eylau verstorben ist. In tiefer Trauer im Namen aller Verwandten: Charlotte Schönhoff. Heiligenbeil-Rosenberg, jetzt Hannover, Voßstraße 47

 

Mag's toben da droben und stürmen sehr, was kümmert das Toben den Schläfer mehr. Am 12. Dezember 1956 verstarb nach langem schwerem, mit großer Geduld ertragenem Leiden, fern ihrer geliebten Heimat Königsberg Pr., unsere innig geliebte unvergessliche Schwester, Schwägerin und Tante, Helene Kaups, im 64. Lebensjahre. In tiefer Trauer:Toni Kaups. Anna Fenthur, geb. Kaups. Willy Fenthur. Gerhard Fenthur. Liane Böhme. Königsberg Pr., Oberhaberberg 78, jetzt Oldenburg, Holstein, Hopfenmarkt 5. Die Einäscherung hat auf Wunsch der Verstorbenen in aller Stille im Krematorium Kiel stattgefunden.

 

Am 12. November 1956 entschlief nach schwerem Leiden, meine liebe Tochter, unsere Schwester, meine Mutter und Schwiegermutter, Schwägerin, Tante und Großtante, Frieda Ciaila, geb. Klafft, geb. 14.02.1897, früher Königsberg Pr. ,Straußstraße 2. Im Namen aller Angehörigen, Charlotte Skottke, geb. Klafft . Königsberg Pr. – Ponarth, Speichersdorfer Straße 160, jetzt Bremen-Hemelingen, Hermann-Löns-Weg 21

 

Am 5. Dezember 1956 ist durch einen tragischen Unglücksfall in Ausübung seines Dienstes, unser letzter geliebter Sohn, Bruder, Schwager, Onkel, Neffe und Enkel, Polizeihauptwachtmeister Ulrich Rutkowski, früher Kölmerfelde, Kreis Johannisburg, im blühenden Alter von 26 Jahren, für immer von uns gegangen. Er folgte seinem Bruder Willi. In stiller Trauer, seine Eltern, seine Frau, Geschwister und alle Verwandten. Hofgeismar, Hohenholm über Gettorf

 

Am 18. November 1956 entschlief nach langem, mit unsagbarer Geduld ertragenem Leiden, mein lieber Mann und guter Lebenskamerad, mein einziger Sohn, lieber Bruder, Schwager und Onkel, Paul Perke, im Alter von 54 Jahren. In tiefer Trauer: Dorothea Perke, geb. Kasch. Wilhelmine Perke nebst Angehörigen. Heiligenbeil, Ostpreußen. Balingen. Württemberg, den 19. November 1956, Friedrichstraße 5. Die Trauerfeier fand am Donnerstag, dem 22. November 1956, in der Friedhofskirche statt. Anschließend Einäscherung in Schwenningen. Die Beisetzung der Urne erfolgte am 7. Dezember 1956 in Hannover.

 

In liebe und Wehmut gedenke ich des dreijährigen Todestages, am Silvesterabend, meines lieben guten Sohnes und Bruders, des Taklers Helmut Schories, der uns durch einen tragischen Unglücksfall im Blütenalter von 22 Jahren entrissen wurde. Er folgte seinem Vater Georg Schories, der im August 1945 bei Schloßberg, Ostpreußen, verstorben ist, in die Ewigkeit. In tiefstem Schmerz: Auguste Schories, geb. Rimkus, seine drei Geschwister und Anverwandte. Ullosen bei Coadjuthen, Ostpreußen, jetzt Auerbach (Oberpfalz), Untere Vorstadt 155

 

Die Liebe höret nimmer auf. 1. Kor. 13    Zum zehnjährigen Todestage, dem 19. Dezember 1956, gedenken wir in Liebe, meiner lieben Frau, unserer lieben guten Mutter, unserer Schwiegermutter, Großmutter und Schwester, Berta Neumann, geb. Schmidt, geb. 20.09.1893, früher Heiligenbeil, Ostpreußen. Rudolf Neumann. Familie Damerau. Familie Otremba. Familie Peschutter u. alle anderen Verwandten. Duisburg-Hamborn, den 11. Dezember 1956. Düsseldorf und Flensburg

 

Die Liebe höret nimmer auf! Herzliches Gedenken. Zwölf Jahre voll Ungewissheit, Sehnsucht und Herzeleid sind verflossen. Am 30. Dezember 1944 durften wir zum letzten Male, an ihrem 20. Geburtstag, einige Stunden mit unserer geliebten Tochter Edith Karpinski, in Ludwigshagen verleben. Seit dem 18. März 1945 ist sie aus Weißuhnen vermisst. In unserem Herzen lebt sie unvergessen, bis wir droben vereint werden. Eduard Karpinski u. Frau Ida, unser Sohn, ihr Bruder Walter. Ludwigshagen, Ostpreußen, jetzt Belle, Kreis Detmold

 

Seite 13   Alle Jahre wieder. Von Horst Biernath.

Zeichnungen: Erich Behrendt

Es ist also das fünfzigste Weihnachtsfest, das ich, so Gott will, heuer erleben werde. Grund genug, den Blick rückwärts zu richten. Aber auch ohne dieses fragwürdige Jubiläum wird die Stunde, in der sich das Licht der Kerzen im Schmuck des Baumes spiegelt und in der die frohe Botschaft verkündet wird, wie immer eine Stunde der Rückschau und Erinnerung sein. An jenes Fest, als Großvater mir die erste Uhr schenkte, an jenes, das ich mir selber verpatzte, weil ich mit Hilfe eines Nachlüssels schon drei Wochen vor der Bescherung genau wusste, was sie mir bringen würde, an die ersten Schlittschuhe, und an die Schwarzwälder Uhr, eine „Bastelarbeit für technisch begabte Knaben“, mit der ich, wie die Verkäuferin meinen Eltern versichert hatte, für den Rest der Ferien beschäftigt sein würde. Da sie genau zwei Stunden nach der Bescherung an der Wand hing und eifrig tickte, sah man seither in der Familie in mir ein technisches Genie …

 

Wir lebten damals in Lyck, der Hauptstadt Masurens. Das alte Ordensschloss lag auf einer Insel des fischreichen Lycksees, der von den bitterkalten Ostwinden freigefegt vom Ende des Novembes bis in den April hinein eine spiegelblanke, riesige Schlittschuhbahn abgab. Diese Eisbahn war es, auf der Vater errötend den eleganten Bögen von Mutter gefolgt war, und auf sie durch seine edle Haltung beim Bogenschneiden solch einen starken Eindruck gemacht hatte, dass sie ihm schließlich das Jawort in den Bart hauchte. Vater war damals ein Mann wie ein Kleiderschrank. Ich wage es kaum zu erzählen, dass er eine zwölfpfündige Gans mit Leichtigkeit verzehrte und auf Grund gelegentlicher Wetten in jenen Blütejahren mit sechzig Eiern als Frühstück spielend fertig wurde.

 

Kein Wunder, dass ein Fest wie Weihnachten Mutter schon Wochen vorher in Atem hielt und vor Probleme stellte, die nur mit Hilfe eines lang erprobten Wirtschaftsplanes zu bewältigen waren. Vater begann mit den Vorbereitungen für das Fest schon im August, wenn er von der neuen Honigernte den Bärenfang ansetzte. Vater nahm ab und zu eine Probe davon und beurteilte den Stoff mit derselben Kennerschaft, mit der in Weinbaugebieten der Winzer seine Fässer überwacht. Mitte November wurden die Blechbüchsen vom Speicher geholt, in der Küche begann ein geheimnisvolles Treiben, und gleichzeitig wurde die Doppeltür zum „Salon" abgesperrt. Für vier Wochen entzog sich die prächtige rote Plüschgarnitur aus den achtziger Jahren meinen Blicken, und wo ich auch sein mochte, war ich unerwünscht und irgendjemand im Wege. Die Geschwister, bedeutend älter als ich, durften das Prunkzimmer halbstundenweise betreten, um am Klavier zu üben, Paradestücke aus Salonalben, mit denen sie sich am Weihnachtsabend den ergriffenen Eltern und an den folgenden Festtagen der staunenden Verwandtschaft präsentieren mussten, Mir trichterten die Schwestern ellenlange Weihnachtsgedichte ein, während sie selber erstaunliche Dinge produzierten. Lotte verfertigte für Vater einen Serviettenhalter, ein grünes Filzband mit zwei Klammern, auf das sie den völlig überflüssigen Wunsch „Guten Appetit!“ stickte, während Else zwei Gemälde auf der Staffelei hatte, ein sogenanntes Pendant; eine Frühlingslandschaft mit rosigen Wölkchen, rosig überschäumten Kirschbäumen und klingenden Enten auf einem rosig überhauchten Teich, — und ein Winterbild mit tief verschneiten Tannen, einem traulichen Häuschen mit erleuchteten Fenstern und rauchendem Kamin.

 

Mutter aber fand zwischen dem Backen von Pfefferkuchen, Ausstechern, Mohnrollen, Sandkuchen (man nehme dreißig Eier ...) Spekulatius, Pfeffernüssen und Plätzchen und Konfekt aller Art, die allmählich die zahllosen Blechbüchsen füllten. Mutter fand zwischen dem Schlachten des Schweins und der Gänse, dem Einkochen von Sülzen, dem Marinieren von Heringen und Rollmöpsen, dem Gelieren von Schleien und fetten Aalen, dem Wurstmachen, dem eigenhändigen Spritzen der Schweineschinken, dem schwierigen Geschäft des Marzipanbackens und zwischen der Zubereitung von Salaten und dem Räuchern der Gänsebrüste noch Zeit, um für Vater mit Schnitzmesser, Brenngebläse und Ölpinsel einen kunstvollen Zigarren- und Likörschrank fertig zu machen, ein Prachtstück, das in den folgenden Jahren von den Damen ihres Kränzchens oft nachgeahmt, aber in dieser hochkünstlerischen Vollendung nie erreicht wurde. Ja, Mutter hatte Phantasie und überraschte Vater jedes Jahr aufs Neue, während er ihr alljährlich mit einem feierlichen Gesicht, als entschleiere er das Bild zu Sais, einen Stock Alpenveilchen, eine Handtasche, ein Paar Glacéhandschuhe und eine Flasche Kölnisch Wasser überreichte.

 

Wie war man aufgeregt, bis im Salon das Silberglöckchen ertönte, bis die Tür sich öffnete und den Blick auf den strahlenden zimmerhohen Tannenbaum freigab. Noch waren die Gaben unter dem Baum mit weißen Tüchern verhüllt. Mein Bruder Ernst improvisierte leise am Klavier, die Kerzen am Baum flackerten, es roch so gut nach Wachs und Harz und Gebäck, blaue und rote Glanzpapiere warfen geheimnisvolle Lichter auf die Krippenfiguren; die Großeltern saßen hinter dem großen Mahagonitisch auf dem roten Sofa, Großvater schnüffelte ein bisschen, weil er leicht zu rühren war, und dann verlas Vater von dem Paradepult, auf dem sonst der goldgeschnittene Prachtband „Preußen und sein Königshaus" lag, aus der großen Bilderbibel das Weihnachtsevangelium. Dann setzte Ernst am Klavier mit einem Vorspiel ein, und Vaters orgelnder Bass überdröhnte die ganze Familie. Zuerst sangen wir „Stille Nacht, heilige Nacht", und dann „Vom Himmel hoch, da komm ich her", wobei mir bei der zweiten Strophe die „Jungfrau auserkor’n“ nicht in den Kopf wollte. Ich sang stets: „Uns ist ein Kindlein heut gebor’n, von einer Jungfrau aus Neukuhrn“, das mir nah lag, weil wir dort den Sommer an der Küste zu verleben pflegten.

 

Das war 1909. Ich besinne mich so genau darauf, weil der Heilige Abend für mich fast höchst unheilig geendet hätte. Ich bekam meine ersten Schlittschuhe, Wunderwerke der Technik, mit Absatz und Sohlenschrauben, und ich probierte sie auf dem spiegelnden Parkett des Salons aus, während die Familie noch tafelte. Vielleicht rettete mich die rote Husarenuniform, die mir die Großeltern geschenkt hatten, vor Vaters gerechtem Zorn, denn einem preußischen Husarenoffizier vom Regiment des Kronprinzen konnte er als königlich preußischer Beamter schließlich nicht ohne weiteres eine Maulschelle verpassen …

 

1918 … Zum 25. Regierungsjubiläum des Kaisers hatte ich die Ehre gehabt, vor Majestät ein Gedicht aufsagen zu dürfen. Das geschah im Winter 1913. Ich hatte dabei dem Kaiser nach dem Vortrag des Gedichtes, in dem Veilchen irgendeine Rolle spielten, einen Veilchenstrauß zu überreichen. Da echte in keinem Blumengeschäft der Stadt aufzutreiben waren, hatte Mutter einen Veilchenstrauß aus der Garnitur ihres Frühjahrshutes entfernt, die künstlichen Blumen mit Veilchenparfüm angespritzt und sie waren es, die ich Wilhelm II. überreichte. Dafür erhielt ich von dem Kaiser einen huldvollen Backenstreich und sein Bild mit eigenhändiger Unterschrift. Nun hing dieses Bild mit einem Trauerflor versehen an der Wand. Wilhelm hatte sein Land verlassen. Und in Königsberg herrschten Arbeiter- und Soldatenräte. Vater wog nur noch hundertvierzig Pfund. Genau hundertvierzig hatte er in den vier Kriegsjahren verloren. Sein Bart war inzwischen schneeweiß geworden, weiß und struppig, denn meine Schwestern, die ihm sonst über Nacht Zöpfe eingeflochten hatten, damit seine Manneszier tagsüber lockig über die Brust walle, waren nicht mehr daheim. Der Bruder war vor Cambrai gefallen, Else verheiratet, Lotte Lehrerin auf dem Lande. Wenigstens hatte sie einen nahrhaften Posten erwischt. Der Rübenwinter 1917 lag hinter uns. Ein schlimmerer stand bevor. Zwar hatte Lotte in ihrem letzten Brief von hoffnungsvollen Verhandlungen mit einem Bauern berichtet, dessen Töchtern sie Unterricht in Fremdsprachen und im Klavierspiel erteilte, aber selbst, wenn dort alles klappte, war es sehr fraglich, ob sie durchkommen würde, denn die Züge wurden streng kontrolliert.

 

Unvergesslich bleibt mir der Einzug des Königsberger Kürassierregiments in die alte Garnison. Es war kurz vor dem Fest. Durch die Straßen wälzten sich Menschenmassen, deren Stimmung durchaus nicht weihnachtlich und auf keinen Fall militärfreundlich war. Auf dem Schloßturm wehte die rote Fahne. Jemand war beim Versuch, sie zu entfernen, heruntergeschossen worden. Im Hafen wurde gestreikt. Und dann zog in musterhafter Ordnung das Regiment ein. Voran die Musik, und vor dem Musikzug der Kesselpauker. Und ich sehe, als wäre es gestern geschehen, dass der Mob es auf den Mann mit den Kesselpauken besonders abgesehen hatte, dass ein paar Rabauken sich an seine Stiefel hängten und ihn vom Pferde zu zerren versuchten, und dass er, ohne eine Miene zu verziehen und ohne sich aus dem Takt von „Preußens Gloria" bringen zu lassen, mit den Paukenschlägen anstatt der Kalbfelle die Köpfe seiner Widersacher bearbeitete, die Schläge rechts und links nach dem Marschtakt gerecht verteilend und einen Wirbel dreschend, wenn er musikalisch notwendig war, — ein Bild von einer Komik, dass sich die Revolte in der Münzstraße plötzlich in einem riesigen Gelächter auflöste.

 

Sonst gab es wenig zu lachen in jenen Tagen. Denn die Komik jener Geschichte, die Onkel Fritz passierte, kam uns erst nach Jahren zu Bewusstsein. Onkel Fritz, der Bruder meiner Großmutter mütterlicherseits, war mein Großonkel. Ein alter Herr, sehr gepflegt, immer braungebrannt, sicherlich ein großer Schwerenöter, Junggeselle bis an sein Ende, und ein passionierter Jäger und Rotsponkenner. Er hatte den Chinafeldzug mitgemacht und davon eine Schiffsladung chinesischer Wandteppiche, Schnitzereien und Porzellane mitgebracht, unter denen er wie in einem Museum lebte. Irgendetwas Strategisches, wovon er nie sprach, scheint ihm in China misslungen zu sein, denn er scheiterte an der Majorsecke und ging, noch keine vierzig, in Pension. Der Rübenwinter war ihm so aufs Gemüt gegangen, dass er sich für den kommenden Winter zu sichern beschloss. Und zwar bestand diese Sicherung in einem zwanzigpfündigen Schweinchen, das er von einem seiner Jagdfreunde erwarb, im Rucksack heimbrachte und in der Wanne seines Badezimmers aufzuziehen beschloss. Nur die engste Verwandtschaft wurde eingeweiht, und Onkel Fritz war großzügig genug, jedem, der sich an der Herbeischaffung von Schweinefutter beteiligte, einen Anteil vom Schwein zum Weihnachtsfest zu versprechen. Ich habe in jenen Monaten alle Bekannten um Kartoffelschalen und Abfälle angebettelt und zur Aufzucht der Sau so wesentlich beigetragen, dass wir mit gutem Recht Anspruch auf einen Schinken zu haben glaubten. Und das Schwein gedieh in der Badewanne prächtig.

 

Aber dann, als die Wurstkessel ringsum sozusagen schon am Sieden waren, geschah das Unglück. Onkel Fritz war Jäger, Metzger war er nicht. Als er das Schwein acht Tage vor dem Fest abzustechen versuchte, misslang ihm dieses Vorhaben so gründlich, dass die Sau mit einem Satz aus der Badewanne entkam, die Tür aufdrückte und irr schreiend, durch die Wohnung raste. Zwei mannshohe blaue Chinavasen gingen dabei in Trümmer, die Tische mit den Nippes stürzten um, und eine Vitrine mit kostbarem Porzellan bildete nur noch einen Scherbenhaufen. Und Onkel Fritz blieb nichts anderes übrig, als sich auf seine Waidmannstugenden zu besinnen, sich hinter den Schreibtisch auf Anstand zu legen und das Schwein mit zwei Schüssen zur Strecke zu bringen, zwei Schüssen, die das Haus, die Nachbarschaft und die Polizei alarmierten. Man glaubte, der alte Herr sei irrsinnig geworden und habe seine Wirtschafterin in einem Wahnsinnsanfall gemeuchelt. Die Polizei drang in die Wohnung ein, beschlagnahmte das tote Schwein und verhaftete meinen Onkel Fritz. Zwar wurde er nach einigen Tagen aus der Haft entlassen, aber das Schwein war hin, und unsere Hoffnungen auf einen Weihnachtsbraten vernichtet.

 

In diese traurige Stimmung fuhr wie ein Blitz das Telegramm meiner Schwester Lotte hinein, dass sie mit schwerem Gepäck im Verlaufe des Nachmittags am 24. Dezember auf dem Hauptbahnhof einträfe. Mit schwerem Gepäck! Das konnte Brot, Butter, Würste und vielleicht sogar einen Braten bedeuten. Tags zuvor hatte man Mutter die Börse mit dem Weihnachtsgeld aus der Handtasche gestohlen. Bei diesem Pech war es klar, dass Lotte nie durch die Kontrollen kommen würde. Trotzdem machte ich mich mit dem Schlitten gegen Mittag auf den Weg zum Bahnhof. Es war ein bitterkalter Wintertag. Ein eisiger Wind wehte durch die Straßen. Ostpreußisches Stiemwetter. Es gab keinen pünktlichen Zugverkehr. Ein Wunder, dass das Telegramm durchgekommen war. Im Bahnhof verhungerte ausgemergelte Menschen, die auf Angehörige warteten, die zum Hamstern aufs Land gefahren waren. Kontrollen an allen Sperren.

 

Es wurde drei, es wurde vier Uhr, die Dunkelheit brach ein, und ich erstarrte in der eisigen Zugluft bis ins Mark. Gegen sieben Uhr abends lief endlich der Mohrunger Zug ein. Ich trabte mit dem Schlitten an den Abteilen entlang und entdeckte im Licht der stinkenden Karbidfunzeln meine Schwester mit zwei Koffern, die ihr fast die Arme ausrissen. Ihr erstes Wort war: Kontrolle? Ja, natürlich, strenge Kontrolle, — was hast du drin? Im großen Koffer Kartoffeln, im kleineren Äpfel. Und sonst? fragte ich ziemlich enttäuscht. Ein bisschen was, murmelte sie. Los dann, auf Kartoffeln sind sie nicht scharf.

 

Ich legte die Koffer auf den Schlitten. An der Sperre gab es Tumult. Man war gerade dabei, irgendeinen armen Teufel zu verprügeln, der für seine Familie ein Stück Speck oder Fleisch gehamstert hatte und sich nun gegen die Beschlagnahme wehrte. Keiner von den Leuten, die sich mit uns zum Ausgang schoben, hatte ein gutes Gewissen. Einige drückten sich mit ihrem Gepäck in die Dunkelheit zurück. Ich schob mich vor. Was hatte ich schon zu befürchten? Zwei Soldaten mit Funktionärsbinden am Arm nahmen mich in Empfang. Was in den Koffern drin sei . . . Eine halbe Sau, ein halber Zentner Weizenmehl, ein paar Würste und der Rest Butter, sagte ich und grinste sie an. Die Leute lachten. Aufmachen! Ich ließ das Schloss von dem kleinen Koffer aufspringen. Es war der Apfelkoffer, und sie sahen erfroren genug aus. Einer von den Burschen hob den Stiefel, als hätte er Lust, mir ins Kreuz zu treten. Hau ab, du Lerche! knurrte er mich an. Meine Schwester war plötzlich verschwunden. Und während ich noch in der Halle stand und mir überlegte, was ihr zugestoßen sein mochte, brachten die beiden Kerle, die mich kontrolliert hatten, sie angeschleppt. Sie war an der Sperre vor Hunger und Schwäche glatt zusammengebrochen, und es dauerte eine Weile, bis sie wieder ganz zu sich kam.

 

He, was war los mit dir? — Mein Gott, flüsterte sie, in den Koffern ist unter den Kartoffeln und Äpfeln genau ein halbes Schwein, ein halber Zentner Mehl, eine Speckseite und ein Klumpen Butter drin . . . Und da wurden auch mir die Knie weich.

 

Der Weg nach den Hufen vom Hauptbahnhof war endlos. Um neun kamen wir frosterstarrt daheim an. Es gab weder Gas noch Strom. Die Eltern saßen mit meiner Schwester Else und meinem Schwager vor einem trübseligen Hindenburglicht in der Küche, dem einzigen Raum, der geheizt war. Auf der Anrichte stand ein winziges Tannenbäumchen ohne Lichter, mit ein wenig Lametta aufgeputzt. Vater rauchte aus der Pfeife seinen elenden Steinklee, und Mutter hatte aus Holundersaft einen Punsch gebraut, der mit Sacharin gesüßt war. Wir beide konnten nur noch mit den Zähnen klappern und stammeln, dass unten im Hausflur ein halbes Schwein läge. Ich glaube mich zu erinnern, dass Mutter den Waschkessel schon auf das Herdfeuer setzte, als mein Vater und mein Schwager die Treppen hinunterstürzten. Und dann war auch schon die Fleischmaschine an den Tisch geschraubt, und die Frauen wuschen die Därme aus und schabten sie sauber. Und wir Männer drehten die Innereien und Teile vom Schweinekopf durch den Wolf. Und das Blut, das Lotte in zwei Flaschen mitgebracht hatte, wurde angewärmt und durchgerührt. Und Mutter kehrte den Gewürzschrank aus. Und um Mitternacht summte das Wasser im Kessel, und darin schwammen, kunstgerecht abgebunden, die Blut- und Leberwürste. Und als die Glocken von der Luisenkirche den ersten Weihnachtstag einläuteten, da holte Vater die Bibel. Aber er kam über die ersten Zeilen nicht hinaus. Der Duft aus dem Wurstkessel nach so vielen Hungerjahren war für seine Kraft zu viel. Und Mutter nahm ihm die Bibel weg und stellte die Teller auf den Tisch.

 

1930 ... Ich hatte geheiratet und in einem Vorort Münchens ein kleines Haus gebaut. Mit seinem roten Walmdach ähnelte es dem „Glückshafen" auf dem Münchner Oktoberfest so sehr, dass die Nachbarn es nie anders als eben den Glückshafen nannten. Und es war ein Glückshafen. In diesem Glauben konnten uns auch die Stolperdrähte nicht beirren, die das Leben jedem von uns hin und wieder vor die Füße legt. Wir hatten ein zweijähriges Töchterchen und freuten uns auf das nächste Kind, das sich schon kräftig bemerkbar machte. Eines allerdings begann damals, was sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten immer wiederholen sollte, mit einer schicksalshaften Regelmäßigkeit, der zu entrinnen ich längst aufgegeben habe: mochte das Jahr noch so gut und erfolgreich gewesen sein, zu Weihnachten geriet unser Schiffchen immer in Untiefen oder strandete gar, aber immer kamen wir ohne sonderliche Mühe wieder flott, wenn die Zeit der Festtage vorüber war.

 

Damals nun bewegte der Pleitegeier seine Fittiche so mächtig, dass uns unter dem kühlen Luftzug einigermaßen bänglich zumute war. In einem preußischen Beamtenhause erzogen, rangierten Schulden für mich mit Gotteslästerung und Einbruchdiebstahl etwa auf demselben Gleis. Sämtliche Handwerkerrechnungen waren bezahlt, und ich konnte allen Leuten frei und frank ins Auge sehen, nur meiner jungen Frau nicht, die, aus einem gutgehenden Mühlenbetrieb stammend, Geld in der Kasse für mindestens ebenso wichtig hielt wie ein reines Gewissen. Glücklicherweise enthob uns ein Brief der Schwiegermutter, der ein paar Tage vor dem Fest eintraf, aller Sorgen. Sie schrieb, dass sie mit ihrem Brief zwei Pakete ankündige, die sie vor mehreren Tagen aufgegeben habe. Neben der Puppe für Helga und den Geschenken für uns beide enthielten sie eine Gans, zwei junge Enten und auch einiges von dem Schwein, das zu Weihnachten geschlachtet worden sei. Nun, ich hatte in einem Alter geheiratet, in dem einem die Liebe wichtiger ist als die gute Finanzlage der Schwiegereltern, in diesem Augenblick aber war ich dem Schicksal doch dankbar, dass ich eine Frau gewählt hatte, deren Vater neben der Müllerei eine lukrative Schweinezucht betrieb, dessen Mühlenteich zahllose Enten bevölkerten, und bei dem auch stets ein paar Gänse ihr Futter fanden. Bei uns langte es immerhin noch für einen Kopf Rotkraut und für die Äpfel und den Majoran zur Füllung des Geflügels. Es brauchten nur noch die Pakete zu kommen.

 

Aber der 21. Dezember verging und das gelbe Pferdegespann mit Herrn Höchst auf dem Bock fuhr an unserem Glückshafen vorüber. Auch am folgenden Tag zuckte Herr Höchst bedauernd mit den Schultern. Als ich am Tage vor Weihnachten schon eine halbe Stunde, bevor der Wagen um die Ecke bog, am Gartenzaun stand, winkte Herr Höchst mir zu: „Immer noch nix, Herr Doktor, aber dö Paketkarten san schon da!" Immerhin etwas. Dann also morgen. Am Vormittag des 24. kam ein Paket, aber es war jenes von meinen Eltern, erfreulichen Inhalts, aber wenig nahrhaft. Doch Herr Höchst tröstete uns, heute würde die Paketpost gegen Abend noch einmal ausgefahren. Und so warteten wir denn auf die Dunkelheit. Aber was soll ich viel Worte um die traurige Geschichte machen, — auf einer der vielen Zwischenstationen zwischen Ostpreußen und unserem Münchner Vorort waren die Pakete hängengeblieben. Am Heiligen Abend und an den beiden Feiertagen mussten wir uns den Riemen eng ziehen.

 

Am 27. kamen dann die Pakete. Herr Höchst winkte mir schon von weitem freudig zu. Als er die Tür des Postwagens öffnete, schlug uns ein merkwürdiger Duft entgegen. „Da muss ein Käs drin sein", murmelte Herr Höchst betroffen, „ein ganz bikanter ...“ Mir schwante Unheil. Und — es war eine Katastrophe. Weiß der Himmel, neben welchem Ofen die Pakete tagelang gelegen haben mochten. Als wir sie öffneten, da flossen uns die Gans, die Enten und das Schweinerne sozusagen entgegen …

 

In der Grube, die ich im Garten in der hartgefrorenen Erde aushob, versenkten wir nicht nur das Geflügel, sondern auch die beigefügten Zigaretten, Schokoladen, Pralinen und Gebäckproben, Genießbar war einzig und allein eine Flasche Steinhäger. Und die hatten wir nach diesem Beerdigungsgeschäft dringend nötig.

 

1944 ... Im Juli hatte ein Bombenvolltreffer unser Häuschen, das wir kurz vor Ausbruch des Krieges zu einem richtigen Haus erweitert hatten, weil drei Kinder Raum und Bewegungsfreiheit brauchten, so gründlich zerstört, dass nur eine Kellerecke davon übriggeblieben war. Jene Ecke, in die im Augenblick der Explosion meine Frau mit den Kindern geflüchtet und wo sie wie durch ein Wunder mit dem Leben davongekommen war. Man hatte die vier nach Stunden aus den Trümmern gegraben.

 

 

Damals, als in der verdunkelten Welt die Glocken das Fest einläuteten, lag ich mit sechs anderen Kameraden in der Isolierstation eines Traunsteiner Lazaretts, gänzlich unheroisch an einem Scharlach erkrankt, der ausgerechnet während eines zehntägigen Urlaubs zum Ausbruch gekommen war. Die Mühle der Schwiegereltern war abgebrannt. Meine eigenen Eltern, der Vater damals 82 und die Mutter nicht viel jünger, saßen in Königsberg, das ein Luftangriff in Trümmer gelegt hatte, und wo nun die russischen Geschütze einen immer enger werdenden Feuergürtel um die Stadt schlossen. Meine Frau saß mit der ältesten Tochter in der Nähe von Garmisch — auf der Isolierstation gab es keine Besuche — die anderen Kinder, es waren inzwischen vier geworden, lebten bei Verwandten auf dem Lande oder in der Obhut von Kinderheimen, wo es ihnen bei Sonderrationen und gelegentlichen Obstzuteilungen wenigstens gesundheitlich gut ging. Was gibt es da viel zu erzählen? Es war das übliche Schicksal jener Tage, das wir mit Millionen teilten.

 

Für mich war Scharlach zu haben und unter der pfleglichen Obhut der guten englischen Fräulein in einem tadellos bezogenen Bett liegen zu dürfen, in jenen Tagen, in denen es weder einer politischen noch militärischen Sehergabe bedurfte, um den Zusammenbruch vorauszusagen, mehr Glück, als es mir je zu Weihnachten beschieden worden war. Niemand von uns hätte etwas dagegen gehabt, das Ende des Krieges in dem Bett des Lazaretts zu erleben. Auf dem Nachttisch lagen ein paar rotbackige Äpfel, die Mater Venantia, die Stationsschwester, jedem von uns zugesteckt hatte. Wahrscheinlich von ihrer Privatzuteilung. In der Schublade lagen zwei ganze Zigaretten und acht Kippen, ein Geschenk des Ortsgruppenleiters, der gestern im Saal eine echt germanische Sonnwendfeier veranstaltet und bei dieser Gelegenheit jedem Mann zehn Zigaretten, ein Gebäck aus Sägespänen und ein Buch mit einer Durchhalteparole als Widmung überreicht hatte. Und das Buch hieß „Mein Kampf", und ich machte den fünften oder sechsten Versuch, es zu lesen. Aber ein scharfer Skat war fraglos ein bedeutend interessanterer Zeitvertreib. Um sechs kam das Abendessen, und dann, als Theo Schmischke, ein Berliner, gerade dabei war, die Karten von neuem zu mischen, erschien Mater Venantia zum zweiten Male in unserm Zimmer, und auf einem kleinen Tannenbäumchen wehten die goldenen Flammen von sechs winzigen roten Kerzen vor ihr her.

 

„Ick wer varickt, Schwester — Weihnachten! Hat ich jlatt iebasehn", sagte Theo Schmischke, der durch nichts zu erschüttern war, „na denn man los mit die Predigt! So jeht es doch, wenn ick mir recht erinnere: Ehre sei Jott in der Höhe, und Friede uff Erden, und den Menschen een Wohljefallen. Wa? Haut haarjenau hin!"

 

„Ja, Herr Schmischke", sagte die sanfte Schwester Venantia unter ihrer Nonnenhaube. „Sie haben den Text ganz schön in der Erinnerung, aber ich kenne ihn ein wenig anders: Und Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind . . .“

 

„Wo steht det so, Schwesta?" fragte Theo Schmischke verblüfft, „uff keenen Fall nich bei Luthern …“

 

„So steht es in unserer Bibelübersetzung …“

„In der katholischen . . . kieke mal an! Den Menschen, die juten Willens sind . . . Det klingt unter die Voraussetzung janz vanünftich, — aba sarense ma, Schwester, wo sind die Menschen, die juten Willens sind?"

„Sie vielleicht, Herr Schmischke …“

 

Der Obergefreite Schmischke ließ die Karten für einen Augenblick sinken, so verblüfft war er.

 

Und Mater Venantia sagte mit einem kleinen Lächeln: „Wenn Sie nichts dagegen haben, dann möchte ich Ihnen und Ihren Kameraden jetzt die Weihnachtsbotschaft vorlesen. Nein, Sie brauchen die Karten nicht deshalb wegzulegen, — mischen Sie ruhig weiter . . . „Es begab sich aber zu jener Zeit, dass ein Gebot vom Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzet würde ...“

 

1956 … Ja, als wir auf die Welt kamen, da sah es aus, als würden wir für herrliche Zeiten und für eine glänzende und sichere Zukunft geboren. Und dann gerieten wir in den Orlog des Ersten Weltkrieges, und in die Hungerjahre, und in die Papierfluten der Inflation. Wir hatten viel verloren, aber wir hatten wenigstens die Substanz des Lebensnotwendigen gerettet. Dann kam das Desaster der Wirtschaftskrise am Ende der zwanziger Jahre und dann jener schreckliche Strudel, der uns eine Weile nach oben wirbelte, um uns schließlich in Tiefen hinabzureißen, aus denen es kein Entkommen zu geben schien. Was wir gerettet hatten, war das nackte Leben. Nie hätte ich nach jenem "Weihnachtsfest des Jahres 1945 geglaubt — nach jenem ärmsten Fest ohne Baum, ohne Kerzen und ohne Hoffnung —, dass ein paar Jahre später die Kerzen wieder leuchten die Straßen geräumt, die Fassaden errichtet, und die Schaufenster und Läden voller Waren sein würden, wie sie sich in solcher reichen Fülle kaum in den Zeiten der Kindheit dem Auge geboten haben. Kein Zweifel, an uns ist ein Wunder geschehen.

 

Aber so groß wie das Wunder ist die Gnade, die dem zuteil wurde, der, wie ich, den tiefsten Punkt unserer Existenz in einem Alter durchschritt, in dem er noch Kraft und Mut genug hatte, um neu zu beginnen. Schwer aber wird mir das Herz, wenn ich an die alten Menschen denke.

 

Seite 14   Ein Schleier und ein Federhut … „Und dann trat der Tanz in seine Rechte …“

Diese in alten Zeitungsberichten über gesellige Veranstaltungen häufig wiederkehrende Wendung mutet etwas seltsam an, denn wie sollte ein Tanz — „treten"? Nicht aber zu bestreiten ist das Recht der Jugend auf den Tanz. „Gehüpft wie gesprungen" — „Sie tanzte nur so durch's Leben" — „Er tanzt aus der Reihe", zahlreiche bildliche Vergleiche hat das Sprichwort dem Tanz entlehnt. Es ist nicht unbedingt notwendig, dass Geigen und Klarinetten oder die raffinierten Instrumente einer Jazzband zum Tanz spielen; eine Harmonika tuts auch, wie wir es von ländlichen Tanzabenden her wissen. Manche der alten Tänze sind schier unverwüstlich, und zu ihnen gehört der Bummel- oder Bommelschottisch. „Herr Schmidt, Herr Schmidt, was kriegt die Jule mit?" Auch heute noch, wenn ostpreußische Jugendgruppen zusammenkommen, ertönt diese recht bekannte Weise. Der Name „Bommelschottisch" soll von den langherabhängenden Ohrringen abgeleitet sein, die bei heftigen Bewegungen ihrer schönen Trägerinnen hin- und herbommelten . . .

 

„Herr Schmidt, Herr Schmidt" ist kein eigentümlicher ostpreußischer Tanz, aber er war bei Festen auf dem Lande sehr beliebt. Es spricht für ihn, dass er die Modetänze überdauert hat und sich auch jetzt noch behauptet, wenn auch nicht im öffentlichen Tanzsaal.

 

Herr Schmidt ist der geplagte Vater von zwölf heiratsfähigen Töchtern. Die Freier fragen ihn nach der Mitgift, die früher eine weit größere Rolle bei Heiraten spielte als heute, wo sich das junge Mädchen die Aussteuer oft selbst durch eine berufliche Tätigkeit verdient. Der Text des Tanzliedes lautet:

 

„Herr Schmidt, Herr Schmidt! / Wir haben eine Bitt': / Auf Freiers Füßen kommen wir / Man sagt, es sind viel Töchter hier“.

 

Die Antwort folgt: „Ja ja, ja ja / ich bin der Herr Papa / Ein Dutzend Mädchen hab' ich nur / Von jedem Jahrgang eine Spur“.

 

Und nun kommen die einzelnen Bewerber mit ihren Fragen:

 

„Was kriegt denn Julchen mit?" — „Einen Schleier und ein' Federhut, das steht der Jule gar zu gut!"

 

„Was kriegt denn Malchen mit?" — „Das Mädchen, das ist gut und brav / Wer die kriegt, der bekommt ein Schaf“.

 

„Was kriegt denn Lottchen mit?" — „Ein gutes Läppchen nett und fein / Und meinen Segen obendrein“.

 

„Was kriegt denn Gustchen mit?" — „Die Guste ist für Sie kein Kraut / Denn sie ist, Gott sei Dank, schon Braut“.

 

„Was kriegt denn Dörtchen mit?" - „‘ne Wiege und schön' Kinderzeug / Wenn's dann so weit ist, hat sie's gleich“.

 

„Was kriegt denn Emma mit?" — „Den Schiller und den Walter Scott / Denn Verse macht sie wie ein Gott“.

 

„Was kriegt denn Minchen mit?" — „Schöne Strümpfe, derbe Schuh' / Denn da passt das Mädel zu“.

 

„Was kriegt Mariechen mit?" — „Die sieht sich schon die Dreißig an / Da müssen meine Groschen d'ran“.

 

„Was kriegt Luischen mit?" — „Das Mädchen sagt, sie heirat' nicht / Doch daran stoß' sich keiner nicht“.

 

„Was kriegt Rosalie mit?" — „Zwei Schinken und 'ne Kälberbrust / Denn Essen ist ja ihre Lust.“

 

„Was kriegt denn Hanndhen mit?" — „Die kriegt ein'n Sopha, lang und breit / Für ihre große Sittsamkeit“.

 

„Was kriegt Otilchen mit?" — „Otilie ist das Kakelnest / Sie kriegt den ganzen Überrest".

 

Die Tanzfiguren:

Die Paare reihen sich in Kreislinie auf, die Partner halten die Innenlinie, Partner und Partnerin stehen sich gegenüber, fassen sich an die Hände. Und nun: Beim 1. Takt: Beide Partner springen mit dem linken Fuß vor, mit dem rechten zurück. Takt 2: Rechts vor, links zurückspringen. Takt 3: Zwei Sprünge erst links vor, dann rechts vor. Takt 4: Rechts vor, links zurückspringen. Takt 5 bis 8: Wie Takt 1 bis 4, aber rechts vor beginnend und auch endend. Es ist wichtig, immer den richtigen Fuß zu setzen, sonst tritt man der Partnerin auf die Schuhe. Takt 9 bis 16: Rundtanz im Polkaschritt auf der Kreislinie. (Gruppen, die Noten zu diesem Tanz haben wollen, können sie bei dem Jugendreferat der Geschäftsführung unserer Landsmannschaft Hamburg 13, Parkallee 86, anfordern.)

 

„Der Herrgott von Bentheim" in Ostpreußen

Im Lande zwischen Weichsel und Memel hörte man oft den Ausruf: „Herrgott von Bentheim" ebenso wie die Anrede: „Mann Gottes von Pörschken!“ (Ostpreußenblatt, Folge 28/1956, Seite 10.)

 

Mit dem „Herrgott von Bentheim" hat es folgende Bewandtnis: Ein mächtiges steinernes Kreuz mit Christusbild aus dem 10. Jahrhundert wurde einst auf dem Kreuzberge bei Bentheim gefunden, nach dem Schlosse gebracht und auf dem Burghof aufgestellt. Zu diesem, als einem berühmten Gnadenbilde, pilgerten die Wallfahrer von weit und breit, auch aus den benachbarten holländischen Landschaften, seit uralten Zeiten bis zur Reformation. Später wurden die Wallfahrten wieder aufgenommen, aber nach der katholischen Kirche geleitet, wo sie als sogenannte Johannisprozession bis in allerjüngste Zeit gehalten wurden.

 

Es besteht die Vermutung, dass zur heidnischen Zeit auf diesem so auffallend und geschützt liegenden Punkte eine Hauptkulturstätte gewesen, und nach der Christianisierung der Herrgott von Bentheim an die Stelle der heidnischen Gottheit getreten sei, gemäß der Bestimmung des Papstes Gregor, dass nicht die Götzentempel, sondern die darin sich findenden Götzen zertrümmert werden sollten in der Voraussetzung, dass das Volk zu dem gewohnten Orte eilen und nun dem christlichen Gotte seine Verehrung darbringen werde.

 

Mit der Christianisierung des Ordenslandes kamen auch sehr viele Ritter aus dem niedersächsischen Raume, die wahrscheinlich den Ausspruch: „Herrgott von Bentheim" mit ins Kolonialland brachten und durch Jahrhunderte hat sich solch ein volkstümlicher Ausdruck erhalten. Irrtümlich pflegte man auch in Ostpreußen zu sagen: „Herrgott von Benkheim", womit man die in Masuren gelegene Ortschaft meinte.

 

Seite 15   Foto: Weihnachtsmusik in Königsberg

An jedem 24. Dezember, sobald das Tageslicht verdämmerte, erwarteten die Kinder voll Ungeduld die Weihnachtsmusik. Viel zu langsam ging die Zeit, bis endlich die Trompeten und Posaunen erklangen. Mit dem Liede „Vom Himmel hoch, da komm ich her …“ begann der Heilige Abend. Bläserkapellen zogen durch alle Viertel und Straßen Königsbergs und spielten die Weise. Von Kindesbeinen an war dieser Brauch den Einwohnern der Stadt vertraut. Als vor einigen Jahren die jetzt in Hamburg wohnenden Königsberger gemeinsam Weihnachten feierten, wurden die Lichter im Saal gelöscht, die Tür tat sich auf, und Bläser zogen ein, das alte liebe Spiel spielend.

 

Unser Bild wurde vor nunmehr fünfzig Jahren gezeichnet, vermutlich von Professor Karl Storch. Auf dem Kaiser-Wilhelm-Platz, dem Zentrum der Stadt, haben sich frohe Menschen um eine Bläserkapelle versammelt. Im Scheine der matt brennenden Gaslaternen erkennt man das Denkmal des alten Kaisers vor dem Schloss. Im Hintergrund sind die Umrisse der Hauptpost auf dem Gesekus-Platz angedeutet. Schnee liegt auf Dächern und Straßen; es ist ja ein ostpreußischer Weihnachtsabend...

 

Seite 15   Eine kleine goldene Trompete. Von Herbert Franzkowiak

Unter all den liebgewordenen, vertrauten Sachen meines Großvaters fand ich in der alten Vitrine zwischen gläsernen Tieren, Porzellanfiguren und Silberpokalen auch eine kleine Kindertrompete. Sie musste schon sehr alt gewesen sein, denn die goldene Farbschicht war an vielen Stellen abgeblättert und ließ das graue Blech zum Vorschein kommen. Auch hatte sie manche Kratzer und etliche Beulen. Eine rote Kordel, die den Griff umwickelte, war ihr einziger Schmuck.

 

Weshalb, so fragte ich mich oft, mochte wohl dieses Spielzeug wie ein Museumsstück zwischen all den Nippsachen und Ehrenpokalen liegen? Warum hatte der Großvater es nicht längst schon uns Kindern geschenkt, die wir zwar Reifen, Kreisel und Bälle, aber keine Trompete besaßen? Wir wiederum wagten es nicht, wohl aus einer gewissen Scheu und unbestimmten Ahnung, ihn darum zu bitten oder auch nur zu fragen, was es mit diesem verlockenden Ding denn auf sich hätte.

 

Vielleicht wäre das Geheimnis uns noch lange verborgen geblieben, wenn nicht ein besonderer Anlass unsern Großvater bewogen hätte, den Schleier des Geheimnisses für uns Kinder endlich zu lüften.

 

Das war einige Wochen vor Weihnachten. Meine Schulklasse hatte sich zusammen mit dem Lehrer etwas Besonderes ausgedacht: wir wollten die Herbergsuche spielen. Ich sollte der Herold sein, der den Befehl des Kaisers Augustus auszurufen hatte. Man Freund Heinrich brachte seine Trommel mit und musste darauf einen dumpfen Wirbel schlagen, mit dem er mein Kommen ankündigen sollte. Ich selbst hatte dazu noch die beneidenswerte Aufgabe, vor Bekanntgabe des kaiserlichen Befehls ein Trompetensignal zu blasen, das die Bewohner an die Fenster und auf die Straße rufen sollte. Doch meine Vorfreude wurde darüber schnell gedämpft: weder ich noch einer meiner Kameraden besaß eine Trompete! Ich dachte zwar sogleich an das alte, unbenutzte Ding im Glasschrank, fand aber erst wenige Tage vor der Aufführung den Mut, mit dem Großvater zu sprechen.

 

Zuerst sagte er lange Zeit nichts, sah nur versonnen in die Ferne zum Fenster hinaus und nickte bedächtig mit dem Kopfe. „Weißt du, mein Junge", sagte er schließlich in ruhigem, ernstem Ton, „eigentlich sollte diese Trompete ihren Platz nie mehr verlassen und auch nicht mehr geblasen werden, denn sie ist mir so lieb und wertvoll wie kein anderes Ding auf der Welt“.

 

Ich glaubte aus diesen Worten schon eine Ablehnung meiner Bitte herauszuhören und blickte niedergeschlagen und enttäuscht zu Boden. Der Großvater musste meine Gedanken wohl erraten haben, denn plötzlich fasste er mich bei den Schultern und sagte mit einem freundlichen Augenzwinkern: „Ich habe doch noch nicht nein gesagt. Doch warten wir erst einmal bis nach dem Abendessen. Dann will ich euch Kindern die ganze Geschichte mit der Trompete erzählen“.

 

So saßen wir denn nach dem Essen behaglich auf der Ofenbank. Die kleine Petroleumlampe erfüllte das Zimmer mit warmem Schein. Der Großvater klopfte bedächtig seine Pfeife aus, und dann begann er zu erzählen:

 

„Es war am Heiligen Abend des Jahres 1892. Wir Kinder lagen bereits in den Betten und konnten vor Freude über die vielen schönen Gaben noch nicht einschlafen. Die Turmuhr schlug schon elf, als die Mutter noch einmal ins Zimmer kam und uns zuflüsterte: „Nun schlaft schnell ein, wir gehen jetzt!“ Und zu mir gewandt, fügte sie hinzu: „Und du, Johannes, darfst im nächsten Jahr auch in die Mitternachtsmesse kommen, ja?“ Schnell zeichnete sie noch jedem ihrer vier Kinder ein Kreuzlein auf die Stirn, auch den beiden Kleinsten, die schon längst eingeschlafen waren. Dann wurde es bald still im ganzen Haus.

 

Ich weiß nicht mehr genau, was mich eigentlich davon abbrachte, nun wirklich gleich einzuschlafen. War es die überschwengliche Freude oder der von Pfefferkuchen und Naschereien übervolle Magen, was mich nicht zur Ruhe kommen ließ? Jedenfalls weiß ich noch, wie ich leise an das Bett meines Bruders Karl trat und ihn an den Schultern rüttelte. „Kommst du mit?“ fragte ich ihn. „Steh doch auf! Wir sehen uns noch einmal den Gabentisch an“. Im Nu sprang er aus dem Bett und schlich mit mir ins Wohnzimmer. Wir tasteten uns zum Tisch, auf dem die Zündhölzer lagen. Schnell waren einige Kerzen am Christbaum angesteckt.

 

Wieder ging die Märchenwelt der bunten Gaben vor unseren Augen auf: die Bausteine und Pferdewagen, Kasperlefiguren und Puppen. Und selbst am Weihnachtsbaum hingen schöne Sachen, Pfefferkuchen, Marzipankringel und Schokoladenherzen. Ganz hoch oben aber — das bemerke ich jetzt erst — hing eine kleine goldene Trompete. Ob die wohl auch aus Schokolade ist? fragte ich mich, oder gar eine richtige zum Schmettern? „Die muss ich mir mal genauer anschauen“, sagte ich zu meinem Bruder und wies auf die Trompete. Schnell stellte ich einen Stuhl darunter und kletterte hinauf. Ich reckte meine Arme aus, so hoch es ging, aber, o weh, es reichte nicht ganz. Um mein Vorhaben nicht aufgeben zu müssen, wagte ich einen kleinen Sprung, bekam auch die Trompete zu fassen, doch im nächsten Augenblick geschah das Unglück: ich verfehlte mit einem Bein den Stuhl, verlor das Gleichgewicht und riss im Sturz den Christbaum mit.

 

Mein Bruder schrie auf und rannte heulend ins Zimmer der Geschwister, die erschreckt, aus dem Schlaf auffuhren, jedoch erst später begriffen, was geschehen war. Mir selbst schien das Herz vor Schrecken auszusetzen, denn schon knisterten die Flammen in den Tannenzweigen. Doch dann zuckte es mir durch den Sinn: Rasch hinaus zum Brunnen und Wasser holen! Ich rannte zur Wohnungstür. Sie war verschlossen. So sehr ich auch in meiner Verzweiflung daran rütteln mochte, sie blieb zu. Als ich ins Wohnzimmer zurückkam, schlug mir schon eine dicke Qualmwolke entgegen. Die Flammen hatten bereits die Tischdecke erfasst. Die kleineren Geschwister standen zitternd vor Angst und laut jammernd auf der Türschwelle, sie schrien nach der Mutter.

 

Da stürzte ich in höchster Todesangst ans Fenster, riss es auf und wollte um Hilfe schreien. Aber meine Stimme versagte. Wie wenn ein Kloß mir in der Kehle steckte, stieß ich nur dumpfe stammelnde Laute hervor, die im Rauschen des nahen Mühlbaches untergingen. Doch in diesem Augenblick kam die Rettung. Erst jetzt bemerkte ich, dass meine Hand immer noch jenes Ding umklammert hielt, das uns zum Verhängnis geworden war: die Trompete. Sogleich beugte ich mich weit aus dem Fenster hinaus, hielt sie an den Mund und blies, so laut ich konnte. Es war ein langes, hell tönendes Signal. Dann setzte ich ab und lauschte. Nichts rührte sich draußen. Wie tot lag die Straße; die Häuser waren wie ausgestorben. Es hatte leicht zu schneien begonnen, und die weiße Schneedecke machte alles noch leerer. Waren denn nicht auch alle in der Christmesse, alle bis auf die Alten, die Kranken und die Kinder? Abermals blies ich in letzter Verzweiflung die Trompete. „Wenn die Menschen es schon nicht hören, so mögen doch die Engel im Himmel den Ruf vernehmen und zu Hilfe eilen!“ betete ich in meinem Herzen.

 

Da sah ich, wie im Nachbarhaus ein Zimmer hell wurde und wenig später der greise, aber noch recht rüstige Schuhmacher Bartsch am Fenster erschien. „Es brennt!“ rief ich hinüber.

 

„Wir können nicht hinaus! Helfen Sie uns!“

 

Was nun geschah, ist schnell erzählt. Während der Alte sich fertig machte, rannte sein Enkelsohn Georg zum Rathaus hin und läutete die Feuerglocke. Wenige Minuten später war die Wohnungstür mit einer Axt eingeschlagen, und der alte Nachbar lief über die brennenden Dielen in das qualmerfüllte Kinderzimmer, nahm den Jüngsten auf den Arm und stürzte mit uns hinaus ins Freie. Unterdessen kamen die ersten Kirchgänger heim, unter ihnen, wie von einer warnenden Stimme getrieben, meine Mutter. Sie schloss uns vier, die wir vor Angst und Kälte zitterten, schluchzend in ihre Arme und brachte uns rasch zu den Nachbarsleuten ins Warme.

 

Bald darauf kam der Löschtrupp vom Spritzenhaus angerückt und versuchte zu retten, was noch zu retten war. Mein Vater bediente selbst die Spritze, während meine Mutter sich alles von mir erzählen ließ“.

 

„Konnte der Brand denn gelöscht werden?" fragten wir sie aus einem Munde.

 

„Nein, im Wohnzimmer nicht mehr, das brannte völlig aus; doch konnte man ein Übergreifen auf die anderen Räume verhindern“.

 

„Und die Trompete? Wo war denn die?" wollte ich wissen.

 

„Die war auf dem Fensterbrett liegengeblieben, muss aber dann bei den Löscharbeiten nach draußen heruntergefallen sein, denn einen Tag später fand ich sie zwischen verkohlten Balken und dem Gerippe des Weihnachtsbaumes Sie hatte nur wenige Kratzer und Beulen abbekommen. Seitdem also habe ich sie aufbewahrt; nicht wie ein Spielzeug, das man dann und wann wieder zur Hand nimmt und fröhliche Dinge damit treibt, sondern eher wie ein Ehrfurcht gebietendes Andenken, das uns still und ernst und nachdenklich macht“.

 

Mit diesen Worten erhob sich der Großvater, ging ins Wohnzimmer an die Vitrine und holte die Trompete, die wir nun alle wie einen geweihten Gegenstand betrachteten und ehrfürchtig bestaunten, als wäre sie eine himmlische Posaune.

 

„Die also hat meinen Geschwistern und mir das Leben gerettet", fuhr der Großvater schließlich fort, „und wenn man es genau nimmt, auch euch allen, die ihr nach mir kamt“.

 

Und nach einer kleinen Weile wandte er sich an mich, schaute mich freundlich an und sagte: „So, mein Junge, und nun nimm sie getrost für euer Spiel und mache deine Sache gut als Herold des Kaisers Augustus!"

 

Seite 15   Weihnachten hilft der liebe Gott auch dem Pfarrer. Von Hedy Groß

Der 23. Dezember traf in diesem Jahr auf einen Sonntag, aber darauf konnte das Weihnachtsfest natürlich keine Rücksicht nehmen, die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Zu schön war es an diesem Tage in den Küchen, wenn man ein Junge war mit einem Magen ohne Boden. Hier mal in die Mandeln gefasst, da eine Handvoll Honigkuchen und mal heimlich ein Marzipan vom Brett oder den Mund voll von dem süßen Mohnteig. Aber wenn man dann vielleicht gerade ertappt wurde, wie man, nur so ganz aus Spaß, ‚ne Rosine von den Fladen picken wollte, die auf der langen Ofenbank zum Aufgehen aufgestellt waren, da konnten die Frauen denn ja ordentlich fruchtig werden, und ehe sie einen dann vielleicht aus Schikane zum Mohnreiben oder sowas anstellten, dann lieber Pudelmütze über die Ohren, Fausthandschuh an, und nichts wie raus.

 

Und draußen war es ja auch schon richtig Weihnachten, der langersehnte Schnee war endlich da, der Berg zum See herunter von Pferdeschlitten schon festgefahren, und vor allem, der See war fest zugefroren. Ja, aber kein Mensch hatte bei dem Matschwetter vorher an die Rodelschlitten gedacht, sie waren nicht fertig. Rodelschlitten, das hieß bei uns: man nehme Bretter und Nägel und trage sie zu Meister Kreiz, der sägt sie, wenn er Laune hat, riez – raz durch. Zwei vorn abgeschrägte als Kufen, zwei weitere quer darübergenagelt zum Draufsitzen, und um das vorderste die Schnur zum Hochziehen zu binden. Und weiter hieß es, man nehme alle Überredungskunst zusammen und gehe zum Meister Paul in die Schmiede, und wenn der Laune hat, beschlägt er die Kufen mit Eisen, dann halten sie länger.

 

Aber lange vorher macht man sowas nicht. Wozu? Und wenn gar kein Winter gekommen wäre? Und nun stand man da, Sonntag, der Tischler arbeitete nicht, und wenn, dann doch höchstens an den Tannenbaumkreuzen. Morgen aber konnte der See schon meterhoch verschneit sein oder bei Tauwetter unter Wasser stehen. Ein Weilchen machte das Herunterrutschen auf einem Brett oder auf dem Hosenboden ja Spaß, aber auf die Dauer, das war doch kein richtiges Schlittchenfahren.

 

Da muss einen von der Bande mal wieder der Hafer gespickt haben. Wen, das war später nicht mehr festzustellen. „Pfarrers Schlitten steht schon unten im Durchgang zum Konfirmandensaal“. Einer der Konfirmanden muss es gewesen sein, der dies verkündete, denn nur sie hatten da etwas zu suchen. Und diese Botschaft ließ ihnen nun keine Ruhe mehr, bis sie sich hineinschlichen und den Schlitten herausholten. Und dann klammheimlich damit hinter den Scheunen über die Wiesen, bis sie ihn am See hatten.

 

Dolles Ding, elegant nannte man sowas, jedenfalls prangte er wie ein Papagei inmitten des vielen Weiß, und es war wirklich auch noch 'ne richtige goldene Krone draufgemalt. Ach was, sie würden ihn schon pfleglich behandeln, und sie fassten ihn ja auch tatsächlich nur mit Handschuhen an, wenn diese auch aus dicker, rauer Schafwolle waren, aber raufsetzen mussten sie sich ja schließlich, sonst hätte das Ganze doch gar keinen Sinn. Nur leider, es wurden ihrer immer mehr, am liebsten wollten sie alle zugleich mit, und da das dem großen Schlitten gar nichts zu schaden schien, klebten schließlich wohl ein Dutzend Jungen um und auf dem Schlitten.

 

Das war vielleicht ein Schlittchenfahren! Wunderbar war der Schlitten! „Gekauft ist gekauft", da kamen die selbstgemachten nicht mit. Es ging die Böschung herunter, die hier schon eine kleine Steilküste war und dann im Schwung wohl einen halben Kilometer über den See. Aber dann waren einmal doch wohl zu viele drauf, der Steuermann hatte nur noch Arme und Köpfe vor seinen Augen, und in sausender Fahrt prallte die ganze bunte Eleganz samt Grafenkrone und Ladung gegen einen der großen Steine, die am Ufer lagen. Nach einem hellen Aufkrachen gab es nur noch herumgeschleuderte Jungen mit verbeulten Stirnen und verknackten Armen und Beinen.

 

Aber wer kümmerte sich in diesem Augenblick um seine abgeschürfte Haut, der Ernst des Lebens war wieder da, er starrte sie an, rot, grün und golden, aber das Ganze war nicht mehr zusammenzukriegen, es lag in kleinen Brettchen verstreut auf dem See zwischen verbogenen Griffen und Lehnen aus Bronze. Aus, vorbei!

 

Was tun? Konfirmanden waren sie, und morgen war Heiligabend, und im Kinderchor sollten sie singen. „Verwahren, nichts sagen, schnell nach Hause laufen!" Doch die Besonneneren meinten: „Kommt sowieso raus, einer vom Dorf hat uns sicher gesehen“. Doch da kommt der Hanzche, der Schlauberger, und piepst ganz dreibastig: „Nu, werden wir ja denn sehen, wie das is, ob Auge um Auge oder linke Backe, wo der Herr Pfarrer immer von predigt“. Und alle durcheinander fangen an zu schreien: „Ach, du Damlak, Hanzche, bist vielleicht Pfarrers Feind. Kinfirmand bist, nicht einsegnen wird er dich, denn wirst haben auch Zahn um Zahn, na sowas Damliges“. Und der fängt bald an zu weinen: „Na, nich einsegnen muss er mich doch, wir haben doch schon die Patentante aus Berlin eingeladen, und Bier und Schnaps haben wir schon bestellt, mein Vater macht immer alles auf lange Sicht, mich muss er einsegnen“.

 

„Na Jungens, hilft ja nuscht, morgen is Heiligabend, denn is noch schlimmer, ausfressen müssen wir nu doch, kommt, wir gehen und sagen alles“.

 

„Ach, mein je, mein je, wenn es nur Lehrers Schlitten wär. Dresch hätten wir gekricht, das war was, aber nu Pfarrers, und wo er sie doch sicher wieder Weihnachten aufem Eis rumfahren wollte, umsonst haben sie ihn nich runtergeholt. Und was haben wir alles berissen in letzter Zeit. Na, kommt, kommt, schnell“.

 

Aber der schwer gefasste Entschluss schwankt beträchtlich, als Pfarrers Ottilie sie an der Tür glatt abweist: „Was, heute zum Herrn Pfarrer, der schreibt die Predigt, da könnt ja jeder kommen, wenn ihm was einfällt, marsch, packt euch, lernt lieber die Lieder, dass ihr morgen in der Kirche nicht stecken bleibt“.

 

Die Tür will zufliegen, da ruft einer von hinten: „Aber Frau Pfarrers Schlitten ging uns doch kaputt“.

 

Die Tür fliegt wieder auf, Ottilie stellt sich in Positur, die weiße Schürze wölbt sich, die schwarzen Haare sträuben sich: „Was sagt ihr da, Frau Pfarrers schönen Schlitten habt ihr zerbrochen! Ihr bringt unsern lieben Herrn Pfarrer ins Grab, graue Haare hat er schon euretwegen gekricht“. Diese Worte flüstert sie mt ersterbender Stimme, umso unheimlicher wirkt dies auf die Jungen. Sie ist drauf und dran, tragisch weihevoll fortzufahren, aber ihre Natur lässt sie im Stich, und schon fängt sie an furchtbar zu zetern“ „Ach, ihr Lorbasse erster Klasse, keiner von euch wird dies Jahr eingesegnet, ein Jahrche zugeben heißt das, ihr Luntrusse erbärmliche, dalei, rein in den Saal mit euch, ich wird es ihm sagen, besser heut als morgen. Und dass ihr mir die Koschels gut saubermacht, Bande“.

 

Das ist nun Weihnachten, zu Hause sind bestimmt die Kuchen schon fertig, und es ist warm und hell, und hier warten sie und zittern und der Pfarrer kommt und kommt nicht. Als er dann endlich mit der Lampe in der Hand eintritt, sind sie so vereist und verstummt, dass sie weder den Mund auf, noch den Kopf hochkriegen. Aber nach und nach erfährt er ja denn doch alles, was er sowieso schon weiß, und er redet ernst mit ihnen, nun wie so Pfarrer reden, von Gottes Geboten, von Lüge und Feigheit, aber doch in einer Art, dass sie schnell die Sprache wiederfinden und ihm vorschlagen, sie könnten ja die Teile zu Meister Kreiz hinbringen, Geld wollten sie zusammensparen und nach Weihnachten wollten sie den Schlitten heil der Frau Pfarrer zurückbringen.

 

Aber da wird der Pfarrer doch ganz lebhaft und gütig, so gütig, dass dem Hanzche einfach die „Spucke wegbleibt" und er sich furchtbar schämt wegen seines Lästerns von vorher. Ja, da sagt doch dieser Pfarrer:

 

„Na, Jungens, das lasst man bleiben, den Schlitten will ich nicht mehr sehen, ich will es verzeihen und vergessen. Es soll mein Weihnachtsgeschenk an euch sein. Nur darf jetzt bis zur Einsegnung wirklich nichts mehr vorkommen“.

 

Und draußen sagen die Jungens: „Mit dem Mund, da hat er ja denn traurig geredet, aber mit den Augen, da hat er rein wie gelacht, na, nicht?“

 

Und im Herzen hat er noch mehr gelacht. Als er am Morgen dies noble bunte Ding mit seiner Grafenkrone in dem kalten schmucklosen Flur stehen sah, hatte es ihm richtig wieder einen Schock versetzt. Er sah sich schon wieder damit über den See ziehen, umgeben von der ganzen Dorfjugend auf ihren rostigen Schlittschuhen, vor, neben, hinter ihm dahergaffend. Lächerlich kam er sich vor, nein, das ging doch einfach nicht, dass er hier weiter den Schlittenkavalier spielte wie einst als Student auf dem Schlossteich. Ja, damals war es eine große Gunst gewesen, diesen Schlitten schieben zu dürfen, deshalb hatte er es ihr auch jetzt wohl nicht abschlagen können. Aber das ging doch nicht, auf Ansehen und Würde halten, hieß es hier für ihn als Pfarrer, sich den festgefügten Sitten und Bräuchen anpassen. Aber wie es ihr jetzt sagen, sie würde ja unglücklich sein, sie hatte hier so wenig Abwechslung. Der Stein auf seinem Herzen war wieder da, wie froh war er noch vorher gewesen, ach, ein größerer Feigling als die Jungen war er doch.

 

Aber heute sollte er es mal gut haben, das Sagen hatte ihm schon Ottilie abgenommen, das hätte er sich eigentlich denken können. Und beim Kaffeetrinken, zu dem seine Frau nur schnell vom Kuchenbacken aus der Küche hereinflitzte, sagte sie ganz nebenbei und lachte sogar: „Hast wieder schön gewütet gegen die Jungen, ja? Mein armer Schlitten, dass der noch mal so viel Kummer verursachen würde, wo er doch nur zur Freude geschaffen war! Aber sag, was sollen die Jungen in diesem elenden Nest schließlich anstellen, Äpfel können sie im Winter nicht mausen gehen, na, und überhaupt, den Schlitten wollten sie doch sogar wiederbringen. Und wir wollten doch eigentlich einen richtigen Bauernschlitten kaufen und Pferde, nehmen wir es als Wink, es schon in diesem Jahr zu tun. Warst sehr schlimm mit ihnen? Wie das Jüngste Gericht? Na, ich hab ja alles mitangehört damals, als sie die Stühle zerbrachen. Zwei Stunden haben sie auf dich gewartet, ehe ich sie nach Hause schickte, ich finde, da waren zwei Stühle noch wenig bei so viel Jungen“.

 

Der Pfarrer begriff erst langsam, dass sozusagen alles erledigt war, aber nach dem Kaffee machte er seine liebenswürdigste Weihnachtspredigt. Und als die Leute am Heiligabend die Kirche verließen, nickten sie einander zu: „Ja, ja, unser junger Herr Pfarrer, der spricht einem so richtig aus dem Herzen. Dabei soll er mit den großen Jungens solchen Ärger gehabt haben, die Ottilie hat doch erzählt, sie haben der Frau Pfarrer den schönen Schlitten zerbrochen, soll wohl auch noch ein altes Erbstück aus ihrer gräflichen Familie gewesen sein. Na, denn war er am End auch schon wacklig. Alles hat seine Zeit“.

 

Seite 16   Ostpreußische Späßchen

Muttchen auf Reisen

Mein Vater, schon als junger Bursche kräftig entwickelt und sehr beweglich, meldete sich mit achtzehn Jahren auf den Rat meines Schwagers freiwillig zum Militär und verbrachte seine Ausbildungszeit beim III. Bataillon eines Grenadier-Regiments, das damals — 1886 — in einem Vorort unserer Provinzialhauptstadt lag. Da der junge Rekrut im ersten Dienstjahr noch keinen Urlaub bekam, die Mutter aber ihren Sohn gerne sehen wollte, beschloss sie, ihn in der Garnison zu besuchen. In Begleitung ihrer Tochter, die sich im Jahr vorher in ein größeres Nachbardorf verheiratet hatte, reiste Oma zunächst mit dem Fuhrwerk zur Kleinbahnstation und von da ab mit der Eisenbahn, vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben. Denn zur Garnisonstadt verkehrte von ihrer Gegend aus immerhin schon eine Kleinbahn, aber eben auch nur die alles andere als Zeit sparende Kleinbahn. Die lange Fahrt — sie dauerte über drei Stunden — wurde der Großmutter allmählich langweilig und einmal über das andere fragte sie die Tochter: „Sönn wi nu boold doa?", oder: „Sönn wi ömmer noch nich doa?" Die Tochter musste, in sich hineinlächelnd, andauernd verneinen. Nach einer längeren Weile wurde dieselbe Frage wiederholt, und als die Antwort ein erneutes Nein war, sagte Großmutter bekümmert: „Min Dochter, nu heww eck all dat ganze Leed „Befiehl du deine Wege …“ (das bekanntlich zwölf Strophen hat) öm Stöllen jebäd't on denn dat ganze Leed „Sei Lob und Ehr' dem höchsten Gut" (mit neun Strophen), on denn noch dat ganze Leed „Wie soll ich doch empfangen?" (auch mit neun Strophen), on nu sönn wi ömmer noch nich doa? Koame wi denn äwerhaupt noch henn hiede?" — O du liebe, biedere, längst entschwundene Einfalt des Herzens! R. K.

 

Rat zur Güte

Wenn schon meinem Großvater ein hohes Lebensalter beschieden war, so brachte es doch dessen Bruder noch auf mehr Lebensjahre. Als er 1934 von dieser Erde schied, da war er 91 Jahre und drei Monate geworden. Alle Bewohner seines Dorfes schätzten den intelligenten Mann und so war er viele Jahre Gemeindevorsteher, und das Amt des Standesbeamten versah er bis zu seinem Tode.

 

Obwohl der alte Herr bis zuletzt geistig sehr rege war, konnte er begreiflicherweise dem technischen Fortschritt nicht mehr ganz folgen. Etwa um die Zeit seines neunzigsten Geburtstages hatten sich seine Enkel einen neuen, schönen Rundfunkapparat zugelegt, und sie ließen ihn nun von morgens bis abends „laufen". Das wurde dem Alten bald zu viel, und da er sich die Arbeit an einem Rundfunksender nicht vorstellen konnte, so dachte er sich die Sache etwa so, dass, sobald man in seinem Haus den Kasten „anknipste", in Königsberg die Musiker, Sänger oder Sprecher sofort loslegen mussten. Dieses Abstrapazieren und Auftreten müssen rief bei dem alten Herrn großes Mitgefühl hervor. Und als man wieder einmal um die Mittagszeit anschaltete, da rief er: „Nu göff oawer Ruh! Loat de oarme Lied doch ok moal Meddag moake!" R.K.

 

Wer die Wahl hat

Als nach dem Ersten Weltkriege bei uns im Dorf gewählt wurde, erschien vor dem hohen Wahlvorstand ein biederes Ehepaar, das im herzlichsten Einvernehmen lebte. Mann und Frau erhielten ihre Stimmzettel und wollten darauf gemeinsam, wie sie auch gekommen waren, hinter einem Wahlschirm verschwinden. Der Wahlvorsteher musste den beiden eröffnen, dass man eine Wahlzelle nicht gleichzeitig benutzen dürfe, weil das eine Verletzung des Wahlgeheimnisses bedeuten könne. Der Wahlvorstand dürfe so etwas nicht zulassen.

 

Fuchsteufelswild rauschte zunächst die Frau hinter den schützenden Schirm. Grollend und mit hochrotem Kopf wartete der Ehemann. Man merkte es ihm an, wie der Ärger in ihm rumorte.

 

Als nun die Frau aus der Zelle herauskam, eilte der Mann auf den Wahlschirm zu. Bevor er aber dahinter verschwand, machte er seinem Herzen Luft mit den triumphierend hervorgestoßenen Worten: „Un öck wähl doch, wat mine Frau geseggt hätt“. R. L.

 

„Kodder" — französisch

Der Schauplatz dieses heiteren Erlebnisses war ein großes Gut in der Nähe von Pr.-Eylau. In den letzten Jahren des Krieges arbeiteten dort vier französische Kriegsgefangene. Sie waren alle mit Fleiß und nicht ohne Freude bei der Arbeit und kamen alltags mit bestaubten, erhitzten Gesichtern vom Feld. Sonntags zogen sie blank gebürstet auf die Koppeln und kehrten mit Körben voll der köstlichsten Champignons zurück. Mit einem dieser Franzosen, der etwas Deutsch verstand und sprach, kam ich hin und wieder ins Gespräch.

 

Er hatte Kinder zu Hause, die er sehr liebte, und diese Sympathie für die Kleinen drückte sich deutlich in der Behutsamkeit aus, mit der er ein kleines Stadtmädchen auf den Pferderücken hob, um ihm die Freude des Reitens zu machen. Eines Tages kam Alphons und fragte das Stubenmädchen nach einem „Kodder". Er sagte wahrhaftig klar und deutlich Kodder. (Er brauchte also ein altes Tuch, und er hatte schon gelernt, wie man solch einen Fetzen auf gut ostpreußisch bezeichnet). Ich lachte hell heraus: „Sie sprechen aber schon perfekt deutsch, Alphons. Bitte sagen Sie mir, wie heißt Kodder auf Französisch?" Er brauchte gar nicht zu überlegen und antwortete sogleich: „Oh, Chiffon“. Augen und Mund sperrte ich auf. Das war doch gar nicht möglich. „Chiffon", dieses zarte, bezaubernde Gewebe, in das wir Frauen uns hüllen, um zum Ball zu gehen! Nein, das konnte nicht stimmen. Und ich sagte: „Aber Alphons, Chiffon ist doch so à la crèpe de chine, so schön, so …“ Da wurde der sonst so ruhige Alphons ganz zapplig vor Abwehr: „Oh non, non! Chiffon — (er machte ein Essiggesicht), Chiffon oh nix crèpe de chine ...“ Er sah sich suchend um und entdeckte hinter sich den schon ein wenig in die Mauser geratenen Bademantel der Hausdame, der an der Schlafzimmertür hing, fasste ihn, zog ihn mir vor die Nase und sprudelte: „C'est ca Chiffon ... das ist Kodder …“ Ich blieb ganz ernst, obwohl es mir schwer fiel, das Lachen zu unterdrücken. „Aha, das ist ein Kodder — Chiffon also —. Man lernt doch nie aus", staunte ich. Er nickte mir gutmütig zu und lächelte.

 

Die Besitzerin des Bademantels hat nie erfahren, dass ihr in ihren Augen immer noch hübscher Bademantel in Alphons Augen ein Kodder, ein alter Lumpen, war; ich aber war sehr stolz, dass ich nun wusste, wie man sagen muss, wenn man in Frankreich einen „Kodder" haben möchte. E. K.

 

Windbeutel

Als meine Mutter einmal wieder für allerlei Freundinnen einen Damenkaffee gab, wurden auch Windbeutel aufgetischt. Ein altes Mütterchen, das den Namen wohl noch nicht gekannt hatte, wies mit dem Finger auf den Teller und sagte: „Göfft mi doch ok moal so'n Singbiedel!" Fortan hießen bei uns die Windbeutel immer nur noch „Singbiedel". C. K.

 

Auch eine Lösung

Es ist nicht immer leicht, sechsjährigen Knirpsen die Kunst des Rechnens beizubringen. Das stellte auch mein erster Lehrer fest, der sich redlich darum bemühte, den Unterricht anschaulich zu gestalten.

 

Eines Tages stellte er meinen Banknachbarn folgende Frage: „Du Fritz, wieviel Kinder seid ihr daheim?" „Sechs", kam es prompt zurück. „Dazu kommen Vater und Mutter, da seid ihr im Ganzen wieviel Personen?" Fritzchen ließ sich von mir vorflüstern, dass sie bestimmt acht wären, und übermittelte diese neue Weisheit unverzüglich dem Herrn Lehrer. Dieser meinte nun: „Wenn deine Mutter zum Mittagessen neun Spirkel macht und jeder von euch einen bekommt, wieviel bleiben dann übrig?" Erwartungsvolle Stille herrschte. Dann sagte Fritz voller Überzeugung: „Keener blöwt öwrig, de Sperjel frett alle de Voader opp!" M.H.

 

Schwer enttäuscht

Im Kirchspiel A. im Kreise Heilsberg war einst wieder einmal eine große Bauernhochzeit, von der sich der etwas einsame Franz viel Vergnügen erhofft hatte. Gegen Ende des Festes fand ihn ein anderer Gast ziemlich bedripst auf seinem Stuhl und fragte teilnehmend: „Mensch, Franz, was is denn mit dir los?" Hierauf Franz ganz traurig: „Ach Mensch, fier drei Mark Rosen, fier finf Dittchen Grienes, un nich mal einen Kuss!"

 

Seite 16   Wie ein Flurschaden geregelt wurde

Zwischen der Nordgrenze der Stadt Labiau und dem Dorfe Groß-Reikeninken lag das kleine Gut Radtkenhöfen, bis nach der Jahrhundertwende kommunalrechtlich selbständig und seit etwa 1908 Eigentum der Stadt, die es später dann mit ihrem Gebiet vereinigte. Vor diesem Eigentumsübergang befand sich das Gut mehrere Jahre im Besitz eines Mannes, der allgemein unter dem Beinamen „Burengeneral" bekannt war. Die älteren Labiauer, denen diese Zeilen zu Gesicht kommen, werden sich seiner noch gut erinnern können. Zu dem Beinamen Burengeneral war er, ein Junggeselle und ausgeprägtes Original, dadurch gekommen, dass er in dem englischen Eroberungskriege gegen die südafrikanischen Burenrepubliken auf Seiten der Buren gefochten hatte. Das Schicksal ließ ihn als Gefangenen in die Hände der Engländer fallen, die ihn in ein Konzentrationslager brachten. Unser Freund brach aus, schlug sich zu den Buren durch und focht in ihren Reihen weiter. Zum zweiten Male wurde er gefangen und in ein Konzentrationslager gebracht. Dieses Mal aber erhielt er an einer bestimmten Körperstelle ein Brandmal, zugleich wurde ihm eröffnet, dass, wenn er erneut ausbrechen und die Waffen gegen England erheben sollte, sein Leben verwirkt sei. Entweichen und zu den Buren gelangen hätte er wohl können. Da er aber bei etwaiger neuer Gefangennahme nicht durch Genickschuss enden wollte, so beantragt er seine Entlassung und Heimbeförderung nach Deutschland. Wider Erwarten wurde dem schnell entsprochen. In der Heimat suchte er einen landwirtschaftlichen Betrieb und übernahm das Gut Radtkenhöfen.

 

Grenznachbar dieses neuen Gutsbesitzers war ein älterer wohlsituierter Besitzer in Groß-Reikeninken, ebenfalls Junggeselle, der unter dem Beinamen „Schöner Ede" allgemein bekannt war. Von seinem Besitz, den er vom Vater übernommen hatte, kam er immer recht gepflegt daher zur nahen Stadt, das graumelierte volle Haar leicht gewellt und sauber gebürstet, würdig seiner würdevollen Schwester, die den Hausstand führte, würdig der Brüder in hohen Stellungen und Besitz.

 

Eines Tages erhielt der Burengeneral von diesem seinem Nachbarn eine Flurschadenrechnung, weil seine Schafe wiederholt den Kleeschlag heimgesucht hatten. Die Rechnung blieb unbeantwortet. Bald folgte eine zweite Rechnung, da den Schafen die Weide im nachbarlichen Kleefeld gefiel. Auch die zweite Rechnung blieb unbeantwortet. Kurz darauf stand an einem herrlichen Sommermorgen der Burengeneral an seiner Hofeinfahrt an der Chaussee Labiau—Labagienen und sah seinen Nachbarn sauber und gepflegt daherkommen zur Stadt. Ausgesucht liebenswürdig ging er dem bejahrten Herrn entgegen, begrüßte ihn, dachte an die Rechnungen und lud den Nachbarn ein, bei ihm einkehren zu wollen, und er hatte Erfolg. Bald prangte auf dem Tisch ein leckeres, duftendes Frühstück, und dazu wurden ein paar Flaschen Wein leer, schnell, eigentlich zu schnell, was aber bei Freund Burengeneral nicht weiter verwunderlich war, da er täglich ein gehöriges Quantum aller möglichen alkoholischen Getränke zu sich nahm. Auf einmal zündete der Gastgeber die große Petroleum-Hängelampe an, schloss die Fensterläden und brachte aus der Ecke des großen Raumes eine Flasche Sekt auf den Tisch. Dann griff er nach einer an der Wand hängenden Pistole, die sich zwischen mancherlei Jagdgewehren, Jagdtaschen, Feldstechern und Stöcken befand, und schoss mit unheimlicher Sicherheit der Sektflasche den Kopf ab. Schnell waren die Gläser gefüllt, und voll Angst vor solchen schießwütigem Gastgeber trank der Schöne Ede, trank, auch als die nächste Flasche in gleicher Weise erledigt war, trank und schwitzte und — wollte dann hinaus. Die Fensterläden öffneten sich schließlich, die Lampe wurde gelöscht, und mit teuflischer Liebenswürdigkeit geleitete der Burengeneral seinen schwankenden Gast, nun nicht mehr sauber, zur Straße. Seine Richtung war nun nicht mehr die Stadt, sondern das nahe Heim.

 

Es war in Zukunft keine Rede mehr vom Flurschaden ... F. R.

 

Seite 17   „Wir jungen Ostpreußen“. Was will diese Beilage sagen?

Diese Folge enthält zum ersten Mal eine Beilage für unsere Jugend. Jeder ostpreußische Jugendliche soll, wenn er etwas erstaunt zum ersten Mal diese zwei Seiten entdeckt, sich hinsetzen und lesen, und er soll dabei wissen: das hier ist unsere Seite, auf der wir zu Worte kommen! Und nun sollte er nicht untätig warten, bis vier Wochen später die nächste Jugendbeilage erscheint, er sollte sich auch selber mal Gedanken machen, was in diese zwei Seiten hineingehört. Denn hier soll der Jugend nicht ständig nur etwas Fertiges vorgesetzt werden, — sie soll selbst mitarbeiten: Vorschläge machen, berichten, fragen, erzählen, Kritik üben, Wünsche äußern. Dann erst wird dies eine wirkliche Stimme der Jugend werden.

 

Viele junge Ostpreußen sind noch in der Heimat im Osten aufgewachsen und großgeworden. Vieles ist noch dort verwurzelt, sie wissen noch, wie schön die Heimat war. Ihre Erinnerungen sind wie starke Ketten, die ihr Leben in den rechten Bahnen weiterlenken. Die Jüngeren wiederum wissen von der Heimat nichts weiter als das, was die Eltern erzählen. Ihnen ist alles wie ein ferner Traum, wie eine verlorene Kinderzeit. Aber beide, die Älteren wie die Jüngeren sind hineingestellt in eine Gegenwart, die tausendfältige Anforderungen an sie stellt. Darum soll auf diesen beiden Seiten nicht nur die Vergangenheit zu Worte kommen. Wir wollen nichts von dem vergessen, was war; die Erinnerung wachhalten und sie weitergeben gehört mit zu den schönsten Aufgaben der Jugend. Aber wir wollen auch den Blick dafür offen halten, wie die ostpreußische Jugend heute lebt, zu Hause und im Beruf, in der Freizeit und im harten Lebenskampf, im Westen und im Osten.

 

Die jungen Ostpreußen — sie sind für viele der älteren Generation die Hoffnung auf die Zukunft, die sie selbst nicht mehr erleben werden. Wie sind diese jungen Menschen? So fragen sie. Wie sehen sie aus? Was tun sie? Was denken sie? Was wollen sie?

Ob diese beiden Seiten im Laufe der Zeit zu einer Antwort darauf werden können?

 

Seite 17   Keine Außenseiter mehr. Wie unsere jugendlichen „Spätheimkehrer" den Weg in ein neues Leben finden. In Espelkamp wird der Anfang leichtgemacht

Es gab einmal eine Zeit, da ging das Raunen um in den kleinen abgelegenen Dörfern um das westfälische Städtchen Lübbecke. Fremde Gesichter tauchten auf, unbekannte Gestalten begannen in den ausgedehnten Waldgebieten ein geheimnisvolles Tun zwischen den hochstämmigen Kiefern zu entfalten. Es wurde gebaut Stacheldrahte wurden gezogen, Posten aufgestellt. Das war im Jahre 1938. Jeder wusste es, aber niemand durfte darüber reden: im Walde war eine Munitionsanstalt!

 

Als 1945 die Engländer das Land besetzten, war das Todesurteil über das Waldgelände bei Espelkamp bereits gesprochen: dem Erdboden gleichmachen! Während die Sprengwolken aus dem Kiefernwald hochstiegen, und während man sich bemühte, keinen Stein auf dem anderen zu lassen, saß in England ein schwedischer Pastor mit deutschen Kriegsgefangenen zusammen und hörte immer wieder: „Wir sind aus dem Osten, — wo sollen wir hin, wenn wir nach Deutschland zurückkommen?"

 

Muss das sein, sagte er sich, dass es hier Menschen gibt, die keine Bleibe haben, und dort werden Häuser sinnlos abgerissen? Er kam nach Deutschland und lief von einer alliierten Behörde zur anderen. Er bat und bettelte für seine Kriegsgefangenen um das Lager Espelkamp, aber es dauerte zwei Jahre, bis die Erlaubnis da war. Dann wurde der Evangelischen Landeskirche das Gelände zur Verfügung gestellt. Und die Aufbauarbeit begann unter Mithilfe des Landes Nordrhein-Westfalen buchstäblich aus dem Nichts.

 

Eine Stadt entstand

Steigt man heute aus dem roten Schienenbus, der aus Richtung Herford kommt und nähert sich dem Wald, so glaubt man seinen Augen nicht zu trauen. An der Straße stehen helle, schmücke Bauten, moderne Schulen mit viel Glas und lichten Räumen, Wohnhäuser und große Geschäfte. Eine Stadt mit achttausend Einwohnern ist hier entstanden, die vor zehn Jahren noch auf keiner Landkarte zu finden war. Aus den Munitionshallen wurden Fabriken, die vielen Menschen Arbeit und Brot geben. Siedlungsgemeinschaften begannen Häuser zu bauen mitten im Grün des Waldes. Über sechzig Prozent der Stadtbewohner sind Heimatvertriebene aus dem Osten, Schlesier, Ostpreußen, Baltendeutsche, Pommern. Ganz jung ist diese Gemeinschaft und im Wachsen begriffen, aber sie ist lebenskräftig und tüchtig. Die Jugend leistet einen entscheidenden Anteil an der Aufbauarbeit. Die Verbände der Stadt haben sich zu einem Jugendparlament zusammengeschlossen und beraten ihre Angelegenheiten gemeinsam. Zwischen den hohen Kiefern stehen Kräne und Bagger, neue Häuser wachsen empor und bieten weitere Lebensmöglichkeiten für Heimatlose und Entwurzelte.

 

Zwischen zwei Kiefernstämmen im Freien aufgehängt schwingt die große Glocke und lässt ihre metallene Stimme durch den sonntäglichen Frieden der Waldstadt erschaffen. An ihr vorbei geht der Weg zum Steilhof. Um einen großen Sportplatz liegen im weiten Halbrund die meist einstöckigen Gebäude. Gruppen von Jungen fahren auf Rädern um den Platz, ein paar Mädchen kommen hinzu, und bald gibt es ein lustiges Wettrennen. Auf der anderen Seite des Platzes sitzen vier oder fünf Jungen auf einem Mäuerchen und reden sich die Köpfe heiß. Es geht ums Fußballspielen. Ein junges Mädel im roten Kleid läuft den Weg entlang zum Briefkasten, und von dem hellen, zweistöckigen Gebäude am Waldrand schallt ein fröhliches Kinderlied herüber. Alles scheint sonntäglich, gelöst und heiter. Ein Erholungsheim, könnte man denken, ein Ferienaufenthalt oder so etwas?

 

„Oh nein", sagt Schwester Margarete, die freundliche Diakonissin, die die Leitung innehat, „oh nein, bei uns wird eifrig gelernt!" Ihr Blick umfasst mit warmer Liebe eine Gruppe von Kindern, die draußen herumtoben. „Was sie zuerst lernen, unsere Kinder? Das Lachen, das sie noch nie gekannt haben, und das Vertrauen!"

 

Anderen Kindern ist Lachen eine Selbstverständlichkeit, aber diese hier, diese dreihundert Kinder und Jugendliche, die die Förderschule im Steilhof besuchen, wussten viele Jahre lang nicht, was Freude bedeutet. Die ersten von ihnen kamen 1948 aus dem Lager Potulice bei Bromberg. Sie hatten hinter Stacheldraht gelebt und hatten in alle Abgründe des menschlichen Charakters sehen müssen. Sie lachten nicht. Sie weinten auch nicht. Sie waren stumpf für alles. Wenn es Essen gab, duckten sie sich draußen hinter einen Busch und schlangen es wie die Tiere hinunter, erzählt Schwester Margarete. Kam keiner, der es ihnen wegnahm? War nicht jeder ihrer Schritte beobachtet? Langsam, ganz langsam erst spürten sie, dass man ihnen mit Liebe entgegenkam, dass sie vertrauen durften. Heute haben manche ihre Angehörigen wiedergefunden, andere sind in Pflegefamilien untergebracht. Sie können wieder froh sein, der Stacheldraht, der ihr Leben umgab, ist zerbrochen.

 

An ihrer Stelle kamen neue Jungen und Mädchen in den Steilhof. Sie kommen heute noch, immer mehr, so dass die einstöckigen Häuser voll belegt sind.

 

„Lieber etwas mehr zusammenrücken, als nein sagen müssen", meint Schwester Margarete, „für diese Kinder und Jugendlichen kann jede Absage, jedes Aufschieben einen Verlust von Jahren bedeuten!“

 

Sie lernen wieder ihre Muttersprache

Die Förderschule des Steilhofes ist eine Einrichtung der Inneren Mission und in ihrer Größe wohl einmalig in der Bundesrepublik. Sie nimmt Jugendliche auf im Alter von zehn bis etwa fünfundzwanzig Jahren, die jetzt erst aus Ostpreußen, Litauen, Polen, Jugoslawien kommen. Hier sitzen sie nun nebeneinander auf der Schulbank, die Zwanzigjährigen neben den Kleinen, und lernen zum zweiten Mal ihre Muttersprache. Sie können zum Teil noch Deutsch sprechen, aber das Schreiben können sie nicht. Hier in der Gemeinschaft von Schicksalsgefährten wachsen sie in den neuen Lebenskreis hinein, lernen sie wieder, sich frei und sicher zu bewegen.

 

Das erste Ziel ist ein guter Volksschulabschluss für alle. Ohne diesen Förderunterricht — die Lehrkräfte stammen auch alle aus dem Osten — müssten sie wahrscheinlich eine Hilfsschule besuchen und könnten es höchstens bis zum ungelernten Arbeiter bringen. So aber steht ihnen ein guter Ausbildungsweg offen, wenn sie zu ihren Angehörigen zurückkehren. Für Jungen, die kein Zuhause haben, gibt es ein Lehrlingsheim im Steilhof und gute Arbeitsmöglichkeiten in der vielseitigen Industrie von Espelkamp. Die begabten Kinder und Jugendlichen finden im Internat der Aufbauschule des Ortes ein neues Zuhause. Sie können an dieser Schule, bei der sogar Russisch als Prüfungsfach zugelassen ist, ihr Abitur machen.

 

An dieser Stelle erhebt sich die Frage, warum der Staat nicht mehr für Förderschulen dieser Art tut. Er gibt gar keine oder doch nur sehr geringe Zuschüsse, da die Gesetze eine Unterstützung von eigentlich dem Alter nach nicht mehr Schulpflichtigen nicht vorsehen. Aber sollte nicht auch dem Staat, ja gerade dem Staat daran gelegen sein, dass diese rückgeführten Kinder wieder vollwertige Glieder der Gemeinschaft werden?

 

„Ich kenne meine Mutter Ja gar nicht…“

Am Waldrand liegt das Haus für die Kleinen. Es trägt seinen Namen „Haus Sonnenschein" zu Recht, denn hier beginnt das Lachen am ehesten. Je jünger die Kinder sind, desto eher vergessen sie das Furchtbare, das hinter ihnen liegt. Es ist Sonntagnachmittag und jeder tut, was er am liebsten mag. Eine Gruppe sitzt andächtig lauschend am Radio und hört die Kinderstunde. Fleißige Hände sticheln dabei an den Weihnachtsarbeiten. Im Nebenraum spielen ein paar Mädchen auf ihren Flöten, andere sind oben in den Schlafräumen, freundlichen kleinen Zimmern mit je drei Betten, und lesen eifrig, Blonde, braune und dunkle Köpfe, alle über ihre Arbeit gebeugt. Eine kleine Schwarzhaarige ist da, die in wenigen Wochen vollkommen Deutsch lernte und uns mit ihren dunklen Augen kritisch mustert. Eine kleine Chinesin, zart und schmal und mit scheuen Bewegungen, die der Krieg hierher geweht hat. Die Maria aus Polen, die sich seltsamerweise in den Duschraum zurückgezogen hat, um ungestört zu sein, und die nun mit schwerer, harter Stimme die deutschen Bibelverse des Weihnachtsevangeliums lernt. „Es — begab — sich — aber — zu — jener — Zeit …“ Die Worte kommen langsam und abgehackt, und sie hat ihr Gesicht nach oben gekehrt, als lausche sie ihrem Klang nach. Als Schwester Margarete die Türe öffnet, fährt sie erschreckt zusammen und verbirgt ihr Buch mit rotem Kopf. Dann holt sie es beschämt wieder hervor und sagt verwirrt: „Ach, ich immer noch denke, ist hier verboten wie in Polen!"

 

Die vierzehnjährige Gerlind kam aus Elbing. Vor zwei Tagen erst traf sie hier ein. Als 1945 die Russen kamen, wurde die Dreijährige von der Mutter getrennt und in ein polnisches Heim gebracht. Das weiß sie nicht mehr so genau, nur dass dann ein deutsches Ehepaar sie aus dem Heim mit nach Hause nahm und dass sie es gut dort hatte. Elf Jahre lang lebte sie bei den Pflegeeltern in Elbing. Sie sprachen nur Deutsch zu Hause, wenn sie auch die polnische Schule besuchen musste. Die richtige Mutter kam nach dem Westen und suchte ihr Kind. Dann liefen jahrelang die Anträge auf Zusammenführung. Nach elf Jahren hat die Mutter ihre inzwischen groß gewordene Tochter wieder. „Na, Gerlind, du warst aber glücklich, dass du zur Mutti durftest?" Zu unserem Erstaunen fällt die Antwort anders als erwartet aus: „Nein", sagt sie, und die Augen füllen sich mit Tränen, „nein, ich kenne sie ja gar nicht. Und ich hatte es so gut bei den Pflegeeltern in Elbing!" Aber nach einer Weile setzt sie hinzu: „Hier in der Schule ist es aber schöner als in der polnischen Schule. Und wenn ich erst bei der Mutti bin, werde ich sie auch liebhaben! Aber vorläufig muss ich erst mal viel lernen!"

 

Hütejunge — Abiturient

Die Kinder gehen alle mit einem solchen Eifer an ihre Arbeit in der Schule heran, dass man nur staunen kann. Manche haben noch nie Deutsch lesen und schreiben können und fangen mit fünfzehn oder zwanzig Jahren ganz von vorne an. Vielen gelingt es, in einem Schuljahr den Stoff von einigen Klassen zu schaffen, so dass sie dann mehrere Stufen überspringen können. „Da ist zum Beispiel mein Werner", erzählt Schwester Margarete. „Er hatte in Ostpreußen beide Eltern verloren und musste sich als Hütejunge sein Brot verdienen. Für die Schule blieb keine Zeit, so dass er wie ein Sechsjähriger ganz von vorne anfangen musste, als er herkam. Aber er vollbrachte das Erstaunliche, in wenigen Jahren alles aufzuholen. Heute ist er mit einundzwanzig in der Oberprima der Aufbauschule in Espelkamp und macht Ostern sein Abitur. Er hat das Zeug zum Studium, möchte auch gern Diplom-Volkswirt werden. Aber woher kommt das Geld? Der Werner müsste mal so einen wohlhabenden Gönner finden. Es lohnt sich bei ihm!" schließt Schwester Margarete.

 

Nicht jeder fängt sich so schnell wie Werner. Nicht jedem fällt das Lernen so leicht. Es ist schwerer, mit zwanzig Jahren anfangen zu müssen als mit sechs. Und diese jungen Menschen haben noch mehr nachzuholen als nur Lesen und Schreiben. Sie haben von klein auf arbeiten müssen und kennen kein Spiel. Das Leben war ernst und mühsam und voller Gefahr. Sie sind nüchtern und wachsam geworden und ungeheuer selbständig. Hier wird ihnen die Last des Arbeiten-Müssens zum ersten Mal abgenommen, und so kommt es, dass auch die Großen die verlorenen Kinderspiele aus einem inneren Bedürfnis heraus nachholen. Da liegen manchmal Achtzehnjährige auf der Erde und spielen mit Murmeln und sind selig dabei.

 

Sie sagen alle nicht viel und berichten auch nicht gerne von ihrem Erleben, nur gelegentlich spürt man, im Tiefsten betroffen, wie heute, elf Jahre nach dem Krieg, dass die Wunden noch immer nicht geheilt sind, während in anderen Teilen der Welt schon wieder neue geschlagen werden. Hier in Espelkamp weiß jeder, was es bedeutet, verbannt oder vertrieben zu sein. Und so kam es, dass am Martinstag die Jugend des ganzen Ortes mit ihren Laternen von Haus zu Haus zog und Spenden für die ungarischen Flüchtlinge sammelte.

 

Zurück aus Sibirien

Nein, die Wunden sind noch nicht geheilt, auch wenn es äußerlich so scheinen mag. Die blonde Marianne kam aus Gumbinnen. Sie ist klein und schmal mit ihren neunzehn Jahren, und unter dem hellen Kraushaar blicken ein paar sanfte Augen in diese Welt, die es ihr so schwer gemacht hat. Der Vater ist im Krieg vermisst, die Mutter und drei jüngere Geschwister starben in Ostpreußen.

 

Marianne blieb allein auf der Welt unter Fremden. Sie bettelte sich durch, sie hungerte, sie fror, sie arbeitete. In Litauen war sie schließlich im Haushalt. Sie hatte noch kaum schreiben gelernt in der fremden Sprache, da nahm sie von sich aus die Verbindung mit dem Roten Kreuz auf. Gab es noch irgendjemanden auf der Welt, dem sie etwas bedeutete? Sie fand ihre Tante hier im Westen, die seit 1947 versuchte, die Ausreiseerlaubnis für Marianne zu bekommen. Jetzt erst ist es gelungen. Aber lassen sich die Erinnerungen an diese schweren Jahre wohl jemals abschütteln?

 

Die dunkle Margrit, der das Deutsche noch recht schwer fällt, ist aus Plicken im Kreis Memel. 1949 wurde sie mit der ganzen Familie nach Sibirien verschleppt. Die Mutter, die schon in Ostpreußen herzkrank war, lag fast immer zu Bett, der Vater musste auf Kolchosen arbeiten. Die Kinder gingen in die russische Schule, aber nur im Winter. Vom Frühjahr bis zum Herbst gab es sogenannte „Ferien", das heißt, die Kinder mussten dann auch arbeiten. Die Familie war selten vereint. Nach sieben Jahren in Sibirien ist Margrit nun hier gelandet. Sie hat viel nachzuholen, ob sie es bald schaffen wird?

 

Die siebzehnjährige Dietlind und ihre Schwester Sigrid kamen aus Sensburg. Sie gingen dort in die polnische Schule, wohnten sehr beengt und hatten es mit jedem Tage schwerer, weil die Mutter nicht für Polen optieren wollte. Das Geld war knapp, obgleich die Mutter heimlich durch Nähen eine Kleinigkeit verdiente. Der Vater lebte als Einziger aus der Familie schon im Westen. „Es war nicht leicht dort", sagt die frische, blonde Dietlind, „aber ich würde sofort wieder zurückgehen, wenn nur die Verhältnisse anders wären!" Ostern kommt sie aus der Schule, sie wird dann bei den Eltern in Köln einen Beruf erlernen. Man merkt es ihr an, dass sie schon länger im Steilhof ist. Sie ist froher, aufgeschlossener als die anderen, als die Neugekommenen, und erzählt begeistert von der Tanzstunde, die jeden Mittwochabend in der großen Halle des Zentralgebäudes stattfindet und bei der sich die Jungen und Mädchen der Förderschule in froher Geselligkeit zusammenfinden. Auch das gibt es hier neben Singe- und Bastelgruppen, neben Theaterspiel und Filmvorführungen. Der Vormittag gehört der Arbeit in der Schule, am Nachmittag werden in den Zimmern die Hausaufgaben gemacht, aber abends sieht man überall kleinere oder größere Gruppen beisammen. Das gemeinsame Schicksal bindet. Die Hilfe für den Neuen ist eine Selbstverständlichkeit.

 

Ein neuer Anfang

Da sind die beiden Schwestern Erika und Eva-Marie, die noch keine vierzehn Tage hier sind und die man immer beisammen sieht. Die Mutter starb 1945, der Vater kam nach dem Kriegsgeschehen nach Westdeutschland. In ihrem Heimatdorf im Kreis Ortelsburg blieben die fünf Geschwister alleine zurück im Elternhaus. Sie hatten ein bisschen Land, sie hatten die große Schwester, die arbeitete und die Jüngeren versorgte, sie hatten den Bruder, der in die Stadt ging, um Arbeit zu suchen. Alle mussten mit zupacken. So lebten die fünf, ganz auf sich gestellt, bis sie jetzt endlich zum Vater durften. Die zwei Schwestern sind nun hier. Sie sind glücklich und zugleich ein bisschen hilflos, versuchen zu lächeln und wollen doch gleichzeitig verbergen, dass ihnen die Tränen in die Augen steigen, als sie vom Tod der Mutter sprechen. Das ist nun elf Jahre her, — eine lange Zeit für Kinder. Aber für sie war dieser Abschied mehr. Damals hörten sie auf, Kinder zu sein. Es gab keine Märchen mehr und keinen Wunderglauben, keine Geborgenheit und kein Vertrauendürfen. Es gab nur noch eines: durchhalten und für das tägliche Brot arbeiten.

 

Nun sind sie hier, zusammen mit dreihundert Schicksalsgenossen. Sie spüren die Liebe, die ihnen entgegengebracht wird, fühlen, wie die schweren Jahre weiter und weiter in die Ferne rücken. Sie wissen, dass es ein neuer Anfang ist, vor dem sie hier stehen, und alle Kräfte in ihnen sind lebendig und am Werk, denn sie hungern danach, nun keine Einzelgänger, keine Außenseiter mehr zu sein. Sie möchten in die Gemeinschaft der Jugend aufgenommen werden, hineinwachsen in die Welt, die außerhalb, dieser umhegten Insel im Walde liegt. Ihre ersten Schritte in diese Welt werden ihnen hier leichtgemacht. Aber der Weg ist noch weit, und es ist an uns allen, mitzuhelfen.

Maria-Elisabeth Franzkowiak

 

 

Seite 17   Foto: In einem Märchen-Winterwald unserer ostpreußischen Heimat

 

Seite 17   Foto: So tief verschneit ist das masurische Dorf, dass nur der Giebel des Hauses aus den gewaltigen Schneemassen herauszuragen scheint. Für den kleinen Mann im Schnee ist das eine immer von neuem bestaunte weiße Wunderwelt. Wie herrlich, hier zu schneeballieren und zu rodeln und mit dem Pferdeschlitten zu fahren!

 

Seite 17   Fahrt durch den Winterwald

Meine Eltern hatten einen Bauernhof in Ostpreußen. Unser Wald lag ein ganzes Stück vom Dorf entfernt. Bereits im Oktober, bevor der Schnee fiel, hatte mein Vater einen passenden Weihnachtsbaum im Walde ausgesucht. Er musste gut gewachsen sein und die Höhe haben, dass er vom Fußboden bis zur Decke der Wohnstube reichte. Schon vom Tage der Bestimmung des Baumes an begann das Geheimnisvolle der Weihnachtszeit, und die Tage wurden unendlich lang.

 

Draußen fielen dichte Schneeflocken, und die Pfähle an den Zäunen bekamen weiße Mützchen, jeder Baum wurde weiß bemalt. Die Tannenbäume trugen eine schwere Schneelast, und die Felder waren bis zu einem Meter und höher mit Schnee bedeckt. Vatchen musste immer des Morgens als erster raus, um den Schnee wegzuschippen und uns den Weg zur Schule zu bahnen.

 

Drinnen im Hause ging es auch geheimnisvoll zu. Überall fing es an zu duften nach allerlei süßer Bäckerei. Wenn dann erst das Marzipanbacken begann, dann konnten bestimmt nur noch wenige Tage bis zum Weihnachtsfest sein.

 

Endlich war es soweit. Vatchen gab uns Kindern bekannt: „Morgen wird der Weihnachtsbaum aus dem Wald geholt, und ihr dürft alle mit in den Wald!" Hei, war das ein Spaß! Die Bedingung war allerdings: „Wenn ihr artig seid!" Nun, ich glaube, wir sind in diesen Tagen Musterkinder gewesen, denn wir durften ja alle fünf mit. Das jüngste Schwesterchen lag noch in der Wiege und konnte nicht laufen, das blieb zu Hause.

 

Muttchen packte uns alle in warme Sachen, und draußen wartete gleich nach dem Mittagessen Vatchen mit dem Schlitten. Es muss nicht so ganz einfach gewesen sein, uns Rangen in die warmen Kleider zu bringen, denn unsere kleinen Ohren lauschten nur nach dem Schellengeläut, das die Pferde bekamen. Beim ersten Laut war kein Halten mehr, da hopsten wir wie die kleinen Teddys, sprangen umher und waren außer Rand und Band. Und wie die wilde Jagd gings hinaus auf den Schlitten. Dort wurden wir noch in Pelzdecken gesteckt, und dann fuhren wir hinaus in das weite, weiße Land.

 

Ach, was gab es da nicht alles zu sehen! Vatchen zeigte uns die Spuren der Hasen, die Schnur des Fuchses und auch Hirsch- und Rehfährten. Verschiedene Vögel hatten in der Nähe des Waldes ein wunderbares Muster in den Schnee getreten. „Wenn ihr schön leise seid, können wir die Tiere gut beobachten!", sagte Vatchen. Und wir verhielten uns mucksmäuschenstill in unserem Schlitten. „Passt auf, dort drüben kommt Meister Lampe, ich sehe schon sein Gehoppele“. Wir reckten unsere kleinen Hälse. Tatsächlich, er war ganz nah an uns herangekommen, schnitt eine kurze Ecke und ab ging es, dass nur noch eine Schneewolke zu sehen war. Ach, und wie schön sah die Welt überhaupt aus! Wie im Märchenland! Es war ja Heiligabend, darum hatten sich wohl die einzelnen Schneeflocken besonders sorgfältig um und auf die Bäume gelegt. Und so feierlich war alles! Ja, selbst das Laufen unserer beiden Warmblüter mit ihrem Schellengeläut klang gedämpft und feierlich. Wir glaubten das Christkind singen zu hören, denn schön wie am Heiligabend habe ich das Schellengeläut an keinem anderen Wintertag gehört. Dabei waren wir doch recht oft mit dem Schlitten unterwegs.

 

Nun kamen wir in den Wald. Vatchen lenkte die Pferde zu der Stelle, wo der ausgesuchte Weihnachtsbaum stand. Der Pferdeschlitten hielt am Weg. Vatchen musste noch ein Stück in den Wald hineingehen, aber trotzdem behielt er immer das Fuhrwerk im Auge. Wir Kinder durften auch absteigen, und nun begann der köstlichste Spaß. Jetzt wurde erst mal Schnee gemessen. Die tiefste Schneestelle wurde abgeschätzt. Das war natürlich ein Graben. Ganz vorsichtig im Schlusssprung versuchte es zuerst Heini. Es war schon ein kleines Kunststück zu springen und an keiner Stelle Fußtapfen oder Handabdrücke zu hinterlassen. Heini konnte das besonders gut. Er versackte bis unter die Arme. Das mussten wir anderen selbstverständlich auch probieren. Da gab es dann ein Gekrabbele, um wieder frei zu kommen. Wie die Schneemänner sahen wir alle aus, aber wenn wir uns schüttelten, fiel der trockene Schnee von uns ab.

 

Und nun gings weiter: ob wir vielleicht doch ein Zwerglein belauschen könnten, das dem Weihnachtsmann beim Fertigstellen des Spielzeugs hilft? Hört! Dort hämmert es leise! Vorsichtig stapfen wir durch den Schnee und schleichen geduckt unter den Tannenbäumen hindurch. Oh, da hatte doch jemand an den großen Tannenast gestoßen und eine dicke Schneewolke bedeckte uns alle. Vor Schreck blieben wir wie angewurzelt stehen und ließen die ganze ganze Last auf uns niederkommen. Ja, wer konnte denn überhaupt an den Ast greifen, der war doch viel zu hoch? Ob da wohl oben die Wichtelmännchen saßen und uns necken wollten? — Tatsächlich, da guckten kecke Auglein uns an. Es fing schon an zu dämmern, und wir konnten die Umrisse nicht mehr genau unterscheiden. In unserer Phantasie sahen wir auf dem kecken Köpfchen auch die kleine Kapuze. Das war bestimmt einer der Zwerge!

 

Nun aber zurück zum Schlitten, sonst erfuhr der Weihnachtsmann gar noch im letzten Augenblick, dass wir uns zu tief in den Wald hineingewagt hatten und die letzten Weihnachtsvorbereitungen störten. Ganz leise und vorsichtig und etwas schuldbeladen zogen wir ab. Und was sahen wir da auf dem weißen Schnee? Waren das Nussschalen? Da hatten wohl schon die Heinzelmännchen die Nüsse für unseren bunten Teller zusammengetragen? Nur schnell weg, damit wir nicht gesehen wurden.

 

Ach, wie waren wir froh, dass Vatchen schon da war und auf uns wartete. Und ein riesiger Tannenbaum lag neben ihm auf dem Schlitten. Nun hatten wir natürlich alle wieder Mut, denn Vatchen war ein großer, starker Mann, da konnte uns nichts geschehen. Alle zugleich erzählten wir das Erlebte, und alles überschlug sich, denn jeder wollte am meisten gesehen haben. Und dann fing das Bewundern, aber auch das Bedauern der Tanne an. Nur der Trost, dass sie in wenigen Stunden herrlich im Lichterglanz stehen würde, konnte die Trauer um ihre schweren Wunden überbrücken.

 

Inzwischen war es dämmrig geworden. Vatchen hatte uns alle wieder in die Pelzdecke gesteckt. Der Tannenbaum lag zwischen uns, und heimwärts ging die Fahrt. Nun schienen die letzten Vorbereitungen für den Heiligen Abend getroffen zu werden. Wir glaubten zu sehen, wie kleine Zwerge geheimnisvoll über die Felder huschten und erklang da nicht auch ein leises Singen?

 

Jetzt waren wir gleich im Dorf. Von weitem schon sahen wir auf einzelnen Gehöften das Hin- und Hertanzen der Laternen, die die Bauern zur letzten Fütterung des Viehs mitführten. Das Schellengeläut am Schlitten kündigte unsere Ankunft an. Muttchen stand schon in der Haustüre und nahm uns in Empfang. Im Flur umhüllte uns der herrliche süße Duft, und immer geheimnisvoller wurde das Tun der Eltern. Muttchen schickte uns alle sofort in die Küche, dort mussten die Mädchen mit uns spielen. Unendlich lang dauerten die Minuten. Wir drängelten uns um das Schlüsselloch und jeder wollte zuerst und am meisten sehen.

 

Da plötzlich stampfte draußen ganz schwer und laut jemand im Korridor. Wir standen wie gebannt und lauschten. „Das ist der Weihnachtsmann", riefen wir wie aus einem Mund. Da ertönte die Glocke, und schon öffnete Vatchen die Tür zum Wohnzimmer und rief ums herein. Langsam und schüchtern traten wir Schritt für Schritt näher. An der Tür blieben wir nochmals wie gebannt stehen. Da war er, unser Weihnachtsbaum! Der Lichterglanz und all die herrlichen glitzernden Zapfen, Kugeln, Glöckchen und Vögel am Baum und die vielen Sachen darunter hielten unseren Blick gefangen. Mit Engelhaar waren die Zweige umsponnen, und Wunderkerzen warfen ihre Strahlen in all das Geglitzer. Keiner rührte sich. Mehrmals mussten die Eltern uns ermuntern, näherzukommen. Mit uns traten die Mädchen und Burschen, die auf unserem Hof arbeiteten, ein. Der Weihnachtsmann stand vor dem Lichterbaum und forderte uns auf, das gelernte Gedichtchen herzusaoen. Wenn wir doch bloß nicht stecken blieben! Aber Gott sei Dank, es klappte bei allen, wenn auch recht schnell und mit entsprechendem Geleire. Wir sangen gemeinsam die bekannten Lieder, und dann stapfte der Weihnachtsmann hinaus.

 

Lange noch durften wir an diesem Abend aufbleiben und mit unseren neuen Sachen spielen. Und ich glaube, der Lichterbaum und der Glanz des Heiligen Abends spiegelten sich selbst in unseren Träumen wieder.

Frau Sofie Kalden, Stuttgart-W, Augustenstraße 27, II

 

Seite 18   Neon-Weihnachten

Gestern bummelte ich durch die Hauptstraße einer westlichen Weltstadt, durch Hamburgs Mönckebergstraße. Bögen und Sterne aus Glühbirnen und Neonröhren gaben ein helles Licht, das sich matt auf dem leuchten Pflaster spiegelte. Endlose Reihen teurer Autos wühlten sich durch den Verkehr, und unübersehbare Menschenmassen drängten in den Geschäftsräumen und vor den prächtigen Schaufenstern mit Fernsehtruhen und Schlemmerhäppchen. Doch erstaunlich: die Leute, die da, mit Päckchen und Taschen beladen entlang hasteten, hatten keineswegs glückliche, zufriedene, vorweihnachtliche Gesichter, — sie sahen müde aus.

 

Ich ging übrigens nicht allein durch die Straßen. Mit mir kam ein junger Freund aus der Sowjetzone, aus Leipzig, dem ich einmal den Weihnachtstrubel in der Hamburger Innenstadt zeigen wollte. Ich dachte, er würde tief beeindruckt sein, — doch er meinte nur einmal, ganz nebenbei: „Ich glaube, ihr überschätzt dies Zeug“.

 

Dieser Satz stimmt. Leider! Wir können es täglich beobachten, an anderen — an uns selber. Auch bei uns jungen Menschen fängt es schon an. „Was, der Dings hat ein Motorrad und die da solch schickes Kleid — und wir noch nicht. Das muss sich schleunigst ändern!“ Und dann ändert sich das auch, denn wir arbeiten mit unserer ganzen Kraft auf dieses Ziel hin und vergessen darüber alles andere. Wir überschätzen diese materiellen Genüsse, die uns unsere westliche Freiheit in Hülle und Fülle beschert. Wir sollten uns vielleicht wieder etwas auf das Leben besinnen. Wir jungen, Siebzehn-, Zwanzigjährigen können das noch am ehesten.

 

In den Tagen des großen Freiheitsaufstandes in Ungarn stand die ungarische Jugend ganz vorn. Tausende von Studenten, Schülern und jungen Arbeitern verloren ihr Leben in diesem Kampf um die Freiheit. Für die Freiheit, — nicht für den hohen Lebensstandard, den wir im Westen ihnen vorleben.

 

Daran sollten wir in diesen Tagen denken.

Peter

 

Seite 18   Arbeitstagung der ostpreußischen Jugendleiter In Lübeck

Nach vielen Jahren zum ersten Mal fanden sich vom 23. bis 25. November in der Hansestadt Lübeck fünfunddreißig ostpreußische Jugendgruppenleiter aus Schleswig-Holstein zu einer verlängerten Wochenend-Arbeitstagung zusammen. Die Leitung der Tagung lag in den Händen von Hanna Wangerin, der Referentin für Jugend und Kultur in der Landsmannschaft Ostpreußen.

 

Am Freitagabend saßen schon die ersten von uns in der schönen Jugendherberge der Stadt Lübeck beisammen und berichteten über die Arbeit in den einzelnen Gruppen. Hierbei war es interessant zu hören, dass einige Gruppen noch Immer vollkommen allein arbeiten und teilweise noch nie etwas von der „Deutschen Jugend des Ostens“ (DJO) gehört hatten, besonders, dass die ostpreußische Jugend der DJO angeschlossen ist. Die Diskussion brachte dann auch deutlich zum Ausdruck, dass wir uns in der Gruppenarbeit um einen engen Kontakt mit den Landesleitungen der DJO und der ostpreußischen Jugend bemühen sollten.

 

Der Sonnabend begann mit einer fröhlichen Liederstunde. Anschließend gab uns eine reichhaltige Materialausstellung wichtige Hinweise, wie wir mit Hilfe von Bild und Buch unsere Gruppenarbeit interessant und eindrucksvoll gestalten können.

 

Am Nachmittag erlebten wir eine wunderbare Führung durch die alte Hansestadt unter besonderer Berücksichtigung der engen Verbundenheit Lübecks mit Ostpreußen durch die Hanse und den Deutschen Ritterorden. Am Abend führte uns eine Farbdiareihe zurück in unsere Heimat und zwar an die Kurische Nehrung.

 

Am Sonntagvormittag sprach unser Bundesgruppenwart, Hans Herrmann, in der DJO über die ostpreußische Jugendarbeit innerhalb der DJO. In der anschließenden Aussprache wurde besonders betont, dass wir neben der allgemeinen DJO-Arbeit unser besonderes Anliegen, nämlich den Gedanken an unsere ostpreußische Heimat, immer hochhalten, pflegen und an die Jugend weitergeben müssen. Der Vormittag schloss mit einem gemeinsamen Gang in die Marienkirche.

 

Den Abschluss des Arbeitstreffens bildete die Neuwahl unseres Landesgruppenwartes der ostpreußischen Jugend in der DJO. Kurt Olschewski, der Leiter der weltbekannten DJO-Volkstanzgruppe aus Neustadt, wurde einstimmig für diesen Posten gewählt. Seine beiden Mitarbeiterinnen sind Brigitte Kieselbach und Brigitte Kohlhoff.

Jochen Mühle, Heide in Holstein.

Weitere Berichte aus der Jugendarbeit auf Seite 19 und 21

 

Rest der Seite: Quiz-Ecke

 

Seite 19   Aus den ostpreußischen Heimatkreisen …

Königsberg-Stadt

Adventsfeier der Löbenichter in Hamburg.

Anerkennend betrachtete man die vielen glitzernden Sterne und bunten Laternchen, die mit Tannengrün die Tische im „Remter“ zur Adventsfeier der ehemaligen Löbenichter Realgymnasiasten schmückten. Die an der Gewerbeschule in Bergedorf tätigen Studienrätinnen Frau Herta Schubert und Frau Koblitz – die außerdem noch ein märchenhaftes, für die Versteigerung bestimmtes, Pfefferkuchenhaus fertigte -, hatten mit erstaunlicher Geschicklichkeit der Scherenführung diese allerliebsten Dinge geschaffen. Die dritte im Bunde war Frau Doris Schubert, die für das Gebäck gesorgt hatte. Die drei Frauen bereicherten den Abend auch durch die Lesung gehaltvoller weihnachtlicher Gedichte und Erzählungen von Erminia von Olfers-Batocki, Rudolf Kienau und Manfred Kyber. (Man freute sich, ein mit Wärme gesprochenes, gutes ostpreußisches Platt zu hören. Mundart ja leider mitunter in Rundfunksendungen und sogar auf landsmannschaftlichen Veranstaltungen sehr hässlich verzerrt.)

 

Die Adventsstunde leitete Rechtsanwalt Dr. Schubert, der viel Mühe daran wendet, den Kreis der Löbenichter zu festigen, mit einem kurzen Willkomm und einer mit feinem musikalischem Empfinden am Klavier vorgetragenen Komposition von Franz Grothe ein. Der frühere Geistliche an der Löbenichtschen Kirche, Pfarrer Hugo Linck, gab eine gedankentiefe Deutung der Adventsbotschaft für den Christen unserer Zeit, die auf dem Lukas-Wort „Es hat uns besucht der Aufgang aus der Höhe“ begründet war. Den Anwesenden, unter ihnen der Dichter Karl Scheffler und Studienrat i. R. Dr. Nitz, wurden viele Überraschungen bei den mit Witz ersonnenen Rätselspielen im unterhaltenden Teil des Abends geboten, die Herr Koblitz humorvoll steuerte. – Die Löbenichter und ihre Freunde treffen sich an jedem ersten Freitag im Monat in der Gaststätte „Remter", Hamburg 36, Neue Rabenstraße, nahe dem Dammtorbahnhof. Auskünfte erteilt die „Vereinigung ehemaliger Schüler und Lehrer des Löbenichtschen Realgymnasiums Königsberg Pr. e. V“, Anschrift: Hamburg 13, Mittelweg 151.

 

Schloßberg (Pillkallen)

Bestellungen auf den Kreiskalender 1957 unseres Patenkreises Harburg können bei Landsmann Albert Fernitz, (24a) Winsen (Luhe), Riedebachweg, gegen Einsendung von 2,30 DM (einschließlich Porto) aufgegeben werden. Der reichbebilderte Kalender bringt viel Wissenswertes über unseren Patenkreis. Bei allen Zuschriften bitte ich stets außer der jetzigen Anschrift, den Heimatwohnort anzugeben.

Dr. Wallat (Willuhnen), Kreisvertreter (24a) Wennerstorf über Buchholz, Kreis Harburg

 

Ebenrode (Stallupönen)

Landsmann Bruno Donner in (20b) Braunschweig, Kalenwall 1, hat erneut drei Ansichten von Eydtkau anfertigen lassen und zwar: 1. Kirche. Vorderansicht mit Pfarrhaus. 2. Bahnhof. 3. Hotel „Russischer Hof" und Hindenburgstraße. Diese Postkarten werden kostenlos gegen Einsendung eines freigemachten Umschlags von Landsmann Donner abgegeben.

 

Auf die Bestellungen hin habe ich mir hundert Karten 1:100 000 von unserem Heimatkreis zusenden lassen: weitere Wünsche können noch berücksichtigt werden.

 

Von den Messstichblättern 1:25 000 sind dreizehn Einzelkarten erforderlich, um alle Gemeinden des Kreises zu erfassen; deshalb bitte ich den Heimatort anzugeben, damit die entsprechende Karte zugesandt werden kann. Leider liegen die genauen Preise für das Kartenmaterial noch nicht fest; Benachrichtigung durch das Ostpreußenblatt erfolgt noch. Die Karten sind nur mit neuen Ortsnamen versehen, ein Verzeichnis von alten und neuen Namen wird gesondert gedruckt und zugesandt werden.

 

Gesucht werden:

Zugführer Bluhm, aus Eydtkau, Hindenburgstraße;

 

Landwirt Fritz Stein, aus Hainau;

 

Gustav und Emma Hoffmann, aus Föhrenhost;

 

Elisabeth Bernecker, geborene Bajorat, mit den Töchtern Luise und Elfriede, aus Lengfriede (Skudsen);

 

Charlotte Monska, geborene Bernecker, aus Rodebach (Enzuhnen).

Rudolf de la Chaux, Kreisvertreter (16) Wiesbaden, Sonnenberger Straße 67

 

Gumbinnen

Die Patenschaft für die Ingenieurschule

Im Oktober-Heft „Die Hüttenschule" schreibt Dr. Ing. von Neuenkirchen:

 

Die Staatliche Ingenieurschule für Maschinenwesen Duisburg hat laut Erlass des Herrn Kultusministers von Nordrhein-Westfalen und auf eigenen Wunsch die Patenschaft über die frühere Schwesterschule in Gumbinnen übernommen. Der Herr Oberbürgermeister von Bielefeld hat diesen Schritt begrüßt und unterstützt, ist doch Bielefeld die offizielle Patenstadt von Gumbinnen. Die Tradition dieser östlichsten Regierungskreisstadt und ihrer größtenteils aus Salzburg stammenden Einwohner liegt also in guten Händen in Bleiefeld.

 

Darüber hinaus ist der Kreisvertreter Gumbinnen in der Landsmannschaft Ostpreußen, Herr Kuntze, Hamburg-Bergedorf, Kupferhof 4, von uns und von der Stadt Bielefeld über diesen Schritt verständigt worden. Er hat unserer Schule seinen allerherzlichsten Dank hierfür ausgesprochen und diese Nachricht im „Ostpreußenblatt" bekanntgegeben.

 

Welche Gründe waren maßgebend, die Tradition der Staatlichen Ingenieurschule Gumbinnen unserer Duisburger zuzuweisen?

 

Es hatte sich in den Kreisen ehemaliger Studierender der Gumbinner Schule herumgesprochen, dass an der Duisburger Schule eine Reihe von Dozenten tätig sind, die eine Zeitlang Gumbinner Absolventen bei der Beschaffung kriegsverlorener Bescheinigungen helfen werden. Es ist nur naturgemäß, wenn der Kreis dieser hiesigen Dozenten einen Kristallisationskern für den Zusammenhalt der Gumbinner Ehemaligen bildet, und unsere Schulleitung hofft, in Zukunft bei unseren größeren Festen auch einen Gumbinner Tisch zusammenzubringen.

 

Nachstehende Duisburger Bauräte waren vorher an der Gumbinner Staatlichen Ingenieurschule tätig:

Dr.-Ing. Menking;

Dr.-Ing. von Neuenkirchen;

Dipl.-Ing. Pehnack;

Dipl.-Ing. Schleicher;

Dr.-Ing. Schürmann.

 

Die Gumbinner Schule war bei ihrer Gründung 1930 vor allem für die Ausbildung des technischen Nachwuchses im Landmaschinenbau gedacht, wuchs sich aber sehr bald zu einer Schule des allgemeinen Maschinenbaues aus. Sie umfasste geräumige, gut ausgestattete Klassen und Laboratorien. Von letzteren sind zu nennen: Kraftmaschinenlabor, Festigkeitsprüfung-Raum, Werkzeugmaschinenlabor, Physik-Labor, Kesselhaus, Elektro-Labor, Gießerei.

 

Die Klassenstärke umfasste in der Regel nicht mehr als zwanzig bis fünfundzwanzig Studierende, so dass ein individuelles Zusammenarbeiten zwischen Dozenten und Studierenden möglich war.

 

Die Namen der Leiter der Schule waren in der Reihenfolge ihrer Amtstätigkeit:

Direktor Dr.-Ing. Horst (gefallen im Zweiten Weltkrieg).

Direktor Dipl.-Ing. Lipke (gefallen im Zweiten Weltkrieg).

Direktor Dipl.-Ing. Hantelmann (wohnt in Glücksburg).

Komm. Leiter Dipl,-Ing. Schleicher.

 

Insterburg.

Insterburger werden gesucht.

Nachstehend aufgeführte Landsleute aus Stadt und Land Insterburg werden gesucht:

 

1. Schober, aus Insterburg, Hindenburgstraße Nr. 40/41.

 

2. Axel Meier, aus Insterburg, Erich-Koch-Straße 1, später Hindenburgstraße.

 

(Nummerierung fehlt) Maria Sandhack, aus Insterburg, Luisenstraße Nr. 17.

 

3. Joh. Baranczik, aus Insterburg, Luisenstraße.

 

4. Marta Lorenz, geborene Arndt, geboren 1906, aus Insterburg, Danziger Straße. Frau Lorenz war bei Herrn Wilhelm Domning in der Hindenburgstraße beschäftigt und ist am 27.01.1945 von Pillau nach Königsberg gefahren.

 

5. Helene Both, aus Insterburg, Gartenstraße. Sie soll später zu ihrem Bruder nach Elbing gezogen sein.

 

6. Geschwister, Arnold Mazivitzki, geboren 17.04.1931, aus Insterburg, Augustastraße; Christel Mazivitzki, geboren etwa 1929, war bis 1944 in Horstenau, dann Pflichtjahr; Sigrid Mazivitzki und Anneliese Mazivitzki kamen nach dem Tod der Mutter im Jahre 1939 zu einer Tante nach Insterburg; Wolfgang Mazivitzki und eine andere Schwester kamen zur Großmutter Kelm in Insterburg. Vater ist als Soldat vermisst.

 

7. Kolwe, Baudszus und Paukstat, aus Insterburg, Ludendorffstraße 15.

 

8. Gertrud Schweinberger, geborene Wilde, geboren 02.09.1894 in Trempen, aus Insterburg, Uferstraße 7.

 

9. Obersekretär Post vom Heeresbauamt Insterburg sowie sämtliche Angestellte des Heeresbauamtes.

 

10. Ulrich Tomuschat, geboren etwa 1924, aus Insterburg, Göringstraße, gegenüber der Reiterkaserne. Er war bei einer Pioniereinheit, welche an der Murmansk-Bahn lag. Vater war städt. Angestellter.

 

11. Fräulein Hess oder Hesse, aus Insterburg. War jahrelang bei der Firma Czibulinski’s Nachfolger als Buchhalterin beschäftigt.

 

12. Mauerhoff, Lehrer an der Ludwig-Jahn-Schule in Insterburg.

 

13. Franz Pfuhl, geboren 02.08.1868 und Ehefrau Lieschen Pfuhl, geborene Schmorell, geboren 26.11.1876, aus Insterburg-Eckertshof. Die Eheleute waren zuletzt in Königsberg.

 

14. Otto Werner, Angehöriger der Polizeimusikkapelle Insterburg.

 

(ohne Nummerierung) Käte Girod und Sohn. Girods hatten im Kreis Insterburg ein Gut, welches nach dem Tod des Ehemannes verkauft wurde und Umzug nach Insterburg erfolgte.

 

15. Auguste Broscheit, aus Insterburg, Thorner Straße 1 oder 3 oder andere Angehörige des Fritz Broscheit, geboren 16.09.1917.

 

16. Otto Sprang, Schneidermeister, aus Insterburg, Ziegelstraße.

 

17. Bruno Moritz, Malermeister, aus Insterburg und Frau Emma Moritz, geborene Simoneit.

 

18. Emil Kuschnereit, geboren 29.05.1909, seit Mai 1939 beim Fliegerhorst Insterburg und seit Juli 1944 vermisst. Feldpostnummer 45 611, L.G.P.A.

 

(ohne Nummerierung) Gerhard Brüssel, Gustav Brüssel und Frau Herta Brüssel, geborene Schickedans, aus Luisenberg, Kreis Insterburg.

 

19. Hermann Sudau, Landarbeiter, aus Schrubben bei Grünheide und Söhne Hermann Sudau und Albert Sudau.

 

20. August Gudlat, Eisenbahnschaffner, aus Insterburg, Cecilienstraße Nr. 7 oder Tochter Elfriede Ney, geborene Gudlat.

 

21. Irmgard Fischer, geborene Goerke, aus Insterburg. Der Vater hatte ein großes Geschäft am Markt und soll zwischen Oldenburg und Bremen wohnen. Tochter heiratete nach Freienwalde an der Oder.

 

22. Ida Behrendsdorf, geborene Ernigkeit, aus Erdmannsruh später Insterburg.

 

23. Karl Flenner, aus Schierheide, Kreis Insterburg sowie August Flenner und Tochter Gertrud. Letzte Nachricht aus Albrechtswalde, Kreis Mohrungen.

 

Zuschriften erbeten an die Geschäftsführung der Landsmannschaft Ostpreußen, Hamburg 13, Parkallee 86, unter Kenn-Nr.: Inst. 27/56/Sachgebiet H.

 

Angerburg.

Liebe Landsleute! Sucht bitte während der kommenden Feiertage in euren Akten nach eigenhändigen und auch anderen Fotoaufnahmen von Angerburg und Umgebung. Erwünscht sind Erinnerungen an Schloss Angerburg, Hafen, Angerapp, Mole, Mauersee, Thiergartenspitze, Insel Upalten, Schloss und Park Steinort, Insel Tautenburg, Hegewald sowie „vor allem Ehrenfriedhof am Schwenzaitsee, Jägerhöhe mit Gästeheim und Badeanstalt, Eissegelwochen u.a.m. Sehr dankbar wäre ich, wenn mir derartige Aufnahmen für einen in Aussicht genommenen Lichtbildervortrag, auch leihweise, zur Verfügung gestellt werden können.

In heimatlicher Verbundenheit grüßt herzlich Euer Kreisvertreter Hans Priddat, (16) Bad Homburg v. d. Höhe, Seifgrundstraße 15.

 

Ortelsburg

Weihnachts- und Neujahrsgrüße des Patenkreises.

In Verbundenheit mit ihrem Patenkreis Ortelsburg wünschen Kreis und Stadt Münden allen Ortelsburgern ein recht frohes Weihnachtsfest und ein gutes und gesundes neues Jahr.

 

Möge uns im neuen Jahre der Frieden erhalten bleiben und ein frohes Wiedersehen in der Patenstadt Münden alle Ortelsburger und Mündener vereinen.

Hannoversch Münden, Weihnachten 1956.

A. Kamlah, Landrat

Ronge, Oberkreisdirektor

G. Henkelmann, Bürgermeister

Werner, Stadtdirektor

 

Am 27. Dezember 1956, begeht Landsmann Friedrich Großmann seinen 90. Geburtstag. Friedrich Großmann stammt aus Kelbonken, Kreis Sensburg und heiratete 1890 in den Bauernhof Bork in Groß-Jerutten ein. Durch Fleiß und Umsicht vergrößerte er den Besitz und baute den Hof neu aus. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde von ihm mustergültig geführt. Der Jubilar hatte drei Söhne und drei Töchter, von denen seine beiden jüngsten Söhne im Zweiten Weltkrieg gefallen sind. Seine Frau und eine Tochter sind auf der Flucht umgekommen. 1946 kam Landsmann Großmann nach Westdeutschland, nachdem ein Pole sich auf seinen Hof gesetzt hatte. Den Lebensabend verbringt er gesund und rüstig bei seiner ältesten Tochter in Elsdorf, Kreis Rendsburg in Holstein. Die Kreisgemeinschaft gratuliert Landsmann Großmann, der als Gemeindevorsteher und als Mitglied des Kirchenvorstandes in seiner Heimatgemeinde lange Jahre gewirkt hat, von Herzen zu seinem Ehrentage und wünscht ihm weiterhin Gesundheit und noch segensreiche Jahre.

 

Die diesjährige Weihnachtsfeier der Ortelsburger Kreisgruppe in Berlin wird am 30. Dezember im Lokal „Zur Sonne", Berlin-Schöneberg, Kolonnenstraße 51, stattfinden. Nähere Angaben über diese Feier (Beginn u. a.) können bei Landsmann Willy Krause, Berlin-Neukölln, Weisestraße 23, eingeholt werden.

 

Die Kreisgeschäftsstelle benötigt sehr dringend Anschriften von früheren Bewohnern nachstehender Straßen und Siedlungen in Ortelsburg:

Amselweg,

Abbau Borken,

Forstweg,

Gallinder Weg,

Heideweg,

Lehmaner Siedlung,

Lettow-Vorbeck-Allee,

Lothringer Straße,

Mittenwalder Siedlung,

Saarbrücker Straße,

Schillerstraße,

Stuttgarter Straße,

Sudauer Weg.

 

Am 4. Dezember fand eine Besprechung beim Patenkreis Hann. Münden statt, die das folgende erfreuliehe Ergebnis hatte:

 

1. Der Patenkreis stellt in der Zeit vom 8. - 22. August 1957 vierzig Plätze im Jugenderholungslager Pelzerhaken (Ostsee) für Ortelsburger Jugendliche im Alter von 14 - 18 Jahren zur Verfügung.

 

2. Für die Sommerferien stehen zwanzig Ferienfreiplätze für Ortelsburger Kinder aus Berlin in Familien des Patenkreises und der Patenstadt Hann. Münden bereit.

 

3. Auch in diesem Jahre werden zum Weihnachtsfest über die Schulen von Stadt und Kreis Hann. Münden Pakete an bedürftige Ortelsburger, die in Ost-Berlin und der sowjetisch besetzten Zone wohnen, verschickt.

Max Brenk, Kreisvertreter, Hagen (Westf.). Elbersufer 24

 

Allenstein Stadt

Würdigung von Pfarrer Finger

Wie im Ostpreußenblatt vom 15. Dezember erwähnt wurde, beging am 12. Dezember 1956, das Mitglied des Allensteiner Stadtvorstandes Pfarrer i. R. Wilhelm Finger (Hildesheim, Sedanstraße 33), seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag.

 

In Johannisburg geboren, studierte er nach Besuch des humanistischen Gymnasiums in Lötzen Theologie an der Albertus-Universität zu Königsberg (1902 - 1905). Nach dem ersten theologischen Examen absolvierte Pfarrer Finger unter anderem sein Vikariatsjahr in der Epileptischen und Diakonen-Anstalt Carlshof bei Rastenburg. Sehr früh zeichnete den jungen Theologen die Neigung zu intensiver wissenschaftlicher Beschäftigung aus, so dass es nicht Wunder nahm, wenn er sein zweites theologisches Examen mit dem Prädikat „sehr gut" abschloss. Im Jahr 1909 erfolgte die feste Anstellung als Pfarrer der Kirchengemeinden Lauck und Ebersbach im Kreis Pr.-Holland. 1919 die Übertragung der Pfarrstelle In Mühlhausen im gleichen Kreis, bis Pfarrer Finger am 1 November 1925 von der evangelischen Kirchengemeinde Allenstein In eine der drei dortigen Pfarrstellen gewählt wurde, die er über zwanzig Jahre bis zum Zusammenbruch verwaltet hat. Die ständig wachsende, kirchlich sehr lebhafte Gemeinde erforderte die Anspannung aller körperlichen und geistig-seelischen Kräfte.

 

Die seelsorgerische Wirksamkeit in Allenstein bezeichnet Pfarrer Finger als Höhepunkt seines Dienstes am Wort Gottes. Am Abend des 21. Januar 1945 hielt unser Jubilar den überhaupt letzten deutsch-evangelischen Gottesdienst in der Pfarrkirche zu Allenstein. In der derselben Nacht beschossen die Sowjets bereits die Stadt. Unter dem Feuer ihrer Panzergranaten verließ Pfarrer Finger um Mitternacht mit seiner Frau und drei erwachsenen Kindern zu Fuß die winterlich verschneite Stadt, die ihm zur lieben Heimat geworden war.

 

Nach monatelanger Flucht und mehreren Etappen vorübergehender seelsorgerischer Tätigkeit erhielt Pfarrer Finger endlich das neuerrichtete evangelische Seelsorgepfarramt an den Krankenanstalten der Stadt Hildesheim, bis er am 1. Oktober 1955 nach fünfzigjähriger Amtswirksamkeit mit 74 Jahren in den Ruhestand trat.

 

Ein gütiges Schicksal hat das persönliche und familiäre Leben des Jubilars freundlich geleitet. Pfarrer Finger ist verheiratet mit Frida Ammon, einer Pfarrerstochter; aus Königsberg und Schwester des bekannten Führers ostpreußischer Wehrverbände des kgl.-preuß. Hauptmanns a. D. Dr. Gotthard Ammon. Die glücklich-harmonische Ehe wurde mit zwei Söhnen und zwei Töchtern gesegnet.

 

Die Allensteiner Kreisgemeinschaft und damit die Allensteiner Bürgerschaft wünschen dem verehrungswürdigen Diener Gottes einen gesegneten Lebensabend.

H. L. Loeffke, Stadtvertreter von Allenstein

 

Gesucht werden:

Max Bartels, Stadtinspektor. (u. a. tätig gewesen im Polizei-, Fund-, Einwohnermelde- und Standesamt), geb. 13.11.1881 in Allenstein, wohnhaft gewesen Bismarckstraße 13. III. —

 

Rudi Hinz, Zimmermannlehrling. In den Jahren 1928 bis 1930, in der Fa. Arthur Pfeiffer, Baugeschäft, Roonstraße 17. —

 

Paul Bluhm, Stabszahlmeister, ehem. Herm.-Göring-Straße 4. —

 

Gertrud Krüger, Kleeberger Straße 18, II, geb. 31.05.1893, Sekretärin beim Deutschen Roten Kreuz, Bahnhofstraße. —

 

Karl Orlofski, geb. 20.11.1900 In Allenstein, seit Anfang Januar 1945 vermisst. Er war bis zu seiner Einberufung zu einer Volkssturmeinheit, als selbständiger Landwirt in Allenstein ansässig. —

 

Frau Liselotte Spießhöfer, Kronenstraße 27, (Anschrift kann auch anders lauten). —

 

Ferdinand Schenkel, Schneidermeister, Allenstein, Kronenstraße 27. Wer kann über das Beschäftigungsverhältnis der Frau Spießhöfer in der Schneiderwerkstatt des Herrn Ferdinand Schenkel Angaben machen, die für eine Rentenangelegenheit benötigt werden? Frau Spießhöfer soll im Jahre 1941 bei Herrn Schenkel beschäftigt gewesen sein.

 

Alle Zuschriften und Meldungen werden an die Geschäftsstelle „Patenschaft Allenstein", Gelsenkirchen, Hans-Sachs-Haus, erbeten.

 

Allenstein Land

Wiederkehrende Erinnerung: Alle Eingaben müssen neben dem heutigen Wohnort auch die Heimatanschrift tragen, damit eine Bearbeitung möglich ist.

 

Gesucht werden:

Walter Hennig und Marta Hennig, Pächter des Kurheimes „Waldheim". Wartenburg-Vorwerkswald;

 

Malermeister Adalbert Müller, aus Wartenburg;

 

Viktoria Golembowski, geb. Praß, geb. 20.04.1893, aus Warkallen;

 

Amalie Kosinski, geb. Pristawick, geb. 30.07.1895 in Dietrichswalde, zuletzt wohnhaft in Wigrimmen bei Ukta, Kreis Sensburg;

 

Hugo Glomm, aus Wartenburg oder Ortsteil Lapken;

 

Familie Grabowski, aus Gillau;

 

Familie Scholtek oder Schultek oder Czoltek, aus der südwestlichen Ecke des Kreises, letztere sucht ein Junge, der sich auf den Namen seiner Eltern nicht ganz genau besinnen kann;

 

Bernhard Sendrowski, aus Daumen und Eltern oder Angehörige der Christiana Witt, geb. etwa 1941/1942. Die letzteren werden von Christiana Witt gesucht, die bei ihren Großeltern in Wartenburg war.

 

Zuschriften erbeten an die Heimatkreiskartei Allenstein-Land, zu Händen Bruno Krämer, Celle (Hann.), Sägemühlenstraße 28.

Neue Anschrift ab 18. Dezember 1956: Langenhagen (Hann.), Neue Siedlung an der Grenzheide Nr. 6.

 

Neidenburg

Der Heimatbrief Nr. 23 — Weihnachtsbrief — des Kreises Neidenburg ist an alle, in der Heimatkreiskartei erfassten Landsleute versendet worden. Sollte eine postalische Zustellung in den nächsten Tagen nicht erfolgen, wird um umgehende Nachricht gebeten. Der Druckfehlerteufel hat auf Seite 19 des Heimatbriefes einen groben sinnentstellenden Fehler untergebracht. An Stelle eines Wortes „nicht" ist „meist" geschrieben worden.

 

Der fettumrandete Teil soll richtig heißen: Die Nachforschungen nach Anschriften, die sich nach Umzug oder Familienänderung ergaben und nicht gemeldet werden, sind in Zukunft nicht mehr durchführbar. Wer daher seinen Heimatbrief weiterhin haben will, muss sich bei Wohnungsänderung ummelden.

 

Ich bitte um Berichtigung des Fehlers. Zum Schluss wird auf den Bericht über Neidenburg auf Seite 25 des Heimatbriefes besonders hingewiesen.

Wagner, Kreisvertreter Landshut/B II. Postfach (Zahl unlesbar)

 

Rößel

Anfragen hinsichtlich der Kreiskartei sind vorerst nicht mehr nach Krempe, sondern an den Unterzeichneten zu richten.

 

Nachstehend neue Anschriften von Ortsbeauftragten:

Ernst Kuhnigk (Fleming), Essen-West, Siemensstraße 23,

Hugo Grünheid (Sauerbaum). Gilzem, Hausnummer 49, Kreis Trier

 

Franz Stromberg, Kreisvertreter, Hamburg 19, Armbruststraße 27

 

Seite 19   Ostpreußische Jugend schließt sich zusammen. Studenten gründen eine Berliner Gruppe

Ich fuhr aus dem Stadtzentrum hinaus nach Lankwitz, das einst ein Dorf war weit vor den Toren Berlins und heute ein dichtbesiedelter Wohnbezirk ist, und weiter eine Chaussee hinunter, an der links und rechts noch Felder liegen und die zu dem auch heute noch dörflichen Alt-Marienfelde führt. Der Regen strömte, Sturmwind fuhr durch kahles Baumgeäst.

 

Dort an der Chaussee liegt irgendwo der Gebäudekomplex der Pädagogischen Hochschule, das Ziel der abendlichen Fahrt, unternommen, um den Lesern des Ostpreußenblattes von einer Geburt berichten zu können. Und zwar von der Geburt der jüngsten ostpreußischen Organisation, der Berliner Gruppe des Bundes ostpreußischer Studenten.

 

Der Wagen blieb vor dem Tor unter einer Laterne, von hurtigen Regengüssen überspült, mich selbst trieb der Wind zu einem Hauseingang, an dem ein handgeschriebener Zettel den Weg zu den Landsleuten wies. Ich fand sie, siebzehn junge Menschen, bei Kerzenschein, Tannengrün, Tee und Gebäck in lebhafter Debatte.

 

Doch ehe ich weiter erzähle, muss ich von der Vorgeschichte dieses adventlichen Gründungsabends berichten.

 

Osterode gab den Anstoß

Die Idee bestand schon seit anderthalb Jahren, seit im Frühjahr 1955 die Berliner Landsmannschaft und das Ostpreußenblatt die ostpreußischen Studenten der Freien Universität zu einer ersten Zusammenkunft zusammengerufen hatten.

 

Sie ruhte dann bis zum diesjährigen Treffen des BOSt in Osterode, das in seinem gelungenen Verlauf die fünfzehn Berliner Teilnehmer anregte, nun auch eine Berliner Gruppe ins Leben zu rufen.

 

Was in einer kleinen Universitätsstadt nicht schwer ist, dem stellen sich in einer Millionenstadt große Schwierigkeiten entgegen. In Berlin gibt es nicht nur eine, sondern fünf Hochschulen; die Studenten wohnen über das ganze Stadtgebiet verstreut; sie besuchen Dutzende verstreut liegender Institute zu den verschiedensten, sich überschneidenden Zeiten. Und — sie müssen alle mit Fahrgeld sparen. Und da sollen nun die ostpreußischen Studenten (ihre Zahl beträgt allein an der Freien Universität über 150) zusammenkommen?

 

Ein energisches Mädchen, Fräulein Hellwig von der Pädagogischen Hochschule, nahm diese schwierige Sache in die Hand. Sie wandte sich an alle, die an der Osteroder Tagung des BOSt teilgenommen hatten und berief die Gründungsversammlung ein. Als Auftakt dazu veranstaltete die Berliner Landsmannschaft einen geselligen Abend, an dem sich lebhafte Diskussionen entwickelten. Frisch und kritisch wurde da vom Leder gezogen, und schon hier zeigte sich, dass unsere Jugend manche Anregung bringt, die wir in unserem Kampf gegen Erstarrung und Eintönigkeit in unserem landsmannschaftlichen Leben gut gebrauchen können.

 

Doch nun zurück zur Gründungsversammlung in der Pädagogischen Hochschule.

 

Über Sinn, Inhalt und Ziel der Vereinigung brauchte nicht gesprochen zu werden. Wer sich hier eingefunden hatte, der wusste, worum es geht. Und wer es noch nicht gewusst hatte, dem war es auf der Osteroder Tagung eindrücklich klar geworden. So stand das Organisatorische im Vordergrund. Studenten dürfen sich nicht wild zusammenschließen, sie stehen in der Zucht der Alma Mater, die die Zulassung einer Studentengruppe streng geregelt hat. Sie fordert mindestens sieben Mitglieder, einem verantwortlichen Vorsitzenden, ein Statut. Sie will wissen, wann und wo sich die Mitglieder treffen, und das ist eine schwierige Frage, die durchaus noch nicht geregelt ist, gilt es doch, Studenten verschiedenster Semester und Hochschulen — der Freien und der Technischen Universität und der Pädagogischen Hochschule zunächst — unter einem Hut zu bringen.

 

Doch auch hier gilt: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

 

1957 . . .

Die Berliner Gruppe, kaum ins Leben gerufen, steht schon vor großen Aufgaben, und auch diese wurden eingehend und temperamentvoll besprochen. Was in Osterode mit so großem Erfolg stattfand, ein Treffen aller ostpreußischen Studierenden, das soll 1957 in Berlin wiederholt werden. Schon Anfang des Jahres wollen Kommilitonen aus der Bundesrepublik nach Berlin kommen, um gemeinsam mit den Berlinern über dies Treffen zu beraten, und zwar in der Form einer viertägigen Freizeit in einer der modernsten Berliner Jugendherbergen.

 

Es war eine Freude zu beobachten, wie unsere jungen Landsleute solch eine Aufgabe anpacken. Genau und besonnen, und doch nicht umständlich und pedantisch; optimistisch und doch zugleich nüchtern. Unsere Jugend ist gesund. Das zeigt das Bild der siebzehn Gründer der Berliner Gruppe, die zugleich der Herkunft nach ganz Ostpreußen repräsentieren; und zwar in der Reihenfolge, in der sie zwanglos um den Tisch saßen, die Kreise Angerburg, Samland, Rößel, Deutsch-Eylau, Königsberg, Insterburg, Osterode, Friedland, Mohrungen, Allenstein, Heilsberg, Gumbinnen . . . wobei Rößel, Königsberg, Allenstein und Heilsberg je zwei Mal vertreten sind.

 

Inzwischen hat eine zweite Zusammenkunft stattgefunden, auf der der Weg besprochen wurde, der einzuschlagen ist, um alle ostpreußischen Studenten an den Berliner Hochschulen für die neu gegründete Gruppe zu gewinnen. Die Berliner Landsmannschaft wird alles tun, diesem Unternehmen zum Erfolg zu verhelfen — bei voller Respektierung des Eigenlebens dieser jüngsten landsmannschaftlichen Gruppe. Pf.

 

Seite 20   Kleine Menschen in der großen Welt.

Foto: Die beiden Brüder Idzelis, als sie im letzten Jahr Weihnachten feierten; links Franz, rechts Max.

 

Foto: Auch vor Königin Elizabeth von England und Prinzessin Margret Rose (im Hintergrund links hinter der Königin) durften die Liliputaner ihre Künste zeigen. Der zweite von rechts in der Reihe ist Franz Idzelis, der sechste von rechts sein Bruder Max.

 

Als Mutter Idzelis nach schwerer Geburt ihr jüngstes Kind im Arm hielt — es war noch in der Heimat, in Launen im Memelland, und man schrieb das Jahr 1925 —, ahnte sie nicht, dass der elf Pfund schwere Junge einmal zu den kleinsten Menschen der Welt gehören würde. Aber Nestküken Max hörte genau wie seine Brüder Willi und Franz plötzlich mit dem Wachsen auf, während die anderen drei Geschwister die volle Größe erreichten. Die kleinen Bauernjungen verzagten nicht; heute gehören Franz und Max zu den beliebtesten Artisten des Zirkus Liliput und meistern ihr Schicksal auf bewundernswerte Weise. Sie haben inzwischen die halbe Welt bereist und sprechen englisch und französisch wie ihre Muttersprache.

 

Der kleine Postmeister in der Zirkusstadt Liliput, die augenblicklich auf dem Hamburger Dom — dem großen Weihnachtsmarkt der Hansestadt — ihre Zelte aufgeschlagen hat, heißt Max Idzelis. Mit Stolz trägt er das Wappen der Stadt Memel auf dem Rockaufschlag. Mäxchen ist der kleinste der Familie geblieben, er wurde nur 1,15 Meter groß, während die beiden alteren Brüder ein paar Zentimeter mehr erreichten. Mit großer Gewissenhaftigkeit stempelt Postmeister Max in seinem knapp zwei Meter hohen Postamt die Karten ab, während sein Bruder Franz in der nicht viel höheren Liliput-Bar im schneeweißen Jakett seine Gäste bedient.

 

Aber dann ruft das Signal zur Vorstellung. Nun müssen die beiden Brüder schnell die Anzüge ausziehen und in ihre Kostüme steigen. Ihre Parterreakrobatik muss leider im Augenblick ausfallen, weil der dritte Partner erkrankt ist. Die Partnerinnen, zierliche Geschöpfe, in den Rokoko-Kostümen wie Meißner Porzellanfigürchen anzuschauen, versinken in tiefem Knicks vor ihren bezopften Partnern. Ihre hellen Augen strahlen, so eifrig sind sie bei der Sache, und elegant verbeugen sie sich vor dem beifallspendenden Publikum.

 

Dieses strahlende, offene Lächeln, das sie auch im Alltagsanzug bewahren — welch winzige Maßanzüge! — zeigt, dass die kleinsten Menschen der Welt auch mit ihrem Schicksal zufrieden sind. Obgleich sie alles, was sie bisher durchmachten, doppelt schwer empfinden mussten als ihre Landsleute von normaler Körpergröße. Denn Flucht und langen Treck, Heimatlosigkeit und harten Kampf um das tägliche Brot erlebten diese kindergroßen Bauernjungen aus dem Memelland genauso wie wir alle.

 

Damals, in Ostpreußen, war das Leben noch anders. Sie wuchsen in der Geborgenheit des Heimatdorfes auf, im Schutz des väterlichen Hofes. Der Vater erlebte das schwere Schicksal seines Jüngsten nicht mehr mit. Er starb, als Max fünf Jahre alt war und sich bis dahin wie ein normalwüchsiges Kind entwickelt hatte. Aber dann, als Max in die Schule kam, wurde es der Mutter schmerzvoll bewusst, dass auch ihr jüngster klein bleiben würde, noch kleiner als die älteren Jungen Willi und Franz. Bei ihnen machte sich die gleiche Drüsenstörung bemerkbar, durch die dem noch kindlichen Körper nur geringe Mengen Wachstumshormone zugeführt werden, so dass das Wachstum nur langsam erfolgt, bis es dann eines Tages ganz aufhört.

 

Ihre Welt war begrenzt, und jeder kannte sie. Niemand traf sie mit Spott oder behandelte sie mit falschem Mitleid. Sie waren eben die „kleinen Idzelis". Franz ritt auf seinem großen Falben Max zum Haff hinab — heute noch seine schönste Erinnerung an die Heimat. Und in der Wirtschaft wurden auch kleine Hände gebraucht. Franz lernte eggen, pflügen und säen und ging mit den Pferden um wie die großen Brüder.

 

Aber dann kam die Flucht und riss die kleinen Geschwister aus der Geborgenheit der Heimat heraus. Im Treck begann die Flucht. Zuerst bis Wernsdorf bei Königsberg. Und dann weiter, immer weiter. Ungeheure Strapazen für die kleinen Menschen, die kaum den schützenden Wagen verließen. Bis sie dann endlich in Mecklenburg eine Bleibe fanden.

 

Aber was nun? Konnten sie arbeiten wie große Menschen, die im Vollbesitz ihrer Kräfte sind? Die Brüder Idzelis verzagten nicht, so wenig, wie sie mit dem Schicksal haderten. Franz, der ja auf dem elterlichen Hof Bauernarbeit gewohnt war, verdingte sich als Landarbeiter. Seine kleinen Hände hielten fest die Zügel. Und die Leute staunten nicht schlecht, wenn das 1,20 Meter große Kerlchen genau so eggte, pflügte und mähte wie so manch ein kräftiger Riese. Max aber half beim Bürgermeister. Denn das Schreiben und das Lesen war nun einmal sein Fall. Und hier muss gleich gesagt werden: die Brüder Idzelis sind von geistiger Regsamkeit und hoher Intelligenz. Die Unterfunktion der Drüsen hat lediglich auf die Größe des Körpers ihren Einfluss, nicht auf dessen Ebenmäßigkeit und auch nicht auf den Geist, der in vielen Fällen dem der Durchschnittsmenschen überlegen ist. Es hat genug Liliputaner gegeben — nach den Phantasiegeschichten „Gullivers Reisen" von Jonathan Swift bezeichnet man heute so die kleinwüchsigen Menschen —, die in die Geschichte eingingen. König Krösus oder dem griechischen Dichter Aesop wie den Bischof Gregor von Tours hätte man heute als Liliputaner bezeichnet. Man traf im Mittelalter die kleinen Menschen in hohen Stellungen an den Höfen der Könige, unter denen es übrigens auch manchen Liliputaner gegeben hat.

 

Und weil auch die Brüder Idzelis diese wache Intelligenz besitzen, spürte Franz gleich die Chance, die sich ihm bot, als er hörte, dass der Zirkus Barley kleinwüchsige Menschen suchte. Er bewarb sich und wurde sofort engagiert. Er begann als Boy und stieg dann zum Telefonisten auf. Drei Jahre wanderte er mit dem Zirkus durch die Sowjetzone, da rief sein Bruder Max ihn zu sich nach Westdeutschland. Denn Max hatte inzwischen bei der Zikusstadt Liliput einen guten Job gefunden und war Artist geworden.

 

Diese Zirkusstadt von C. H. Schäfer ist keine Schau, die auf billige Sensation reist, sondern bietet ein erstaunlich gutes Varieteprogramm, das an die kleinen Artisten hohe Anforderungen stellt. Sie müssen eine harte Lehre durchmachen, aber sie meistern alle Schwierigkeiten mit beispielloser Zähigkeit. Alles ist in dieser Zirkusstadt auf das Maß der kleinsten Menschen der Welt zugeschnitten. Jeder Wohnwagen ist modern ausgestattet, aber alles in Liliputformat. Winzige Betten, Tische, Vitrinen und Sesselchen. Selbst das Radio ist ein Kleinstempfänger. Die blitzsauberen Wohnwagen sind ihre ganze Welt.

 

Auch die Brüder Idzelis bewohnen nun einen der kleinen Wagen, die wie aus einem Bilderbuch geschnitten scheinen. Er heißt „Idyll". Aber dieses Idyll hat sich dem Tempo der Zeit sehr anpassen müssen. Es rollt im Sonderzug von Stadt zu Stadt, quer durch ganz Europa. Denn diese Zirkusstadt ist eine vielbegehrte Sensation. Ob in Stockholm oder Paris, in Rom oder Genf, in München oder London, überall begeistern die kleinen Artisten ihr internationales Publikum.

 

So haben auch die Brüder Franz und Max schon ein schönes Stück von der Welt gesehen. „Ich wollte immer so gerne reisen“, erzählt Franz, „aber ich hätte nie gedacht, dass sich mein Wunschtraum einmal erfüllen würde“. Und er zieht Fotos aus der Tasche, die ihn und Max in Paris vor dem Eiffelturm oder in London vor dem Trafalgar Square zeigen. „Ja, in London hatten wir ganz großen Erfolg“, kramt er in seinen Erinnerungen hervor, „sogar die Königin und Prinzessin Margret haben uns besucht. Sehen Sie, hier sind wir auch sogar mit der Königin fotografiert“.

 

Nein, sie hadern nicht mit dem Schicksal, das sie abseits der menschlichen Gemeinschaft stellen wollte. Sie hassen wie alle kleinwüchsigen Menschen falsches Mitleid oder billige Neugier. Sie wollen als vollwertige Menschen behandelt werden, und sie sind es auch, in höherem Maße als mansch ein großer Mensch, der vor den Schwierigkeiten des Lebens kapituliert.

 

Nun steht das Weihnachtsfest vor der Tür. Der Zirkus gibt seinen kleinen Artisten Weihnachtsurlaub. Viele können nicht in ihre Heimat zurück. Denn der Kreis der Liliputaner ist international. Der Bürgermeister dieser kleinen Stadt ist Ungar, er weiß nichts von dem Schicksal seiner Angehörigen. Die gute Kameradschaft der kleinen Freunde hilft ihm das Los ertragen.

 

Max und Franz aber dampfen heim zu Mutter Idzelis. Sie ist nun schon 76 Jahre alt und wartet sehnsüchtig auf ihre beiden Jüngsten. Und wie zu Hause muss Mutter dann ihre Lieblingsgerichte kochen, Beetenbartsch und Klunkermus. Und zum Frühstück wünscht sich Max einen handfesten Spirkel.

 

Doch nach den geruhsamen Tagen bei Muttern winkt den kleinen Weltenbummlern wieder das große Leben. Paris wartet schon. Und sie freuen sich darauf und sind glücklich.

Ruth Geede

 

Seite 20   Ein Spätheimkehrer. Von Dr. Kurt Deter

Foto.

Wer einen ausgeprägten Sinn für die schönen Dinge auf der Welt besitzt, der hat sicher mehr vom Leben. Wenn aber dieser Sinn zum beherrschenden Element seines Daseins wird, dann kann es passieren, dass weniger zum Leben übrigbleibt.

 

Zudem kann sich der schönheitstrunkene Mensch nur schwer auf einige Dinge beschränken, sondern er verweilt und schaut überall dort, wo sein Auge sich diesem Trunk hingeben kann. Schließlich will er nicht nur beschauen, er will auch besitzen. So wird er zum Sammler. Sein Sinn und Trachten gilt dem Ideal der Schönheit. Einmal sind es Frauen, einmal sind es Pferde, dann wieder können es Dinge der Wohnkultur oder Porzellan und Schmiedekunst sein. Am Ende sind es sogar technische Dinge, deren Harmonie und Schönheit in Material und Ausführung den Liebhaber fesseln. Eine besondere Gattung dieses schönheitstrunkenen Menschen ist der in seine Waffen verliebte Jägersmann.

 

Schon bei den primitivsten Hieb- und Stichwaffen vergangener Zeiten hat nicht nur die Zweckmäßigkeit, sondern auch der Schönheitssinn Pate gestanden. Reiche Mittel der Auftraggeber, Handarbeit und Muße der Hersteller haben hier kostbare und bewunderswerte Dinge hingezaubert. Die alten Feuerwaffen erscheinen uns heute unhandlich und unharmonisch in der Form, vergleichbar mit einem Automobil aus dessen ersten Jahrzehnten angesichts der heutigen „schnittigen“ Wagen. Bei beiden hat aber die zunehmende Technisierung der Herstellung keineswegs die Harmonie oder Schönheit gestört, sondern das Gegenteil ist eingetreten, wenn man von modischen Entgleisungen absieht.

 

Sich in eine Waffe verlieben zu können, war schon dem Sekundaner gegeben. Voll Ehrfurcht packte er die alte Damastflinte aus, die ihm der Weihnachtsmann auf den Tisch legte.

 

Mit den schillernden Bändern auf den Läufen, dem echten Hornbügel, den schön geschwungenen Hähnen, der sparsamen Gravur und dem Dunkel des Nussbaumschaftes zeigte sie eine ehrwürdige und doch elegante Linienführung. Es war die Handarbeit eines alten Meisters aus der Zeit vor der Jahrhundertwende. Damals war der Schuss aus der Flinte noch ein optischer Vorgang. Die Hähne schlugen zu, und das Schwarzpulver entwickelte einen richtigen Rauch. Heute bewegt sich nichts mehr an der Waffe beim Schuss, und der Pulverdampf gehört vergangenen Zeiten an.

 

Ist dies nicht eine Verarmung an Dingen, die den Nimbus der Jagd ausmachen? Schon als er noch nicht das ABC kannte, reichte der Junge seinem Vater beim Patronenladen das Pulvermaß zu. War dies nicht eine unvergessliche Einführung in das Jägerdasein? Immer mehr verarmt die Menschheit an diesen schönen Dingen des Lebens, und sie bildet sich ein, reicher zu werden.

 

Später führte der nachmittägliche Bummel des Studenten, wie von einem Dämon geführt, unwillkürlich die Friedrichstraße entlang bis zur Jägerstraße im alten Berlin. Dort präsentierte sich die ganze Sehnsucht des Waffenliebhabers in den Schaufenstern der größten Suhler Waffenfabrik. Aber der Geldbeutel reichte nicht für die bescheidenste Anschaffung. So blieb nichts übrig, als davorzustehen und die Nase an der Scheibe plattzudrücken, um möglichst nahe an die ersehnten Dinge heranzukommen. Welch ein zeitloses, harmonisches Maß der Waffen, welch wunderbares Schaftholz, und welch gediegene Gravur. Ein wenig traurig darüber, eine Geliebte nicht besitzen zu können, wurde der Weg in die einsame und lieblose Studentenbude zurück angetreten, und immer wieder führte der Weg zur Waffenhandlung.

 

Schließlich ging der Traum in Erfüllung, und die Sammlung geliebter und ausgesuchter Waffen stand da. Die Stunden sind ungezählt und unwiederbringlich, die mit ihnen verbracht wurden auf der einsamen Jagd, am Scheibenstand und nicht zuletzt in den beschaulichen vier Wänden am Rande des großen ostpreußischen Waldes. Liebevoll streicht die Hand über Schaft und Läufe. Schließlich schlägt auch hier die Abschiedsstunde, Wald, Wild und Waffen bleiben zurück.

 

Nur eine schwache Hoffnung blieb: das kostbarste Stück der Sammlung, eine Sonderanfertigung zum hundertjährigen Jubiläum einer Suhler Waffenfabrik, einen Drilling mit Zeißglas, hatte der Soldat nach Finnland mitgenommen und bei Kriegsschluss dort zurückgelassen. „Ich werde tun, was ich kann", sagte der Finne beim Abschied. Zwölf Jahre sind seitdem vergangen. Da klingelt eines Tages der Postbote, eine Kiste aus Finnland sei da. Es war der Drilling! Das Unglaubliche war geschehen, und das Wort: „Was sich liebt, das findet sich wieder", hatte sich bewahrheitet, ebenso aber auch die weltbekannte Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit des finnischen Menschen. Die alte Geliebte war wieder daheim.

 

Seite 21   Foto: Boten des Festes

In vielen Orten unserer Heimat zogen am Weihnachtsabend die Kinder als „Sternsinger“, „Wünscheljungen" oder „Weise aus dem Morgenland" mit Laternen, selbstgebastelten Sternen und in den seltsamsten Verkleidungen von Haus zu Haus. Wie auf unserem Bild, so standen in den meisten Familien Körbe mit Äpfeln, Nüssen, Pfefferkuchen und allerlei süßen Sachen für die jungen Sänger bereit.

 

Mit dem alten Lied: „Wir treten herein ohn allen Spott! Einen schönen, guten Abend, den geb uns Gott, Einen schönen, guten Abend, eine fröhliche Zeit, Die unser Herr Christus hat bereit‘t!" zogen sie herein in die warme Stube, angetan mit langen weißen Hemden über ihren warmen Wintersachen, hohe, spitze Papiermützen auf dem Kopf, die bändergeschmückten Laternen in den kleinen Händen. Das kleine Mädchen neben der Tür hat schon vorsorglich ein Körbchen mitgebracht, um die guten Sachen hineinzutun. Und wenn sie ihre Gaben empfangen haben, dann werden sie weiterziehn, zum nächsten Haus, um auch dort ihre alten Lieder zu singen, als Boten des schönsten Festes, das wir kennen.

 

Seite 21   Aus der landsmannschaftlichen Arbeit in …

BERLIN

Vorsitzender der Landesgruppe Berlin: Dr. Matthee, Berlin-Charlottenburg, Kaiserdamm 83, „Haus der ostdeutschen Heimat“.

 

27. Dezember 1956, 15 Uhr. Heimatkreis Goldap. Weihnachtsfeier. Lokal: Vereinshaus Heumann, Berlin N 65, Nordufer 15, S-Bahn Putlitzstraße, Bus A 16

 

29. Dezember, 17 Uhr. Heimatkreis Rastenburg. Weihnachtsfeier. Lokal: Pilsner Urquell, Berlin-Wilmersdorf, Bundesplatz 2, S-Bahn Wilmersdorf, Straßenbahn 44, 77, Bus A 16

 

30. Dezember 1956, 15 Uhr. Heimatkreis Ortelsburg. Weihnachtsfeier. Lokal: „Zur Sonne“, Berlin-Schöneberg, Kolonnenstraße 51, Bus A4, Straßenbahn 25, S-Bahn Schöneberg.

 

30. Dezember 1956, 15 Uhr. Heimatkreis Samland/Labiau. Weihnachtsfeier. Lokal: Bürger-Eck, Berlin-Britz, Buschkrugallee 20, S-Bahn Neukölln, U-Bahn Grenzallee, Straßenbahn 6

 

30. Dezember 1956, 16 Uhr. Heimatkreis Braunsberg. Weihnachtsfeier. Lokal: Pilsner Urquell Berlin-Wilmersdorf, Bundesplatz 2

 

Vom Adventsmütterchen und den Dannekindern

Ostpreußisches Weihnachtsbrauchtum und Liedgut wurde wieder lebendig in einem Vortragsabend, mit dem die Volkshochschule Steglitz ihre Vortragsreihe über Ostpreußen am Nikolaustag abschloss. Erich Schattkowsky, früher Schulrat in Ragnit, zauberte den aus allen Teilen Berlins erschienenen Landsleuten eine gemütvolle, in uraltem Brauchtum wurzelnde heimatliche Weihnacht vor, die von Alrun Bürkner mit alten und neuen ostpreußischen Weihnachtsliedern stimmungsvoll umrahmt wurde.

 

Schulrat Schattkowsky konnte aus einem reichen Schatz an Erinnerungen schöpfen. Er plauderte vom Adventsmütterchen, das in der Elbinger Gegend die Wunschzettel der Kinder einsammelt. Er erzählte vom Frauentragen, wo das bekränzte Bild der Jungfrau Maria von Haus zu Haus wanderte. Dazu wurden Marienlieder gesungen. In Masuren zog man Kerzen tragend, singend durch die Dörfer. Herzergreifend und feierlich war vor allem die Morgensternfeier am ersten Feiertag. Dann versammelten sich im ländlichen Masuren die Erwachsenen in aller Frühe in der Schule. Die Kinder zogen auf ein Zeichen hin von der Scheune aus mit brennenden Leuchtern mit fünf Kerzen in das Schulzimmer ein. Unter dem Gesang „Wie schön leuchtet der Morgenstern" entzündeten nun auch die Erwachsenen ihre Kerzen. Das war dann ein einzigartiges Leuchten und Strahlen in der Schule. Der Lehrer verlas die Weihnachtsgeschichte. Und zum Schluss musste jeder ein Sprüchlein aufsagen.

 

Im Ermland ging das Kindelwiegen mit viel Gesang und noch mehr Lärm vonstatten, um die bösen Geister zu vertreiben. Die Dannekinder (Tannenkinder) zogen singend von Haus zu Haus, um Gaben zu heischen. Auch beim Umzug des Schimmelreiters ging es hoch her. Junge Burschen, als Bär, Storch und „Prachersche" verkleidet, geleiteten unter großer Beteiligung der Kinder einen selbstgebastelten Schimmel. Sie ließen ihn tanzen, während der ganz in Erbsstroh eingehüllte Bär die jungen Männer umarmte und der rotbeinige Storch den jungen Mädchen ins Bein biss. Die „Prachersche" sammelte die Gaben ein, für die sie sich mit Fruchtbarkeitswünschen bedankte.

 

Die Ostpreußenvorträge werden im Rahmen des Patenschaftswerks Steglitz von der Volkshochschule im nächsten Jahr fortgesetzt. Sie wollen nicht nur bei den Landsleuten die Erinnerung an die Heimat wachhalten, sondern auch die alteingesessenen Berliner für den deutschen Osten interessieren. An den Landsleuten wird es liegen, ihre Berliner Freunde und Bekannten zu diesen Abenden, die Vertreter der Landsmannschaft gestalten helfen, mitzubringen.

 

Ostpreußische Weihnachtsfeier in Steglitz

Fünf ostpreußische Mütterchen, die das biblische Alter schon überschritten hatten, befanden sich unter den etwa zweihundert alten, alleinstehenden Männern und Frauen, die das Bezirksamt Steglitz zu einer ostpreußischen Weihnachtsfeier am 14. Dezember in das Haus der Wirtschaft eingeladen hatte. An festlich gedeckten, kerzengeschmückten Tischen nahmen die Teilnehmer Platz. Auf jeden wartete eine Tüte mit Bohnenkaffee und leckere Überraschungen. Ein Tannenbaum verbreitete festlichen Glanz.

 

Frau Bezirksverordnete Buchwald, die diese Feier in enger Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft ausgestaltet hatte, fand herzliche Begrüßungsworte. Frau Krause dankte namens des Vorstandes der Landsmannschaft. Den Auftakt bildete ein feierlicher Lichterzug von Jugendlichen. Dann erfreuten sich alle bei Kaffee und Kuchen an den besinnlichen und heiteren Gedichten und Schnurren, die Frau Possberg in ostpreußischer Mundart vortrug. Besonders unsere fünf Ostpreußinnen amüsierten sich köstlich. Die DJO und die Tanzgemeinschaft Steglitz wetteiferten miteinander, die fröhliche Weihnachtsstimmung noch zu steigern.

 

Ein heiteres Kabarett beschloss den Abend, der geeignet war, etwas von dem Abglanz einer ostpreußischen Weihnacht in die Herzen vieler einsamer, hilfsbedürftiger Berliner hinein zu zaubern, wofür Steglitz als Patenbezirk für die Ostpreußen Berlins des Dankes der Teilnehmer sicher sein kann.

 

HAMBURG

Vorsitzender Landesgruppe Hamburg: Hans Kuntze, Hamburg - Bergedorf; Geschäftsstelle: Hamburg 13, Parkallee 86; Postscheckkonto Hamburg 96 05.

 

Wegen Abschlussarbeiten bitten wir die Geschäftsstelle am 27., 28. und 29. Dezember nur in dringenden Fällen am Vormittag aufzusuchen. Am 24. und 31. Dezember bleibt die Geschäftsstelle geschlossen.

Landsmannschaft Ostpreußen, Landesgruppe Hamburg

 

Bezirksgruppenversammlungen

Es wird gebeten, zu allen Bezirksgruppenversammlungen die Mitgliedsausweise mitzubringen.

 

Elbgemeinden: Sonnabend, 22. Dezember, 18 Uhr. In der Johannesburg, Blankenese, Elbchaussee 566, Weihnachtsfeier.

 

Fuhlsbüttel: Sonntag, 23. Dezember, ab 16 Uhr, im Landhaus Fuhlsbüttel, Fuhlsbüttel, Brombeerweg Nr. 1, Weihnachtsfeier unter dem Motto: „Kinder laden ihre Eltern ein“. Teilnahmeberechtigt sind nur Kinder, die nach dem 1. August 1956 an Veranstaltungen der Kindergruppe teilgenommen haben. — Dienstag, 8. Januar, 20 Uhr, im Landhaus Fuhlsbüttel, Brombeerweg 1, nächster Heimatabend mit Filmvorführung der Bundesbahn.

 

Altona: Donnerstag, 3. Januar, 20 Uhr, im Hotel „Stadt Pinneberg". Altona, Königstraße 260, nächster Heimatabend

 

Harburg-Wilhelmsburg: Sonnabend, 5. Januar, 19.30 Uhr, im Restaurant „Zur Außenmühle". Außenmühlenweg (Haltestelle Reeseberg). Bunter Abend mit Tanz, veranstaltet von der Jugendgruppe. Gäste können eingeführt werden. Unkostenbeitrag 1 DM.

 

Kreisgruppenversammlungen

Gumbinnen: Sonntag, 23 Dezember, 16 Uhr. In der Gaststätte Bohl, Hamburg 21, Mozartstraße 27.

Vorweihnachtsfeier mit gemeinsamer Kaffeetafel. Austauschpäckchen im Werte bis 2 DM bitte mitbringen. Zur Verlosung werden auch kleine Geschenke erbeten. Der Ertrag ist für Landsleute in der sowjetisch besetzten Zone bestimmt. Auch die Jugendlichen werden gebeten, recht zahlreich zu kommen.

 

Unsere Jugend trifft sich

Altona: Jugendgruppe: Heimabend alle 14 Tage Mittwoch, 19.30 bis 21.30 Uhr. Jugendheim Altona, Bahrenfelder Straße 131. Nächstes Treffen am 9. Januar. — Kindergruppe: Heimabend jeden Donnerstag um 16 Uhr im Jugendheim Altona, Bahrenfelder Straße 131. Nächstes Treffen am 3. Januar.

 

Barmbek: Jugendgruppe: Heimabend jeden Donnerstag von 18.30 bis 20.30 Uhr im Jugendheim Wittenkamp 17 a.

 

Billstedt: Jugendgruppe: Die Gruppe Billstedt schließt sich der Wandsbeker Gruppe an.

 

Eimsbüttel: Kindergruppe: Heimabend jeden Mittwoch ab 16 Uhr im Heim der offenen Tür, Bundesstraße 101.

 

Eppendorf-Eimsbüttel: Jugendgruppe: Jeden Mittwoch von 19.30 bis 21.30 Uhr im Gorch-Fock-Heim, Loogestraße 21 (U-Bahnhof Kellinghusenstraße).

 

Elbgemeinden: Unsere Kinder und Jugendlichen schließen sich den Veranstaltungen in Altona an.

 

Fuhlsbüttel: Kindergruppe: Jeden Montag von 17.30 bis 19.30 Uhr in  der Schule Rathsmühlendamm. Nächstes Treffen am 7. Januar.

 

Harburg - Wilhelmsburg: Jugendgruppe: Nächstes Treffen wird noch bekanntgegeben. Kindergruppe: Jeden Freitag von 16 bis 18 Uhr in der Schule Eißendorfer Straße 26. Nächstes Treffen am 11. Januar.

 

Adventsfeier der Goldaper

In der festlich geschmückten „Alsterhalle" in Hamburg hatten sich annähernd hundert Goldaper und Gäste eingefunden, die Landsmann Ulrich Byszio herzlich willkommen hieß. Klassische Musikstücke, von den Geschwistern Linke vierhändig auf dem Klavier vorgetragen, weihnachtliche Lieder und Gedichte von Lisa Löffler schufen eine adventliche Stimmung, die durch eine gemütliche Kaffeestunde mit echtem ostpreußischem Fladen und Kuchen noch gesteigert wurde. Zur Unterhaltung spielten die bereits Genannten — Cello und Flöte, von Sieghorst Schwidrowski am Klavier begleitet — weihnachtliche Weisen. Den Höhepunkt bildete ein Stegreifspiel „Ein Vorweihnachtsabend daheim in einem Bauernhaus". Landsmann Byszio und Frau Schulz, als Bauer und Bäuerin, waren in Spiel und Maske unübertrefflich. Sie haben das liebe ostpreußische Platt noch nicht vergessen. Zum Schluss erschien der Weihnachtsmann, der alle Kinder im Saale beschenkte.

 

NIEDERSACHSEN

Vorsitzender der Landesgruppe Niedersachsen Arnold Woelke, Göttingen, Keplerstraße 26. Telefon 2 47 01; Geschäftsstelle: Hannover, Humboldtstraße 21/22 (Hofgebäude), Tel. 13 221.

 

Göttingen. Auf der Adventsfeier der Gruppe in der Aula der Oberschule für Jungen, sprach Pastor Westreen-Doll (früher Elbing). Den musikalischen Teil des Abends bestritten Sieghard Labusch an der Orgel und am Flügel, seine Schwester Elfriede (Sopran) und der Ostpreußenchor aus Northeim mit alten und neuen Adventsweisen. Frau Margarete Bink-Krantz und ihre Tochter Roswitha trugen Gedichte vor.

 

Goslar. Am zweiten Adventssonntag wurden bei einer vorweihnachtlichen Feierstunde im Hotel „Ritter Ramm" an festlich geschmückten Tafeln die Kinder und die Landsleute über 65 Jahre, von der Gruppe bewirtet. Vorsitzender Rohde führte die Anwesenden in Gedanken in die alte Heimat. Zahllose Kerzen wurden entzündet, die auch für alle in der Heimat und in fremden Ländern zurückgehaltenen aufleuchteten. Pastor Payck sprach über den tiefen Sinn des höchsten christlichen Festes. Mitglieder der Frauengruppe trugen mit Gedichten und musikalischen Darbietungen zur Verschönerung der Feierstunde bei.

 

Bad Harzburg. Auf der Adventsfeier im Wappensaal des Café Ernst begrüßte der erste Vorsitzende, Landsmann Pangritz, die Anwesenden. Günther Kubatzki erinnerte die Landsleute an die Advents- und Weihnachtstage in der Heimat. Der Singkreis Ostpreußen hatte die musikalische Gestaltung des Abends übernommen.

 

Seesen (Harz). Die beiden Adventsfeiern der Gruppe für die Erwachsenen und für die 120 Kinder der Mitglieder brachten viel Freude durch ein liebevoll ausgestaltetes Programm. Das Bettenhaus Augustin hatte für die Kinder 120 Geschenkbeutel zur Verfügung gestellt; die Würstchen zur Ergänzung der bunten Tüten kamen von der Fleischerei Kussat. Der 1. Vorsitzende Schulrat a. D. Papendick, sprach über das Weihnachtsbrauchtum in der Heimat.

 

Braunschweig. Sonnabend, 22. Dezember, um 19.30 Uhr, Adventsfeier im Gliesmaroder Thurm, Gliesmaroder Straße. Ein Adventsspiel, Gesangsvorträge und gemeinsame Gesänge sind vorgesehen.

 

Bramsche. Auf der Adventsfeier in der Gaststätte „Widerhall" sprach der 1. Vorsitzende. Landsmann Kollberg, über die verbindende Kraft der vorweihnachtlichen Zeit. Frau Ruth-Luise Schimkat vermittelte den Zuhörern Werke ostpreußischer Dichter. Zu der Kaffeetafel hatten die Landsleute selbst Gebäck beigesteuert; auch der Grabbelsack machte die Runde.

 

Bersenbrück. Wie der Kreisvorstand bekanntgibt, wird das ursprünglich für den 4. Mai angesetzte Kreistreffen in Bramsche wegen des Bundestreffens aller Ostpreußen auf den Herbst verlegt. Der Kreisvorstand wird Ende Januar bzw. Anfang Februar eine Filmveranstaltung über Ostpreußen im Mutterhaus Bethanien, Quakenbrück (früher Lötzen), durchführen. Für den 10., 11. und 12. Januar erwarten die Gruppen des Kreises Bersenbrück Landsmann Stork, der zu seinen ausgezeichneten Farbaufnahmen sprechen wird.

 

Fürstenau. Die Mitglieder der Gruppe, die seit einem Jahr besteht, trafen sich im Lokal Bendig zu einer Adventsfeier, verbunden mit der Jahreshauptversammlung. Als der erste Vorsitzende, Rektor Strehlke, die Versammlung eröffnete, konnte der festlich geschmückte Saal die Besucher kaum fassen. Nach Vorträgen der Singgrunne sprach der Vorsitzende der Kreisgruppe, Fredi Jost, über das Thema „Nicht Verzicht, sondern Politik der Verständigung". Einstimmig wurde Rektor Strehlke wieder zum ersten Vorsitzenden gewählt. Weitere Vorstandsmitglieder sind: Zweite Vorsitzende Frau Liegmann. Geschäftsführer Landsmann Friese. Stellvertreter Landsmann Oelker. Kulturwart Frau Bublitz. Kassenprüfer Landsmann Syplie und Landsmann Tobaschus (schlecht lesbar).

 

Vörden. Im November kam die rührige Gruppe Bramsche, zu den Ostpreußen nach Vörden, um mit diesen einige heimatliche Stunden zu verleben. Der erste Vorsitzende, Heinz Kolberg, sprach über die Entwicklung der landsmannschaftlichen Arbeit im Kreise Bersenbrück. Landsmann Brosziewski erläuterte das Wesen der Landsmannschaft und die Aufgaben der Gegenwart und die Kreisjugendreferentin, Helga Bressem, betonte die Notwendigkeit einer kulturellen Arbeit der Jugendgruppe. Noch am selben Tage erklärten viele Landsleute ihren Bettritt zur Landsmannschaft. Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein von der Jugendgruppe vorgetragener bäuerlicher Schwank.

 

BREMEN

Vorsitzender der Landesgruppe Bremen: Rechtsanwalt und Notar Dr. Prengel, Bremen, Sögestraße 46.

 

Bremen. Nächster Heimatabend am 2. Januar im Café Schrick. Es wird ein Tonfilm über Ostpreußen gezeigt werden; anschließend geselliges Beisammensein. — Im Februar Fleckessen in Verbindung mit einem Kappenfest. — Zu einer Nikolausfeier hatten sich am 5. Dezember mehr als zweihundert Mitglieder eingefunden. Pfarrer Bertuleit hielt die Ansprache. Frau Suter (Klavier) und Landsmann Kallweit jun. (Violine) bestritten den musikalischen Teil des Abends. Der Nikolaus brachte jedem der Landsleute ein kleines Geschenk.

 

NORDRHEIN-WESTFALEN

Vorsitzender der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen: Erich Grimoni, (22a) Düsseldorf 10, Am Schein 14. Telefon 6 24 14.

 

Rheydt. Auf der Adventsfeier am 8. Dezember las Kulturwart Dombrowski eine Adventsgeschichte von Agnes Miegel. Mitglieder der Jugendgruppe trugen Gedichte, Lieder und Musikstücke vor.

 

Essen. Die Bezirksgruppen Essen-West und Essen-Borbeck laden alle Ost- und Westpreußen zu einer gemeinsamen Weihnachtsfeier am 23. Dezember um 16 Uhr im Lokal „Dechenschenke", Essen-West, Dechenstraße 12, herzlich ein. Zu den Kindern wird der Weihnachtsmann mit bunten Tüten kommen.

 

Essen-Rüttenscheid. Jahreshauptversammlung am Mittwoch, 16. Januar, 20 Uhr, im „Weißen Rössl" (Haltestelle Klaraplatz). — Die Adventsfeier der Bezirksgruppe musste wegen der starken Beteiligung für Kinder und Erwachsene getrennt durchgeführt werden. Nicht nur für die Kleinsten gab es bunte Tüten, sondern auch für die Landsleute über siebzig Jahre.

 

Witten (Ruhr). Im Mittelpunkt der letzten Mitgliederversammlung standen Berichte der Delegierten über die Tagung des Landesverbandes in Duisburg.

 

Soest. Bei der Adventsfeier im Zentralhotel erzählte Lehrer Sabels von der Weihnachtsbäckerei in alter Zeit. Die Kinder der Landsleute trugen kleine Gedichte und Lieder vor und anschließend beschenkte Nikolaus Alt und Jung aus seinem wohlgefüllten Gabensack.

 

Paderborn. Nächster Heimatabend am 6. Januar um 16 Uhr im Hotel Haase. — Auf der Jahreshauptversammlung der Kreisgruppe berichtete der erste Vorsitzende, Heybowitz über die Arbeit im letzten Jahr und gab eine Vorschau auf die Veranstaltungen der nächsten Monate. Über die Landestagung in Duisburg berichtete Schriftführer Buttgereit. Der Vorstand wurde einstimmig wiedergewählt; an Stelle von Landsmann Schaul, der Paderborn verlässt, wurde Landsmann Kirchherr zum Kassenführer bestimmt.

 

HESSEN

Vorsitzender der Landesgruppe Hessen: Konrad Opitz, Gießen, Grünberger Straße 144.

 

Die DJO-Ausstellung. „Deutsches Land im Osten" in Wiesbaden

Vom 24. November bis 2. Dezember lief in Wiesbaden die DJO-Ausstellung „Deutsches Land im Osten", in der auch Ostpreußen einen wichtigen Raum einnahm.

 

Leider waren die Ausstellungsräume sehr eng. Trotzdem konnten in einer Woche rund sechstausend Besucher gezählt werden, davon waren zwei Drittel Schulklassen. Den Schülern und Schülerinnen brachten die Führungen teilweise etwas völlig Neues, und oft genug hörte der verdienstvolle Leiter dieser Ausstellung, Richard Roth: „Es fällt uns wie Schuppen von den Augen. Wir sehen jetzt, wie wichtig das Land jenseits der Oder-Neiße-Linie für uns ist!" Es gab noch eine ganze Reihe solcher bezeichnender Antworten. Dies alles sind Zeichen dafür, dass die DJO auf dem richtigen Wege ist. Die Jugend ist aufgeschlossen für unsere Probleme. Es liegt an den Erwachsenen, die Saat zum Reifen zu bringen.

Berichtet von Gerhard Bedarff, Landesgruppenwart der ostpreußischen Jugend in Hessen

 

Frankfurt a. M. Weihnachtsfeier für die Kinder der Mitglieder am Sonnabend, dem 22. Dezember, um 16 Uhr, im Ratskeller. Weihnachtsfeier für die Erwachsenen am gleichen Tage, um 20 Uhr, im Ratskeller. Der Eintritt ist frei. — Nächster Frauennachmittag am 8. Januar, 15 Uhr, im „Henninger" am Hauptbahnhof, Ecke Münchener Straße. — Die männlichen Mitglieder werden sich am 10. Januar um 20 Uhr in der Gaststätte „Zum Heidelberger", Bockenheimer Landstraße 140 (in der Nähe der Bockenheimer Warte) treffen.

 

BADEN-WÜRTTEMBERG

Vorsitzender der Landesgrupne Barten-Württemberg: Hans Krzywinski, Stuttgart-W. Hasenbergstraße 43. Zweiter Vorsitzender: Regierungsrat de la Chaux, Reutlingen, Karlstraße Nr. 19.

 

Rastatt. Der erste Vorsitzende, Oberst a. D. Kiep, wies zu Beginn der Adventsfeier der Gruppe auf den Sinn der vorweihnachtlichen Zeit hin. Die Spielgruppen unter Leitung von Frau Weidlich und Frau Mallünat verschönten den Abend mit ihren Darbietungen, die reichen Beifall fanden.

 

Seite 21   „Kamerad, ich rufe dich!“

Seit Sommer 1944 wird der Kanonier Günther Hufenbach, geb. 18. Juni 1925, aus Allenstein, Schnellerweg 10, vermisst. Beruf: Elektriker. Er gehörte einer schweren Sturrngeschützabteilung (FPNr. 58 302) an, die in Rumänien eingesetzt war. Er hatte den Sonderauftrag, beschädigte Sturmgeschütze zu bergen.

 

Mitteilungen über das Schicksal von Günther Hufenbach erbittet die Geschäftsführung der Landsmannschaft Ostpreußen. Hamburg 13, Parkallee 86.

 

Seite 22   Wir gratulieren …

zum 92. Geburtstag

am 22. Dezember 1956, Frau Luise Wiontzeck, aus Korschen, jetzt bei ihrer Tochter Auguste Sulewski in Evingsen über Altena, Westfalen, Altenaer Straße Nr. 71 3/4.

 

am 26. Dezember 1956, Frau Anna Kühn, geb. Zorat, Witwe des Stellwerksmeisters Friedrich Kühn, aus Allenstein, Trautziger Straße 7, jetzt bei ihren Töchtern in der sowjetisch besetzten Zone. Sie ist durch ihre jüngste Tochter Charlotte Winter, Schwenningen a. N., Römerstraße 27, zu erreichen.

 

zum 91. Geburtstag

am 9. Dezember 1956, Dr. med. Friedrich W. Spurgat, aus Gumbinnen, jetzt bei seiner Tochter, der Arztwitwe Annie Wilke, in Holxen, Kreis Uelzen. Gegenwärtig ist er im St.-Viti-Krankenhaus Uelzen.

 

am 30. Dezember 1956, Witwe Amalie Holm, geb. Sanowitz, aus Gumbinnen, Lindenweg 21, jetzt in der sowjetisch besetzten Zone. Sie ist durch Frau Gretel Pohl, (22 a) Wuppertal-Elberfeld, Gartenheim 13, zu erreichen.

 

zum 90. Geburtstag

am 23. Dezember 1956, Frau Josa von Wnorowski, Witwe des Rektors der Knaben-Mittelschule, Insterburg, Wilhelmstraße 9, jetzt Hamburg 19, Henriettenstr. Nr. 77.

 

am 25. Dezember 1956, Frau Johanna Batzkus, geb. Lehmann, aus Königsberg, Tragheimer Kirchenstr. Nr. 58, jetzt bei ihrem Schwiegersohn, Glasermeister Rutsch, aus Goldap, in Fischbeck (Weser) über Hameln.

 

am 27. Dezember 1956, Landsmann Friedrich Großmann, aus Groß-Jerutten, Kreis Ortelsburg, jetzt in Elsdorf, Kreis Rendsburg.

 

am 29. Dezember 1956, Sattlermeister Emil von Mirbach, aus Rauterskirch, Kreis Elchniederung, jetzt bei seinem Sohn Walter in Dünnerholz 156 über Bünde, Westfalen, Kreis Herford.

 

am 31. Dezember 1956, Schneidermeister Friedrich Patommel, aus Jägertal, Kreis Insterburg, jetzt in Lehndorf bei Braunschweig, Burbacher Straße 27.

 

am 6. Januar 1957, Frau Auguste Werner, geb. Skrodzki, Witwe des Bürodirektors Rudolf Werner, aus Heiligenbeil, später Osterode. Sie lebt heute in der sowjetisch besetzten Zone in einem Altersheim und ist durch ihre Tochter Eva-Edith Schur, Bielefeld, Ravensberger Straße 7, zu erreichen.

 

zum 89. Geburtstag

am 25. Dezember 1956, Landsmann Gustav Blumenthal, aus Stolzenberg, Kreis Heiligenbeil, jetzt bei seiner Tochter Martha Margenfeld in Gelsenkirchen, Augustastraße 22.

 

zum 88. Geburtstag

am 2. Januar 1957, Frau Johanna Andres, aus Pillau, Tannenbergstraße 26, jetzt bei ihrer Tochter Clara Köpping in Radegast (Elbe), Kreis Lüneburg.

 

zum 87. Geburtstag

am 23. November 1956, Witwe Christine Symon, geb. Marquardt, aus Thebelkehmen, Kreis Goldap, jetzt in Oldenburg, Holstein, Schuhstraße 43.

 

am 6. Dezember 1956, Frau Wilhelmine Rudnik, geb. Nötzel, aus Wartendorf, Kreis Johannisburg, jetzt bei ihrer Tochter Frieda Dudzek in Hage über Norden (Ostfriesland), Siedlung 5.

 

am 20. Dezember 1956, Witwe Lowiese Davideit, aus Friedrichsdorf, Kreis Darkehmen. Sie lebt heute vereinsamt in der sowjetisch besetzten Zone. Ihre Anschrift ist durch M. Radßun, Hannover-Stöcken, Obentrautstraße 48 I, zu erreichen.

 

am 26. Dezember 1956, Oberpostsekretär i. R. Hugo Holzki, aus Schwanis, Kreis Heiligenbeil, jetzt mit seiner Ehefrau in Großelbe 65, Post Ringelheim (Harz).

 

am 27. Dezember 1956, Landsmann Hermann Kerinnus, aus Königsberg, jetzt mit seiner Tochter Doris in Glückstadt (Elbe), Carl-Legien-Straße 8.

 

zum 85. Geburtstag

am 12. Dezember 1956, Frau Luise Gregorzewski, aus Soffen, Kreis Lyck, jetzt bei ihrem Sohn in Scharmbeckstotel, Kreis Osterholz.

 

am 6. Januar 1957, Landsmann Max Görke, aus Ortelsburg, jetzt bei seiner Tochter Emma Mroß in Essen (Ruhr), Langenbeckstraße 40.

 

zum 84. Geburtstag

am 17. Dezember 1956, Frau Helene Tolkmitt, aus Königsberg, jetzt in Hann. Münden, Vogelsang 4, Altersheim.

 

am 23. Dezember 1956, Frau Maria Siebert, aus Eydtkau, jetzt in Ratingen bei Düsseldorf, Nolden Kothen 2, bei ihrer Schwiegertochter.

 

am 25. Dezember 1956, Witwe Berta Preuß, aus Siddau, Kreis Bartenstein, jetzt in einem Altersheim in der sowjetisch besetzten Zone. Sie ist durch Hugo Kösling, Krähenwinkel bei Hannover, Dorfstraße 2 a, zu erreichen.

 

am 26. Dezember 1956, Altbauer Abries Urbant, aus Birstonischken, Kreis Tilsit, jetzt bei seiner Tochter Marie Synofzick, Düsseldorf, Metzerstraße 39.

 

am 6. Januar 1957, Postinspektor i. R. Friedrich Schleinat, aus Sensburg, jetzt mit seiner Familie in (22 b) Heiligenroth bei Montabaur.

 

zum 83. Geburtstag

am 20. Dezember 1956, Frau Klara Scheffler, geb. Hein, aus Prußhöfen, zuletzt Sensburg. Heutige Anschrift: Unna, Westfalen, Am Predigtstuhl 22.

 

am 21. Dezember 1956, Frau Margarete Beutner, geb. Ahrendt, ehemals Domäne Heiligenwalde, Kreis Königsberg, jetzt in Eckernförde, Rendsburger Landstr. Nr. 34.

 

am 26. Dezember 1956, Landsmann Friedrich Doering, jetzt in Flensburg, Mühlenholtz 25.

 

am 26. Dezember 1956, Frau Louise Bader, aus Ortelsburg, jetzt in Herne, Westfalen, Auf dem Beisendreisch 16.

 

am 3. Januar 1957, Lehrer i. R. Bernhard Lenz, aus Jäglack, Kreis Insterburg, zuletzt Elbing. Anschrift: (21 a) Bad Pyrmont, Kirchstraße 22.

 

zum 82. Geburtstag

am 24. Dezember 1956, Frau Helene Tramitz, geb. Haupt, aus Tilsit, Kl. Gerberstraße 6, jetzt bei ihrer Schwiegertochter Käthe in Berlin SW 61, Urbanstraße 5.

 

am 24. Dezember 1956, Witwe Maria Lukau, geb. Fittahl, aus Rastenburg, Schulstraße 31, jetzt in Oldenburg, Holstein, Hospitalstraße 2.

 

am 26. Dezember 1956, Altbauer Gottlieb Kutzborski, aus Balzhöfen, Kreis Lötzen, jetzt mit seiner Ehefrau, zwei Kindern und einem Enkelkind in Alt-Mölln, Kreis Lauenburg.

 

am 28. Dezember 1956, Landsmann Johann Schödler, aus Memel, Libauer Straße 27, jetzt in (24 b) Burg 1. Dithm., Kreisaltersheim.

 

Am 29. Dezember 1956, Kreisobersekretärwitwe Anna Märkert, geb. Lisdat, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, jetzt in der sowjetisch besetzten Zone. Sie ist durch Lydia Märkert, Bad Schwartau, Schließfach 40, zu erreichen.

 

zum 81. Geburtstag

am 10. Dezember 1956, Frau Eva Romanowski, aus Borschimmen, Kreis Lyck, jetzt in Altena, Westfalen, Kronenstraße, bei ihren Kindern.

 

am 23. Dezember 1956, Frau Ida Kelsch, geb. Danielzig, verwitwete Lüneberg, aus Gehlenburg (Bialla), jetzt bei ihrer Tochter Irmgard Birnbaum, in Mengen bei Freiburg im Breisgau, Haus 133.

 

am 23. Dezember 1956, Frau Emma Graetsch, aus Insterburg, Göringstraße 29, jetzt bei ihrer Tochter Emmy Kalthoff in Wuppertal-Elberfeld, Griffenberg 87.

 

am 23. Dezember 1956, Sattler und Polsterer Otto Neumann, aus Schmalleningken, Memelland, jetzt bei seiner jüngsten Tochter Edith Kotthöfer in Heckershausen, Kreis Kassel-Land.

 

am 24. Dezember 1956, Witwe Johanna Hellmig, geb. Zimmermann, aus Königsberg, Alter Garten 59, jetzt bei ihrer Tochter Käthe Schrader, Altenbögge-Bönen, Westfalen, Am Südberg 24.

 

am 24. Dezember 1956, Landwirt Rudolf Noak, aus Schillwen, Kreis Heydekrug, jetzt in Uphusen 263 A, Kreis Verden. Landsmann Noak versah das Amt des Glöckners der evangelischen Kirchengemeinde in der Heimat.

 

am 2. Januar 1957, Kaufmann Otto Federau, aus Königsberg, Sternwartstraße 33/4, jetzt mit seiner Ehefrau in Linz (Rhein), In der Aue 4.

 

zum 80. Geburtstag

am 20. Dezember 1956, Landwirt Gustav Grollmuß, aus Mohrungen-Abbau, jetzt bei seinen Kindern in Michelau (Oberfranken), Lahmstraße 20.

 

am 20. Dezember 1956, Frau Ida Szimanski, geb. Hardt, Witwe des von den Russen verschleppten und in einem Gefangenenlager in Insterburg verstorbenen Oberzollsekretär Hans Szimanski. Heutige Anschrift: Bremen, Osterdeich 136.

 

am 23. Dezember 1956, Frau Anna Nittka, geb. Adam, aus Sensburg, jetzt in Damme (Oldenburg), „Maria Rast".

 

am 23. Dezember 1956, Malermeister Emil Trittmacher, aus Königsberg, Georgstraße 6, jetzt bei seiner Tochter Emmy Riemann in Dortmund-Schuren, Auf dem Hövelland 9.

 

am 24. Dezember 1956, Witwe Hedwig Heyduck, geb. Drwenski, aus Allenstein, Bismarckstraße, jetzt in (24 b) Burg i. Dithm., Unterm Cleve 7 a.

 

am 26. Dezember 1956, Landsmann Michael Kompa, aus Friedrichsthal, Kreis Ortelsburg, jetzt in Wuppertal-Barmen, Hohenstein 80, bei Czelustek.

 

am 27. Dezember 1956, Frau Margarete Borowski, geb. Golz, aus Königsberg, Steindammer Wallstraße 30, jetzt bei ihren Töchtern in Berlin-Halensee, Joachim-Friedrich-Straße 5.

 

am 28. Dezember 1956, Landsmann Friedrich Bergmann, aus Königsberg, Roonstraße 13, jetzt in Grünendeich 131, Kreis Stade.

 

am 30. Dezember 1956, Frau Marie Taube, aus Königsberg, Hippelstraße 13, jetzt bei ihrem Schwiegersohn, Bundesbahn-Oberinspektor Holthöfer, in Trier (Mosel), Maximineracht 19.

 

am 31. Dezember 1956, Hauptlehrerwitwe Antonie Post, aus Osterode, jetzt in Duisburg, Grabenstraße 94. Sie nimmt regen Anteil an dem Ergehen ihrer zwölf Kinder, 26 Enkel und zwei Urenkel.

 

am 1. Januar 1957, Rentner Friedrich Sommerfeld, aus Groß-Schläfken, Kreis Neidenburg, jetzt in (22 a) Mönchen-Gladbach-Ohler, Entenweide 22, bei seiner Schwiegertochter Hedwig.

 

am 2. Januar 1957, Frau Berta Brockert, geb. Toussaint, aus Tilsit, Stiftstraße 12 d, jetzt in Oldenburg i. O., Bremer Straße 71.

 

am 5. Januar 1957, Witwe Gertrud Lehmann, geb. Herbst, aus Ebenrode, Kleiner Markt 4, jetzt bei ihrem Sohn, Kapitänleutnant (Ing.) a. D. Herbert Lehmann in Wanne-Eickel, Schlachthofstraße 63. Die Jubilarin würde sich über Lebenszeichen ehemaliger Freunde und Nachbarn freuen.

 

am 5. Januar 1957, Witwe Elisabeth Schwillo, geb. Grabnitzki, aus Wolfsee, Kreis Lötzen, jetzt in Oldenburg, Holstein, Kurzer Kamp 13, bei ihrer Tochter.

 

zum 75. Geburtstag

am 26. November 1956, Maurerpolier Gustav Bagwitz, aus Ragnit, jetzt in Itzehoe, Holstein, Coriansberg Nr. 31 a.

 

am 5. Dezember 1956, Frau Margarete Walther, aus Goldap, Markt, jetzt in Berlin-Heiligensee, Beyschlagstraße 18.

 

am 12. Dezember 1956, Landsmann Karl Kinderke, aus Parkerau-Rippen, Kreis Heiligenbeil, jetzt bei seiner Tochter Emilie Lenk in Obersuhl über Bebra, Lindenstraße 34.

 

am 19. Dezember 1956, Friseurmeisterwitwe Anna Kiesau, aus Königsberg, Heumarkt 12, jetzt in Marne, Holstein, Süderstraße 64

 

am 20. Dezember 1956, Frau Emma Boegel, aus Allenstein, jetzt bei ihrem Sohn Hans Boegel in Sürth bei Köln, Rotdornallee 18.

 

am 20. Dezember 1956, Frau Elise Weyde, geb. Reske, aus Rastenburg, Sensburger Straße, Witwe des Oberpostbetriebsassistenten August Weyde, jetzt in Harscheid, Post Benrath, Bezirk Köln.

 

am 21. Dezember 1956, Fräulein Lina Voß, aus Kampeneck, Kreis Gerdauen, jetzt mit ihrer Schwester Martha und ihrem Schwager Albert Sprengel in Dürrenmettstetten, Kreis Horb, Württemberg.

 

am 22. Dezember 1956, Frau Bertha Glaubitt, geb. Tollkiehn, aus Königsberg, Rosenstraße 22, jetzt bei ihrem Sohn Helmut in Spieh bei Troisdorf/Köln, Im Rosengarten 8.

 

am 23. Dezember 1956, Rentner Ernst Wittram, aus Königsberg, Steindammer Wall 4 a, jetzt in Bochum, Schmidtstraße 22, bei Familie Krause.

 

am 26. Dezember 1956, Bauer Ferdinand Merwald, aus Scheeren, Kreis Heydekrug, jetzt in Papenburg (Ems), Hauptkanal rechts, 24.

 

am 26. Dezember 1956, Frau Elise Szibbat, aus Gumbinnen, Kirchenstraße 15, jetzt mit ihrer Tochter Charlotte und ihrem Schwiegersohn Karl Hausstein in (23) Quendorf Nr. 72, Kreis Bentheim.

 

am 27. Dezember 1956, Frau Johanna Hübner, geb. Lippki, aus Teistimmen, Kreis Rößel, jetzt mit ihrem Ehemann und der jüngsten Tochter Erna in Nürnberg, Gertrudstraße 9.

 

am 28. Dezember 1956, Kürschnermeister Franz Brandstäter, aus Pillkallen, Tilsiter Straße, jetzt mit seiner Ehefrau Ida Brandstäter, geb. Klein, in Brilon, Westfalen, Am Drübel.

 

am 30. Dezember 1956, Landsmann Franz Löwentat, aus Lindenhaus, Kreis Schloßberg, jetzt in der sowjetisch besetzten Zone. Er ist durch Walter Schneller, Lilienthal über Bremen 5, Falkenberger Landstraße Nr. 45, zu erreichen.

 

am 30. Dezember 1956, Frau Minna Bogatz, aus Widminnen, Kreis Lötzen, wo sie seit 1918 bis zur Vertreibung als Hebamme tätig war. Sie wohnt heute bei ihrer Tochter Edith Dahl in Dortmund-Aplerbeck, Ravensweg 3.

 

30. Dezember 1956, Landwirt Albert Peter, aus Schlobitten, Kreis Pr.-Eylau, jetzt mit seiner Ehefrau und zwei Söhnen in Itzehoe, Holstein Schulstraße 6.

 

am 6. Januar 1957, Finanzamt-Oberinspektor a. D. Albert Holzmann, aus Treuburg, jetzt mit seinen Schwestern in der sowjetisch besetzten Zone. Er ist durch Emil Hillgruber, (23) Bad Zwischenahn, Lange Straße 5, zu erreichen.

 

Goldene Hochzeiten

Eisenbahner i. R. Friedrich Gehlhaar und Frau Hedwig Gehlhaar, geb. Kamann, aus Königsberg-Rosenau, Domnauer Straße 9, jetzt in Itzehoe, Holstein, Sandberg 121, begingen am 1. Dezember 1956, das Fest der Goldenen Hochzeit.

 

Landsmann Gustav Albuschat und Frau Marianne, Bauer aus Sturmen, Kreis Pillkallen, feierten am 19. Dezember 1956, im Beisein ihrer Kinder und Enkel in Lüdenscheid das Fest der Goldenen Hochzeit.

 

Die Eheleute Karl Tautorat und Emma Tautorat, geb. Boemeleit, aus Pamletten, Kreis Tilsit-Ragnit, jetzt in der sowjetisch besetzten Zone, feiern am 24. Dezember 1956, ihre Goldene Hochzeit. Sie sind durch die älteste Tochter Meta Müller, Gelsenkirchen, Liboriusstraße 66, zu erreichen.

 

Am 26. Dezember 1956 feiern das Fest der Goldenen Hochzeit die Eheleute:

Fritz Petereit und Frau Berta Petereit, geb. Schulz, aus Tilsit, Kochstraße 32, jetzt bei ihrer Tochter Margarete Werl in Neuß am Rhein, Christian-Schaurte-Straße 73.

 

Land- und Gastwirt Max Gudat und Frau Luise Gudat, geb. Padubrin, aus Inse, Kreis Elchniederung, jetzt in Wilstedt-Lager, Bezirk Bremen.

 

Landsmann Gustav Rischko und Frau Minna Rischko, geb. Arndt, aus Widminnen, Kreis Lötzen, jetzt in Herford, Altensenner Weg 82.

 

Schmiedemeister Willy Frischmann und Frau Maria Frischmann, geb. Rosinsky, aus Memel, Schlächterstraße 4 a, jetzt in (22 a) Walsum (Niederrhein), Friedrich-Ebert-Straße 14.

 

Taubstummenoberlehrer i. R. Ernst Gubba und Frau Elisabeth Gubba, geb. Kern. Der Jubilar war siebzehn Jahre in Rößel und von 1924 bis zur Vertreibung an der Taubstummenlehranstalt in Königsberg tätig. Das Ehepaar lebte noch bis Ende 1947 in Königsberg, weil es seine Tochter, Dr. Berta Gubba, die Helferin und Mitarbeiterin von Professor Starlinger war, nicht verlassen wollte. Seit 1951 wohnen die Eheleute zusammen mit ihrer Tochter in Frankfurt/Main, Ilbensstädter Straße 3.

 

Landjägermeister i. R. Franz Rillox und Frau Karoline Rillox, geb. Rillox, zuletzt in Steegen, Kreis Pr.-Holland, feiern am 28. Dezember 1956, ihre Goldene Hochzeit. Das Ehepaar stammt aus Szabojeden und Blindischken, Kreis Goldap. Nach Ableistung seiner Dienstzeit bei den 1. Leibhusaren in Danzig kam der Jubilar zur Gendarmerie des Kreises Ostrowo, Provinz Posen, dann nach Abtretung dieses Gebietes nach Posilge, Kreis Stuhm. 1933 trat er in den Ruhestand und übernahm in Altmark einen Bauernhof. Seit 1936 lebte das Ehepaar in Steegen. Anschrift: (16) Neu-Isenburg, Rheinstraße 88.

 

Die Eheleute Karl Loesch und Frieda Loesch, geb. Ebert, aus Pr.-Eylau, Domnauer Straße 11, jetzt in Meinerzhagen, Feldstraße 3, feiern am 28. Dezember 1956, ihre Goldene Hochzeit. Landsmann Loesch war vor der Vertreibung bei der Kreisbauernschaft in Pr.-Eylau tätig.

 

Am 29. Dezember 1956, feiern ihre Goldene Hochzeit Lehrer i. R. Otto Schwolgin und Frau Gertrud Schwolgin, geb. Stattaus, aus Rastenburg. Der Jubilar wirkte hier 30 Jahre an der Hippelschule. Heutige Anschrift: Solingen-Ohligs, Bonner Straße 36, in der Nähe ihrer Kinder und Enkelkinder.

 

Die Eheleute Richard Kayser und Luise Kayser, geb. Lörch, aus Insterburg, jetzt in der sowjetisch besetzten Zone, feiern am 31. Dezember 1956, ihre Goldene Hochzeit. Sie sind durch Spielwaren-Stange, Berlin-Spandau, Hohersteinweg 1 a, zu erreichen. Die Eheleute denken gern an die Zeiten, als sie in der Heimat auf den Jahrmärkten ihre Honigkuchen und Zuckerwaren verkauften.

 

Missions-Inspektor Beier und seine Ehefrau Martha Beier, geb. Schönwald, aus Königsberg, Copernicusstraße, jetzt in Gießen (Lahn), Roonstraße 26, feiern am 4. Januar 1957, das Fest der Goldenen Hochzeit.

 

Oberpräsident a. D, Wilhelm Kutscher

Der ehemalige Oberpräsident der Provinz Ostpreußen in den Jahren 1932 und 1933, Wilhelm Kutscher, wird am 26. Dezember 1926, achtzig Jahre alt. Der gebürtige Pommer wurde 1914 als Vortragender Rat in das Preußische Innenministerium berufen. In dieser Eigenschaft hat er bis zum Jahre 1919 zusammen mit dem damaligen Oberpräsidenten von Batocki den Wiederaufbau Ostpreußens nach den Zerstörungen des Ersten Weltkrieges in die Wege geleitet. 1932 wurde er zum Nachfolger des um seine ostpreußische Heimatprovinz sehr verdienten Oberpräsidenten Dr. h. c. Ernst Siehr ernannt. Im Zuge der politischen Ereignisse wurde der bewährte und rechtlich denkende Oberpräsident 1934 in den einstweiligen Ruhestand versetzt.

 

Oberpräsident a. D. Kutscher lebt jetzt in Göttingen, Nonnenstieg 70. Er gehört als Vorstandsmitglied dem Göttinger Arbeitskreis an und ist auch in dieser Eigenschaft noch für Ostpreußen tätig.

 

Jubiläen

Oberpostinspektor Hans Hoefert, ehemals Oberpostverwalter beim Postamt Haselberg, jetzt beim Postamt Flensburg, begeht am 3. Januar 1957, sein 40-jähriges Dienstjubiläum. Anschrift: Flensburg, Bismarckstraße 103.

 

Am 1. Januar 1957, kann Revierförster Haselmeier aus Starrischken bei Memel auf eine 40-jährige Dienstzeit im Forstberuf zurückblicken. Er ist jetzt in der Revierförsterei Hommershausen, im Kreis Frankenberg (Eder) tätig.

 

Polizeiobermeister August Bartz, jetzt in Bad Homburg v. d. H., Luisenstraße 64 1/2, begeht am 6. Januar 1957, sein 40-jähriges Dienstjubiläum. Er war in Riesenburg, Elbing, Königsberg und nach 1933 bei der Gendarmerie in Lauknen, Rossitten und Reuschenfeld tätig. Heute versieht er seihen Dienst bei dem Polizeikommissariat Obertaunus in Bad Homburg.

 

Oberlademeister Karl Unruh, aus Königsberg, jetzt in (24 b) Flensburg, Ballastbrücke 10, beging bei der Bundesbahn sein 40-jähriges Dienstjubiläum.

 

50 Jahre Führerschein

Der Königsberger Autohändler und Handwerksmeister Kurt Lowitz, ehemals Inhaber der Firma Auto-Lowitz, jetzt in Kiel, Wilhelminenstraße 47/49, Haus der Heimat, konnte am 21. Dezember 1956, den Tag feiern, an dem er vor fünfzig Jahren als erst sechzehnjähriger Autoschlosser mit Sondergenehmigung vom Oberpräsidium seine Kraftfahrerprüfung ablegte. Im Jahre 1912 wurde er als Kraftfahrlehrer zugelassen. Da er außerdem Prüfungsmeister in den Handwerksinnungen und Sportleiter in den beiden größten Automobil-Clubs war, werden sich viele Landsleute seiner erinnern. Obwohl Landsmann Lowitz als beiderseitig Beinamputierter ein schweres Leben hat, hat er seine Ruhe und seinen Humor nicht verloren.

 

Prüfungen

Heinz Skirlo, Sohn des verschollenen Reichsbahnsekretärs Franz Skirlo, aus Rastenburg, jetzt in Herne, Westfalen, Angerstraße 43, bestand in Lippstadt die Prüfung als Zollassistent.

 

Helga Nasilowski, Tochter des ehemaligen Angestellten bei der Ostpreußischen Generallandschafts-Direktion Königsberg Alfred Nasilowski, jetzt in Hannover-Wülfel, Am Mittelfelde 83b, hat ihre Prüfung als technische Assistentin an der Lehranstalt für technische Assistentinnen an der Tierärztlichen Hochschule Hannover als einzige von 48 Prüflingen mit Auszeichnung bestanden.

 

Sieglinde Schröder, Tochter des Bauern Walter Schröder, aus Berndhöfen, Kreis Lyck, jetzt in Biberach/Riß, Weidenweg 23, hat die Prüfung als zahnärztliche Helferin bestanden.

 

Hans Weimel, aus Gehlenburg, jetzt in Heroldsberg/Nürnberg, Kirchenweg 17, hat seine Prüfung als Bäckermeister in Nürnberg bestanden.

 

Friedmar Hempel, Sohn des Postbetriebsassistenten Karl Hempel, aus Göritten, Kreis Ebenrode, jetzt in Remscheid, Waldstraße 37, hat bei der Handwerkskammer Düsseldorf die Maurermeisterprüfung mit „gut" bestanden.

 

Werner Petrowski, aus Lasdehnen, Kreis Tilsit-Ragnit, jetzt in (24 b) Burg i. Dithm., Buchholzer Straße 26, hat bei der Handwerkskammer Flensburg seine Bäckermeisterprüfung mit „gut" bestanden.

 

Siegfried Ernst, Sohn des Fleischermeisters und Viehkaufmanns Walter Ernst, aus Kussen, Kreis Schloßberg, jetzt in Senne I bei Bielefeld, Lippstädter Straße 1290, hat vor der Handwerkskammer Frankfurt/Main die Meisterprüfung im Fleischerhandwerk bestanden.

 

Hansgeorg Tubenthal, ältester Sohn von Walter Tubenthal, aus Treuburg, hat in Buenos Aires sein Examen als argentinischer Bauingenieur mit Auszeichnung bestanden. Er wird sein Studium in Deutschland fortsetzen. Anschrift: Carlos Tejedor 2954, Munro, Buenos Aires, Provincia.

 

Tote unserer Heimat

Professor Hermann Wirth verstorben

Am 18. November 1956, verstarb in Neuwied am Rhein der Königsberger Akademieprofessor und Maler, Hermann Wirth, im 80. Lebensjahr. Nach der Vertreibung aus dem Samland im Februar 1945, musste er zwei schwere Jahre unter der polnischen und russischen Besetzung durchstehen. Dann führte ihn das Geschick in das Bergische Land und an den Rhein, wo er in der Niederlassung der Herrnhuter Brüdergemeine Aufnahme fand und in einem eigenen Heim friedliche Lebensjahre genießen durfte.

 

Geboren wurde Hermann Wirth als Missionarskind am 31. März 1877 in Labrador. Die Schuljahre verlebte er in Niesky O/L, am Pädagogium der Brüdergemeine. Nach anfänglichen Theologiestudien entschied er sich für die Malerei.

 

Im Jahre 1902 wurde er an die Königsberger Kunstakademie berufen, an der er dreißig Jahre lang für die Zeichenlehrerausbildung verantwortlich war. So wurde Ostpreußen zu seiner Heimat. Er heiratete eine Königsberger Kaufmannstochter, die Malerin Edith Wirth, geb. Sukkau, die in den zwanziger Jahren als Zeichenlehrerin an der Ostpreußischen Mädchengewerbeschule wirkte. Beide gehörten zu dem kleinen Kreis von Künstlern, der noch vor dem Ersten Weltkrieg die malerische Schönheit der Kurischen Nehrung entdeckte. Zahllose Gemälde und Zeichnungen mit Motiven aus Preil und Nidden zeugten von der Jahrzehnte überdauernden Liebe zu diesem einzigartigen Stück Erde.

 

Bis auf einige Skizzenbücher und eine Sammlung von Aquarellen, die durch seinen Sohn gerettet werden konnten, ist Hermann Wirths künstlerisches Lebenswerk verlorengegangen. Sein Name gehört in die Reihe von Professornamen wie Cauer, Lahrs, Pfeifer, Storch, Wolff, mit denen er eine Lehrergeneration an der Kunstakademie bildete. Mit ihm ist einer der letzten Überlebenden aus jener Zeit dahingegangen.

 

Professor Richard Schulz verstorben

Im 84. Lebensjahre verstarb Professor Richard Schulz, der fast ein Vierteljahrhundert von 1910 bis 1934 als Gymnasialprofessor am Gymnasium in Insterburg wirkte. Er war viele Jahre Vorsitzender der Altertumsgesellschaft in Insterburg, und er hat sich auch im Vaterländischen Frauenverein vom Roten Kreuz als Schatzmeister betätigt. Er hatte sich 1934 in Kolberg zur Ruhe gesetzt und fand nach der Vertreibung 1945 in Steinfeld, Kreis Vechta, Zuflucht. Ende 1955 zog er nach Münster. Viele Insterburger werden dieser geprägten Persönlichkeit ein ehrendes Andenken bewahren.

 

Seite 23   Familienanzeigen

Wir trauern um unsere geliebte, treusorgende Mutti, unsere gute Omi, die immer für uns da war, unsere liebe Schwester, Schwiegermutter, Schwägerin und Tante, Frau Jenny Klohs, geborene Wallhauer, die am 1. Dezember 1956, im 61. Lebensjahre in Nürnberg verstarb. Lothar Klohs und Frau Trudl Klohs, geborene Förster, Aachen. Egon Rossa und Frau Lieselotte Rossa, geb. Klohs, Gemünden am Main. Charlotte Wallhauer, Nürnberg. Oskar Wallhauer und Familie, München. Ingrid und Jürgen Klohs. Ingeborg und Ursula Rossa. Die Einäscherung fand am 4. Dezember 1956 in Nürnberg statt. Beisetzung der Urne am 3. Januar 1957, um 10 Uhr auf dem Westfriedhof I in Aachen! Aachen, Münsterplatz 3 — früher Johannisburg/Lyck.

 

Fern ihrer geliebten Heimat entschlief sanft nach einem Herzanfall, gestärkt mit den Gnadenmitteln der kath. Kirche, am 3. Dezember 1956, unsere liebe Mutter, Schwieger-, Groß- und Urgroßmutter Barbara Gerigk, früher Paulen, Kreis Braunsberg, Ostpreußen, im 81. Lebensjahre. Sie folgte ihrem Gatten Bernhard Gerigk, welcher auf der Flucht am 14. März 1945 bei Danzdg nach kurzer Krankheit starb. Gleichzeitig geben wir den Tod unseres Töchterchens Elfriede bekannt, welches am 11. März 1945 in Pommern, drei Tage nach einer Blinddarmoperation, im Alter von sieben Jahren entschlafen ist. Im Namen der trauernden Angehörigen: Erich Kellmann und Frau Gertrud Kellmann, geb. Gerigk. Lutzerath, Kreis Cochem (Mosel). Die Beerdigung fand am Donnerstag, dem 6. Dezember 1956 auf dem kath. Friedhof in Lutzerath statt.

 

Nach Gottes Willen verschied am 2. Dezember 1956 unerwartet meine liebe Mutter und Schwiegermutter, meine gute Omi, unsere liebe Schwester, Schwägerin und Tante, Maria Kanscheit, geborene Radtke, aus Gertlauken, Kreis Labiau, Ostpreußen, im Alter von 72 Jahren. In tiefer Trauer im Namen aller Angehörigen: Charlotte Baltrusch, geb. Kanscheit. Adolf Baltrusch. Helga Baltrusch. Melle, Gesmolder Straße 20

 

Am 19. November 1956 nahm der Allmächtige unsere liebe treusorgende Mutter und Oma, Elisabeth Tonnius, geb. Klemm, im Alter von 90 Jahren zu sich. In stiller Trauer: Hans Tonnius und Familie. Minna Krause und Familie. Fritz Tonnius und Frau. Emil Tonnius und Familie. Alfred Tonnius, vermisst. Andersgrund, Kreis Ebenrode, Ostpreußen, jetzt Löhndorf/Wankendorf, Kreis Plön

 

Nach Gottes heiligem Willen entschlief heute, 21.30 Uhr, unsere innig geliebte Mutter, Schwiegermutter, Großmutter, Schwester, Schwägerin und Tante, Maria Lange, geb. Tietz, im Alter von 74 Jahren. Im Namen aller Trauernden: Familie Rehaag. Wangst bei Lautem, Kreis Rößel, Ostpreußen. Leverkusen-Schlebusch I, Wolkenburgstraße 20. 3. Dezember 1956

 

Am 5. Dezember 1956 entschlief nach längerem schwerem Leiden, plötzlich und unerwartet, mein lieber Mann, unser guter Bruder und Schwager, der Gastwirt Otto Wiche, im 61. Lebensjahre. In tiefer Trauer: Frieda Wiche, geb. Rogausch und Angehörige. Suleiken, Kreis Treuburg, jetzt Eckernförde, Norderstraße 58

 

Nach langem schwerem Leiden verstarb fern ihrer ostpreußischen Heimat, im 80. Lebensjahre, meine Mutter, Frau Johanna Palmowski, geb. Langkau, Rastenburg/Allenstein. Alfred Palmowski. Hamburg 39, den 11. Dezember 1956, Mühlenkamp 1. Die Beerdigung fand am Sonnabend, dem 11. Dezember 1956, um 10 Uhr, auf dem Michaelisfriedhof in Lüneburg statt.

 

Fern ihrer geliebten Heimat — Tilsit, Hohe Straße — ging am 5. Dezember 1956 unsere liebe Freundin, Erika Nehbel-Weede, zum ewigen Frieden heim. Im Namen aller Freunde: Käte Eichert. Ludwigsburg, Albrecht-Dürer-Straße 20 oder 30 (schlecht lesbar)

 

Nach langem, mit Geduld ertragenem Leiden verschied meine liebe Frau, meine innigst geliebte Mutter, unsere unvergessliche Schwiegermutter und Großmutter, meine herzensgute Schwester, Gertrud Schmidt, geb. Stankewitz, im Alter von 66 Jahren. In tiefer Trauer: Kurt Schmidt, Gatte. Ursula Maroglio, geb. Schmidt, Tochter. Orlando Maroglio, Schwiegersohn. Orlando Enrique, Enkel. Marta Schumacher, geb. Stankewitz, Schwester. Vlcente Lopez F.C.N.G.B.M.   M. I. Haedo 1460, Provinz Buenos Aires, den 4. Dezember 1956

 

Am 2. Dezember 1956 entschlief unerwartet unsere liebe Mutti, Martha Schemionek, geb. Poerschke. Im Namen aller Angehörigen: Rudolf Schemionek. Neu-Isenburg bei Ffm., Ludwigstraße 47

 

Die Liebe höret nimmer auf!   Herzliches Gedenken. Fern der Heimat entschlief am 17. November 1956, nach längerem Leiden, im 74. Lebensjahre, mein lieber Mann und treuer Lebenskamerad, mein guter Vater, Schwiegervater und Großvater, Postinspektor a. D. Willi Unger, aus Königsberg Pr. Gleichzeitig gedenken wir meines geliebten einzigen Sohnes und Bruders, Abiturient Erhard Unger, Uffz. in einem Flak-Regiment, geb. 22.02.1921, gef. 08.11.1943 südl. Kiew und meiner unvergesslichen Eltern und Großeltern, Polizeibetriebsassistent a. D. Gustav Zander, aus Königsberg-Kl.-Ratshof, geb. 27.07.1868, ermordet 1945 in Königsberg. Gertrud Zander, geb. Bollien, geb. 18.06.1878, gest. 1947 den Hungertod in Königsberg. Erna Unger, geb. Zander. Rosemarie Koschoreck, geb. Unger. Heinz Koschoreck und Hans-Ulrich. Königsberg Pr., Samitter Allee. Jetzt Villingen im Schwarzwald, Dezember 1956, Luzian-Reich-Straße 2

 

Nach kurzem schwerem, mit großer Geduld getragenem Leiden, entschlief heute mein lieber herzensguter und treusorgender Mann, Paul Schipper, viele Jahre Verwalter der Genossenschafts-Molkerei Bladiau, Ostpreußen, während des Krieges Sachbearbeiter im Milchwirtschaftsverband Königsberg Pr., im Alter von 65 Jahren. In stiller Trauer: Hildegard Schipper, geb. Schröter. Metgethen-Königsberg, Röderweg, jetzt Oberhausen-Alstaden (Rhld.), Kerverstr. 181, den 3. Dezember 1956

 

Fern seiner ostpreußischen Heimat verschied am 4. Dezember 1956 nach kurzer schwerer Krankheit mein lieber Onkel, der Landwirt Ernst Grünthal, im 79. Lebensjahre. Im Namen aller Angehörigen: Liesbeth Grünthal. Klein-Lensk, Kreis Neidenburg, Ostpreußen. Jetzt Döhlbergen, Kreis Verden (Aller)

 

Fern seiner geliebten ostpreußischen Heimat verstarb mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwiegervater, Onkel und Schwager, Herr August Gottfried Weiß, geb. 01.12.1885, gest. 08.11.1956, früher Königsberg Pr., im Alter von noch nicht 71 Jahren. Er folgte seinem Sohne Kurt, geb. 13.10.1922 Königsberg Pr., gest. 25.07.1955 Wörrstadt, Rhh. Zum Gedenken an unsere einzige Tochter und Schwester, Traute, geb. 05.11.1924 Königsberg Pr., gest. 19.08.1945 Königsberg Pr. In stiller Trauer: Frau Helene Weiß und Angehörige. Wörrstadt (Rhh.), im Dezember 1956

 

Am 24. Dezember 1956 jährt sich zum zehnten Male der Todestag unseres lieben Vaters, des

Landwirts Karl Ankermann, aus Domtau, Kr. Pr.-Eylau, Ostpreußen. Gleichzeitig gedenken wir unserer lieben herzensguten Mutter, Anna Ankermann, geb. Ankermann, gestorben am 26. Mai 1946, im Lager Vierzighuben, meiner lieben einzigen Schwester, Erna Hein, geb. Ankermann, gestorben am 23. August 1948 in Russland, unseres lieben Schwagers, des Lehrers Rudolf Hein, aus Königsberg Pr., Rippenstraße 3, gestorben im August 1953 und unserer langjährigen treusorgenden Wirtschafterin, Auguste Westphal, deren Schicksal uns unbekannt ist. In Liebe und stillem Gedenken: Fritz Ankermann und Frau Herta Ankermann, geb. Germershausen nebst Kindern Karl und Gudrun und allen Verwandten. Domtau, Kr. Pr.-Eylau, Ostpreußen. Jetzt (20a) Peine, Eulenring 21

 

Wir hofften auf ein Wiedersehn, doch Gottes Wille ist geschehn. Wir konnten Dich nicht sterben sehn, auch nicht an Deinem Grabe stehn. Nach fast elfjähriger Ungewissheit erhielten wir nun vom Suchdienst des Roten Kreuzes die Nachricht, dass unser herzensgutes Muttchen. unsere liebe und gute Groß- und Schwiegermutter sowie Tante, Frau Anna Seitner, geb. Eder, aus Ebenrode, am 25. Dezember 1945, fern der geliebten Heimat, nach den Folgen der Vertreibung in Rostock-Dierkow verstorben ist. Familie Emil Seitner, Lohrheim über Diez. Familie Gerhard Seitner, Bad Ems

 

Wir gedenken unserer nicht mehr unter uns weilenden Lieben: Unseres lieben hoffnungsvollen Sohnes und Bruders, Hans Seitner, geb. 01.09.1932, gest. 23.04.1949 sowj. bes. Zone. Unserer lieben Eltern, Schwiegereltern und Großeltern, Bauer Rudolf Salecker, Rodenheim, Kr. Goldap, geb. 29.10.1882, gest. 12.01.1955 sowj. bes. Zone. Minna Salecker, geb. Naujokat, geb. 05.12.1883, gest. 26.091955 sowj, bes. Zone. Unserer lieben Brüder, Schwager und Onkel, Alfred Salecker, geb. 23.04.1913, gef. 04.08.1942 Russland. Artur Salecker, geb. 05.09.1920, gef. 14.07.1944 Russland. Lehrer Emil Seitner. Herta Seitner, geb. Salecker. Gisela, Werner, Ilse. Wickenfeld, Kreis Ebenrode, jetzt Lohrheim über Diez (Lahn)

 

Zum Gedächtnis. Am 16. Dezember 1956, war es zehn Jahre her, seit uns unser innig geliebter Vater, der Kaufmann und frühere Gutsbesitzer Erich Schülke, für immer verließ. Er starb in der Heimatstadt Königsberg Pr. den Hungertod, wo ihn unsere liebe Mutti auf dem Luisenfriedhof beigesetzt hat. Ihm folgte in der Sowjetzone im Jahre 1950 seine liebe Frau, unsere treusorgende Mutter, Hanna Schülke, geb. Igney, nachdem sie 1947 geschwächt und krank Königsberg verlassen konnte. In stillem Leid und im Namen aller Verwandten und Bekannten: Die Kinder, Herbert Schülke, Bern, Schweiz, Brunnadernstr. 21 (Bäckerei Reinhard). Wally Waldbauer, geb. Schülke mit Gatten. Stuttgart-Vaihingen, Scheffelstraße 27

 

Gott der Herr rief am 8. Dezember 1956, fern der geliebten Heimat, nach einem Leben rastloser Arbeit und nimmermüder Sorge für ihre Lieben, unsere herzensgute Mutter, Schwieger-, Urgroß- und Großmutter, Schwester, Schwägerin und Tante, Frau Henriette Sadek, geb. Druba, kurz nach vollendetem 77. Lebensjahre, heim in sein himmlisches Reich. Im Namen aller Trauernden: Charlotte Sadek. Duisburg-Ruhrort, den 8. Dezember 1956, Landwehrstraße 7, früher Sonnau, Kreis Lyck, Ostpreußen. Die Beerdigung fand am Mittwoch, dem 12. Dezember 1956, 14 Uhr, von der Leichenhalle des Ruhrorter Friedhofes aus statt.

 

Seite 24   Familienanzeigen

Gott der Herr nahm unerwartet, durch die Folgen eines tragischen Unfalls, unseren teuren herzensguten Vati und Schwiegervater, unseren lieben Schwager und Onkel, den Administrator i. R. Robert Marks, im 89. Lebensjahre, fern von seinem geliebten Ostpreußen, zu sich in die ewige Heimat, in die unsere liebe Mutter ihm vor fünfzehn Monaten vorausgegangen ist. In stiller Trauer: Edith Marks und Hans Marks. Ilse-Käthe Marks, geb. Bär. Elisabeth Bär und Martin Bär. Anna Marks. Mia Martens und Walter Martens, und Angehörige. Fürstenhagen, Bez. Kassel (früher Bartenstein, Ostpreußen) Melsungen, Hess.-Lichtenau. Hamburg, den 5. Dezember 1956

 

Es ist bestimmt in Gottes Rat, dass man vom Liebsten, was man hat, muss scheiden. Im festen Glauben an eine Genesung verschied plötzlich und unerwartet, unfassbar für uns alle, mein geliebter unvergesslicher Mann, unser treusorgender Vater, Schwager, Onkel und Cousin, Ernst Werner, geb. 24. März 1902, gestorben am 10. November 1956. In stiller Trauer: Ida Werner, geb. Winkler nebst Kindern und Verwandten. Wiese, Kreis Mohrungen, Ostpreußen. Jetzt Esch über Stommeln, Ihenhovener Straße 17, Landkreis Köln. So lebt denn wohl, ihr meine Lieben. Ich wäre so gern bei euch geblieben. Doch meine Krankheit war so schwer. Für mich gab's keine Heilung mehr.

 

In immerwährender Trauer und Liebe gedenken wir an seinem Geburtstag, dem 25. Dezember 1956, der auch im Jahre 1944 der letzte Tag unseres Beisammenseins war, meines geliebten Mannes, meines guten Vaters, Horst Thimm, Reichsbahn-Oberinspektor, dessen zehnjähriger Todestag im April d. J. war. Er ruht in seiner über allesgeliebten Heimaterde. Sein Leben war Güte und Treue. In tiefem Weh: Else Thimm, geb. Klapper und Tochter Gisela. Königsberg Pr., Powundener Straße 36, jetzt Ottersweier, Kreis Bühl, Baden, Lindenweg 282 b

 

Am 10. Dezember 1956 entschlief sanft nach schwerer Krankheit mein lieber Mann, unser herzensguter treusorgender Vater, Schwiegervater, Großvater, Bruder, Schwager und Onkel, Friedrich Pokorra, Im Alter von 77 Jahren. Im Namen der trauernden Angehörigen: Auguste Pokorra, geb. Linka. Hildesheim, An den vier Linden 39, früher Ortelsburg, Yorckstraße 34

 

Fern seiner heimatlichen Scholle entschlief unerwartet mein lieber Mann, unser lieber Vater, Schwiegervater und Opa, Richard Treskatis, früher Neumalken, Kreis Lyck, Im Alter von 79 Jahren. In tiefer Trauer: Luise Treskatis, geb. Borawski. Paul Treskatis und Frau Hannalisa Treskatis, geb. Jensen. Erich Treskatis und Frau Magda Treskatis, geb. Stoltenberg. Hellmuth Treskatis und Frau Erika Treskatis, geb. Metternich. Erika Treskatis und Enkelkinder. Todendorf über Trittau, Bez. Hamburg, den 19. November 1956

 

Heute Nachmittag entschlief plötzlich und unerwartet mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwiegervater, Opi, Bruder, Schwager und Onkel, Gend.-Oberleutnant a. D. Karl Annuß, früher Eichhagen, Kreis Ebenrode, Ostpreußen, im 72. Lebensjahre. In stiller Trauer: Ida Annuß, geb. Marchlowitz. Helmut Annuß nebst Familie. Waltraud Kurtz, geb. Annuß, nebst Familie und alle Anverwandten. Altschermbeck, den 11. Dezember 1956

 

Nach einem arbeitsreichen Leben entschlief am Dienstag um 4 Uhr mein lieber Mann, unser treusorgender Vater, Schwiegervater und Großvater, Franz Salewski, im fast vollendeten 88. Lebensjahre. In tiefer Trauer: Ida Salewski, geb. Aßmann. Ernst Salewski (Nammen). Max Salewski (Gr.-Döhren). Olga Salewski, geb. Hoffmeyer. Waltraud und Kurt, als Enkel. Namm , den 27. November 1956, früher Ohldorf (Kulligkehmen)

 

Zum zehnjährigen Todestag. In Liebe und Dankbarkeit gedenken wir meines geliebten Mannes, unseres treusorgenden und verehrten Vaters, unseres Groß- und Urgroßvaters, Schwiegervaters, Schwagers und Onkels, des Lehrers i. R. Heinrich Blonski, geb. 16.01.1870, gest. 24.12.1946. Vor der Vertreibung in Mertenheim und zuletzt in Lötzen wohnhaft gewesen. Martha Blonski, geb. Lange. Hildegard Rumland, geb. Blonski. Gertrud Brama, geb. Blonski. Alfred Blonski und Frau Lotte Blonski, geb. Purwien. Willi Rumland. Artur Brama, sechs Enkelkinder und zwei Urenkel

 

In Wehmut und stiller Trauer gedenke ich der Wiederkehr des 10. Todestages meines Bruders, Herrn Gustav Karp, Kaufmann, gest. 07.06.1946 in Königsberg-Rothenstein. H. Karp. Hamburg-Schenefeld, Klaus-Groth-Straße 1

 

Dem allmächtigen Gott hat es gefallen unseren lieben treuen Sohn, Bruder, Schwager und Onkel, meinen inniggeliebten Bräutigam, Heinz Zander, im 32. Lebensjahre, am 3. Dezember 1956, von dieser Welt abzurufen. Gleichzeitig gedenken wir unseres lieben Manfred, der im Januar 1945 für seine geliebte Heimat in Ostpreußen fiel. In tiefer Trauer: Adolf Zander und Frau. Familie Gerhard Zander. Familie Arno Weiss. Heta Czibrowski, als Braut. Döbern, Kreis Pr.-Holland. Jetzt Mittelbuchen, Kreis Hanau, Wellsee bei Kiel

 

Unerwartet entschlief im gesegneten Alter von fast 81 Jahren mein lieber Vater und Schwiegervater, der Gestütwärter i. R. Otto Kirstein. Er folgte nach neun Jahren unserer lieben Mutti, Hedwig Kirstein, geb. Bönke, früher Georgenburg, Ostpreußen, in die Ewigkeit und ist in der sowjetisch besetzten Zone am 26. November 1956 beigesetzt worden. Am 8. Dezember 1956 erlöste Gott unsere liebe Tante, Ida Neumann, geb. Bönke, früher Leske, Westpreußen, jetzt sowjetisch besetzte Zone, im Alter von 75 Jahren. In stiller Trauer: Otto Kelch und Frau Irmgard Kelch, geb. Kirstein. Traventhal, Holstein

 

In stiller Wehmut gedenken wir des harten Schicksals unserer Lieben, die durch die Kriegsereignisse in der Heimat ihr Leben verloren. Kaufmann Albert Kremp, geb. 08.01.1877, gest. März 1946; Anna Kremp, geb. Thalau, geb. 15.07.1878, gest. 18.02.1947; Franziska Neumann, geb. Anger, geb. 04.10.1879, gest. 04.02.1946; Hedwig Thalau, geb. 23.09.1891, gestorben Januar 1947. Ihr bleibt uns unvergessen. In Liebe und Dankbarkelt im Namen aller Angehörigen: Hans-Gerhard Kremp und Familie. Königsberg Pr., Hoffmannstraße 18. Jetzt Bremen-Hemelingen, Bahnhofstraße 11

 

Ein treues Mutterherz hat aufgehört zu schlagen. Am 3. Dezember 1956 verstarb nach langem, mit großer Geduld getragenem Leiden und kurzer schwerer Krankheit unsere geliebte, treusorgende gute Mutter, Schwiegermutter, unsere liebe Omi, Minna Groß, geb. Günther, im Alter von 71 Jahren. Wir haben sie am 7. Dezember 1956 in Düren zur letzten Ruhe gebettet. Gleichzeitig gedenken wir unseres geliebten Vaters, Schwiegervaters und lieben Opas, des Glasbläsers Fritz Groß, der am 2. April 1947, im Alter von 63 Jahren, in Königsberg, fern seiner Lieben, den Hungertod starb. Unvergessen von ihren dankbaren Kindern: Hellmuth Groß, Düsseldorf, Apollinarisstraße 24. Magda Schmidtke, geb. Groß, Hameln, Spittastr. 28. Herta Bestvater, geb. Groß, sowj. bes. Zone. Erna Haese, geb. Groß, Lauenstein (Hann.), Haus 244. Horst Groß, Düsseldorf, Becherstraße 22. Christel Peukert, geb. Groß Düren, Am Pletzerturm 10 sowie Schwiegertöchtern, Schwiegersöhnen und sieben Enkelkindern, früher Königsberg Pr., Steind. Wall 18. Heiligenbeil, Memeler Weg 5. Ortelsburg, Ernst-Mey-Straße 39

 

Am 8. November 1956 entschlief sanft nach langem schwerem Leiden unsere liebe herzensgute Mutter, Schwester, Schwägerin und Tante, Paula Katlun, geb. Schoeler, im Alter von 55 Jahren.

Sie folgte unserem lieben Vater, Bauer Max Katlun, der am 9. Februar 1951, im Alter von 52 Jahren, verstorben ist. In tiefer Trauer, die Kinder, Gerda Katlun und Werner Katlun. Absteinen, Kreis Tilsit, Ostpreußen. Jetzt Glesch, Kreis Bergheim, Bezirk Köln

 

Am 1. November 1956, entschlief nach schwerer, mit Geduld ertragener Krankheit, wohlversehen mit den Tröstungen der kath. Kirche und umsorgt von den Landsleuten ihrer ermländischen Heimat Mehlsack und Heilsberg, im Kapuzinerkloster von Säckingen, Südbaden, unsere liebe herzensgute älteste Schwester und Tante, die Witwe Frau Berta Klaffke, geb. Strittmatter, früher Mehlsack, Allenstein, Tilsit und Heilsberg, im 69. Lebensjahre. Nach grauenhafter Flucht über das Eis des Haffs ihrer Heimat hatte sie nach vierjähriger Internierung hinter den Stacheldrahtlagern Dänemarks in Südbaden ihre letzten Lebensjahre im Kreise ostpreußischer Landsleute und liebgewonnener süddeutscher Menschen, in ständigen Werken christlicher Nächstenliebe, für notleidende ostpreußische Landsleute der Sowjetzone verbracht. Sie folgte ihrem im Jahre 1937 in Heilsberg verstorbenen Lebensgefährten. Ferner gedenken wir unseres 1946 in der sowj. bes. Zone verhungerten Schwagers, des Postinspektors August Boguhn, Allenstein und des Polizeimeisters Gottfried Gröben, genannt Grabowski, Allenstein, der im April 1945 im russischen Gefangenenlager Stablack bei Pr.-Eylau letztmalig gesehen und seitdem verschollen ist. Wer kennt ihn und weiß etwas über sein Schicksal? Wer kann uns über ihn eine Nachricht oder Gewissheit über seinen Tod geben?

Die Beerdigung ist am 4. November 1956, unter zahlreicher Anteilnahme ihrer vertriebenen ermländischen Landsleute Südbadens vom Kloster aus in Säckingen (Oberrhein) erfolgt.

Im Namen der Geschwister (sowj. bes. Zone) und aller Verwandten: Heinz-Jos. Strittmatter, Allenstein. Jetzt Cuxhaven, Strichweg 76

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