Ostpreußen-Warte, Folge 09 vom September 1954

Ostpreußen-Warte

Folge 09 vom September 1954

 

Seite 1   Moskau schlägt die EVG

Foto: Das Lycker Rathaus

Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft ist vom französischen Parlament endgültig abgewürgt worden. Der Ehrenpräsident des Parlaments, Edouart Herriot, zweiundachtzig Jahre alt und ein seit Jahrzehnten bewährter Freund Moskaus, sandte ihr einen wahren Bannfluch nach. Sein Vorschlag, an Stelle der EVG müsse ein Großeuropa unter Einschluss Englands und der Sowjetunion geschaffen werden. Mit anderen Worten: eine Triple-Entente gegen Deutschland, denn in der Vorstellung des greisen Entente-Politikers Herriot kann eine europäische Vereinigung nur den einen Zweck und das eine Ziel haben: Deutschland niederzuhalten.

 

Die EVG ist also pleite. Sie war alles andere denn ein guter Plan. Am allerwenigsten für die Bundesrepublik. Aber in Brüssel und in der französischen Nationalversammlung ist nicht einem schlechten Plan, sondern der Idee der europäischen Verteidigungsgemeinschaft selbst der Todesstoß versetzt worden. Moskau drückte Mendes-France den Dolch in die Hand. Es gab dem ehrgeizigen französischen Ministerpräsidenten durch den indochinesischen Waffenstillstand die Möglichkeit, aus Genf als „Friedensbringer“ heimzukehren und Ministerpräsident zu bleiben. Diesen Vorschuss hat Mendes-France dankbar quittiert, in dem er die EVG liquidierte. Der Sieger in dem nun hinter uns liegenden spektakulären Komödienspiel um die EVG ist Moskau. Nur Moskau und niemand anders. Das Schlimme ist, dass man im Westen die eigene Niederlage und den Triumph der Sowjets nicht voll begreift. Die Mehrheit der französischen Nationalversammlung scheint, soweit sie nicht bewusst auf eine Triple-Entente zwischen Frankreich, England und der Sowjetunion spekuliert, an einen Erfolg über die in der EVG steckende „deutsche Gefahr“ zu glauben, die deutsche Sozialdemokratie wiederum bucht die Pleite der EVG als ihren eigenen Triumph über Adenauer. In Wirklichkeit ist etwas Beängstigendes geschehen: Moskau hat seit Jalta und Potsdam seinen größten Sieg über die westliche Welt errungen.

 

Als vor drei Jahren das EVG-Projekt den westeuropäischen Parlamenten zur Abstimmung übergeben wurde, begriff Moskau sofort die Gefahr, die seinem weltrevolutionären Aktionsprogramm drohte: es war sich klar, dass ein Zustandekommen der europäischen Verteidigungsgemeinschaft, dass vor allem die Aktivierung des deutschen Wehrpotentials das Gewicht der Kräfte in Europa zu Gunsten des Westens verschieben müsste. Daher handelte der Kreml mit gewohnter Planmäßigkeit und Energie. Er unternahm alles um die europäische Verteidigungsgemeinschaft  zu verhindern. Er verhandelte auf dem diplomatischen Spielfeld, er korrumpierte hinter den Kulissen, er drohte, lockte, er ließ alle Minen springen. In dem teils offenen, teils subersiven Ringen um die EVG hat sich Moskau an taktischem Geschick, an Zielstrebigkeit und an Intelligenz dem Westen turmhoch überlegen gezeigt. Der Erfolg ist ihm auch nicht versagt geblieben.

 

Die EVG ist von den Sowjets mit Hilfe der Franzosen zu Tode gehetzt worden. Was nun? Wo ist jetzt die Alternativlösung? Die Gegner der EVG haben immer wieder versichert, Adenauer sei mit seiner Politik in eine „Sackgasse“ geraten und aus dieser Sackgasse könne man nur heraus, wenn man die EVG-Politik über Bord werfe. Es wird sich jetzt zeigen, ob die Opposition in der Lage ist, eine brauchbare Alternativlösung anzubieten. Bisher beschränkte sie sich auf Obstruktion; nun müssten konstruktive und realisierbare Vorschläge gemacht werden. Wir bezweifeln, dass die Opposition dazu in der Lage sein wird.

 

Adenauer hat nach Meinung seiner Gegner eine entscheidende Niederlage erlitten. Aber es scheint vielleicht nur so! Vielleicht hat er gerade durch sein „stures“ Festhalten am EVG-Plan eine Wirkung erzielen wollen und auch erzielt, die für Deutschland Gewinn bedeutet. Man vergesse nicht: das EVG-Projekt kam aus Frankreich, und wenn Bonn es abgelehnt hätte, wie es die SPD verlangte, dann hätten die Deutschen das Odium auf sich geladen, antieuropäisch zu sein. Vielleicht besteht Adenauers staatsmännische Klugheit gerade darin, dass er sich zum Wortführer eines Planes machte, der der Bundesrepublik die meisten Verzichte und Lasten auferlegte, den Bonn jedoch trotzdem bejahen musste, um den Nachweis guten Willens zu liefern. Adenauer wird die Mängel der EVG zumindest ebenso klar erkannt haben wie seine parteipolitischen Gegner. Aber er wusste, dass die Wiederherstellung der deutschen Souveränität und die Anerkennung der Bundesrepublik als Partner der Westmächte niemals in der Opposition gegen den EVG-Plan erreichbar sein würde, sondern dass die Chance der Bundesrepublik darin bestand, vorbehaltlos für die EVG zu pauken. Das war geschickt gedacht und geschickt durchgeführt. Nicht die Bundesrepublik ist heute isoliert, sondern Frankreich. Denn nicht Bonn hat die EVG abgewürgt, sondern Paris. Diese Tatsachen bedeuten Kapital!

 

Die Idee einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft ging im Parlamentsspektakel und in den subversiven Intrigen des Kreml unter. Ob dieser Rückschlag überwunden und eine bessere Formel der Zusammenfassung der europäischen Kräfte gefunden werden wird, bleibt abzuwarten. Aber dem Fiasko der EVG steht als Aktivum für uns gegenüber, dass jetzt notwendigerweise ein neues Konzept der europäischen Politik entwickelt werden muss, in dem die Bundesrepublik eine angemessenere Rolle beanspruchen darf, als dies im EVG-Projekt der Fall war. Und so betrachtet, hat der Zusammenbruch der EVG-Politik eine Situation geschaffen, die eine Neuverteilung der Kräfte und Gewichte unerlässlich macht und daher sich auch positiv auswirken kann.

 

 

Seite 1   Theater um Oder-Neiße-Linie

Das „Deutsche Theater“ in Ost-Berlin sieht für die kommende Saison die Uraufführung des Stückes „Die Dorfstraße“ von A. Matusche vor. Das Stück, das der Verfasser auf Bestellung der Kulturabteilung des SED-Zentralkomitees schrieb, handelt von den Beziehungen zwischen polnischen und deutschen Menschen nach 1945. Recht häufig ist, wie könnte es auch anders sein, von der Unantastbarkeit der Oder-Neiße-Linie und von den urpolnischen Gebieten (gemeint sind die deutschen Ostgebiete) die Rede. Wie man sieht, wird mit allen Mitteln versucht, die sogenannte Friedensgrenze populär zu machen. Selbst das Theater muss herhalten.

 

 

 

Seite 1   Großangelegtes Ränkespiel. Der Kreml befürwortet „europäisches Sicherheitssystem“ unter Frankreich

Dass Ministerpräsident Mendés-France nach dem Scheitern der Brüsseler Konferenz nicht nach Paris zurückkehrte, sondern den britischen Ministerpräsidenten Sir Winston Churchill besuchte, hatte seine guten Gründe: Wir wissen, dass er Churchill dazu überreden wollte, die Amerikaner in ihrem Drang, der Bundesrepublik die Souveränität zurückzugeben, zu bremsen. Wir wissen auch, dass Sir Winston ausgewichen ist. Herr Mendés-France soll aber, zuverlässigen Informationen zufolge, noch andere Dinge in seiner Aktenmappe mitgefühlt haben, als er am Sommersitz Churchills erschien. Der überraschend vor der Brüsseler Konferenz in Paris aufgetauchte Herr Wyschinsky soll dem französischen Ministerpräsidenten eine Botschaft Malenkows überbracht haben, darin dieser eine Zusammenkunft mit Mendés-France außerhalb der Sowjetunion vorgeschlagen habe. Diesem Vorschlag soll der Plan der Abhaltung einer Konferenz der „Großen Drei von Europa“ zugrunde liegen.

 

Diese Konferenz soll ein „europäisches Sicherheitssystem“ unter Führung Frankreichs und selbstverständlich unter Ausschaltung der USA anstreben. Das wiedervereinigte Deutschland soll im Rahmen jenes europäischen Sicherheitssystems in entmilitarisierter Gestalt einbezogen werden. Mendés-France soll in diesem Zusammenhang, zuverlässigen Korrespondentenmeldungen zufolge, bereits gewisse Abreden mit Sowjetrussland in Genf getroffen haben.

 

Hier ist offensichtlich ein groß angelegtes diplomatisches Ränkespiel im Gange. Die Reise des britischen Labour-Führers Attlee und einiger anderer Labour-Abgeordneter nach Moskau und Peking gehört in das gleiche Kapitel. Man weiß, dass diese Reise von höchsten britischen Regierungsstellen toleriert wurde. Es besteht ferner kein Zweifel, dass der Starreporter des „Daily Express“, Seston Delmer, sehr viel mehr über die wahren Hintergründe von Johns Frontwechsel weiß, als er zuzugeben bereit ist. John wurde zu einem Zeitpunkt zu den Sowjets geschickt, als die Endphase des Ringens um die EVG in Frankreich einsetzte. Niemand ist so naiv, diese Tatsache als einen reinen Zufall anzusehen, zumal inzwischen bekannt wurde (Indiskretion der Pariser Zeitung „aux écoutes“), dass Sir Winston Churchill in einem persönlichen Brief an Mendés France unter anderem geschrieben hat:

 

„Ich bin sehr beunruhigt über die immer enger werdenden Beziehungen zwischen Amerika und der Regierung des Bundeskanzlers Adenauer. Man brockt uns da etwas ein, auf das man etwas achten sollte. Dies sollte uns zu einer gewissen Klugheit und zu großer Wachsamkeit veranlassen“.

 

Vor dem Hintergrund dieses Briefes und des Gesprächs zwischen dem französischen und dem britischen Premierminister hat es den Anschein, als hätte Sir Winston sein Telegramm an den Bundeskanzler gerichtet, um eine Beruhigungsgeste auch in Richtung auf Washington zu machen.

 

Dass das westdeutsche Brutto-Sozialprodukt im Jahre 1953 um 6 Prozent oder 8 Mrd. auf 134 Mrd. DM gegenüber dem Jahre 1952 zugenommen hat, beunruhigt seit langem die englischen Industrie- und Wirtschaftskreise beträchtlich. Das „deutsche Wirtschaftswunder“ wurde in Großbritannien, aber auch in Frankreich, zum ständig umgehenden Schreckgespenst. Stalin und seine Berater wussten sehr gut, in welche Falle sie mit Hilfe von Alger Hiss (der später als Sowjetagent entlarvt wurde) Roosevelt und Churchill lockten, als sie beide dazu überredeten, in Jalta der Vertreibungsaktion von rund 15 Millionen Deutschen aus deren uralten deutschen Siedlungsgebieten in Ost- und Südosteuropa zuzustimmen. Diese Vertreibung, das sah Stalin voraus, würde über kurz oder lang einen sozialen und bevölkerungsmäßigen Überdruck in dem zu allem seiner landwirtschaftlichen Überschussgebiete beraubten und territorial weiterhin verengten Restdeutschland heraufbeschwören. Diese Erscheinungen würden — auch das wusste Stalin genau — jenes Restdeutschland aus Gründen seiner nackten Existenz alsbald zu einer gewaltigen Steigerung seiner Exportwirtschaft zwingen. Ein scharfer Konkurrenzkampf würde zwischen ihm und den übrigen westlichen Industriestaaten, insbesondere England, entbrennen, der selbstredend zu erheblichen politischen Spannungen führen müsste.

 

Wie sehr diese Konzeption des Kremls durch die spätere Entwicklung gerechtfertigt wurde, beweist täglich aufs Neue ein Blick in die englischen Zeitungen. Das Gespenst der deutschen Konkurrenz auf den Weltmärkten geistert unaufhörlich durch die Spalten. Selbstredend ist niemand bereit, die in Jalta gemachten Fehler zuzugeben. Niemand findet sich, der darauf hinwiese, dass die entsetzlichen Kriegszerstörungen des Luftkrieges zur Mitursache einer großzügigen Ankurbelung der deutschen Investitionsgüter-Industrie geworden sind. Niemand legt sich Rechenschaft darüber ab, dass es nicht zuletzt auch die widersinnigen Demontagen waren, die entscheidend dazu beitrugen, das große Teile der Industrie Westdeutschlands alsbald die modernst ausgerüsteten Betriebe ihrer Art in Europa wurden, weil sie vielfach sozusagen beim Punkt Null beginnen mussten. Dazu kommt, worauf erst kürzlich ein führender schweizerischer Wirtschaftsjournalist in zutreffender Weise hingewiesen hat, dass eines der wesentlichsten Momente des deutschen Wirtschaftserfolges in der deutschen Arbeitsleistung liege. Er fand, dass im Jahre 1953 durchschnittlich 47,9 Arbeitsstunden gegenüber 47,4 im Jahre 1951 geleistet wurden. „Diese Zahlen liegen beträchtlich über den vergleichbaren Zahlen für die meisten anderen Industrieländer. Sie entschleiern eine der wichtigsten Voraussetzungen für das rasche Tempo des Wiederaufbaus“ — so schrieb er,

 

Man muss sich dies vor Augen halten, will man die Hintergründe der jüngst abgerollten, von Sefton Delmer schon im März inszenierten Pressehetze im konservativen „Daily Express“ erkennen. Er hatte in Jack Fishman einen würdigen Vorreiter, der in dem britischen Boulevardblatt „Empire News“ Ende 1953 eine Deutschland hemmungslos diffamierende Artikelserie über den angeblich wiedererwachenden Militarismus und Faschismus veröffentlichte, Sefton Delmers Spuren folgte, als dieser mit einer neuerlichen Hetzserie den Verräter John reinzuwaschen suchte, um die Aufmerksamkeit von seiner eigenen Mitschuld am Fall John abzulenken, alsbald Mr. Bruce Rothwell, der im liberalen „News Chronicle“ unter dem Titel „Kommen die Nazis wieder?“ die Brunnen nach Herzenslust vergiftete. Ihm wiederum folgte beflissen das führende Organ der Labour Party, „Daily Herald“, mit der groß angekündigten Serie „Deutschland ohne Maske“.

 

Im ersten Artikel dieser Serie ließ das britische Arbeiterblatt bereits die Katze aus dem Sack. Es befürwortete höhere deutsche Löhne, weil es sich davon eine Schwächung der deutschen Exportfähigkeit und ein merkbares Nachlassen des deutschen Konkurrenzdrucks auf England versprach. Deshalb klatschte das Labour-Blatt den Streikunruhen in Hamburg und Süddeutschland inbrünstig Beifall. Es bezeichnete die deutschen Streiks gewissermaßen als Bestätigung für die Richtigkeit seiner These.

 

Bringt man diese Schützenhilfe einflussreicher britischer Linkskreise in den natürlichen Zusammenhang mit den oben geschilderten Hetzartikelserien anderer linksorientierter Journalisten Englands, ferner in Zusammenhang mit der Reise Attlees und seiner Parteifreunde nach Moskau und Peking und stellt man dieses merkwürdig anmutende Zusammenspiel vor den Hintergrund des Ränkespiels von Mendés-France anlässlich seines Besuches beim britischen Premierminister, so wird einem manches klar. Mögen gewisse Nachrichten darüber, dass der Sicherheitschef der Sowjetzone, Ernst Wollweber, einst Rotspanien - General und langjähriger Sabotagespezialist, seine Vertrauensleute in die Streikkomitees Westdeutschlands eingeschleust haben, da oder dort auch übertrieben bewertet worden sein, so ist doch sicher, dass ihm und der SED die Streikaktionen in Westdeutschland hochwillkommen sind. Wollweber selbst hat ja in einem Arbeitsbericht des von ihm geleiteten „Komitees für Streikfragen“ bekannt gemacht, dass er seit April 1953 in zwei Spezialheimen 210 westdeutsche, offenbar kommunistische, Gewerkschaftler „individuell ausgebildet“ habe. Bedenkt man ferner, dass auch die Streikaktionen zeitlich mit dem entscheidenden Stadium des Ringens um die EVG im französischen Parlament zusammenfielen, so müsste man wahrhaftig die Naivität eines vorgeschichtlichen Höhlenmenschen besitzen, wollte man übersehen, dass hier ein gefährliches Kulissenspiel zwischen einflussreichen Kreisen westlicher Länder und dem Kreml hinter dem Rücken der offiziellen politischen Institutionen im Gange ist, um die amerikanische Außenpolitik zu torpedieren und um die Bundesrepublik politisch zu isolieren. Wem mit diesem Bestreben allein gedient ist, darüber dürfte es keine Meinungsverschiedenheit geben.

 

 

Seite 2   500 000 vergiftete Geschichtsbücher

Es hat verhältnismäßig lange gedauert, bis die Geschichtsbücher für die Schulen der Sowjetzone vorlagen, aber jetzt sind seit dem Herbst 1953 mehr als eine halbe Million Bücher für das 5. Bis 8. Schuljahr ausgegeben worden, und nachdem nun auch die Lesebücher und Erdkundebücher vorliegen, muss festgestellt werden, dass die Schulkinder der Sowjetzone planmäßig geistig vergiftet werden. Dass die unter Leitung des Ministers Wandel herausgegebenen Geschichtsbücher die Sowjetisierung fördern sollten, das war von vornherein anzunehmen, dass aber durch geradezu unglaubliche Geschichtsfälschungen auch die Slawisierung in deutschen Geschichtsbüchern gepriesen wird, das erschien unvorstellbar.

 

Die jetzt vorliegenden vier Geschichtsbücher bezwecken nichts anderes als eine Rechtfertigung der Oder-Neiße-Linie. Dabei ist man wieder raffiniert genug, weder von dem von Dertinger unterzeichneten Vertrag über die sogenannte Oder-Neiße-Friedenslinie zu sprechen, noch überhaupt zu erwähnen, dass Königsberg und große Teile Ostpreußens von den Russen annektiert worden sind. Die Berechtigung der angeblichen Potsdamer Beschlüsse soll hier nachgewiesen werden.

 

Man muss lesen, wie in diesen Geschichtsbüchern slawische Geschichte in kommunistischer Schau geschildert wird. Das beginnt mit den Donau-Slawen, von denen es heißt: „Sie werden nicht von einem einzelnen befehligt, sondern leben seit alters in Stämmen zusammen und deshalb wird bei ihnen über alle glücklichen und unglücklichen Umstände gemeinschaftlich beschlossen. Durch die Ansiedlung der Slawen im Oströmischen Reich entstand von neuem eine breite Schicht freier Bauern. Diese bearbeiteten den Boden besser als die Sklaven. Sie waren gute Soldaten“.

 

Karl der Große wird nicht nur als Sachsenschlächter, sondern auch als Slawenschlächter geschildert: „Solange Karl der Große gegen die Sachsen gekämpft und dabei die Slawen, die ostwärts der Elbe und Saale wohnten, als Bundesgenossen benötigt hatte, stand er zu ihnen in gutem Einvernehmen. Später fiel sein Heer auch über ihre Siedlungen her und entriss den bisherigen Verbündeten wichtige Gebiete“. Und über Heinrich I. ist zu lesen: „Die sächsischen Feudalherren, an ihrer Spitze Heinrich I., überfielen im Jahre 928 die slawischen Stämme ostwärts der Elbe und Saale. Die schwerbewaffneten Reiter erschlugen die Bewohner und steckten die Bauernhäuser in Brand. Mit diesen Eroberungszügen in das slawische Gebiet begann der jahrhundertelange Ausrottungsfeldzug der deutschen Feudalherren gegen die Slawen!“ An anderer Stelle heißt es dann: „Das Kerngebiet des Preußischen Staates, Brandenburg, war den Slawen geraubt worden!“ Wenig später wird berichtet: „Anfang des 12. Jahrhunderts nahmen die deutschen Feudalherren den Kampf gegen die Slawen wieder auf. Die Ritter wollten, wie bei den Kreuzzügen, Land und Beute erlangen. Bauern aus allen Teilen Deutschlands zogen in großen Trecks nach Osten, um die Länder der Slawen zu besetzen ...“

Man beachte die wahrhaft teuflische Ausdrucksweise im Hinblick auf die Ereignisse von 1945!

 

Überaus charakteristisch ist auch die Schilderung der Teilung Polens: „Bei der ersten Teilung Polens raubte Preußen das Gebiet an der Netze, Ermland und das Gebiet an der Wisla. Russland nahm Weißrussland in Besitz. Bei der zweiten Teilung Polens hatte Russland weitere Gebietsteile erhalten. Diese Gebiete waren von russischer und ukrainischer Bevölkerung bewohnt. Im Jahre 1772 raubte Preußen das Gebiet zwischen Ostpreußen und Pommern“.

 

In diesen Geschichtsbüchern kann man die großen Deutschen nicht verschweigen. Es wird berichtet, dass Bach in Eisenach und Händel in Helle geboren wurde, aber mit keinem Wort wird der Geburtsort von Lessing erwähnt, und es wird ebenso verschwiegen, dass Herder in Mohrungen geboren wurde und dass Kant in Königsberg lebte und starb.

 

Mit allen Einzelheiten wird der Vertrag von Tauroggen geschildert. „Die Patrioten jubelten“. Und beim Einmarsch der Kosaken in Berlin gibt es sogar Verse zu lesen:

 

„All Ihr Wackern lasst Euch sagen,

Schön wird bald der Morgen tagen.

Tapf‘re Russen rücken ein,

Uns vom Joche zu befrein“.

 

Und nun noch ein Wort über den Kriegsausbruch von 1914. Der wird den Schulkindern der Sowjetzone so geschildert: „Die imperialistische Außenpolitik Deutschlands war volksfeindlich, abenteuerlich und räuberisch. Sie führte das deutsche Volk in die Katastrophe des Krieges. Die besonders aggressive Politik des deutschen Imperialismus beschleunigte die Vereinigung der Gegner Deutschlands und den Ausbruch des Krieges, die deutschen Kriegsziele von 1914 beweisen eindeutig, dass von allen Imperialisten die Deutschen am raubgierigsten waren“. „In Ostpreußen wurden die tapfer kämpfenden, aber schlecht ausgerüsteten russischen Truppen geschlagen“.

 

So sollen also deutsche Schulkinder die Weltgeschichte sehen! Dabei sind dies nur einzelne Beispiele, sie lassen sich vervielfachen, und zwar auf allen Gebieten. Hier ist nur die Rolle der Slawen in kommunistischer Sicht geschildert, und es ist deshalb auch kein Wunder, dass diese Geschichtsbücher mit der Potsdamer Geschichtslüge enden. So heißt es wörtlich: „Um den berechtigten Sicherheitsansprüchen Polens zu genügen, wurde festgelegt, dass die Grenzen zwischen Deutschland und Polen an der Oder und Neiße verlaufen sollen“.

 

Bis jetzt sind vom volkseigenen Verlag Volk und Wissen 500 000 Geschichtsbücher ausgegeben worden, im nächsten Herbst wird es wahrscheinlich eine Million sein. Geld spielt bei dieser Vergiftung von Kinderseelen keine Rolle. Wandel und Ulbricht arbeiten auf lange Sicht. Hier ist nur ein Beispiel der Vergiftung geschildert, das Deutschland angeht. In diesen Schulbüchern wird aber auch Völkervergiftung und Kriegshetze im größten Maßstabe betrieben. Was die Geschichtsbücher begannen, setzen die Erdkundebücher fort. Deshalb ist es dringend notwendig, dass man in der Bundesrepublik und im Ausland schnell und ernstlich überlegt, was gegen diese Vergiftung von Kinderseelen zu tun ist.

 

 

Seite 2   Das Märchen vom Mercedes 300. Wie sieht die Wirklichkeit aus? – Ein Beitrag zum Thema: Deutsche im Ausland

Wie primitiv ist doch die Betrachtung, die manche Zeitungen des Auslandes uns Deutschen widmen. Da wird seit Jahren immer wieder dieselbe Melodie heruntergeleiert: Wir seien protzig und kämen im Mercedes 300, wir seien laut und sängen nationalistische Lieder, wir tränken — wie eine Schweizer Zeitung soeben behauptete — schon zum Frühstück Champagner, überall seien wir bemüht, uns als Deutsche zu erkennen zu geben, kurzum, wir seien ein Volk, des anderen auf die Nerven ginge.

 

Das liest sich alles ganz nett, aber es ist doch gänzlich abwegig. Seit fast drei Wochen fahre ich jetzt in der Schweiz herum, einem Lande, in dem nach offizieller Statistik mehr als die Hälfte aller Ferienbesucher aus Westdeutschland kommen. Ich habe mit vielen Schweizern gesprochen, die uns misstrauischer gegenüberstehen als die Angehörigen vieler anderer Nationen. Ich habe vor allem beobachtet, habe Ausschau gehalten nach jenen Deutschen, die angeblich unser Ansehen am laufenden Band verderben. Mein Versuch, Schreihälse, Angeber oder Nationalisten zu treffen, hatte keinen Erfolg. Dagegen traf ich viele Nationalisten aus anderen Ländern. Wie sieht denn die Wirklichkeit aus?

 

Wenn Skandinavier, Franzosen, Italiener ihre Autos mit den Wimpeln ihres Landes verzieren, so ist das eine Bekundung bodenständiger, rührender Vaterlandsliebe. Wenn wir Deutschen unsere schwarzrotgoldene Flagge am Auto aufziehen, so ist es Nationalismus. Von 100 deutschen Autos in Interlaken führten drei einen Wimpel, die übrigen waren nur am Nummernschild auszumachen. Dagegen sah ich nahezu keinen ausländischen Wagen ohne Nationalwimpel. L

 

Interlaken ist einer der elegantesten Kurorte im Berner Oberland. Dort habe ich eine Stunde lang die durchfahrenden Autos mit Bleistift und Papier gezählt. Es waren genau 749. Unter ihnen nenne ich nur die bekanntesten Marken: 33 Cadillacs, fast alle in Schweizer Besitz, 3 Mercedes 300, die einem Schweden und zwei Schweizern gehörten, 24 Mercedes 180, davon 15 deutsche, 102 große amerikanische Wagen aller Typen, durchweg in ausländischem Besitz, 326 Volkswagen, von ihnen ungefähr 250 deutsche, 40 DKW, meist deutsche, daran anschließend alle anderen Marken der Welt, Olympia, Ford, Peugeot, Renault.

 

Unter den vor den großen Hotels parkenden Wagen fanden sich ganze zwei Mercedes 300 in deutschem Besitz. Was also ist dran an dem Märchen vom Mercedes 300, mit dem angeblich jeder zweite Deutsche protzerisch angefahren kommt? Nichts, absolut nichts. Die Mehrzahl der Deutschen kommt überhaupt mit der Eisenbahn oder dem Autobus, und die überwältigende Mehrzahl aller Autofahrer kommt mit kleinen Wagen. Dagegen fahren die Schweizer wirklich mehr Luxuswagen als alle anderen Nationen zusammen.

 

Warum also kreidet man uns die wenigen großen Mercedeswagen an, warum versucht man, einen Wagentyp, der immer noch sehr viel bescheidener ist als ein Cadillac, uns als typisch vorzuhalten, obwohl man sehr leicht feststellen kann, dass allenfalls der Volkswagen das typische deutsche Gefährt ist? Will man Hass und Unfrieden säen? Oder ist es wohl zu Recht erworbener Wohlstand, wenn ein Schweizer im Cadillac sitzt, dagegen protziges Schiebertum, wenn ein Deutscher einmal einen großen Wagen besitzt?

 

Vergeblich habe ich auch nach nationalistischen Deutschen Umschau gehalten. In den drei Wochen habe ich keine singende oder lärmende deutsche Gruppe getroffen. Im Allgemeinen fand ich unsere Landsleute sehr viel zurückhaltender als die Angehörigen anderer Völker. Franzosen beispielsweise unterhielten sich in allen Lokalen, sofern sie in größerer Anzahl beisammen waren, sehr laut und ungeniert. Italiener vollends sangen und lärmten, dass es nur so schallte. Niemand nahm daran Anstoß. Jeder sagte: So sind sie eben, diese Südländer. Natürlich sind sie so, und es ist töricht, in ihren fröhlichen und lauten Lebensäußerungen nationalistische Merkmale zu suchen. Auf diese Idee kommt auch niemand.

 

Nur, wie seltsam, wenn eine deutsche Reisegesellschaft singt, dann will sie die Welt erobern, wenn Deutsche im Ausland einmal so beschwipst sind wie Italiener oder Franzosen, dann sind ihre Kundgebungen des Übermutes keine liebenswerten Eigenarten mehr, sondern Furor Teutonicus, und den anderen zittern die Knie.

 

Hier wird von der ausländischen Presse mit falschen Karten gespielt. Man hat seine Vorurteile gegen die Deutschen, und man kultiviert sie mit Fleiß. Ich habe noch nie in der Schweizer Presse gelesen, dass die Leute Im Berner Oberland oftmals von einer mehr als deftigen Grobheit sind. Bei uns würde man ihr Verhalten oft als Unhöflichkeit bezeichnen.

 

Aber ich bin als Deutscher gern bereit, die Eigenarten dieses urwüchsigen Menschenschlages hinzunehmen. Kommt man erst mit ihnen in Kontakt, so erweisen sie sich als prächtige Leute. Immerhin, sie sind selbstbewusst. Tritt ein Deutscher aber so auf wie ein Berner Oberländer, dann lächelt die Presse nicht verstehend. Gleich erhebt sie das Geschrei vom stolzen Deutschen, der seinen Kopf schon wieder reichlich hoch trage, der offenbar schon wieder vergessen habe, was er alles angerichtet habe.

 

Meine Erfahrungen in der Schweiz und auch in anderen Ländern Europas lauten dahingehend: Die Deutschen betragen sich um keinen Deut schlechter als andere, im Allgemeinen aber sind sie vorsichtiger und vermeiden alles, was Anstoß erregen könnte. Sicherlich gibt es auch deutsche Schreihälse und solche, die sich vorbeibenehmen. Aber das ist kein Kennzeichen unseres Volkes, sondern eine menschliche Schwäche, gegen die auch die anderen nicht gefeit sind.

 

Das Ausland sollte endlich aufhören, Einzelfälle, bedauerliche Entgleisungen unreifer Menschen, zu verallgemeinern. Es sollte den Deutschen den gleichen „good will“ entgegenbringen, den es den anderen Nationen zubilligt.

 

Wer die Welt kennt, weiß, dass keine Nation aus Musterknaben besteht, keine. Aber wir haben es satt, dass wir auch in unserm Urlaub immer moralisch nachsitzen sollen. Dann können wir besser zu Hause bleiben. Joachim Besser

 

 

Seite 2   Deutschlands Grenzen in der öffentlichen Meinung

Wie die in Stuttgart erscheinende Wochenzeitung „Deutsche Kommentare“ (Herausgeber der Stettiner Dr. Karl Silex) berichtet, hat der „Arbeitskreis Berliner Lehrlinge und Studenten“ ein aufschlussreiches, nachahmenswertes Experiment unternommen. Er führte in zwei Aktionen eine Meinungsbefragung durch, wobei Bewohner der Sowjetzone zu etwa 20 Prozent mit erfasst wurden. Das Thema lautete „Deutschlands Grenzen“.

 

Personen beiderlei Geschlechts im Alter von 18 bis 18 Jahren wurden befragt, alle Berufe waren vertreten. Der größte Wert wurde auf die Meinung der Jungen Generation gelegt. Die Frage, ob Gesamtdeutschland wieder als „Deutsches Reich“ hergestellt werden solle, beantworteten 98,5 Prozent mit ja; die Bewohner der Zone waren zu 100 Prozent dafür.

 

Sehr wichtig sind die Stellungnahmen zum Saarproblem und zur Frage der deutschen Ostgrenzen. 90 Prozent lehnten eine Europäisierung der Saar ab. Bei der Ostgrenze wurden vier verschiedene Grenzen zur Auswahl gestellt:  a) 1914 (vor dem 1. Weltkrieg), b) 1937 (polnischer Korridor), c) 1940 (Hitler-Grenze bis vor Worschau), d) 1949 (Odar-Neiße-Linie). 60,5 Prozent stimmten für a), 31 Prozent für b), 5,5 Prozent für c). 2 Prozent für d) und 1 Prozent war unentschieden (bei den Ostbewohnern waren: 72 Prozent für a), 14,5 Prozent für b), 4,5 Prozent für c), 4,5 Prozent für d).

 

Die Frage: „Wären Sie mit einem Vergleich in der Frage der Sowjetzone einverstanden, der den Polen Ostpreußen als Zugang zum Meer an Stelle des Korridors überließe, während Deutschland alle anderen Gebiete der Grenze von 1914 (Pommern, Schlesien, Oberschlesien, Provinz Posen, Danzig-Westpreußen) bekäme?“ verneinten 56 Prozent, 43 Prozent (die Jüngeren) stimmten mit ja und 1 Prozent war unentschieden. Eine gemeinsame Besiedlung Ostdeutschlands durch Deutsche und Polen (Kondominium) lehnten 87 Prozent ab.

 

 

Mehr Geburten als Todesfälle bei den Vertriebenen

Über den Bevölkerungsstand im vierten Vierteljahr 1953, sowie über Geburten- und Sterbeziffern berichtet das Statistische Bundesamt in den letzten Statistischen Unterlagen zum Flüchtlingsproblem. Danach kamen im letzten Vierteljahr des vergangenen Jahres 148 553 Kinder von Vertriebenen zur Welt, d. s. 17,8 der Lebendgeborenen je 1000 Einwohnern und je Jahr. Im gleichen Zeitraum starben 68 294 Vertriebene in der Bundesrepublik (8,2). Bei den Geburtenziffern liegt relativ Nordrhein-Westfalen an erster Stelle, gefolgt von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Dagegen hält Bayern, was die Sterblichkeitsziffern Vertriebener anbetrifft, die Spitze.

 

 

Seite 3   Kreisstadt Gerdauen.

Foto: Straßenfront am Markt

Foto: Verträumter Winkel in Gerdauen

Foto: Speicherstraße in Gerdauen. Bereits im ersten Weltkrieg wurde die aufblühende Kreisstadt Gerdauen weitgehend zerstört. Doch sehr schnell entstand aus Schutt und Trümmern eine neue Stadt, wie unsere Bilder zeigen. Aber der zweite Weltkrieg bereitete dieser schmucken ostpreußischen Stadt an dem schönen See ein jähes Ende.

Foto: Straßenbild mit Kirche.

Foto: Eingangstor der Stadt

 

 

Seite 4   Spaoskes – aower waohre!

Der Rittmeister a. D. von C. auf N. war ein „scharfer“ Herr und dessentwegen bei seinem Personal nicht immer sehr beliebt. Seine größte Passion waren seine Pferde, ausgesuchtes Zuchtmaterial. Seiner schneidigen Art entsprachen die Namen der Pferde, die Stuten u. a. „Hexe“, .Hölle“, „Höllenreiterin“ usw., die Hengste „Satan“, „Feuervogel“. Einst war ein neues zweites Stubenmädchen eingestellt, dem die Namen der vielen Pferde noch nicht bekannt waren. Auf das heftige Klingeln aus dem Herrenzimmer folgt sie zaghaft dem Ruf. Sie wird angeherrscht: „Warum dauert das so lange, bis sich einer sehen lässt, wenn ich klingele? — Geh zum Knöpke und sag ihm, er soll satteln, ich will die „Hölle“ reiten. Was sollst Du bestellen?“ — Schüchterne Antwort: „Ich soll dem Knöpke bestellen — der Herr Rittmeister wollen in die Hölle reiten“.

 

Der Herr Rittmeister liebten es auch, im Familienkreise oft recht drastisch zu sein. Mit Vorliebe entwickelte er bei Tisch folgendes Frage- und Antwortspiel, auf das sein dreijähriges Töchterchen gedrillt war: „Tetilein, wer ist das?“ auf das kleine „Brüderchen“ deutend. „Das ist unser Hengstfohlen“. — „Und wer ist das?“ auf seine Frau weisend. „Das ist unsere gute Fohlenkobbel“. — „Und wer bist Du?“ — „Ich bin unser Stutfohlen“. Und zur Abwechslung auf Brüderchen: „Das ist unser Eberferkel“. — „Ich bin unser Sauferkel“. — Und auf die Mutter deutend: „Das ist unsere gute alte Muttersau!“ —

 

Frau von C. ließ einst von den für den Haushalt zur Mast aufgestellten Schweinen einige verkaufen, was zeitlich mit einer Reise nach Königsberg zusammenfiel, von der sie zwei elegante neue Kleider für sich mitbrachte. Als sie die im Familienkreise vorführte, äußerte der liebevolle Gatte: „Die Gnädigste verkauft unsere lebenden Schweinebraten und kauft sich dafür Garderobe und wir sollen vom Anblick ihrer Eleganz satt werden!“

 

Der Rittmeister selber pflegte keine sonderliche Eleganz, sondern trug für den Alltag fast ständig seine alten Uniformstücke auf. Bei einer alten Reithose war nun aber wirklich das äußerste Maß an Beanspruchung erreicht, sie war so überaus fadenscheinig und fleckig, dass der Rittmeister angeordnet hatte, sie ihm nicht mehr unter die Augen zu bringen. Eines Tages nach Tisch kommt er aus dem danebenliegenden ehelichen Schlafzimmer ins Damenzimmer gestürzt und feuert die unschuldige treu-ausgediente Buxe auf den Teetisch: „Vera, ich habe doch gesagt, dass ich die nicht mehr sehen will — warum hängt die schon wieder in meinem Schrank?“ — Die rührend geduldige Gattin: „Ach Lieber, Du weißt doch, dass die Trude neu eingestellt ist und noch nicht gut im Hause Bescheid weiß“. — „Na, denn sorge Du doch gefälligst, dass meine Anordnungen befolgt werden! — Ja Lieber, das will ich gewiss gern tun, geh nur unbesorgt zurück und halte Dein Mittagsschläfchen, Du bist doch schon seit 5 Uhr früh auf den Beinen“. — Leise grollend zieht sich der Hausherr zurück. Nach kurzer Zeit kommt das Hausmädchen und meldet Besuch, Gräfin Y., und man sieht im Hintergrund die schon etwas abgetakelte Lebedame in großer Aufmachung und viel Make-up. In ihrer impulsiven Art reißt Frau von C. die arme Hose vom Tisch, öffnet schnell die Schlafzimmertür und wirft sie hinein, dann wendet sie sich zur Gräfin, begrüßt sie und komplimentiert sie in den nächsten Sessel, der der Schlafzimmertür gegenübersteht. Kaum sitzt die Gräfin in graziösem Geplauder, als die Schlafzimmertür dröhnend aufgerissen wird, etwas kommt hereingeflogen und legt sich wie ein grauer Vogel mit breiten Schwingen über den Kopf der Gräfin, diesen mit seinem auf süße Jugendlichkeit bearbeiteten Gesicht und den koketten Löckchen verdeckend, und des Rittmeisters Stimme donnert: „Vera, ich hab Dir doch gesagt, ich kann die alte verschoss'ne, verschiss'ne Schwarte wirklich nicht mehr sehen!“

 

Meine Nichte Evi ist mit ihren zwei Jahren ein sehr gewecktes munteres Kind, das schon fast korrekt spricht. Nur Worte mit Anhäufungen von Konsonanten machen ihr noch Schwierigkeiten, so die Worte mit „kn“, „kl“ und statt „knorke“ „korke!“ plappert, die Sache wird aber schon fast peinlich, wenn sie zu ihrem Nenn-Onkel Herrn Klotz immer „Onkel Kotz“ sagt — besonders wenn eine gewisse von ihm hochverehrte junge Dame dabei ist. In den Weihnachtsfeiertagen war Ihr Onkel Max bei ihren Eltern zum Besuch. Onkel Max ist, wenn man es wohlwollend ausdrücken will, etwas kleinlich und recht sparsam — in Ostpreußen nannte man es „gniefich“ und wenn man weniger wohlwollend war, einen solchen Menschen einen „Neetschieter“. — Klein-Evi ist ebenso eifrig als vergeblich bemüht, mit einem Nussknacker eine große Walnuss aufzuknacken. Als die Nuss immer wieder ihren kleinen Pfötchen entgleitet, greift Onkel Max ein und sich das Mädelchen und die Nuss. Zwischen seinen Handballen springt die Walnuss mühelos mit einem „Kreck“ auf. Staunend verfolgt es Klein-Evi mit großen Augen, dann wendet sie sich mir zu und ruft begeistert strahlend: „Onkel Max ist ein Nussknacker!“

 

Onkel Max springt auf, verließ im Sturmschritt Zimmer und Haus und ward nicht mehr gesehen. Durch Dritte hat er uns wissen lassen, dass er auf unsere Einladung pfeife, wenn schon die kleinen Kinder dazu erwogen würden, ihn „Neetschieter“ zu schimpfen — offenbar fühlt er selbst mit diesem Wort sich im Wesentlichen getroffen.

 

In der Schule, Anfängerklasse, wurden die christlichen Feste aufgezählt. Ostern, Pfingsten, Fastnacht und natürlich Weihnachten sind schon längst gefunden worden, da fliegt der Finger des kleinen Dorchens hoch: „Na, und was is mit Labiauer Schitzenfest — vleicht nich?“

 

Labiauer Schützenfest: Gedudel aus allen Ecken, Knallen und Ballern von den Schießbuden, Jüchen, Kreischen, Quietschen, Knarren von den unzähligen Karussells, Würfelbuden, haut den Lukas usw., drangvoll fürchterliche Enge und Geschiebe und über alles bunte Fahnen und Wimpel. Der kleine Emilke, der seinem Vater etwa bis zur Hosentasche reicht, ist in dem Gewühle völlig eingekeilt. Sein Vater, der fürchten muss, dass Emilke erdrückt oder erstickt werden kann, hebt ihn endlich auf seine Schultern empor. „Na, dat ward ook Tied“ äußert sich Emilke, „dat eck wat to sehne kriej — bet nu häw eck ömmer aller bloßig Naosches jesehne!“

 

„Hast all Jeheert, Emma“, bringt der etwa zwölfjährige Fritz seiner Zwillingsschwester die Neuigkeit nach Hause, „hast alle jeheert, Saogermanns Albert häwt söck e Geig jekooft!“ — „Nä, e Viggelin“ weiß es Emma, widerspruchsvoll wie alle Frauen, wieder besser. — „Nä, e Geig!“ beharrt Fritz. — „Nä e Viggelin!“ widerspricht Emma. — „Nä — e Geig!“ — „Nä — e Viggelin“. — „Nä e Geig!“ — „Nä e Viggelin!“ - Endlich wird es der Mutter, die am Herd Abendbrot kocht, über und sie sucht zu vermitteln: „Na ös et nich e Föddel?“

 

Wir sind bei Freunden, auch heimatvertriebene Landsleute mit Hugenottennamen. Wie meistens, kommt das Gespräch auf die leidige Politik, der wir ja unser Unglück zu verdanken haben. Es ist davon die Rede, wie sehr Frankreich mit dem Kommunismus sympathisiert und welche Schwierigkeiten aus den vielen Quertreibereien der Franzosen für unsere deutsche Situation erwachsen. Da plötzlich mischt sich das sechsjährige Töchterchen des Hauses ein und äußert altklug: „Die ollen Franzosen!“ — Wir lachen, und ihre Mutter erklärt ihr, dass sie ja selbst französisches Blut in den Adern habe. Voller Empörung ruft sie: „Warum habt Ihr mir das nicht früher gesagt, dann hätte ich mir doch andere Eltern ausgesucht!“

 

Spaokes — aower waohre!

Wanda Wendlandt

 

 

Kein Trost

Wi dat mötten ohle Mechel to End ging un de Herr Pfarr bi em anne Himmelbed huckd wat vatelle leet, dao wurd dat doch dem ohle un söck vonnem ohle Mechel ut sien lang Läwe Mechel ganz wehmödig to Sönn un he schicherd söck de Fleeje aw un wöschd söck möt sien bruun knaokje Hand de Schweet vonne Backes: „Jao, jao, Herr Pfarr, mi ös dat nich leicht jeworde in mienem Läwe! Von kleen op häw eck all ömma schwaor aorbeide jemussd un so ös dat bijebläwe bet an mien Läwensend — ömma mussd eck mi quäle un nu starw eck ook no chönne Säle — nie nich häwd et e Uutrauhe jejäwe vörem ohle Mechel!“

 

Na de Pfarr de fung jao nu an to treeste un em good totospräke: dat nu alle Aorbeid e End häbbe wull un nu wörlich un wahrhaftig Fieraowend ware wull und e groot Uutschlaope folje wull un daona che Höljedag un ek Freid un Fiere ohne End — „Nä, nä“ schlackert de ohl Mechel ungleibig dem Kopp un klaut söck ön sienem jriese Boort, „dat glow eck nich, Herr Pfarr! — Dat ward ook dao baowe wedder heete: Mechel hier un Mechel dao — Mechel de Sönnke mott blankjeschiert ware! — Mechel, de Maonke mott verhängt ware ,ös Niemaond! — Mechel, komm donnre helpe! — Mechel, du mottst Wolkes schuuwe! — Mechel, du häst doch e good Lung, nu puust man oddentlich, de Kvrn bleejt!----Ons Oma säd ömma: Wem de lewe Herrgottke bi e Aorbeid jefunde häwt, dem let he ook daobie!“ Wanda Wendlandt

 

 

Seite 4   50-Jahrfeier der Danziger TH

Am 6. Oktober 1954 jährt sich zum fünfzigsten Mal der Tag, an welchem die Technische Hochschule Danzig feierlich eröffnet wurde. Aus diesem Anlass haben die Professoren und Vertreter der Studentenschaft den Entschluss gefasst, dieses Tages in würdiger Form zu gedenken. Das Jubiläum soll am 1. Oktober 1954 in Duisburg mit einem Festkommers und am 2. Oktober 1954 in Wuppertal mit einem akademischen Festakt sowie einer gesellschaftlichen Abendveranstaltung gefeiert werden. Den Abschluss soll am 3. Oktober 1954 eine Gefallenenehrung auf Schloss Burg bilden.

 

Alle ehemaligen Mitglieder der Technischen Hochschule Danzig — Dozenten, Studenten, Ehrenbürger und Ehrendoktoren, Mitglieder der Gesellschaft der Freunde der TH Danzig und Angestellte der Hochschulverwaltung, dazu Angehörige von gefallenen oder verstorbenen ehemaligen Angehörigen der TH — werden deshalb gebeten, ihre eigene Anschrift und die von Bekannten an Bundesbahnrat Dipl. Ing. Friedr. Löhr, Duisburg, Brauerstr. 42, mitzuteilen, damit sie rechtzeitig zu dieser Veranstaltung eingeladen werden können.

 

 

Seite 4   Von Tilsit bis Sowjetsk. Geschichte um den „blauen Saphir“ / Von Julius Fritsche.

Die Schlacht von Preußisch-Eylau zu Beginn des Jahres 1807 war geschlagen. Sie war nicht wie im Jahre zuvor die von Jena und Auerstädt mit dem gewohnten Siege der Franzosen ausgegangen. Aber auch die verbündeten Preußen und Russen hatten in diesem beinahe äußersten Winkel Preußens nicht gesiegt, und also war der Zar wankelmütig geworden. Die letzte Hoffnung des Staates Friedrichs d. Gr. setzte sich auf seine Königin. Bei ihrer ersten Begegnung mit dem Korsen zu Tilsit trug Königin Luise als einzigen Schmuck jenen mit dem pleonastischen Namen, der blaue Saphir, benannten berühmten Edelstein, der fast 150 Jahre später, in unseren Tagen, der letzten Kronprinzessin von Preußen auf so unwürdige Weise genommen werden sollte. Napoleon sagte zu Luise: „Wissen Sie nicht, Madame, dass dieser Stein Tränen hervorlockt?“ Es war nicht dieser Stein, es war der Kaiser der Franzosen selbst, der die preußische Königin um Magdeburg heiße Tränen weinen ließ. An seine Kaiserin aber schrieb der Kaiser den folgenden zynischen Brief: „Die Königin von Preußen ist wahrhaft entzückend; sie strömt mir gegenüber von Koketterie über, aber Sie brauchen nicht eifersüchtig zu sein. Ich bin ein Öltuch — alles gleitet über mich hin. Es würde zu kostspielig für mich sein, den Liebhaber zu spielen“.

An diesem Briefe war nur so viel wahr, dass der Kaiser der Franzosen nicht daran dachte, um der Tränen einer Königin willen die von ihm für den berüchtigten Frieden von Tilsit diktierten Bedingungen irgendwie zu mildern. Preußen sollte künftighin westwärts nicht über die Elbe hinausreichen, während es 1945 an der Elbe geteilt werden und wenig später durch einmütigen Beschluss der „Alliierten“ ausgelöscht werden sollte. Alles andere an jenem Schreiben, das die, aus gutem Grunde, überaus eifersüchtige Josefine täuschen und in eheliche Sicherheit wiegen sollte, war Lüge. Wie gemein es war, der vielleicht schon vom Tode gezeichneten preußischen Königin Koketterie vorzuwerfen, braucht nicht betont zu werden. Noch viel niederträchtiger war es, sie als Figur in einem gewöhnlichen Ablenkungsmanöver zur Täuschung der eifersüchtigen Kaiserin zu missbrauchen. Nicht etwa Preußens Königin brachte Napoleons „Treue“ irgendwie in Gefahr. Diese Treue war längst wieder einmal gebrochen worden. Nur wenige Tage vor jenem Brief an Josefine hatte der Kaiser an die kindlich-schöne polnische Gräfin Marie Walewska, die Polen dem die „Freiheit“ verkündenden Korsen auf dem vielberühmten Altar des Vaterlandes zum Opfer brachte, weit zärtlicher als an die Gemahlin geschrieben: „Ich sah nur Sie, ich bewundere nur Sie, ich begehre nur Sie. Antworten Sie ohne Verzug und beruhigen Sie die ungeduldige Glut von —N.“

 

Marie Walewska hatte diese düstere Glut schon öfter „beruhigt“ oder aber auch zur Weißglut angefacht. Nach Preußisch-Eylau, jener Schlacht, die man die — bis dahin — „blutigste der Weltgeschichte“ nannte, kümmerte sich Napoleon nicht den Deut um seine verwundeten und verstümmelten Soldaten, noch dachte er daran, wie er die halbe Scharte auswetzen können würde, sondern spielte mit der schönen Polin sein verräterisches, doppelt verräterisches Liebesspiel. Nach dem „Glück in der Liebe“ aber wandte sich ihm das Glück der Schlachten wieder zu. Ein paar Monate später siegte er in der Schlacht von Friedland über die Russen, wieder einen Monat danach, im Juli 1807, wird der Schelmenfriede von Tilsit geschlossen. Preußen wird nicht nur links der Elbe ausgelöscht, sondern auch im Osten nach Kräften beraubt. Aber nicht Polen, das Vaterland der Walewska, sondern der Zar ist der Gewinner Neu-Ostpreußens und der meisten nach 1772 gewonnenen Ostgebiete. Nicht einmal Danzig blieb Preußen gegönnt: es wurde, wie dann wieder 1919 — wie um zu beweisen, dass die Geschichte es liebt, dieselben Torheiten zu wiederholen — „Freie Stadt“, denn mit der „Freiheit“ haben's die Franzosen schon immer gehalten.

 

Aber dennoch ging die Geschichte Napoleons aus wie die Geschichte „von dem Fischer un sine Frau“. Wie das alles so weiter und zu Ende ging, ist selbst in unserer, ach, so geschichtslosen Zeit noch jedermann gegenwärtig. Wir wollen hier ja auch nur ein wenig vom Rande der Geschichte plaudern, und da ist von der Liebe der schönen Walewska zu Napoleon zu vermelden, dass sie bis in die Tage von Elba währte, das — welche Generosität gab es doch damals, vor St. Helena und vor . . . Nürnberg — Napoleon am 6. April 1814 als Fürstentum zugewiesen worden war. Dort soll ihn Marie Walewska mit ihrem und seinem Söhnchen besucht haben. Sie reiste incognito und also tief verschleiert. „Es ist schön von der Kaiserin“ — die längst schon die dem korsischen Moloch geopferte habsburgische Marie Luise war —, sagten die naiven Insulaner, „dass sie den Kaiser besucht“. Sie dachte kaum noch an ihn. Sie weinte nicht um ihn. Auch ihren und seinen Sohn, der einst „König von Rom“ hieß, sah er niemals wieder, und in St Helena, wo ihn auch die Walewska nicht mehr besuchen konnte, weinte der endgültig gestürzte und nun wirklich gebannte und keinesfalls mehr fürstlich behandelte Imperator einsame Tränen — vielleicht nicht ohne Gedenken an die von ihm so schmählich behandelte preußische Königin und an den „blauen Saphir“, den Stein der Tränen von Tilsit, das heute die allertraurigsten Tränen weint. Denn die Schmerzensstadt der Königin Luise heißt heute . . . Sowjetsk.

 

Werden auch ihre Tränen einmal getrocknet werden? Wer die Wandlungen recht begreift, die in unserer kleinen Geschichte um den blauen Saphir beschlossen sind, wird hieran nicht zweifeln. Im Juni 1807 wurde Königsberg von den Franzosen besetzt. Sie blieben nicht lange. 1945 kamen die Russen dorthin. Sie werden nicht ewig dort bleiben. So wenig in „Kalingrad“ wie in „Sowjetsk“. Alle Tränen werden einmal getrocknet werden, selbst wenn sie so lange geweint werden müssen, wie um den blauen Saphir von Tilsit geweint worden ist.

 

 

Seite 5   Gossing weiterhin Landesgruppenleiter in Niedersachsen. Landesdelegiertentagung billigte Eingliederung der Landesgruppe in den BVD.

Die von etwa 180 Vertretern der Kreis- und Ortsgruppen der Landsmannschaft Ostpreußen in Niedersachsen beschickte Landesdelegiertentagung, die dem „1. Landestreffen der Ostpreußen“ vorausging, wählte in Anwesenheit des Sprechers der Landsmannschaft Ostpreußen den gleichzeitigen Vorsitzenden des BVD, Hellmut Gossing, als Landesgruppenleiter wieder. Als stellvertretender Landesgruppenleiter wurde wiederum Hans-Ludwig Loeffke berufen. Dem übrigen Vorstande, der gegenüber dem bisherigen Vorstande durch Vertreter der Regierungs- und Verwaltungsbezirke erweitert wurde, gehören an: Frau Siebert, Meitsch, Mews, Müller, Borowski, Raddatz, Kehr, Dr. Holter, Moehrl und Fleischer. Innerhalb des Landesvorstandes des BVD wird die Landesgruppe durch Kehr vertreten.

 

In seinem Tätigkeitsbericht hob Landesgruppenleiter Gossing hervor, dass der organisatorische Aufbau und die Verstärkung echter Kulturarbeit im Vordergrunde des Wirkens der Landesgruppe während des Jahres 1953/1954 gestanden hat. Des Weiteren verwies er auf die Tatsache, dass von den in Niedersachsen angesiedelten heimatvertriebenen Bauern und Landwirte 25% aus Ostpreußen stammen, woran Landsmann Moehrl als Agrarreferent des BVD-Landesverbandes hervorragenden Anteil habe. Den Kreis- und Ortsgruppen der Landsmannschaft Ostpreußen in Niedersachsen gehören gegenwärtig etwa 155 000 Mitglieder an, bei einer Gesamtzahl der Ostpreußen, in Niedersachsen ist damit die stärkste der Landsmannschaft im Bundesgebiet. Die große Masse dieser Mitglieder steht gleichzeitig in den Gliederungen des BVD.

 

Nicht nur der Neuwahl des Landesgruppenvorstandes, insbesondere des Landesgruppenleiters, war weithin mit großer Spannung entgegengesehen worden, sondern auch der Klärung des Verhältnisses zwischen Landesgruppe und Landesverband des BVD. Die Delegiertentagung befasste sich eingehend mit der Entscheidung des bisherigen Landesvorstandes, die Landesgruppe in den Landesverband des BVD einzugliedern, und stimmte dieser Entscheidung nahezu ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen unter der Voraussetzung zu, dass eine am 1. Juli zwischen Paul Wagner als Vertreter des Bundesvorstandes der Landsmannschaft und Hellmut Gossing als Vertreter des BVD-Landesverbandes getroffene Vereinbarung bis zum 1. September 1954 in Kraft tritt.

 

Die in dieser Vereinbarung festgelegten 6 Punkte sichern die Eigenständigkeit der landsmannschaftlichen Aufgabenstellung, ohne die Geschlossenheit des Gesamtverbandes, auf dessen Notwendigkeit wiederholt von allen Seiten mit Nachdruck verwiesen wurde, zu beeinträchtigen. Die organisatorische Bildung der landsmannschaftlichen Gruppen erfolgt auf allen Ebenen nach ihren eigenen Satzungen. Da der Landesverband Niedersachsen des BVD für seine Gliederungen von vornherein die seinerzeit zwischen VdL und ZvD formulierten „Wiesbadener Grundsätze“ zugrunde gelegt hatte, ergaben sich für die Fixierung der Vereinbarung Wagner—Gossing keine sonderlichen Schwierigkeiten.

 

Der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Dr. Gille, bezeichnete die Vereinbarung und ihre nahezu einstimmige Billigung durch die Landesdelegiertentagung als das Fundament, auf dem sich die gesamte weitere Arbeit der Landsmannschaft Ostpreußen in Niedersachsen entwickeln könne und müsse.

 

Als Wagner und Gossing, die Unterzeichner der Vereinbarung zwischen Bundesvorstand der Landsmannschaft und Landesverband des BVD, sich in der Delegiertentagung die Hand reichten, war dies ein Vorgang von mehr als nur symbolischer Bedeutung. Das von zahlreichen Spannungen belastete Verhältnis zwischen Gesamtorganisation der Vertriebenen und Landsmannschaft dürfte in Niedersachsen — in gleicher Weise wie bereits in andern Ländern der Bundesrepublik — nach Inkrafttreten der Vereinbarung befriedet sein. Das Abkommen wird darüber hinaus beispielhaft nicht nur für die übrigen Landsmannschaften in Niedersachsen, sondern auch für weitere Länder des Bundesgebietes wirken. Der Gesamtverband der Vertriebenen und Flüchtlinge, der organisch alle Kräfte des in Westdeutschland lebenden Ost- und Mitteldeutschtums nicht nur in sich vereinigt, sondern auch ihre volle Entfaltung gewährleistet, ist keine bloße Theorie, sondern in zunehmendem, nicht mehr aufzuhaltendem Maße bereits Praxis.

 

 

Seite 5   Treffen der ostpreußischen Heeresartillerie

Tau fest — Zugleich!, hieß schon vor 90 Jahren das Kommando der ostpreußischen Fußartillerie. Ein Ruf, der die Einzelkräfte zusammenfasst, nur so Wirkung und Leistung möglich gemacht und aus den einzelnen schweren Artilleristen die Gemeinschaft, die schwere Artillerie gemacht hat.

 

In Göttingen wurde der Beschluss gefasst, zu einem Treffen der ostpreußischen Heeres-Artillerie (am 13.06.1954) einzuladen. Dank dem Entgegenkommen der Gesellschaft „Societät“, die uns den Saal ihres Hauses zur Verfügung stellte, konnte unser Treffen in Duisburg stattfinden und, trotz des schlechten Wetters, ein schöner Erfolg werden. Wir danken allen Helfern, die uns bei den Vorbereitungen so gut unterstützt haben, ebenso unsern Kameraden und ihren Damen für ihr Erscheinen. Sie haben z. T. weite Wege nicht gescheut und mit das Gelingen des Treffens sichergestellt.

 

Nach einer ersten Begrüßung der Kameraden untereinander, die sich zum großen Teil seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatten, erhoben wir uns von unsern Plätzen und gedachten unserer Toten, aller Kameraden, die noch nicht heimkehren konnten und ihrer Angehörigen.

 

In einem Überblick wies Herr General Krause, der ehemalige Kommandeur der V./A. R. Königsberg, der Abteilung, aus der die II/37, II./47, II/57 und später weitere Abteilungen entstanden sind, auf den Sinn unseres Treffens hin:

 

Wir wollen keinen Verein mit Mitgliedschaft, Statuten usw. bilden, sondern einmal im Jahr zusammenkommen mit dem Zweck des Wiedersehens, des gemeinsamen Gedankenaustausches, besonders der Klärung von Gefangenen- und Vermisstenschicksalen. Zur Aufstellung eines Ehrenbuches unserer Gefallenen und Gestorbenen werden alle gebeten, die Namen evtl. Anschriften und sonstige Nachrichten dieser an Kamerad Wagner mitzuteilen.

 

Alle ehem. ostpreußischen Heeresartilleristen werden g aufgefordert, soweit es noch nicht geschehen ist, die eigenen und Kameraden-Anschriften unter Mitteilung von Dienstgrad und ehem. Truppenteil zu senden an Hans Wagner, Gelsenkirchen-Buer, Nollenkamp 7.

 

Nach dem Hinweis, dass wir uns Pfingsten 1955 bei der 700-Jahrfeier der Stadt Königsberg wieder in Duisburg treffen wollen, nahmen die angemeldeten Teilnehmer (über 100) zum gemeinsamen Mittagessen Platz.

 

Der Nachmittag diente der Zusammenkunft innerhalb der einzelnen Abteilungen und dem Gedankenaustausch. Leider enteilten die Stunden nur zu schnell.

 

Luftgau-Kommando I

In Verbindung mit dem Landestreffen der Ostpreußen in Hannover im Juli d. Js. sind und werden noch eine Unmenge Anfragen an mich gerichtet, die zu beantworten ich zunächst nicht in der Lage bin. Ich möchte daher allen Interessenten auf diesem Wege auf allgemeine, sich stets wiederholende Anfragen antworten:

 

Es gibt leider keine Abwicklungsstellen von Dienststellen der Lw, welche Auskünfte über Dienstzeiten, Gebühren und andere Fragen geben können.

 

In allen Fragen betr. Renten- und Versorgungsanträge verweise ich an die Landes-Versorgungsämter (für Niedersachsen das LVA in Hannover, Pensionsabteilung, Prinzenstraße 1) sowie an die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Berlin-Wilmersdorf, Ruhrstr. 2.

 

Für alle Angaben, welche nicht durch entsprechende Unterlagen belegt werden können, bleibt nur die Hinzuziehung von Zeugen bzw. die eigene eidesstattliche Versicherung.

 

Auskünfte über Behandlung von Sparbüchern (auch sogen. Eiserne Sparkonten) erteilen alle Banken und Sparkassen, an die ich sich zu wenden bitte. Wilhelm Gramsch, Celle, Waldweg 8

 

 

Seite 5   Wilhelm Kuhn 70 Jahre alt. Mit Foto

Am 23. September 1954 vollendet der in weiten Kreisen der ostpreußischen Landwirtschaft bekannte und heute in Grabau bei Bad Oldesloe im Ruhestand lebende Oberlandwirtschaftsrat Friedrich Wilhelm Kuhn sein 70. Lebensjahr. Nach langjähriger, erfolgreicher Tätigkeit als Direktor der Landwirtschafts- und Ackerbauschule Preußisch-Holland erhielt Herr Kuhn im Jahre 1928 die ehrenvolle Berufung zum Leiter der Schulabteilung und Direktor des Wirtschaftsamtes der Landwirtschaftskammer für die Provinz Ostpreußen in Königsberg Pr. Der Bau von 20 neuen Landwirtschaftsschulen in Ostpreußen, die Gründung und Förderung zahlreicher Beratungsringe, wie auch die Einrichtung von rund 200 bäuerlichen Beispielwirtschaften während seiner Amtszeit sind Zeichen seiner erfolgreichen Tätigkeit. Ein besonderes Merkmal seiner Persönlichkeit und die Voraussetzung seines erfolgreichen Wirkens war neben einem hohen fachlichen Können die ihm eigene Gabe, in der Verfolgung der als richtig erkannten Ziele mit hohen ministeriellen Stellen ebenso überzeugend verhandeln zu können, wie mit dem einfachen Bauern, der für Neuerungen im allgemeinen meist schwer zugänglich ist. Diese seltene Begabung, mit jedem Menschen in den richtigen Kontakt zu kommen, kam Herrn Kuhn auch in seiner neuen Heimat Schleswig-Holstein zustatten, wohin er nach dem 2. Weltkriege, den er als Major und Kommandeur einer Art.-Abteilung mitgemacht hat, verschlagen worden war. Als Geschäftsführer der Kreisbauernkammer Stormarn konnte Herr Kuhn von 1945 bis zu seiner Pensionierung am 01.04.1951 sein reiches Wissen und seine großen praktischen Erfahrungen auch der schleswig-holsteinischen Landwirtschaft zur Verfügung stellen und sich so die Wertschätzung und das Vertrauen vieler einheimischer Landwirte erwerben. Mit einer außergewöhnlichen Gesundheit und Spannkraft ausgestattet ruht Herr Kuhn auch heute noch nicht aus, sondern ist überall dort zu finden, wo man seines Rates und seiner Erfahrungen bedarf. So ist es nicht verwunderlich, dass zu seinen Geburtstagsgratulanten neben unzähligen Freunden und Mitarbeitern aus der alten ostpreußischen Heimat auch viele schleswig-holsteinische Landwirte zählen, denen Herr Kuhn Rat und Hilfe geben konnte. Sie alle wünschen ihm fernerhin beste Gesundheit und weitere ungeschmälerte Schaffensfreude. F. H.

 

 

Oberregierungsrat Dr. H. Dudenhausen 75 Jahre alt.

Am 20.09.1954 vollendet Oberregierungsrat Dr. Dudenhausen von der Schulabteilung der Regierung Königsberg in vorzüglicher geistiger und körperlicher Frische sein 75. Lebensjahr.

 

Als gebürtiger Westfale war Dr. D. nach dem Studium der Mathematik und Naturwissenschaften zunächst in Westdeutschland im Höheren Schuldienst und als Lehrerbildner tätig. Bald nach dem 1. Weltkrieg kam er dann im Zuge der Neuordnung des Schul- und Lehrerbildungswesens als Regierungs- und -schulrat nach Königsberg, wo ihm neben dem Dezernat für das Volksschulwesen mehrerer Kreise auch die Aufsicht über die gesamten Mittelschulen des Regierungsbezirks übertragen wurden. Gediegene Fachkenntnis und eine unbestechlich-sachliche Beurteilung der Leistungen machten ihn zu einem sehr geschätzten Mitglied der staatlichen Mittelschullehrer-Prüfungskommission. Auch bei den Schulbesichtigungen hielt Dr. D. mit verdienter Anerkennung und positiv-aufbauender Kritik und Anregung nicht zurück und war auch bei ernsten Beanstandungen stets versöhnlich und verbindlich im Ton. So konnte es nicht ausbleiben, dass er 1942 (ohne der NSDAP anzugehören) zum Oberregierungsrat befördert wurde. Seine Beliebtheit und menschliche Größe erlebten dann 1945/1947 auch die 12 000 Insassen des dänischen Flüchtlingslagers Klovermarken/ Kopenhagen, wo Dr. D. sämtliche Zweige des Schul- und Ausbildungswesens einrichtete und leitete. Nach Deutschland zurückgekehrt, stellte er sich dann noch in gewohnter Einsatzfreudigkeit dem Gymnasium seines neuen Wohnortes als Lehrkraft zur Verfügung. — Mögen dem Jubilar, der in Lindau/Bodensee, Schweizerhofweg 9, eine neue Heimat gefunden hat, zusammen mit seiner Gattin noch viele gesunde und glückliche Lebensjahre beschieden sein.

 

 

 

Pastor Dr. Gehlhoff gestorben

Der Landesflüchtlingspfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen, Pastor Dr. Gehlhoff-Hornheide, wurde am Sonnabend, dem 7. August 1954 auf dem Waldfriedhof Lauheide, Kreis Münster, zur letzten Ruhe gebettet. Das große Geleit und die Teilnahme zahlreicher west- und ostdeutscher Pfarrer zeugten von der Liebe und Verehrung, die Pastor Gehlhoff sich nicht nur in den Kreisen der Heimatvertriebenen, sondern auch bei der westdeutschen Bevölkerung erworben hatte.

 

Pastor Gehlhoff stammte aus der Mark Brandenburg, war Pfarrer in Pommern und nach der Flucht zunächst Direktor des Evang. Mädchengymnasiums in Lippstadt. Im Jahre 1951 zum Landesflüchtlingspfarrer von Westfalen mit dem Sitz in Hornheide berufen, machte jetzt ein jäher Tod seinem rastlosen Schaffen ein Ende. Die evangelischen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen haben hierdurch nicht nur ihren Seelsorger, sondern einen Mann verloren, der sich uneingeschränkt für die Belange einsetzte und ihnen ein rechter Vater war. Dohnke-Warendorf

 

 

Seite 5   Aus den Landsmannschaften

Flensburg

Auf der letzten Mitgliederversammlung der Landsmannschaft Ostpreußen, Kreisverein Flensburg-Stadt sprach MdL und Stadtrat Eginhard Schlachta, Flensburg, über „Brennende Vertriebenenprobleme“. Der Redner verstand es ausgezeichnet, die verschiedenen Vertriebenenprobleme zu beleuchten. Ganz besonders betonte er die große Dringlichkeit einer echten Eingliederung und gab zu bedenken, dass diese — wie auch die Lagerräumung — im Zeichen einer „roten Fahne“ kein Problem gewesen wäre. Man dürfe wegen des erwiesenen Abscheus vor dem Kommunismus, die große Geduld der vielen Millionen von Kriegsgeschädigten nicht weiter missachten. Die vorgesehene Erhöhung der Unterhaltshilfe bezeichnete der Redner einen ersten Einbruch in die Mauer der „ewigen Neinsager“. Eine für den Sozialen Wohnungsbau zu erwartende LA - Novelle werde das Beziehen dieser Wohnungen durch Rentner und Pensionäre, die bisher davon ausgeschlossen waren, möglich machen. Auch kündigte er die Errichtung von Mietsausgleichskassen an. Nachdem der Redner von den 46 000 Handwerks- und 36 000 Handels- und Industriebetrieben, die bisher von Heimatvertriebenen in der Bundesrepublik erstellt werden konnten, gesprochen hatte, sagte er, dass die Anzahl der wieder auf eigenen Höfen angesetzten Bauern viel zu gering sei. Wenn man ernstlich die Rückkehr in die ostdeutsche Heimat anstrebe, dann müsse man die Bauern durch Hergabe von Land berufsfähig erhalten. Zum Schluss seiner Rede ermahnte Schlachta die Versammelten, sich stets betont und bewusst ihrer ostdeutschen Heimat zu erinnern. „Wer hier gleichgültig ist“, so sagte er, „macht sich unbewusst zum Vorkämpfer der Verewigung der Oder-Neiße-Linie. Erzählen wir unsern Kindern immer wieder von dieser Heimat, damit auch sie ihr Bild in sich aufnehmen und sie mit uns lieben lernen. Damit werden wir, jeder in seinem kleinen Kreise, das Mögliche und Beste tun, um die friedliche Rückgewinnung unserer Heimat vorzubereiten“. Reicher Beifall belohnte den Redner für seinen glänzenden Vortrag. Der 1. Vorsitzende, Schulrat Babbel dankte dem Redner herzlich. Die Geschäftlichen Mitteilungen und Bekanntmachungen erstattete der 3. Vorsitzende. Dr. Kob nannte dann die Gewinner des Heimatpreisrätsels und nahm die Preisverteilung vor. Mit einem herzlichen „Guten Abend“ und Wunsch für den Heimweg schloss der 1. Vorsitzende die Mitgliederversammlung. Armoneit.

 

 

Lübecke Westfalen

Die ostpreußische Landsmannschaft, die am Tag der Heimat 1951 gegründet wurde, feierte am 4. August das Fest ihres dreijährigen Bestehens. Der Sprecher, Rektor v. d. Hardt, gab zunächst einen Rückblick auf die bisher geleistete Arbeit. In der verflossenen Zeit wurden 33 Monatsversammlungen abgehalten, mehrere davon mit festlicher Ausgestaltung. Er betonte ferner die kulturellen Aufgaben der Landsmannschaft, auch die besonderen wirtschaftlichen und rechtlichen. Im heitern Teil wurden Gedichte in ostpreußischer Mundart vorgetragen und der Rest des Abends gehörte dem Frohsinn.

 

 

Seesen am Harz

Der Heimatabend der Ost- und Westpreußen am 04.09. wird einen abschließenden heimatpolitischen Kurzbericht zu dem Thema des Vormonats bringen: „Wie mag es heute, zu Hause aussehen?“ — Für die Kulturstunde sind heimatliche Milieu- und Charakterstudien aus der Feder ostpreußischer Humoristen vorgesehen.

 

 

Turnerfamilie Ost- und Westpreußen

Das achte Wiedersehenstreffen vom 19. bis 23. August in Hameln im schönen Weserbergland ist verklungen. Den Höhepunkt der Freude brachte das erstmalige Wiedersehen mit einer Schar alter lieber Turner und Turnerinnen der Heimat, die jetzt in der Sowjetzone wohnen. Einen ausführlichen Bericht bringen wir in der nächsten Nummer.

 

Allen Geburtstagskindern des September, vor allem denen, die wiederum ein Jahrzehnt ihres Lebens vollenden —

 

Gertrud Aust KMTV 1842 am 11.09.1954, 30 Jahre,

 

Christliebe Mirau-Schaarschmidt, TuF Danzig am 11.09.1954, 40 Jahre,

 

Herbert Noack, TuF Danzig und Zoppot am 07.09.1954, 50 Jahre,

 

Franz Lau, KMTV 1842 am 25.09.1954, 60 Jahre und

 

Hermann Geisendorf, ETG Elbing am 19.09.1954, 80 Jahre —

 

gelten unsere herzlichsten Glückwünsche, vor allem für ihre Gesundheit und ein frisch, froh, fromm, freies Lebensgefühl. Onkel Wilhelm

 

 

Seite 5   Wiederaufbau in Allenstein

Allenstein. Vor kurzem sind offiziell die Wiederaufbaupläne der polnischen Verwaltung für die masurische Hauptstadt Allenstein, die kürzlich ihr 600-jähriges Bestehen feierte, bekanntgegeben worden. Danach will man bei dem Wiederaufbauplan der Altstadt den Stadtwall freilegen und die Stadtmauern zum Teil wiederherstellen. Der Altstadtmarkt wird eine Grünanlage erhalten, am Fuße des Schlosses soll ein breitgegliederter Park angelegt werden. Die Fassaden der alten Arkadenhäuser sollen wiederhergestellt werden — hinter ihnen aber sollen neue Häuser erstehen. Das Bürgermeisterhaus mit seinem gotischen Spitzbogen ist vor kurzem fertiggestellt worden. Das Stadtarsenal soll ebenfalls seine ursprüngliche Form wieder erhalten. Ausgebaut wird der Bahnhof von Allenstein.

 

 

Seite 5   Hans Moehrl ausgezeichnet

Der 5. Jahrestag der Gründung der Kreisgruppe Braunschweig-Stadt der Landsmannschaft Ostpreußen erhielt besonders Gewicht durch eine Ehrung, die dem Kreisgruppenvorsitzenden Hans Moehrl zuteilwurde. Gerhard Bednarski, der auf der stark besuchten Versammlung die Ansprache hielt, überreichte ihm im Auftrage des Landesgruppenleiters der Landsmannschaft Ostpreußen, Hellmut Gossing, ein künstlerisch gestaltetes Wappen der Provinz Ostpreußen mit dem Vermerk, dass damit die Verdienste Moehrls um das „1. Landetreffen der Ostpreußen“ am 3/4. Juli in Hannover ausgezeichnet wurden. Es handelte sich um die erste Übergabe eines derartigen Ehrenwappens, die im Laufe der nächsten Zeit noch an eine Reihe weiterer Persönlichkeiten erfolgen wird, die einen wesentlichen Beitrag zu dem außerordentlich guten Gelingen des Landestreffens leisteten. In seiner Ansprache erklärte Bednarski, dass die Vertriebenen und Flüchtlinge und der BVD als der von ihnen geschaffene Gesamtverband einen klaren politischen Auftrag zu erfüllen hätten. In der Stellung der Vertriebenen zum übrigen Volksteil sei gegenüber den ersten Jahren damals vordringlich die Anerkennung ihrer elementarsten eigenen Ansprüche erkämpfen müssen, so seien sie heute die aktivsten Anwälte aller gemeinsamen außen- und sozialpolitischen Belange des deutschen Volkes.

 

 

Seite 6   Ostpreußentag in Hannover übertraf alle Erwartungen

Die Schlagzeile, mit der die Juli-Ausgabe der „Ostpreußen-Warte“ erschien, hatte ihre volle Berechtigung. Ja, mehr als die Veranstalter und alle ostpreußischen Landsleute ahnen konnten, stand Hannover am 3./4. Juli im Zeichen der Ostpreußen. Das „1. Landestreffen der Ostpreußen“, in Niedersachsen, das an diesen Tagen durchgeführt wurde, hatte rund 50 000 Teilnehmer zu verzeichnen und stellte nicht nur das bisher erfolgreichste Landestreffen der Landsmannschaft Ostpreußen, sondern eine der wesentlichsten Vertriebenenkundgebungen dieses Jahres dar. Diese Erkenntnis lag auch den Worten zugrunde, die der Sprecher der Landsmannschaft, Dr. Alfred Gille, auf der Großkundgebung auf dem Messegelände in Hannover-Laatzen traf: „Meine kühnsten Erwartungen wurden übertroffen, wenn ich die vielen zehntausende von Landsleuten hier sehe!“

 

Allein das Redneraufgebot unterstrich die Bedeutung, die dem Landestreffen in Hannover zukam: Der Präsident des „Lutherischen Weltbundes“, der hannoversche Landesbischof Lilje, predigte während des evangelischen Gottesdienstes. Redner der Jugendkundgebung, die der Hauptkundgebung am 4. Juli vorausging, war der Niedersächsische Minister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegssachgeschädigte. Erich Schellhaus. Auf der Großkundgebung nahmen der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen Jacob Kaiser, Dr. Alfred Gille, der Bundesvorsitzende des „Bundes der vertriebenen Deutschen", unser Landsmann Dr. Linus Kather, und der Landesgruppenleiter in Niedersachsen, Hellmut Gossing das Wort. Schmerzlich allerdings, dass in letzter Minute Bundesvertriebenenminister Prof. Dr. Oberländer, der mit besonderer Spannung erwartet worden war, absagen musste. Umso stärker war der Eindruck, den sein Grußwort an das Landestreffen hinterließ und in dem er bekannte, dass Ostpreußen seine Wahlheimat sei und er sich ganz der Landsmannschaft Ostpreußen zugehörig betrachte. Auf der Kundgebung des ostpreußischen Landvolkes am Nachmittag des 4. Juli sprachen der Präsident des „Deutschen Bauernverbandes“ Edmund Rehwinkel, und der stellvertretende Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, Wilhelm Strüvy. Die Brücke, die bei dieser Gelegenheit zwischen dem Bauernland Ostpreußen und dem Bauernland Niedersachsen — beide auch durch den seinerzeitigen Siedlerstrom aus dem mitteldeutschen Raum nach Osten verbunden — sichtbar wurde, wird in die Zukunft wirken. Schon bisher betrug der Anteil der Ostpreußen an den heimatvertriebenen Landwirten, die in Niedersachsen sesshaft gemacht wurden, 25 Prozent, und es steht zu erwarten, dass in dieser Richtung noch weitere Fortschritte erzielt werden.

 

Ein jeder der Redner des Landestreffens machte Ausführungen, die den Rahmen derjenigen Ansprachen, die auf zahlreichen anderen Vertriebenentreffen gehalten werden, sprengte. Aus ihrem Munde kamen grundlegende, richtungweisende politische Erklärungen, grundlegend nicht nur für die Ostpreußen und die Vertriebenen, sondern das deutsche Volk schlechthin.

 

Der Niedersächsische Vertriebenenminister Schellhaus bekundete auf der Jugendkundgebung, die er beispielhaft für alle kommenden Vertriebenentreffen nannte, seine tiefe Sorge um die Entfremdung, die zwischen der deutschen Jugend diesseits und jenseits des „Eisernen Vorhanges“ Platz greift. Er rief die ostpreußische und die gesamte, in der „Deutschen Jugend des Ostens“ zusammengeschlossene heimatvertriebene und heimatverbliebene Jugend auf, nie zu vergessen, dass es deutsche Jugend ist, die in der kommunistisch geleiteten „Freien Deutschen Jugend“ der Sowjetzone steht und deren Ideale irregeführt und missbraucht werden“. Wartet nicht auf den Tag der Vereinigung der vier Besatzungszonen, sondern tut bereits heute alles, was den deutschen Jungen und Mädeln in Mitteldeutschland das Gefühl des Verlassen seins nimmt, nehmt sie bereits jetzt auf in Eure Gemeinschaft“ — das etwa war der Sinn dessen, was Minister Schellhaus sagte und worauf er die vor ihm versammelte ostpreußische Jugend verpflichtete. Anschließend zeichnete der Landesgruppenleiter der Landsmannschaft, Gossing, diejenigen Schulklassen des Landes Niedersachsen aus, die in dem Preisausschreiben „Ostpreußen - deutsches Land“ die ersten Preise erhalten hatten. Mit Unterstützung des Niedersächsischen Kultusministers war dieser Wettbewerb anlässlich des Landestreffens an allen Schulen Niedersachsens durchgeführt worden.

 

Bundesminister Jacob Kaiser erklärte, dass die Ansage an Rache und Vergeltung, die der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ zugrunde liegt, nicht die Preisgabe des Heimatrechtes bedeute. „Ebenso wenig wie sich auf Hass und Rache eine neue Welt aufbauen lässt, kann sie aufgebaut werden auf den Trümmern von Recht und Gerechtigkeit“. Der Minister würdigte den Anteil der Vertriebenen am deutschen Wiederaufbau: „Ihr seid wahrhaftig nicht nur eine Sorge. Ihr seid vielmehr zu einer Bereicherung geworden. Das ändert freilich nichts an der Entschlossenheit, mit der sich die Ostpreußen zu ihrer Heimat bekennen“. Kaiser verwies auf die Tatsache, dass der erste Schritt zur deutschen Wiedervereinigung der Zusammenschluss der vier Besatzungszonen ist, und er forderte die Vertriebenen aus Ostdeutschland zu fester Solidarität mit den Flüchtlingen aus

Mitteldeutschland und den dort lebenden 18 Millionen Deutschen auf.

 

Bundestagsabgeordneter Dr. Linus Kather erregte besondere Aufmerksamkeit durch die kritischen Worte, mit denen er sich an Bundesminister Kaiser wandte und ihn ersuchte, für eine klarere und entschiedenere Haltung der Bundesregierung in den gesamtdeutschen Fragen einzutreten. „Wir haben das ernste und dringende Anliegen, Herr Bundesminister, dass gerade Sie, der Sie dazu in erster Linie berufen sind, der Sprachverwirrung ein Ende bereiten. Es muss endlich einmal klargestellt werden, dass unter Wiedervereinigung, unter Gesamtdeutschland und unter unteilbares Deutschland ein Gebiet zu verstehen ist, zu dem auch unsere Heimat gehört“. Des Weiteren äußerte Dr. Kather, dass ein großer Teil der Presse und der Öffentlichkeit der Bundesrepublik das Vertriebenenproblem nach wie vor totschweige und hier und da sogar offen der Rat gegeben werde, die ostdeutsche Heimat einfach abzuschreiben. Der starke Beifall, den Dr. Kather bei diesen kritischen Darlegungen fand, unterstrich die Berechtigung seiner eindringlichen Mahnungen.

 

 

Bundestagsabgeordneter Dr. Alfred Gille, letzter Redner der Großkundgebung, bemerkte zu den Bestrebungen nach einem europäischen Zusammenschluss, dass sich die Vertriebenen Europa nie dergestalt vorgestellt hätten, dass es an der Elbe oder an der Oder und Neiße endet. Sie hätten auch nie darin gedacht, dass es zu einem Völkerbrei kommt, in dem alles versinkt, was an nationalen Werten und nationaler Überlieferung in den europäischen Völkern lebt. „Wir sind der Meinung, dass auch ein Gesamteuropa es dringend nötig hat, die Kraft der Bindung, die in nationaler Überlieferung liegt, in das neue, große Gebilde hineinzunehmen, das geschaffen werden soll“.

 

Wie bei jedem Landestreffen, war auch in Hannover der zweite Teil des Hauptveranstaltungstages den Treffen der einzelnen Heimatkreise gewidmet. Die meisten Heimatkreise waren auf dem Messegelände untergebracht, so dass es möglich war, schnell und bequem die verschiedensten Kreise aufzusuchen. Mehrere Heimatkreise allerdings vereinten sich im Innern der Stadt, u. a. die Königsberger, die zu vielen tausenden die Niedersachsenhalle und das angrenzende Stadthallengelände füllten.

 

Eingeleitet wurde das „1. Landestreffen der Ostpreußen“ am Nachmittag des 3. Juli durch eine Feierstunde in der Niedersachsenhalle. Dabei sprachen der Schirmherr des Treffens, der Niedersächsische Ministerpräsident Hinrich Wilhelm Kopf, und der bekannte ostdeutsche Wissenschaftler, Prof. Dr. Wolfrum; Zu den stärksten Eindrücken gehörte die Uraufführung der Kantate „Ans Werk“, eine Schöpfung des aus der Elchniederung stammenden ostpreußischen Musikerziehers Wilhelm Homeyer, der die Kantate mit seinem Hamelner Vertriebenenchor darbot. Am Abend rollte an derselben Stätte ein vielseitiges künstlerisches Programm ab, das sich durch ein sehr gutes Niveau auszeichnete und dennoch volkstümlich war. Künstlernamen, die aus der Heimat unvergessen sind und nach 1945 neuen Klang gewannen, wurden angesagt.

 

Ein abschließendes Wort bleibt zu dem „1. Landestreffens der Ostpreußen“ zu sagen. Es hieß „Ostpreußen — dennoch deutsch“ und strahlte geradezu eine magische Kraft aus.

Monatelang war es zuvor in das Land hinausgegangen und hatte die Landsleute gebannt. Während des Treffens redete es die Landsleute von vielen Transparenten an. In den Ausführungen fast aller Redner kehrte es wieder, und es lieferte dann die Balken-Überschriften für die eingehenden Berichte der Tageszeitungen. Die Kraft, die dieses Geleitwort in den Monaten bis zum Eintreffen und dann während der beiden Tage in Hannover selbst ausstrahlte, weist den weiteren Weg, zeigt einem jeden von uns seine Aufgabe und die gemeinsame Aufgabe, es ist Forderung und Gelöbnis zugleich.

 

 

Seite 6   Vertriebenenwirtschaft sehr beachtlich. 150000 Betriebe mit 450000 Arbeitsplätzen.

Wenn es nach dem Willen der ewigen Besserwisser gegangen wäre, dann wäre die westdeutsche Wirtschaft heute um ein Vielfaches ärmer, denn von eh und je unkten und unken diese Neunmalklugen ja, dass die Bundesrepublik durch die Kreditbereitstellungen für die Vertriebenenwirtschaft unerhörte Verluste erleiden würde — so dass sie von vornherein dagegen waren und es heute noch sind. Und man nennt dabei Zahlen, die fast ins Astronomische gehen. Doch siehe da — dem ist gar nicht so!

 

Im Gegenteil, denn die Vertriebenenwirtschaft hat — wie jetzt wieder einmal klipp und klar bewiesen worden ist — einen höchst beachtlichen Anteil an der Größe des heutigen westdeutschen Wirtschaftspotentials, wie Dr. Ziemer als Vorstandsmitglied der Lastenausgleichsbank dieser Tage auf einer Kundgebung der Vertretung der heimatvertriebenen Wirtschaft mit aller Deutlichkeit dargelegt hat.

 

Oder bedeutet es keine ungewöhnliche und beachtliche Leistung, wenn es den aus dem Osten vertriebenen Unternehmen gelungen ist, in Westdeutschland 150 000 Betriebe ins Leben zu rufen und 450 000 zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen? Gewiss, die Vertriebenenwirtschaft hat dies nicht aus eigener Kraft allein geschaffen, denn es wurde ihr mit 1,5 Milliarden DM Staatskrediten und Bürgschaften unter die Arme gegriffen. Wobei bemerkt werden darf, dass ja auch der einheimischen Wirtschaft von Seiten des Staates in reichem Maße Hilfe zuteil geworden ist und noch immer wird. Auch das soll — und muss — sein, doch hierüber spricht man nicht all zu viel und nicht allzu gern, weil dies als eine Selbstverständlichkeit angesehen wird. Bei der Vertriebenenwirtschaft dagegen ist man mitunter sehr schnell geneigt, den Einzelfall einer Fehlinvestition als Symptom hinzustellen und zu sagen: Da seht ihr es, wir haben es gleich gesagt. Dabei merken diese so Sprechenden gar nicht, wie sehr sie selber ihrer Spotten, denn nach den Ausführungen Dr. Ziemers hat die Vertriebenenwirtschaft in der Bundesrepublik ein industrielles Investment von 2,25 Milliarden DM geschaffen. Wozu man bescheiden fragen darf, ob dies denn wirklich keine wirtschaftliche Leistung ausmache?

 

Aber die Verluste, die Kreditverluste, die dabei entstanden sind, unken die ewig Gestrigen weiter. Sie sind eben unbelehrbar, denn würden sie den jetzt erschienenen Geschäftsbericht der Lastenausgleichsbank für das Jahr 1953 einmal studieren — den sie jedoch schon aus dem Grunde nicht lesen, weil sie mit Bilanzen nichts anzufangen wissen, da sie wirtschaftliche Zusammenhänge einfach nicht verstehen, sondern nur konfus dahinplappern, was ihnen gerade in den Sinn kommt —, dann könnten sie erfahren, dass von den bisher der Vertriebenenwirtschaft bewilligten 4600 Betriebsmittelkrediten die mit Bürgschaften oder aus Mitteln des ERP-Sondervermögens gegeben worden sind, die Lastenausgleichsbank bis Mitte April dieses Jahres aus eingetretenen Verlusten nur in 86 Fällen mit einer Gesamtsumme von 881 000 DM in Anspruch genommen worden ist. Was nur 1,9 v. H. der mit Schäden abgewickelten Fälle ausmacht, wobei es sich zudem ganz überwiegend nicht um Totalverluste handelt. Der Ausfall der Lastenausgleichsbank lag vielmehr bei den bisher abgewickelten Fällen unter der Hälfte ihres Obligos, nämlich genau bei 46 v. H. Und die Endquote der Schäden dürfte nach der Feststellung der Hauptentschädigung, die diese Betriebe zu erwarten haben, noch weit geringer sein.

 

Einer der Hauptgründe dieser 1,9 Prozent Insolvenzen ist auf das Fehlen jeglichen Eigenkapitals zurückzuführen, wodurch die Vertriebenenunternehmen der eingesessenen Wirtschaft gegenüber im Nachteil sind, und es so lange bleiben werden, wie sie gezwungen sind, auf kurzfristige, also teure, Kredite zurückzugreifen. Den sich in dieser Hinsicht in wachsendem Maße bemerkbar machenden Krisenerscheinungen kann jedoch nur durch entsprechende Maßnahmen begegnet werden, woraus erneut erkennbar wird, wie berechtigt die ständige Forderung der Vertriebenenwirtschaft ist, ihr durch steuerliche und sonstige Maßnahmen in weit höherem Ausmaße als bisher die Bildung von Eigenkapital zu ermöglichen, damit bei rückläufiger Konjunktur nicht Verhältnisse eintreten, die zu hohen Ausfällen führen könnten.

 

 

Seite 6   Ausstellung ostdeutscher Kunst.

Vom 14. September bis zum 31. Oktober 1954 veranstaltet die Künstlergilde Eßlingen

eine repräsentative Ausstellung zeitgenössischer ostdeutscher Kunst in Baden-Baden. Die Ausstellung soll sowohl einen Überblick über das Schaffen der lebenden ostdeutschen Künstler bieten, als auch Werke zeigen, die noch der Generation der großen Impressionisten und Expressionisten angehören. So werden etwa Lovis Corinth und Käthe Kollwitz vertreten sein.

 

 

Seite 6   Richtlinien zum Bundesvertriebenengesetz.

Zum Bundesvertriebenengesetz sind eine Reihe wichtiger Richtlinien und Bekanntmachungen ergangen. Jeder Flüchtling und Vertriebene, der seine Rechte wahren will, wird ohne die Kenntnis dieser neuen Vorschriften nicht auskommen. Regierungsdirektor Dr. Leitreiter hat die bisher ergangenen Vorschriften in einem Ergänzungsband zu seinem Kommentar zum Bundesvertriebenengesetz übersichtlich zusammengestellt und mit klaren, verständlichen Erläuterungen versehen. Die „Richtlinien zum Bundesvertriebenengesetz“ von Dr. Leitreiter sind im Carl Heymanns Verlag KG Köln, Gereonstraße 18 - 32 im Umfang von 92 Seiten mit einer Kartenbeilage zum Preise von DM 3,80 erschienen. Der Band enthält u. a.:

 

Richtlinien über die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen.

 

Bekanntmachung über die Anerkennung notleidender Gebiete mit einer Karte dieser Gebiete.

 

Richtlinien der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung über die bevorzugte Vermittlung von Vertriebenen, Sowjetzonenflüchtlingen.

 

Richtlinien für die Gewährung von Beihilfen nach § 73 Abs. 2 Bundesvertriebenengesetz.

 

(Ausgleich steuerlicher Nachteile im Jahre 1951.)

 

Die Anträge auf Zahlung der Beihilfen müssen bis zum 31. August 1954 gestellt werden. Da die Grundbeträge vom Antragsteller selbst errechnet werden müssen und die Ausstellung des Antrags genauere Kenntnisse erfordert, ist ein Studium dieser Erläuterungen besonders nützlich.

 

 

 

Seite 7   Das Archiv für Grundbesitz

Die Vernichtung von Grundbüchern in den besetzten Ostgebieten gab den Gründern des Archivs bereits 1947 Anlass, bei den Justizbehörden geeignete Schutzmaßnahmen anzuregen. Nachdem sich herausstellte, dass die Amtsgerichte in der Bundesrepublik: aus Mangel an geeignetem Fachpersonal usw. z. Zt. nicht in der Lage sind, die verlorenen Grundbücher „von Amtswegen“ zu rekonstruieren, wurde 1950 das Archiv als eingetragener Verein in Bamberg gegründet. Das Archiv soll alle derzeit noch vorhandenen Grundbuchunterlagen als Eigentumsbeweis für die spätere Rekonstruktion der Grundbücher erfassen und ein zentrales Register für den Grundbesitz in Stadt und Land aufstellen. Dem Gründungsausschuss gehören bekannte Vertreter aus allen Reichsgebieten diesseits und jenseits der Oder-Neiße-Linie an. Der Verein wurde im Frühjahr 1951 in das Register des Amtsgerichts Gießen eingetragen. Er arbeitet für alle besetzten Gebiete diesseits und jenseits der Oder-Neiße-Linie. Auf Wunsch registriert das Archiv jeden deutschen Grundbesitz auch außerhalb der Reichsgrenzen.

 

Die Arbeit des Archivs wird von den Spitzenverbänden der Vertriebenen wohlwollend gefördert. Es ergaben sich auch keinerlei Überschneidungen oder Kompetenzstreitigkeiten, weil sich das Archiv streng auf seine Aufgabe beschränkt: Sammlung von Eigentumsbeweisen und Vorbereitung für die Wiederherstellung der Grundbücher.

 

Bei den für die Ostfragen zuständigen Behörden hat sich das Archiv weitgehend Vertrauen erworben. Die Arbeit des Archivs wird auch von den Behörden wohlwollend gefördert, insbesondere vom Ministerium für gesamtdeutsche Fragen. Die Bundesregierung hat das Archiv als „Gemeinnütziges Institut" anerkannt. Infolgedessen können an Archiv gezahlte Beiträge bei der Einkommensteuer steuerfrei abgesetzt werden.

 

Die Registerarbeit erfolgt durch fachlich vorgebildete Bürokräfte. Der Vorstand des Archivs legt besonderen Wert darauf, mit den knapp bemessenen Arbeitskräften die eingehenden Registermeldungen pünktlich und unter Beachtung grundbuchlicher Korrektheit zu bearbeiten. Dazu ist das modernste Mittel der Dokumentation: die Mikrokopie weitgehend eingeschaltet und zwar in Zusammenarbeit mit der Wetzlarer optischen Industrie. Eine normale Aktenseite wird dabei auf ein fünfhundertstel der Fläche verkleinert und kann später auf normale Aktengröße wieder vergrößert werden. Dieses Arbeitsverfahren ergibt eine außerordentliche Ersparnis im Raumbedarf, da 50 Aktenseiten nur den Raum einer halben Postkarte einnehmen. Die Schreibarbeit ist auf ein Minimum eingeschränkt, das bedeutet weitere Ersparnis an Arbeitskräften und die Ausschaltung von Schreibfehlern. Die Mikrokopierung erfolgt in der Regel dreifach, ein kompletter Satz wird laufend unter deutscher Aufsicht in Amerika eingelagert. Das wachsende Interesse der Grundbesitzer spricht sich in den steigenden Eingangszahlen aus. Bis zum Ende 1953 waren über 20 000 Registeranmeldungen beim Archiv eingegangen. Die Eingänge werden stets sofort in Arbeit genommen, jedoch dauert es erfahrungsgemäß oft lange, bis für fehlende Unterlagen ein geeigneter Ersatz beschafft ist.

 

Der Ruf des Archivs ist allmählich auch weit ins Ausland gedrungen, es liegen uns Anmeldungen aus Amerika, Kanada, Italien, Holland, Südwestafrika, Schweiz, Schweden, Transvaal, Argentinien, Chile, Belgien, England und andern Ländern vor.

 

Bei Aufstellung des Finanzplanes musste darauf Rücksicht genommen werden, dass die ostvertriebenen Grundbesitzer sich meist in bedrängter Vermögenslage befinden. Die vom Archiv erhobenen Arbeitsgebühren betragen nur etwa 1/3 der tatsächlich entstehenden Kosten. Der Rest wird aus Sonderfonds gedeckt. Von der Erhebung eines Jahresbeitrages der Mitglieder konnte der Vorstand in den vergangenen Jahren Abstand nehmen. Das Archiv arbeitet auf gemeinnütziger Grundlage ohne Erwerbszweck.

 

Schon an der Gründung des Archivs waren prominente Juristen beteiligt. Dem Gründungsausschuss gehörten u. a. an: Dr. h. c. Herrn. Weinkauff, Präsident des Bundesgerichtshofs Karlsruhe, sowie Dr. jur. Joachim Pflanz, Dozent der Rechte, Bamberg.

 

Gestützt auf die bisherigen Erfahrungen und gefördert durch das Vertrauen der Behörden und der Verbände hofft das Archiv auf eine weitere günstige Entwicklung. Die Arbeit des Archivs geschieht auf lange Sicht in erster Linie für den Augenblick, wo wir in die alte Heimat zurückkehren können, aber auch heute schon erweist sich das vom Archiv geführte zentrale Grundbuchregister als wertvoll, sowohl für die vertriebenen Grundbesitzer wie für die Behörden, denen die Heimatbetreuung und die Vorbereitung für ein freies geeintes Gesamtdeutschland als Aufgabe gestellt ist.

 

Der Sitz des Archivs für Grundbesitz ist Marburg/Lahn, Gartenstraße 19.

 

 

Seite 7   Oberlandesgericht Celle löst einen Scheidungsfall.

Ein Scheidungsprozess ist für den Richter immer eine besonders heikle Aufgabe, weil unser Paragraphengerüst bei weitem nicht ausreicht, um all die schwierigen Eheprobleme unserer Tage zu lösen. Die Richter des Oberlandesgerichtes Celle werden wahrscheinlich stundenlang beraten haben, ehe sie sich in dem folgenden, besonders tragischen Fall zu einem Urteil entschlossen:

 

Ein Ostpreuße hatte seit dem Zusammenbruch von seiner Frau, die er 1940 geheiratet hatte, nichts mehr gehört, und da die Vermutung nahe lag, dass sie in den letzten Kriegstagen bei der Flucht umgekommen war, ließ er sie für tot erklären. Kurze Zeit später lernte er eine andere Frau kennen. 1950 erhielt er vom Roten Kreuz die Nachricht, dass seine Frau noch am Leben sei. Er weigerte sich jedoch, zu seiner Frau zurückzukehren, und so kam die Sache schließlich vor die Scheidungsrichter. Dort warf die erste Frau ihrem Mann vor, er habe die Zerrüttung der Ehe verschuldet, weil er die Beziehungen zu der „anderen“ aufgenommen und diese bis zum heutigen Tage noch nicht wieder abgebrochen habe.

 

Das Oberlandesgericht Celle hat die Ehe nunmehr geschieden (Urteil 3 U 267/53), dem Mann aber an der Zerrüttung der Ehe kein Verschulden zur Last gelegt. Eine schuldhafte Eheverfehlung setze voraus, dass der Ehegatte das Bewusstsein habe, die ihm kraft der Ehe obliegenden Pflichten zu verletzen, oder dass ihm dieses Bewusstsein nur infolge Fahrlässigkeit fehle. Der Scheidungsbeklagte habe hier nicht schuldhaft gehandelt, wenn er anderweitige Beziehungen anknüpfte. Dabei komme es nicht darauf an, ob der andere Ehegatte bereits für tot erklärt sei oder nicht. Entscheidend sei allein, ob der überlebende Ehegatte an den Tod des anderen glauben durfte. Wörtlich fährt das Gericht in dem Urteil fort: „Den Kläger trifft auch schwerlich ein erhebliches Verschulden daran, dass er die Beziehungen zu der anderen Frau nicht abgebrochen hat, nachdem er erfahren hatte, dass seine Frau noch lebt. Denn nachdem er sich wegen der Todeserklärung seiner Ehefrau ohne Schuld einer anderen Frau verpflichtet hatte, lässt sich darin, dass er innerlich die Lösung von diesen neuen Beziehungen nicht fand, ein schweres Verschulden nicht erblicken. Die Konfliktlage ist für ihn wenig anders als die, die den Gesetzgeber veranlasst, bei der Rückkehr eines für tot erklärten Ehegatten den Vorrang vor der früheren Ehe zu geben. Wie es dort der eigenen Entscheidung des wiederverheirateten Ehegatten überlassen ist, ob er Aufhebung der neuen Ehe beantragen und die frühere Ehe wieder aufnehmen will oder ob er an der neuen Ehe festhalten will, so kann es auch hier kein erhebliches Verschulden des Klägers bedeuten, wenn er infolge der inneren Bindung an eine andere Frau nicht mehr in der Lage ist, die Ehe mit der Beklagten fortzusetzen“

 

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Seite 7   Fast völlige Einheit in Niedersachsen

Die Sitzung des Gesamtvorstandes des Landesverbandes Niedersachsen des BVD am 31. August erhielt besonderes Gewicht durch die Tatsache, dass daran erstmalig die Landesvorsitzenden der Sudetendeutschen Landsmannschaft, der Landsmannschaft Weichsel-Warthe, der Landsmannschaft der Bessarabien Deutschen, der „Arbeitsgemeinschaft der West- und Überseevertriebenen“ teilnahmen, deren Landesorganisation sich in den letzten Wochen dem Landesverband des BVD anschlossen, nachdem ihm bisher bereits die der Landsmannschaft Schlesien, der Landsmannschaft Ostpreußen, der Landsmannschaft Westpreußen, der Pommerschen Landsmannschaft, der Landsmannschaft Berlin-Mark Brandenburg, der Landsmannschaft der Karpathendeutschen und der Landsmannschaft der Donauschwaben angehörten. Bis auf ganz wenige Landsmannschaften, mit denen noch Verhandlungen geführt werden, stellte der BVD in Niedersachsen damit einen echten Gesamtverband der Vertriebenen dar. Der Vorstand billigte einstimmig das Abkommen, das am 1. Juli 1954 in Fallingbostel zwischen dem Landesvorsitzenden des BvD, Gossing, gleichzeitig Landesgruppenleiter der Landsmannschaft Ostpreußen, und dem Mitglied des Bundesvorstandes der Landsmannschaft Ostpreußen, Wagner, unterzeichnet worden war und — unter Klärung einiger noch offenbar organisatorischer Probleme — die Eingliederung der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft Ostpreußen in den BVD zum Ziele hatte.

 

Die Geschlossenheit der niedersächsischen Vertriebenenorganisation wird zusätzlich dadurch erhöht, dass sich nunmehr auch die Landesstelle der „Vertretung der heimatvertriebenen Wirtschaft (VhW)“ dem Landesverband des BVD angeschlossen hat.

 

 

Seite 7   Tilgungsleistungen bis 31.12.1955 ausgesetzt. Nur bei gewerblichen Existenzaufbaudarlehen auf Grund des Soforthilfegesetzes

Der Kontrollausschuss beim Bundesausgleichsamt hat dem Vorschlag zugestimmt, die Verpflichtung zur Zahlung der nach den Darlehnsverträgen über gewerbliche Existenzaufbaudarlehen auf Grund des Soforthilfegesetzes in der Zeit vom 1. Juli 1954 bis zum 31. Dezember 1955 auszusetzen. Das Recht des Darlehensnehmers, trotz der Aussetzung weiter zu tilgen, bleibt unberührt.

 

Zu diesem Beschluss des Kontrollausschusses hat nunmehr das Bundesausgleichsamt die notwendigen Durchführungsbestimmungen erlassen. Danach gilt die Aussetzung von Tilgungsleistungen für Darlehen, die in der amerikanisch-britischen Zone auf Grund der Weisung über die Gewährung von Aufbauhilfe vom 28.04.1950, in Rheinland-Pfalz auf Grund der Richtlinien vom 10.03.1950 der Weisung vom 15.06.1950 und in Lindau auf Grund der Weisung vom 01.08.1950 gewährt wurden.

 

Ausgesetzt ist die Verpflichtung zur Zahlung von Tilgungsbeträgen, die nach dem Darlehensvertrag in der Zeit vom 1. Juli 1954 bis zum 31. Dezember 1955 fällig sind. Nicht ausgesetzt ist die Verpflichtung zur Zahlung.

 

a) von Tilgungsbeträgen, die vor dem 1. Juli 1954 fällig waren und bis dahin ganz oder teilweise noch nicht bezahlt wurden,

 

b) der auf Grund zusätzlicher Vereinbarungen zum Darlehensvertrag (z. B. Stundung) in

dem Aussetzungszeitraum fälligen Tilgungsbeträge,

 

c) von Tilgungsbeträgen aus Darlehensverträgen, die aus besonderen Gründen (z. B. Tod, Aufgabe des Geschäfts des Darlehensnehmers u. a.) an Personen übertragen wurden, die nicht Geschädigte im Sinne des Soforthilfegesetzes oder des Lastenausgleichsgesetzes sind. Bei Übertragung an Ehegatten oder Abkömmlinge von Geschädigten gilt diese Bestimmung nicht.

 

Die Aussetzung gilt auch nicht für Darlehen, die zu Beginn des Aussetzungszeitraumes bereits gekündigt sind oder während des Aussetzungszeitraumes gekündigt werden, es sei denn, dass die Kündigung zurückgenommen wird, weil die hierfür maßgebenden Gründe weggefallen sind.

 

Ein besonderer Antrag auf Aussetzung ist nicht einzubringen. Die Aussetzung erfolgt ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse. Für den Aussetzungszeitraum etwa erbrachte Tilgungsleistungen werden auch auf Antrag nicht zurückgezahlt.

 

 

Seite 7   Wir gratulieren

Polizeimeister a. D. Emil Czichy, aus Königsberg/Pr., vollendet am 9. September 1954 sein 75. Lebensjahr. Seit 2 Jahren lebt er mit seiner Gattin in Bad Soden bei Salmünster, Marborner Straße 49. Der Jubilar erfreut sich bester Gesundheit

 

 

Seite 7   Ansprüche nach dem Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz - Antragstellung bis spätestens Ende Januar 1955

Zu dem am 30. Januar 1954 verabschiedeten Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz sind inzwischen die Durchführungsbestimmungen erlassen worden. Hiernach obliegt die Durchführung dieses Gesetzes den Landkreisen, den kreisfreien Gemeinden und Regierungen, also den Fürsorgeämtern, die für die Bearbeitung der Anträge besondere Referate für Kriegsgefangene und Heimkehrer eingerichtet haben.

 

Entschädigungsberechtigt sind alle jetzt noch in der Kriegsgefangenschaft befindlichen Deutschen und alle ehemaligen Kriegsgefangenen die vom 1. Januar 1947 an noch in Gefangenschaft waren und ihren Wohnsitz im Bundesgebiet oder in West-Berlin haben. Als Kriegsgefangene werden alle Deutschen angesehen die wegen ihres militärischen oder militärähnlichen Dienstes gefangengenommen oder von einer ausländischen Macht festgehalten wurden oder noch festgehalten werden.

 

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Dauer der Gefangenschaft. So wird vom 1. Januar 1947 ab für jeden Kalendermonat ein Betrag von 30,-- DM gewährt. Nach weiteren zwei Jahren Gefangenschaft, also vom 1. Januar 1949 ab erhöht sich der Beitrag auf monatlich 60,-- Mark.

 

Den Spätestheimkehrern sind nach dem Willen des Gesetzgebers die Entschädigungen so schnell wie möglich auszuzahlen.

 

Antragstellung. Die Entschädigungsanträge von Kriegsgefangenen, die seit dem 01.01.1953 zurückgekehrt sind, müssen vor sämtlichen anderen Anträgen unverzüglich geprüft und bearbeitet werden. Der Antrag ist in dreifacher Ausfertigung einzureichen. Eine Ausfertigung wird unmittelbar nach der Antragstellung dem Statistischen Landesamt, die andere dem Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte in Bonn für den Suchdienst übersandt.

 

Nach § 12 des Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes sind die Stadt- und Landkreise verpflichtet, Ausschüsse zu bilden, in denen über die Beschwerden der Antragsteller entschieden wird. Diese Ausschüsse bestehen aus einem Vorsitzenden und zwei ehrenamtlichen Beisitzern, von denen der eine ein ehemaliger Kriegsgefangener sein muss. Der andere Beisitzer soll Mitglied des Kreistages bzw. des Stadtrates sein. Abschließend bestimmt das Gesetz noch, dass die Auszahlung der Entschädigung bis spätestens 03.02.1959 beendet sein muss.

 

Nach welchen Gesichtspunkten wird nun die Entschädigung gezahlt?

 

Die Punktetabelle

Die Faktoren, die die soziale Lage des Berechtigten bestimmen, sind folgende: 1. das Familieneinkommen; 2. die Größe der Familie; 3. der Gesundheitszustand des Heimkehrers; 4. die Zeit der Erwerbsmöglichkeit; 5. die besonderen Lebensumstände der Familie.

 

1. Punktezahlen nach dem monatlichen Familieneinkommen bis 100 DM 45 Punkte, über 100 bis 150 DM 40 P., über 150 bis 200 DM 35 P., über 200 bis 300 DM 30 P., über 300 bis 400 DM 25 P. über 400 bis 500 DM 20 P., über 500 bis 600 DM 15 P., über 600 bis 700 DM 10 P., über 700 bis 800 DM 5 P., über 800 DM 0 Punkte.

 

2. Entlassungsjahr 1947 und 1948 0 Punkte, von 1949 an für jedes Jahr 5 Punkte.

 

3. Größe der Familie. Für jeden zum Haushalt des Berechtigten im Zeitpunkte der Antragsstellung gehörenden und von ihm überwiegend unterhaltenen Familienangehörigen 5 Punkte, vom 4. Kind ab zusätzlich 10 Punkte.

 

4. Kriegsbeschädigung. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 50 Prozent 5 Punkte, von 60 Prozent 7 Punkte, von 70 Prozent 9 Punkte, von 80 Prozent 11 Punkte, von 90 Prozent 13 Punkte, bei Erwerbsunfähigkeit 15 Pkt.

 

5. Besondere Fälle. Vertriebene, Flüchtlinge, Kriegsbeschädigte, Arbeitslose und Arbeitsunfähige erhalten einen Zuschlag bis zu 25 Prozent der errechneten Punktezahl. Ebenso wird eine besondere Notlage berücksichtigt, die durch Krankheit entstanden ist.

 

Dringlichkeitsstufen. Dringlichkeitsstufe 1 keine Punkte! Entlassung nach dem 31.12.1952, Dringlichkeitsstufe 2 über 120 Punkte, 3 116 - 120, 4 111 - 115, 5 106 - 110, 6 101 - 105, 7 96 -100, 8 91 - 95, 9 86 - 90, 10 81 - 85, 11 76 - 80, 12 71 - 75, 13 66 - 70, 14 61 - 65, 15 56 - 60, 16 51 – 55, 17 46 - 50, 18 41 - 45, 19 36 - 40, 20 31 - 35, 21 26 - 30, 22 21 - 25, 23 16 - 20, 24 11 – 15, 25 6 - 10, 26 0 - 5 Punkte.

 

Diese Dringlichkeitsstufen werden künftig jeweils zur Zahlung aufgerufen.

 

Zur Erläuterung der „Familieneinkommen“ sowie der „Familienangehörigen“ sei abschließend noch darauf hingewiesen, dass unter einem Familieneinkommen das Einkommen zu verstehen ist, das die zum Haushalt des Berechtigten gehörenden und von ihm überwiegend unterhaltenen Familienangehörigen verdienen. Zu den Familienangehörigen sind zu zahlen: die Ehefrau (der Ehemann), die ehelichen Kinder, Stiefkinder, an Kindes statt angenommene Kinder, uneheliche Kinder, ferner Abkömmlinge der Kinder, Eltern und Großeltern. Voraussetzung ist jedoch, dass dieser Personenkreis zum Haushalt gehört und vom Berechtigten überwiegend unterhalten wird.

 

 

 

Seite 7   Aus dem Versorgungsrecht

I.              Bundestag einstimmig für Erhöhung der Grundrente.

In der Sitzung des Deutschen Bundestages vom 14. Juli 1954 bekannten sich die Abgeordneten einmütig zur Erhöhung der Grundrente, zur Verbesserung der Elternversorgung und zur Unantastbarkeit der Grundrente als eines unabdingbaren Rechtsanspruchs der Kriegsopfer überhaupt. Mit dieser Erklärung ist die Bundesregierung aufgefordert worden, dem Parlament unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Erhöhung der Grundrente sowie zur Verbesserung der Elternrente vorzulegen.

 

II.             Kapitalabfindung für Ehefrauen Verschollener. Die 2. Novelle zum Bundesversorgungsgesetz brachte insofern eine Neuerung, als nunmehr auch Witwen mit einem Anspruch auf Rente eine Kapitalabfindung erhalten können. Bei der jetzigen Fassung des Gesetzes ist es jedoch nicht möglich, die Ehefrauen Verschollener zu berücksichtigen. Um diese Frauen jedoch, die aus menschlich anerkennenswerten Gründen eine Todeserklärung des verschollenen Ehemannes ablehnen, schon vor der in Aussicht genommenen Erweiterung des Personenkreises den Erwerb oder die wirtschaftliche Stärkung eigenen Grundbesitzes zu ermöglichen, hat sich der Bundesminister für Arbeit zur Zahlung von Darlehen bis zur Höhe der für eine vergleichbare Witwe in Betracht kommenden Kapitalabfindung einverstanden erklärt.

III.            Berufsfssrsorge-, Studienförderung bis zur Promotion. Es hat sich gezeigt, dass bei Berufsförderungsmaßnahmen nach dem Bundesversorgungsgesetz immer wieder Zweifel darüber auftreten, ob bei einer Studienförderung auch der Erwerb des Doktor-Grades eingeschlossen werden kann. Der Bundesminister des Innern vertritt die Auffassung, dass im Rahmen einer Berufsförderung wenigstens die in den amtlichen Nachrichten „Berufskunde“ niedergelegten Grundsätze Anwendung finden sollten, ja, es müsse über diese hinausgegangen werden, wenn der Erwerb des Doktor-Grades erforderlich ist, um den Beschädigten zu befähigen, sich am Arbeitsplatz und im Wettbewerb mit Nichtgeschädigten zu behaupten. Dies gilt vor allem für den Beruf des Arztes, Zahnarztes, des Tierarztes sowie des Chemikers. Ist der Erwerb des Doktorgrades Voraussetzung für die Ausübung der Lehrtätigkeit an einer Hochschule, so bestehen keine Bedenken gegen eine Berufsförderung, wenn als Berufsziel das wissenschaftliche Lehrfach gewählt wird. Der Entschluss hierzu muss der Hauptfürsorgestelle unter Nachweis der Eignung vor Abschluss der Förderungsmaßnahmen mitgeteilt werden.

IV.           Wiedererwerb der elterlichen Gewalt der wiederverheirateten Mutter. Die Vorschrift des Bürgerlichen Gesetzbuches, nach der die Mutter die elterliche Gewalt verliert, wenn sie eine neue Ehe eingeht, widerspricht dem Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung vom November 1953 der Auffassung angeschlossen, dass die elterliche Gewalt einer Mutter, die sich vor dem 1. April 1953 wiederverheiratet hat, mit dem 1. April 1953 kraft Gesetzes wieder aufgelebt ist, so dass es einer Aufhebung der Vormundschaft durch das Vormundschaftsgericht nicht mehr bedarf. Die Versorgungsämter sind angewiesen, die Waisenrenten nicht mehr an den Vormund, sondern an die Mutter auszuzahlen, sofern nicht andere Gründe vorliegen, nach denen der Mutter auch nach dem 1. April 1953 die elterliche Gewalt nicht zusteht.

V. Versorgung ehemaliger Angehöriger der Legion Condor.

Der Dienst der im Spanischen Bürgerkrieg eingesetzt gewesenen Legion Condor/Sonderstab W gilt künftig als militärischer Dienst im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes. Alle Angehörigen der Legion, die im Spanischen Bürgerkrieg Schädigungen erlitten haben, werden sich an das für ihren Wohnsitz zuständige Versorgungsamt.

VI. Einmalige Unterstützungen für unsere Kriegsopfer. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll allen Kriegsopfern, die unverschuldet in eine Notlage geraten sind, aus der sich die Betroffenen nicht durch eigene Kraft oder anderweitige Hilfe zu befreien vermögen, neben der laufenden Rente mit zusätzlichen Mitteln geholfen werden. Diese Unterstützungsmittel werden auf Antrag gewährt, d. h., man wendet sich an das zuständige Versorgungsamt, begründet die Notlage eingehend und lässt die Angaben zweckmäßigerweise vom Bürgermeister bestätigen. Helmut Wegner

 

 

 

Seite 8   Von Memel nach Kiel – Friedrichsort

Foto: Blick auf den Memeler Hafen

Zu den Werften die infolge des Krieges gezwungen waren, ihre Heimat zu verlassen, gehört die Schiffswerft Paul Lindenau in Memel, einst Deutschlands östlicher Schiffbaubetrieb. Bei der Zahl in Westdeutschland ansässiger Werften war es für die Flüchtlingsbetriebe schwer, wieder Fuß zu fassen. Der Werft Paul Lindenau ist der Nachkriegsstart jedoch geglückt. Ihr Betrieb liegt an der Kieler Förde in Friedrichsort.

 

In dem früheren Marine-Artillerie-Arsenal und auf dem ehemaligen Scheibenhof dröhnen heute die Niethämmer. Auf dem etwa 40 000 qm großen Gelände hat sich die einst in Memel ansässige Schiffswerft Paul Lindenau niedergelassen.

 

1784 war in Memel eine Segelschiffswerft gegründet, die der Schiffszimmergenossenschaft gehörte. Vor vierzig Jahren — bei Ausbruch des ersten Weltkrieges — übernahm der erste Konstrukteur der Schichau-Werft in Elbing, Paul Lindenau, den Betrieb. Bis zum Oktober 1944, als sich die Russen Memel genähert hatten, waren auf dieser Werft insgesamt 98 Schiffe gebaut worden. Bis zu 1200 Menschen fanden auf der Werft — deren „Spezialität“ der Bau von Spezialschiffen war — Arbeit. Das bekannte Seebäderschiff „Helgoland“ erblickte in Memel das Licht der Welt. Frachtschiffe bis zu 3000 t Tragfähigkeit, Eisbrecher, Hochseeschlepper, Auto- und Personenfähren und Kombischiffe entstanden auf dieser Privatwerft.

 

Im Oktober 1944 wurde der Betrieb nach Pillau verlagert. Bis zum 16. April 1945 wurden hier mit 300 Menschen und dem 2000-t-Schwimmdock Schiffbauarbeiten durchgeführt, zum Teil unter direktem Beschuss russischer Artillerie. Erst Ende April konnte als wertvollste Einheit das Schwimmdock nach Westdeutschland gebracht werden. Bis zum Mai 1953 hat dieses Dock unter eigener Regie

in Lübeck gearbeitet. Heute liegt es an der 300 m langen Reparaturbrücke in Kiel-Friedrichsort.

 

1947 hatte Paul Lindenau unter der tatkräftigen Mithilfe seines Sohnes, Dipl.-Ing. Harald Lindenau, mit der Fabrikation von Textilmaschinenzubehörteilen für den aus Zittau stammenden Fabrikanten Erich Scholze angefangen. Außerdem wurden Ölbrenner mit einem Durchsatz bis zu 2000 kg pro Stunde gebaut. Diese Fabrikationsgebiete bilden eine wertvolle Ergänzung zu dem Werftbetrieb, der 1952 mit der Kiellegung eines 250-tdw-Tankmotorschiffes wieder begonnen hat. Seitdem hat die Werft drei Tanker bis zu 900 tdw und zwei Frachtmotorschiffe bis zu 2300 tdw abgeliefert. In der Ausrüstung liegt das Motorschiff „Norfjell“ von 490 tdw; ein Schwesterschiff — ebenfalls für norwegische Rechnung — liegt auf der Helling im Bau. Der Auftragsbestand umfasst zwei Motorfrachter von je 600 t Tragfähigkeit, die ebenfalls für norwegische Rechnung bestimmt sind. 400 Menschen finden heute wieder Arbeit auf der Werft in Friedrichsort.

 

Der Schiffbaubetrieb umfasst neben einer etwa 110 m langen Helling und einer über 300 m langen Reparaturbrücke mit dem Schwimmdock, auf das modernste eingerichtete Werkstätten. Ein großer Teil der Maschinen wurde selbst gebaut. Vor allem hat man die aus Memel stammenden Erfahrungen über Schweißen weiter ausgebaut, so dass diese Werft heute mit an der Spitze steht. Aber nicht nur neue Schiffe werden hier gebaut, sondern vor allem zahlreiche und umfangreiche Reparaturen durchgeführt, u. a. erhielt ein Kühlschiff einen neuen Motor; die „Hörnum“ wurde von Dampf auf dieselelektrischen Antrieb umgestellt. Dock, Helling und Brücke sind mit Kränen bis zu 7 t Hebefähigkeit ausgestattet.

 

 

Seite 8   Sowjetpolen plant neues Tannenberg-Denkmal

Nur 25 Kilometer sind es von Osterode bis nach Tannenberg. Früher konnte man mit der Bahn bis nach Mühlen fahren, oder von Hohenstein aus die historischen Stätten erreichen. Heute jedoch deutet nur noch ein verwahrloster Bahndamm ohne Schienen auf bessere Zeiten hin. Unkrautberge haben sich der wenigen Schwellen bemächtigt, die von Demontage-Trupps vergessen worden sind. So bleibt die Landschaft still sich selbst überlassen. Nach dem letzten Detonationsknall aus jenen Jahren hat sich die moderne Technik nicht weiter mit den Gebieten um Waplitz, Wittmannsdorf und Tannenberg beschäftigt. Sie träumen einen tiefen Schlaf, der nur selten von menschlichen Stimmen unterbrochen wird. Stumm ruhen auch die mächtigen Granitblöcke des Ehrenmals. Zerbrochen, geborsten unter der Wucht des Sprengsatzes, der die mächtigen Türme wie Papierhütten wegblies.

 

Viele der kleinen Dörfer an der Landstraße überlebten die Kampfhandlungen ohne Beschädigung. Sie sind von wenigen Menschen bewohnt, und es ist nicht zu sagen ob es sich um Deutsche oder Neusiedler handelt. Wälder und Felder sind fast völlig verwildert. Hohe Gräser haben alles überzogen. Hier und da rostet noch Kriegsgerät im Straßengraben. Über allem aber liegt eine unheimliche Ruhe. Ist die Welt in Ostpreußen vergessen? Die Ufer des Mühlen-Sees sind verschilft. Die Natur hat sich wie ein Hindernis vor ihre schönsten Bilder gelegt.

 

Auch das feste Straßenband, das 1935 zur Einweihung des „Reichs-Ehrenmals“ gezogen wurde, ist von Krieg und Einsamkeit gestempelt. Keine Hand regt sich, um Krater und Sprenglöcher wieder zu glätten. Alles ist so verblieben, wie sich Tod und Vernichtung über die deutschen Fluren ausbreiteten.

 

In einigen Scheunen des Dörfchens Tannenberg hausen polnische Wehrschutzler. Sie bilden das Vorkommando für den großen Schub, der „irgendwann“ einmal eintreffen soll, um das „National-Denkmal“ für die polnischen Siege herzustellen. Mühsam ist die Arbeit.

 

Mit der Hand wird versucht, die schweren Steinbrocken wegzuräumen. In diesem „Tempo“ wird es noch Jahre dauern, bevor die Trümmer des Denkmals beseitigt sind. Dann will Warschau auf die Fundamente eine „nationale Gedenkstätte" setzen, die vom polnischen „Besitzerrecht Zeugnis ablegt". So kann Tannenberg vorerst weiter träumen und sich an jene Januarnacht erinnern, als deutsche Pioniere mit Lkws die Sarkophage Hindenburgs und seiner Gattin aufluden, die Regimentsfahnen mitnahmen und dem Sprengkommando die letzte Arbeit überließen. Tannenberg zerbarst in jedem Augenblick, da russische Infanteristen in Tannenberg einrückten. Dies geschah am 23. Januar 1945.

 

 

Seite 8   Unsere Buchbesprechung

Bernd Boehle, Das praktische Reisebuch. 480 Seiten mit 302 Zeichnungen und 36 Kartenskizzen, dazu 32 Kunstdrucktafeln mit 76 Schwarzweißfotos und 16 mehrfarbigen Panoramakarten. Ganzleinen nur DM 8,50. C. Bertelsmann Verlag, Gütersloh.

Dieser neue „Praktische Ratgeber“ des Bertelsmann-Verlages will allen, die privat oder beruflich Reisen planen oder durchführen, unbeeinflusst von geschäftlicher Reklame eine Fülle von Tipps, Anregungen und Informationen geben. Wie mancher schmälern sich seine Reisefreuden aus Unkenntnis. Wie viele, die beruflich unterwegs sein müssen, denken missmutig ans Wochenende, weil sie nicht wissen, wo und wie sie es erholsam verbringen können. „Das Praktische Reisebuch“ weiß immer Bescheid. Es ist ein kurzweiliger, nie versagender Reisebegleiter, von dem sich der Fußwanderer, der Rad- und Kraftfahrer, der Ski- und Wasserwanderer oder auch der Besucher von Kurorten und Seebädern gern ein paar wirklich gute Tipps und zuverlässige Auskunft holt. Der erste Teil behandelt anregend und instruktiv die verschiedenen Möglichkeiten des Reisens und Wanderns: von der altbewährten Eisenbahn und dem Omnibus bis zum Verkehrsflugzeug ist alles berücksichtigt, vom Abkochen im Freien bis zur internationalen Speisekarte, von Jugendherberge und Camping bis zum Reisesparen und zu Reisezahlungsmitteln für Ausländer ist an alles gedacht.

 

Der zweite Teil führt dann systematisch, bald ausführlich plaudernd — bald sorgfältig registrierend, durch die deutschen Landschaften, ihre Eigenarten, Schönheiten und Sehenswürdigkeiten: vom Bodensee bis zum Neckartal, von Rhein und Mosel bis ins Sauer- und Münsterland, von der Lüneburger Heide bis zur See und nach Holstein, von Oberbayern bis zur Donau. Wie vieles gibt es da auf zweckmäßigen Reiserouten abseits der Heerstraße an Schönheiten zu entdecken und zu genießen! Die vielen charakteristischen Zeichnungen, Fotos, Kartenskizzen und Panoramatafeln sowie eine Betrachtung über deutsche Baukultur runden das Bild unserer deutschen Heimat. Ein ausführliches Register ist beigegeben.

 

 

Seite 8   Kleine Kuriositäten aus der ostdeutschen Heimat!

Die einzelnen Landschaften Ostdeutschlands besitzen eine Fülle von Merkwürdigkeiten der Natur, Geschichte und des täglichen Lebens, wie z. B. die Walfischkanzel in Bad Reinerz, den Nikolaiker Stintkönig. Ein Schiff fährt übers Land usw., die unsere Jugend stark interessiert und ihnen nicht vorenthalten werden dürfen.

 

Das Internationale Jugendzeitschriften-Archiv der Deutschen Pestalozzi-Gesellschaft, Pädagogische Arbeits- und Forschungsstelle ostdeutscher Erzieher, richtet daher an alle Leser und besonders die Lehrer die Bitte, kleine Berichte über denkwürdige Stätten, kuriose Bräuche und Ereignisse, eigenartige Naturdenkmäler, seltsame Häuser, Höhlen und Bäume und merkwürdige Überlieferungen im täglichen Leben ihrer ostdeutschen Heimat einzusenden.

 

Diese Einsendungen werden als Material für die Jugendzeitschriften und Jugend-Illustrierten des In- und Auslandes gesammelt und dort zur Förderung der Kenntnis des deutschen Ostens für die jugendlichen Leser abgedruckt.

 

Wer etwas Kurioses aus seiner ostdeutschen Heimat weiß und Bilder von ostdeutschen Merkwürdigkeiten besitzt, berichte es und mache es der Jugendpresse zugänglich, durch Zusendung an das Internationale Jugendzeitschriften-Archiv der Deutschen Pestalozzi-Gesellschaft in Koblenz-Kattenes.

 

 

 

Seite 8    Heinz Sprenger schuf neuartige Wandplastiken.

Foto: Heinz Sprenger: Neue deutsche Justitia im Schöffengerichtssaal Paderborn

Foto: Heinz Spenger an seiner Bruchmarmor-Plastik „citius“ in der Turnhalle des Staatlichen Gymnasiums Paderborn. Foto: Helmut Wittwer

In diesen Tagen wurden die Neubauten des Staatlichen Gymnasiums in Paderborn und des Kant-Gymnasiums in Bad Oeynhausen, des ersten Gymnasiums in der Bundesrepublik, das den Namen des unvergessenen Königsberger Philosophen trägt, eingeweiht. Kühn und neuartig wie die Bauten sind auch die Wandplastiken, die der Wiedenbrücker Maler Heinz Sprenger schuf. Im Verein mit der ebenfalls von Sprenger gestalteten Wandplastik im Neubau des Paderborner Amts- und Landgerichtes bedeuten sie den ersten wagemutigen Schritt in ein verheißungsvolles künstlerisches Neuland.

 

Sprenger ist kein Westfale von Geburt. An der ostpreußischen Bernsteinküste wächst er auf. Mit den Fischerkindern wird er groß, mit ihren Vätern fährt er zum Fischfang hinaus in die offene See. Unauslöschlich bleiben diese Kindheitseindrücke in ihm haften, finden immer wieder ihren Niederschlag in seinen Zeichnungen, Skizzen und Gemälden.

 

Noch ein beschert ihm dieses naturverbundene Leben: einen gestählten Körper. Der breitschultrige Hüne aus Königsberg wird einer der besten deutschen Leichtathleten. Mehr als einmal kämpft er als Repräsentant Ostpreußens mit dem unvergessenen Rudolf Harbig um Meisterehren auf den mittleren Strecken.

 

Zur Kunst berufen, wird er Meisterschüler von Professor Eduard Bischoff an den Staatlichen Meisterateliers für bildende Kunst in Königsberg. Tatkräftig fördert der Lehrer den talentvollen Schüler, bis dieser Pinsel und Feder mit Stahlhelm und Karabiner vertauscht. Als der Lärm der Waffen schweigt, muss auch Sprenger die Heimat seiner Väter verlassen, mit dem Strom der Vertriebenen kommt er in den Westen, findet in der tausendjährigen, kunstfreudigen Stadt Wiedenbrück eine zweite Heimat.

 

Mühselig ist der Beginn für den in Westfalen völlig unbekannten Künstler, dessen Werke die Fackel des Krieges verzehrte. In rastlosem Fleiß schafft er monatelang ohne Pause. Frucht dieser Arbeit sind Kollektivausstellungen seiner Werke in München, Stuttgart, Köln und Bielefeld. Sie machen ihn mit einem Schlage bekannt, lassen die Öffentlichkeit aufhorchen. Reifer und reicher werden seine Werke, die er mit leichter Hand, Temperament, Phantasie und Herz gestaltet. Der Bundes-Vertriebenenminister, das Kultus- und Innenministerium kaufen für den Deutschen Sport-Bund seine Bilder an. 1952 malt er während der Olympischen Spiele in Helsinki.

 

Ein genialer Einfall lässt ihn die rechte Form finden, als er sich mit den Entwürfen für die Wandgestaltung des Paderborner Gerichts und Gymnasium beschäftigt. Er spürt, dass sich die Malerei diesen modernen Bauten eines wahrhalten Baumeisters, der in seinem Strich, wie der Fachmann sagt, einmalig und neu ist, nicht anpassen kann und sie erdrücken muss. Es gilt vielmehr, Stein und Metall — die Materie des Architekten — in die künstlerische Sphäre hinaufzuführen, um so — wie es dem Baumeister vollendet gelungen ist — eine Aussage unserer Zeit zu schaffen, die noch in späteren Jahren Gültigkeit hat. In dem aus Stahl und Beton, Marmor und Glas erbauten, sehenswerten Gerichtsgebäude verwirklicht er zum ersten Male seine Idee. Die Waage der Gerechtigkeit in der ausgestreckten Hand haltend, lenkt die überlebensgroße Figur seiner neuen deutschen Justitia an der Wand hinter dem Richtertisch alle Blicke auf sich. Galvanisch vergoldetes Gestänge, von kupfernen Stiften etwa drei Zentimeter über der Wandoberfläche gehalten, deuten in strengen Linien die Umrisse an. Der Schatten des Gestänges auf der Wand lässt im Verein mit dem in flüchtigen Strichen getönten Körper ein Bild von eigenartigem Reiz und bleibendem Eindruck entstehen, dem sich niemand zu entziehen vermag.

 

Bei der an die Sage von Ikarus und Dädalus angelehnten Plastik in der Vorhalle zur Aula des Gymnasiums geht Sprenger noch einen Schritt weiter: Der Gestänge-Plastik fügt er ein Mosaik aus Marmorbruch hinzu, wie er auf den Werkplätzen der Steinmetzen anfällt. Wieder schallt der Schatten des mit künstlicher Patina überzogenen Gestänges eine frappierende Wirkung. Auf den aus vielfarbigem Bruchmarmor angedeuteten Bergspitzen unseres Planeten schwebt Dädalus, das Tuch über die Schulter geschwungen. Die Linke deutet hinauf in die Höhe, wo Wolken und Vogelflug Sinnbild des uralten menschlichen Sehnens nach der Sonne sind. Der aus Marmorplatten gefügte Fußboden ergibt zusammen mit der neuartigen Wandgestaltung eine eigenwillige, vollgültige Aussage.

 

Für die grau getönte Fläche zwischen Sprossenwand und Fenster in der Turnhalle mit ihrer gewölbten Decke entscheidet sich Sprenger für Plastiken nur aus Bruchmarmor. In kühnem, künstlerischem, formalem Wurf gestaltet er den alten olympischen Wahlspruch: „citius, altius, fortius!“ (schneller! höher! stärker!). Die geballte Kraft und die ausgeteilte Technik der tief in die Wand eingelassen Plastiken mit ihren Konturen aus schwarzem Marmor offenbaren die nie verlöschende Liebe des Künstlers zu den Leibesübungen.

 

Den in Paderborn geschaffenen Wandgestaltungen wird Heinz Sprenger weitere in Westfalen, Schleswig-Holstein und Süddeutschland folgen lassen. Sie werden, wenn nicht wieder eines Tages Feuer vom Himmel herniederregnet, noch in fernen Zeiten von dem Wirken eines ostpreußischen Malers zeugen, der der bildenden Kunst neue Impulse gab.

 

 

Seite 9  Königsbergs ältestes Denkmal. Von Herbert Meinhard Mühlpfordt.

Foto: Das war Königsbergs ältestes Denkmal

Das älteste Denkmal Königsbergs war keineswegs, wie man glauben sollte, das Schlütersche Werk, das König Friedrich I. in Cäsarentracht darstellte. Zwar ist dieses bereits 1697 geschaffen, es wurde aber erst 1801 anlässlich der hundertjährigen Wiederkehr des Krönungstages Friedrichs nach Königsberg gebracht.

 

Das erste Denkmal, das Königsberg schmückte, war vielmehr das des Soldatenkönigs. So wurde der Sohn vor dem Vater geehrt, der gebürtige Berliner vor dem gebürtigen Königsberger.

 

Rein künstlerisch betrachtet war das Denkmal das wertloseste aller Königsberger Denkmäler, aber dafür ist seine Geschichte umso interessanter. Es befand sich bekanntlich seit 1907 an der freigelegten Südseite des alten Ordensschlosses, eingelassen in die Kyklopenmauer, umspielt von dem Grün der Anlagen, wo einst dicht aneinandergerückt schmale giebelige Häuser unter den Mauern des grauen Schlosses die Nordseite der Altstädtischen Bergstraße bildeten.

 

Ihre Reihe begann da, wo 1893 das Kaiser. Wilhelm-Denkmal aufgestellt wurde. Barocke und klassizistische Giebel wechselten und auf das achte oder neunte Haus folgte dann das Haus der Pomattischen Konditorei. Es lag gerade gegenüber dem alten „Stadtgymnasium“, später Altstädtischen Gymnasium, dann Mittelschule, und etwa da, wo man 1907 den Brunnen mit dem Ordensritter errichtete.

 

Das Haus war nur zweistöckig, aber breit und ausladend, ein Kind des Barocks, wie wir sogleich sehen werden. An seiner Front befand sich eine Nische mit einem einfachen Eisengitter davor, und hier stand auf einem Sockel, sich grau abhebend von dem schmutziggrau gestrichenen Putz des Hauses, das Denkmal Friedrich Wilhelms I.

 

Mir ist diese Konditorei noch genau in der Erinnerung, denn der Kuchen, den es dort, bei Sterkau, wie der Besitzer hieß, gab, war vorzüglich — und welches Kind merkt sich so etwas nicht? Übrigens hatte schon der Philosoph Rosenkranz, der Nachfolger Kants und Herbarts auf dem Lehrstuhl der Albertina, in einem Essay über die Königsberger Konditoreien diese besonders hervorgehoben und nannte den damaligen Besitzer Pomatti den „ersten Kuchenkünstler im preußischen Staate“.

 

 Wenn also an der beruflichen Tüchtigkeit des italienischen Zuckerbäckers niemand zu zweifeln wagte, so mag sich aber so mancher erstaunt gefragt haben: Wie kam der Konditor zu dem Denkmal des Königs?

Nun, das kam so:

Friedrich Wilhelm I. war ein gar gestrenger Herr; ein von ihm eingesetzter Königlicher Kommissar hatte 1723 bei den drei Städten Altstadt, Kneiphof und Löbenicht Unterschleife festgestellt; die Ratsherren, für ihre Privilegien fürchtend, hatten zudem durch einen unüberlegten Bestechungsversuch den Unwillen des Königs erregt. Sie hatten nämlich an den Minister General v. Grumbkow die Anfrage gestellt, ob der König ihre freie Wahl und ihre reichlichen Nebeneinkünfte beim alten lassen würde, wenn die Altstadt 1200 und der Kneiphof 100 Taler in die Rekrutenkasse, das hieß: für des Königs Liebhaberei der „Langen Kerls“, zahlen würde und der Löbenicht dazu das Dorf Ponarth schenken würde. Prompt war die Antwort gekommen: „Sie seyen nicht Herren, sondern nur Administratoren der rathhäuslichen und gemeiner Stadt Mittel und Dörfer, denen weder dergleichen Offerten noch Anfragen zu thun gebühret“.

 

Als nun gerade zu dieser Zeit am Altstädtischen Markt ein Postpackhaus errichtet wurde, zu dessen Schmuck die Altstadt eine Statue aufstellen sollte, da beschlossen die neunmal klugen Stadtväter, um ihren König wieder auszusöhnen, „zur Gloire des Königs und zum Embellisement der Stadt“ sein Denkmal dort aufzurichten: „Wir müssen besorgt seyn, die aufgeschwollenen Wogen in Ruhe zu bringen, wozu das Packhaus eine Occasion giebet“.

 

Ein Steinmetz aus Danzig, Johann Heinrich Meißner, wurde beauftragt, dieses Denkmal zu schaffen.

 

Er war ein sehr geschickter und kunstfertiger Handwerker, wie es in der Barockzeit viele gab, denn damals war das Gefühl und die Liebe zur Kunst tief ins Volk gedrungen; seine Rokokokanzel an einer der gotischen Säulen in St. Marien in Danzig, die er bis zum Gewölbe in eine prächtige Barocksäule umschuf, zeugte bis zur Zerstörung der herrlichen Kirche von seinem weit überdurchschnittlichen Können. Ein Bildhauer freilich war er nicht. Aber gerade deshalb waren die braven Stadtväter wohl auf ihn verfallen; er würde es vermutlich billig machen.

 

Alle Einzelheiten wurden vorgeschrieben: „Die 72 Zoll hohe Statue aus gothländischem Sandstein“ — der Transport dieses Steines aus Gotland über See war Weitaus billiger, als per Achse aus Deutschland — „mit einem Manteau royal umgeben“ sollte „auf einer 2 Fuß rheinisch im Diameter messenden Weltkugel“ stehen, wofür 100 Taler Honorar bewilligt wurden, „Fratzenköpfe sollten Wasser speien“ (4 Taler Honorar) „an das fronte spis 2 sitzende Sklaven“ (66 Taler Honorar), „oben das Wappen mit der Krone, darum Armaturen. Zwölf Taler wurden für Eisen und Blei, fünfzig Taler für Transport und Diäten bewilligt — alles in allem 292 Thaler 60 Groschen! Dies erbärmliche Honorar wurde nach der Aufstellung des Denkmals auf des Meisters wehmütige Bitten großmütig um fünfzig Taler erhöht. Mir scheint, dass damals das Geldverdienen ebenso schwer war, wie heute.

 

So, wie das Honorar, wurde das Denkmal. Und so fand es 1730 seinen Platz in der Rundnische des preußischen Postpackhauses. Aber genützt hat es den Altstädtern nichts; der durch die Misswirtschaft erboste König machte dem ewigen Hader der drei Schwesterstädte kurzerhand ein Ende und vereinigte sie am 13. Juni 1724 mit den Freiheiten zu einer Stadt Königsberg.

 

Aus dem Packhaus wurde später ein Backhaus; der italienische Zuckerbäcker Pomatti gründete dort seine berühmte Konditorei: „So blieb“, schreibt Armstedt, „die Ironie nicht aus: der kerndeutsche Fürst, dem aller fremde Tand ein Greul war, musste fortan vor einem welschen Kuchenladen schildern“. —

 

Wenn also, wie gesagt, das Denkmal auch als Werk eines biederen Steinmetzers keinen Kunstwert besitzt, so ist es doch ein echtes Kind des Barock; das bezeugt die bewegte und pathetische Haltung des Königs — freilich ein hohles Pathos! — genauso wie das Vorhandensein und die Gebärde der Sklaven oder die schon recht ramponierten Fahnen und Trommeln, die bewährten Embleme des Barocks!

 

Dieses Denkmal ist geeignet, daran zu erinnern, dass der Ausdruck „barock“, der sich vielleicht von dem Namen des seelenlosen Malers Federigo Baroccio herleitet, ursprünglich durchaus verächtlich war; eine Kunstrichtung sollte als eigenwillig, ein wenig verrückt, manieriert, verquer, gespreizt, eitel abgetan werden. Dass aus diesem Scheltwort das Lob einer großen und schönen Kunstepoche wurde, ist der beste Beweis für die Echtheit und wahre Höhe dieser Kunst, die freilich nicht so sinnfällig wie die Gotik ist und sich nur dem ganz erschließt, der sich in sie versenkt. —

 

Als das Denkmal dann in der Kyklopenmauer seinen neuen Platz fand, war es damit noch keineswegs zur Ruhe gekommen, sondern seine seltsame Geschichte geht noch weiter:

 

Kurz vor dem 1. Weltkrieg war es wohl, als der steinerne König auf der Weltkugel irgendwie seinen rechten, den Feldherrenstab tragenden Arm einbüßte, der zunächst provisorisch durch einen blechernen Arm ersetzt wurde. Es kam der Krieg und über wichtigeren Aufgaben wurde der endgültige Ersatz des Arms durch Stein vergessen oder jedenfalls aufgeschoben. Im März des bewegten Jahres 1919 aber, als die kommunistische Matrosensoldateska in Königsberg „regierte“, verlor der arme König plötzlich seinen Blecharm und das kam so: Die Matrosen verteidigten am 3. März die Südseite des Schlosses gegen die aus dem Baltikum kommenden, als Befreier jubelnd begrüßten Truppen; dabei lugte plötzlich ein Kopf hinter dem Denkmal hervor, der übrigens nur einem harmlosen Kraftwagenlenker gehört haben soll — kurz — die Soldaten schossen, der Kopf verschwand schleunigst wieder in Deckung, aber getroffen kullerte der Blecharm des Königs rasselnd in das Brunnenbecken. Nach Beendigung der Kampfhandlungen rettete der alte Gartenaufseher den Blecharm. Der armlose König aber erhielt von der Republik seinen steinernen Arm wieder, den ihm das Königreich so lange vorenthalten hatte. —

 

Das Denkmal überstand ohne Schaden die Bombenacht vom 29./30. August 1944; es soll auch, wie ich hörte, die Belagerung überstanden haben und noch heute unversehrt stehen, wozu wohl seine geschützte Lage beigetragen haben mag. Wir aber wollen hoffen, das älteste Denkmal unserer Vaterstadt recht bald wieder anschauen zu dürfen; ist es doch gerade seine seltsame Geschichte, die es unserm Herzen teuer macht. —

 

 

Seite 9   Landsleute bitte herhören!

Für die Berichterstattung danken wir namens der Suchenden folgenden Landsleuten:

 

Erich Weigel,

Kurt Unverzagt,

Adele Kolb,

Lena Platz,

Willi Kalberg.

 

Wir suchen und wer berichtet:

 

Hermann Wölk (Fuhrgesellsch.),

Stadt-Insp. Gustav Lange,

Stadt-Insp. Bruno Lemke,

Zeichner Hans Laue,

Vermess.-Ing. Erich Link,

Amtsgeh. Laukat,

Herta Lindtner, verehel. Schlesier

(Statist.Amt), Berta Lau (Fuhrgesellsch.),

Ing. Paul Lockau (Wi.-Amt),

Spark.-Angest. Luxa,

Elekt.Meister Kurt-Willi Lopp,

Baumeister Luckmann,

Fürsorgerin Meta Luszick,

Lampert (Feuerlöschpolizei),

St.-Insp. Willi Liß,

Buchhalter Albert Lemke (Stiftung),

St.-O.-Insp. Fritz Lukan,

Angest. Loch (Schlachthofkasse),

St.Insp. Richard Lammert,

St.-Sekr. i. R. Ernst Lockau,

St.-O.-Insp. Lenkeit,

Oberinspektor Gustav Lopens (Fuhrges.),

Ella Lockau (Cranzerallee 74d),

Straßenaufseher Julius Link,

Arbeiter Hermann Lange (Müllabf.),

Bibl.-Sekr. Clara Laudien,

Verw.-Gehilfe Franz Leu u. Frau Hedwig,

Angest. Franz Meritz (Str.-Bauamt),

Angest. Magull,

St.-O.-Sekr. Otto Mertens

Angest. Gustav Marienfeld,

Oberinsp. Meltzer (Fuhrges.),

Stenotypistin Gisela Marold,

St.-Insp. Metschies,

Marie Wilk (Wi-Amt),

Bibliothekarin Müller,

St.-Insp. Mandel,

Charlotte Mey (Wi.-Amt),

Gustav Motzkus, Frau u. Kinder (Bahnhof Pornath),

Fritz Münuth (Fuhrges.),

Inspektor Metze (Fuhrges.),

Techn. Otto Meinz (Hochbauamt),

Meister der Feuerschutzpolizei Moeve,

St.-O.-Sekr. Otto Müller (Schulamt),

Tischlermeister Franz Mann (Kunstsammlung).

 

An dieser Stelle gratulieren wir folgenden Geburtstagskindern:

 

Frau Falk (13b) Reichertshausen).

Rolf u. Friedr. Wilhelm Grahl (Rahden i. W.),

Karl-Heinz Demant (Wetzlar),

Frau Anita Feuring (Feudingen),

Frau Edith Justies (Braunschweig),

Lehrer i. R- und Organist Josef Krämer (89 Jahre alt),

Hedwig Tepner (Kassel).

 

Anschriftensammelstelle der Königsberger Magistratsbeamten, -Angestellten und -Arbeiter (16) Biedenkopf, Hospitalstraße 1.

 

 

Stipendien am Osteuropainstitut

Mit Beginn des Wintersemesters werden durch das Osteuropa-Institut an der Freien Universität Berlin viersemestrige Studienlehrgänge in Fächern der Osteuropaforschung für junge Akademiker mit abgeschlossener Hochschulbildung durchgeführt. Für die Dauer des 24-monatigen Ergänzungsstudiums erhalten die Teilnehmer im Allgemeinen ein Stipendium von monatlich mindestens 200,-- DM. Für Interessenten besteht die Möglichkeit, nähere Einzelheiten beim Osteuropa-Institut in Berlin-Dahlem, Ehrenbergstraße 35, zu erfragen.

 

Die „Kant-Studien“ Eine philosophische Zeitschrift, haben aus Anlass der 150. Wiederkehr von Kants Todestag mit dem 45. Band ihr Erscheinen wieder aufgenommen. Die Schrift wird von Paul Menzer und Gottfried Martin herausgegeben und von L. Heidemann redigiert. Sie erscheint im Körner Universitäts-Verlag.

 

 

Seite 9   Frauenturnverein von 1890 zu Königsberg, Preußen e. V.

Der Frauenturnverein von 1890 ist einstmals aus einem Turnkränzchen hervorgegangen, zu dem sich junge Turnlehrerinnen im Jahre 1885 zusammenfanden, um ihre in der Vorbereitung zur Turnlehrerinnenprüfung erworbenen körperlichen Fertigkeiten weiter auszubilden. Die Begründerin dieses „Turnkränzchens“ war die junge Lehrerin Marie Meyer, die neben ihrer wissenschaftlichen Prüfung auch die, einer Turnlehrerin bestand. Zu diesem „Turnkränzchen“ fanden sich auch junge Mädchen ohne Prüfung, die Freude am Turnen hatten und mutig entgegen der damaligen Sitte ihren Körper kräftigen und stählen wollten.

 

Dieser Kreis wurde immer größer, so dass man beschloss, einen Turnverein zu gründen, dem man den Namen „Damenturnverein“ gab. Er wurde ein Tochterverein des damaligen Turnlehrerinnenvereins und durch diesen mit einem gemeinsamen Vorsitzenden, dem damaligen Leiter der „Königin-Luise-Schule“, Direktor Heinrich verbunden. Das war im Jahre 1890.

 

Als der Verein immer größer und allmählich dem Turnlehrerinnenverein zur Last wurde, sagte er sich von diesem los und wurde selbständig mit eigenem Vorstand und Satzungen. Nach Direktor Heinrich wurde Rose Weyl, Lehrerin an der „Königin-Luise-Schule“, erste Vorsitzende, nach ihr dann später Frau Anna Elbe, die lang-jährige und sehr interessiertes Mitglied des Vereins gewesen war. Als ihre Nachfolgerin wurde Johanna Loebel gewählt, die den Verein bis zu seiner Zwangsauflösung durch den Krieg, bis 1945, geführt hat.

 

Nach der Jahrhundertwende, als man nicht mehr von „Damen“ sprach — nach dem ersten Weltkrieg — etwa 1926 — änderte der Damenturnverein, nicht ohne vorherige Kämpfe seiner Mitglieder, seinen Namen und nannte sich „Frauenturnverein von 1890 zu Königsberg (P r.) E.V.“

 

Während des ersten Weltkrieges wurde das Schiffchen des F. T. V. durch manche Schwierigkeit, aber immer sicher, gesteuert und trat auch sehr bald der „Deutschen Turnerschaft“ bei. Tüchtige Mitglieder haben sich dann bei Wettkämpfen im Kreis und Gau ausgezeichnet und sich den Eichenkranz verdient. Die Mitgliederzahl wuchs nach dem ersten Kriege zu beachtlicher Höhe, der F. T. V. stand in voller Blüte, bis der zweite Weltkrieg allem Streben ein Ende machte. Zurzeit gibt es nur noch wenige Mitglieder des früheren Frauenturnvereins, die aber in alle Winde zerstreut sind, manche wohl noch untereinander in Verbindung stehen, aber sich nicht mehr zusammenschließen können. Das 50-jährige Bestehen wurde im Jahre 1940 noch im kleinen Rahmen gefeiert. Der Krieg verbot eine größere Festlichkeit, wie sie einstmals geplant war. — Nun hat das Schicksal bald alle Spuren des „Frauenturnvereins von 1890“ verwischt.

 

 

Seite 9   Königsberger Leistungsschau in Duisburg

Im Sommer 1955 soll die Königsberger 700-Jahrfeier In der Patenstadt Duisburg festlich begangen werden. Neben vielen anderen Einzelveranstaltungen ist angeregt worden, eine geschlossene „Leistungsschau“ der Königsberger Wirtschaft durchzuführen, an der sich möglichst viele verlagerte Königsberger Firmen beteiligen sollen. Firmen, welche den Wunsch haben und in der Lage sind, sich in den Monaten Mai/Juni 1955 für die Dauer von etwa 4 Wochen an dieser Ausstellung zu beteiligen, werden gebeten, dies der Stadt Duisburg, Amt für Stadtwerbung und Wirtschaftsförderung, mit näheren Angaben mitzuteilen. Die Anmeldung zur Teilnahme wird bis zum 30.10.1954 erbeten.

 

 

 

Seite 10   Vom Königsgarten zum Paradeplatz

Jede Stadt hat ihren Mittelpunkt; entweder ihren mehr oder weniger großen Marktplatz oder einen anderen Platz, der zu Ansehen und Bedeutung gekommen war. Unsere Vaterstadt hatte den nordöstlich von der Junker- und Poststraßenecke liegenden Königsgarten, der dann zum Paradeplatz wurde.

 

Der Platz war zunächst ein weit ausgedehnter Garten, der zum Schlosse gehörige „Lustgarten“ mit dem im Jahre 1613 abgebrochenen, aber auf dem alten Stadtplan von Bering noch gezeichneten Lusthause. In diesem Lustgarten stand einstmals die mächtige Linde, in deren Geäst der Kanzler von Creuzen im Jahre 1697 (so unwahrscheinlich es klingt) — den Kurfürsten Friedrich III, den späteren ersten König mit seinem Gefolge bewirtete. Dann befand sich auf dem Gelände der sogenannte Hetzgarten, der etwa da lag, wo zuletzt die Große Schloßteichstraße ihren Anfang nahm.

 

Friedrich Wilhelm I., sonst ein sehr Jagdfreudiger Fürst, schaffte die „Hetzen“ ab, da er im Norden des Platzes eine Garnisonkirche erbauen wollte. Der Bauer scheiterte des mangelhaften Baugrundes wegen. 1774 legte er ein Exzerzierhaus an, das aber 1816 abgebrochen und an die Stelle der jetzigen Universität versetzt wurde.

 

Auf dem Baugrunde, den Fundamenten der unausgeführten Garnisonkirche wurde dann das Schauspielhaus, das allen Königsbergern bekannte Stadttheater erbaut. Das Theaterprojekt stand, wie aus den Aufzeichnungen und vorhandenen Grundrissen hervorging, schon 1791 fest.

 

Der Bau des Stadttheaters wurde im Jahre 1806 angefangen und nach einem Brande im Jahre 1808 durch den Erbauer, Geheimer Regierungsrat und Baudirektor Müller im Jahre 1809 in Gegenwart des Königspaares eingeweiht.

 

Die Kurzfront des Paradeplatzes nahm das einfache Gebäude der Provinzial-Steuer- Direktion ein, die Längsfront der Nordwestseite nimmt die in den Jahren 1856 - 1862 erbaute Universität im oberitalienischen Renaissance-Charakter ein. Vielen Königsbergern wird die Tatsache interessant sein, dass nach dem ursprünglichen Bauplan die Säulengallerie vor der Universität zu beiden Seiten des Schmuckplatzes weitergeführt werden sollte, um einen Ehrenhof abzuschließen. Preußische Sparsamkeit hat dieses Vorhaben verhindert.

 

Unser Paradeplatz ist jedem Königsberger bekannt und vertraut. Merkwürdig ist andererseits die Tatsache, dass es einigen Landsleuten nicht mehr in Erinnerung geblieben ist, welchen König das Reiterdenkmal auf der Mitte des Paradeplatzes darstellte, obgleich viele Königsberger täglich den Platz zu überschreiten hatten und ihn an den Sonn- und Feiertagen zu Militärkonzerten aufsuchten und auf ihm herumbummelten.

 

Das Denkmal stellt dar, den König Friedrich Wilhelm III., der als einziger der preußischen Könige längere Zeiten in unserer Heimat, vor allem in Königsberg, seine Pflichten wahrgenommen hat.

 

Im Mai und Juni 1789 befand sich das Königspaar zur Huldigungsreise in unserer Heimat. Im Mai und Juni 1802 befanden sich der König und die Königin Luise und zwar vom 10. bis 16. Juni zu einer Zusammenkunft mit dem Kaiser Alexander I. in Memel.

 

Die Unglücksjahre Preußens im Kriege mit Napoleon I. führten zur Flucht des Königs, der Königin und der ganzen Familie nach unserer Heimat.

 

Am 9. Dezember 1806 traf die Königin in Königsberg ein. Vom 5. - 8. Januar 1807 war die Flucht der Königin nach Memel. König und Königin sind dann in der Folgezeit an verschiedenen Orten in der Provinz wohnhaft gewesen. Als Wohnung diente in Königsberg das alte Schloss, in der Hauptsache aber das Luisenhäuschen auf den Hufen in dem „Hippelschen“ Garten. Verfolgt man den Briefwechsel des Königs mit der Königin und den Prinzen, dem Kaiser von Russland und anderer Persönlichkeiten, so findet man die Ortsangaben der Königin: „Im Garten bei Königsberg“, „Auf den Hufen“, „Im Garten“.

 

Am 1. Februar 1808 ist die Prinzessin Luise in Königsberg geboren (spätere Gemahlin des Prinzen Karl der Niederlande, gest. 28. Februar 1870). Sie wurde das Patenkind der Provinz Ostpreußen.

 

Am 4. Oktober 1809 erfolgte die Geburt des Prinzen Karl Albrecht in Königsberg. Hält man sich vor Augen, dass die Königliche Familie erst nach über dreijährigem Aufenthalt in unserer Heimat nach Berlin zurückkehren konnte, so ergibt sich, dass diese Jahre auf die Königsfamilie von Eindrücken mannigfacher Art gewesen sein mögen.

 

Das Denkmal des Königs wurde am 3. August 1851 eingeweiht. Es wurde von August Kiß modelliert, in Lauchhammer (Merseburg) unter dem Giseleur Hans Rudholzer gegossen. Der 6,3 m hohe Granitfuß wurde von dem Steinmetzmeister Wimmel gefertigt. Die Vorderseite trägt die Inschrift: „Ihrem Könige Friedrich Wilhelm III, die dankbaren Preußen 1841“. Die anderen Seiten trugen folgende Inschriften: „Sein Beispiel, seine Gesetze machten uns stark“. „Zur Befreiung des Vaterlandes“. „Ihm danken wir die Segnungen des Friedens“.

 

An den Ecken des Postaments stehen die Darstellungen des Glaubens, der Gerechtigkeit, der Liebe und der Weisheit. Die Mitte der beiden Längsseiten nimmt die gerüstete Borussia und die ein Füllhorn tragende „Segensfülle“ ein.

 

Zwischen den Figuren sind Darstellungen auf Reliefs angebracht. 1. Der König im Kreise seiner Familie. 2. Der König übergibt Hardenberg die vollzogene Urkunde der Gesetze von 1806 - 1809 zur Befreiung des Volkes. Stein und Scharnhorst freuen sich des Sieges, den die Zivilisation errang. Durch das Fenster sieht man den alten Schlossturm von Königsberg. 3. Errichtung der Landwehr im Februar 1813. Yorck in der Mitte zwischen den Grafen Alexander und Ludwig zu Dohna, übergibt einem Studenten ein Gewehr. Hardeleben stützt sich auf den Säbel. Rechts in der Ecke der Oberbürgermeister Heidemann, links ein Landwehr-Kavallerist. Auf den Darstellungen der andern Längsseite sind hervorzuheben die Segnungen des Friedens-, der Lehr-, Nähr- und der Wehrstand. Der Lehrstand wird durch den berühmten Astronomen Bassel (Napoleon wunderte sich damals, dass Königsberg in seiner Zeit die Sternwarte erhielt!) der Wehrstand durch den General von Auerswald verkörpert.

 

Der ganze Unterbau trug die 5 m hohe Reiterfigur des Königs.

 

Einige Worte über diesen König (1797 - 1840) sollen folgen, um ihn hier in das richtige Licht zu setzen. — Er war nicht die überragende Cäsaren- und Feldherrnnatur, die von sich aus kriegerischen Ruhm erwerben wollte. Das ausgesprochene Gegenteil ist von ihm zu behaupten.

 

Am 03.08.1790 zu Potsdam geboren, wurde seine Erziehung von Friedrich dem Großen, seinem Oheim beeinflusst. 1784 von dem König zum Sekondeleutnant befördert, spielte in seiner Erziehung die preußische Sparsamkeit eine große Rolle. Er war ein offener aber etwas schüchterner Mann, der 27 Jahre alt zur Regierung kam. Für sich selbst anspruchslos und einfach, besaß er einen sehr ausgebildeten Geschmack und ein fast künstlerisch zu nennendes Empfinden in Bezug auf seine Umwelt, auf Dinge der Mode, was Kleidung, Zimmereinrichtung und verwandte Gebiete der fortschrittlichen Kultur anging. Je weniger es ihm selbst gegeben war, zu glänzen, Mittelpunkt und beherrschende Figur zu sein, desto mehr stärkte es sein Selbstgefühl, eine Frau zu besitzen, deren Anmut und durch ihre ganze Erscheinung allgemein überraschte. Friedrich Wilhelm III. war kein kleiner Geist, sah die Notwendigkeit von Reformen in der Verwaltung und im Heere durchaus ein, doch fehlte ihm der große durchgreifende Wille, was nicht ausschloss, dass er in bestimmten Fragen sich nichts abhandeln ließ.

 

Der König dachte innerlich groß, wenn das auch nicht immer in der Geschichte betont wird. Unter dem Einfluss von Scharnhorst, dem Schöpfer der deutschen Wehrmacht, wurde der ungeheure Tross abgeschafft und der junge Offizier der Infanterie musste außer seinem Packpferd auch auf das Reitpferd verzichten und mit seinen Soldaten in Reih und Glied marschieren.

 

Der König, obwohl als Soldat erzogen, wollte, wie er das selbst ausgeführt hat, seine „Freiheit und Unabhängigkeit haben, wie sie jeder Privatmann genießt.

 

Wenn nun bis auf den heutigen Tag immer wieder betont wird, dass nur die Preußen und voran auch dieser König die Verantwortung für alle kriegerischen Ereignisse mit unsern Nachbarn die Schuld auf sich zu nehmen haben, dann sei ihm, auch unsern Landsleuten, das ins Gedächtnis gerufen, was Friedrich Wilhelm III. zu den Fragen von Krieg und Frieden für sich festgelegt hat.

 

Alle Welt weiß, dass ich den Krieg verabscheue“, so schrieb er an seinen Großonkel den Franzosenfreund, den Prinzen Heinrich von Preußen, und dass ich kein größeres Gut der Erde kenne, als die Erhaltung von Frieden und Ruhe als das einzige für das Glück des Menschengeschlecht geeignete Mitte“.

 

Andererseits man muss sich die Tatsache vor Augen halten, dass in den ersten Jahrzehnten seiner Regierung in Norddeutschland glückliche Zeiten herrschten. Damals konnte unser großer Immanuel Kant sein berühmtes Buch „Vom ewigen Frieden“ schreiben, dass Goethe und Schiller in Weimar und Jena ihre Dichtungen schaffen konnten bis doch nun mal ganz einwandfrei, der Korse, der Franzose, der Feldherr Napoleon I. alle andern Nationen mit Krieg und Kriegsgeschrei einfach auf den Kopf stellte, was aber für unsere Nachbarn offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht. Aber es bleibt doch so, dass Friedrich Wilhelm III. wesentlich mit seinen Ministern die Neutralität aufrecht erhalten wollte, bis ihn eben der Wille Napoleons ganz einfach zwang, sein Volk zu den Waffen zu rufen, was er liebend gerne unterlassen hätte. Erich Reichelt

 

 

Wir gratulieren!

Die goldene Hochzeit beging am 21. August 1954, Obermaschinenmeister a. D., vom Königsberger Wasserwerk Hardershof, Friedrich Zörner und seine Ehefrau Martha geborene Machheit, jetzt wohnhaft West-Berlin N. W. 21, Waldenser Straße 31, Altersheim.

 

Der Pensionär Karl Meier, Seesen, Hinter der Kirche 3, früher Stadtverwaltung Königsberg, Ostpreußen, vollendet am 14, September 1954, sein 73. Lebensjahr.

 

Frau Anna Gutzeit, geborene Brachhaus, aus Königsberg/Preußen, jetzt Seesen a/H., Jahnstraße 7, wird am 26. September 1954, 77 Jahre alt.

 

Am 6. September 1954, wird der Reichsbahnamtmann a. D. Arthur Gruenhagen, 73 Jahre alt. Er war lange Jahre bis 1945 Vorstand des Personalbüros der Reichsbahndirektion Königsberg Pr. und lebt jetzt in Kempen-N'rhean im Kreise seiner Familie und seiner beiden Enkelkinder.

 

Frau Elise Reuser aus Königsberg, jetzt Salzgitter - Lebenstedt, Am Bauerngraben 4, vollendet am 14. September 1954, ihr 73. Lebensjahr.

 

 

Seite 10   Sowjet-Gold

Mein Leben als Zwangsarbeiter in den Bergwerken Sibiriens von Wladjimir Petrow. Holzner-Verlag, Kitzingen/Main, Ganzleinen 4,80 DM, mit vierfarbigem Schutzumschlag.

Hunderttausende von Zwangsarbeitern haben jahrelang die großen sowjetischen Goldfelder von Dalstrow bearbeitet. Dort im Nord-Osten Sibiriens leben sie unter unmenschlichen Bedingungen in der eisigen Steppe, und was sie an Gold fördern, übertrifft den Jahresertrag der Vereinigten Staaten schätzungsweise um das Dreifache. — Wl. Petrow ist einer der wenigen Gefangenen, denen es gelungen ist, die Bergwerke zu überleben und nach Amerika zu fliehen. Sein Buch ist der erste Augenzeugenbericht über eines der Geheimnisse, die Russland besonders sorgfältig hütet. — Der Junge Petrow fiel während seines technischen Studiums der Sowjet-Theorie zum Opfer, dass es besser ist, zehn Unschuldige zu verhaften, als einen Verbrecher laufen zu lassen. Eine Agentin der NKVD denunzierte ihn und er wurde nach dem berüchtigten Paragraphen 58 des Gesetzbuches als Gegenrevolutionär zur Zwangsarbeit verurteilt. Nach dem Transport in einem schmutzigen, überfüllten Gefangenenzug kam er schwerkrank in einem der gefürchtetsten russischen Arbeitslager an. — Petrows Erzählung ist tatsächlich wahr und deshalb umso erschreckender. Sie ist eine Anklage gegen einen Staat, dessen Mangel an wirtschaftlicher Fähigkeit durch den Massenmord an Arbeitskräften, die in unbegrenzten Mengen zur Verfügung stehen, wettgemacht wird. — Der Verfasser schildert das Leben in den Bergwerken bis ins Einzelne, die unglaublichen Arbeitsverhältnisse, das soziale System, das Verbrecher über politische Häftlinge stellt, die Schreckensherrschaft, unter der vom höchsten Beamten bis zum niedrigsten Zwangsarbeiter jeder sein Soll erfüllen oder die Folgen tragen muss. Die Erlebnisse des Verfassers bei seinem Kampf um Leben und Freiheit sind erschütternd.

 

Wladjimir Petrow sagt über sein Leben als Zwangsarbeiter: „In der Sowjet-Union ist das Schicksal eines Gefangenen durchaus nichts Besonderes, denn die Lager gehören unlöslich zum Sowjet-Regime und also auch zum Leben des Volkes. Das heutige Russland kann man nicht verstehen, wenn man das Leben im Lager nicht kennt. Das Lager ist nicht ein Ort, an dem Unschuldige gequält oder Verbrecher bestraft werden, sondern ein Ort, an dem Millionen einfacher Bürger nach den Grundgesetzen des Sowjet-Staates leben“.

 

Petrow wurde 1915 in Odessa geboren und war bis zu seiner Verhaftung 1935 Student an der Technischen Hochschule in Leningrad. Nach seiner Entlassung ging er in den Kaukasus, von wo er sich während der deutschen Besetzung durch die Ukraine nach Wien und Italien und schließlich nach den Vereinigten Staaten durchschlagen konnte. — Zurzeit ist er Professor an der Universität Yale (USA).

 

 

Seite 10   Dem Stadtgymnasium Altstadt-Kneiphof zu Königsberg/Preußen zum 650. Geburtstag. Von Otto Losch.

 

Sechshundertfünfzig Jahre wär’st du alt,

Wenn deine Mauern noch bestünden;

Doch hat Vernichtung speiende Gewalt –

Zehn Jahre ist es her – dein Haus umkrallt,

Dass Trümmer nur Vergangenes verkünden.

 

Doch, Stadtgymnasium, bist du deshalb tot,

Weil deine äußre Hülle je vernichtet,

Da deiner Lehre man ein Ende bot

Und deine Kinder floh’n vor Krieg und Not –

Ist darum dir das Grabmal aufgerichtet?

 

Ein tausendfaches Nein aus tausendfält’gem Mund

Schallt, Kneiphof – Altstadt, dir entgegen,

Tut dir die Liebe deiner Schüler kund,

Die zu dir stehn in treuem, festem Bund,

Erfüllt von deines Geistes reichem Segen.

 

Dein Geist wirkt weiter über Raum und Zeit:

Homer, Horaz vereint mit Kant und Goethe

Und all den andern Großen im Geleit:

Ein Bild lebendigster Vergangenheit,

Zuflucht und Trost in Tagen bittrer Nöte.

 

Dir sind verpflichtet wir in Dankbarkeit;

Denn du bist für uns Fundament gewesen,

Du machtest unsre Herzen hell und weit

Und unsern Geist empfänglich und bereit,

Das Buch des Lebens als Erkennende zu lesen.

 

Sechshundertfünfzig Jahre bist du alt,

Doch jung wie je wirst du so lange leben,

Wie in beglückend ewiger Gestalt

Die Werke der Antike voller Wortgewalt

Die Menschheit zum Unsterblichen erheben.

 

 

Seite 11   Pastor H. Linck erzählt von der Kurischen Nehrung.

Foto: Flundern, Flundern … am Samlandstrand

„Da konnte man doch wirklich an der Gerechtigkeit der ganzen Welt irre werden“, so dachte ich damals mit meinen 12 Jahren, als meine ältere Schwester eine Einladung zu einer Seereise für die ganze schöne Sommerferienzeit erhielt und ich nicht. Was haben Mädchen auf einem Schiff zu suchen? Das ist etwas für Jungen. Und so grollte ich über den ungerechten Gang der Dinge. Vielleicht war das Herz der Eltern voller Verständnis für solchen Jungensgroll. Jedenfalls überraschten sie mich eines Tages mit der Mitteilung, dass die Familie ohne meine seefahrende Schwester nach Schwarzort ginge. Das bedeutete, man hatte sich für die längste Wasserfahrt, die zur Erreichung eines Badeortes innerhalb Ostpreußens nötig war, entschieden. Das allein schon war Balsam für das zerrissene Herz. Dann aber gab es noch eine wunderbare weitere Überraschung.

 

Schwarzort war ein Badeort, wie er eben im Jahre 1902 nur sein konnte. Man war in einem Pensionat untergebracht. Man „speiste“ an der „Table d'hote“. Diese Nebenumstände waren nicht schön; aber alles andere an Schwarzort war über die Maßen herrlich: Das Haff mit den Fischerbooten, den primitiven Räuchervorrichtungen für Aale und Flundern, die charakteristischen Fischerhäuser, die am Ufer des Haffs gelegene Kirche, die hohen Dünen mit dem herrlichen Kiefernbestand, der weite Blick über das Haff, und die so unendlich geliebte See. Es waren sehr schöne Tage, die auch die Leiden der Table d'hote nicht allzu sehr beeinträchtigen konnten. Aber ein Gutes mag wohl selbst die Table d'hote zustande gebracht haben, nämlich eine Verabredung zwischen meinem Vater und einem Oberlehrer meines Gymnasiums — heute hieße es Studienrat — zu einer Wanderung über die Nehrung bis hin nach Sarkau. Als Vierter im Bunde fand sich Gerhard, ein Klassenkamerad von mir, hinzu. Die Vorbereitungen zu dieser Wanderung waren zeitgemäß. Sie entsprachen nämlich jener Zeit, da die Jugend durch den „Wandervogel“ noch nicht die dem Wandern entsprechenden Ausrüstungsstücke ersonnen hatte. So gehörte also zur Ausrüstung auch ein Regenschirm. Wir Jungen hatten zusammen einen. Der war für Schlechtwetter und erwies sich als nötig. Seltersflaschen mit irgendeinem Getränk für die Durststrecken, von denen viel die Rede war, erwiesen sich auch als nötig, zugleich aber auch als beschwerlich wegen ihres Gewichts. Alles, was man brauchte, wurde in eine Reisetasche gepackt, die an einem Riemen hing und abwechselnd die rechte Schulter drückte und die linke Hüfte schlug und dann die andere Seite entsprechend behandelte.

 

Am Morgen wanderten wir durch das Dorf in südlicher Richtung, über die Reihenberge und gingen nun voller Erwartung in das als Wüste viel beschriebene Land zwischen Haff und See. Der Ausdruck „Wüste“ war gar nicht einmal falsch. Nicht einem Menschen begegnete man unterwegs. Dörfer gab es wenige, nach Nidden hin nur Perwelk und Preil. Auf der nächsten Tagesstrecke lag nur Pillkoppen, halbwegs nach Rositten, und am dritten Tage gar war überhaupt bis Sarkau hin kein Dorf oder auch nur ein Haus anzutreffen. Jede Tagesreise bedeutete aber auch eine Wanderung von 25 bis 33 km. Hinter den Reiherbergen begann schon die Wüste. Zwischen Vordüne zu unserer Rechten und der hohen, kahlen Düne zu unserer Linken erstreckte sich die Palwe, eine ebene Landschaft mit vereinzelten Baumgruppen, in ihrer ganzen schlichten, herben Schönheit. Nur die eingefallenen Wagenspuren und die Telegrafenleitung deuteten darauf hin, dass auch diese Landschaft dem Bereich menschlicher Wesen zugehörte. So wanderten wir im mahlenden Sand. Streckenweise gingen wir in der Spülung der See, dann wieder auf der hohen Düne — oder auch am Ufer des Haffs entlang und bekamen so die verschiedensten Eindrücke der stillen, großartigen Landschaft. Sturm kam auf und Regen. Wie duftet das Land so köstlich, gerade im Regen! Der Wind trägt den Geruch der See mit sich und mischt ihn mit dem Duft der Birken und Kiefern. Aber als nach dem Regen die Sonne wieder schien, bekam alles eine feine, neue, köstliche Art. Die vielen zarten Blumen, besonders Stiefmütterchen und die wilden Skabiosen, zeigten ihre leuchtenden Farben, und die Stranddisteln blinkten mit ihren silbergrauen Blättern und ihren bläulichen Blüten.

 

Am Abend waren wir in Nidden, dem damals noch durch keine Zivilisation verschandelten, urwüchsigen und ärmlichen Fischereidorf, das sich so lang auf dem schmalen Streifen zwischen hoher bewaldeter Düne und dem Haff erstreckt. Bei Hermann Blode, damals nichts anderes als ein Fischerkrug, kehrten wir zur Herberge ein; aber am Abend gingen wir noch hinauf zu der auf der Düne im Kiefernhochwald gelegenen Kirche mit dem eigenartigen Blick über die zum großen Teil schornsteinlosen, rohgedeckten Fischerhäuser, auf die Kurenkähne mit ihren mit buntem Schnitzwerk verzierten Wimpeln und in die Weite des Haffs, wo ganz in der Ferne ein paar hochragende Bäume des jenseitigen Ufers noch zu erkennen waren.

 

Am nächsten Tage ging es durch die berühmte Dünenlandschaft südwestlich von Nidden mit dem Tal des Schweigens und der Stätte des ehemaligen Pestkirchhofes. Es gab natürlich viel Veranlassung zu Fragen und Gesprächen. Wann mag wohl die Pest hier gewütet haben? Wieviel Todesopfer hat sie gefordert? Wo sind die von den Wanderdünen begrabenen Dörfer Kirchen und Friedhöfe gewesen? Wann ist das alles geschehen? Wie weit eine Düne in einem Jahr heute wohl noch wandern mag?

 

Dann ging die Wanderung am Haff entlang, wo die verschiedensten Arten von Wasservögeln zu beobachten waren, unter ihnen auch Reiher. Das seltsame Bild des Grabschen Hakens fesselte das Auge, jener Düne, die, den andern weit voran, gen Osten gewandert ist und beim Versuch, das Haff zuzuschütten, zu ertrinken scheint. Von den hohen Dünen wollten wir hinüber zur See wandern. Plötzlich versinke ich im Triebsand. Mit einem Bein bin ich bis zum Knie, mit dem andern bis zur Hüfte in den Triebsand geraten. Das kam urplötzlich. Bei den Schritten vorher freute man sich, am Fuß der hohen Düne über feuchten und darum festeren Sand gehen zu können und mit einem Male sackte man ab.

 

Wieder hatte es geregnet, und der Wald vor Rossitten duftete köstlich. Die Sonne neigte sich dem Abend zu; ganz leichter Nebel lag über der Landschaft. Durch den Wald führte ein leidlich fester Weg mit Gräben zu beiden Seiten. Viel Rehwild war zu beobachten. Ein Bock setzte 10 m vor uns mit weitem Sprung über den Graben. Sogar ein weißes Reh war in geringer Entfernung länger zu beobachten. Die Tiere waren so vertraut, wie ich es noch nie erlebt hatte. Zur Nacht waren wir in Rossitten, und stolz über mein Erlebnis schrieb ich in das Gästebuch das erste Gedicht meines Lebens ein:

 

„Mit Müh vom Triebsande befreit,

komme ich zu Hageleit“.

 

Am dritten Tag wurde die Wanderung nach Sarkau fortgesetzt. An dem berühmten Möwenbruch ging es vorbei. Wie eine weiße Wolke wollte uns die Menge der über dem Teich aufgescheuchten Möwen erscheinen. Nach einer Nacht in Sarkau ließen wir uns im Boot zum Dampfer bringen, der uns zurück nach Schwarzort befördern sollte. Eine Übernahme von Fahrgästen vom Fischerboot zum Dampfer oder umgekehrt gehörte auch immer zu den köstlichsten Ereignissen. Für uns Vier war das Erlebnis dieser unserer ersten Nehrungswanderung so stark, dass wir zwei Jahre später noch einmal eine solche Wanderung unternahmen. Diesmal ging es über die ganze Nehrung von Cranz bis Memel, und es wurde noch ein interessanter Ausflug über die Grenze nach Russisch-Krottingen angehängt. Noch oft habe ich die Kurische Nehrung besucht. Es bleibt eine köstliche Erinnerung und starke Liebe zu der wunderbar schönen Landschaft und zu den Menschen, die dort ihre Heimat hatten.

 

 

Seite 11   Blick von der Düne. Von Gerhard Kamin

Nun habe ich Paris wiedergesehen, das gesegnete Weinland an der Loire und die feinsinnigen Menschen der Ile de France, auf der Rückfahrt sah ich den Rheinstrom mit dem Kölner Dom und den vertrauten Düsseldorfer Vororten, das Ruhrgebiet glitt in der Schwärze seiner Essen und der Trübe des Wetters vorbei, dann grüßte Bremen herüber, Hamburg, Lübeck. — Fern ist das alles wie das lange Gespräch mit den beiden Negern, mit denen ich zusammenfuhr und die mir von Albert Schweitzer erzählten und ihrer Heimat. Und kaum eine Woche später und als seien Jahre vergangen, sitze ich hier in den Dünen Amrums und blicke über das seit Tagen aufgepeitschte Meer in die treibenden grauen Wolkenschwaden. So schnell können im Laufe einer Woche die Bilder wechseln, und während englische Düsenjäger über Wittdün hinwegbrausen, denke ich bedrückt, wie viele Ostpreußen mit ihnen in wenigen Stunden dort sein könnten, wo sie als Kinder gespielt, als Jünglinge gestrebt, als Erwachsene gewirkt haben. Wenn der eiserne Vorhang nicht auch den Himmel zerteilte, der über der deutschen Erde liegt...

 

Wie in allen vergangenen Jahren tauchen die Bilder auf, die längst vergessenen. Immer wissen sie ihre Stunde, immer rufen sie, wann es an der Zeit ist. Und ich sehe sie nicht anders vielleicht als die tausend anderen, die wie ich im Laufe der dahinjagenden, von Arbeit erfüllten Jahre einmal für eine kurze Zeit in der Stille einer fremden Küste ausruhen dürfen.

 

Seht, rufen sie aus der immer mehr verschwindenden Ferne herüber, erkennt ihr uns wieder? Keine Fata Morgana über flimmerndem Triebsand der Nordsee... das kleine Forsthaus in der Bucht von Schwentlund, der Erlenwald längs der Haffküste, die „weißen Berge“ von Sarkau, der rötlich leuchtende Gürtel der Dünen im Abendlicht; und die Wellen vom „Kurischen Haff“, dem schönen weißen Motorschiff, das uns von Cranzbeek mitgenommen, rauschen leise durch das tiefblaue Wasser. Ein Junge spielt vorn neben dem Ankerspill auf der Mundharmonika, leise, schwermütige Akkorde verwehen im Abendwind. „Es dunkelt schon in der Heide, nach Hause lasst uns gehn ...“ Nach Hause ... hört ihr? Die Sandgebirge von Rossitten wallen vorüber, dort irgendwo saßt du einmal in „Uhlenhorst“ beim Vogelprofessor, den Falken hatte er auf dem Arm, den grünen, verwitterten Jägerhut über dem dunklen, gebräunten Gesicht, die Lockpfeife im Mund.

 

… „wir haben das Korn geschnitten mit unserm blanken Schwert...“

 

Ja, das Korn. Aber das Korn nicht allein, die Wälder, die Häuser, die... Liebe. Und nicht wir.. . Das Schicksal, der Pflug der Zeit, das Dunkel des Bösen ...

 

Die Dünen von Nidden, seht ihr... die Frauen darunter begraben, die Seele der Heimat. Kiefern wie damals über den Hütten, der Blick durch ihre Kronen auf das im Abenddämmern verglühende Meer. Und immer das Rauschen des Schiffes, das Spielen der Wellen...

 

… „Ich hört ein Sichlein rauschen, ja rauschen durch das Korn ...“

 

Und nun die schwarzen Wände der Wipfel von Schwarzort, die verschwimmenden Schatten der Dorfkirche, das leise Läuten der Glocke, das Klagen der Fischreiher.

 

... „ich hört ein Feinslieb klagen,

es hätt sein Lieb verlorn ...“

 

Verloren, ja... so vieles. Das Liebste und Nächste, das Ferne und Unvergessene. Die Lichter von Memel kommen herauf, das Feuer des Leuchtturms über der immer dunkler werdenden Weite. Es sucht wie damals, die verirrten Schiffe, die verirrten, zerstreuten Menschen. Immer das leise Mundharmonikaspiel, auch jetzt noch... aber es ist nicht der Junge am Ankerspill, es ist ein Mädchen, es sitzt ein Stück von mir entfernt in der Düne. Und es spielt nicht mehr, es singt leise die vertrauten Worte ... nach Hause lasst uns gehn ...“

 

Eine Weile später spreche ich mit ihm. „Ja, aus Ostpreußen“, sagt es leise. „Aber ich kenne es nicht mehr, die Mutter hat mir die Lieder beigebracht“.

 

„Und du möchtest es einmal kennenlernen?“ frage ich abwesend, während Sand durch meine Finger rinnt.

 

Es sieht mich unruhig an. Nach einer Weile öffnet es die Lippen. „Meine Mutter sagt, so wie dort ist es nirgends“. „So schön, meinst du?“ frage ich noch einmal. „Ja“, sagt es, „so schön …“

 

 

Seite 11   Der ewige Jäger von Sorquitten. Von Georg Joh. Fr. von Hassel

 

Hussaruf und Kliff und Klaff

hetzen durch die Felder;

Weidmanns Heil! zu Piff und Paff

hallt es durch die Wälder.

„Wilde Jagd im Wagemut,

du mein stet Verlangen,

hei, du treibst das Jägerblut

heiß mir in die Wangen!

 

Weg mit Traum im weichen Flaum,

weg mit Wohlbehagen!

Eh' sich's hellt am Himmelssaum,

will ich jagen, jagen!

Weg mit Kreuz und Nachtgebet,

weg mit Ave-Lallen!

Eh' der Tag zur Rüste geht,

muss der Hirsch mir fallen.

 

Meiner Büchse Feuerstrahl

soll ihn nimmer fehlen,

tat ich doch vom heil'gen Mahl

mir die Hostie hehlen.

Was der Pfaff zum Gott geweiht,

nun mein Blei durchbohre,

dass kein Wildbret sei gefeit

vor dem Tod im Rohre!“

 

Und er lehnt das Himmelsbrot

an den Stamm der Fichte,

dass er seiner Kugeln Schrot

gen den Herrgott richte.

Aller Ehrfurcht frommer Haft

bar im Lastendrange,

legt er seiner Büchse Schaft

zielend an die Wange.

 

Krach! — Des Opfers Gotteslamm

brach im Schuss zusammen. —

Doch o Graus! Ein Kreuz am Stamm

brennt in blut'gen Flammen.

„Ha!“ Sein Schrei aus heis'rer Brust

röchelt um die Tannen;

seiner selbst noch kaum bewusst

flieht der Schütz von dannen.

 

Rastlos durch die Weite fort

jagt ihn das Entsetzen,

will ihn schier von Ort zu Ort

stracks zu Tode hetzen.

Vor ihm auf mit Schwung und Satz

scheut der Hirsch in Sprüngen.

„Horrido! Die wilde Hätz

mag den Spuk bezwingen!“

 

Und in roher Mordbegier

stürmt er nach dem Wilde,

pirscht sich an das flücht'ge Tier

näher im Gefilde,

bis der sichern Büchse Wucht

jäh das Blei entsandte,

das dem Edlen auf der Flucht

durch das Herze brannte.

 

Da, o Schreck! In Glut und Strahl

flammt vor Korn und Kimme

blutig rot des Kreuzes Mal

zu des Jägers Grimme.

„Pech und Schwefel! Du verrucht

Zauberzeichen wieder!“

Und er jagt in wilder Flucht

in die Weite nieder.

 

Rastlos in erneuter Kraft

treibt ihn das Entsetzen,

rastlos auch die Leidenschaft,

das Getier zu hetzen.

Doch kein ungefehlter Schuss,

kein gewiss Gelingen

kann den freien Frohgenuss

ihm des Weidwerks bringen.

 

Ewig zwischen Graus und Lust

sonder Halt und Schonen

peitscht die Schuld ihn in der Brust

durch des Lasters Fronen. ---

Horcht! Es stürmt! Die Tanne knirscht,

unterm Blitz geborsten!

Weh, der ew'ge Jäger pirscht

durch Sorquittens Forsten!

 

 

Seite 12   Eltern suchen ihre Kinder

Tausende ostpreußische Eltern und Angehörige suchen noch immer ihre Kinder, die seit der Vertreibung aus der Heimat verschollen sind. Wer Auskunft geben kann, schreibe bitte sofort an den Kindersuchdienst Hamburg - Osdorf. Blomkamp 51, unter Angabe von Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Ort des Kindes sowie die gleichen Angaben der Angehörigen und ihre Heimatanschrift von 1939, Landsleute, helft mit, das Schicksal der Vermissten aufzuklären.

Gesucht werden aus:

 

Bergheim, Kr. Osterode: Ilse Kruck, geb. 1939 in Alisch, und Traute Kruck, geb. 1941 in Bergheim, von ihrem Bruder Walter Kruck, geb. 07.11.1924 in Seib, Kr. Osterode.

 

Dellgienen, Kr. Königsberg: Werner Hegner, geb. 03.03.1939 in Dellgienen, von seiner Mutter Anna Hegener. Werner war Ende April 1947 in einem Waisenhaus in Königsberg.

 

Drawöhnen, Kr. Memel: die Geschwister Ruth Giszas, , geb. 24.03.1935, Käthe Griszas, geb. 03.05.1936, Else Griszas, geb. 05.07.1937, und Willi Giszas, geb. 10.08.1938 in Drawöhnen, von ihrem Onkel Johann Giszas, geb. 27.04.1905.

 

Drengfurt, Kr. Rastenburg: Marlene Thulke, geb. 14.04.1939, und Marianne Thulke, , geb. 18.03.1941 in Drengfurt, von Helene Thulke, geborene Willud, geb. 11.08.1917.

 

Dünen, Kr. Elchniederung: Heinz Pallasdies, geb. 06.09.1935, vom Vater Wilhelm Pallasdies, geb. 15.05.1885.

 

Eichenrode bei Groß-Baum, Kr. Labiau: Hannelore Spie, geb. etwa 1936, von ihrem Onkel August Spie, geb. 23.12.1899. Der Vater der Hannelore Spie war Revierförster. Ihre Mutter Friedel Spie, geborene Engling, wird auch noch gesucht.

 

Eichenstein, Kr. Insterburg: Ingrid Dammerau, geb. 05.10.1939, und Kurt Dammerau, geb. 14.03.1941 in Eichenstein, von Irmgard Stockmann, geborene Manske, geb. 11.07.1924.

 

Fürstenau bei Drengfurt, Kr. Rastenburg: Liesbeth Seraphin, geb. 28.09.1935 in Fürstenau, von ihrem Bruder Helmut Seraphin, geb. 4. September 1924.

 

Fürstenau, Kr. Rastenburg: Traute Spann, geb. 08.05.1938, und Horst Spann, geb. 17.09.1939, von ihrem Vater Emil Spann, geb. 22.05.1909. Die ältere Schwester der Kinder Traute Spann und Horst Spann, Erna Spann, geb. 15.08.1927, wird auch noch vermisst.

 

Gerwalde, Kr. Goldap: Edelgard Endrikat, geb. 26.07.1934, und Alfred Endrikat, geb. 17.??.1938 in Gerwalde, Kreis Goldap, von Anna Rokitta, geb. 28.03.1893.

 

Grenzheide, Kr. Schloßberg: Lilli Teppke, geb. 25.12.1939 in Grenzheide, von ihrem Onkel Adolf Siemonzent.

 

Groß-Barthen, Kr. Samland: Dieter Raffael, geb. 09.03.1934, von seinem Bruder Hans Raffael, geb. 26.06.1922. Dieter Raffael kam im März 1946 nach Königsberg in ein Waisenhaus,

 

Hier fehlt einiges: Günther Wessel, geb. 28.10.1938 in Groß-Lindenau, von Heinrich Wessel. Günther Wessel war im Januar 1949 in Litauen.

 

Haffwerder, Kr. Labiau: Maria Dombrowski, geb. 1936, und Max Dombrowski, geb. im März 1937 in Haffwerder, von Karl Dombrowski, geb. 31.01.1903.

 

Hohensalzburg, Kr. Tilsit-Ragnit: die Geschwister Irmgard Rieser, geb. 30.11.1934, Inge Rieser, geb. 08.05.1936, Hildegard Rieser, geb. 18.06.1937, und Erika Rieser, geb. 03.01.1939 in Kauschen, von ihrem Vater Ernst Rieser, geb. 06.10.1913. Die Kinder sollen mit ihrer Mutter Ende Juli 1947 nach Lichtenstein in Ostpreußen gegangen sein.

 

Kleingnie, Kr. Gerdauen: Erika Gruber, geb. 15.10.1940 in Kleingnie, von ihrer Großmutter Maria Schwarmer, geborene Kitruschat, und von ihrem Vater Kurt Gruber.

 

Königsberg, Ostendorfstraße, bei Familie Bareis: Jörns Niederlöhner, geb. 01.07.1935 in Breslau, von seinem Vater Fritz Niederlöhner.

 

Königsberg, Yorkstr. 44: Heinz Meyer, geb. 08.06.1936, und Anneliese Meyer, geb. 18.10.1942 in Görken, von ihrem Vater Bruno Meyer. Heinz und Anneliese Meyer kamen 1947 in das Waisenhaus Königsberg-Kalthof.

 

Lubenwalde, Kr. Schloßberg: Erich Kraudssun, , geb. 30.05.1936, und Günther Kraudssun, , geb. 12.08.1938 in Blockswalde, von ihrer Schwester Eva Skel, , geborene Kraudssun, geb. 20.04.1932. Die letzte Nachricht von den Kindern Erich und Günther Kraudssun kam im Oktober 1944 aus Wehlau (Ostpreußen).

 

Mohrungen, Schimmerlingweg 1: Reinhard Oskandi, geb. 09.11.1939 in Soldau, und Gisela Oskandi, , geb. 13.01.1944 in Mohrungen, von Walter Oskandi.

 

Nautzken, Kr. Labiau: Gisela Preuß, geb. etwa 1941, von ihrem Bruder Werner Preuß, geb. 26.07.1928.

 

Ramsen, Kr. Samland: Gerhard Sambill, geb. 23.07.1939 in Ramsen, von Gustav Sambill, geb. 14.04.1906. Gerhard war wegen Typhuserkrankung im Lazarett Groß-Lindenau.

 

Rastenburg: Gerda Bledau, geb. etwa 1935/1936, von ihrem Bruder Heinz Bledau, geb. 23.08.1933 in Insterburg. Ebenfalls gesucht wird die Mutter Gertrud Bledau.

 

Allenstein, Jägerstraße 11a: Günter Karl Walker, geb. 09.01.1938, und Werner August Walker, geb. 05.05.1939, von ihrem Großvater Karl Scheschinski.

 

Blumenthal, Kr. Insterburg, bei Bauer Adomeit: Günther Lemke, geb. 25.04.1934 in Insterburg, von seiner Mutter Marta Lemke.

 

Braunsberg, Infanteriekaserne: die Geschwister Regina Melinski, geb. etwa 1937 in Deutsch-Eylau, Siegfried Melinski, geb. 08.02.1941 in Braunsberg, und Klaus Liedtke, geb. 01.01.1944 in Heinrikau, von ihrem Onkel Siegfried, Melinski, geb. 17.03.1915. Klaus Liedtke befand sich zuletzt in Danzig, Olivaer Tor 5, Kinderheim.

 

Friedrichsdorf, Kr. Wehlau: Horst Fischer, geb. 13.01.1937, und Manfred Fischer, geb. 04.02.1940, von ihrem Vater Kurt Fischer, geb. 17. März 1911.

 

Germau, Kr. Samland: Horst Schröder, geb. 10.09.1934 in Willkau, von seinem Vater Ernst Schröder, geb. 14. 02.1908.

 

Gilge, Kr. Labiau: Rudi Windheit, geb. 20.12.1933, von seinem Vater Georg Windheit, geb. 01.10.1889. Rudi Windheit befand sich im Dezember 1944 in Frauenberg (Ostpreußen).

 

Gottswalde, Kr. Mohrungen: Marianne Gilde, geb. 11.02.1943, von Fritz Gilde, geb. 26.12.1902.

 

Groß-Lindenau bei Königsberg: Siegfried Krause, geb. 04.12.1938, von seiner Mutter Emma Krause, geborene Grams. Der Junge kam im Herbst 1946 mit Darmkatarrh ins Krankenhaus. Bubeinen bei Insterburg und wurde von dort im Februar 1947 ins Krankenhaus Popelken bei Insterburg verlegt.

 

Groß-Schöndamerau, Kr. Ortelsburg: Heinz Gloddek, geb. 26.08.1941, von seinem Vater Otto Gloddek, geb. 25.01.1907. Beim Kind befand sich die Großmutter Luise Kowallick, geb. 2. Januar 1890.

 

Gumbinnen, Admiral-Scheer-Straße 4: die Geschwister Helga Budzinski, geb. 23.11.1938, Bernd Budzinski, geb. 15.09.1940, Jörg Budzinski, geb. 06.10.1942, und Frank Budzinski, geb. 31.01.1944 in Königsberg, von ihrer Tante Erika Hecht, geborene Bergmann, geb. 18.03.1907. Die Kinder befanden sich im Dezember 1944 in Pommern.

 

Heiligenwalde, Kr. Samland: die Zwillinge Kurt Butzki und Hansi Butzki, geb. 22.09.1935, sowie Erni Butzki und Frieda Butzki, geb. 23.11.1942, von Amalie Behrendt, geborene Prettenhofer, geb. 22.06.1903.

 

Heiligenwalde, Kr. Samland: Konrad Frenkel, geb. 08.06.1936 in Königsberg, von Elsa Frenkel, geborene Büttner, geb. 26.11.1902.

 

Heilsberg, Heinrich-Lersch-Straße 11: Reinhard Gerigk, geb. 08.04.1935, von seinem Großvater Josef Sietz, , geb. 27.09.1886.

 

Heinrichsdorf, Kr. Mohrungen: die Geschwister Elly Liedtke, geb. im Juni 1933, Günther Liedtke, geb. 1941 und Manfred Liedtke, geb. 1943, von Kurt Klein.

 

Gut Heinrichshof bei Tapiau, Gemeinde Moterau: Heinz Schakat, geb. 26.02.1935, von seiner Schwester Charlotte Schröder, geborene Schakat.

 

Insterburg: Karin Bolowski, geb. etwa 1937, von Maria Bolowski. Die Mutter Annemarie

Brandt, geborene Rundt, war mit ihren zwei Kindern von Insterburg nach Prutzen bei Bad Polzin (Pommern) evakuiert.

 

Kalborn, Post Klaukendorf. Kr. Allenstein: die Geschwister Franz Leon, geb. 11.10.1935, Leo Leon, geb. 11.11.1937 und Heini Leon, geb. 16.10.1940, von ihrem Vater Aloysius Leon, geb. 24. Februar 1910.

 

Königsberg, Nassergarten 21: Hannelore Müller, geb. 29.10.1938, von ihrer Mutter Hildegard Lorentschk, geborene Rohde, geb. 29. Oktober 1919.

 

Königsberg, Dreystraße 33 oder Nassergärter Feuerweg 50: Ingrid Becker, geb. 21.05.1938, von ihrem Bruder Hans-Günther Schiwkowski, geb. 18.02.1923.

 

Mühlhausen, Kr. Preußisch-Eylau: Heinz Romahn, geb. 17.07.1937, von seiner Schwester Christa Ehlers, geb. Romahn, geb. 13.07.1923.

 

Pagrienen, Kr. Heydekrug: die Geschwister Christel Grigoleit, geb. 12.02.1932 oder 1933, Gerhard Grigoleit, geb. 30.06.1935 und Edith Grigoleit, geb. 31.08.1940 in Budeweg, von ihrem Vater Grigoleit Bruno, geb. 11.06.1910.

 

Siebenlinden, Kr. Schloßberg: Renate Scheller, geb. 16.07.1937, von ihrer Schwester Brigitte, geb. 16.07.1937.

 

Türen, Post Bernen, Kr. Gumbinnen: Willi Naujoks, geb. 16.12.1938 in Gumbinnen, von seiner Tante Johanna Berlin, geb. Naujoks, geb. 25.11.1903. Das Kind wurde am 12. März 1945 mit seiner Mutter Marie Naujoks, geb. Göbel, in Neustadt (Westpr.) gesehen.

 

Widminnen, Kr. Lötzen, Luckerstr. 7: Inge Waltraud Albrecht, geb. 17.08.1939, und Ursel Traute Albrecht, geb. 14.06.1941, von ihrer Mutter von Margarete Bändel, geschied. Albrecht, geb. Fuhrmann, geb. 06.03.1921.

 

Elbing, Danziger Str. 2: Winfried Hennig, geb. 02.09.1934, von seiner Großtante Marie Bojarowski, geb. Rogalla, geb. 09.08.1889.

 

Elbing, Hochstr. 161: Horst Adrian, geb. 08.07.1935, und Walter Adrian, geb. 22.07.1937, von ihrem Vater Johann Adrian.

 

Elbing, Kleiststr. 30: Horst Reinhold Kantowsky, geb. 05.08.1936, von seinem Großvater Wilhelm Kantowsky, geb. 10.03.1888. Das Kind befand sich zuletzt in Schmauch, Kr. Preußisch Holland.

 

Elbing, Skagerakstr. 37: Edith Erdmann, geb. 1939, von ihrem Bruder Rudolf Erdmann, geb. 06.09.1930.

 

Elbing, Vogelsiedlung, Drosselweg 12: die Geschwister Traude Blum, geb. etwa 1934, Christel Blum, geb. etwa 1940, und Fritz Blum, geb. etwa 1944, von ihrem Großvater Rudolf Blum, geb. 14.06.1875.

 

Elbing, Succase-Kinderheim: Burghard Ehleben, geb. 06.12.1944, von seiner Mutter Frieda Ehleben.

 

Ellerwald III, Kr. Elbing: Hildegard Radtke, geb. 26.01.1933. von ihrem Onkel Willy Radtke, geb. 28.01.1898.

 

Ostpreußen: Anna Charlotte Gidokeit, geborene Louis, von ihren Kindern Heinz Gidokeit, geb. 1936, Walter Gidokeit, geb. 1939, und Waltraud Gidokeit, geb. 1935. Die gesuchte Mutter Frau Anna Charlotte Gidokeit soll zuletzt im Kreise Stolp in Pommern gewesen sein.

 

Birgen, Kr. Tilsit-Ragnit: der Vater Albert Haak, geb. 22.12.1900, die Geschwister Willi Haak, geb. etwa 1933, und Ursula Haak, geb. etwa 1934, sowie weitere Angehörige, gesucht von Horst Haak, geb. 07.05.1938 in Bingen. Seine Mutter Mina Haak, geborene Schewitz, geb. 04.09.1896 in Ragnit, soll auf der Flucht verstorben sein. Sie wurde zuletzt von einer Frau Schulz gesehen.

 

Königsberg (Ostpreußen): Fritz Bahlow und Charlotte Bahlow, von ihrer Tochter Ursula Bahlow, geb. 20.09.1941 in Königsberg.

 

Königsberg, Gebauerstraße 22 oder 23: Erna Bonk, von ihren Söhnen Heinz-Dieter Bonk, geb. 13. oder 20.06.1941 in Königsberg (Preußen), und Helmut Bonk, geb. 13.12.1938.

 

Vermutlich aus Königsberg: die Angehörigen des Knaben Johann Bublitsch, geb. etwa 1936. Der Vater soll Eisenbahnarbeiter gewesen sein und 1947 verstorben sein. Die Mutter soll 1945 verstorben sein. Die Personalien seiner Eltern sind dem Knaben Johann Bublitsch, geb. etwa 1936, nicht bekannt.

 

Königsberg: Anna Jockel, geb. 24.01.1914 in Alt-Wartenburg, Kr. Allenstein, von ihrer Tochter Rosemarie Anna Jockel, geb. 30.01.1942 in Königsberg.

 

Königsberg: Hermann Krebs und Grete Krebs sowie die Geschwister Hermann Krebs, geb. etwa 1934, Walter Krebs, geb. etwa 1935, die Zwillinge Anneliese Krebs und Heinz Krebs, geb. etwa 1939, Lotraud Krebs, geb. etwa 1943 und Lothar Krebs, geb. etwa 1944, von Waldemar Krebs, geb. 03.10.1933 in Königsberg. Waldemar verlor seine Eltern und Geschwister im Jahre 1944 auf dem Hamburger Hauptbahnhof.

 

Königsberg: Gertrud Schöttke, von ihren Kindern Margarete Schöttke, geb 22.05.1937 und Gerhard Schöttke, geb. 05.01.1939.

 

Königsberg, Barbarastraße: Else Daere, geborene Spirgatis, von Klaus Spirgatis, geb. 16.12.1936. Frau Else Daere soll vor einiger Zeit in Meppen (Ems) gewohnt haben.

 

Königsberg, Samitter Allee 91b: Erna Framke, geb. 18.05.1920 in Kosaken, Kr. Goldap, von ihrer Tochter Gisela Framke, geb. 18.05.1944.

 

Königsberg-Liep, Troppauerweg 39: die Eltern Kurt Lukat und Erna Lukat, geborene Stahl, von ihrem Sohn Martin Lukat, geb. 08.05.1943, in Königsberg. Martin spricht von vier Geschwistern: Gerda Lukat, Gisela Lukat, Elfriede Lukat und Erwin Lukat, die ebenfalls noch gesucht werden.

 

Kuckernese, Kr. Elchniederung: die Familien Surmin und Gewulis. Bei diesen Familien hat sich Erika Heer, die Mutter des Kindes Heidrun Heer, geb. etwa 1943, aufgehalten.

 

Labiau: Anna Schmidtke, geb. 28.05.1914/1915, von ihrer Tochter Renate Schmidtke, geb. 11.07.1938 in Labiau.

 

Lyck, ehemalige SA-Straße 88: Luzie Ludorf, geb. 05.05.1915 in Stresow (Pommern), von ihren Kindern Gerhard Ludorf, geb. 06.11.1935, und Rosemarie Ludorf, geb. 19.05.1938 in Lyck. Die gesuchte Mutter Luzie Ludorf war bis 17.01.1945 im Hilfskrankenhaus, ehemalige AdolfHitler-Schule.

 

Memel: Emma Jurkscheitis, geb. etwa 1906, von ihrer Tochter Ingrid Jurgscheitis, geb. 23.06.1942. Die Mutter Emma Jurgscheitis soll In Memel im Altersheim beschäftigt gewesen sein.

 

Memel, Mühlenstraße 36 oder 39: Margarete MarwilI, geborene Gissas, von ihrer Tochter Elisabeth Gissas, geb. 01.10.1935.

 

Niedersee, Kr. Sensburg: Karl Sturmheit, geb. etwa 1911, von seinem Sohn Klaus Sturmheit, , geb. 1941.

 

Poschloschen, Kr. Preußisch-Eylau: der Vater Franz Prill, geb. 24.11.1893, und der Bruder Erwin Prill, geb. 10.01.1929, von Gerhard Prill, geb. 05.02.1935 in Poschloschen.

 

Possritten, Kr. Labiau: Frau Piotrowsky. Nachricht an den Kindersuchdienst wird erbeten mit der Kenn-Nr. 914.

 

Prostken, Kr. Lyck: Elfriede Czybulka, von ihrem Sohn Edgar Czybulka, geb. 30.11.1941 in Prostken, Kr. Lyck.

 

Sensburg: die Eltern, Geschwister und sonstige Angehörige von Siegfried Czeczla, geb. 06.05.1938 in Sensburg.

 

Sichelberg: Otto Rindfleisch, geb. etwa 1904 oder 1906, von seinen Töchtern Alica Rindfleisch, geb. 25.05.1942, und Inge Rindfleisch, geb. 20.12.1944 in Weißenfelde.

 

 

Vor 10 Jahren zerstörte der Krieg unser Königsberg. Ein halbes Jahrhundert Gemeinschaftsleistung unserer Familie und Mitarbeiter verbrannte mit dem Stammhaus Roßgarten und der Filiale Poststraße. Und dennoch blieb Walter Bistrick, das Uhrenhaus der Ostpreußen! Bis zur Heimkehr: (14a) Stuttgart-O, Haußmannstr. 70. Ostpreußen-Sonderkatalog kostenlos!

 

 

Seite 12   Landbriefträger Ernst Trostmann erzählt. (14)

 

Liebe ostpreißische Landsleite!

„Na wissen Se, so e Wetter wie dies Wetter, denn all lieberst gar kein Wetter!“ So sagd immer zu Haus der alte Krakuhn, wo in Kamswutschen Gemeindeverstand war, wenn ihm das Wetter nich ganz nache Nas war, wie er es geradzig aufes Feld brauchd. Was mechd der erst sagen, wenn er dies Jahr noch erlebt hädd, wo ihm nich bloß de Plumpen vor e Hausentier wegschwimmen, sondern de Kartoffeln inne Erd verfaulen. Ja, er hat es gut, denn er kickt sich all lang de Radieschen von unten an. Ach, da fällt mir ein, wie der mal dem Naujoks Bescheid gab. Wissen Se, das war so e richtger Klugscheißer, wo immer alles besser wußd. Bloß de Arbeit hädd er nich erfunden, das Schießpulver natierlich auch nich, aber er tat immer so, als wenn es ohne ihn gar nich ging, und hädd sich grien und blau geärgert, wie se ihm nich als Gemeindeverstand gewählt hädden. Da is der Krakuhn mal in Insterburg bei Fink inne Pregelstraß eingekehrt. Sein Wagen stand aufem Hof, und er hädd sechs Ferkelchen gekauft, wo nu aufem Wagen rumquietschden. Denn hädd er auch noch e Flasch mit Spirtus raufgestellt, aber die war umgefallen und ausgelaufen. Natierlich hädden die Ferkels dadran gesuckelt und sich dabei ganz scheen einem angezwitschert. Nu lagen se lang und träumden von eine sonnige Zukunft. Da kommt der Naujoks zu, sieht de Ferkels, rennt inne Gaststub rein beim Krakuhn, wo geradzig Tilsiter Käs mit Mostrich aß und Braunbier trank, und brillt: „Krakuhn, Krakuhn, Deine frisch gekaufte Ferkels sind all im Krepieren!“ Der Krakuhn raus auße Stub und ran annem Wagen. Da sieht er denn die Bescherung, schlackert dreimal mittem Kopp und sagt ganz ruhig zum Naujoks: „Die Ferkels sind man besoffen, das vergeht, aber du bist dammlich, und das bleibt!“ Dass ich mir gerad heite auf die Ferkelgeschichte besinn, hat natierlich seinen besonderen Grund, ja, es hat sogar zwei besondere Grinde. Nu denken Se natierlich, dass ich womeeglich auch irgendwo Spirtus gesuckelt hab. I nei, diesmal nich! Aber mittem Fusel hat es trotzdem was zu tun. Innern letzten Brief, wo ich Ihnen von meine Milletärzeit erzählen tat, hat de Druckerei mein altes Regiment in Stettin ganz doll beleidigt. Da steht nämlich „34er Fuseliere“, — sehn Se, so was kommt von so wasl Nu haben Se natierlich gemacht, dass wir besonders viel Fusel tranken und deshalb den Namen kriegden. In Wirklichkeit solld das aber heißen „Fuseliere“. Und nu dem zweitem besonderen Grund: Die hundertfuffzig Mark Schmerzensgeld sind endlich angekommen, und das brachd de Emma ganz auße Fassong. Ich hädd ja all immer gelauert und konnd dem Briefträger-Kollegen mit das Geld abfangen. Es is ja viel Geld fier e altem Rentner. Wenn einer so drei Fuffzig-Mark-Scheine inne Hand hält, denn wird einem ganz schwindlig vor Freid, auch wenn einer de Scheine mit eine Knochenbeschurgelung

verdient hat. Wie solld ich de Emma das nu aber schonend beibringen, dass wir mit das Geld sehr vorsichtig umgehend missen? Se hädd ja all wochenlang immer gerechent und eingeteilt... Ich wolld am liebsten e Schweinche kaufen, so e Leiferche von sechzig Fund, und denn bis zwei Zentner auffittern, — das is de Gedankenverbindung zum Krakuhn seine besoffene Ferkels. Mittem Bauerochse hädd ich all alles abgemacht. Ich sagd einfach: „Wenn wir wieder bei die Kartoffel und Runkel helfen missen, denn will ich mir e Schweinche fittern. Und wenn Se das nich erlauben, denn können Se Ihre molsche Kartoffeln allein auße Erd rauspulen“. Da gab er klein bei, denn es is beinah unmeeglich, hier innes Dorf e paar Leite zu kriegen, wo aufes Feld helfen gehen. Nu wer ich mir e Eck im Stall als Schweinebucht abschlagen, e Dranktonn aufstellen, und denn geht es los mitte Schweinerei. De Kartoffel zum Fittern verdien ich mir beim Bauerochse, das Holz zum Kartoffelkochen wird äußern Wald geholt, und e bißche Schrot wird zugekauft. Das mach ich alles ganz allein. De Emma brauch sich gar nich dadrum zu kimmern, heechstens dass se mal e bißche Nessel suchen geht, weil der Pochel auch Grienes kriegen muss wegen die Wietamine. So hädd ich mir alles scheen zerechtgelegt, und das Wasser lief mir all immer innem Mund zusammen, wenn ich am gereicherten Bauchstick dachd und an die Kartoffelkeilchen und Zwiebel, wo nu doch zu richtige ostpreißische Spirgels geheeren. Es is auch Zeit, dass einer mal wieder e bische was Kräftiges in seinem Kadawer reinsteckt, denn einer is all zusammengeschrumpelt wie e alte Kartoffel vonnes vorgte Jahr, dass einer sich vorem Spiegel gar nich wiederkennt. Gekauftes Fleisch is ja gar nich mehr zu bezahlen, besonders mit die Rentner-Dittchens, wo se bei jede Wahl erhöhen wollen und wo se nachher das Geld so neetig fier de Abgeordnete brauchen, dass nich noch mehr nach Osten ausricken, weil se dem Riemen immer enger schnallen missen. Na, Spaß beiseit, aber es is doch ganz scheen, dachd ich, wenn e bißche was Vernimftges zum Abmachen da is, und nich bloß das ewige Klacksche Margarine. Aber damit kam ich bei de Emma scheen an. „Du bist wohl all ganz verrickt“, meind se, „dass Dir noch auf die alten Tage mit e Schwein behängen willst! Nei, nei, das kommt ieberhaupt nich in Frage. Fier das Geld krieg ich e scheenem Wintermantel, und Du e paar neie wollne Unterbixen, und denn is es aller, und denn hat de liebe Seele Ruh!“ Se denkt natierlich wieder bloß an sich. Auf dem Mantel is se all lang piegrig, und von das Schweinefleisch hat se doch nich viel, weil se damit bloß ihre obsternatsche Gallenblas ärgert. Aber einer kann ja vorsichtig essen, und se brauch sich ja nich gleich das halbe Schwein auf einmal inne Kaidaunen reinstoppen. Jedenfalls qing das Reden hin und her wie auf de Brüsseler Konfrenz. und wir wurden sich nich einig, ebenfalls wie auf de Brüsseler Konferenz. Aber zuletzt blieb ich doch vorleifiger Sieger, weil ich das Geld bedrickt hield und noch nich rausgab. So steht es nu eins zu null fier mich, und ich lass ihr zappeln. Emmend krieg ich se zuletzt doch rum, dass wir e Schweinche und Schrot kaufen. Dann bleibt ja noch e bißche Geld iebrig, und de Emma kann sich e gefilterte Jack anschaffen, die wärmt auch und is nich so teier. Ich muss bloß aufpassen, dass se nich annes Geld rankommt, sonst is alles vorbei. Deshalb muss ich es gut verklauen. De Gemietlichkeit is vorleifig sowieso vorbei, denn nach de „Beratung“ war in unser Stubche dicke Luft wie vores Gewitter. So hat einer immer seine Sorgen. Hast kein Geld, is nich gut, und hast Geld, denn is auch nich gut. Aber ich denk, es wird sich alles wieder geben. Wenn de Emma sieht, dass ich hart bleib, denn wird se zuletzt doch weich werden. Leicht is es ja nich, weil ich ihr sonst immer dem Willen ließ. Aber diesmal geb ich nich nach, und wenn blau brennt. Ich will e Pochel haben, und ich weed ihm haben! E Schweinche bedeitet ja auch Glick, na nich? Das Gleiche wünscht Ihnen mit viele Grüße Ihr

Landbriefträger z. A. Franz Trostmann

 

 

Seite 13   Suchdienst – Gefallene und gestorbene Wehrmachtsangehörige

Anfragen und Mitteilung zu dieser Liste sind unter Angabe des Namens und Vornamens des Gemeldeten (zweiter Name in der Suchmeldung) an den Suchdienst München, Rundfunkauskunft München 13, Infanteriestraße 7a, zu richten.

 

Gesucht werden:

August Rahnahn, aus Allenstein, früher: Schlageter Straße 15, für Hans Rahnahn, geb. 15.05.1923 in Bruchwalde

 

Familie Rücken, aus Barengrund, für Johann Rücken, geb. 03.11.1887

 

Familie Seeger, aus Bartenstein, für Gustav Seeger, geb. 11.12.1914 in Stumplock

 

Maria Stuckerl, aus Darethen bei Allenstein, für Josef Stuckerl, geb. 01.12.1923 in Darethen

 

Frau Siegmund, aus Eydkau, Friedrich-Wilhelm-Straße 5, für Adolf Siegmund, geb. 22.01.1888 in Eydkau

 

Berta Bedtmann, aus Freiwalde bei Maldeuten, Kreis Mohrungen, für Gotthilf Wittkowski, geb. 23.06.1922 in Mitteldorf

 

Wilhelm Runge, aus Friedland, Pulverstraße 78, für Helmuth Runge, geb. 24.12.1916 in Wehlau

 

Hermann Siebling, aus Frödau, Kreis Osterode, für Fritz Siebling, geb. 15.01.1923 in Frödau

 

Erna Müller, aus Gaugrehweiler, Kreis Roggenhausen, Hauptstraße 28, für Richard Schäffling, geb. 10.02.1908 in Gaugrehweiler

 

Erna Werner, aus Groß-Barthen, Löwenhagen, Kreis Samland, für Emil Werner, geb. 20.12.1909 in Schernikow

 

Franz Witkowski, aus Groß-Rippertswalde, Kreis Mohrungen, für Aslav Witkowski, geb. 03.09.1921 in Groß-Rippertswalde

 

Wilhelmine Teschendorf, aus Groß-Rosainen, Kreis Marienwerder, für Erich Teschendorf, geb. 22.12.1912 in Groß-Peterwitz

 

Winkeleine Stralla, aus Groß-Rosen-Geblenburg, für Alfred Stralla, geb. 05.12.1905

 

Familie Seidler, aus Gryhina, Kreis Sudauen, für Eduard Seidler, geb. 03.11.1926 in Grzyhina

 

Therese Wittenberg, aus Grünhoff, Kreis Samland, für Artur Wittenberg, geb. 30.09.1907 in Trömpau

 

Erna Woywod, aus Guttstadt, Benno-Schaffrinski-Straße 10, für Valentin Woywod, geb. 10.11.1909 in Guttstadt

 

August Krause, aus Guttstadt, Kreis Heilsberg, Mulgerstraße 2, für Bernhard Wermter, geb. 22.03.1926

 

Familie Weiß, aus Heinrichswalde, Kreis Elchniederung, für Willi Weiß, geb. 01.03.1908 in Klein-Heinrichsdorf

 

Johann Sabellek, aus Hohenstein, Kreis Osterode, ehemalige Horst-Wessel-Straße 4, für Paul Sabellek, geb. 15.02.1923 in Hohenstein

 

Kasimir Wolenberg, aus Illowo, Kreis Neidenburg, für Stefan Wolenberg, geb. 02.09.1922 in Illowo.

 

Warka Sidarenkow, aus Kattern bei Saalfeld, Kreis Mohrungen, für Genadi Sidarenkow, geb. 31.08.1906 in Sbuschin

 

Familie Studzinski, aus Klein-Bestendorf, Kreis Mohrungen, für Emil von Studzinski, geb. 13.01.1910 in Bürgersdorf

 

Helene Hammermeister, aus Königsberg, Kaporner Straße 20, für Bruno Hammermeister, geb. 22.12.1901 in Königsberg

 

Albert Weiß, aus Kopehnen, Kreis Samland, für Kurt Weiß, geb. 11.02.1920 in Kopehnen.

 

Bernhard Strojka, aus Konitz, Bülower Landstraße 5/3, für Bernhard Strojka, geb. 10.05.1925 in Konitz

 

Thomas Wolkow, aus Kutzborn in Allenstein, für Anton Wolkow, geb. 30.10.1923

 

Luise Strogies, aus Lopen, Post Pollwitten, Kreis Mohrungen, für Ewald Strogies, geb. 18.10.1901 in Ernstfelde

 

Emma Wenskus, aus Memel, Friedrichs-Rhede 17, für Kurt Wenskus, geb. 16.07.1924 in Memel

 

Gustav Wirner, aus Neu-Waldebdorf, Kreis Deutschendorf, Wintergasse 53, für Paul Wirner, geb. 13.02.1919

 

Karl Siegmund, aus Pfaffendord, Kreis Ortelsburg, für Heinz Siegmund, geb. 18.03.1921 in Pfaffendorf

 

Antonie Wirkus, aus Pillau-Neutief, G-Straße 5, für Konrad Wirkus, geb. 23.11.1919 in Kie-Gaarden

 

Alexander Seifert, aus Ragnit, Jahnstraße 4, für Heinz Seifert

 

Alexander Georg, geb. 12.03.1921 in Berlin (hier fehlt Text)

 

Gustav Wenzel, aus Rastenburg-Neuendorf 34, für Paul Wenzel, geb. 05.09.1918 in Marienhof

 

Erna Siedler, aus Saalfelde, Kreis Ostrowa, für Oskar Siedler, geb. 19.03.1923 in Saalfelde

 

Katharina Wehrwald, aus Schillamühle, Post Schönbrück, für Hugo Wehrwald, geb. 26.10.1914 in Hunigfeld

 

Ella Wilitzki, aus Schröttersburg, Neuer Markt 10, für Hans Wilitzki, geb. 24.04.1914 in Schleusenau

 

Johannes Witt, aus Steintal, Kreis Lötzen, für Bruno Witt, geb. 15.10.1889 in Regelben

 

Familie Siebert, aus Stobben, Kreis Angerburg, für Siebert, geb. 08.05.1913 in Stobben

 

Familie Wohlgemuth, aus Süßenthal bei Allenstein, für Leo Wohlgemuth, geb. 10.06.1915 in Suchnienen.

 

Frau Fr. Grusas, aus Teukaiten bei Fischhausen, für Siegfried Teich, geb. 13.06.1927 in Rokaiten

 

Otto Seeger, aus Tilsit, Gartenstraße 7, für Heinz Seeger, geb. 30.09.1923 in Tilsit

 

Maria Sawalis, aus Tilsit, Gnesener Weg 7, für Heinrich Sawalis, geb. 12.12.1920 in Tilsit

 

Familie Werksnies, aus Tilsit, Raquiterstraße 58, für Erich Werksnies, geb. 20.05.1917 in Tilsit

 

Mimi Rüder, aus Treuburg, Deutsche Straße 4, für August Rüder, geb. 05.05.1919 in Treuburg

 

Familie Seeger, aus Usnitz, für Herbert Seeger, geb. 25.03.1919 in Usnitz

 

Anna Wichmann, aus Wangnick, Kreis Bartenstein, für Paul Wichmann, geb. 02.01.1911 in Dannau

 

Frida Seidler, aus Warnigheim, Kreis Rastenburg, für Leo Seidler, geb. 18.12.1914 in Wilkendorf

 

Katharina Wenskus, aus Wensken, Kreis Memel, für Franz Wenskus, geb. 19.09.1916

 

Anna Wermter, aus Wormditt, Schloßstraße 16, für Otto Wermter, geb. 21.01.1904 in Wattersmühl

 

Hildegard Werner, aus Zinten, Wilhelmstraße 8b, für Fritz Werner, geb. 26.10.1914 in Königsberg

 

 

Seite 13   Eltern suchen ihre Kinder

Tausende ostpreußische Eltern und Angehörige suchen noch immer ihre Kinder, die seit der Vertreibung aus der Heimat verschollen sind. Wer Auskunft geben kann, schreibe bitte sofort an den Kindersuchdienst Hamburg, Ossdorf, Blomkamp 51 unter Angabe von Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Ort des Kindes sowie die gleichen Angaben der Angehörigen und ihrer Heimatanschrift von 1939, Landsleute, helft mit. das Schicksal der Vermissten aufzuklären!

 

Tapiau, Kreis Wehlau: Frieda Schulz, geb. etwa 1920, von ihrem Sohn: Klaus Peter Schulz, geb. 02.02.1940 in Berlin

 

Tilsit, Waldstraße 10: Hanna Mantwill, geb. etwa 1916 bis 1918, von ihrem Sohn: Peter Hermann Mantwill, geb. 28.09.1943 in Tilsit. Die gesuchte Mutter Hanna Mantwill war 1944 im Hotel Kaiserhof in Tilsit beschäftigt.

 

Wilkischken, Kreis Tilsit-Ragnit: die Mutter Lydia Riedel, von ihrem Sohn Kurt Riedel, geb. 26.04.1936. Kurt befand sich während der Flucht mit seiner Mutter Lydia Riedel auf einem Schiff, das in feindlichen Beschuss kam. Kurt Riedel wurde verletzt, jedoch gerettet.

 

Angerburg, Kinderkrüppelheim: Frieda Froehlich, geb. 18.04.1934 in Marianowo, von ihrem Vater: Robert Froehlich, geb. 07.01.1911. Das Kinderkrüppelheim wurde 1945 von Angerburg nach Kortau bei Allenstein verlegt.

 

Angerburg, Nordenburgerstraße 34: Dieter Rudat, geb. 25.09.1938, und Rainer Schlatter, geb. 24.02.1942, von ihrer Tante Herta Margarete Rudat, geb. 31.07.1922

 

Billsee, Post Waldfließ, Kreis Lötzen, bei Frau Schulz: Horst-Wilhelm Nürenberger, geb. 17.07.1941, von seiner Mutter: Johanna Wünschmann, geborene Nürenberger.

 

Cranz (Ostseebad), Kreis Samland, Königsberger Straße 15: Gerhard Penk, geb. 22.05.1938, von: Karl Penk, geb. 23.07.1904

 

Cremitten, Kreis Rastenburg: Die Geschwister Erika Czeczor, geb. etwa 1938, Edith Czeczor, geb. etwa 1939, Manfred Czeczor, geb. 03.08.1941 und Anneliese Czeczor, geb. 15.05.1944, von ihrer Tante: Elise Stritzel, geborene Miltkau, geb. 05.08.1900

 

Friedland, Kreis Bartenstein, Mühlenstraße 24: Die Geschwister Anni Huhn, geb. 15.09.1934 in Dargen, Helmut Huhn, geb. 19.10.1935 und Ruth Huhn, geb. 03.02.1938, von Anna Wegner

 

Goldensee, Kreis Lötzen: die Geschwister Waltraut Rasch, geb. 05.08.1936, Hildegard Rasch, geb. 13.09.1937, Irmgard Rasch, geb. 13.09.1941, Renate Rasch, geb. 07.05.1942 und Alfred Rasch, geb. 02.10.1944, von Dorothea Wischnewski, geb. 18.05.1928

 

Goldensee, Kreis Lötzen: Waltraud Wischnewski, geb. 05.08.1936 in Klein-Stürlack, von Dorothea Heinisch, geborene Wischnewski

 

Gordeiken, Kreis Treuburg: Adelheid Steiner, geb. 01.05.1939, Manfred Steiner, geb. etwa 1940, von ihrer Tante: Frieda Stetzkowski, geborene Monien, geb. 13.08.1903

 

Groß-Gnie, Kreis Gerdauen, Post Klein-Gnie: Gisela Podszus, geb. 10.09.1936 von ihrem Vater: Max Podszus, geb. 13.12.1892

 

Groß-Schiemanen, Kreis Ortelsburg, Flugplatz: Stefanie Schiel, geb. 22.05.1939 in Königsberg, von ihrer Großmutter: Johanna Schiel, geborene Dujat, geb. 20.12.1872

 

Grünfelde, Kreis Osterode: Die Geschwister Marlene Schulz, geb. 27.02.1936, Irene Schulz, geb. 09.06.1937 und Ingrid Schulz, geb. 11.09.1938 von Martha Jatzek, geb. 22.07.1903. Die Kinder befanden sich im Januar 1945 in Amalienruh bei Liebemühl

 

Hartenstein, Kreis Angerburg: Elfriede Stebener, geb. 11.06.1939 in Karlshöhe, von Eveline Pappertz, geborene Eschner, geb. 12.07.1921.

 

Heilsberg, Krankenhaus: Hannelore Walpuski, geb. im Februar 1944 in Ortelsburg, von ihrer Tante: Martha Bieber, geborene Jaschinski, geb. 23.10.1913. Das Kind wurde am 22. Januar 1945 ins Krankenhaus eingeliefert.

 

Königsberg, Knochenstraße 40/41 oder Scheffnerstraße 11: Ruth Schneidereit, geb. 11.05.1934, von ihrer Mutter: Charlotte Schneidereit, geborene Fischer

 

Königsberg, Schindekopstraße 16: Elfrun Penzek, geb. 21.07.1936 und Helmut Pentzek, von ihrem Vater: Doktor Ernst Pentzek, geb. 03.12.1898. Der Vater erhielt die letzte Nachricht am 11. März 1945 von einem Schiff, das von Ostpreußen kommend in Swinemünde eingetroffen war.

 

Königsberg, Vorderanger 15a: Gisela Witte, geb. 24.02.1937 und Günther Witte, geb. 16.03.1940, von ihrem Vater: Ernst Witte.

 

Königsberg-Ponarth, An den Birken 29, bei Familie August Behrendt: Helga Behrendt, geb. 13.05.1938 in Pinnau, von ihrer Mutter: Erna Netz, geborene Salewski, geb. 07.05.1916

 

Langenbrück, Kreis Sensburg: Irmgard Heinrich, geb. 11.02.1941, von Franz Heinrich

 

Lindicken, Kreis Insterburg: Charlotte Zimmerling, geb. 12.05.1933 in Tannenfelde, von ihrem Bruder: Herbert Zimmerling, geb. 24.12.1931

 

Tiefenort, Kreis Goldap: Gisela Paulutat, geb. 03.01.1943, von ihrer Tante: Emma Paulutat, geborene Schipplowski, geb. 14.01.1917. Gisela war mit ihrer Mutter nach Osterode evakuiert.

 

Tilsit, Bülowstraße 62: Wolfgang Botscheck, geb. 20.01.1934 in Rastenburg, von seinem Onkel: Gerhard Botscheck

 

Königsberg: Eltern oder Angehörige für Günther Züge, geb. etwa 1939. Der Vater war von Beruf Schuster.

 

Königsberg, Gebauerstraße: Elli Bortz, geboren im Oktober 1912, von ihrem Sohn: Werner Bortz, geb. 15.11.1938

 

Königsberg, Gebauerstraße 16: Erich Hoffmann und Anna Hoffmann, von ihrem Sohn: Kurt Hoffmann, geb. 14.09.1934 in Königsberg.

 

Königsberg, Große Sandgasse 16: Lisbeth Neumann und Hans-Joachim Neumann, von Heinz-Dieter Neumann, geb. 18.11.1937

 

Königsberg, Schönstraße 7: Eva Bödder, geb. etwa 1937 und Gisela Bödder, geb. etwa 1939, von ihrer Schwester: Irmgard Bödder, geb. 07.11.1934

 

Königsberg, Nasser Garten, Linker-Kaserne: Erika Bich, geb. 1920, von ihrer Tochter, Eva-Maria Bich, geb. 08.04.1936 in Guttstadt.

 

Königsberg: Lothar Preuß, geb. 24.04.1934 in Osterode und Horst Preuß, geb. 13.05.1935 in Osterode, von ihrer Mutter: Charlotte Stuk, geborene Bohl, geb. 1913

 

Königsberg: Fleichbänkenstraße 22: Lothar Horch, geb. 19.12.1938 in Königsberg, von seiner Tante: Anna Horch, geborene Wybories, geb. 03.01.1909. Lothar wurde 1944 nach Pogauen, Kreis Samland evakuiert und befand sich dort bis 1947. Von dort ist er angeblich nach Königsberg ins Waisenhaus gekommen.

 

Königsberg, Hamburger Straße 20: Horst Glodschei, geb. 28.12.1938 in Königsberg, von seiner Mutter: Edith Glodschei, geborene Wischnewski, geb. 16.11.1915. Horst war mit seiner Mutter bis zum Herbst 1947 in Königsberg zusammen. Er ging dann nach Litauen und ist von dort nicht zurückgekehrt. Im Oktober 1947 ist er in Schaulen (Litauen) gesehen worden.

 

Königsberg, Heidemannstraße 10: Klaus-Erich Kantim, geb. am 30.07.1937 in Königsberg, von seinem Bruder: Hans-Georg Kantim, geb. 19.02.1929.

 

Königsberg, Arno-Holtz-Straße 14: Lothar Bartsch, geb. 15.11.1936 in Königsberg, von seinem Vater: Otto Bartsch

 

Königsberg, Prappelnerstraße 37: Hans-Jürgen Zakrezewski, geb. 03.05.1942 in Tapiau, von seinem Vater: Otto Zakrezewski, geb. 17.08.1910

 

Königsberg, Roonstraße 19: Dorothea Wohlgemuth, geb. 12.08.1936, von ihrem Vater: Hermann Wohlgemuth, geb. 10.09.1905

 

Königsberg, Rosenauerstraße 45b: Horst Hesske, geb. 11.05.1933 und Herbert Hesske, geb. 14.10.1939, von ihrem Vater: Hermann Hesske, geb. 17.09.1896. Die Kinder sind mit der Mutter am 24.02.1945 aus Königsberg in einem Frachtkahn abtransportiert worden.

 

Königsberg, Rothensteiner Straße 63/65, bei Familie Dunkel: Klaus Schröder, geb. 19.01.1938, von seiner Mutter: Helene Schröder, geborene Dunkel, geb. 21.06.1917

 

Königsberg, Troppauer Weg 54: Werner Kielmann, geb. am 13.10.1933 und Gisela Kielmann, geb. 17.10.1937, von ihrer Mutter: Margarete Kielmann, geborene Lückmann, geb. 04.09.1911. Die Kinder sollen im Mai 1947 in Litauen gesehen worden sein.

 

Königsberg, Sudauer Weg 7: Adolf Bronsert, geb. 17.06.1939, von seiner Mutter: Dora Bronsert, geborene Böhm

 

Königsberg, Unterhaberbergstraße 19: Karin Sanewski, geb. 20.03.1944, von ihrem Vater: Eduard Sanewski. Die Mutter Anna Sanewski, geborene Klein, geb. am 28.03.1916, wird ebenfalls noch gesucht.

 

Königsberg-Methgethen, Wiesenweg 1: Karl-Ulrich Schipporeit, geb. 21.06.1938, von seiner Mutter: Martha Schipporeit. Das Kind wurde im Mai 1947 in Ostpreußen von der Mutter getrennt. Es soll dann noch einmal auf der Fahrt nach Litauen gesehen worden sein.

 

Königsberg, Ziegenweg 17: Norbert Klein, geb. 25.07.1935 in Königsberg und Günther Klein, geb. 04.12.1936, von ihrem Vater: Karl Klein und ihrem Bruder: Erwin Klein, geboren am 18.02.1926

 

Königsberg, Altstädtische Langgasse 15/16: Inge Bartsch, geboren 31.01.1942 in Königsberg, von ihrem Vater: Erich Bartsch, geb. 28.10.1897

 

Königsberg, Arndtstraße 15a: Frank Jürgen Petza, geb. 15.09.1944, von seinen Großeltern: Heinrich Petza und Hedwig Petza. Außerdem werden die Mutter, Margarete Petza, geborene Kreidner, geb. 09.04.1920, und die Tante Hedwig Kreidner, geb. 14.09.1925, gesucht. Die Vermissten haben am 22.01.1945 Wormditt vom Flugplatz aus mit einem Wehrmachtfahrzeug verlassen.

 

Königsberg, Briesenerstraße 21, bei Familie Holz: Ingrid Weller, geb. 21.08.1937, eventuell auch Holz genannt, von ihrer Mutter: Eva Luntke, geb. 13.03.1911

 

Königsberg, Neuendorferstraße, Haus 1: Marianne Freyberg, geboren 09.07.1939 und Monika Freyberg, geboren 07.10.1941 in Königsberg, von ihrer Tante: Anneliese Seifert, geborene Freyberg, geb. 22.11.1913

 

Königsberg, Oberhaberberg Rundteil: Ursula Onischke, geb. 08.01.1933, von Richard Schipper, geb. 11.02.1901

 

Königsberg, Tragheimer Pulverstraße 52b: Uwe Schulz, geb. im Juli 1936 in Königsberg, von seiner Tante: Ilse Radschun, geborene Schulz, geb. 23.05.1906

 

Königsberg, Vorstädtische Langgasse Nr. 144: Karl-Heinz Fedder, geb. 09.02.1910, von seiner Tochter Ingrid Fedder, geb. 06.05.1937

 

Königsberg, ehemalige Horst-Wessel-Straße 13: Fritz Rudolf Neumann, geb. 10.03.1903, von seinen Kindern: Eberhard Neumann, geb. 18.02.1935 und Siegfried Neumann, geb. am 07.11.1940

 

Königsberg-Moditten: Anny Erna Sakewitz, geb. 21.08.1923 in Löbard-Neuseden, von ihrer Tochter: Renate Sakewitz, geb. 29.09.1944. Die Mutter des Kindes war als Flakhelferin ausgebildet worden und kam im Januar 1945 zum Einsatz.

 

Königsberg-Kohlhof, Straße 1060 oder 1080, Nr. 62: Wolfgang Hein, geb. 12.09.1935 in Königsberg, von seinem Vater: Gustav Hein

 

Königsberg-Juditten, Waldstraße 17: Hannelore Schadwinkel, geb. 31.05.1941 in Trutenau und Benno Schadwinkel, geb. 21.09.1944, von ihrem Vater: Erich Schadwinkel, geb. 26.09.1909. Die Kinder sollen sich bis 1948 mit der Mutter Käte Schadwinkel, geborene Pansegrau, bei Frau Kretschmann in Königsberg-Juditten, Waldstraße 17, befunden haben. Nach dem Tod der Mutter soll sich Frau Kretschmann und eine Frau Jörke der Kinder angenommen haben.

 

Königsberg-Schönfließ, Waisenhaus: Gabriele Heise, geb. 17.03.1944 in Pobethen, von ihrem Vater: Karl Heise, geb. 11.11.1912. Das Kind wurde im Januar 1948 in das Waisenhaus Königsberg-Schönfließ eingeliefert und soll im April 1948 mit einem Kindertransport nach Mitteldeutschland gekommen sein. Das gesuchte Kind hat als besonderes Merkmal ein helles Muttermal auf dem Rücken.

 

Moterau, Kreis Wehlau: Anni Harnack, geb. 08.06.1934, von ihrer Mutter: Frieda Harnack, geborene Lux, geb. 19.08.1906

 

Rhein, Kreis Lötzen, Frankfurter Straße 1: Ingrid-Karin Saulus, geb. 20.07.1944, von ihrem Großvater: Gustav Schweda. Ingrid-Karin Saulus ging am 27.01.1945 auf der Flucht in Ostpreußen auf der Straße zwischen Rastenburg und Rhein verloren. Die Mutter und Großmutter des Kindes wurden seinerzeit durch Beschuss verletzt. Das Kind blieb im Kinderwagen liegen auf der Straße allein zurück. Es soll angeblich von einer Frau aus Berlin mitgenommen worden sein.

 

Sangnitten, Kreis Preußisch-Eylau: Horst Neumann, geb. 23.07.1935, von seiner Mutter: Betty Neumann, geb. 17.07.1913. Der Knabe wurde am 03.02.1945 auf dem Bahnhof Sangnitten verwundet und von einem deutschen Wehrmachtfahrzeug zum Hauptverbandsplatz Lichtenfeld, Kreis Heiligenbeil, gebracht, von wo er dann in das Lazarett Heiligenbeil eingewiesen wurde.

 

 

Seite 13   Heimkehrer-Aussagen über Zivilgefangene.

Wir veröffentlichen nachfolgend Namen von in die UdSSR Verschleppten, die dort noch zurückgehalten werden, bzw. dort verstorben sind. Der Suchdienst Hamburg ist bemüht, die Anschriften der Angehörigen zu ermitteln, um sie benachrichtigen zu können. Sollten Sie die Namen und Anschriften von Angehörigen kennen, schreiben Sie an den Suchdienst Hamburg, Abteilung II (Zivilvermisste), Hamburg-Altona, Allee 131.

 

Gesucht werden:

Die Angehörigen des Franz Preuß, geb. etwa 1900. Beruf: Arbeiter

 

Die Angehörigen der Traute Pawlek oder Pawelak, geboren etwa 1922

 

Die Angehörigen des Johann Switzky oder Siwitki, geboren etwa 1905

 

Die Angehörigen der Anna Rohde, geboren etwa 1910

 

Aus Sichelberg: die Angehörigen des Wilhelm Mey, geb. etwa 1904. Beruf: Kaufmann. Eine Verwandte, Olga Dalder, soll sich in Deutschland befinden.

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Schlossers Horst Altheimer, geb. etwa 1904

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Studenten Albert Baar, geb. etwa 1924

 

Ostpreußen: die Angehörigen der Frau Erna Baier, geborene Südau, geb. etwa 1908

 

Königsberg: die Angehörigen des Wolfgang Bandusch, geb. etwa 1931

 

Grünheide bei Memel: die Angehörigen des Zollbeamten Johann Bandzua, geb. etwa 1903, ledig

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Erich Bartsch, geb. etwa 1922; besondere Kennzeichen: Streifschuss auf rechter Backe.

 

Königsberg: die Angehörigen der Witwe Frau Rosine Bartschikowsky, geb. etwa 1887

 

Königsberg: die Angehörigen der, Vorname vermutlich Elfriede Dannenberg, geb. etwa 1940.

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Bruno Dargel, geb. etwa 1911, verheiratet

 

Elbing, Admiral-Scheer-Straße: die Angehörigen der Frau Grete Heinmann. Frau Heinemann wurde zusammen mit ihrer Tochter verschleppt.

 

Kreis Elbing: die Angehörigen der Studentin Magda Lippitz, geb. etwa 1926

 

Elbing, Blumenstraße: die Angehörigen von Frau Reimann.

 

Elbing: die Angehörigen der Frieda Schwarz, Meisterin in der Meierei Schröter, Elbing, Georgendamm

 

Kreis Allenstein oder Heilsberg: die Angehörigen des Landwirtssohnes Bidkowski, geb. etwa 1929. Die Eltern hatten einen Hof von etwa 200 Morgen.

 

Königsberg: die Angehörigen der Hausfrau Elsa Buchwald, geb. etwa 1918. Frau Buchwald war verheiratet und hatte zwei Kinder.

 

Ostpreußen: die Angehörigen des Herrn Josef Gilmann

 

 

                                                                                      

Seite 13   Heimkehrer-Aussagen über Vermisste

Gesucht werden aus:

 

Goldap: die Angehörigen von Karl Schururowske oder Scurowske, geb. etwa 1907/1908, ledig, Drogist – A/6905

 

Großherzogswalde bei Deutsch-Eylau: die Angehörigen von Walter Lütke, Unteroffizier – A/3745

 

Gumbinnen: die Angehörigen von vermutlich Otto Polixa, Müllermeister, zuletzt beim Baubataillon XX/VI – B/3490

 

Königsberg: die Angehörigen von Erich Flint, geb. etwa 1891, verheiratet, Berufssoldat, Stabsfeldwebel bei der Marineartillerie, Abt. 530, Feldpostnummer 34839 – B/6309

 

Königsberg, die Angehörigen von, Vorname unbekannt, Gral oder Grahl, geboren etwa 1896/1898, verheiratet, Gefreiter bei der 10. Fest.-Pak – A/6069

 

Königsberg: die Angehörigen von Albert Lorenz, geboren etwa 1900, verheiratet, Werkmeister, Zugführer beim Befehlsstand der Volkssturmgruppe Nord, Feldpostnummer 36100 W – A/6622

 

Königsberg, Adlerweg 39/5 b: die Angehörigen von Kurt Langhans, zuletzt bei der Feldpostnummer 595060 – B/3318 –

 

Lötzen: die Angehörigen von, Vorname unbekannt, Siebert, Volkssturmmann beim Volkssturm Lötzen – B/1296

 

Reimannswalde, Kreis Treuburg: die Angehörigen von: Gerhard Neumann, geb. 16.05.1921. Vater: Hermann – A/5808

 

Riesigswalde bei Gerdauen: die Angehörigen von Kurt Scheffler, geb. 12.07.1923 in Kohlswerdau, Obergefreiter beim Panzer-Pionierbatl. 40, Feldpostnummer 02097 – B/2132

 

Der Gegend von Tilsit-Elchniederung: die Angehörigen von, Vorname unbekannt, Wibbat, geb. etwa 1927 in der Gegend von Tilsit, Gefreiter und Kradfahrer bei der Heeres-Panzer-Art. Brigade 88, Feldpostnummer 10413 A – B/3270

 

Braunsberg, Ostpreußen: die Angehörigen von, Vorname unbekannt, Poschmann, geb. etwa 1913, Leutnant bei der 4. Schwadron, Aufklärungsabteilung der 28. Jäger-Division, III/49103

 

 

 

Seite 14   An die Leser der Ostpreußen-Warte!

Seit fünf Jahren bemüht sich die Ostpreußen-Warte durch Veröffentlichung guter Beiträge kultureller, geschichtlicher und landschaftlicher Art das strahlende Bild unserer geliebten Heimat unseren Lesern zu vermitteln und damit den Heimatgedanken wachzuhalten. Das kulturelle und geistige Erbe unserer Heimat zu pflegen, zu sammeln und zu vertiefen, war stets das vornehme Ziel der Ostpreußen-Warte. Nicht zuletzt hat die überparteiliche Haltung der Ostpreußen-Warte viele Freunde gewonnen. Wir sagen sicherlich manchem Leser nichts Neues, wenn wir betonen, dass die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit der Ostpreußen-Warte von mancherlei Leuten nicht gern gesehen wurde und wird. Dieses strikte Festhalten an der Unabhängigkeit von allen Organisationen und Institutionen hat von dem Verlag große Opfer verlangt. Trotz aller Verdächtigungen können wir sagen, dass die Ostpreußen-Warte nicht einen einzigen Pfennig Subventionen erhalten hat — und dies von keinerlei Seite!

 

Wenn von interessierter Seite immer wieder und immer versucht wird — meistens in sehr hinterhältiger Weise — der Ostpreußen-Warte das Leben schwer zu machen, um sie mundtot zu machen, dann können wir unseren Lesern sagen, dass wir die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit unseres Heimatblattes mit allen Mitteln verteidigen werden. Wir werden auch in Zukunft sagen, was die Ostpreußen und unsere Leser wissen wollen und müssen.

 

An unsere Leser richten wir aber die herzliche Bitte, auch weiterhin für die Ostpreußen-Warte zu werben und ihr die Treue zu halten. Denken Sie daran, dass in diesem Monat der Briefträger zu Ihnen kommt, um das Bezugsgeld für das kommende Vierteljahr zu kassieren. Halten Sie den Betrag in Höhe von 1,29 DM bereit!

Ihre

Ostpreußen-Warte

 

 

Seite 14   Tilsiter kehrte nach 12 Jahren heim

Nach nahezu zwölfjähriger Trennung konnte jetzt die 79-jährige Flüchtlingsfrau Olga Bayer, ehemals Tilsit in Ostpreußen, Jetzt Mannheim-Schönau, ihren 34 Jahre alten Sohn Karl wieder in die Arme schließen. Das Schicksal dieses Mannes, dessen Gesicht hart von jahrelangen Entbehrungen, Kämpfen und fast unmenschlichen Strapazen gezeichnet ist, ist ebenso interessant wie abenteuerlich. Sein Weg führte ihn erst um den halben Erdball, ehe er von der Mutter in die Arme geschlossen werden konnte. Hier seine Geschichte:

 

Am Morgen des 12. April 1943 geriet der Obergefreite Karl Bayer, bei Schlüsselburg im Nordabschnitt der ehemaligen Ostfront in russische Gefangenschaft. „Ich wurde regelrecht vom Posten geklaut“, sagte er. Leningrad, Murmansk, Stalino, Ufa, das waren bis zum Jahre 1950 die einzelnen Stationen seiner Gefangenschaft. Er ist gelernter Autoschlosser, man hatte Verwendung für ihn.

 

Mitten in der Nacht des 14. Oktober 1950 wurde Karl plötzlich von seiner Pritsche gerissen. Zwei Stunden später saß er mit etwa 100 anderen deutschen Gefangenen in einem Güterzug. Es waren alles Spezialisten, Elektriker, Autoschlosser, Mechaniker und so weiter. Wochenlang durchfuhren sie das weite russische Land. Und dann waren sie in Wladiwostok, nahe dem Hexenkessel Korea. Sie wurden Werftarbeiter auf einer Kriegswerft. Sechs Monate lang schufteten sie Tag für Tag 18 Stunden.

 

Dann war es dem Ex-Obergefreiten Karl Bayer zu viel. Auf einem französischen Frachter fand er Unterschlupf. Ein Matrose versteckte ihn im Kesselhaus. Auf See meldete er sich dann beim Kapitän. Der übergab ihn den Amerikanern in Matsue in Japan.

 

Auf dem Transport nach Osaka türmte Bayer. Japanische Freunde verschafften ihm einen Platz auf einem holländischen Schiff. In Saigon fand er sich in einem Gefängnis wieder: Anklage wegen Desertation aus der französischen Fremdenlegion. Karl konnte beweisen, dass er kein Legionär war. Aber sein Schiff war weg. Mittellos lag er auf der Straße. Er ging zur Legion. Seine Ausbildung war kurz. Er kannte den „Spaß“ noch.

 

Dann vier Monate Dschungelkrieg und anschließend zwei Monate Hanoi und wieder Dschungelkrieg.

 

Schwer verwundet geriet er in die rote Gefangenschaft. Fast 18 Monate vegetierte er in den Gefangenenlagern der Vietminh. Am 13. Mai 1954 wurde er gefragt, ob er nach Deutschland in die DDR wollte. Karl wollte.

 

Am 22. Juni traf er mit vier ehemaligen Kameraden in Frankfurt an der Oder ein. Man sagte ihnen: Jetzt müsst ihr euch bewähren.

 

„Einen Tag später war ich in Cottbus bei meiner Schwester. Nun gut, ich wollte mich bewähren, denn ich hatte eine alte Mutter, die braucht meine Hilfe. Und so bin ich nach dem Westen gekommen“.

 

 

 

Seite 14   Bunter Bilderbogen.

Unsere nebenstehenden Bilder zeigen von oben nach unten: Rittergut Ranten, Kreis Lötzen; Dorfstraße von Gr. Engelau, Kreis Wehlau und das Pfarrhaus von Possessern, Kreis Angerburg.

 

 

Seite 14   Kriegshafen Elbing

Dienst an Deck eines Bootes der III. polnischen Schnellbootflottille in Elbing schob der Matrose Jan Kamzcy noch vor einem Monat. Heute heißt er wieder Hans Kamske, der 1934 im jetzt „Wromy“ genannten ostpreußischen Tiedmannsdorf geboren, seit 1945 in Elbing gelebt hat. In drei abenteuerlichen Fluchtwochen schlug er sich nach West-Berlin durch. Sein Deutsch ist noch mühsam, mit hartem Akzent, aber seine Schilderungen sind von packender Anschaulichkeit.

 

110 000 Menschen leben heute in Elbing. Ein Viertel davon sind Deutsche, die für Polen optiert haben. Sie arbeiten als „Spezialisten“ in den vier Werften der Stadt, Elbings einziger Industrie. Dort werden U- und Schnellboote hergestellt, für Polen und Russland.

 

Der Hafen ist reiner Kriegshafen. Fest stationiert sind in der Stadt die II. und III. Schnellboot- und die II. U-Boot-Flottille, außerdem eine der drei polnischen U-Boot-Schulen. Zwei Infanterieregimenter liegen zusätzlich seit 1950 in neugebauten Kasernen bei Elbing-Wzelin, dem früheren Wesseln.

 

Vom Hafen hat die Marine eine achtzehn Meter tiefe Fahrrinne durchs Haff zum Nehrungsdurchstich zwischen Kahlberg und Probbernau gebaggert. Die Nehrung ist jetzt Kanalzone und stark mit schwerer Artillerie und Flak befestigt. Die Artillerie veranstaltet zweimal wöchentlich Übungsschießen über Elbing hinweg nach dem völlig versumpften kleinen (Weichsel-) Werder. Die Haff-Fischerei ist aus militärischen Gründen verboten worden. Zwanzig Kilometer nördlich Elbings kreuzen sowjetische Küstenwachboote auf dem Haff: Denn dort führt die Grenze zwischen Passargemündung und Neukrug (Nehrung) mitten durchs Wasser.

 

Die Stadt hat sich sehr verändert. Alte Häuser stehen nicht mehr: Was den Krieg überdauerte, ist durch die beiden Brände im Winter 1946 und Juli 1947 verwüstet worden. Nur in der Außenstadt blieben noch ein paar Mietskasernen —, heute aber so verwahrlost, dass dauernd Einstürze drohen. Trotzdem werden sie noch bewohnt, weil jedes Elbinger Zimmer mit drei Personen belegt ist.

 

Im Frühjahr und Herbst überschwemmt der Drausensee die ganze Südstadt. Die Straßen stehen unter Wasser, und die Erdgeschosse müssen geräumt werden. Sogar der Leninplatz, der ehemalige Friedrich-Wilhelm-Platz, wird knöcheltief unter Wasser gesetzt, weil die Schleusen des Oberländischen Kanals noch immer zerstört sind und die Nogatdeiche nur stellenweise geflickt wurden.

 

Unmittelbar am südlichen Stadtrand beginnt ein weites Schilfmeer, das sich bis zu den Staller Höhen zieht. Das Gelände ist total versumpft, die Ortschaften geräumt und vom Schilf überwuchert, von den Polen „Gespensterdörfer“ genannt.

 

Die 1947/1948 von deutschen Zwangsarbeitern gebaute Danziger Straße muss dauernd ausgebessert werden. Obwohl sie vier Meter hoch aufgeschüttet ist, rutscht sie ständig ab, in den Sumpf. Sie ist neben der „internationalen Straße“ nach Königsberg die einzige Verbindung Elbings zur Außenwelt: Im Süden und Westen verschilfter Morast, im Norden wildwachsender, verfilzter Wald, der vom Frühjahr bis in den Herbst hinein an unzähligen Stellen brennt.

 

In der Stadt haben die Polen nur das Hafengebiet mit den Werften und die Innenstadt aufgebaut. Da, wo 1946 die Hauptpost bis auf die Grundmauern abbrannte, am Friedrich-Wilhelm-Platz, steht jetzt das Hauptzollamt. Schräg gegenüber, Ecke Leninplatz und Bierutstraße, befinden sich heute das Amt für Staatliche Sicherheit und die Stadtverwaltung. In der Stalin-Avenue — der früheren Bruckstraße — ist die KP-Zentrale für den Elbinger Bezirk gebaut worden. Die manchmal zehn Stockwerke hohen Betonklötze stehen erst kurze Zeit, aber schon senkt sich der Boden unter ihnen, und die Mauern reißen. Schuld daran sollen die Deutschen sein, die als Bauarbeiter von der Verwaltung herangezogen wurden: Sie hätten durch falsches Mischungsverhältnis den Beton verdorben. Aber tatsächlich liegt es am Fundament. Weil kein Stahl zu bekommen war, mussten grüne Hölzer aus den umliegenden Wäldern in den morastigen Boden gesenkt werden. Hinter den großen Parteihäusern stehen Holz- und Lehmbuden, die sich die Bevölkerung „frei“ bauen „durfte“. Die meisten haben Papp- oder Holzscheiben vor den Fenstern, denn Glas ist auch heute noch bewirtschaftet. Eine Straßendecke gibt es in diesen Vierteln nicht. Die lehmigen Wege sind von Riesenpfützen bedeckt, die nur im Juli und August austrocknen.

 

Das „moderne“ Zuchthaus in Stroboy, der erste Elbinger Neubau, hat Platz für mehr als 4000 Gefangene. Deutsche „Politische“ haben es 1946/1948 errichtet. Als Bewachung wurden fünf Kompanien Staatssicherheitstruppen nach Elbing verlegt, „Struzza“ genannt.

 

Auf dem Butterberg steht der vierzig Meter hohe Marinesender, das neue „Wahrzeichen“ Elbings. In den Straßen der Stadt fallen die vielen Uniformen auf. Man sagt, Elbing sei die drittgrößte Garnison Polens. Zwischen Marine und Infanterie herrscht erbitterte Fehde.

 

Bis 1951 sah man selten einen anständigen Zivilanzug in Elbing. Das hat sich inzwischen geändert. Im Herbst 1951 wurde die Stadt zum „Versorgungsnotstandsgebiet“ erklärt. Seitdem kommen selbst Danziger, um sich hier Kleidung zu kaufen.

 

Aber das Leben in der Stadt ist freudlos. Alles ist dreckig. Selbst die Luft: Sie stinkt nach fauligem Sumpfwasser. Und die Deutschen in Elbing? Ihr Leben ist schwer. Deutsch sprechen wird vom Stadtschnellgericht am Leninplatz mit sechs Monaten Stroboy bestraft. Sie hoffen nicht mehr, sie glauben nicht mehr den Worten, die sie unter großer Gefahr von westdeutschen Sendern hören. Weil sie nie Taten sahen in einem langen Jahrzehnt.

 

 

Seite 14   Flensburger Ostpreußenfamilie.

Im Monat September 1954 können die nachstehend aufgeführten alten Mitglieder der Ostpreußenfamilie in Flensburg ihren Geburtstag feiern.

 

Am  01.09.1954: Herr Ernst Link, Teichstr. 15, früher: Königsberg (Pr.), Stiftstr. 15, 71 Jahre.

 

Am 01.09.1954: Frau Anna Reimann, Niedermai, 5, früher: Leyden, Kr. Samland, 72 Jahre.

 

Am 02.09.1954: Frau Rosa Brockmann, Birkenweg 14, früher: Braunsberg, Danziger Str. 6, 79 Jahre.

 

Am 02.09.1954: Herr Dr. med. Walter Schultz, Sandberg 39, früher: Allenstein, Adolf-Hitler-Platz 2/3, 77 Jahre.

 

Am 03.09.1954: Frau Rosa Schulz, Lager Stadion, früher: Braunsberg, Schuhmacherstr. 3, 76 Jahre.

 

Am 04.09.1954: Herr Bernhard Just, Waitzstr. 18, früher: Pillau, Plantage, 71 Jahre.

 

Am 04.09.1954: Frau Käthe Krumm, Hafendamm 55, frühre: Königsberg (Pr.), Brahmsstraße 40, 71 Jahre.

 

Am 06.09.1954: Frau Berta Wispereit, Osterallee 40, früher: Königsberg-Metgethen, Graudenzer Weg 3, 78 Jahre.

 

Am 09.09.1954: Herr Emil Lux, Glücksburg, früher: Pillau, Schlageterstr., 71 Jahre.

 

Am 10.09.1954: Herr Robert Lippke, Norderstr. 91/93, früher: Memel, Werftstraße 18, 71 Jahre.

 

Am 13.09.1954: Frau Anna Knorr, Südermarkt 15, früher: Königsberg (Preußen), Ziegelstr. 23, 76 Jahre.

 

Am 14.09.1954: Herr Hermann Pettelkau, Norderstr. 111, 77 Jahre.

 

Am 17.09.1954: Frau Marie Schwarzkopf, Hafendamm 45, früher: Königsberg, Preußen, Schönfließer Alle 73. 71 Jahre.

 

Am 19.09.1954. Frau Therese Heppner, Friedheim 30. Früher: Heistern, Kreis Mehlsack, 73 Jahre.

 

Am 20.09.1954: Herr Gustav Radtke, Adelbyer Kirchenweg 13, früher: Königsberg, Hippelstraße 4. 74 Jahre.

 

Am 28.09.1954: Frau Olga Perrey, Fruerlundlücke 9. früh. Königsberg, Preußen, Batockistraße 10. 73 Jahre.

 

Am 29.09.1954. Herr Hugo Struwe, Bergstr. 7, 79 Jahre.

 

 

Seite 15   Suchanzeigen

Gesucht wird die Baufirma Karl Schöne aus Königsberg, Gerhart-Hauptmann-Str. (Maraunenhof) und die Arbeitskameraden, die beim Bau am Nordbahnhof von 1926 -1929 beschäftigt waren. Zwecks Arbeitsnachweis in einer Rentenangelegenheit brauche ich Auskunft darüber. Unkosten werden erstattet. Nachricht erb. Karl Dziggel, Haimar 41 über Lehrte/Hann. (früher: Königsberg, Claaßstraße 15).

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Bruder Unteroffizier Hermann Schiskowski, geb. 26.02.1920, 5. Füs.-Rgt. 22, 1. Ostpr. lnf.-Div., Feldp.Nr. 64 228 c, letzte Nachricht vom 30.01.1945 aus der Gegend von Insterburg. Nachricht erb. an Diakonisse Anna Schiskowski. Solingen, Kronenberger Straße 34.

 

Gesucht wird: Fräulein Elisabeth Weiß, geb. im Oktober 1897 in Schiewenau, Kreis Wehlau (Ostpreußen) bei Tapiau, zuletzt Angestellte der Heil- und Pflegeanstalt in Tapiau, Kreis Wehlau (Ostpreußen). Ferner wird gesucht: Fräulein Therese Tarrach, geb. im September 1890 in Schiewenau bei Tapiau, Kreis Wehlau (Ostpreußen), zuletzt beschäftigt als Wirtschafterin bei Herrn Eichberger in Königsberg (Ostpreußen), (Ponart), Buddestraße 36? Zweckdienliche Angaben erbittet Frau Hildegard Bartsch, (24b) Wittdün/Amrum, Kinderheim „Detmold“.

 

Einwohner aus Argenmünde! Wo befinden sich Einwohner der Gemeinde Argenmünde bei Groß Friedrichsdorf, Kreis Elchniederung? Auch die Angehörigen der Familie Landwirt Otto Lankowski, aus Argenmünde werden gesucht. Landsleute meldet Euch bei Heinrich Schmolke und Frau geb. Lankowski, jetzt Fridingen/Donau, Kreis Tuttlingen.

 

Lina Schmidt, ca. 70 Jahre alt, Witwe des städt. Bürodirektors Georg Schmidt, Königsberg/Pr., zuletzt wohnhaft in Cranz/Ostpreußen. Auskunft erbittet Frau Olga Mielke (20a) Hannover-Vinnhorst, Friedrich-Ebert-Straße 1.

 

Wer kann Auskunft geben Aber das Schicksal oder Verbleib meines Mannes, Hermann Wölk, Königsberg, Friedmannstraße 19. War lange Jahre bei der Königsberger Fuhrgesellschaft tätig. Januar 1945 bei der Luftschutzpolizei (Messehauptrestaurant). Später im Gefangenenlager. Tilsit-Neuhof gesehen worden. Kameraden, die über sein Schicksal berichten können, meldet Euch bei Frau Marie Wölk, Sangerhausen, Bergstr. 27.

 

Anna Lindenau, geb. Böttcher, geboren 27.08.1890 in Braunsberg, Wohnort bis Kriegsende war Königsberg/Preußen, Jorkstraße 66. Gesucht von dem Sohn Willi Lindenau, Königsberg/Preußen, z. Zt. Hellendorf Nr. 42, Post Schwarmstedt.

 

Feldpostnr.: 30 840. Eichdivision. Herbert Hartmann, Stabsobergefreiten, 1945 Januar Raum v. Krakau. Heimatanschrift: Königsberg (Preußen), Rhesastraße 3, gesucht von E. Krüger, Frankfurt/M., Finkenhofstraße 19.

 

Albert Heinrich, geb. 17.03.1895 in Königsberg/Preußen. Vater haben wir im Januar 1945 noch in Königsberg gesehen, er war beim Volkssturm. Seine Wohnung war in Königsberg, Vorder Lomse 28. Wer kann über den Verbleib des Gesuchten, Auskunft geben? Nachricht erb. an Herbert Bühner, Hamm/Westf., Wilhelmstraße 90 (früher: Königsberg, Iglauer Weg 52).

 

 

Seite 16   Die bäuerlichen Verhältnisse nach der Bauernbefreiung im natangisch-bartischen Gebietsteil. Von H. O. Gottschalk – Gr. Kärmen

Den Artikel über das ostpreußische Bauernleben im 19. Jahrhundert / P. Kluke in Nr. 7 der Ostpreußenwarte / Juli 1954 - habe ich mit großem Interesse gelesen. Das zitierte Dorf „Gr. Kärthen“ ist die Geburts- und Wirkungsstätte meiner Ahnen, — bis die Tragödie von 1945, mich und meine Familie daraus vertrieben hat.

 

Die Schilderung von Herrn Paul Kluke, weckt bei mir Erinnerungen, an die ich noch gerne zurück denke —; so saßen wir Beide im Winter anno 1932 — bei angeregter Unterhaltung, einmal bis in die Nachtstunden, über der Gr. Kärther Schulchronik. Herr Kluke hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Aufzeichnungen weiter zu führen. Leider steht uns von dem mühsam zusammen getragenen Berichten aus vergangenen Zeiten nicht mehr viel zur Verfügung; es sei denn, was wir aus der Erinnerung wiederzugeben vermögen —, oder zufällig vor der Vernichtung bewahrt geblieben ist.

 

Ich selbst kann mich aus der Gr. Kärther Schulchronik auch nur noch auf Einzelheiten besinnen. Besonderen Eindruck machte auf mich eine kurze Notiz: „im Jahre 1520 wurde das Dorf von polnischen Reitern, sehr böse verwüstet und gebrandschatzt. Was noch übrig blieb, waren 5 Bauern und 2 Kühe. — Wir ahnten damals nicht, dass eine noch viel größere Tragödie in naher Zukunft lag.

 

Über die von Herrn Kl. aufgeführten Preisverhältnisse, kann ich mir kein positives Urteil erlauben. Doch bin ich geneigt, die Vermutung auszusprechen, dass zufolge des nach 1870/1871 eingeführten neuen Münz- und Zahlungssystems — die genannten Preise, leicht einer Verwechselung unterliegen dürften —, ich möchte nur erinnern, dass die Bevölkerung sich noch gerne, um die Jahrhundertwende, in Talern auszudrücken, beliebte. Wiederholt hat mir mein Vater von den Getreidefuhren nach Königsberg im Herbst 1867 — welche er erstmalig persönlich erlebte — erzählt, und auch die letzte war. Denn 1868 wurde die Südbahn in Betrieb genommen. Getreideaufkäufer etablierten sich in dem eine Meile entfernten Bartenstein (bis Königsberg waren es 7 Meilen) und verluden das Korn mit der Bahn; zahlten allerdings erheblich weniger, was einige Bauern veranlasste, den weiten Weg per Achse nach Königsberg nicht zu scheuen. Nach den Berichten meines Vaters, kostete ein Scheffel Roggen (80 Pfd.) im Jahre 1867 „2 Thaler“. Dieser Preis war nicht etwa ein Ausnahmepreis, sondern beinahe ein Standardpreis. Die billigsten Roggenpreise — eigentlich Getreidepreise überhaupt, im 19 Jahrhundert brachte die sogen. Caprivizeit — 1890 bis 1894 — nach Aufhebung der Getreidezölle; die dann auch eine Krise in der Landwirtschaft hervorriefen. Wenn ich mich recht erinnere, kostete der Scheffel Roggen 3,50 bis 4,-- Mark; der Scheffel Hafer = 50 Pfund. 2,50 Mark.

 

Zufällig bin ich im Besitze einiger Unterlagen aus einer Erbauseinandersetzung meiner Vorfahren, aus dem Jahre 1818. Es handelt sich hier um das in dem königl. Dorf Gr. Kärthen gelegene, 141 pr. Morgen große Bauerngut, welches bis zum 5. November 1812, ein Immediat-Scharwerksbauernerbe war, dessen Eigentum dem Staat zustand. Am 5. November 1812 wurde für den Bauern Martin Neumann die Eigentums- bzw. Schenkungsurkunde ausgestellt — und am 20.07.1813 verliehen. Am 20. Juli 1815 wurde ihm die Bestätigung vom Finanzministerium aus Berlin, betreffs Befreiungsgelder erteilt. Ein Erwerbspreis bestand bis dahin nicht; es kam daher zu Meinungsverschiedenheiten bei den Miterben. Am 5. April 1818 starb die Ehefrau des Martin Neumann, die Hufenwirtsfrau Katharina Elisabeth eine geborene Langanke, zuerst verehelichte Glaubitz. Die Ehe war kinderlos geblieben. Die Miterben drängten auf eine ordentliche Erbauseinandersetzung — vor der Wiederverheiratung des Martin Neumann, die er mit der verwitweten Frau Luise Gottschalk, geb. Prill (meine Urgroßmutter) verabredet hatte. Die anspruchsberechtigten Erben waren aus erster Ehe der Verstorbenen mit dem Hufenwirt Glaubitz, gezeugten Kinder, die nun eine rücksichtslose Erbauseinandersetzung anstrebten. Es wurde deshalb am 20. Mai 1818 von dem Landgeschworenen Knauer eine amtliche Taxe vorgenommen.

 

Mit der vorgeschlagenen Taxe von 1200 Thaler für die Immobilien (also für Grund und Boden 141 pr. Morgen inkl. Gebäude) waren die Erben nicht zufrieden; schließlich einigten sie sich dahin, dass Martin Neumann das Bauergut für 1200 Thaler übernehmen durfte, nachdem das dazugehörige Insthaus abgetrennt und für 216 Thaler an den Miterben Pahlke abgetreten wurde.

 

Sämtliche Mobilien, also lebendes und totes Inventar wurde gesondert taxiert und jedes einzelne Stück in eine Liste eingetragen; es erscheinen im Ganzen 380 Titel. Es würde zu weit führen, sämtliche Effekten im Rahmen dieses geschichtlich gewordenen Berichtes aufzuführen. Erwähnenswert ist jedoch, dass auch schon zu damaliger Zeit ein gewisser Wohlstand in alten bäuerlichen Häusern vorhanden war. Es wird neben einer Reihe zinnener Krüge und Teller, messingene und kupferne Kessel und Gefäße aufgeführt — die den Stolz der Bäuerin bildeten. Sogar eine Stubenstanduhr gab es, die der Hoferbe bei der später erfolgten öffentlichen Versteigerung für den respektablen Preis von „9“ in Worten: „Neun Thaler“ erwarb. Die bis zum Ausgang des 19. Jahrh. treu und redlich ihren Dienst tat, Zeit und Stunde seinem Besitzer kündend. (Diese alte Standuhr mit ihren messingenen Gewichten ist dem Verf. noch in guter Erinnerung.)

 

Der, vom Chronist, Lehrer Dahsel, zitierte Besitzer von dreiviertel Hufen, bildete, allgemein gesehen, nur eine Ausnahme, die in besonderen Umständen begründet war, die mir, dem Verfasser genauestens bekannt sind. Ergänzend sei noch hinzugefügt, dass von dem beabsichtigten Uhrenkauf im Jahre 1862 nichts wurde; die beiden Stadtfahrer, kamen, nach dem sie sich einige Glas Grog einverleibt hatten, wieder ohne Uhr nach Hause. Erst im Jahre 1865 brachte ein hausierender Jude eine Wanduhr — aber nur mit eisernen Gewichten — die besagter 3/4 Hüfner, für den Preis von 3 Thaler und 4 Silbergroschen erwarb.

 

Interessieren dürfte, die am 20.05.1818 vom Landgeschworenen „Knauer“ vorgenommene Taxierung des lebenden und toten Wirtschaftsinventars:

 

Nr. 101: 1 brauner Wallach, 14 Jahre, 15 Thaler

Nr. 102: 1 brauner Wallach,  8 Jahre, 26 Thaler

Nr. 103: 1 braune Kobbel (Stute), 8 Jahre, 24 Thaler

Nr. 104: 1 braune Kobbel, 8 Jahre, 22 Thaler

Nr. 105: 1 gelbe Kobbel, 4 Jahre, 18 Thaler

Nr. 106: 1 schwarze Kobbel, 7 Jahre, 20 Thaler

Nr. 107: 1 roter Ochs, 8 Jahre, 20 Thaler

Nr. 108: 1 brauner Ochs, 8 Jahre, 20 Thaler

Nr. 109: 1 gelbe Kuh, 10 Jahre, 12 Thaler

Nr. 110: 1 schwarze Kuh, 6 Jahre, 10 Thaler

Nr. 111: 1 rote Stärke, 4 Jahre, 7 Thaler

Nr. 112: 1 schwarze Stärke, 2 Jahre, 6 Thaler

Nr. 113: 1 rote Stärke, 2 Jahre, 6 Thaler

Nr. 114: 2 kleine rote Ochsen, 3 Jahre alt, 20 Thaler

Nr. 115: 2 einjährige Kälber, 8 Thaler

Nr. 116: 3 Schweine, 10 Thaler

Nr. 117: 3 kleine Schweine, 5 Thaler

Nr. 118: 3 Schafe, 5 Thaler

Nr. 119: 5 Lämmer, 2 Thaler, 45 Groschen

Nr. 120: 6 Gänse, 3 Thaler

Nr. 121: 10 Hühner, 80 Groschen.

 

Auffällt die große Anzahl des Gespannviehes – 6 Pferde, die noch nicht einmal zum Pflügen verwendet wurden, sondern nur zum Eggen und fahren, was in den weiten Marktfuhren — 7 Meilen = 53 km bis Königsberg begründet war; und schließlich war es auch noch eine übernommene Vielzahl des Angespanns zur Ableistung der Gespanntage (Scharwerkstage) in Lisken (Domänenamt) von der man sich schwer trennen konnte. Zum Pflügen dienten zwei Ochsengespanne. Wohlgemerkt auf 140 pr. Morgen. Es war nun nicht so, dass die aufgeführten Effekten für den Taxpreis übernommen werden konnten — nein, die Miterben machten es dem Hoferben ziemlich sauer, es wurde eine öffentliche Auktion ausgerufen —, und zwar durch zweimalige Abkanzelung in vier Kirchen. „Bartenstein, Schippenbeil, Pr. Eylau und Borken. So musste der Hoferbe zusehen, dass ein erheblicher Teil des Inventars in fremden Besitz geriet. Umseitig ein Ausschnitt der damaligen gebräuchlichen Acker- und Wirtschaftsgerate:

 

Nr. 122: 1 gr. Beschlagwagen (Eisenber.), 18 Thaler

Nr. 124: 1 Puffwagen (unbeschlagen), 6 Thaler

Nr. 124: 1 kl. Beschlagwagen, 12 Thaler

Nr. 125: 3 Egden, 3 Thaler

Nr. 126: 2 Holzschlitten,12 Thaler

Ne. 127: 1 Schlittenheele, 1 Thaler, 30 Groschen

Nr. 128: 5 Flachbrechen, 3 Thaler, 30 Groschen

Nr. 129: 3 paar Sielen nebst Bracken, 2 Thaler, 45 Groschen

Nr. 130: 1 Reitsattel, 60 Groschen

Nr. 131: 2 paar Holzketten, 1 Thaler

Nr. 132: 1 Häcksellade mit Zubehör. 1 Thaler, 30 Groschen

Nr. 133: 2 Schöpfforken, 20 Groschen

Nr. 134: 3 Dreschflegel, 18 Groschen

Nr. 135: 2 paar Austleitern, 60 Groschen

Nr. 136: 1 kleiner Holzschlitten, 50 Groschen

Nr. 137: 3 Mistforken, 54 Groschen

Nr. 138: 2 Spaten, 30 Groschen

Nr. 139:  2 Stalleimer, 8 Groschen

Nr. 140: 3 Holzaxten. 2 Thaler

Nr. 141: 1 Zoche

Nr. 142: 2 paar Zocheisen, 60 Groschen

Nr. 143: 1 Misthaken, 6 Groschen

Nr. 144: 1 Pede mit eisernen Haken, 15 Groschen

Nr. 145: 1 Holzsäge, 60 Groschen

Nr. 146: 1 Schleifstein mit Trog, 60 Groschen

Nr. 147: Alteisen, 24 Groschen

Nr. 148: div. Getreidesäcke, 2 Thaler

Nr. 149: 3 Sensen, 2 Thaler

Nr. 150: 2 Flachsröffel, 60 Groschen

 

Dann werden noch 14 große und 100 kleinere Obstbäume in dem, an den Wirtschaftshof stoßenden Obstgarten genannt.

 

Außerdem zeigt uns der vorstehende Auszug, dass schon zu damaliger Zeit, im Anfang des 19. Jahrhunderts, eisenbereifte Wagen gang und gäbe waren, die unbedingt zu den weiten Königsberg-Fahrten, benötigt wurden. Die Puffwagen (unbeschlagene) konnte man nur für den Acker verwenden.

 

Interessieren dürften noch die zu damaliger Zeit (1818) auf dem Hofe ruhenden Lasten, die jährlich zu leisten waren: 1. Zins 21 Thaler, 30 Gr., 1 1/3 Silbergr.; 2. Scharwerksbefreiungsgelder 9 Thaler; 3. Befreiungsgeld für Fischereidienst, Holz- und Getreidefuhren 2 Thaler, 42 Gr., 2 Silbergr.; 4. Befreiungsgeld für Forstdienst, mit Einschluss der Kaufgelder 1 Thaler. 80 Gr., 4 ½ Silbergr.; 5. Befreiungsgeld vom Naturalzins (Roggen) 1 Thaler, 74 Gr., 9 Silbergr.; 6. Befreiungsgeld vom Burgdienste 75 Gr. Zusammen: 34 Thaler. 301 Gr., 16 5/6 Silbergroschen. An Kaiende: a) an den Pfarrer von St. Johann: 2 Scheffel Roggen, 2 Metz Erbsen, 3 Pfd. Flachs, eine Gans, 15 Eier, Hafergeld = 1 Thaler, 16 Gr., 5 Silbergr., Heugeld: 6 - 8 Silbergroschen; b) an den Kanter: 2 Metz Korn, 1 Metz Erbsen, 1 Schweinfuß, 5 Eier, 1 1/3 Pfd. Flachs; c) an den Schullehrer im Ort: ½  Scheffel Korn, ¼ Scheffel Gerste, 1 Ztr. Heu und 4 Bund Stroh.

 

 

Seite 16   Prof. Th. J. Bürgers gestorben

 In Köln verstarb am 27. August 1954, an seinem 73. Geburtstag nach längerem Leiden Prof. Dr. med. Th. Bürgers emerit. Prof. für Hygiene und Bakteriologie der Universität Königsberg und Göttingen. Prof. Bürgers kam 1945 auf der Flucht von Ostpreußen nach Göttingen an die Georgia Augusta und war hier einer der Mitbegründer und tätigsten Mitglieder des Göttinger Arbeitskreises unter dem verstorbenen Kurator Hoffmann der Königsberger Albertus Universität. Zwanzig Jahre von 1926 - 1945 wirkte Prof. Bürgers in Königsberg. Diese Jahre gehören zu seinem fruchtbarsten, wissenschaftlichen und praktischen Schaffen auf den verschiedensten Gebieten der allgemeinen und sozialen Hygiene, der Epedemiologie und Bakteriologie.

 

 

Seite 16   Zivilgefangene aus Ostpreußen

Gesucht werden:

die Angehörigen des Franz Preuß, geb. etwa 1900, Beruf: Arbeiter.

 

die Angehörigen der Traute Pawlak oder Pawelak, geb. etwa 1922,

 

die Angehörigen des Johann Switzky oder Siwitki, geb. etwa 1905,

 

die Angehörigen der Anna Rohde, geb. etwa 1910

 

aus Sichelberg: die Angehörigen des Wilhelm Mey, geb. etwa 1904, Beruf: Kaufmann. Eine Verwandte, Olga Dalder, soll sich in Deutschland befinden.

 

 

Seite 16   „Und die Nächte klagen: sie sind hin“

In einem Bändchen mit dem Titel: „Deutsche Kriegsgedichte“, herausgegeben von Velhagen & Klasing, 1920, die im ersten Weltkrieg veröffentlicht wurden, entdeckte ich zwei Gedichte. Sie sind es wert, allen Heimatvertriebenen wieder ins Gedächtnis zurückgerufen zu werden.

 

Beide Gedichte scheinen schon damals, 1915, beinahe das Schicksal unseres Heimatlandes vorausgesehen zu haben. Wie zart und innig ist das erste Gedicht empfunden und der Schluss des Gedichtes tröstet nicht, das ganze Leid des Heimatlosen klingt auf. „Und die Nächte klagen: sie sind hin“.

 

Von noch tieferer Tragik erscheint das zweite Gedicht. Düstere Verlassenheit und schwermütige Todesruhe liegt in den Zeilen des Gedichts. Auch hier eine seherische Ahnung des zukünftigen Schicksals:

 

Ostpreußen

(Berliner Tageblatt 22. Februar 1915)

 

Denk' es, Seele: unter diesem ruhig

Ausgeschwungnen, horchgestirnten Himmel

Gibt es Städte, deiner Liebe näher,

Als Geliebte, teurer dem Erinnern,

Als die vielgerühmten, hochgepries'nen

Kathedralen, deren Glanz und Schönheit

in jahrhundertaltem Ruhm ergraut.

 

Gibt es Heimatstadt und Heimatfluren,

Kaum gekannte, nur von deiner Liebe

Durch die heimatlose Welt gepries'ne

Nie vergessne, ohne Schmuck und arme,

Nur von deiner Sehnsucht überreiche,

Hochgeschmückte, mütterliche Stätten:

Ach, sie glänzen Jugend durch die Nacht.

 

Ihre Wolken müssen reiner schimmern,

Ihre Wälder dürfen voller atmen,

Ihre Steine können nicht verstummen,

Und ihr Fluss treibt heim zu dir, beruhigt.

Schöner tönt um ihre altgebückten

Mauern, lieblicher die Leier, seliger

Strahlen Schwan und Krone ihrer Flur.

 

Und sie kauern sich wie Opfertiere,

Denk' es, Seele, unter diesem ruhig

Ausgeschwungnen, hochgestirnten Himmel,'

Diese mütterlichen, heiligen Stätten,

In die Höhlen ihrer Finsternisse,

Stumm gefesselt, ungetröstet, ganz verlassen,

Wissend: ihre Stunde ist nun da.

 

Horch: es ächzen Wiesen schon und Äcker

Unter Mördertritten, deine Jugend,

Seele, stürzt mit deinen heimatlichen,

Blütenvollen, oft umsungnen Bäumen,

Deine Wolken fangen an zu brennen,

Deine Steine bluten, und die Winde

Treiben dir den Staub der Heimat zu.

 

Morgen wird der hochgestirnte Himmel

Wieder Bild um Bild in alter Schöne

Aus dem Jugendbad des Dunkels heben,

Tiefer wird der Schwan sich beugen, suchend

Nach der Leier, die nur dir geklungen,

Nach der Krone, die nur du besessen,

Und die Nächte klagen: sie sind hin.

Hans Kyser.

 

 

Ein Mädchen in Masuren singt

Die Glocken läuten wieder so tief —

Ich weiß es wohl: Das Käuzchen rief

Klagend die ganze Nacht...

Es schleicht der Tod von Haus zu Haus,

Löscht alle bangen Lichter aus,

Hat alle Türen zugemacht.

 

Die Glocken dröhnen dumpf und schwer —

Die Mutter hört es nun nicht mehr.

Stumm starren die Gassen ...

Wie grau und elend alles ist:

Erbarm dich unser, Jesus Christ —

Nun bin ich ganz verlassen!

Otto Albert Schneider.

 

 

Seite 16   Johann Georg Hamann (1730 – 1788):

„Sein Vaterland muss niemals

Vergessen. Keine schönere Krankheit

In meinen Augen als das Heimweh“.

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