Ostpreußen-Warte, Folge 10 vom Oktober 1953

Ostpreußen-Warte

Folge 10 vom Oktober 1953

 

Seite 1   Heimkehr nach Deutschland.

Viele ost- und westpreußische Männer und Frauen unter den heimgekehrten Kriegsgefangenen

Foto: Endlich wieder vereint.

Foto: Unsere aus Sowjetrussland heimgekehrten Kriegsgefangenen im Grenzdurchgangslager Friedland.

Foto: Zuerst: Ein Telegramm an die Angehörigen.

Foto: Im Alter von 15 Jahren geriet Irmgard Bandusch im Kreis Bartenstein in Gefangenschaft. 10 Jahre Zwangsarbeit erhielt sie, weil sie aus Hunger Kartoffeln aus einer Kolchose nahm.

Fotos: Bild oben: An der Zonengrenze: Das Tor zur Freiheit öffnet sich. — Mitte: Mit einem Jubel ohnegleichen begrüßte die Bevölkerung unsere Spätheimkehrer. — Unten: Feierlich und mahnend erklingt die Glocke des Lagen Friedland, wenn ein neuer Transport eintrifft, Aufn-: Paul

Göttingen. Das Grenzdurchgangslager Friedland stand in den letzten Tagen im Blickpunkt der gesamten Weltöffentlichkeit. Erstmals, nach langer Zeit, trafen dort wieder Heimkehrertransporte aus der Sowjetunion ein. Bisher insgesamt drei Transporte mit insgesamt 1218 Personen. Darunter 18 Frauen und acht Kinder im Alter von ein bis neun Jahren. Weitere Transporte sind angekündigt. Damit scheint sich eine Entwicklung anzubahnen, die fast verloren Geglaubte, Aufgegebene wieder der Heimat, den Familienangehörigen zurückgibt.

 

Tränen der Freude standen den Hunderten von Heimkehrern die den ersten Transport bildeten, in den Augen, als sich der Schlagbaum an der Zonenübergangsstelle Herleshausen hob und von einer freudig erregten Menschenmenge begrüßt wurde. Omnibusse standen zu ihrem Transport in das Durchgangslager Friedland bereit. In den Dörfern, die die Autobusse mit den Heimkehrern passierten, bildete die Einwohnerschaft Spalier. Indes hatten sich im Lager Friedland bereits Verwandte von Kriegsgefangenen aus allen Teilen der Bundesrepublik eingefunden teils, um ihre Heimkehrer zu empfangen, teils aber auch nur in der Hoffnung, unter den Heimkehrern Angehörige zu finden bzw. etwas über deren Verbleib zu erfahren.

 

Unter dem Geläut der Friedensglocken im Lager Friedland überbrachte der niedersächsische Ministerpräsident Kopf den Heimkehrern die Grüße des Bundespräsidenten. „Es ist für mich ein unfassbares Glück", so führte Kopf aus, „Sie an dieser Stelle willkommen zu heißen!" Mit besten Wünschen für die Zukunft Glück und Gesundheit auf freier, heimatlicher Erde schloss der Ministerpräsident seine Ansprache. Anschließend überbrachte der Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Ministerialdirektor Dr. Nahm, die besten Grüße und Wünsche des Bundeskanzlers. Die Vertreter der Kirchen, des DRK und Wohlfahrtsorganisationen schlossen sich mit herzlichen Grüßen und Wünschen an. Im Namen der Heimkehrer dankte der ehemalige Oberstleutnant Ullrich für die herzliche Begrüßung und schlug vor, dem Bundeskanzler ein Telegramm zu übersenden in dem vor allem zum Ausdruck gebracht wurde, dass die von der Heimat gesandten Pakete in erster Linie dazu beigetragen hätten, das Leben der Heimkehrenden zu erhalten.

 

Mit gleicher Freude und gleicher Begeisterung sind inzwischen die beiden anderen der angekündigten Heimkehrertransporte in Empfang genommen worden. Zur Begrüßung des dritten Transportes hatte sich auch Bundesflüchtlingsminister Lukaschek eingefunden. „Helft am Wiederaufbau mit", rief er den Heimkehrern zu. „Auf diese Weise könnt Ihr am besten dazu beitragen, Euren Kameraden, die noch in russischer Gefangenschaft ausharren müssen das Los zu erleichtern und ihnen die Heimkehr ermöglichen!" Auch Vertreter des Bundes der Vertriebenen Deutschen übermittelten Grüße und beste Wünsche, die besonders an die Heimatvertriebenen unter den Heimkehrenden gerichtet waren.

 

Zahlreiche Heimatvertriebene unter den Heimkehrern

Unter den Heimkehrern, die vielfach acht, bis 10 Jahre in sowjetischen Straflagern wegen angeblicher „Spionage, Sabotage oder Schädigung des russischen Volkes" zuzubringen hatten, befinden sich viele, die in den ostdeutschen Gebieten jenseits von Oder und Neiße, beheimatet waren. Die Zahl, der Ostpreußen unter ihnen, ist besonders groß. Das gilt vor allem für die 18 Heimkehrerinnen. Mit Ausnahme einiger Schlesierinnen und Westpreußinnen stammen fast alle von ihnen aus Ostpreußen.

 

Wie war es doch vor neun Jahren? In den Herbsttagen des Jahres 1944? Schon damals zogen die Flüchtlingstrecks durch die in herbstlicher Glut leuchtenden Wälder und Felder dieser gesegneten Landschaft. Ja, bereits in den Augusttagen des gleichen Jahres war es zu ersten Räumungen der Grenzgebiete gekommen. Das volle Ausmaß des Unheils ergoss sich aber über dieses Land und seine Bevölkerung, als im Januar 1945 die Rote Armee zur Offensive ansetzte und durch das Vordringen der Sowjetrussen im Weichseltal Ostpreußen vom übrigen Reichsgebiet abgeschnitten wurde. Damals auch ereilte das Schicksal diese ostpreußischen Frauen, die heute nach acht Jahren, aus sowjetischen Straflagern in die Bundesrepublik zurückgekehrt sind. Jede von ihnen trägt eine Last harten Erlebens mit sich, unter der wohl mancher andere zusammengebrochen wäre. Wohl schenkte ihnen die gütige ostpreußische Heimaterde jene innere Gelassenheit und selbstverständliche Tapferkeit des Herzens die über vielerlei Gefährdung hinwegzukommen weiß. Doch manchmal reichte in den letzten acht Jahren diese innere Kraft nicht aus, um den Erfordernissen zu genügen, die an sie gestellt wurden. Das verraten die stillen, leidgezeichneten Gesichter dieser Frauen, die sich in der Frauenbaracke des Lagers Friedland zusammengefunden haben. Sieben von ihnen haben Mutterpflichten zu erfüllen. Acht blonde, verhältnismäßig gut genährte Kinder im Alter von ein bis zehn Jahren gehören zu ihnen. Die Väter dieser Kinder sind durchweg deutsche Kriegsgefangene. Da es in den sowjetischen Lagern keine Möglichkeit der offiziellen Eheschließung gab, führten sie dort ein Familienleben, das erst in der Bundesrepublik seine gesetzliche Bestätigung finden soll.

 

Einige gibt es unter diesen Frauen, die mit der Heimat auch sämtliche Angehörige verloren haben. Zu ihnen gehört die 32 Jahre alte Königsbergerin Mathilde L. Nachdem alle Versuche, aus der Heimatstadt zu fliehen und sich auf diese Weise vor dem Zugriff sowjetischer Soldaten in Sicherheit zu bringen, gescheitert waren, wurde sie eines Nachts aus der Wohnung geholt und im verschlossenen Waggon, eng gedrängt mit vielen anderen Leidensgefährten, in das Innere der Sowjetunion geschafft. Dort wurde sie einem sowjetischen Gericht überantwortet. Weil sie in einem Ausländerlager in Löwenhagen bei Königsberg Geschirr gespült hatte, wurde sie zu 25-jähriger Zwangsarbeit verurteilt. Trotz eifriger Bemühungen hat sie über den Verbleib ihrer Angehörigen bisher nichts ermitteln können. Sie weiß daher auch nicht so recht, wohin sie der Weg in die Freiheit des Privatlebens führen wird. Ein Erholungsheim — sie hat es dringend nötig — wird sie zunächst aufnehmen. Weiteres wird sich finden.

 

„Die Frauen hatten es am schlimmsten!“

Das bestätigen die männlichen Heimkehrer einhellig: Die Frauen hatten es in den Jahren des Gefangenendaseins schlimmer als wir! Schwerstarbeit im Schacht, auf Eisenbahnstrecken beim  Bäumen roden und Wegebau, zehrte an der Kraft dieser vielfach noch jungen, aber auch schon älteren Frauen. Kärglichste Ernährung und nagende Sorge um den Verbleib von

Familienangehörigen trugen neben anfänglich, besonders brutaler Behandlung dazu bei, die Gesundheit auch der kräftigsten unter ihnen zu zerrütten. Erst bei Eintreffen der Paketsendungen aus der Bundesrepublik und mit dem Empfang regelmäßiger Briefpost verbesserte sich ihre Lage. Physisch und auch psychisch. Konnten sie sich doch jetzt nicht nur besser ernähren, sondern sahen auch wieder einen gewissen Lebenssinn vor sich in dem Ziel, sich für ihre Angehörigen gesund zu erhalten. Gewöhnlich wurden die Paketinhalte kameradschaftlich untereinander geteilt, so dass auch jene nicht leer ausgingen, die Spenden dieser Art nicht erhielten. Die Jüngste der Heimkehrerinnen war 15 Jahre alt. als sie von sowjetischen Soldaten im Kreise Bischofsburg vom elterlichen Treckwagen heruntergerissen wurde. Auch sie wurde in russische Arbeitslager geschafft und im Jahre 1947 verurteilt, weil sie aus Hunger eine Handvoll roher Kartoffel vom Felde aufgenommen hatte. Zehn Jahre Zwangsarbeit wurden ihr für dieses Vergehen zudiktiert. Die älteste der Heimkehrerinnen ist die 52 Jahre alte Bäuerin Käthe W. aus dem Kreis Johannisburg. Als sie im Januar 1945 mit ihren drei Kindern erneut den Flüchtlingswagen zur Fahrt ins Ungewisse bestieg — nachdem sie bereits im Herbst des vorhergebenden Jahres den heimatlichen Hof hatte verlassen müssen —, war es schon zu spät. Der Wagen geriet in die Kampfhandlungen. Frau W wurde von ihren Kindern weggerissen und gleichfalls mit vielen anderen ostwärts, in Arbeitslager der Sowjetunion verfrachtet. Auch sie wurde verurteilt. Der Grund? Sie hatte auf ihrem Bauernhof, den sie nach dem Tode ihres Mannes allein zu bewirtschaften hatte russische Kriegsgefangene beschäftigt. Auch das ihr zudiktierte Urteil lautete auf 25 Jahre Zwangsarbeit. Das Arbeitssklavendasein, dass Frau W. besonders nach ihrer Verurteilung zu führen hatte, erhielt erst wieder einen gewissen Wert, als sie durch das Rote Kreuz die Nachricht von der glücklichen Ankunft ihrer Kinder in Hannover erfuhr. Zu diesen Kindern führt sie ihr nächster Weg, sobald die Formalitäten im Lager beendet sind. Die blanke Freude darüber leuchtet aus ihren Augen.

 

Eine heute 29 Jahre alte Königsbergerin war 1945 aus der Wohnung geholt worden, um drei Tage zu arbeiten. Aus diesen drei Tagen wurden acht Jahre. Im Jahre 1948 unternahm sie einen Fluchtversuch aus dem Lager im Ural. Nach zehn Tagen wurde sie gefasst und zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Nicht deswegen weil Sie geflohen war, sondern weil sie auf der Flucht ihre Wattejacke und ihre Schuhe verkauft hatte, um sich von dem Erlös dieser Sachen etwas zu essen zu kaufen.

 

Frau Charlotte G. war im Kreise Angerapp zu Hause. Nachdem es ihr nicht gelungen war, mit dem Flüchtlingswagen über die Weichsel zu setzen, kehrte sie zum heimatlichen Hof zurück. Von dort wurde sie, wie es hieß zunächst zur Arbeit abgeholt. Sie sollte nicht mehr zurückkommen. Im Zuchthaus in Insterburg traf sie mit vielen anderen ostpreußischen Frauen zusammen, die mit ihr in insgesamt 40 Waggons verfrachtet und in die Sowjetunion geschafft wurden. In der Taiga-Strafkolonie mussten diese Frauen den Wald roden und Eisenbahnschienen legen. Im November 1946 hieß es erstmals, dass es nach Hause gehen sollte. Die deutschen Frauen wurden auch tatsächlich verladen. Jedoch wurden sie nur in ein anderes Lager, nach Stalino, gebracht. An ihrer Stelle wurden noch kränkere und schwächere auf den Heimweg gebracht. Untertagearbeit hatte Frau G. von nun an auszuführen. Und dabei wurde sie straffällig. Nach Ansicht der Sowjets. Sie hatte ein Stückchen Kabelschnur aufgenommen, um sich damit die Schuhe zu verschnüren. 25 Jahre Zwangsarbeit lautete das Urteil für dieses Vergehen.

 

Viele Heimkehrerinnen kennen den Grund ihrer Verurteilung überhaupt nicht. Ähnlich geht es den Männern. Bei anderen sind in den Protokollen „Verbrechen" aufgeführt, aber wann und wie die diese begangen haben sollen, ist den Heimkehrenden vielfach unbekannt geblieben.

 

Von den männlichen Heimkehrern sei noch das Schicksal des aus Westpreußen gebürtigen Berufssoldaten, Oberbeschlagmeister N. erzählt, der auch mit seiner Familie in Ostpreußen gelebt hat. Gleich am ersten Tage nach der Kapitulation wurde er auf der Halbinsel Hela von den Sowjets gefangen genommen und in die UdSSR geschafft. Nach der Wanderung durch verschiedene Zwischenlager im Inneren Russlands nahm ihn ein dünn besiedeltes Steppengebiet in Aserbeidschan auf.

 

Hier wurde er mit vielen anderen deutschen Kriegsgefangenen zu Bauarbeiten des großen Elektrizitätswerkes Minekschaur eingesetzt. In kärglichsten Baracken wurden sie untergebracht. Die Malaria setzte ihnen schwer zu. Die Arbeiten am großen Staubecken des Gebirgsstromes Kura erforderten ungeheure Anstrengungen. Dazu mussten für die künftigen Siedler dieses Gebiets Wohnungen für mindestens 40 000 Einwohner errichtet, außerdem Straßen und Wege angelegt werden. Da N. über handwerkliche Kenntnisse verfügte wurde er bald als Kommandant eingesetzt. Und bei dem Wirken in dieser Eigenschaft erreichte ihn sein Verhängnis. Ihm war durch den vorgesetzten russischen Kommandanten anbefohlen worden, die Zufahrtsstraßen zu den Arbeitsplätzen schneefrei zu halten. Da die deutschen Kriegsgefangenen bereits anderweitig zur Arbeit herangezogen worden waren, wandte er sich — was durchaus üblich war — an die sowjetische Zivilbevölkerung mit dem Ersuchen, zur Straßenräumung beizutragen. Das wurde ihm zum Unheil. Er wurde angeklagt, die friedliche russische Bevölkerung in seine Dienste gezwungen zu haben und im Juli 1947 zum Tode verurteilt. Auf Grund eines Gnadengesuchs, das ihm zugebilligt wurde, schob man die Vollziehung des Urteilsspruchs etwas hinaus, schleppte ihn dafür durch Strafanstalten und Gefängnisse verschiedenster Art. Selbst mit der Lubljanka-Strafanstalt in Moskau machte er unfreiwillige Bekanntschaft. Auch schreckte man nicht zurück, ihm damit zu drohen, seine Frau — von deren Aufenthalt in der Sowjetzone man wusste — entsprechenden Repressalien auszusetzen, falls er nicht gestehen und sich schuldig bekennen würde. Schließlich wurde auf sein Drängen durchgesetzt, dass in seiner Wirkungsstätte in Aserbeidschan ein Ortstermin festgesetzt und er den Einzelnen, die gegen ihn Anklage erhoben haben sollten, gegenüber gestellt wurde. Und siehe da! Die gesamte russische Bevölkerung dieses Gebiets erklärte sich für ihn! Daraufhin wurde von der Todesstrafe abgesehen. Stattdessen wurde er zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Ein Straflager im hohen Norden nahm ihn auf. In Gemeinschaft mit sowjetischen Schwerverbrechern hieß es dort in Nachtschichten im Steinbruch zu arbeiten, Arbeitstieren gleich, die jegliche Zeiteinteilung verloren hatten und nur kärglichst ernährt wurden. Erst als im Jahre 1950 die Paketsendungen einsetzten, erwachte der Lebenswille erneut und ließ ihn bis zur Entlassung durchhalten.

 

Viele Schicksale könnten noch geschildert werden, Schicksale, die in ihrer Trostlosigkeit ziemlich gleichförmig, dennoch aber sehr verschieden voneinander sind. Sie haben aber durchgehalten, diese ostpreußischen Frauen und Männer und damit eine Kraftprobe abgelegt, die nicht jeder auf sich nehmen könnte. Nicht alle von ihnen wissen, wo ihnen, den aus der Heimat Vertriebenen, eine neue Heimstatt werden wird. Sie werden es abwarten und hinnehmen, was sich ihnen bietet. Und zusammenhalten wollen sie, sie alle, die sie gemeinsam schon so vieles Schlimme durchstanden haben. Ihre Hauptsorge aber gilt jenen, die zurückbleiben mussten. Den 16 Frauen, die in Krasnopol, dem Sammellager dieses Heimkehrerinnentransports, zurückbleiben mussten, ebenso den 450 Frauen, die sich noch im Lager Asbest aufhalten sowie jenen Zehntausenden der männlichen Kriegsgefangenen, die noch — in allen Teilen der Sowjetunion verstreut — Zwangsarbeit auszuführen haben. Dass auch ihnen eine baldige Heimkehr wird, ist ihr heißester Wunsch.

Dr. R.

 

Seite 2   Der Lastenausgleich im Dickicht der Bürokratie.

Von Hellmut Gossing, Leiter der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft Ostpreußen

Vor wenigen Tagen war das Lastenausgleichsgesetz ein Jahr in Kraft. Der politische Gedanke, der diesem Gesetz zugrunde lag, ging dahin, die Spannungszustände, die sich aus dem Einströmen von über 10 Millionen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen ergeben hatten, zu beseitigen. Das Gesetz sollte also eine soziale Befriedigung in Westdeutschland herbeiführen.

 

Wenn man die Ergebnisse des 1. Jahres überblickt, dann muss festgestellt werden, dass das Lastenausgleichsgesetz dieser Aufgabe nicht gerecht geworden ist. Es handelt sich hierbei weniger um den materiellen Inhalt des Gesetzes selbst als vielmehr um seine Durchführung, die so schleppend gewesen ist, dass sie zum Teil gerade dem Gedanken des Gesetzes zuwider gelaufen ist. Auch die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Leistungsarten hat weder den (Bedürfnissen der Anspruchsberechtigten in dem wünschenswerten Maße entsprochen noch andererseits im wohlverstandenen Interesse einer gesunden Volkswirtschaft gelegen. Die Kassen beim Bundesausgleichsamt sind übervoll. Die Mittel stauen sich seit Monaten. Die Leistungsberechtigten, die seit Jahren dieses Gesetz sehnsüchtig erwartet halben, weil sie hofften dass ihrer Not gesteuert wird, sind nicht nur enttäuscht, sondern verzweifelt. Durch die unzulängliche Durchführung des Gesetzes hat sich sozialer Sprengstoff gebildet. Um das verstehen zu können, muss man wissen, dass beim Bundesausgleichsamt kaum viel weniger als 600 Mill. DM „ruhen", die durch die Ausgleichsabgaben, die vor wenigen Wochen fällig geworden sind, um weitere 300 Mill. DM vermehrt wurden. Die Darlehen an den Lastenausgleichsfonds sind überzeichnet, denn es sind nicht nur 150 Mill, sondern 158 Mill. aufgekommen. Die Anleihe der Lastenausgleichsbank ist noch nicht aufgelegt. Wäre es der Fall gewesen, dann dürften weit mehr als eine Milliarde beim Bundesausgleichsamt an Mitteln ruhen.

 

Auf der anderen Seite waren bis zum 30. Juni 1953

 

1. die verplanten Mittel für die Wohnraumhilfe für das laufende Rechnungsjahr mit keinem Pfennig in Anspruch genommen,

 

2. Die Mittel für Flüchtlingssiedlung und Härtefonds unangetastet,

 

3. von den 470 Mill. DM für Existenzaufbaudarlehen, die für das laufende Rechnungsjahr bereitgestellt waren, ganze 33 Mill. und von den vorgesehenen 436 Mill. DM an Aufbaudarlehen für den Wohnungsbau nur 9 Mill. DM ausgeschüttet wurden,

 

4. von den für Arbeitsplatzdarlehen bereitgestellten 193 Mill. DM nur 21 Mill. DM abgerufen wurden.

 

Man könnte mit dieser Aufstellung noch fortfahren. Da jedoch das vorstehende Material ausreichen dürfte, um die eingetretenen Zustände zu beleuchten soll das Augenmerk auf den Streit der Meinungen „hinter den Kulissen" gelenkt werden. Dieser Streit wird mit so vielfältigen Argumenten ausgetragen, von denen an dieser Stelle nur die wichtigsten erwähnt sein sollen.

 

Die Kommunalverwaltungen (Kreisebene) sagen:

 

1. Die Ausfüllung einer Vielzahl von Antragsformularen, um zu einer Ausgleichsleistung zu kommen, verzögern, die Prüfung der Anträge, außerordentlich. Es ginge auch einfacher und damit besser.

 

2. Die ständige Änderung der Weisungen führt zur Rechtsunsicherheit und damit zur Verzögerung in der Entscheidung.

 

3. Das eingehende und umständliche Verfahren bei der Vergabe von Darlehen aller Art zeugt von mangelnder Einsicht.

 

4. Die Landesausgleichsämter haben in einigen Ländern Aufgaben an sich gerissen, die den Verwaltungsapparat aufblähen und die Eingliederung zeitlich verzögern.

 

 

Das Bundesausgleichsamt meint:

 

1. Die Kreise stellen nicht genügend Kräfte ein, weil der Bund nur 50% der Verwaltungskosten trägt.

 

2. Das Personal der Ämter ist so schlecht ausgebildet, dass es den Aufgaben nicht gewachsen ist.

 

3. Die Leiter der Ausgleichsämter kommen fast ausschließlich aus der mittleren gehobenen Laufbahn und erfüllen die geforderten leistungsmäßigen Voraussetzungen nicht.

 

Dieser Artikel ist nicht dazu geschrieben, den Schuldigen für die katastrophale Lage zu suchen. Schuldige für diese Zustände sind auf allen Ebenen zu suchen und zu finden, wobei gleichzeitig das Augenmerk auf den Kontrollausschuss beim Bundesausgleichsamt gelenkt werden soll.

 

I. Hausratshilfe

Der Kontrollausschuss konnte sich unverständlicher Weise nicht dazu entschließen, den Abfluss der Mittel dadurch zu beschleunigen, dass er für die Auszahlung der Hausratshilfe andere Wege beschritt, abgesehen davon, dass er damit die größte Not bei den Geschädigten gelindert hätte. Die Punktzahl hätte gesenkt und die Raten erhöht werden müssen. Allerdings müssten beide Anregungen berücksichtigt werden, da bei einer Ratenerhöhung allein nur eine Bevorzugung jenes Personenkreises eintreten würde, der einschließlich der Zahlungen aus der Soforthilfe zum dritten Mal in den Genuss von Leistungen käme. Das Bundesausgleichsamt hätte für diesen Sektor auf die Durchführung des umständlichen und zeitraubenden Feststellungsverfahrens soweit wie möglich verzichten sollen.

 

II. Ostsparerentschädigung

Trotz der einerseits anerkannten Anflaufschwierigkeiten (Aufbau der Ämter. Ausbildung der Kräfte) und andererseits der seit Monaten feststellbaren Stauung der Mittel beim Bundesausgleichsamt konnte der Kontrollausschuss sich nicht dazu entschließen, die vorgesehene Entschädigung an die Ostsparer in voller Höhe zahlen zu lassen. Nicht nur die soeben erwähnten Argumente hätten dafür Begründung genug sein müssen, sondern auch die Tatsache, dass

 

1. einige Tausend eingespielte Stellen der Kreditinstitute und Postsparkassen diese Arbeit in kürzester Frist für die Mehrheit der Ostsparer geleistet hätten,

 

2. der hierfür erforderliche Betrag die Währung nicht gefährdet hätte.

 

3. endlich den Heimatvertriebenen das Recht zuteil geworden wäre, was dem Altbewohner der Bundesrepublik bereits vor 5 Jahren gewährt wurde.

 

Man beschloss stattdessen eine 2. Rate zu zahlen und erhöhte damit die Verwaltungsarbeit und verlängerte die Stauung beim Bundesausgleichsamt.

 

III. Arbeitsplatzdarlehen

Der Kontrollausschuss beschloss die Zweckentfremdung von Lastenausgleichsmitteln indem er die Mittel für die Beschaffung von Arbeitsplätzen bewilligte, die nunmehr zum größten Teil die nichtgeschädigten Betriebe erhalten, da ein geschädigter Betrieb die Darlehensabsicherung in den seltensten Fällen beibringen kann.

 

Abgesehen von der Fragwürdigkeit der Forderung, mindestens 5 Dauerarbeitsplätze auf die Dauer von wenigstens 5 Jahren zu schaffen, sind nämlich allein die Absicherungsbedingungen derart hemmend gewesen, dass das Interesse der Vertriebenen-Wirtschaft an Arbeitsplatzkrediten mehr und mehr geschwunden ist. So musste sich die voraussehbare Entwicklung ergeben, dass Arbeitsplatzkredite in zunehmendem Maße an einheimische nichtgeschädigte Betriebe gewährt werden. Dies aber bedeutet, dass letzten Endes beachtliche Lastenausgleichsgelder ihrem Zweck entfremdet werden. Geht der Gedanke der Arbeitsplatzkredite auch dahin, Arbeitsplätze für vertriebene und bombengeschädigte Arbeitnehmer zu schaffen, so entspricht es dem allgemeinen Lastenausgleichszweck, Arbeitsplatzkredite mit eindeutigem Vorrang an heimatvertriebene und Bombengeschädigte zu gewähren.

 

Hierfür aber müssen die Bedingungen der Kreditgewährung so gestaltet werden, dass sie in erster Linie auch von Heimatvertriebenen und Bombengeschädigten erfüllt werden können.

 

Er verschloss sich dem Vorschlag, die bereitgestellten Mittel zu reduzieren und die so freiwerdenden Beträge dem Bausektor und der Aufstockung der Mittel für die Existenzaufbaudarlehen zuzuführen, wodurch dem heimatvertriebenen bzw. kriegsgeschädigten Mittelstand eine fühlbare Hilfe zugeflossen und ein weiterer Teil des dringlichen Wohnraumbedarfs befriedigt worden wäre. Es liegt auf der Hand, dass auf diese Weise außerdem das Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen zweckentsprechender und mit geringerem Risiko zu erreichen ist.

 

IV. Eingliederungsdarlehen (Existenzaufbau)

Hierbei sei auf die nicht wegzuleugnende Tatsache hingewiesen, dass die Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge in die Landwirtschaft, gewerbliche Wirtschaft und freien Berufe nicht nur schleppend erfolgt, sondern es gehen auch die besten Angebote von Objekten wegen der Verzögerung der Darlehnsgewährung für diesen Personenkreis verloren. Dies obwohl

 

1. Mittel in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, wobei auf die Stauung der Mittel beim Bundesausgleichsamt hingewiesen wird.

 

2. weit mehr Kauf- und Pachtobjekte als in den vergangenen Jahren angeboten werden.

 

Alle bisher beschrittenen Maßnahmen, den Weg der Darlehensbewilligung zu verkürzen, sind als gescheitert anzusehen.

 

Auch die seitens des Bundesausgleichsamtes in Erwägung gezogene Vereinfachung des Verfahrens wird nur geringe zeitliche Verkürzung mit sich bringen.

 

Es sollte klar erkannt werden, dass auch bei einem eingespielten Apparat (Ende des Aufbaues der Ausgleichsämter auf allen Ebenen) der technische Ablauf für die Gewährung von Darlehen aller Art mit Antragstellung, Beschaffung der Unterlagen, Beibringung der Sicherheiten, formelle und materielle Prüfung, Bewilligungsverfahren, Vertragsabschlüsse, Abruf der Gelder und Auszahlung derselben, die erhoffte Verkürzung nicht bringen wird. Soll ein zügiger Abfluss der Mittel und eine schnelle Bewilligung der Darlehn erreicht werden, dann müssen die Weisungen des Bundesausgleichsamtes dahingehend geändert werden, dass der ortsnahen Kreditgewährung ein breiter Spielraum gelassen wird.

 

Hierdurch wird eine bessere Beurteilung der charakterlichen und fachlichen Eignung des Antragstellers sowie eine bessere Beurteilung der Existenzchance aus dem Objekt gegeben sein. Es sollte daher die Zuständigkeit für die Bewilligungshöhe an den einzelnen Darlehnsnehmer auf der Kreisebene so geregelt werden, dass diese bis zum Betrage von DM 20 000 zuständig ist Darlehnsbeträge, die über DM 20 000 liegen, sollten aus denselben Gründen wie soeben erwähnt, in den großen Ländern nicht von den Landesausgleichsämtern bewilligt werden, vielmehr sollten diese die Bewilligung dieser Darlehen an ihre Außenstellen delegieren. Weiterhin sollte bei den Darlehen über DM 20 000 nur die Entscheidung bei den Ländern und Außenstellen liegen, während die technischen Ausführungen dann vom zuständigen Ausgleichsamt abgewickelt werden.

 

Es ist nicht einzusehen, warum Vorstände von mittleren Sparkassen (DM 10 Millionen Einlagen) Einzelkredite bis 100 000 bewilligen können, während man den nach fachmännischen Gesichtspunkten zusammengesetzten Prüfungsausschüssen auf der Kreis- und Regierungsbezirksebene dieses Vertrauen nicht schenken will. Hiermit soll gleichzeitig angedeutet sein, dass die Bewilligung in dem vorgeschlagenen und erhöhten Rahmen nicht bei den Leitern dieser Ämter, sondern bei dem Beschlussgremium (Prüfungsausschuss) liegen müsste.

 

Die Antragstellung aller Darlehen über DM 10 000, bei den Landesausgleichsämtern bzw. deren Außenstellen führt für die meisten Antragsteller zur Verzögerung von Wochen und Monaten.

 

Sollen die angebotenen Objekte den Eingliederungsmaßnahmen für Heimatvertriebene und Flüchtlinge nicht verlorengehen, so müssen die hierfür erforderlichen Gelder zur Übernahme der Objekte sofort zur Verfügung stehen. Dies wird aber nur erreicht werden, wenn der Kontrollausschuss durch Beschluss einen bestimmten Prozentsatz von jenen Mitteln, die für Existenzaufbaudarlehen vorgesehen sind, für die sofortige Übernahme auf den Markt kommender Objekte abzweigt.

 

Sodann sollte mit den abgezweigten Mitteln die Treuhandgesellschaft für Vertriebene m. b. H., Bonn, mit den einzurichtenden Landesstellen oder eine andere Treuhandstelle die angebotenen Objekte ankaufen bzw. anpachten, sofern nicht sofort ein Käufer oder Pächter an Hand ist. Die Einschaltung einer solchen Stelle ist erforderlich, damit der Ankauf bzw. die Anpachtung nach fachmännischen Gesichtspunkten erfolgt.

 

Schon bei der Auswahl der Interessenten muss die Absicherung des Darlehns (Anspruch, Höhe der Hauptentschädigung, Charakter, Fachkenntnisse usw.) eine entscheidende Rolle spielen.

 

Durch den aufgezeigten Weg entsteht eine Art Vorfinanzierung, wie dies bei der Einschaltung von Siedlungsträgern nach § 16 der landwirtschaftlichen Weisung in der kürzlich geänderten Fassung vom Kontrollausschuss bereits gutgeheißen wurde. Die Ablösung dieser Vorfinanzierung muss dann später durch die Bewilligung eines Existenzaufbaudarlehns an den Käufer bzw. Pächter erfolgen.

 

Für die Ausdehnung aller dieser Möglichkeiten auf die Sowjetzonenflüchtlinge ist keinerlei Weisungsänderung nötig, weil die Weisung über Aufbaudarlehen an Vertriebene automatisch auch für die Aufbaubeihilfe-Darlehen an Sowjetzonenflüchtlinge gilt.

 

Unter Berücksichtigung der sozialen Notlage vieler Geschädigten und im Interesse der gesamten Volkswirtschaft ist es erforderlich, dass auf allen Ebenen die an der Durchführung des LAG beteiligten Stellen ihre Arbeitsweise radikal umstellen. Insbesondere muss von den Beschlussgremien ein zeitgemäßes Denken zur Sicherung der vertriebenen und geschädigten Wirtschaft selbst unter Hinanstellung althergebrachter Anschauungen (z. B. übermäßige Kreditabsicherung) gefordert werden.

 

Wirtschaftliche und soziale Gründe verlangen dringend die Beachtung dieser Vorschläge. Nur wenn die mit der Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes beauftragten Behörden (insbesondere das Bundesausgleichsamt) nicht mehr Verwalter fiskalischen Vermögens, sondern Treuhänder der Geschädigten und Ausgleichspflichtigen sind, nach ökonomischen und sozialen, nicht aber nach bürokratischen und überspitzten bankmäßigen Grundsätzen handeln, wird ein gerechter und wirtschaftlich sinnvoller Lastenausgleich zu erreichen sein.

 

Seite 2   Die „ Kondominium Frage

Kurz nach den Bundestagswahlen hatte der Bundeskanzler eine Unterredung mit einem Vertreter der amerikanischen Nachrichtenagentur „Associated Preß", der daraufhin berichtete, der Kanzler habe in einem Interview den Vorschlag eines „deutsch-polnischen Kondominiums" jenseits von der Oder und Neiße gemacht. Diese Nachricht erregte in den Kreisen der Heimatvertriebenen umso größere Beunruhigung, als die Kondominium-Frage bereits auf dem Bundestreffen der Schlesier in Köln Anlass zu zum Teil stürmischen Protesten gegeben hatte, als der frühere Reichstagspräsident und Alterspräsident des Bundestages, Paul Löbe, in seiner Rede einen ähnlichen Vorschlag gemacht hatte. Im Zusammenhang damit hatte der Sprecher der Landsmannschaft Schlesien, Min.-Rat Dr. Rinke, jetzt MdB der CDU, in der Vertriebenen-Presse einen Artikel veröffentlicht, in dem er auf die Gefahren hinwies, die ein solches Projekt für die Vertretung des deutschen Rechtsanspruchs auf die Heimatgebiete der Vertriebenen von jenseits der Oder und Neiße auslösen könne. Dr. Rinke hatte hervorgehoben, dass die Vertriebenen unabänderlich den Rechtsstandpunkt einnehmen: Dass die deutschen Ostgebiete völkerrechtlich nach wie vor deutsches Staatsgebiet sind und daher nichts anderes in Frage komme als eine Rückkehr aus der polnischen in die deutsche Verwaltung. Diese Stellungnahme dürfte dem durch den Wahlkampf voll in Anspruch genommen gewesenen Bundeskanzler nicht mehr rechtzeitig zur Kenntnis gelangt sein.

 

Auf Grund der sofort aus den Kreisen der Heimatvertriebenen im Zusammenhang mit der AP-Meldung laut werdenden Proteste gab das Bundespresse- und Informationsamt eine „Richtigstellung" heraus, in der es hieß, dass der Kanzler „im weiteren Verlauf des Gesprächs die Möglichkeit der Heranziehung einer internationalen Körperschaft, wie z. B. der Vereinten Nationen, bei der Regelung dieser Frage erörtert" worden sei. In dem ,,z. B." wurde dabei allerdings eine Bestätigung der Ursprungsmeldung gesehen.

 

Es wurde von der Presse also angenommen, dass die „Kondominium"-Frage in dem betreffenden Gespräche berührt worden ist. Für diese Auffassung sprach auch die gleichzeitig bekannt werdende Tatsache, dass der frühere Presseattaché bei der polnischen Botschaft in Berlin und jetzige exilpolnische Journalist Kirkien im Londoner „Dziennik Polski" im Rahmen eines Berichtes über eine Deutschlandreise erwähnte, ihm sei in Bonn bereits der Plan eines „Kondominiums", also einer gemeinsamen deutsch-polnischen Verwaltung der deutschen Ostgebiete vorgetragen worden. Er schildert im Einzelnen, dass es sich dabei allem Anschein nach um eine Konzeption handele, die von „einer politischen Elite" vertreten werde, aber auf den Widerstand der Vertriebenen stoße.

 

Tatsächlich befassten sich sogleich zwei große Landsmannschaften: die Pommern und die Ostpreußen mit dieser Frage. Eine einberufene Vertretertagung der Pommerschen Landsmannschaft beschloss in Hamburg eine Erklärung, in welcher der gleiche Standpunkt zum Ausdruck gebracht wird, den für die Schlesier bereits vorher deren Sprecher vertreten hatte. Und auf einem Landestreffen der Ost- und Westpreußen sowie Danziger in Baden-Württemberg wandte sich auch der Sprecher der Ostpreußen, aufs schärfste, gegen den „Kondominium"-Gedanken.

 

Die ersten von exilpolnischer Seite laut gewordenen Stellungnahmen waren ebenfalls durchgehend ablehnend. Der Außenminister der polnischen Exilregierung, Sokolowski, erklärte, die Exilregierung sei nach wie vor der Auffassung, dass die Oder-Neiße-Linie die „deutschpolnische Grenze" sei. Und noch schärfer wandte sich der Sprecher der „Rada Polityczna“ — der führenden Oppositionsgruppe der polnischen Emigration gegen den „Kondominium-Vorschlag". Entsprechend verhielt sich die exilpolnische Presse, die behauptete, dass „kein Pole" einem solchen Projekt zustimmen könne. Dagegen wurde die ganze Frage unter Verwendung entsprechender britischer Pressestimmen dazu benutzt, um zu behaupten, der Kanzler habe durch seinen Vorschlag „den brutalen deutschen Anspruch auf unsere Westgebiete (d. s. die deutschen Ostgebiete jenseits von Oder und Neiße) fallen gelassen." In dem Bestreben, die Vertriebenen zu isolieren, wurden sogar von exilpolnischer Seite Behauptungen vorgebracht, dass der Kanzler sich nicht für die Ostfrage interessiere usw.

 

Nun, alle diese exilpolnischen Vorbringen tragen den Charakter der Zweckpropaganda zu deutlich, als dass sie selbst im Auslande Glauben finden könnten. Schließlich beweist gerade jenes Interview, wie sehr man sich in Bonn auch der Frage der Ostgebiete annimmt, von der der amerikanische Publizist Ingrim einmal gesagt hat: In dieser Hinsicht müsse die deutsche Politik ein „Meisterstück" vollbringen. Ebenso ist es natürlich gänzlich abwegig, wenn man aus der Tatsache der Erörterung des Kondominium-Gedankens die Folgerung ziehen wollte, deutscherseits sei der klare Rechtsstandpunkt in der Frage der Oder-Neiße-Gebiete „aufgegeben" worden. Es handelt sich dabei ohne jeden Zweifel um den Vorschlag einer Übergangslösung, der seinem ganzen Wesen nach schon deshalb hypothetisch war und ist, da er erst dann in den Zustand ernsthafterer Erörterungen treten könnte, wenn eine freie polnische Regierung in ihrem Lande fungiert. Der Vorschlag hat aber bereits jetzt die Situation völlig geklärt, indem die exilpolnischen Antworten deutlich zeigen, dass man auf jener Seite nicht gewillt ist, von den chauvinistischen Ansprüchen auf deutsche Gebiete abzugehen. Damit ist vor aller Welt klargestellt, dass westdeutsche exilpolnische Gespräche nicht in Frage kommen können, so lange man diese Haltung einnimmt, und dass die Verantwortung der Exilpolen offen zu Tage liegt. Es hat sich zugleich erwiesen, dass die exilpolnischen politischen Gruppen einschließlich der Exilregierung ebenso wenig das Recht haben, in dieser Frage im Namen des polnischen Volkes zu sprechen, wie die Warschauer Regierung. Denn täglich gehen Berichte von jenseits der Oder und Neiße ein, die besagen, dass weite Teile der dort neu angesetzten polnischen Bevölkerung selbst in ihre Heimat zurückkehren würden, wenn sie dazu in der Lage wären, und dass sie mit der Heimkehr der Vertriebenen durchaus rechnen. Diese Berichte wurden auch von polnischen Flüchtlingen bestätigt und fangen selbst in der amerikapolnischen Presse ihren Niederschlag.

 

So ist festzustellen, dass der bisherige Weg der deutschen Heimatvertriebenen sich als der richtige erwiesen hat und dass von ihm weder abgewichen zu werden braucht, noch abgewichen werden kann: Für die Versöhnung mit dem polnischen Volke im Geiste der „Charta der Heimatvertriebenen" immer wieder einzutreten und zugleich den deutschen Rechtsanspruch auf die Heimatgebiete der Vertriebenen jenseits der Oder und Neiße ebenso immer wieder zu proklamieren wie für die Anerkennung des Heimatrechts der Vertriebenen überhaupt als unveräußerliches Menschenrecht einzutreten. Das ist ein wesentlicher Beitrag, den die Vertriebenen für die Schaffung der Grundlagen eines wahrhaft freien und geeinten Europa geleistet haben und weiterhin leisten werden.

Prof. Dr. Kurth

 

Seite 4   Einzelfragen zur Hausratsentschädigung – Schluss –

Hausratsentschädigung für Antragsteller, die vor der Vertreibung ledig waren.

Der Vertriebene, der Eigentümer von Möbeln für mindestens einen Wohnraum war, ist antragsberechtigt. Es ist unbedeutend, ob er zur Zeit der Vertreibung ledig oder verheiratet war. Wesentlich ist aber, ob er zu der Zeit einen eigenen Haushalt führte. Die folgenden Ausführungen beziehen sich nur auf diejenigen Ledigen, die zur Zeit der Vertreibung keinen eigenen Haushalt führten. Ein solcher Vertriebener erhält, sofern er Möbel für einen Wohnraum besaß, gemäß § 295 (1) II LAG nur die Hälfte der Entschädigung, die er entsprechend seinem Einkommen in den Vergleichsjahren 1937 - 1939 bei eigener Haushaltsführung erhalten hätte. Die Anerkennung von Hausratsschaden bei Ledigen stößt jedoch auf erhebliche Beweisschwierigkeiten.

 

Ledige Frauen werden den Beweis über Eigentum von Möbeln eher antreten können als ledige Männer. Denn in bestimmten Bevölkerungsschichten ist es üblich gewesen, heranwachsenden Töchtern bereits Jahre vor einer etwaigen Verheiratung eine Aussteuer oder Ausstattung zu beschaffen. Diese Ausstattung kann als Eigentum der betreffenden Tochter behandelt werden. Bestand die Ausstattung in Möbeln für mindestens einen Wohnraum, so hat die Tochter ein eigenes Antragsrecht. Handelt es sich um eine Familie, die nach ihrer wirtschaftlichen Lebensstellung in der Lage gewesen ist, ihrer Tochter eine Aussteuer zu geben, und war sie zur Zeit der Vertreibung nicht zu jung, so wird man nach den Grundsätzen über die Glaubhaftmachung von Hausratschaden davon ausgehen können, dass ein derartiger Schaden entstanden ist. Soweit möglich, muss die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Schaden vorliegt, durch Zeugenaussage erhärtet werden. Hatte die Tochter, die durch die Vertreibung ihre Aussteuer verloren hat, zur Zeit der Schädigung weder Einkünfte noch Vermögen gehabt, so ist die grundsätzlich in die unterste Schadensgruppe. Grundbetrag also 800,-- DM. einzureihen.

 

Bei männlichen Ledigen ist es anders. Es ist wohl nicht üblich gewesen, dem Sohn vor seiner Verheiratung eine Aussteuer zu beschaffen. Solche Fälle können nur als Sonderfälle betrachtet werden. Da sie außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung stehen, sind an den Beweis umso größere Anforderungen zu stellen. Es ist für einen männlichen Ledigen immer sehr schwer, sein Eigentum glaubhaft zu machen. Jeder ledige Sohn, der bei seinen Eltern ein Zimmer für sein Eigentum zu halten. Das ist jedoch nicht unbedingt so. Im Allgemeinen ist sogar nicht er, sondern der Haushaltungsvorstand Eigentümer dieser Möbel. In der Regel sind dies seine Eltern. Diese allgemeine Regel darf aber nicht dazu führen, dass die vielfältigen Möglichkeiten eines Eigentumserwerbes bei der Bearbeitung eines solchen Antrages übersehen oder unmögliche Beweise verlangt werden. So kann er die Möbel ererbt haben. Dabei kommt nur der Fall in Frage, dass der Erbfall vor der Vertreibung eingetreten ist. Auch kann sich der Antragsteller die Möbel selbst gekauft haben, zumal wenn er eigene Einkünfte hatte. Der Beweis wird in den meisten Fällen sehr schwer sein, da die Belege über den Möbelkauf wohl kaum noch zur Verfügung stehen dürften und auch nicht immer Zeugen namhaft gemacht werden können. Möglich ist aber auch, dass der Ledige das Eigentum an den Möbeln dadurch erworben hat. dass die Eltern ihm diese schenkten. Es leuchtet ein, dass hier der Beweis noch schwieriger ist, zumal man einem verständlichen Misstrauen der Behörden gegenüber solchen Behauptungen begegnen wird. Es wird auch nicht so sein, dass in allen Fällen eine eidesstattliche Erklärung zur Glaubhaftmachung genügt, sondern ob diese ausreicht, hängt immer von den Umständen des einzelnen Falles ab.

 

Wie oben dargelegt, besteht das Problem der Hausratsentschädigung derjenigen, die zur Zeit der Vertreibung ledig waren, in der Schwierigkeit des Beweises, dass auch wirklich der Antragsteller, der Ledige. Eigentümer von Möbeln für einen Wohnraum gewesen ist. Dabei genügt nicht, der Nachweis, dass er ein Zimmer z. B. im elterlichen Hause allein bewohnt hat.

 

Die Berechnung der Hausratsentschädigung nach den Einkünften des Antragstellers.

Die Hausratsentschädigung wird ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Verlust nach dem Einkommen des Antragsstellers in den Vergleichsjahren 1937 - 1939 festgestellt.

 

Der Begriff „Einkünfte" ist im Einkommensteuergesetz erklärt. Einkünfte im Sinn des § 16 sind bei Land- und Forstwirtschaft der Gewinn, bei anderen Einkunftsarten der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Entstandene Sonderausgaben, Steuerfreibeträge, veranlagte oder gezahlte Steuern werden daher nicht abgesetzt. Unter Einnahmen sind alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert zu verstehen, die dem Antragsteller in dem fraglichen Zeitraum zugeflossen sind. Der Erlass des Bundesfinanzministers vom 02.12.1949 sagt: Unter Einkunftsbeträgen ist jeder Geldzufluss oder jeder sonstige geldwerte Vorteil (z. B. Nutzungswert der eigenen Wohnung usw.) zu verstehen, ohne Rücksicht darauf, ob die Zuflüsse nach dem Einkommenssteuerrecht steuerpflichtig oder steuerfrei sind oder überhaupt nicht zu einer Einkunftsart gehören.

 

§ 16 (1) FG gestattet die Zusammenrechnung der Einkünfte der Ehegatten und der Angehörigen (Kinder, Stiefkinder, Adoptivkinder, uneheliche Kinder der Mutter, Enkel, Urenkel, Eltern, Geschwister, Neffen, Nichten, jedoch nur Abkömmlinge ersten Grades der Geschwister) in den Vergleichsjahren, sofern sie zum Zeitpunkt der Vertreibung oder in den Vergleichsjahren wirtschaftlich von dem Antragsteller abhängig waren. Haben diese Angehörigen ein eigenes Einkommen, das sie in die Lage versetzt, sich selbst zu unterhalten, so scheiden sie natürlich aus. Bei der Ehefrau wird man eine wirtschaftliche Unabhängigkeit nicht unterstellen können, wenn sie zur Zeit der Schädigung einen gemeinsamen Haushalt führten, weil dann ja beide Ehegatten ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse des Hausrats als Geschädigte gelten, aber nur einer antragsberechtigt ist. Es sind also die Einkünfte der Ehegatten zusammenzurechnen.

 

Hat der Vertriebene über seine Einkünfte in dem fraglichen Zeitraum keine Unterlagen mehr, und behauptet er aber, ein Einkommen gehabt zu haben, das ihn in eine günstigere als Schadensgruppe I (bis 4000,-- RM Jahreseinkünfte) bringen würde, so ist nach § 16 (1) 3 FG von dem Beruf des Geschädigten auszugehen. Nach § 16 (7) FG werden durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Berechnung und den Nachweis der Einkünfte und des Vermögens sowie darüber getroffen, welche Einkommensrichtsätze bei den einzelnen Berufsgruppen anzunehmen sind.

Fritz Pfützenreuter

 

 

Seite 4   Volksbank Insterburg. Wertpapiere-Depotunterlagen

Die Wiesbadener Bank eGmbH., Wiesbaden, Postfach 146 ist im Besitze von Wertpapierdepot-Unterlagen für die Kunden der Volksbank Insterburg. In den meisten Fällen sind nur die Namen der Kunden ohne Anschrift vermerkt; wir veröffentlichen nachstehend die Namen der Wertpapier-Inhaber und machen ausdrücklich darauf aufmerksam, dass die Wiesbadener Bank nur die Unterlagen für die Wertpapier-Kundendepots in Verwahrung hat. Die Insterburger Volksbank-Kunden, die Auskünfte über Kontokorrent-Konten oder Sparkonten wünschen, wenden sich an den Treuhänder für ostdeutsche Volksbanken: „Deutscher Genossenschaftsverband (Schulze-Delitzsch" e. V., Wiesbaden, Friedrichstr. 20".

 

Gesuchte Jetztanschriften von Kunden der Volksbank Insterburg:

1. Frieda Albath;

2. Belling;

3. Friedrich Brauer;

4. Käte Czygan;

5. Ernst Duscheleit;

6. Gustav Ehmke,

7. Gartenstadt (Rest unleserlich);

8. Otto Gronau;

9. Anna Haack, fr. Schönwaldau;

10. Tierarzt Ernst Jaekel, fr. Aulenbach;

11. Kurt Kadschun;

12. Arthur Kahlau.

13. Rechtsanwalt Krause;

14. Elise Kröhn, fr. Insterburg, Wicherstr. 5;

15. Langnick oder Lengnick;

16. Stud.-Rat Maschlanka;

17. Carl Reinke;

18. Lina Schade, fr. Bahnhof Insterburg;

19. Ella Brandstädter, verw. Schlack, fr. Waldfrieden;

20. Edeltraut Schlack, fr. Waldfrieden;

21. Schmidt-Hohmann;

22. Stachlier;

23. Thielke;

24. Weiss;

25. Martha Witt;

26. Woitkowitz, fr. Erdmannsruh.

 

 

Seite 4   Vergessener, kleiner Blumenstrauß. Von Gertrud Papendick

Die beiden Mädchen stiegen in Kiowen in den Zug nach Lyck und fanden ein Abteil das fast leer war. Nur ein einziger Mann saß am Fenster, er sah nicht auf, grüßte nicht, sagte nichts, sondern sah unentwegt, doch ohne Anteilnahme in den finsteren Abend hinaus.

 

„Wie lange fahren wir?" meinte Ilse, „eine halbe Stunde, was?" ...

 

Die beiden saßen sich gegenüber auf den Eckplätzen am Gang, bereit zu Unternehmungen und Erlebnissen; dies war ja ein ganz kostbarer Wagen, ein D-Zugwagen, und das in diesem ganz gewöhnlichen Zug auf dieser bescheidenen Strecke am Außenrande der Provinz. Dazu war er warm und hell, gepolstert und behaglich.

 

Der fremde Mann am Fenster war mittleren Alters, gut von Gestalt und Kleidung, aber doch eigentlich ungut von Angesicht oder zum mindesten von wenig ansprechendem Wesen. Er riss auf der Zwischenstation heftig das Fenster auf und schob es mit Krach wieder hoch; sein Gesicht zeigte einen Ausdruck verdrossener Ungeduld, und es war gewiss kein vertrauenerweckendes Zeichen, dass er sich gar nicht darum kümmerte, dass da zwei Mädchen in seinem Abteil saßen, wahrlich des Ansehens wert.

 

Vielleicht war er schon lange unterwegs in diesem Zug, dem kein Dorf zu gering war, um daran anzuhalten und eine geschlagene Minute zu verweilen; vielleicht war er müde, hungrig, verärgert — kein Geschäft zu machen gewesen, viel Geld eingebuttert, wer weiß, was alles — und nun zerrte er förmlich gewaltsam den Augenblick der Ankunft herbei. Es mochte für eine Frau, sofern er eine besaß, keine Freude sein, einen Mann in dieser Gemütsverfassung zu empfangen, richtig leid hätte sie einem tun können, wenn da nicht dieser zarte Gegenstand gewesen wäre, der das alles wieder aufhob. Über dem Mann im Gepäcknetz lagerten ein Koffer mittlerer Größe und eine Aktentasche; aber neben ihm, nicht dicht neben ihm, sondern auf der Mitte der Polsterbank zwischen ihm und Ilse lag ein kleiner Strauß in Seidenpapier!

 

Die beiden Mädchen sahen sich an und hätten gern ein wenig gelacht, nach der Art junger Dinger so richtig ein bisschen gequiddert. Dieser kleine Strauß passte, ganz und gar nicht zu des Besitzers unwirschem Wesen. Aber das mochte nur die  Außenseite an ihm sein, sein Herz war gewiss gut, liebevoll und bedacht. Ganz sicher hatte er das zartverpackte Sträußchen ein wenig entfernt von sich gelegt, um sich nicht aus Versehen darauf zu setzen und um es beim Aussteigen nur ja nicht zu vergessen.

 

Doch als der Zug in den Lycker Bahnhof einfuhr, als Anne die Gangtür aufzog und heraustrat und Ilse hinterher wollte, sagte der fremde Reisende in Hut und Mantel, den Koffer rechts, die Aktentasche links, mit liebenswürdigem Ton etwas ganz Unerwartetes: „Gnädiges Fräulein, Sie haben Ihr Sträußchen vergessen!"

 

Ilse sah sich erschrocken um: „Aber nein, das gehört uns ja gar nicht."

 

Auf dem Bahnsteig ging er im Gewühl hinter ihnen der Treppe zu. Die beiden drehten sich einmal verstohlen um: Siehe da! Koffer rechts, Aktentasche unterm linken Ann, in der Hand den Strauß! Den Strauß, der nun also niemand gehörte.

 

Und am Kopf der Treppe — richtig — stand wartend die Frau! Es war trotz der vielen Menschen sofort zu erkennen, dass sie das war, anders konnte sie auch ganz bestimmt nicht aussehen: eine nicht mehr junge Frau, gut gekleidet und von einer schlichten Würde, aber mit so einem müden Zug um die Augen, nicht richtig hoffnungslos, sondern eher gleichgültig im Ausdruck, so als lohnte es sich alles nicht mehr recht, — er kam nach Hause, nun ja, und was war dann? —nichts, nichts weiter, immer dasselbe — das Leben war verblüht, es gab keine Sehnsucht mehr, kaum ein bisschen Freude, und das, was man einst unter Glück verstanden hatte, das gab es sowieso nicht.

 

Ja, so sah sie aus, diese Frau an der Bahnhofstreppe, die da stand und ihren Mann erwartete. „Pass bloß auf, Anne!" sagte Ilse mit ihrem ganz gespannten Spitzbubengesicht. Und nun sahen sie mit an, was sich begab, wie der Mann auf die Frau zutrat, den Koffer absetzte und mit plötzlich strahlendem Gesicht ihre Hand ergriff: „Also, das ist ja fein!"

 

Dann gab er ihr einen Kuss, — und dann gab er ihr den Strauß. Er übereichte ihr das herrenlose Sträußchen in Seidenpapier, das er eben vom Polster des Eisenbahnwagens aufgelesen hatte, von dem er nicht ahnte, wie es inwendig aussah, mit einer kleinen, verlegenen Feierlichkeit: „Hier, Elisabeth ...!"

 

Da wurde das blasse' Gesicht der Frau wie mit Blut übergossen, sie war im Augenblick verjüngt und verschönt, ihre Augen glänzten; es klang aus ihrem Ton, als säßen ihr die Tränen nahe, ganz nahe, — „Aber Ernst, aber nein ..."

 

Er nahm seinen Koffer auf, forsch und plötzlich gut gelaunt, — er schämte sich nicht, nein, er schämte sich nicht ein bisschen, im Gegenteil, stolz war er, — und sie gingen miteinander die Treppe hinab, die Frau an seiner Seite mit umflorten Augen, sie senkte das Gesicht auf den kleinen Strauß, und einmal strich sie dem Mann leise zärtlich über den Arm ...

 

Wie viele Jahre mochte es her sein, dass er ihr zum letzten Mal Blumen brachte; vielleicht als sie ganz jung verheiratet waren. Und nun, als alles schon längst dahin war, verbraucht und wie begraben, stand er plötzlich vor ihr mit einem Strauß in der Hand.

 

Das war wohl so, als wäre ein Wunder geschehen: es gab auf einmal wieder Blumen in der Welt ...!

 

 

Seite 4   Zusammenschluss in Argentinien

Buenos Aires. Nunmehr haben sich in Buenos Aires auch die Ostpreußen zum ersten Mal zusammengefunden wobei sie dem Beispiel der landsmannschaftlichen Gruppen der Sudetendeutschen, Schlesier und Pommern folgten. Auf der Zusammenkunft, an der jetzt in Argentinien lebende Ostpreußen aus den Kreisen Pillkallen, Insterburg, Samland, Friedland u.a. sowie aus Königsberg selbst teilnahmen wurde insbesondere der landsmannschaftliche Gedanke erörtert. Einstimmig wurde die Gründung einer Heimatgemeinde in der argentinischen Hauptstadt beschlossen, welche die Pflege des alten Brauchtums, der gegenseitigen Hilfsbereitschaft sowie die Aufklärungsarbeit über deutsche Fragen, insbesondere der Heimatvertriebenen, übernehmen soll, wobei die neue landsmannschaftliche Gruppe aufs engste mit dem ,Göttinger Arbeitskreis" zusammenzuwirken beabsichtigt. Die Arbeit wird von einem Ausschuss geleitet werden, der völlig unpolitisch und überkonfessionell tätig sein wird. Als ein anderes wichtiges Arbeitsgebiet wurde die Beratung für ostpreußische Auswanderer bezeichnet. Hier sollen die Erfahrungen der bereits in Südamerika lebenden Landsleute in Zusammenarbeit mit den ostdeutschen Landsmannschaften in der Bundesrepublik verwertet werden, wobei die Schaffung einer eigenen Betreuungsstelle für Auswanderer angestrebt wird. Weitere Zusammenkünfte sind noch für diesen Monat vorgesehen.

 

 

Seite 4   Unsere Buchbesprechungen

Rolf Dircksen, Wolfschatz und Adlerfang, Tiergeschichten. Ausgewählt. 36 Fotos, Volksausgabe, Ganzleinen 5,85 DM. C Bertelsmann-Verlag, Gütersloh.

 

Ein herrliches Tierbuch ganz besonderer Art legt uns hier der durch seine Vogelbücher bekannt gewordene Tierschriftsteller Rolf Dircksen vor. Er lässt in diesem Buche 19 bekannte Tierschriftsteller zu uns sprechen und fügt aus seinen eigenen Erlebnissen noch einiges hinzu. Auf diese Weise entsteht ein zauberhaftes Bild der großen geheimnisvollen Welt der Tiere. Es erzählen die Jäger und Heger, es erzählen die Naturforscher, die Tiermaler und es wird erzählt vom Specht und vom Storch, von Wölfen, Grizzlybären, Wisenten, Adlern, Gamsen und Wildenten. Es sind Jagdgeschichten voller Spannung und Tiergeschichten, die zart und besinnlich anmuten. Wundeischöne Landschaftsschilderungen enthält das Buch. Hermann Löns und Svend Fleuron, Ernest Thompson-Seton und Egon von Kapherr erzählen uns aus ihrem reichen Schatz. Alf Bachmann, Graf Zedtwitz, Vitalis Pantenburg und noch viele andere bekannte Namen sind vertreten. Für uns Ostpreußen sind besondere Freuden Walter von Sandens Erzählung „Die Wasserspitzmaus" und Egon von Kapherrs Geschichte über den „letzten Wisent in Ostpreußen". 36 prächtige Fotos schmücken den Band. Sie stellen eine große Leistung der Fotografen dar, denn nichts ist schwerer, als Tiere in freier Wildbahn zu fotografieren und dann noch solche Meisteraufnahmen zu bringen, wie etwa den Luchs mit seiner Beute (Foto H. Fischer-Wahrenholz), W. v. Sandens Aufnahmen der Wasserspitzmause, und den schönen Elchschaufler (Foto H. Stallbaum).

 

Alles in allem ein prachtvolles Buch, dem man weiteste Verbreitung wünscht. G. v. Selle

 

 

Seite 4   Käthe Kruse, Das große Puppenspiel, 164 S., 46 Abbildungen, Leinen, 10,80 DM. Kurt Vowinckel-Verlag, Heidelberg.

Käthe Kruse Puppen! Bei diesem Wort schlagen Kinderherzen höher und auch die Erwachsenen bleiben vor den Schaufenstern einmal stehen, um „Friedebald" oder „Ilsebill" oder das „Träumerchen" zu bewundern. Der Zauber der Puppen liegt in ihrer lebendigen Natürlichkeit. Die Frau, die den Kindern ein solches Spielzeug schuf, muss ein besonderer Mensch sein. Aber wer weiß etwas über sie? Im „Großen Puppenspiel" schildert sie selbst ihr Leben, ein interessantes, ein reiches, erfülltes, glückliches Leben an der Seite des Künstlers Max Kruse und inmitten einer wachsenden Kinderschar. Berühmte Leute haben ihren Weg gekreuzt, viel Schönes durfte sie sehen und erleben, aber auch Schicksalsschläge kamen. Von allem berichtet sie so lebendig und natürlich, so erfüllt von einem goldenen Humor, dass man das Gefühl hat, sie persönlich zu kennen, dieses Leben mitzuerleben. „... eine Puppe muss etwas zum Liebhaben sein", sagt sie einmal in ihrem Buche und die ganze Wärme und Herzlichkeit, die in diesem kurzen Ausspruch liegt, kennzeichnet Leben und Wesen dieser Frau. Sie plaudert mit einer fast spielerischen Leichtigkeit, die die große Künstlerin zeigt, es wirbelt fröhlich um sie herum: Puppen, Kinder, Hunde Autos, und noch einmal Puppen, und Reisen, und viele, viele Schwierigkeiten, und Freunde, und über dem allen der Mann, der Künstler, der ihr ganzes Leben leitet.

 

Käthe Kruse selbst fasst ihr Werk zusammen in die Worte: … ich bin keine Kindernärrin und auch keine Philosophin. Aber vielleicht eine lebendige Idealistin. Es ist meine Überzeugung, dass wir fertig auf die Welt kommen, ausgestattet mit bestimmten Gaben, an denen sich nicht viel ändern lässt. Das Gute zu unterstützen, das Ungute zu sänftigen, scheint mir primitive Aufgabe aller Erziehung. Alles was wir an Gutem mitbekommen haben ist ein Gnadengeschenk, und was wir aus diesem Geschenk entwickeln, ist also nicht des Aufhebens wert."

 

Aus dieser Auffassung entstand das Buch, das ein eindringliches Zeitgemälde und zugleich das Bild einer ungewöhnlichen Frau darstellt, vor der wir mit dankbarer Bewunderung stehen.

G. v. Selle

 

Goldmanns Taschenbücher. Reihe Unterhaltung. Bände: 301 Paul Keller, Die Heimat: 302 Jakob Christoph Heer, Tobias Heider; 303 Horst Wolfram Geissler, Die Glasharmonika; 304 Kristmann Gudmundsson, Morgen des Lebens. München, Wilhelm Goldmann Verlag. Jeder Band 1,90 DM.

 

Zu den bekannten billigen Buchreihen tritt jetzt auch der Verlag Wilhelm Goldmann mit einer besonderen Reihe, in der er als erste Bände die oben verzeichneten vorlegt. Man kann diesen Entschluss nur begrüßen, da bereits diese Proben erkennen lassen, dass das Anliegen des Verlages ein charakteristisches ist, und daher eine Lücke in dem bereits vorliegenden reichen Schrifttum dieser Art auszufüllen geeignet ist. Die vorliegenden Titel verbindet jedenfalls eine bestimmte Weise literarischer Ausdrucksform die, wie es scheint, heute etwas In den Hintergrund getreten ist. Es ist gediegenste Kunst, die vielleicht nicht im Vordergrund des Schaffens stehen mag, die keine neuen literarischen Erkenntnisse vermittelt, aber die etwas in sich großes bedeutet, indem sie bestes Gut der unterhaltenden Prosa in einer ansprechenden  äußeren Gestalt dem Leser in die Hand gibt. Es berührt äußerst sympathisch, dass der erste Band der Reihe den Titel „Die Heimat“ trägt und zum Verfasser einen Mann hat, der den aus dem deutschen Osten nicht nur herzlich vertraut ist, sondern der von allen aufrichtig geliebt wird: Paul Keller.

 

Es will scheinen, als ob keine bessere Wahl getroffen werden konnte, um diese vielversprechende Reihe zu eröffnen, denn damit ist der Ton der Sammlung deutlich zum Ausdruck gebracht. Denn auch die anderen Bände geben Proben bester Unterhaltungskunst. Ein Mann wie Heer musste unbedingt unter den ersten sein, der seine Aufgabe darin gesehen hatte: „Guten Sinn, Licht und etwas Sonntägliches ins Leben zu tragen. „Sein Tobias Heider in dem Heer aus seinem Leben berichtet, steht hier an dem richtigen Platz. Und wer würde sich nicht freuen, in diesem Rahmen Geissler zu begegnen. Hier mit der entzückenden „Glasharmonika“. Endlich ist Gudmundsson „Morgen des Lebens“ zu verzeichnen, ein sehr ernstes Buch. In der nordischen Welt tauchen hier tiefste Probleme der Menschheit auf, so wie es das Vorhaben dieses tiefen Künstlers überhaupt ist. Man kann nur hoffen, dass der Verlag auf dem begonnenen Weg weiter voranschreiten möge. grs.

 

Ernst Meyer-Camberg. Das praktische Lexikon der Naturheilkunde. 480 S. mit 330 Zeichnungen, 56 Bildtafeln mit 74 farbigen Abbildungen und 94 Fotos. Volksausgabe. Ganzleinen 8,50 DM. C. Bertelsmann Verlag, Gütersloh.

 

Dieses Lexikon hat der C. Bertelsmann Verlag in seiner Reihe „Praktische Ratgeber in Volksausgaben“ herausgebracht. Es ist eine dankbare Aufgabe die neuen Erkenntnisse in der Naturheilkunde weiten Kreisen zugänglich zu machen. Für jeden einzelnen Menschen ist es von entscheidender Wichtigkeit: Wie erhalte ich mich vor Krankheiten und auch wie kann ich eventuell die Krankheiten selbst bekämpfen?

 

Ein bekannter naturheilkundlicher Facharzt gibt ausführlich Auskunft und Rat. 2 500 Stichwörter enthält das Lexikon, dazu kommen über 300 Bilder, Tafeln, Fotos. Für jeden verständlich sind die Dinge dargestellt, alle nennenswerten Krankheiten und die Methoden der verschiedenen Naturheilverfahren werden dem Leser erklärt. Außerdem werden Richtlinien gegeben für eine gesunde Lebensweise, richtig Ernährung, Sport, Gymnastik, Kneippkuren. Das Buch ist ein ausgezeichneter Ratgeber und es sollte in keiner Familie, vor allem in keiner kinderreichen fehlen.

G. S.

 

Seite 5   Kindersuchdienst des Deutschen Roten Kreuzes, Hamburg-Osdorf, Blomkamp 51, mit Fotos.

 

Name: unbekannt

Vorname: unbekannt

Geboren: 20.09.1943 (geschätzt)

Augen: blau

Haare: blond.

Der Knabe wurde in einem Kinderwagen im Krankenhaus der Barmherzigkeit, Königsberg, verwundet eingeliefert. Bild Nr. 485

 

Name: unbekannt

Vorname: unbekannt

Geboren etwa 1943

Augen: grau

Haare: mittelblond

Der Knabe kam März 1945 mit einem Kindertransport in die Westzone. Vermutlich stammt er aus Ostpreußen. Bild Nr. 78

 

Name: unbekannt

Vorname: unbekannt

Geboren etwa 1945

Augen: blaugrün

Haar: hell- bis dunkelblond

Der Knabe lag in einem Wehrmachtslastwagen, der mit 4 bis 5 anderen Wagen auf dem Bahnhofsvorplatz in Seerappen stand. Bild Nr. 963

 

Seite 5   Nordostpreußen sowjetische Kriegsbasis

Der sowjetisch besetzte Teil Ostpreußens ist nach wie vor außerordentlich stark mit Truppen der Roten Armee belegt, wird dem Londoner „Dziennik Polski" aus dem benachbarten polnisch verwalteten Südostpreußen berichtet. Insbesondere in Friedland, Preußisch-Eylau, Gerdauen und Tapiau liegen starke motorisierte Verbände. Die Grenze zwischen dem sowjetisch und dem polnisch besetzten Teil Ostpreußens ist scharf bewacht und für den Zivilverkehr hermetisch gesperrt. Jedoch wird ein reger Verkehr von sowjetischen Militärpersonen nach dem Süden hin verzeichnet, insbesondere da im polnischen Verwaltungsgebiet einige sowjetische Truppeneinheiten „zur Sicherheit der Verkehrswege" stationiert sind. Es handelt sich dabei um MWD-Verbände, die zu 50 Prozent aus dem Lande verproviantiert werden müssen. Nordostpreußen wird nach Feststellung des polnischen Beobachters als „Kriegsbasis" ausgebaut, deren Vorfeld sich nach Süden hin bis Allenstein erstreckt. Die hauptsächliche „Rollbahn" ist dabei die Autobahn Königsberg — Elbing.

 

Seite 5   Wir gratulieren!

Ihr Staatsexamen in Massage und Fußpflege hat im Krankenhaus „Bergmannsheil“ in Bochum Frau Lisbeth Roski, Herne, Altenhöfener Strape 78, bestanden. Sie ist die Tochter des Fuhrunternehmers Hans Broscheit, aus Königsberg Preußen, Vorderlomse 3.

 

Das Fest der goldenen Hochzeit feiern am 29. Oktober 1953, der frühere Gutsbesitzer Kurt Pörsche und Frau Elsbeth, geborene Lau, aus Kerpen, Kreis Mohrungen, jetzt wohnhaft in Bodenstedt über Braunschweig.

Das Jubelpaar begeht den seltenen Ehrentag gleichzeitig mit der silbernen Hochzeit ihrer ältesten Tochter und der grünen Hochzeit ihres ältesten Enkels in Einswarden bei Nordenham in Oldenburg.

 

Am 6. September beging der Packmeister Franz Teichert, früher Königsberg, Schönbergerstraße 25, seinen 75. Geburtstag. Er wohnt jetzt bei seiner Tochter, Frau Gertrud Holweck, i n Rotenburg, Hannover, Gr. Str. 19.

 

Ihren 90. Geburtstag beging am 16.09.1953 die Witwe Meyer, aus Pillau, jetzt Rotenburg, Hannover, Freudenthalerstraße 8

 

Geburtstage in Flensburg

Im Monat Oktober können die nachstehend aufgeführten Mitglieder der Ostpreußenfamilie in Flensburg ihren Geburtstag feiern:

Am 01.10.1953. Frau Anna Freywald, A, Blasberg 7, früher Königsberg, 74 Jahre

 

Am 01.10.1953. Herr August Wiesberger, Klosterholzweg 18, früher: Grenzheide, Kreis Schloßberg, Ostpreußen, 83 Jahre alt

 

Am 03.10.1953. Herr August Borowski, Ochsenweg 36, früher: Mijehnen, Kreis Braunsberg, 83 Jahre alt.

 

Am 05.10.1953. Herr Karl Dreßler, Norderstraße 85, früher: Prediger in Bischofsburg, 80 Jahre;

 

Am 06.10.1953. Frau Luise Lange, Waldstraße, früher: Insterburg, Tunnelstraße 4, 71 Jahre.

 

am 07.10.1953. Frau Wilhelmine Migge, Burgstraße 9, früher Karponen, Kr. Angerapp, 70 Jahre;

 

am 08.10.1953. Frau Minna Schoettke, Apenrader Straße 8, früher Pillau, 70 Jahre;

 

am 08.10.1953. Frau Martha Slottke, 80 Jahre;

 

am 09.10.1953. Frau Elise Labjon, Karlstraße 6, früher Schippenbeil, Kreis Bartenstein, 70 Jahre;

 

am 10.10.1953. Frau Clara Bartlick, Ballastbrücke 29, früher Mühlhausen, Kreis Pr.-Holland, 74 Jahre;

 

am 13.10.1953. Frau Frieda Schemel, Schiffbrückstr. 6, früher Königsberg (Pr.), 70 Jahre;

 

am 15.10.1953. Herr Benno Schroeter, Friesische Straße 105, früher Königsberg (Pr.), Ritterstraße 15, 72 Jahre;

 

am 17.10.1953. Herr Paul Boretius, Moltkestraße 14, früher Gut Bertaswalde, Kr. Samland, 71 Jahre;

 

am 17.10.1953. Frau Marie Döhring, 73 Jahre;

 

am 20.10.1953. Herr Johann Kensbock, Duburger Straße 21, 74 Jahre;

 

am 21.10.1953. Herr Hugo Weinberg, Mathildenstraße 8, früher Neidenburg, Feldstr., 72 Jahre;

 

am 23.10.1953. Frau Auguste Markgraf, Lager Twedterholz, früher Pillau, Gr. Fischerstraße 10, 83 Jahre;

 

am 24.10.1953. Frau Johanna Kuhr, 72 Jahre;

 

am 25.10.1953. Frau Amalie Gerlitz, Glücksburger Straße 88, früher Königsberg (Pr.), Löben. Langgasse 8, 72 Jahre;

 

am 26.10.1953. Frau Luise Paugstadt, Lager Westerallee, 71 Jahre;

 

am 26.10.1953. Herr Johann Tomeit, Mützelburglager, früher Memel, 73 Jahre;

 

am 29.10.1953. Frau Berta Lach, Lager Weiche II, früher: Ilgenhöh, Kreis Osterode, 74 Jahre.

 

Am 29.10.1953. Frau Emilie Lau, Klaus-Groth-Straße 7, früher: Hermsdorf, Kreis Heiligenbeil, 70 Jahre

 

am 30.10.1953. Frau Henriette Matzat, Lager Strandweg, früher: Insterburg, Gerichtsstraße 7, 75 Jahre

 

am 30.10.1953. Frau Emma Pörr, Südergraben 73, früher: Lötzen, Gymnasialstraße 8, 71 Jahre

 

am 31.10.1953. Frau Berta Simoleit, Lager An der Reitbahn 17, früher: Rastenburg, Hindenburgstraße 89, 71 Jahre.

 

 

Von den Vorstandsmitgliedern und Delegierten zum Hauptausschuss können ihren Geburtstag feiern:

 

Am 11.10.1953. Herr Fritz Lutzkat, Glücksburger Straße 99, früher; Insterburg, 58 Jahre;

 

Am 24.10.1953. Herr Rudolf Finsterwalter, Glücksburger Straße 82, früher: Memel, 61 Jahre.

 

Allen Geburtstagskindern gratuliert die Ostpreußenfamilie, insbesondere der Vorstand der Landsmannschaft Ostpreußen, Flensburg aufs herzlichste und wünscht Ihnen alles Gute für das neue Lebensjahr.

Armoneit

 

50 Jahre Froese & Co., Tief- und Straßenbau in Schöppenstedt

Eine der wenigen Vertriebenenfirmen denen es nach dem Inferno der Vertreibung gelungen ist, im Lande Braunschweig wieder festen Fuß zu fassen ist die Tief- und Straßenbaufirma Froese & Co in Schöppenstedt, die am 1. Oktober 1953 auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken kann. Unter der bewährten Leitung ihres Seniorchefs W. Froese und seines Sohnes Hubert Froese gehört jetzt die Firma mit zu den bekanntesten Straßenbauunternehmen im Zonengrenzraum. Der am 05.07.1877 in Groß Trinkhaus, Kreis Allenstein geborene Seniorchef gründete am 1. Oktober 1903 zusammen mit seinem Bruder August Froese in Danzig das heutige Unternehmen. Die Hauptaufgabengebiete des Unternehmens waren Entwässerungen, Flurregulierungen und Straßenbauten in Westpreußen. Im Jahre 1907 trennten sich die Brüder und der jetzige Seniorchef verlegte seinen Betrieb nach Köslin in Preußen, wo durch die Übernahme großer Aufträge der Preußischen Ansiedlungskommission in Posen eine Sitzverlegung nach Posen erforderlich wurde.

 

Nach der Einverleibung Posens in den polnischen Staat wurde ein Umzug nach Konitz/Westpreußen notwendig. Durch große Aufträge erweiterte sich die Kapazität des Unternehmens so, dass teilweise bei Straßen-, Eisenbahn- und Brückenbauten zeitweise bis zu 1 500 Menschen beschäftigt wurden. Bei Ausbruch des Krieges verlor das Unternehmen fast sämtliches Baugerät und konnte nach der Befreiung des Raumes durch deutsche Truppen aber ihre Tätigkeit sofort wieder aufnehmen, wobei sehr erhebliche Straßenbauten im früheren Korridorgebiet höchste Anforderungen an den Betrieb stellten. Im Jahre 1939 trat der älteste Sohn, Hubert Froese, als Teilhaber in die Firma ein. Nach dem Zusammenbruch — nach Schöppenstedt verschlagen — wurde unter schwierigen Verhältnissen die Firma wieder aufgebaut, die am Ausbau des Straßennetzes im Kreise Wolfenbüttel einen erheblichen Anteil hat. Am Tage des 50-jährigen Bestehens kann der Seniorenchef wieder auf einen gutfundierten Betrieb blicken, der auch jetzt wieder 60 Beschäftigte hat. Der Juniorchef steht als Stadtverordneter auch in der öffentlichen Arbeit im Dienste seiner Mitmenschen.

 

 

Seite 5   Kuren-Wimpel!

Zwei Kartons mit holzgeschnitzten Teilen für Kurenwimpel stehen interessierten Landsleuten zur Verfügung. Die Figuren sind noch anzumalen und zu Wimpeln zusammenzustellen. Die Figuren werden gegen Erstattung der Versandkosten zur Verfügung gestellt von Frau G. Wiemer, Bad Hersfeld/Fulda, Brückenmüllerstr. 11.

 

Seite 5   „Graue Erbsen"

Welche ostpreußische Firma kann „Graue Erbsen", wie wir sie in unserer Heimat aßen, liefern? Nachricht an Frau Gerta von Wyszecki, 13a, Schwabach, Mfr., Hembacher Weg 7 erbeten.

 

 

Seite 5   Aus den Landsmannschaften

Flensburg

In der Nikolai-Knabenschule fand, wie allmonatlich, die Mitgliederversammlung der Landsmannschaft Ostpreußen statt, die der 1. Vorsitzende. Schulrat a. D. Babbel, eröffnete. Nach Ehrung der verstorbenen Landsleute hielt er ein längeres Referat über die innen- und außenpolitische Lage, wobei er insbesondere die Bundestagswahl beleuchtete und auf die Regierungsbildung zu sprechen kam. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen sagte der Redner: „Nach wie vor dürfe wohl die Wiedervereinigung Deutschlands eines der Hauptziele der neuen Regierung sein", die nach dieser starken Willensäußerung des deutschen Volkes wohl etwas Stärker vorangetrieben werden müsse.

 

Der 3. Vorsitzende, Bocian, gab wichtige geschäftliche Mitteilungen bekannt und sprach dann über das Leben innerhalb der Landsmannschaft, an dem leider noch nicht alle Ostpreußen teilnehmen. Er streifte dann erneut das gemeinnützige landsmannschaftliche Werk der Sterbehilfe, das sich schon bei vielen Landsleuten segensreich ausgewirkt habe. Ein kurzer Bericht über das große Landestreffen der Landsmannschaft Ostpreußen in Neumünster leitete zu einem Vortrag der Kulturwartin, Frl. Hennig, über.

 

Gruppe Mürwik.

Die monatliche Mitgliederversammlung der Gruppe Mürwik wurde durch den Gruppenleiter Frank eröffnet. Frl. Hennig trug das mit Humor gewürzte, immer wieder gern gehörte „Märchen von den deutschen Strömen" von Paul Keller vor. Nach Gedenken der verstorbenen Landsleute durch Schulrat Babbel ergriff dieser das Wort zu längeren Ausführungen über das Zeitgeschehen.

 

Ausgehend von der Ansiedlung der Salzburger in Ostpreußen wies Babbel auf die Toleranz des preußischen Staates gegenüber Andersdenkenden hin. Viel Leid wäre auch der heutigen Generation erspart geblieben, hätte man eine ähnliche Toleranz auch uns gegenüber gezeigt. Er erwähnte kurz besondere kommunalpolitische Maßnahmen, um dann zur außenpolitischen Lage nach den Bundestagswahlen überzugehen. Scharf geißelte der Redner das Unverständnis der dänisch Gesonnenen gegenüber dem Nordprogramm, das im Übrigen eine durchaus günstige Einstellung des amerikanischen Außenministers fand. Auch dieses Problem dürfte seine endgültige Lösung im Friedensvertrag finden.

 

Es schloss sich dann ein kleines buntes Programm an, bei dem Landsmann Burdinski, durch seinen prächtigen Humor die Anwesenden unterhielt. Nicht zuletzt war es auch ein musikalischer Sketsch, vorgetragen von den Damen Hiller und Lutzkat, der die Landsleute in fröhliche Stimmung versetzte.

 

 

Berchtesgaden

In der September-Sitzung der Vereinigung der Ost- und Westpreußen gab der Vorsitzende einen umfassenden, allgemein interessierenden Überblick, über die Bundestagswahlen und deren vermutliche Auswirkungen auf die Lage der Heimatvertriebenen. Verschiedene Mitglieder berichteten über den Besuch auf der Ostpreußenhütte aus Anlass des Jubiläums und der Ferienreisen. Frau Katzfuß wurde zum 70. Geburtstag gratuliert und die Mitglieder wurden aufgefordert, den früh. Vorsitzenden der Vereinigung, Ldsm. Schadau, im Krankenhaus zu besuchen. Die nächste Monatsversammlung findet am 4. Oktober 1953, die Jahreshauptversammlung mit Vorstandswahl am 8. November 1953 statt.

 

Rotenburg/Hann.

Die Landsmannschaft Ostpreußen in Rotenburg/Hann, unternahm in diesem Sommer zwei Ausflüge, die wohl zur Zufriedenheit aller Beteiligten ausfielen. Nach dem ersten Ausflug in die Künstlerkolonie Worpswede (mit Besichtigung der verschiedenen Ausstellungen) fuhren wir dann nach Bad Pyrmont. Unterwegs, vom Wettergott mit strahlendem Sonnenschein bedacht, besichtigten wir die Porta Westfalica und weiter ging es über Minden und Hameln dem Bückeberg zu. Hier konnten sich die Fahrtteilnehmer an der reichen Pracht des Schlosses und der Kapelle ergötzen. Bad Pyrmont hatte seinen großen Tag. Es war der goldene Sonntag der Stadt und außer den Schönheiten des Kurparks, des Palmengartens usw. sah man am Abend dann den Höhepunkt, nämlich die Parkbeleuchtung und das Feuerwerk. Es war für alle Teilnehmer ein wirkliches Erlebnis, da viele Landsleute diesen Lichterglanz wohl zum ersten Mal im Leben sahen. Sie waren deshalb auch gar nicht böse darum, dass wir erst gegen Morgen in unserem Heidestädtchen landeten.

 

Der „Tag der Heimat" wurde gemeinsam mit dem BvD gestaltet, wobei die Landsmannschaft Ostpreußen die Programmgestaltung durchführte.

 

Seesen a. Harz

Zur Heimatstunde füllten die Ost- und Westpreußen den großen Saal des Ratskellers bis auf den letzten Platz. Ganz wie zu Hause war es wieder bei der Durchführung des kulturellen Programms „Merkwürdige ostpreußische Ortsnamen und sprachliche Kuriositäten". Lachsalven und Beifallsstürme begleiteten auch die von Frau Falke vorgetragenen humoristischen Schöpfungen von Heimatdichtern. — Für den 3. Oktober bereitet die Kulturreferentin Frau Donnermann eine Erntefeier mit Brauchtum und Liedgut der Heimat vor.

 

 

Verein heimattreuer Ost- und Westpreußen zu Hannover

Am Freitag, den 9. Oktober 1953 veranstaltet der Verein, um 19.30 Uhr, im großen Saal der Brauereigaststätte in Hannover-Herrenhausen, einen kleinen Tonfilmabend mit anschließendem geselligem Beisammensein bei Musik und Tanz. Es werden folgende Kurzfilme gezeigt: „Brücken über Europa", „Kleiner Mann auf großer Reise", „Der große Bär", „Sichere Fahrt", und „Unsterblicher Eulenspiegel". Eintrittspreis: Für Mitglieder --,10 DM (Vereinsgroschen) gegen Vorzeigung der Mitgliedskarte, sonst --,70 DM.

 

Beitragszahlung: Die Mitglieder des Vereins werden gebeten, den am 01.10.1953 fällig werdenden letzten Vierteljahresbeitrag auf das Postscheckkonto des Vereins, Hannover Nr. 12 2176, zu überweisen.

 

Voranzeige: Zu dem im Monat November stattfindenden Stiftungsfest wird bereits jetzt schon gebeten, Spenden für eine reichhaltige Tombola auszuwählen und bereitzuhalten. Näheres über das Stiftungsfest selbst wird in der Novemberausgabe der „Ostpreußen-Warte" bekannt gegeben.

 

Sonstiges: Wer von der ost- und westpreußischen Landsleuten in Hannover Lust und Liebe am Gitarrenspiel hat, möge sich schriftlich bei Landsmann Horst Frädrich, Hannover. Herrenhäuser Str. 126 wenden. Eine gute Gitarre steht zur Verfügung.

 

 

Seite 5   Suchdienst der Heimatortskartei für Ostpreußen. Wenn Ihnen über den Verbleib der Gesuchten etwas bekannt ist, geben Sie bitte direkt Nachricht an die Heimatortskartei für Ostpreußen — (24b) Neumünster, Postfach 178. Es werden gesucht:

 

941. Ortelsburg, Kreis Ortelsburg: Trojahn, Elisabeth, geb. 17.01.1873, gesucht von Trojahn, Friedrich

 

942. Ortelsburg, Kreis Ortelsburg: Tutaß, Auguste, geb. Zamorski, ges. von Maijer, Wilhelmine

 

943. Ortelsburg, Kreis Ortelsburg: Tutaß, Auguste, geb. Junga, ges. von Maijer, Wilhelmine

 

944. Ortelsburg, Kreis Ortelsburg: Tutaß, Karl, geb. August 1892, ges. von Maijer, Wilhelmine

 

945. Ortelsburg, Kreis Ortelsburg: Tutaß, Wilhelm, geb. 15.09.1889, ges. von Maijer, Wilhelmine

 

946. Ortelsburg, Kreis Ortelsburg: Zilonka, Friedrich, geb. 05.02.1880, ges. von Jodlauk, Hedwig

 

947. Ortelsburg, Abbau Nord: Stelmaszyk, Charlotte, geb. 14.12.1873, ges. von Stelmaszyk, Franz

 

948. Ortelsburg, Abbau Nord: Stelmaszyk, Johann, geb. 24.06.1871, ges. von Stelmaszyk, Franz

 

949. Ortelsburg, Abbau Nord 3: Patscha, Johann, geb. 02.04.1902, ges. von Karzewski, Antonie

 

950. Ortelsburg, Abbau Süd: Embacher, Marie, geb. ca. 1884, ges. von Stenzel, Anna

 

951. Ortelsburg, Abbau Süd: Gritzan, Gustav, geb. 03.11.1900, ges. von Müller, Ernst

 

952. Ortelsburg, Adolf-Hitler-Straße: Kelm, Bernhard, geb. 26.05.1927, ges. von Kelm, Edmund

 

953. Ortelsburg, Adolf-Hitler-Pl. 33: Hinzberg, Rosemarie, geb. 10.09.1939, ges. von Jachtmann, Gottfried

 

954. Ortelsburg, Adolf-Hitler-Pl. 33: Schulz, Otto, geb. 12.03.1909, ges. von Schulz, Emmi

 

955. Ortelsburg, Adolf-Hitler-Pl. 36: Oppermann, Marianne, geb. 06.10.1926, ges. von Heise, Horst-Erich

 

956. Ortelsburg, Adolf-Hitler-Pl. 38: Wirth, Anna, geb. 27.02.1900, ges. von Wirth, Johann

 

957. Ortelsburg, Adolf-Hitler-Pl. 233: Szybalsky, Lieselotte, geb. 12.06.1927, ges. von Jehske, Wanda

 

958. Ortelsburg, Am Anger: Dutz, Frieda, geb. 09.05.1904, ges. von Schnädelbach, Friedrich

 

959. Ortelsburg, Amselweg 1: Nehring, Emma, geb. 22.02.1910, ges. von Jendreizik, Heinz

 

960. Ortelsburg, Bahnhofstraße 3: Kolatzek, Johann, geb. 23.08.1886, ges. von Kolatzek, Auguste

 

961. Ortelsburg, Bahnhofstraße 24: Kempas, Berta, geb. 28.11.1883, ges. von Kempas, Bertha

 

962. Ortelsburg, Berliner Straße 4: Kostrzewa, Otto, geb. 22.11.1891, ges. von Friebe, Martha

 

963. Ortelsburg, Berliner Straße 7: Fraßa, Elfriede, geb. 10.07.1917, ges. von Friedrich, Frieda

 

964. Ortelsburg, Berliner Straße 7: Stahl, Erna, geb. 04.06.1916, ges. von Friedrich, Frida

 

965. Ortelsburg, Beuthener Straße 11: Klischat, Amalie, geb. ca. 1902, ges. von Sparka, Marie

 

966. Ortelsburg, Beuthener Straße 12: Krzensk, Maria, geb. 15.12.1880, ges. von Kleiböhmer, Anna

 

967. Ortelsburg, Bismarckstraße 2: Kompa, Karoline, geb. 10.06.1884, ges. von Bartsch, Erika

 

968. Ortelsburg, Bismarckstraße 3: Gelbrecht, Mathilde, geb. 26.09.1864, ges. von Gelbrecht, Elisabeth

 

969. Ortelsburg, Bismarckstraße 3: Meißner, Wilhelm, geb. 01.04.1893, ges. von Meißner, Therese

 

970. Ortelsburg, Burgstraße 1a: Stach, Frieda, geb. 22.10.1891, ges. von Hagen, Ellen

 

971. Ortelsburg, Danziger Straße 45: Tutas, Samuel, geb. 12.12.1874, ges. von Jeromin, Luise

 

972. Ortelsburg, Dickmannstraße 12: Marx, Hildegard, geb. 29.12.1892, ges. von Marx, Erwin

 

973. Ortelsburg, Elsässer Straße 2: Plasan, Charlotte, geb. 19.04.1862, ges. von Plasan, Wilhelm

 

974. Ortelsburg, Elsässer Straße 2: Plasan, Johann, geb. 09.09.1859, ges. von Plasan, Wilhelm

 

975. Ortelsburg, Erich-Koch-Straße 2: Bralluch, Berta, geb. 16.01.1904, ges. von Gleisch, Erna

 

976. Ortelsburg, Erich-Koch-Straße 2: Czech, Armin, geb. 13.12.1940, ges. von Czech, Paul

 

977. Ortelsburg, Erich-Koch-Straße 2: Czech, Magarete, geb. 12.04.1922, ges. von Czech, Paul

 

978. Ortelsburg, Erich-Koch-Straße 2: Czech, Peter, geb. 09.07.1944, ges. von Czech, Paul

 

979. Ortelsburg, Erich-Koch-Straße 21: Traß, Christel, geb. August 1920, ges. von Traß, Gerda

 

980. Ortelsburg, Erich-Koch-Straße 21: Traß, Gisela, geb. Januar 1941, ges. von Traß, Gerda

 

981. Ortelsburg, Ernst-Meyer-Straße 11: Meyer, Ida, geb. 10.12.1898, ges. von Klein, Frieda

 

982. Ortelsburg, Ernst-Meyer-Straße 11: Meyer, Otto, geb. 18.03.1899, ges. von Klein, Frieda

 

983. Ortelsburg, Ernst-Meyer-Straße 14: Pokorra, Anna, geb. 04.12.1859, ges. von Pokorra, Erna

 

984. Ortelsburg, Ernst-Meyer-Straße 21: Tumzik, Hildegard, geb. ca. 1924, ges. von Siekiera, Johann

 

985. Ortelsburg, Ernst-Meyer-Straße 21: Tumzik, Waltraud, geb. ca. 1926, ges. von Siekiera, Johann

 

986. Ortelsburg, Ernst-Meyer-Straße 32: Loboda, Charlotte, geb. 27.01.1898, ges. von Funk, Auguste

 

987. Ortelsburg, Ernst-Meyer-Straße 37: Simmat, Anna, geb. 05.07.1875, ges. von Summat, Erich

 

988. Ortelsburg, Feldstraße 4: Ziwitza, Paul, geb. 03.03.1915, ges. von Ziwitza, Berta

 

989. Ortelsburg, Fiugatterstraße: Kiy, Otto, geb. 07.06.1907, ges. von Kiy, Maria

 

990. Ortelsburg, Fiugatterstraße: Polendt, Emma, geb. ca. 1897, ges. von Plaumann, Alma

 

 

 

Seite 6   700 Jahre Kreuzburg, Ostpreußen. Auch diese Stadt versank in Schutt und Asche.

Foto: Schlossruine

Foto: Am Pasmarfluss

Nur 28 Kilometer von Königsberg entfernt, lag das stille Kreuzburg mit seinem romantischen Keygstertal, der Perle der Stadt. Unsere Bilder zeigen eine verträumte Gasse dieses alten Städtchens sowie die frühere Talmühle.

Aus der grauen Vorzeit unserer engeren Heimat und ihrer Bewohner sind uns nur spärliche Nachrichten überliefert worden. Dennoch ist durch geschichtliche Funde aus vorchristlicher Zeit erwiesen, dass damals schon mit den Bewohnern des Pruzzenlandes Handelsbeziehungen bestanden haben, z. B. mit römischen Handelsleuten, bei denen bereits zu jener Zeit Bernstein — unser ostpreußisches Gold — bekannt und geschätzt war. Auch der römische Geschichtsschreiber Tacitus erwähnt schon die „Peruus — Pruzzen" und schildert die Bewohner dieses Landes als große rüstige Leute mit blauen Augen, ungeschorenem Bart, langen schlichten Haaren und rotem Gesicht. Er rühmt ihre Gastfreundschaft, Ritterlichkeit und Tapferkeit sowie ihre Treue und Dankbarkeit. Wikingerfunde sprechen dafür, dass auch zu den nordischen Ländern bereits damals Handelsverbindungen bestanden, wenn auch die Hauptbeschäftigung der Bewohner der Ackerbau bildete. Dichte Wälder, ausgedehnte Brüche (Zehlaubruch) bedeckten damals noch das Land. Von den Höhen (Ausläufer des baltischen Höhenzuges und des Stablack) schauten Wallburgen die Sitze der Edlen, ins weite Land, unter deren Schutz sich die Bevölkerung angesiedelt hatte. Der Landesteil (Gau) hieß ,,Natangen", wie die Landessage erzählt nach dem sechsten Sohne Widenuds Natango. Unser plattdeutscher Heimatdichter Wilhelm Reichermann preist in seinem Gedicht „Herkus Monte" unsere Natanger Heimat mit folgenden Versen:

 

Zwischen Ermland, Alle, Pregel und des Frischen Haffes Strand

Liegt an Wäldern reich und Bächen der Natanger schönes Land.

Ebenen und Hügel wechseln lieblich miteinander ab

Und auf alles, wie ein Vater, schaut der Goida still herab.

Hünengräber, Burgruinen, alter Heidenvölker Spuren

Sind Beweise für des Landes tausendjährige Kulturen.

Auf der Flüsse steilen Rande sieht man manchen Schlossberg ragen

Heute noch als stummen Zeugen aus verflossenen alten Tagen.

W. Reichermann —Creuzburg, aus seinem Gedicht „Herkus Monte".

 

Dörfer wie Schnakeinen (Snokayn), Porschkeim (Perskaym), Krücken (Crukin), Sollau (Solido), Kilgis (Killionyn), Tykrigehnen (Tickrieyn), Tharau (Thoraw) u. s. f. lassen heute noch ihren altpreußischen Namen erkennen.

 

Mit dem Vordringen der Ordensritter in das Preußenland wandelte sich das Bild des Landes. In einem jahrzehntelangen Kampf um seine Existenz und die Heimat unterlag schließlich das tapfere Preußenvolk der überlegenen Kriegsführung der Ordensritter. Auch die alte Wallburg auf dem Schlossberg in Kreuzburg fiel in die Hand des Feindes, der hier nach den Regeln der Ordensbaukunst diese Feste zur Sicherung des eroberten Landes ausbaute. Heute noch lassen die an der Westseite des Schloßberges nach dem Keyster zu gelegenen Grundmauerreste die damalige Ausdehnung der Burg erkennen. Nach den Fundamentresten zu schließen, hatte die Burg etwa die Form eines Rhomboides; die Hauptburg lag nach Süden und war durch einen Zuggraben von der Vorburg getrennt. Der noch heute erhaltene Mauerbogen ist wahrscheinlich ein Teil des ehemaligen Wehrganges gewesen. Auf der äußersten Nordecke des Schlossberges befand sich, nach den starken Fundamenten zu urteilen, ein Turm. Bei Ausgrabungen auf dem Burggelände fand man unter dem alten Pflaster des Burghofes, getrennt durch Mauerschutt, ein tiefergelegenes zweites, das noch von der ersten Erbauung der Burg herrührte. Es entstand damals schon neben der altpreußischen Ansiedlung der Ansatz zur späteren Stadt.

 

Über die Erbauung von Kreuzburg befand sich im Staatsarchiv zu Königsberg u. a. folgende Notiz: „Da Cruzeburgk gebuwet wart, tusentzweihundertdriundvunfczig Jahr". Die Handschrift stammt aus dem 14. Jahrhundert. Auch die Aufzeichnungen eines samländischen Domherrn aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts enthalten die Mitteilung: „Anno Domini 1253 Cruczeburg construitur". Diese Nachricht wird noch durch die Annalen einer älteren Thorner Chronik bestätigt, aus welcher hervorgeht, dass der comthur von Creuzburch an einer Verhandlung in Thorn im Jahre 1274 teilgenommen habe.

 

Nach der Zerstörung der Burg und der in ihrem Schutz gelegenen christlichen Ansiedlung im zweiten Aufstand der Pruzzen ist dann Burg und Stadt 1315 wieder aufgebaut worden. In einer Urkunde im staatlichen Archiv steht hierüber wie folgt: „Wir haben aus reiflicher Überlegung und Bestimmung unsern Brüdern aufs neue ausgethan und errichtet eine Stadt, Creuzburg genannt." Der Ausdruck „auff neue" lässt erkennen, dass eine Ordenssiedlung schon bestanden hatte.

 

Im Laufe der späteren Jahrhunderte ist Kreuzburg oft von Kriegsstürmen (1807) schwer heimgesucht, ebenso haben Feuersbrünste (1634 und 1818) und die Pest (1709/11) in der Stadt gewütet, und es hat Jahrzehnte bedurft, ehe sich die Bevölkerung von all diesen Schicksalsschlägen allmählich erholen konnte.

 

Obwohl Kreuzburg nur 29 km von Königsberg entfernt war, lag die Stadt doch abseits von den wichtigen Hauptverkehrsstraßen. Erst im Jahre 1874 wurde die Chausseestrecke Kreuzburg—Tharau nach Königsberg dem Verkehr übergeben. Im Jahre 1907 erhielt die Stadt Bahnverbindung nach Tharau und damit Anschluss an die Hauptstrecke Königsberg— Korschen—Prostken. Damit war auch für unser liebes „Landstädtchen" die Möglichkeit zur weiteren Entwicklung endlich gegeben, — und sie wurde auch wahrgenommen. Das geschäftliche und wirtschaftliche Leben erhielt einen neuen Auftrieb, und die Kleinbahn und der gesteigerte Autoverkehr trugen mit dazu bei, dass unsere Stadt nun auch öfter von Ausflüglern besucht wurde, die nach einer Wanderung durch das liebliche Keystertal in unserem „Stadtgrund" Ruhe und Erholung suchten. Der Keyster (litt. Kaukte, bedeutet Heulen) entspringt in der Forst Dinge und mündet dicht bei Kreuzburg in der Pasmar, der von Pr. Eylau kommt. Die beiden Flüsse bildeten eine natürliche Grenze und einen Schutz für die ursprüngliche Burg- und Stadtanlage im Norden und Westen.

 

Hier im schönen Keystertal stand das Denkmal, das dem Generalfeldmarschall v. Boyen, dem Schöpfer der allgemeinen Wehrpflicht, von seiner Vaterstadt errichtet war. Hermann v. Boyen wurde am 23. Juni 1771 in Kreuzburg geboren, sein Vater stand damals hier als Oberstleutnant in Garnison.

 

Ein weiterer Gedenkstein befand sich auf dem Platz der Freilichtbühne im Stadtgrund und zwar für unsern Natanger Heimatdichter Wilhelm Reichermann, der durch seine plattdeutschen Gedichte „Ut Natange" vielen bekannt ist. Erwähnt sei an dieser Stelle noch der Dichter Michael Kongehl, der 1646 in Kreuzburg geboren wurde. In besonderer Dankbarkeit sei zum Schluss noch eines Sohnes unserer Stadt gedacht, des Verfassers der Geschichte der Stadt Kreuzburg Ostpr., Wilhelm Sahm, zuletzt Magistratsschulrat in Königsberg.

 

In diesem Jahre kann Kreuzburg auf ein 700-jähriges Bestehen zurückblicken. Durch den Ausbruch des zweiten Weltkrieges wurde die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Stadt jäh unterbrochen. War die Stadt im ersten Weltkriege von der Zerstörung verschont geblieben, so lag sie in dem Endkampf des zweiten Weltkrieges im Brennpunkt härtester Kämpfe. Fünfmal wogte der Kampf um sie hin und her, ehe es dem Feinde gelang, sie zu besetzen.

 

Wie sieht es heute darin aus? Zerstört und abgebrannt, vor allem die Innenstadt, auch die alte Ordenskirche steht nicht mehr, von Unkraut überwuchert der Friedhof, verwildert Gärten und Felder; die Bewohner vertrieben oder, umgekommen. Das ist ihr Schicksal. Und dennoch: „Zum Vaterland fühlt jeder sich gezogen, und nach der Heimat stehen die Gedanken."

 

So möge dir, du liebe alte Stadt, das angebrochene neue Jahrhundert bessere Zeiten bescheren, als es größtenteils die vergangenen gewesen sind. Möge der Tag nicht mehr fern sein, an dem wir wieder zu Dir zurückkehren können.

F. P.

 

 

Seite 6   Ein kleiner Irrtum

Ein Medizinstudent verbrauchte bei seinem Studium in Königsberg mehr Geld, als dem Vater lieb war. Als er nun wieder um eine Geldsendung schrieb, machte sich der Vater kurz entschlossen auf und fuhr nach Königsberg, um dort selbst nach dem Rechten zu sehen. Dort angekommen, zählte ihm der Sohn alle Zweige der medizinischen Wissenschaft auf, die er studieren und bezahlen müsse. Zum Schluss sagte er: „Und dann kommt noch die Anatomie." „So, so", sagte da der Vater, „do kömmt noch de Anna to mie, denn kann öch mi och all dönke wo dat veele Jöld blöft."

 

Seite 6   Drei Fragen

1.     In welchem Dorf wurden die Flinsen und Speckscheiben nur auf einer Seite gebraten? — Antwort: In Stabunken im Kreise Heilsberg. Dort wohnten nämlich alle an einer Seite der Dorfstraße.

2.     In welchem Dorf ging die Dorfstraße jedem Bauern über den Hof? — Antwort: In Friedrichsheide im Kreise Braunsberg. Das Dorf wurde nach dem Jahre 1772 auf einem abgeholzten Waldplan gegründet. Da sich reichlich Siedler meldeten, waren die Landparzellen, die sie außer dem nötigen Bauholz bekamen, nicht groß. Um nun beim Bau den Hofraum zu sparen, bauten sie das Wohnhaus an eine Seite des Weges und das Wirtschaftsgebäude an die andere.

3.     (Fehlt)

 

Seite 7   Turn Ost- und Westpreußen

75 Jahre alt wird am 26. Oktober 1953 Turnschwester Hanna Vogel, nicht minder verdienstvolle Mitarbeiterin im Königsberger Männer-Turn-Verein von 1842 wie ihre nicht mehr unter uns weilenden fünf Brüder. Wir wünschen ihr im Kreise der Verwandten bei denen sie in Stralsund, Wolfgang-Heinze-Straße 20 wohnt, eine recht ungetrübte, frohe Geburtstagsfeier und für die fernere Zukunft Gesundheit, Glück und Wohlergehen.

 

Den 60. Geburtstag begeht am 30. Oktober 1953 Turnbruder Walter Krause von der Allensteiner Turnerschaft, der in Bremen-Neustadt, Mainstraße 68, sein neues „Zu-Hause" gefunden hat und nach wie vor für seinen Verein und die Familiengemeinschaft „Ost- und Westpreußen" jederzeit zur Mitarbeit bereit ist. Auch ihm gelten unsere herzlichsten Wünsche für die Zukunft.

 

Turnbruder Max Tribukait hat im 11. September 1953 seine liebe Ehefrau Anna, geb. Schenck, 70 Jahre alt, durch den Tod verloren. Ihm und seiner Tochter Anneliese, gilt unsere innigste Anteilnahme.

 

Eduard Grigoleit, der Betreuer der KMTV-Ortsgruppe Berlin, sandte von einer Zusammenkunft in Berlin am 12.09.1953, auf der er über das Hamburger Turnfest berichtet hat, Grüße mit Unterschriften von Fritz Wichmann, Erich Slawski, Wilhelm Posingies, Familie Fritz Schulz, Fritze Hübner, Eduard Quitsch (KMTV 1942) und Carl Jander (Marienwerder).

 

Seite 7   Das 7. Wiedersehenstreffen

in Hamburg während des Deutschen Turnfestes hat wiederum vielen große Freude gebracht und aus vielen Briefen klingt das Nachhallen des tiefen Erlebnisses heraus. Es fehlt aber nicht an kritischen Stimmen, die die Nachteile für das rein familiäre Wiedersehenstreffen einer kleinen Schar im Schatten der überwältigenden Ereignisse dieses größten deutschen Volksfestes nach dem Kriege aufzeigen. Naturgemäß musste für jeden Teilnehmer, besonders für die aktiven Turner und Turnerinnen das Turnfest mit seinen schweren Anforderungen im Vordergrund stehen. Leider habe ich bisher von keiner Seite Bilder aus den Hamburger Festtagen erhalten. Wer solche besitzt, die unsere Turnerfamilie interessieren, den bitte ich um Überlassung, wenn auch nur leihweise oder gegen Bezahlung, um sie vielleicht in dem nächsten Rundbrief zu verwerten.

 

Das achte Wiedersehenstreffen 1954 könnten wir ähnlich wie das herrlich verlaufene Treffen 1952 in Marburg zeitig mit dem Alterstreffen des Deutschen Turnerbundes in Hameln an der Weser vom 30.07. bis 02.08.1954 abhalten. Die Voraussetzungen hierfür auch unter Berücksichtigung der Hamburger Erfahrungen werden noch geprüft. Äußerungen dazu sind sehr erwünscht. Onkel Wilhelm

 

 

Seite 7   Luisenschule Allenstein - 80 Jahre alt

Am 3. November 1953 kann die Luisenschule in Allenstein ihren 80. Geburtstag feiern. Wenn wir noch in der schönen Stadt an der Alle wären, würden wir diesen Tag als „Festtag der Schule“  würdig gestalten, zumal der 50. Geburtstag am 3. November 1923 wegen der Inflation nur in kleinem Rahmen und der 75. Geburtstag im Jahre 1948 nicht mehr in der Heimat gefeiert werden konnten.

 

Die Landsmannschaft Ostpreußen, Landesverband Berlin, will am 8. November 1953 in der Ostpreußenhalle am Funkturm die 600-Jahrfeier der Stadt Allenstein in großem Rahmen begehen. Der 8. November — ein Sonntag — wird eingeleitet durch einen Ostpreußen-Gottesdienst für die evangelischen Christen um 8.30 Uhr in der Stadtmissionskirche am Südstern. Den Gottesdienst hält Herr Superintendent Srzadtki. Für die katholischen Christen findet der Festgottesdienst als Ostpreußen- und Ermländer-Gottesdienst 8.30 Uhr in der Johannis-Basilika am Südstern statt. Der Gottesdienst wird von einem ermländischen Pfarrer gehalten. Nach den Gottesdiensten, etwa um 10 Uhr, versammeln sich alle Allensteiner und ihre ostpreußischen Freunde im Schultheiß-Restaurant Hasenheide 31 — etwa fünf Minuten von den beiden Kirchen entfernt — zur Feier des 80. Geburtstages der Luisenschule und zum Austausch alter Erinnerungen. Dort ist auch Gelegenheit, ein Mittagessen einzunehmen. Um 13 Uhr fahren dann alle Teilnehmer mit der U-Bahn vom Südstern zum Kaiserdamm, um gegen 15 Uhr am Funkturm an der 600-Jahrfeier der Stadt Allenstein teilzunehmen. Ostbewohner fahren für Ostgeld. Da die Feier in Gelsenkirchen auf 1954 verlegt worden ist, hoffen wir Berliner, dass recht viele Allensteiner aus der Bundesrepublik und Ostzone an der Feier in Berlin teilnehmen. Ich lade besonders die ehemaligen Lehrerinnen, Lehrer und Schülerinnen zu der Feier am 8. November ein und bitte um kurze Anmeldung durch Postkarte. Auf frohes Wiedersehen in Berlin! Karl Brösicke, Oberstudiendirektor (1) Berlin SW 29, Lilienthalstraße 8, part.

 

Seite 7   Sparbuchinhaber melden!

Sparbücher der Bank der Ostpreußischen Landschaft und der Bank der Danzig-Westpreußischen Landschaft, lautend auf nachstehend aufgeführte Personen lagern beim Treuhänder des Vermögens aller in die britische Zone ausgewichenen Landschaftlichen Banken, Bad Godesberg, Moltkestraße 41, Hansa-Haus:

 

1. Eschholz, Theodor, Dr. med., Gumbinnen. Goldaperstraße 20, verfügungsberechtigt: Frau Ilse Kludzuweit.

 

2. Drengwitz, Rainer Hartmut, mdj., Gumbinnen, Graf Kirchbachweg 45, Vater: Otto, Mutter: Helene geb. Spaniel.

 

3. Drenkwitz, Otto, Uffz., Gubinnen, Graf Kirchbachweg, verfügungsberechtigt: Frau Lena Drenkwitz geb. Spaniel,

 

4.Lenkeit, Eva Schwesternhelferin. Interburg, Reservelazarett

 

5.Liedtke, Gertr., Frl. Königsberg, Augustastr. 2.

 

6. Moritz, Heinz, (Geisteskranker) Gumbinnen, z. Zt. Anstalt Tapiau, verfügungsberechtigt: Regierungsrev. Friedrich Cawils, Gumbinnen, Luisenstraße 1.

 

7. Neubert, Siegfried, Allenstein, Treudankstr. 4, verfügungsberechtigt Frau Anna Neubert geb. Heß für mdj. Gisela.

 

8. Schawaller, Eliese, geb. Pinnau, Gumbinnen, Haks-Sack-Str. 22.

 

9. Wiegratz, Helene und Johann, geb. Jessat, Königsberg, Schönstraße 10.

 

10. Foß, Hulda, geb. Hollatz, Gronden üb. Angerburg, 1946 in Kühsen.

 

11. Bolze, Anna, geb. Borowski, Königsberg, Landhofmeisterstraße 9.

 

12. Glomsda, Erich, Rev.-Oberw., Marienburg, Ziegeleigasse 56.

 

13. Köhler, Hugo, Danzig-Langfuhr, Hochschulenweg 12.

 

Der Aufenthalt der vorstehend aufgeführten Personen oder deren Erben konnten bisher nicht ermittelt werden. Wegen der nach dem Gesetz über einen Währungsausgleich für Sparguthaben Vertriebener vom 14.08.1952 vorzunehmenden Anmeldung der Sparguthaben werden hiermit alle Personen, die Auskunft über das Schicksal oder den Aufenthalt der Forderungsberechtigten geben können oder glauben, selbst anspruchsberechtigt zu sein, gebeten, unverzüglich Nachricht an den Treuhänder des Vermögens aller in die britische Zone ausgewichenen Landschaftlichen Banken, Bad Godesberg, Moltkestraße 41, zu geben.

 

Seite 7   Siedlerschule Katlenburg. Träger: Siedlerschule Katlenburg e. V. Hannover

Der zweite Lehrgang beginnt am 1. November und dauert bis 28. Februar n. Js. Aufgenommen werden junge Männer und Mädchen, die mindestens 18 Jahre alt sind und womöglich den Besuch einer Landwirtschaftsschule (oder Landfrauenschule) oder eine abgeschlossene Landwirtschafts- bzw. Hauswirtschaftslehre nachweisen können. Doch können auch ältere, strebsame Siedlungsbewerber mit mehrjähriger Praxis ohne fachliche Schulbildung bis zum Alter von 30, in Ausnahmefällen auch darüber hinaus, aufgenommen werden. Die Unkosten für Verpflegung, Wohnung und Schulgeld ermäßigen sich wesentlich bei Ostvertriebenen, Flüchtlingen, Kriegssachgeschädigten. Besonders bedürftige und würdige Bewerber können auch einen Freiplatz erhalten. Aufnahmebewerber fordern direkt bei der Leitung der Siedlerschule Richtlinien und Aufnahmeantrag an, aus denen alle Einzelheiten hervorgehen. Anmeldefrist 01.10.1953.

 

Seite 7   Suchanzeigen

Achtung! Kurlandkämpfer vom Flakregiment 11 aus Königsberg. Ich suche meinen Sohn Herbert Nicklaus, Stabsgefr. b. Flakregiment 11, geb. 15.05.1919 in Königsberg. Nach Aussagen von Kameraden soll mein Sohn am 08.05.1945 in der Nacht um 22 Uhr in Zabeln (Kurland) in russische Kriegsgefangenschaft geraten sein. Gleichzeitig suche ich Wachtmeister Otto Siebert, mit dem mein Sohn in Kriegsgefangenschaft geraten sein soll. Für jede, auch die kleinste Nachricht wäre ich dankbar. C. O. Nicklaus, Undenheim, Kreis Mainz, Alzeyerstraße 23.

 

Wer kann Angaben machen über Frau Helene Haetzel, geb. 04.04.1879, zul. wohnh. gewesen Königsberg/ Pr., Moltkektraße 22. Frau Haetzel wurde noch im Jahre 1949 lebend im Straflager Bernsteinwerk Palmnicken gesehen und soll dort in der Küche tätig gewesen sein. Nachr. erb. Paape, Krefeld, Schwertstr. 30.

 

Suche meinen Bruder Paul Büttner, geb. 21.03.1912. Er wurde am 21. Januar 1945 von Heiligenbeil aus in Einsatz gesetzt (1. Fl.-Ausb.-Btl. Mot. 31). Nachricht erb. Robert Büttner, Celle, Alte Grenze 28.

 

Wer kann über das Schicksal meiner Tochter Eva Pahlke, geb. 07.10. 1925, Auskunft geben? Sie war bis zum 8. April 1945 DRK-Schwester auf dem Hauptverbandsplatz Königsberg/Pr. (Regierung). Nachricht erb. Bruno Pahlke, Westerstede 1. O., Ostlandstraße 9, früher Königsberg, Hansaring 57.

 

Gesucht werden Walter Schermachinski, ca. 35 Jahre, seine Frau Käthe, ca. 32 Jahre und Tochter Marianne, ca. 4 - 5 Jahre (Alter bei Beendigung des Krieges), wohnhaft Königsberg-Juditten, Lewaldstr. 14. Sch. war im Reichsbahnausbesserungswerk Kbg.-Ponarth tätig. Seine Frau war Hausverwalterin. Alle drei sind noch bis zuletzt in Ostpreußen geblieben und wahrscheinlich in russische Hände gefallen. Nachr. erb. Familie Adolf Sachs, 16 Wiesbaden, Wielandstr. 15 (früher Königsberg-Juditten, Lewaldstraße 14).

 

Suche meine Mutter, Frau Augustine Hulda Schulz, geb. Arndt, geb 19.06.1876, zul. wohnh. Braunsberg, Otto-Weinrich-Straße 4. Auskunft erb. Frau Hildegard Jacobi, geb. Schulz, München 13, Georgenstraße 134 I.

 

Als ehemaliger Sekretär des Milchwirtschaftsverbandes Ostpreußen. Königsberg/Pr., Hufenallee, suche ich sämtliche Angestellte der Abteilung C, besonders Fr. Edith Dörk, Kbg., Sackheimer Kirchstraße 5, ferner suche ich den ehemaligen Amtmann der Feuersozität Ostpreußen, Walter Hein, wohnh. Königsberg, Am Landeraben 43, zul. gesehen Februar 1945 in Königsberg. Außerdem suche Ich meine Großmutter, Frau Antonie Koitka, Samplatten, Krs. Ortelsburg. Sie wurde auf der Flucht von ihren Angehörigen getrennt. Vielleicht befindet sie sich in einem Altersheim. Nachr. erb. Bruno Ziermann, Hamburg-Blankenese, Sachteweg 4.

 

Gesucht wird die Adresse des Baugeschäfts Dipl.-Ing. Fritz Baltrusch,  Königsberg, Steindammm 121, von Fritz Pommereit, Berlin N 65, Sprengelstraße 19 part.

 

Gesucht wird Otto Görke geb. 02.05.1904, Braunsberg, Ostpreußen, soll im Mai 1947 in Schmatzin, Kreis Greifswald (Mecklenburg) gewesen sein. Nachricht erb. Frau Maria Görke, geb. Follert, (16) Alina, Krs. Marburg/Lahn (früher Braunsberg/ Ostpr., Egerländer Straße 10).

 

Wer kann Auskunft geben über das Schicksal meiner Mutter, Frau Katharina Feyerabend geb. Steffen aus Braunsberg Ostpr. (Ermland), Berliner Straße 23. Im Februar 1945 ging meine Mutter von Braunsberg die Königsberger Str. bis nach Leysuhnen, Kreis Heiligenbeil und wurde von dort mit einem Lastwagen mit älteren Leuten, Ziel Kahlberg, gefahren. Sie wurde dort von meiner Schwester trotz dreitägigen Suchens nicht gefunden. Mitteilung erbeten an Gustav Feyerabend in Oker bei Goslar, Vienenburger Straße 19.

 

Achtung! Königsberger! Gesucht werden: Frl. Bücherrevisorin Erna Godau, Steindamm, ehem. Bücherrevisor Otto Melzer, Kbg. Ferner Angestellte d. Firma Herzke und Hauschultz, Kbg., Friedmannstraße 39, Anton Kramer und Frau Elisabeth, geb. Wormuth, Frl. Woop, Frl. Hildegard Godau usw. Wer kennt die Adresse v. Herrn Bankvorstand Paul Hünemohr, ehem. Landesbank Landeshaus, Könlgstr. Auskunft erb. Frau Alma Hauschultz, Gehrden/Hann., Rosenweg 5.

 

Suche meine Stiefmutter Frau Auguste Mrotzeck verw. Holz, zuletzt wohnhaft in Tapiau, Ostpr., Bergstraße 7 bei ihrem Schwiegersohn August Lange. Nachr. erbeten an Maria Mrotzeck in Ruhstorf/ Rott, Haus 46 1/5 Niederbayern.

 

Achtung! Wer weiß etwas über den Verbleib nachstehender Personen?

1.     Frau Herta Krebstekies, geb. Schumacher, 48 Jahre, nebst Ehegatten Kurt und Tochter Ilse, wohnh. Kbg., Unterhaberweg 8a.

2.     Elisabeth Nagel, geb. Drozinski, und Ehegatte Walter Nagel, wohnhaft Danzig-Langfuhr, An d. Abtsmühle 24.

3.     Marta Kupferschmidt, geb. Brezinski, ca. 72 Jahre, nebst Kindern Margarete, Paul u. Alfred Kupferschmidt, wohnhaft Danzig, Breitgasse, Schuhmacherei.

4.     Bruno Littwin, Buchdruckermeister, 47 Jahre, wohnh. Danzig Engl. Damm 7c.

5.     Ulrike Geddack, 65 J., und Karl Geddack, 70 Jahre, wohnhaft Insterburg, Eckertshof.

Alle werden gesucht von Frau Maria Jankowski, ehemalige Trojahn, fr. Insterburg, Hindenburgstraße 44, Jetzt 20b Salzgitter-Heerte, Lager 37.

 

Wer kann Auskunft geben über das Schicksal meines Bruders Gustav Zidorn, geb. 27.01.1901, aus Königsberg, An den Birken 18. Ich habe ihn am 19. August 1945 im Lager Georgenburg gesprochen, er trug Eisenbahneruniform (Lokführer). Nachr. erb. an Ernst Zidorn, Marburg/Lahn, Barfüßerstraße 24.

 

Hans Johannes Jährling, geb. 15.05.1909, in Königsberg. Beschäftigt gewesen bei der KWS Kbg./Pr. Wer kann über seinen Tod und das Datum des Todes Auskunft geben? Nachricht erb. Meta Jährling, (24) Glückstadt, Gr. Namenlose 25.

 

Gesucht werden: Uffz. Emil Kochannek, zul. Fliegerhorst Rahmel, bei Gotenhafen/Westpreußen, geb. 12.08.1897 in Tollack, Kreis Allenstein, Kaufmann in Wiranden; Gefr. Klemens Schlinea, Flieger-Komp. Rusfeld Krs. Pr.-Holland, geb. 15.05.1900 in Skaibotten, Kreis Allenstein, zuletzt Kaufmann in Wartenberg. Nachricht erb. Familie. Minarski, 17b U-Simonswald, Talstraße 66.

 

Gesucht wird im Auftrage von Maria Rohn ihr Mann Franz Rohn, geb. 22.08.1900, aus Plössen, Kreis Rössel. Er wurde am 17.02.1945 von den Russen aus Plauen, wohin er geflüchtet war, verschleppt. Auskunft erb. Franz Magerschinski, 23 St. Joostrgroden, Post Horumersiel, Friesland.

 

Ich suche meinen Sohn Frank-Peter Czuprat, geb. 30.01.1940, in Tapiau, Krs. Wehlau. Letzter Wohnort Tapiau, Ausflugsort und Gaststätte Klein-Schleuse. Nachr. erb. Fritz Czuprat, Imbiss- und Erfrischungshalle, Hannover-Döhren, Hildesheimer Chaussee 171.

 

Wer kann Auskunft geben über Joachim von Walentinowitz und Siegfried Hölzel, beide aus Königsberg/Pr. Nachricht erb. Gerhard Glawe, 16 Frankfurt/Main - Nied, Rebhuhnstraße 21.

 

Heinrich Domscheit, geb. 13.03.1928, in Mauern, Kreis Labiau, wird gesucht von Erna Szagum in Herrenhof, Försterbrücke, Ohrdruf, Kreis Gotha/Thüringen.

 

Ich suche Frau Elisabeth Kiehlmann, Königsberg-Quednau, Fräulein-Höfener-Weg 24 oder 26, Frl. Hertha Kiehlmann, ebenda, Frau Berta Gutzeit, geb. Tobias, geb. 12.02.1899, mit Tochter Vera, etwa 20 Jahre. Der Mann Hermann Gutzeit war Kraftfahrer beim Stadtreinigungsamt Fuhrpark. Nachr. erb. Elfriede Götze, Kassel-Wi., Wigandstraße 11 II.

 

Wer kann Auskunft geben über den Verbleib meines Sohnes, Gefr. Hugo Fabian, geb. 12.02.1923, in Steinberg, Kreis Allenstein. Letzte Nachricht März 1945 aus dem Lazarett Bernburg/Saale. Nachr. erb. Franz Fabian, Niengraben 10, Post Haste/Hannover.

 

Frau Luise Lengwinat sucht ihre Tochter Anemarie Lengwinat, geb. 30. Oktober 1911, Jugendleiterin, letzte Arbeitsstelle: Kreisreferentin Lyck. Sie wurde vom Februar bis August 1945 in Königsberg gesehen und wohnte Böttchershöfchen 4. Nachr. erbeten an Frau Gertrud Mäckel, 20b Katlenburg bei Northeim, Siedlerschule.

 

 

Seite 8   Cranzer Fischer auf Besteckfang

Zu unseren Bildern: (1) Aul der Fahrt zum Fangplatz. (2) Von ihren Frauen unterstützt, ziehen die Fischer das Zugnetz an Land. (3) Das Netz hat den Strand erreicht. (4) Die Netzwände werden auf die Trage gepackt. Aufnahmen: Heinrich Schiemann

Bei unseren Fischern in Cranz, wie wohl an der gesamten Samländischen Küste, spielte neben dem Fischfang mit dem Netz auch der mit Schnüren, d. h. durch Haken eine große Rolle. So wurden Lachse, Dorsche und vor allem Flundern mit Schnüren gefangen. Zum Bestecken der Haken brauchte man Köder, Besteck genannt.

 

Vor allem dienten kleine Fische als Besteck. Wenig begehrt waren sie jedoch, wenn ihr Fleisch zu weich war und nach längerer Liegezeit im Wasser von den Haken abfiel. Ein aalartiges Fischchen wurde von den Fischern sehr geschätzt. Es handelte sich um den etwa eine Länge bis zu 30 cm erreichenden Sutter, genannt nach dem kurischen Namen für Aal. Sein Fleisch war besonders fest, auch bissen die Flundern hierauf besonders gut an. Von dem Sutterfanq soll hier die Rede sein.

 

Lag die See wegen Windstille oder Landwind ruhig da, so konnte man damit rechnen, unsere Fischer beim Sutterziehen beobachten zu können. Der Sutter hält sich vornehmlich in der Nähe der Küste auf. Um seiner habhaft zu werden, wurde ein Zugnetz benutzt. Das benötigte Netz wurde auf einer Trage herangebracht, in einem kleinen Boot verstaut, und dann ging es zum Fangplatz. Dieser lag oft nicht allzu fern vom Fischerplatz West in Cranz nach Rosehnen zu.

 

Am Fangplatz angekommen, wurde ein Leinenende, das an dem Zugnetz befestigt war, am Strande zumeist einer Fischerfrau in die Hand gedrückt. Dann fuhr das Boot, von kräftigen Fischerarmen gerudert, etwa 200 Meter auf die See hinaus. Hier wurde das Netz ausgeworfen. Dieses bestand aus Netzwänden, die durch Korkstückchen schwimmend gehalten wurden und unten durch eingeknüpfte Steine beschwert waren. Diese Netzwände endeten in einem weiten, geschlossenen Netz, das in einem engmaschigen Sack abschloss. War das Netzt ausgeworfen, so kehrten die Fischer mit dem anderen Leinenende in großem Bogen zum Strande zurück. Beide Leinenenden waren nun etwa 200 Meter voneinander entfernt.

 

Nunmehr begannen die Fischer, tatkräftigst unterstützt von ihren Frauen, das Netz an Land zu ziehen. An jedem Ende zogen etwa 4 - 5 Händepaare. Man ergriff die Leine am Wasser, legte sie sich über die Schulter und stampfte dann ziehend durch den Sand bis zur Düne. Hier ließ man die Leine fallen und begann von neuem am Wasser. Nur langsam kam das Netz näher. Der Abstand der beiden Zugleinen verringerte sich. War das Netz zunächst kaum sichtbar gewesen, so erblickte man schließlich einen aus den Korkstückchen gebildeten Halbkreis. Etwa nach einer halben Stunde hatte das Netz den Strand erreicht. Nun waren auch die beiden Zuggruppen so nahe beieinander, dass der Halbkreis ganz eng geworden war. Die Fischer begannen sogleich damit, die Netzwände wieder auf die Trage zu packen. Auch die Zugleinen wurden schon aufgeschossen, während noch das Netzende herangezogen wurde. Voller Erwartung schaute alles auf den engmaschigen Schlusssack. Was würde er wohl enthalten?

 

Die Ausbeute war verschieden. Oft war noch nicht einmal die Hälfte eines Eimers mit den zappelnden „Sutter" gefüllt. Dann musste das Sutterziehen oft mehrfach wiederholt werden. Erwischte man einen Sutterschwarm, dann genügte zuweilen ein einmaliges Ziehen. Aber nicht nur Sutter fanden sich im Netz. Es wurden oft auch u. a. Dorsche und Flundern mitgefangen. Waren diese noch klein, so erhielten sie ihre Freiheit wieder. Sommergäste, die das Sutterziehen miterlebten, machten sich nun daraus ein Vergnügen, dass sie vor dem Ziehen den Fischern eine bestimmte Summe Geldes für die essbaren Fische boten, die sich im Netz finden würden. Wenn sie Glück hatten, konnten sie billig zu guten Fischen kommen.

 

Hatten die Fischer genügend Besteck gezogen, so ging es zum Fischerplatz zurück. Die Sutter wurden zerschnitten und die Haken damit besteckt. Die Schnüre wurden dann zum Fang ausgeworfen.

Aber nicht nur auf die soeben geschilderte Art kamen unsere Cranzer Fischer zu ihrem Besteck. War der Strand nach einem Sturm flach und feucht, so sah man zuweilen Fischer mit Schaufel und Eimer losziehen. Es war aufgefallen, dass Möwen und auch Füchse nach einem Sturm im feuchten, flachen Strande scharrten und etwas Fressbares herausholten. Man ging dieser Beobachtung auf den Grund und stellte fest, dass an manchen Stellen in dem feuchten Sande die so begehrten Sutter steckten. Sie hatten beim Rückgang des Wasserstandes wohl nicht mehr rechtzeitig das offene Wasser erreicht.

 

Die Fischer gruben nun an den in Frage kommenden Stellen den Strand um und fingen mit

ihren Händen die Sutter, die in dem wasserdurchtränkten, porösen Sand zu entkommen suchten. Man musste schon schnell zugreifen. Immerhin war dieser Fang mit Schaufel und den Händen viel einfacher als bei dem Ziehen mit dem Netz.

 

Wurde der Strand trockener, so starben die Sutter ab. Grub man nun den Strand um, so

fand man viele Sutter mit dem Kopfe nach oben tot im Sande stecken. Sie hatten wohl versucht Luft zu erlangen. Nicht nur die Fischer sah man bei dem Sutterfang mit der Schaufel. Es gab Seeanlieger in Rosehnen, die durch gegrabene Sutter ihren Schweinen eine willkommene zusätzliche Nahrung verschafften.  Heinrich Schiemann.

 

Seite 8   Superintendent i. R. K. Klatt 70 Jahre alt. Foto.

Der weit über die Grenzen seiner ostpreußischen Heimat hinaus bekannte und hoch geschätzte Superintendent i. R. Konrad Klatt wurde am 18. Oktober 1883 in Stockheim, Kreis Friedland Ostpreußen, als Sohn des Kantors Theodor Klatt und dessen Ehefrau Auguste, geb. Gotthelf, geboren und hat bereits durch Gottes weise und gnädige Führung die erste Stufe des biblischen Alters erreicht.

 

Nach dem Besuche der heimatlichen Dorfschule kam er nach Vorbereitung durch den Ortspfarrer auf die Quarta des damaligen Königlichen Friedrichkollegiums in Königsberg (Pr.), das er 1902 mit dem Zeugnis der Reife verließ. Er studierte sodann auf der Universität in Königsberg (Pr.) Theologie, war zwischen den beiden theologischen Prüfungen Vikar in Rastenburg und „Oberhelfer" im „Rauhen Haus" in Hamburg-Horn, darauf kurze Zeit Provinzialvikar in Wartenburg, Kreis Allenstein, noch einmal wenige Monate als „Oberhelfer" an den Anstalten in Karlshof bei Rastenburg, von wo aus er von den kirchlichen Körperschaften der evangelischen Gemeinde in Wartenburg in das dortige, durch den Tod des Stelleninhabers erledigte Pfarramt gewählt wurde. Dort wirkte er vom 1. Juni 1909 bis zum 30. November 1925 und hatte in seiner Eigenschaft als Pfarrer auch die evangelische

Waisen- und Konfirmandenanstalt für das Ermland in Wartenburg zu leiten und den Religionsunterricht an der Höheren Töchterschule in Wartenburg zu erteilen. Hinzu kam im Jahre 1910 die nebenamtliche Tätigkeit an der dortigen Strafanstalt. Ende 1925 wurde er von dem Konsistorium in Königsberg (Pr.) in eine der drei vakanten Pfarrstellen in Gumbinnen berufen und von dem evangelischen Oberkirchenrat in Berlin zum Superintendenten des Kirchenkreises Gumbinnen ernannt. Dieses Ephorenamt verwaltete er mit Umsicht und nie versagender Pflichttreue bis zur Räumung von Stadt und Kreis Gumbinnen. Ende Oktober 1944, versah er dann vorübergehend bis Januar 1945 das Pfarramt in Manchengut, Kr. Osterode (Ostpr.) und begab sich als Heimatvertriebener nach kurzem Aufenthalt in Mecklenburg nach Schleswig-Holstein, wo sich ihm die Gelegenheit bot, den Pfarrer in Mooregge bei Ütersen zu vertreten. Erst im Dezember 1947 gelang es ihm, einen Dienst in einem Gemeindeteil der Kirchengemeinde Linz zu bekommen, ohne jedoch noch einmal an dem jetzigen Wohnort Bad Hönnigen in der Kirche des Rheinlandes fest angestellt zu werden.

 

Es war ihm ein dringendes Herzensanliegen, so bald wie möglich wieder mit seinen Gemeindegliedern in enge persönliche Verbindung zu treten. Zu diesem Zweck gab er die Gumbinner Heimatbriefe heraus, die an die lieben Glieder der ev.-luth. Kirchengemeinde Gumbinnen und ihre Schwestergemeinden im Kirchenkreise Gumbinnen gerichtet sind, die stets mit größtem Interesse gelesen werden, weil sie alles Persönliche und sämtliche Familienereignisse der Gumbinner Angehörigen enthalten, und von denen der umfang- und inhaltreiche 14. Heimatbrief im August 1953 erschienen ist. Auf diesen Heimatbriefen grüßen nicht nur die beiden heimatlichen Kirchen, die Altstädtische mit dem ragenden, 50 m hohen, im Kranze der hohen alten Linden stehenden Turm und die alte Salzburger Kirche, sondern auch der bestens bekannte Kirchenplatz mit der grünen Schule und dem dazu gehörigen Superintendentenhause und Garten an der Rominte, die aus der weltberühmten Rominter Heide kommt, und sie berichten seit Jahren ausführlich über Freud und Leid, das uns alle betroffen hat. Jedes Mal folgt nach einem Grußwort „Zum Geleit" eine Predigt, die in besonderer Weise den Leser anspricht, an den Verfasser erinnert und mit ihm über Zeit und Raum hinaus ein festes persönliches Band knüpft.

 

Verheiratet ist der Jubilar seit dem 1. Februar 1910 mit Herta, geb. Ignée, aus dem Stamme der Hugenotten, die vor Jahrhunderten aus ihrer Heimat, aus Frankreich um ihres Glaubens willen vertrieben wurde. Aus dieser Ehe sind 4 Kinder hervorgegangen, 2 Töchter und 2 Söhne. Von den letzteren ist der ältere, Pfarrer in der Badischen Landeskirche und der jüngere Revierförster im Hunsrück. Während der Ehemann der jüngeren Tochter aus dem Kriege und der Gefangenschaft in Russland zurückgekehrt ist, ist der Mann der älteren Tochter, der Oberstudiendirektor Dr. Treichel seit Januar 1945 verschollen. Durch neun Enkel hat sich der Familienkreis inzwischen erheblich erweitert.

 

Alle, die ihren hochverehrten Seelsorger persönlich oder aus den Gumbinner Heimatbriefen kennen oder ihm auf den zahlreichen Treffen der Ostpreußischen Landsmannschaft oder auf den Kirchentagen hier und dort zuletzt noch auf dem Hamburger Kirchentag im August 1953 begegnet und näher getreten sind, beglückwünschen ihn zu seinem 70. Geburtstage aufs herzlichste in Anhänglichkeit und Dankbarkeit und wünschen ihm für die Zukunft Gesundheit und Gottes reichen Segen.

 

Seite 8   Seltsamer Entscheid

Braunschweig. Nach Ansicht des Versorgungsamtes Braunschweig soll der jetzt dreizehn Jahre alte Ostpreußenjunge Gerhard die Bundesrepublik verlassen und nach Neidenburg in Ostpreußen zu Mutter und Geschwistern zurückkehren, die dort in trostlosen Verhältnissen dahinvegetieren, weil es „nur natürlich sei, wenn das durch die Kriegsverhältnisse nach der Bundesrepublik verschlagene Kind wieder seiner Mutter zugeführt werde". Im Jahre 1945 hatte ein deutscher Soldat den damals knapp vier Jahre alten Gerhard einem Ostpreußen in den Wagen gehoben, als der Treck, dem Gerhards Mutter zugehörte, in Beschuss geriet. Der Ostpreuße nahm sich des Jungen auch nach Ankunft in seinem Aufnahmeort Schlewecke, Kreis Gandersheim, an und ermöglichte ihm sogar den Besuch der Oberschule. Nach Jahren erst erfuhr man, dass Gerhards Mutter und Geschwister noch in Ostpreußen am Leben waren, aber keine Möglichkeit haben, in die Bundesrepublik zu gelangen. Daraufhin wurde jetzt Waisenrente für Gerhard beantragt, die den obigen Entscheid erbrachte, der wegen seines Unverständnisses beträchtliches Aufsehen erregt hat.

 

Seite 9   Carla v. Bassewitz. Die „Geheimbde Räthin“ – eine Königsberger Bürgerin

Foto: Die Geheimbde Räthin mit den fünf ältesten Kindern ihres Sohnes, von denen nur Christian (links) den Krieg überlebte.

Foto: Die Geheimbde Räthin mit ihren Brüdern im heimatlichen Park

Foto: Königsberg: Holztransport auf dem Pregel. Aufn.: M. Löhrich

Es ist nicht gut möglich, dass sich in der Hauptstadt einer so ausgedehnten Provinz, wie sie Ostpreußen war, alle Menschen kennen. Aber es scheint uns rückblickend, als ob jeder die „Geheimbde Räthin“ gekannt haben musste! Es kommt uns vor, als ob jeder die zierliche Gestalt in der schwarzen Sealskin-Jacke, das zeitlos geformte Hütchen auf dem weißblonden Haar, gesehen hätte – wie sie gegen den eisigen Nordost auf dem Paradeplatz und am Schlossteich ankämpfte. Genau so ging sie – immer gesammelte Güte in dem feinen Gesicht mit den hellen Augen – gegen alles an, was sich ihrer geraden Linie entgegenstellte.

 

Mittels eines beherrschten Wesens, einer gewählten, bei ihr ganz natürlich wirkenden Sprechweise und einer gereiften Weisheit, der „nichts Menschliches fremd" war, — schien sie eine der Persönlichkeiten, wie Goethe sie prägte. So sprachen wir unwillkürlich nicht von der „Geheimrätin" oder der „Frau Geheimrat", sondern nannten sie im Goetheschen Stil die „Geheimbde Räthin".

 

Was bedeutete uns und einem großen Freundes- und Bekanntenkreis dieser Mensch und wie wurde er so, wie er war?

 

Die „Geheimbde Räthin" stammte aus einer ostpreußischen Landfamilie, die ihren Lebenszweck darin sah, mit ihrem großen, aus der Industrie stammenden Vermögen schlechthin „Gutes“ zu tun. Dies geschah neben der Ausgestaltung ihrer Wirtschaft zu einem Musterbetrieb in vorbildlicher Fürsorge für ihre eigenen Landarbeiter — durch Schenkungen an Universität und Kunstakademie der Provinz — durch Stiftung von Freiplätzen für Bedürftige im Krankenhaus der Barmherzigkeit — durch Mitgliedschaft bei kulturellen und gemeinnützigen Vereinigungen aber auch praktisch im Alltag. Trotzdem ihre finanzielle Lage ihnen ja erlaubte, erster Klasse zu reisen, fuhr die verwöhnte Mutter gelegentlich mit den Kindern „Dritter", und wies sie an, den Preisunterschied für jemanden zu verwenden, der in irgendeiner Form gerade Hilfe nötig hatte. Sie sollten lernen, nicht nur vom Überfluss zu leben, sondern zu opfern ... Es war ja damals eine Zeit ohne Autos und erst recht ohne „Anhalter"!

 

Eine solche Einstellung brachte die einzige Tochter mit, als sie einen bekannten Frauenarzt in Königsberg heiratete. Weit über ein halbes Jahrhundert war sie mit ganzer Seele Bürgerin unserer Hauptstadt. Sie führte ein geselliges Haus und nahm an jeglichem geistigen Leben teil. Nach dem Tode ihres Mannes und der Minderung ihres Vermögens durch die Inflation behielt sie in bescheidenem Maße ihren Lebensstil bei — fand sich immer noch beneidenswert, und hörte durchaus nicht auf zu helfen!

 

Ebenso wie sie in der „Gelehrten Gesellschaft" und im „Alldeutschen Verband" erwünscht und bekannt war, betätigte sie sich im „Verein für verschämte Arme" — einer in damaliger Zeit besonders wertvollen Einrichtung, und in den landwirtschaftlichen Hausfrauenvereinen, deren Gründung und Fortschritt sie von der Eröffnung der ersten Verkaufsstelle an bis über die Raiffeisen angeschlossenen Genossenschaft begleitet hatte. Hier ist ihr Gleichmaß und menschliches Verständnis unendlich segensreich für die Sache gewesen.

 

Sie empfand „sozial" im tiefsten Sinne. Ihr waren „Sozialismus" und „Geselligkeit nicht getrennte Begriffe, wie sie im Laufe der Jahre der Sprachgebrauch hergestellt hat. Das lateinische Stammwort „societas" - Gesellschaft bedeutete für sie „Menschliche Gesellschaft — ganz gleich, ob sie kultiviert oder primitiv, wirtschaftlich stark oder bedürftig war — und umfasste einfach alle Menschen.

 

Trotzdem stand immer die Individualität des Einzelnen im Vordergrund - jede Vermassung und Verallgemeinerung war ihr ein Gräuel. Das ging bis zu ihren Geschenken. In den Buchhandlungen Graefe und Unger und Wichern wo wir kauften, erkundigte sie sich, welche Bücher wir noch nicht besäßen und auch nicht verschenkt, also vorher gelesen hatten. Bei Gehlhaar in der Junkerstraße kannte sie die Pralinen-Mischung (die beste Sorte kostete damals sechs Mark das Pfund!), die wir am liebsten aßen; sie wusste, ob wir lieber Marzipan von Plouda in der Altstädtischen Langgasse hätten. Dabei bemerkte sie: „Mein Mann und ich pflegten in guten Zeiten stets zu Weihnachten einen Zentner in Päckchen an unsere verschiedenen westdeutschen Freunde zu schicken, weil sie gerade das Königsberger Marzipan alle so gern aßen!“

 

Als ihre Stütze heiraten wollte, reiste sie ab, um ihr zur Hochzeit die Wohnung mit allem Zubehör zu überlassen.

 

Als sie vom Paradeplatz in eine andere Wohnung am Schlossteich übersiedelte, machte sie den sechs bis acht Mietparteien des Hauses ihren Besuch und sprach den Wunsch für ein gutes Zusammenleben aus. Da sie fand, dass gerade die geistige Jugend es schwer habe, ließ sie sich von der Universität Adressen von Studenten geben, die auf Stipendien studierten. Sie lud sie regelmäßig zu Mittag ein — „denn mir geht es ja immer noch viel zu gut " und vermittelte ihnen Verkehr in geistig regsame Hauser ihrer Bekanntschaft. Welche freundschaftlichen Beziehungen fürs ganze Leben hat sie da schaffen helfen! Keiner ihrer Bekannten lag in der „Barmherzigkeit", dem sie nicht den mehr oder weniger angenehmen Krankenhausaufenthalt auf jede Weise versüßt hatte. „Da sitzt sie wieder, die Allerweltstante!" pflegte ihr Neffe, der Nachfolger ihres Mannes als Gynäkologe, auszurufen, wenn er sie bei der „Visite" vorfand.

 

Und dabei war sie als vielfache Großmutter immer zuerst für die Kinder, Schwiegerkinder und Enkel da!

 

Weil sie ganz Königsberg seit Jahren genau kannte, hatte sie auch ungezählte Adressen für alle Notfälle bereit: für Nachhilfe- und Musikunterricht, Brennen von gekittetem Geschirr, Aufarbeitung von Möbeln, Reparaturen von feinen Metallgegenständen. — Meist geschah dies letztere durch alte, geschickte Meister mit singenden Kanarienrollern in Königsberger Stiegenhäusern aus früheren Jahrhunderten — oder feine alte Frauchen mit Geranien- und Kakteenzuchten am Fenster, die unvorstellbar sauber arbeiteten und fast Hausfreunde waren. Von ihrer Flickerin glaubten wir jahrelang, dass sie „Lieschen" gerufen würde — bis sich herausstellte, dass es „Perplieschen" heißen sollte, die freundliche ostpreußische Abwandlung ihres Namens „Fräulein Perplies"!

 

Sich für jemanden an irgendeiner Stelle zu verwenden, scheute die „Geheimbde Räthin" keine Zeit und keinen Gang. Man sagte, dass sie sich auf Behörden stets bei der obersten Instanz melden ließe und auch hereinkam! Ebenfalls fand sie Privatmenschen, die etwas „Gutes" tun sollten, unweigerlich! Diesen war das durchaus nicht immer bequem! Aber es half ihnen nichts ...

 

Ihre ganze Liebe blieb „das Land" --- so sehr sie auch die Erdverbundenheit ihrer ländlichen Herkunft in Anhänglichkeit an die Hauptstadt ihrer Heimat umgesetzt hatte — so sehr sie sich als Bürgerin Königsbergs fühlte und stolz war auf diesen Ehrennamen städtischen Patriziats. — Die tiefe Liebe zu Erde, Baum und Strauch war ihr eigen. Es erschien uns rätselhaft, wie ein Mensch, der noch „Ende Sechzig“, unsere eben eingefahrenen vierjährigen edlen Ostpreußen mit so weicher und sicherer Hand über die Felder fuhr, dass wir sprachlos mit ihr auf dem Wagen saßen wie solch ein Mensch überhaupt in die Stadt hatte heiraten können!!

 

Dasselbe empfanden wir, wenn sie uns mit ruhiger Selbstverständlichkeit nach Verbesserungsmöglichkeiten von Organisationen und Arbeitsweise in unserer Wirtschaft fragte oder Vorschläge zu Verschönerungen machte, dass uns von all den Anregungen der Kopf wirbelte!

 

Niemals aber lag in allem, was sie äußerte, der versteckte Sinn, dass man etwas nicht genügend verstände, sondern eher eine Aufforderung, das sowieso schon Geleistete noch mehr auszuführen — „denn Sie können es ja!" Man fühlte förmlich die Anteilnahme ihres Herzens an jeglichem Planen und Streben, an jeder Arbeit und Freude.

 

So kam es, dass ihr Lob über eine wirtschaftliche Maßnahme, eine häusliche Veranstaltung, die Erziehung oder das Vergnügen der Kinder — auch dann eine Genugtuung war, wenn man sich durchaus in der Lage fühlte, dergleichen alleine zu handhaben. Und haargenau traf ihr Lob immer das Gebiet, das einen innerlich am meisten beschäftigt hatte.

 

Der Ausgestaltung unserer Landhäuser und der Gastfreundschaft, die sie boten, galt ihr besonderes Interesse. Sie selbst schien uns als die Verkörperung der östlichen Gastlichkeit.

 

Es sei hier daran erinnert, dass diese in Ostpreußen nicht etwa als Luxus galt, sondern unter die notwendigen Haushaltskosten gerechnet wurde. Nicht nur in den prachtvollen Barockschlössern, sondern auch in jedem einfachen Herrenhaus ebenso wie auf dem kleinsten bäuerlichen Besitz wurde sie mit gleicher Großzügigkeit und Herzlichkeit geboten. Nicht nur blieb der rein geschäftlich Vorsprechende selbstverständlich zu Tisch, wenn er auch mit dem Auto noch rechtzeitig zu Mittag bei seiner Familie angelangt wäre — nicht nur brachten Freunde des Hauses wieder ihre eigenen Freunde mit, welche gerne „Land und Leute" kennenlernen wollten und überall willkommen geheißen wurden — —, sondern auch Abende mit geladenen Gästen wurden aufs liebevollste vorbereitet. Sie begannen meist schon am Nachmittag beim Tee auf weißen Gartentischen unter den Bäumen ums Haus — mit gemeinsamem Schwimmen und Ausfahren, mit nachfolgendem Tanz oder gemütlicher Unterhaltung am flackernden Kamin.

 

Der „Geheimbden Räthin" entging nichts, was einem Gast den Aufenthalt „womöglich noch angenehmer" machen könnte. Darunter fiel: in harmonischen Farben abgestimmter Tischschmuck — leise und aufmerksame, meist selbst geschulte Bedienung — das Maß der Teilnahme kleinerer Kinder des Hauses, die alles mitmachen, und doch weder stören noch zu müde werden durften. Oder auch die Herrichtung der Gastzimmer mit Blumen, genügend Handtüchern und heißem Wasser unter Wärmemützen — ohne viel Gefrage, ob man es auch „tatsächlich" brauche!! „Solche kleinen Äußerlichkeiten wirken sich auf die innere Behaglichkeit aus!", pflegte sie zu sagen — „und somit auf das Gelingen des Ganzen."

 

Bei solchen Gelegenheiten trug sie eine „Toilette", wie man in ihrer Jugend ein größeres Abendkleid nannte, aus schwarzem Samt, dazu eine Reihe von 67 Perlen, ein ganz fein gesticktes Täschchen und eine Lorgnette, mit der alle Kinder spielen durften und es auch ausgiebig taten.

 

Hatte sie auch in all ihren Kleidern Stil: Morgens in schwarzer Wolle, nachmittags in schwarzem. Taffet ---, so war sie in dieser „Toilette" ein Bild ihrer Schicht und Epoche, wert, vom Pinsel eines Malers festgehalten zu werden: eine Repräsentantin des kultivierten ostpreußischen Bürgertums,

 

Niemals brachte sie Hausherrn und Hausfrau bei Zusammenstellung der Tischordnung oder Verteilung der Gästegruppen in Stuben oder Garten in Verlegenheit durch die Frage, wie sie sich wohl hier und da unterhalten würden. Sie wusste in jeder Situation, zu jedem Gast — dem ergrauten General, dem ausländischen Wissenschaftler oder der neuen jungen Kindergärtnerin des Hauses — — ein passendes, freundliches Wort zu sagen. Gewiss war das Erziehung, aber keineswegs leere Konvention! Es war die innere Erziehung: zum Wohlbefinden der „societas", in der sie sich gerade befand, durch liebenswürdige Stellungnahme zum Gegebenen auch ihrerseits beizutragen. So kam es, dass sie in jeden Kreis passte — ja, dass sie als alte Dame auch bei Jugendfesten nie störte. Es gab von ihr begeisterte Studentinnen, junge Offiziere und Gymnasiasten.

 

Welch ein Genuss war es nun erst, bei ihr selbst zu Gast zu sein! Sie wohnte im dritten Stock; „Treppensteigen ist gesund!", fand sie und hatte über die Gärten ihrer Unterwohner einen weiten Blick zwischen herrlichen alten Kastanien hindurch auf das stille, funkelnde Wasser des Schlossteichs und sein jenseitiges Ufer. Dort lag ein Stück Alt-Königsberg, das sie sehr gut kannte: Die „Barmherzigkeit", — Wirkungsstätte ihres Mannes — am Vorder-Roßgarten, und die Königstraße, wo sie bis zu seinem Tode ein eigenes Haus mit einem großen Garten besessen hatten ...

 

Abends, auf dem Balkon, sagte sie dann wohl: „Es ist gar nicht, als ob man mitten in der Stadt wäre, nicht wahr?"

 

Sowohl diese Adresse: Hintertragheim 20a, Gartenhaus rechts, sowie diejenige ihres früheren „Domizils", wie sie sagte, Paradeplatz 19, neben der Universität — verdienen, hier festgehalten zu werden. Sogar die Telefonnummer: 3 04 58 soll hier stehen, — denn wie oft ist sie im buchstäblichen und doppelten Sinne „angerufen" worden!!

 

Stets bot sie allen an, sich Telefongespräche, Pakete, Autos und Fuhrwerke zur Heimfahrt, die Schneiderin zur Anprobe, Stellenbewerber für den Betrieb zu ihr zu bestellen. Es fanden sich bei ihr heimlich Verlobte, Familien nach bestandenen Abituren, — ja sogar die Tragödie einer Trennung fand in Form einer Besprechung in ihren Räumen statt — alles im Schutze ihres gütigen, unbeteiligt-beteiligten Wesens. Welches Ideal eines für viele Menschen nötigen und wichtigen Lebensabends!

 

Ihr Sohn, ein bekannter Landwirt und Schweinezüchter, verschickte einmal an alle Bekannten Briefe des Inhalts, man möge seine Mutter nicht so viel besuchen, es werde ihr zu viel. Dazu lächelte sie nachsichtig. „Ich habe eine geradezu barbarische Gesundheit!", meinte sie, „einige kleine Leiden stellen sich im Alter ja immer ein — was tut das! Dann möbelt mich mein guter Doktor Telemann (bekannter Königsberger Internist und einer der ersten Röntgenologen. D. Verf.) eben wieder auf! Sehen Sie, liebe Frau C. ..., es ist mir eine große Freude, in meinem Alter neben meiner Familie noch so vielen anderen Menschen etwas sein zu können! — Nur so nehme ich doch an Ihrer aller Leben teil!"

 

Wie freute man sich den ganzen Tag bei ermüdenden Wirtschaftsbesorgungen und lästigen Behördengängen auf ihre behagliche Stube mit den wuchtigen, polierten Möbeln, wo unter der Lampe mit dem gelbseidenen Schirm ein runder Tisch zierlich gedeckt war. Denn jedes Telefongespräch, mit welchem man sich ansagte, schloss mit ihren Worten: „Und dann essen Sie bei mir noch ein kleines Brötchen!" So soll denn auch dieser Brötchen, dieser für die „Geheimbde Räthin" so charakteristischen Gedichte aus gehacktem Ei, rosigem Lachsschinken, grüner Petersilienbutter und zierlichen Gurkenscheiben auf runden Semmelchen — hier gedacht werden! Sie erfüllten die Forderung der raffinierten französischen Köche des 18. Jahrhunderts, dass bei einer Mahlzeit nie zwei Gänge dieselbe Farbe haben dürften, da „das Auge mitesse" und Anregung brauche ... Zwar behaupteten manche in liebevollem Spott, satt würde man dafür auch nicht davon — es gab aber solche Mengen, dass bestimmt niemand hungrig fortging.

 

Seitwärts auf dem „Nassauer Tischchen" aus Seidengeflecht, das sehr wackelig aussah, aber tatsächlich nie umfiel — stand die bauchige braune Wedgewood-Kanne mit weißen Figürchen voll feinstem Tee, den man sich denken konnte — daneben die gleiche Spülschale — denn jedwede Tasse wurde erst heiß ausgeschwenkt, ehe sie aufs neue voll Tee gegossen wurde — und Wassertopf in derselben zarten Beschaffenheit. Ebenfalls war da ein Achtelliter Sahne. „Mehr lasse ich nie holen — denn in der Stadt, sehen Sie, kann man ja jederzeit alles frisch haben." Immer standen ihr unsere ländlichen Wirtschaften vor Augen mit ihrer Konservierung von größeren Mengen für längere Zeit.

 

An diesem Teetisch ist viel Freude geteilt, viel Menschliches verstanden, und viel Mut und Kraft gespendet worden.

 

Wenn die „Geheimbde Räthin" nach einem Ausbruch unserer Begeisterung oder Empörung und nach einer Pause des Nachdenkens vorsichtig — ohne jemals ihre Stimme zu erheben, begann: „Liebe Frau C. ... nach den reichen Erfahrungen meines langen Lebens — ", so fing schon hier unsere Erregung an abzuklingen, und man ließ ihre leise Hand Ungeordnetes glätten und in klar Unterscheidbares einteilen.

 

Nicht der mindeste Ärger etwa über „alte Leute, die immer von ihren Erfahrungen sprechen, als seien Anlage und Wissen gar nichts" — kam dabei in uns auf; denn diese „Erfahrungen" entstammten lebendigen Quellen der Herzensverbundenheit mit Menschenschicksalen — sie bedeuteten nicht Überheblichkeit, sondern Weisheit.

 

Wenn sie uns trotzdem immer wieder „anheimstellte", — denn sie schrieb ja nie vor —, das Persönliche der sachlichen Erkenntnis des Richtigen und Guten unterzuordnen, so passte auch dies in ihre Linie. Oft brauchte sie bei der Betrachtung von Meinungsverschiedenheiten und Zerwürfnissen die Wendung: „ auch im allgemein menschlichen Interesse" sei es wünschenswert, diese gütlich beizulegen.

 

Alles sah sie von der hohen Warte aus, dass man über Alltägliches und Kleinliches hinweg die innere Verpflichtung zum Dienst an Familie, Stadt, Heimat und Vaterland vor Augen haben müsse. Darin sah sie Gottes Forderung an jeden Menschen. Darin gipfelte ihr unaufdringliches und selbstverständliches Christentum — darin war sie unermüdlich und unerbittlich.

 

Denn dieser ausgesprochene Mensch, der immer genau wusste, was er zu tun hatte, war voller Ehrfurcht vor Gottes Geboten und Gottes Allmacht. So schrieb sie in das neue Gästebuch eines großen, von Betriebsamkeit und Unternehmungsgeist erfüllten Landhauses, das ihr als geehrtesten Gast zuerst vorgelegt wurde: „Wo der Herr nicht das Haus bauet, da arbeiten umsonst, die daran bauen! (Psalm 127,1). — Die allseitige Freundin dieses Hauses!"

 

Trotzdem es ihr an eigenen Gedanken nicht gebrach, gehörte es „zu ihren Gepflogenheiten", wie sie es nannte, einen verstorbenen Bruder zu zitieren — Goethe-Kenner, Sozialreformer, Förderer von Kunst und Künstlern. Wir hatten ihn nie gesehen, aber er war uns vollkommen plastisch. Manchmal lächelten wir zwar, wenn sie begann: „ Mein Bruder Franz pflegte zu sagen ", aber dass gewisse Äußerungen durch die Wiederholung nicht wahrer werden, trifft hier ausnahmsweise nicht zu. Im Gegenteil kommt uns mancher Spruch aus dem Munde „meines Bruders Franz" erst in den Jahren nach der Flucht so richtig zum Bewusstsein. So in den vielen, auf ganz neue Art schwierigen Situationen unseres jetzigen Lebens das Goethewort: Es sei nicht das Wichtigste, einen heroischen Entschluss zu fassen, sondern: „des langen Willens Herr zu sein!" Oder ganz einfach und alltäglich ausgedrückt: „Es muss sich aber ein Modus finden lassen!"

 

Ach, und als es uns so schwer wurde, ganz auf das Geschenkt bekommen selbst des Notwendigsten durch hilfreiche Menschen angewiesen zu sein — wir, die wir immer nur selbst hatten schenken dürfen — klangen uns im Ohr die Worte der Geheimbden Räthin: „Es gibt nicht nur eine Grazie des Gebens, es gibt auch eine Grazie des Nehmens ..."

 

Wenn ich jetzt glaube, irgendein neuer Schreck sei nicht zu bewältigen, ertönen in mir ihre Worte: „Sie können es! Nehmen Sie sich nur selbst etwas an die Kandare!" Und wenn Anderes auf die Länge der Jahre nicht mehr zu ertragen scheint, höre ich im Geist ihre milde Stimme: „Glauben Sie mir, liebe Frau C...., der Mensch kann viel mehr, als er denkt!"

 

„Ach, wie hat sie das selbst noch mit 83 Jahren beweisen müssen! Es war ihr auferlegt —

nach einem Enkel und geliebten Neffen — noch die Ausrottung der gesamten 15-köpfigen Familie ihres Sohnes durch den Krieg bis auf drei Enkel, und die Flucht aus der Heimat, der ihr ganzes Leben gegolten hatte, über die Ostsee nach Westen durchzustehen.

 

Trotzdem hatte sie nach allem Erlittenen und der Ankunft in der bergenden Liebe ihrer Tochter noch die innere Kraft, uns zu schreiben: „dass ich weiterhin an allem, was Sie und Ihr Haus betrifft, den wärmsten Anteil nehme, ist selbstverständlich …!"

 

„An allem, was Sie betrifft" --- welch wundervolles Wort — — von wie wenigen Menschen wird uns das gesagt! Es bedeutet nicht nur, mit uns getragen, sondern auch mit uns genossen zu haben, was uns Gutes und Schönes in der Heimat widerfuhr -— ach, es bedeutet die Heimat selbst ...

 

Wir durften sie nach all den uns in den tiefsten Tiefen aufwühlenden Ereignissen nicht wiedersehen. Mit ihr zu betrachten, wie aus unseren so verpfuscht scheinenden Dasein doch noch ein Leben des Segens für uns und andere aufzubauen sei — wäre ein Geschenk gewesen. Nun ruht sie auf dem kleinen stillen Bornstedter Friedhof. Wir konnten ihr nicht mehr sagen, wie vielen von uns die Erinnerung an ihre weisen und gütigen Worte half, die Psychose der Verzweiflung nach dem Verlust von Menschen, Haus, Heimat, Arbeit und Verantwortung allmählich zu überwinden, und wieder zu leisten!

 

Unser Dank an sie aber sei, nun in unserem täglichen Leben zu verwirklichen, was sie uns durch „die reichen Erfahrungen meines langen Lebens" als göttliche Forderung an unser menschliches Streben dargestellt hatte.

 

Es sei zusammengefasst in einem der häufigsten Zitate „meines Bruders Franz":

 

„dass dir werde klein das Kleine, und das Große groß erscheine!"

 

Seite 10   Die Sedanschlacht in Kerschken. Von Otto Wendorff.

Damals als „Otto der Eiserne" mit dem „Großen Schweiger" getrennt marschierte und vereint den Neffen vom alten Napoleon am 2. September 1870 bei Sedan nach einer zünftigen Keilerei nach Deutschland importierte, war Kerschken noch ein sogenanntes „Negerdorf", wo sich die Füchse „Gute Nacht" sagten. Die ärmlichen mit Stroh gedeckten Holzhütten am Rande der Rothebudener Forst träumten damals noch ihren beschaulichen Dornröschenschlaf, bis der Kanonendonner des ersten Weltkrieges es aufschreckte und den größten Teil der Häuser in Asche legte. Damals, nach dem Sieg bei Sedan, der den Deutsch-Französischen Krieg beendete, war neben Kaisers Geburtstag ein weiterer Festtag, das Sedanfest, fällig geworden. Und da es zu damaliger Zeit in Ostpreußen schon überall Fahnen, Krugwirte, Bärenfang und mehr oder weniger gute Redner gab, wurde dieses Fest, ganz gleich ob in Dorf oder Stadt, auch entsprechend gefeiert. Darin machte auch Perschken keine Ausnahme. Aber das allein hätte dieses kleine Bauerndorf nicht zum Mittelpunkt nachstehender Geschichte gemacht, wenn nicht irgend einer unter ihnen auf die Schnapsidee gekommen wäre, diesem Tag durch die Rekonstruierung der Sedanschlacht einen besonderen Reiz zu geben.

 

Ja, das war etwas für die neugebackene Kaiserreserve. Mit Fiebereifer ging man daran, alle noch auf Böden und in Rumpelkammern verkramten kriegerischen Requisiten, die für diese „Veranstaltung" unbedingt notwendig waren, zusammenzusuchen: alte Uniformen in allen Schattierungen und Paspelierungen, alte Vorderlader, durch deren Läufe man gerade noch den Himmel schimmern sehen konnte, Feldkrätzchen, Pickelhelme und Fahnen, viele Fahnen, dazu verrostete Säbel, auch Mistgabeln und Lanzen. Für die Gegenpartei hatte Napoleon I., als er 1812 mit eiskalten Füßen von Russland kam, noch einige Ausrüstungsstücke für die „Kerschkener Imi-Franzosen" zurückgelassen. — In diesem stillen Dörfchen, das damals noch keine befestigten Straßen hatte und nur selten von Viehhändlern, umherziehenden „Wenktienern" (Landstreicher) und zweifelhaften Handwerkern, die zum größten Teil noch nicht wegen „Ehrlichkeit" vorbestraft waren, besucht wurde, war jetzt zu einem „Rüstungszentrum" geworden. Der Dorfschmied als Waffenmeister war natürlich die Selle des Unternehmens. Er hatte sogar ein Prachtstück von Kanone zusammengeschustert und eine beachtliche Anzahl von Böllern konstruiert. Das Sprengpulver, das man sonst zum Sprengen von Steinen und Stubben zu verwenden pflegte, wurde kleingekloppt nun für „kriegswichtige Zwecke" vorbereitet. Auch die Frauen hatten alle Hände voll zu tun, denn die alte Reserve wollte nicht mehr in die im Jugendstil zugeschnittenen Uniformen hineinpassen. Da waren überall beachtliche Keile fällig. Natürlich musste jeder, vom jüngsten Lorbaß bis zum Landsturm (II. Aufgebot), eine Uniform haben. Dann wurden die einzelnen Prominenten für das Unternehmen ausgewählt. Auf der einen Seite der neugebackene Kaiser Wilhelm I., Fürst Bismarck, Graf Moltke und der Kriegsminister Roon. Auf der Gegenseite kandidierte ein Napoleon III., Bazaine und MacMahon. — Schon Wochen vorher lagen Uniformen und Waffen sorgfältig geputzt und gewienert parat. Die Schnurrbärte, die sonst wie die Zweige der Trauerweiden herunterhingen, lagen seit Tagen in den Binden und standen nun wie Kaddigstrempel nach oben. Dann kamen auch schon die Gruppenführer und braschten und schnauzten herum, die Tamboure, deren Anzahl für ein ganzes Regiment ausgereicht hätte, schlugen zur Probe auf Pauken und alte Eimer wie auf Stiefkinder drein. Aber dann konnte es endlich losgehen.

 

— Eine große Zuschauermenge aus der ganzen Umgebung hatte sich zu diesem Schauspiel eingefunden. Indes bezogen Freund und Feind wohldiszipliniert ihre Ausgangsstellungen. — Mit einem mörderischen Lärm von Donner und Hurras fing es an. Die Böller qualmten und spien lärmend ihren mannigfaltigen Leibesinhalt aus, dazwischen braschte die Kanone, plätscherten die Musketen, grunzten und winselten die Trompeten, dass sich ein Tierschutzverein ihrer erbarmt hätte. Die Fahnen knatterten im Herbstwind und die blankgescheuerten Säbel und Lanzenspitzen glänzten wie Solinger-Rostfrei. — Die Kühe, die in der beschaulichen Einsamkeit zwischen den Kaddigsträuchern und Fichtenkuseln die letzten spärlichen Überbleibsel des Sommers auflasen, stellten wegen dieses ungewöhnlichen Lärms ihre „perlenbehangenen" Schwänze waagerecht und gingen mit schlampernden Eutern wie die Hirsche über den leichten Pflugacker, Hühner und Gänse krakeelten und kreischten, als ob der Fuchs unter sie geraten wäre. Die Pferde in den Ställen prusteten, als sei ihnen das erste Automobil begegnet. Die Hunde winselten und jammerten zum Gotterbarmen und die Hasen, die hier schon manchen Knall gewöhnt waren, kehrten erst nach Monaten zu ihren Wechseln zurück. — Selbst die Altchens und die Frauen der Sedanheiden, die sich unter den Schlachtenbummlern befanden, bekamen wegen dieser Kriegsgeräusche weiche Knie. Die Kinder auf ihren Armen blarten und wurden vor Schrecken „undicht", und den alten Veteranen tropften Begeisterungstränen auf das steife Chemisett.

 

Indes galoppierten die tapferen Sedanstreiter mit den Kühen und Schafen um die Wette, den feindlichen Stellungen entgegen. Da gab es kein Halten mehr. So warm war ihnen selbst bei der Roggenaust noch nie geworden. Die Opapas mussten schon die Holzschlorren in die Hand nehmen, um mit der Primus-Garde Linie zu halten. — Die Kaiserliche Majestät und ihr Stab standen indes in vorschriftsmäßiger Pose, aufgeplustert wie die Truthähne, auf dem Feldherrnhügel und verfolgten mit todernst-blasierten Gesichtern den Gang der Schlacht, über deren Ausgang selbstverständlich keinerlei Zweifel bestanden.

 

Den „Kerschkener Franzosen" war das Herz, trotz ihrer mutigen Gegenwehr, in der Zwischenzeit in die knallroten Hosen gerutscht. Sie hatten nicht nur die erdrückende Übermacht, sondern auch den armen Napoleon zum Feind, der in Anbetracht der aussichtslosen Lage desertieren wollte. Das aber hätte den ganzen historischen Hintergrund vor die Hunde gebracht. Nachdem er schon im eigenen Lager und auf dem Wege zu Seiner Majestät eine zünftige „kalte Abreibung" in Empfang genommen hatte (die Haager Landkriegsordnung war damals noch nicht ratifiziert —), wurde er nun für denselben Zweck auch bei den Prominenten herumgereicht, bis „Otto der Eiserne" als letzter ihm den neuen Reichsgedanken durch eine Serie fürstlicher Maulschellen so nahe brachte, dass es ein Wunder war, dass Leib und Seele beieinander bleiben. — Dann ging es, mit „Heil-dir-im-Siegerkranz" unter Trompetengeschnatter, einem reich variierten Paukenintermezzo und Fahnen, viel Fahnen, zum Dorfkrug, wo sich die pulvergeschwärzten Sedanhelden nach einer holperigen Siegerproklamation und Freiheitsliedern mit ihren Familien und Gästen zu einem Festball wiederfanden. Da blieb keine Stirn und keine Kehle trocken. —

 

Trotz aller Fröhlichkeit hatten die Kerschkener auch ihre Sorgen. Bald wollte sich unter den Einheimischen kein Napoleon mehr finden lassen, der für Geld oder gute Worte die mörderische Senge qualitativ und quantitativ in Kauf nehmen wollte, und die der Kerschkener Generalstab für unbedingt erforderlich hielt; denn der Name Napoleon hatte seit der Schlappe von Preußisch-Eylau und Friedland (1807) auch in Kerschken keinen guten Klang. So entschloss man sich, das geeignete Opfer aus den Reihen der umherziehenden Handwerksburschen und „Wenktienern" zu rekrutieren. Der „berufsfremde" Napoleon wurde dann schon einige Wochen vor der Mobilmachung durch gutes Essen und Bärenfang im Dorf aufgemästet. Um ganz sicher zu gehen, sperrte man ihn vorsichtshalber einige Tage vor dem Einsatz in das Spritzenhaus ein. — Aber auch innerhalb dieser „Überlandzentrale" hatte es sich schnell herumgesprochen, dass der Beruf eines Kerschkener Napoleons selbst für ein „ungekröntes" Haupt ein zu großes Risiko war. Schließlich kam die Regierung den Sedanhelden insofern „entgegen", dass sie Ende der neunziger Jahre die Sedanfeier in dieser Art verbot, weil die Kampfhandlungen so wirklichkeitsnahe „gespielt" wurden, dass es auch schon mal Schwerverwundete gab.

 

Der letzte Napoleon war der Schuster August Seeligmann. Sein letzter Nachfahre, auch ein August Seeligmann, der bei dem Kaufmann Kakis in Benkheim den Kaufmannsberuf erlernte und dann nach Schleswig-Holstein auswanderte, ist im Sommer 1949 in Hohenwested gestorben.

 

 

Seite 10   Armbrustschütze Taubadel, der Held von Wehlau. Er nagelte einen Feind mittels Pfeilschuss an die Belagerungsmaschine

Man schrieb das Jahr 1260. Ein allgemeiner Aufstand der vom Deutschen Ritterorden besiegten Stämme Preußens brach los. Die Welle des Aufstandes reichte bis Kulm und Pomesanien. Der Ritterorden verlor einen Stützpunkt nach dem andern. Diesem plötzlichen, von einer zentralen Stelle aus geleiteten Aufstand der Gaue war er nicht gewachsen. Zu den wenigen Burgen, die der Orden halten konnte, gehörten Königsberg, Balga, Elbing und Wehlau.

 

Vier Jahre waren seit Beginn der Feindseligkeiten vergangen. Die Burg Wehlau schien von den Aufständischen vergessen worden zu sein. Bis jetzt hatte sich kein einziger von ihnen vor der Feste blicken lassen. Als aber im Winter 1264 die Kälte einen solchen Grad erreichte, dass der Pregel, die Alle und die rings um die Burg sich ausbreitenden undurchdringlichen Sümpfe mit einer festen Eisdecke überzogen wurden, wagte man den Angriff.

 

Nadrauer und Sudauer fanden in den litauischen Kriegern eine wertvolle Hilfe. Gemeinsam umzingelten sie die Burg Wehlau. Sie stellten zwei Wurfmaschinen auf, schleppten riesige Steine herbei und begannen die Feste zu beschießen. Aber selbst die Feuersbrände, die gegen die hölzernen Burgmauern oder auf die Strohdächer der Burg geschleudert wurden, brachten nicht den gewünschten Erfolg.

 

Die Belagerer wussten von ihrer Übermacht. Sie ahnten, dass die in der Festung eingeschlossenen Kämpfer vor Anstrengung und Hunger nahe am Verzweifeln waren. Wie sollten sich die Eingeschlossenen der Übermacht der Belagerer auf die Dauer erwehren?

 

So sagten sich die Aufständischen und gingen zum Generalangriff über. Tag und Nacht währte der mörderische Kampf. Die Lage schien für die Eingeschlossenen hoffnungslos. Schon riet man, die Burg heimlich bei Nacht zu verlassen, um sich nach Königsberg durchzuschlagen.

 

Als der Armbrustschütze Heinrich Taubadel, einer der tapfersten und stärksten unter ihnen, von der Absicht seiner Mitstreiter hörte, versammelte er seine Waffenbrüder um sich und sagte: „Vier Jahre haben wir uns tapfer gehalten, haben trotz der erdrückenden Übermacht den Ansturm erfolgreich abgeschlagen, haben dem Feind empfindliche Verluste beigebracht und nun sollen wir uns aus unserer Feste stehlen? Lasst uns noch acht Tage dem Feind trotzen, dann wollen wir weiter sehen."

 

Auf diese Weise gelang es ihm, sich Respekt zu verschaffen und seinen Waffenbrüdern neuen Mut zum Ausharren einzuflößen. Heinrich Taubadel ließ es aber nicht nur bei schönen Redensarten bewenden. Er selbst ging mit gutem Beispiel voran. Die besonders gefährdeten Stellen der Strohdächer ließ er zum Schutze der Feuerpfeile mit Tierhäuten überziehen, organisierte einen sich regelmäßig abwechselnden Wachtdienst und scharte diejenigen Streiter um sich, die mit ihm gemeinsam überraschende Ausfälle gegen die Belagerer zu unternehmen bereit waren.

 

Nach den ersten erfolgreichen Ausfällen wurden die Feinde stutzig. Noch aber gaben sie sich nicht geschlagen. Im Gegenteil, sie häuften vor den Toren der Burg Feuerbrände an, um die Verteidiger buchstäblich auszuräuchern. Und wieder war es Taubadel, der an der Spitze seiner auserlesenen Schar plötzlich vor den Toren auftauchte, die Feuergarben auseinanderriss und so die Gefahr bannte.

 

Allmählich wurden die Belagerer mutlos. Und als es dem tapferen Taubadel sogar gelang, ihren Anführer im Kampf zu töten und einen seiner Werkmeister mit einem gut gezielten Pfeilschuss an die Belagerungsmaschine zu nageln, zogen sich die Belagerer in die Wälder der Umgebung zurück.

 

Burg Wehlau war gerettet. Als dem Hochmeister des Deutschen Ritterordens vom Heldenmut und der Tapferkeit des Armbrustschützen Taubadel berichtet wurde, ließ er ihn zu sich kommen und belohnte ihn durch die ehrenhafte Aufnahme in den Orden. ---

 

Noch bis 1945 konnte man im Heimatmuseum Wehlau das Modell einer jener Wurfmaschinen sehen. Ernst Grunwald

 

 

Seite 10   Die neue Sowjetnote

Die umfangreiche Sowjetnote, die dieser Tage den Regierungen der Westmächte zugeleitet wurde, ist ihrer ganzen Anlage nach eigentlich allein an einen einzigen Adressaten gerichtet, und zwar an das — politisch — schwächste Glied der atlantischen Kette, d. h. an Frankreich. Dessen Bedenken und Befürchtungen wegen der geplanten Wiederaufrüstung Deutschlands im Rahmen der EVG oder NATO sollen gefördert werden. Und dies ist der Schlüssel zum Verständnis dieser — eben deshalb — sonst im Großen und Ganzen (mit Ausnahme einiger Westdeutschland betreffender Formulierungen!) in maßvollen Worten gehaltenen Note. Frankreich wird dabei in verklausulierter — also recht unverbindlicher — Form einiges versprochen, zugleich aber ist versteckt angedeutet, dass im Falle eines Nichteingehens auf die Sowjetwünsche Frankreich mit Schwierigkeiten in Fernost zu rechnen habe. Das ist der Sinn der Einleitung, in der von den „herangereiften Problemen" in Südostasien und Europa die Rede ist. Deshalb wird vom „Aggressionsherd Deutschland" gesprochen und deshalb wird der Eindruck zu erwecken gesucht, als sei der riesige Machtblock von Stettin bis Kanton „bedroht". Aus dem gleichen Grunde wird vorgeschlagen, dass Rot-China an den zur Erörterung stehenden Konferenzen teilnehmen soll, denn nur dieses kann Frankreich die ersehnte Entlastung in Indo-China bieten. Dabei ist es nicht ohne Bedeutung, dass im Zusammenhang mit dem Europaproblem auch von der „Anhäufung der Atom- und Wasserstoffbomben" auf beiden Seiten gesprochen wird.

 

 

Was Deutschland anbetrifft, so wird, wie zu erwarten, deutlich gemacht, dass eine Wiedervereinigung auch nur der vier Zonen so lange von der Sowjetunion nicht zugelassen werden wird, als Westdeutschland in das westliche Lager einbezogen ist. Was die UdSSR als Ziel ihrer Deutschlandpolitik deutlich zu erkennen gibt, ist die Errichtung eines „neutralisierten", also eines waffenlosen Deutschlands, Denn es ist nicht mehr von jenem seinerzeitigen Vorschlage Stalins die Rede, der immerhin noch eine beschränkte Wiederbewaffnung des Vier-Zonen-Deutschlands vorsah. Auch besteht die Sowjetunion auf der Bildung einer „Überregierung", was durch den Hinweis auf deren Funktion bei einer Beratung der Modalitäten einer freien Wahl schmackhafter gemacht werden soll. Das Ziel aber ist, die Sowjetzonenregierung ins Spiel zu bringen. Dies wird auch dadurch deutlich, dass außer der ersten Fünf-Mächte-Konferenz noch eine zweite Deutschland-Konferenz in Aussicht genommen wird, bei deren Vorbereitung Vertreter West- und Ostdeutschlands mitwirken sollen. Damit aber erhält die erste Konferenz allein den Charakter einer vorbereitenden Aussprache.

 

Von besonderem Interesse ist auch die Bezeichnung der Themen für die erste Fünf-Mächte - Konferenz, indem dafür folgende Punkte vorgesehen sind: 1. „Maßnahmen zur Verhinderung der Spannungen", 2. Die Deutschland-Frage, 3. Der Staatsvertrag für Österreich. Damit ist wiederum die Österreich mit der Deutschland-Frage in Zusammenhang gebracht worden, wenn auch nicht in der apodiktischen Form, wie dies in den früheren sowjetischen Verlautbarungen der Fall war. Es besteht also durchaus die Aussicht, dass die UdSSR bezüglich Österreichs eine Politik des „Präzedenzfalles" verfolgen würde, um gewissermaßen zu demonstrieren, wie sie sich die Lösung der Deutschlandfrage denkt.

 

So steht also eigentlich hinter jedem Buchstaben der Note das Deutschland - Problem. Und es ist an einer ganzen Reihe von Stellen erkennbar, dass Moskau insbesondere nach den letzten Bundestagswahlen versucht, Gegenkräfte im westlichen Lager selbst zu stärken. Dabei wurde auch auf die französischen Bedenken wegen eines deutschen „Drangs nach Osten" Bezug genommen, und tatsächlich findet sich erstmals dieses Schlagwort in der Note.

 

Wenn also die Note vor allem als propagandistische Maßnahme zu verstehen ist, so ist doch festzustellen, dass sie keine Tür zuschlägt und vielmehr mit Nachdruck auf das Erfordernis von Verhandlungen hinweist. Diesem sollte entsprochen werden, wenn auch gerade diese Note kaum irgendwelche neuen Hoffnungen auf positive Ergebnisse erweckt.

 

Seite 11   Sommer im Bernsteinland. Von Alexis. 5. Fortsetzung

Foto: Mustergut Corben im Samland. Aufn.: Wiemers

Foto: Mustergut Corben mit seinen großzügigen Einrichtungen

Einmal kamen wir, zeitig im Jahr, von Norden her zum Hausenberg gezogen. Plötzlich sahen wir uns einem starken Rudel Hirsche gegenüber. In der Absicht, sie vor die Kamera zu bringen, pirschten wir uns kriegsmäßig heran Aber jedes Mal, wenn wir zum Schluss zu kommen glaubten, bekamen die Tiere Witterung und das Spiel begann von neuem. So waren wir bis an den Fuß des Berges herangerückt, den wir bestiegen, wobei wir entdeckten, dass seine Ringwelle nicht gewaltiger sind, als die des Galtgarbens.

 

Immer ist es ein eigenartiges Gefühl, sich an Stätten zu wissen, die eine Vergangenheit haben, an die sich kein neues Leben anschließt, weil sie völlig übersehen worden sind. Die Stille wird bedrückend, irgendetwas liegt in der Luft, das stärker ist, als wir: Ausstrahlungen von Gedanken und Taten derer, die vor uns waren und die uns zwingen, die Stimme zu dämpfen und den Fuß behutsamer aufzusetzen. In diese völlige Verlassenheit brach auf einmal von allen Seiten das Brechen von Ästen: die Hirsche, die sich hierher zurückgezogen und vor uns versteckt hatten, waren plötzlich hoch und jagten nach allen Seiten in langen Fluchten auseinander.

 

Leider ist es uns nur selten gelungen, einen Elch zu sehen, der noch im ganzen nördlichen Ostpreußen heimisch ist. Nie trafen wir ihn, so oft wir auch an Spuren oder frischem Verbiss merkten, dass er kurz vor uns dagewesen war. Aber allein das Bewusstsein, ihm jederzeit begegnen zu können, erfüllt das Wandern in den ostpreußischen Wäldern mit steter Spannung.

 

Früher in weit stärkerem Maß als heute, ein Fabeltier, wurden ihm alle möglichen Geschichten angedichtet, wozu schon Cäsar beigetragen hat. Da er keine Gelenke besitzen sollte, hieß es, dass er nur gegen einen Baum gelehnt, schlafen könne. Darum hätten die schlauen Jäger diese Schlafbäume angesägt, um das Tier zu Fall zu bringen und erlegen zu können.

 

Wahr bleibt immerhin, dass der Elch, unbeholfen selbst in dem Gelände, das für ihn geschaffen scheint, mannigfachen Gefahren ausgesetzt ist. Oft finden die Jäger verluderte Elche, die in einem Graben ertrunken sind oder sich aus einem Sumpfloch nicht befreien konnten. Im offenen Wasser dagegen ist er ausdauernd wie ein Kanalschwimmer. Die Überquerung des Haffs vom Festland zur Nehrung und umgekehrt ist keine Seltenheit.

 

An das Zweibein gewöhnt, das ringsum Tag und Nacht mit Lärm erfüllt und das er überall wittern muss, versteht er es, ihm beizeiten auszuweichen. Ungemütlich wird er nur zur Brunftzeit, wo man ihm am besten aus dem Weg geht. Während er Geschirre überhaupt nicht beachtet, ärgert er sich bisweilen über Autos und versucht, sie zu bekriegen. Einstmals war er ein wehrhaftes Wild, dessen Kampf mit Wölfen Johann Elias Ridinger, der Meister ungeschminkter Tierdarstellung, in einem seiner besten Blätter festgehalten hat. Heute ist es unter den Tieren nur die kleine Rachenbremse, die ihm gefährlich wird. Überhaupt peinigen ihn die Insekten im Sommer bis aufs Blut, so dass er sich gern im Wasser verschanzt, um sie loszuwerden.

 

Von den alten Preußen als Götterbote angesehen, aber trotzdem gejagt, entdeckt man später seine geringe Intelligenz, die ein sämländischer Bischof damit zu belegen sucht, dass er einen Elch beobachten konnte, der sich vom Feuer rösten ließ, anstatt davonzulaufen. Dieser Mucius Scävola unter den Elchen war immerhin ein Beweis seiner Dickfelligkeit. Die gute Decke war es auch, um derentwillen er so gern gejagt wurde. Paul I. von Russland ließ alle Elche derer er habhaft werden konnte, niedermachen weil er so schrullig war, seine gesamte Kavallerie in Elchlederhosen stecken zu wollen.  

 

In der Zeit als Auer und Elch Preußen in den Ruf eines durch seltene Tiere ausgezeichneten Landes zu bringen begannen, erbaten sich ihn häufig fremde Fürsten zum Geschenk. Diese Schnorrerei ist Herzog Albrecht, der besonders oft darum angegangen wurde, sicherlich lästig geworden, zumal, da auch dieses Wild hier nicht mehr im Überfluss vorhanden war. Nachdem zwei Hirsche die lange Reise bis Heidelberg nicht lebend überstanden hatten und Otto Heinrich, Pfalzgraf von Bayern, darum bittet, neue zu senden, schreibt er an ihn: „Euer Liebden mögen uns in Wahrheit glauben, dass wir nach seltsamen Stücken, als Awer Ochsen, wilden Pferden und Elenden mit allem Fleiß haben trachten lassen, aber dieses Jahr nit eins, auch nit mehr von elenden, bekommen konnen“.

 

Anlässlich von Staatsbesuchen warteten die preußischen Fürsten gern mit der Elchjagd auf. 1698 knalltete August der Starke mit Friedrich III. fröhlich in der Johannisburger Heide, was ihm vor die Büchse kam. Friedrich Wilhelm I. weilte am liebsten in der Kaporner Heide. Sie lag so schön bequem in Königsbergs Nähe, wo er sich, wenn die Jagd einmal gar nicht gelohnt hatte, im Hetzgarten auf dem heutigen Paradeplatz vergnügen konnte, der mit Tieren reich beschickt war. Als letzter deutscher Fürst und Kraftmensch fand er an den rohen Kampfspielen Gefallen, die dort seit altersher stattgefunden hatten. Wisente, Elche, Bären und scharfbeschlagene Pferde mussten dort ihr Leben lassen. Die ermatteten Sieger durften einen „glorreichen Tod" durch die Hand des Monarchen sterben.

 

Das herrlichste Wild der ostpreußischen Wälder, der Ur oder Auerochse, ist schon seit langem ausgestorben. Mit weit ausladenden Hörnern und geradem Rücken muss er dem südeuropäischen Büffel weit mehr geähnelt haben als sein kleinerer Bruder, der Wisent, der ihn um ungefähr 200 Jahre überlebt hat und der noch heute im Urwald von Bialowicz anzutreffen ist. Die beiden Tiere wurden später dauernd miteinander verwechselt. Dass sie zur Ordenszeit in Preußen nebeneinander lebten und gejagt wurden, geht aus den Rechnungsbüchern des Treßlers in der Marienburg hervor, der sowohl den Auerochsen (Euwir, Uwer) als auch den Wisent (Wesent, Weszent) erwähnt.

 

Die Angaben des Königsberger Arztes Hagen, der vor 120 Jahren eine „Geschichte des Preußischen Auers" schrieb, beziehen sich auf den Wisent. Er stützt sich auf die Aussage von Leuten, die den letzten Wisent in Königsberg noch gesehen hatten. Friedrich der Große — im Gegensatz zu seinem Vater den Freuden der Jagd abhold — ließ ihn 1744 im Hetzgarten erschießen und sein Fleisch an die Armen verteilen.

 

Ein Kupferstich, der dem Aufsatz Hagens beigefügt ist, wurde nach einem Ölbild gestochen, das nach diesem letzten Bewohner des Hetzgartens gefertigt war. Dennoch scheinen dem Verfasser Erinnerungen an den wirklichen Auerochsen vorgeschwebt zu haben. Gleich zu Beginn charakterisiert er das Wild mit den Worten: „Der Auer ist eines der größten vierfüßigen Thiere und steht in dieser Rücksicht zunächst dem Nashorn. Er ist ein fürchterliches Thier mit starrem Blick und finsterem Aussehn . . . Stärkste Bären und Hunde wirft er mit den Hörnern in die Luft . . . Sein Aufenthalt ist allemahl in Wäldern und er sucht Stellen aus, wo ein Bach, Fluss oder See stattfindet. Gern frisst er das wohlriechende Honig- oder Mariengras . . . Seine Stimme besteht bloß in einem auf wenige Schritte hörbaren, zum Theil traurigen Gemurmel, welches, wiewohl nur eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Grunzen der Schweine hat."

 

Die Verse eines zeitgenössischen Dichters „Verhallt ist des Urs Donnerstimme in Germanien Wäldern“ geißelt er als Übertreibung. Ältere Schriftsteller wissen gleichfalls von des Auerochsen barbarischem Geschrei zu berichten, das wie „lu – lu lu“ geklungen haben soll.

 

Bei der Ankunft des Ordens in Preußen befanden sich die größten Wildrindherden in der Nähe der heutigen Stadt Angerburg. (Der Schreiber scheint sich mit dem nächsten Satz irgendwie vertan zu haben, daher ?????). Im Anscheuern gewöhnt, in denen sie im Winter gefang?????? des 17. Jahrhunderts aber waren Wisente in freier Wildbahn nur noch zwischen Labiau und Tilsit zu finden. Nach Hartknochs Chronik wurden ihnen dort im Winter viele Fuder Heu zugeführt. Im Sommer pflegten sie die sumpfigen Niederungen am Haff aufzusuchen.

 

Ihre Zahl wurde hauptsächlich durch Wilddiebe stark gemindert, obwohl auf ihre Tötung hohe Strafe gesetzt war. Um Ausreden, man kenne das Wild nicht, vorzubeugen, waren sogar Warnungstafeln mit dem Bild des Wisents aufgestellt, wo immer er anzutreffen war.

 

Die Wilderer benutzten ungern das Gewehr, dessen Knall sie verriet, sondern fingen die Wisente meist in Gruben. Die scheußlichste Art, das Tier zu Tode zu bringen, war aber, zwei Bäume zur Erde zu biegen und ein Bündel Heu mit einer Schlinge daran zu befestigen, bei deren plötzlichem Emporschnellen der Wisent unweigerlich erdrosselt wurde.

 

Die letzten Wisente hatten sich an „Auerscheuern" gewöhnt, in denen sie im Winter gefüttert wurden. Während sie begierig das Heu rupften, löste sich eine Mechanik aus, die das schwere Tor zufallen ließ. Bei Kälbern senkte man Stricke von oben herunter, in die sie sich verwickelten und fortgetragen werden konnten. Erwachsene Tiere wurden durch Hunger kirre gemacht und in einen Käfig gelockt, in dem sie mit einem Vorspann von zwölf Pferden ihren Bestimmungsort Königsberg erreichten. Vielfach wurden sie Fürstlichkeiten als Geschenk übersandt. Noch Friedrich Wilhelm I. schenkte mehrere Wisente an den Zaren und an seinen Schwager, dem König von England.

 

Der preußische Chronist Lucas David weiß zu berichten, dass der Auer im Mai sonderlich gern ein Kraut zur Speise brauche, davon sein Fleisch, so um diese Zeit geschlagen, so unschmackhaft wird, als sei es mit Knoblauch gekocht. Im Allgemeinen wird der Geschmack ein trefflicher gewesen sein. König Sigismund von Polen hat Karl V. wiederholt eingesalzenes Auerfleisch als Delikatesse geschickt.

 

Die alte Beobachtung, dass der Wisent süße Gräser bevorzuge, wird von neueren Reisenden bestätigt. Gerade solche Gräser sind im Urwald von Bialowicz viel anzutreffen. Hier war seit undenklichen Zeiten sein Standquartier; hierhin in die Einsamkeit flüchtete 1426 Witowt Großfürst von Litauen vor einer Pest, um das weiße Jagdschloss zu erbauen, das dem Ort seinen Namen gegeben hat. Die benachbarte Stadt Grondno führt einen Auerochsen in ihrem Wappen.

 

Von der Kraft des Wisents und seiner Gefährlichkeit auf der Jagd ist viel berichtet worden. Eine Zarentochter musste ihr Leben lassen, als sie von einer hölzernen Kanzel der Wisentjagd zuschaute, bis ihr luftiger Stand durch ein wütendes Tier zum Einsturz gebracht wurde. Litauische Dainos singen von Auerochsen, die den Tataren von Pinsk eine regelrechte Schlacht lieferten, um ihnen den Eintritt in ihr Land zu wehren.

Fortsetzung folgt.

 

Seite 11   Vom Fruchtbringen / Eine Erntedankfest-Besinnung

Am Erntedankfest nehmen auch wir Samländer das Hamburger Kirchentagswort 1953 auf und preisen nach abgeschlossener guter Ernte mit den Christen in allen Teilen Deutschlands Gottes Barmherzigkeit. Wie oft hat Er in wunderbarer Weise unsern Kleinglauben beschämt und unsere Zuversicht gestärkt!

 

Darin bestand das Ereignis in Hamburg: Gottes Wort hat dort die unzerreißbare Einheit der evangelischen Christenheit in Deutschland aufs Neue vor Augen gestellt. Der in der Schlusskundgebung versammelten Gemeinde von über 250 000 Teilnehmern wurde es in Einmütigkeit des Glaubens vor allem wichtig, ihren Herrn miteinander zu loben. Sie hat dabei erkannt: Christen leben ihren Glauben in der Welt. Gott stärkt dabei die Müden und Verzagten. Er wartet auf lebendige Gemeinden und in ihnen auf viele tätige Glieder — Männer, Frauen und Jugend.

 

In Stadt und Land stehen die heutigen Menschen in einem entscheidenden Umbruch. Viele frühere Werte sind ihnen fragwürdig geworden. Der Glaube an den technischen Fortschritt und das Vertrauen auf materielle Sicherungen bieten keinen verlässlichen Halt mehr. Gott lässt Städte zerbrechen und Dörfer vergehen, wenn Lieblosigkeit und Eigensucht der Menschen sich hinter einer glaubensschwachen, äußerlichen Frömmigkeit zu verbergen und zu tarnen suchen. Wir brauchen gerade jetzt Menschen, die als Christen Gott überall die Ehre geben und ihrem Nächsten seinen Anspruch auf tatkräftige Liebe und wirksame Hilfe nicht versagen. Dabei dürfen getrost alle technischen und wissenschaftlichen Mittel mit vollem Einsatz und in treuer Arbeit an Erde, Pflanzen und Tieren gewissenhaft angewandt werden. Wo man Gottes Gebote kraftvoll durchführt, werden ehrliche Gottsucher von Seiner Wirklichkeit überzeugt. Christliche Gemeinde lebt vom Gottesdienst, sie heiligt den Sonntag und wagt im Vertrauen auf Gott, aller Not energisch zu begegnen.

 

Ein jeder von uns steht heute in seiner eigenen, von anderen durchaus verschiedenen Situation und hat die ihm gegebene Möglichkeit seiner persönlichen Entfaltung. Gott will, dass wir als Menschen unserer Zeit leben. Und wo wir Menschen vieles zerschlagen oder verbauen, zeigt Er uns und Seiner Gemeinde bei aller Ohnmacht, Unscheinbarkeit und Schuld immer wieder neue Wege eines fruchtbaren Anfangs. Darum sind wir als Christen im Osten und im Westen unseres Vaterlandes dankbar, getrost und freudig. Gott wartet auf uns, Er erwartet unsern Dienst.

 

Und Sein Sohn lenkt unsern Blick auf sich selbst, wenn er spricht: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben, wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt ihr nichts tun." Johannes 15,5.

 

Es geht um die Frucht. Darauf kommt es an. Sie allein bildet den Sinn der Pflanze. Auf Säen folgt Wachsen, Blühen, Gedeihen und Reifen. Darin besteht auch der Sinn des menschlichen Lebens: „Ich habe euch gesetzt, dass ihr hingehet und Frucht bringet und eure Frucht bleibe“.

 

Weil dem so ist, hat Gott, der ewige Weingärtner, in dem Weinberg der Welt Seinen Weinstock gesetzt, an dem wir Reben sein sollen. Gerade das Erntedankfest weist auf diese Tatsache hin. Denn die ganze Welt mit Saat und Ernte, Sommer und Winter, Frost und Hitze ist dazu da, dass dieser Weinstock Gottes stehen bleibt. Sie ist daraufhin angelegt, dass wir in der Verbindung mit Jesus Christus bleibende Frucht bringen.

 

Er sagt uns auch, wie das geschieht: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viele Frucht.'' Er meint das organische Verbunden sein zwischen Weinstock und Reben. Der Weinstock sammelt die Kräfte und Säfte der Erde. Er leitet sie in ununterbrochener Verbindung durch seine Zellen in die Reben hinein. Darin besteht seine Aufgabe. Das ist sein Lebenselement Dafür gibt er sein Blut. Und diese seine Weinstockkraft wird in den Früchten sichtbar und deutlich.

 

Weil die Rebe nicht nur am Weinstock hängt, sondern aus dem Weinstock lebt, darf unsere Christus-Bindung, die zum Fruchtbringen notwendige Voraussetzung ist, nicht allein in einer christlichen Überlieferung und in einem äußeren Mitmachen von gewohnten frommen Formen und lieben Sitten bestehen, sondern muss zu einer persönlichen Lebensbeziehung heranreifen. Die Christus-Kräfte und -Säfte wollen in uns lebendig werden und bleiben. Ihre Aufgabe besteht darin, als dauernder Lebensstrom in uns hineinzumünden — bis zum Tag unserer Ernte.

 

Wenn dieser Strom sich unablässig in unser Wesen ergießt und wir von ihm uns erfassen lassen, werden wir gewandelt zu einer bleibenden Frucht des Friedens, der Freude und des Geborgenseins. Es gibt dann für uns kein vergebliches Ringen und Kämpfen mehr, kein Zagen und Verzweifeln. Nicht wir tun etwas, sondern Christus wirkt in uns, wie es der Apostel Paulus ausdrückt: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus."

 

Das Gebet ist das Mittel, mit diesem ewigen Weinstock verbunden zu bleiben. Betend schaffen wir Frucht und wirken wir mit, dass Gottes Name geheiligt werde, Sein Reich komme und Sein Wille geschehe.

 

Wer Erntedanktest feiert und Gott auch in Krankheit und Enttäuschung, unter Unwetter und Not und sogar in den Trübsalen seines Daseins Tod und Teufel zum Trotz lieben und loben, anbeten und preisen kann, der weiß sicher und getrost etwas von der beglückenden göttlichen Weisheit und Wahrheit, dass die fruchtbringende Verbindung mit dem lebendigen Weinstock der Welt in alle Ewigkeit nicht aufhört.

Richard Palus, Thierenberg/Ostpreußen. Jetzt in Hamburg-Rissen

 

Seite 11   Dokumentation der Vertreibung veröffentlicht

Das Bundesministerium für Vertriebene hat soeben die ersten beiden Bände zur Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost- Mitteleuropa herausgegeben. Die Dokumentationsarbeit ist von bekannten vertriebenen Wissenschaftlern durchgeführt worden. Das Material wurde aus Erlebnisberichten, Protokollen, Briefen und Tagebüchern sowie aus eigenen amtlichen Schriftstücken zusammengestellt, wobei nur absolut authentische Dokumente durch sorgfältige Auswahl und eingehendes Quellenstudium verwendet wurden. Im Vorwort des Werkes wird darauf hingewiesen, dass es darauf ankam, eine möglichst lückenlose Darstellung des Gesamt??? der Vertreibung und ihrer Auswirkungen zu geben.

 

Seite 12   Das Flohche

Se huckden friedlich aufe Bank,

Der Mond kickd durche Wolken,

Er hädd dem Schweinstall ausgemist

Und sie de Kuh gemolken.

Nu hädd er beide Arme fest

Um ihrem Hals geringelt,

Daß se man knapp noch pusten konnd,

So hield er ihr umzingelt.

Se konnd nich runterrutschen,

Drum hield se still was solld se tun,

Und ließ sich von ihm butschen

Er butschde gut, drum wurd ihr heiß,

Ihr Blut fing an zu kullern,

Und inne Brust da kleine Herz

Tat gegne Rippen bullern.

Mit eins da sagd se: „Heer mal auf

Mir scheint, mir beißt e Flohche“.

„Nanu“ sagd er, „an welche Stell?

Emmend wo am Popoche?“

„I wo, hier vorne inne Blus

Da scheint der Krät zu hucken“.

„Dem greif ich dir, ich will mir bloß

Schnell aufe Finger spucken“.

E Floh auf ihre Firsichhaut,

Das kond er nich verknusen,

Drum grappschd er längs em Medalljong

Tief rein in ihrem Busen.

Er suchd und wiehld e ganze Weil,

Senn se war gut gewachsen.

Nu hädd er ihm und wolld dem Krät

Foorts aufe Stell zerknacksen.

Da sagd se: „Halt, gib ihm mal her“,

Stoppd ihm zurick im Mieder

Und lächeld sieß und unschuldsvoll:

„Vleicht brauch ich ihm mal wieder!“

L. B.

 

Seite 12   Landbriefträger Ernst Trostmann erzählt (3)

Es ist spät abends so gegen Uhre zehn, und ich bin quutschennaß. Bestimmt, ich hab keinem trocknen Faden mehr am Leib, und nu huckt de Emma, was meine Frau is draußen und läßt sich aufweichen. Denn komm ich wieder ran, so geht das umschichtig, emmend de ganze Nacht. Aber ich muß von Anfang an erzählen daß Se wissen, was los is. Nu haben wir uns miehsam e bißche trocknes Holz außern Wald zusammengeholt, Hecke, wie se hier sagen, e paar Säcke Schischkes und anderes Kleinzeig. Das war vleicht e Peerzerei! Der Schwitz suppd einem richtig dem Puckel runter zweimal brach de Deichsel vonnem Handwagen ab, und einmal ging e Hinterrad zum Deiwel. Aber nu war es glicklich zu Haus und in einem kleinen Verschlag reingepackt, wo hinten annem Stall rangebaut is. Dicht daneben steht e alter Kruschkebaum. Gester morgen hab ich nu im Vorbeigehn einem molschen Kruschke aufgenommen und reingebissen, es lagen so viele rum daß einer immer rauftrampeld. Richtge Hundskruschkes sind das, sogenannte Wirger, wo einem dem ganzen Schlung zusammenziehen. Ich hab ihm auch foorts wieder weggeschmissen aber der Bauerochse hat es gesehn und einem firchterlichen Schkandahl gemacht, daß wir ihm das ganze Obst klauen und daß er uns anzeigen wird, und weiß ich, was er noch alles brisseln tat. Ich war still und machd so als wenn ich schwerheerig bin. Das hat ihm nu erst recht gewurmt, und nu hat er bestimmt de ganze Nacht nich mehr geschlafen und simmeliert, wie er uns wieder kujenieren kann. Und heite nachmittag hat er nu dem Verschlag abgerissen Er braucht de Bretters wo anders, sagd er. Und unser scheenes trocknes Holz liegt nu ungeschitzt, und natierlich fing es gegen Abend an zu sibbern. Erst man e kleines bißche, denn immer mehr, und zuletzt goß es wie mit Eimers. Es wird wieder aufheeren meind de Emma, und denn können wir uns e neiem Verschlag bauen. Mit was? Bretters haben wir keine. In Ostpreißen sagden wir: „Putzkalk is wo wenn man nich hat, nimmt man Moppke“. Nu nehmen Se man Moppke! Ich weiß nich emal was das is. Aber vor allen Dingen soll nu das Holz nich naß werden. Deshalb hat die Emma sich auße Nachbarschaft zwei Schirme geborgt und huckt mit die nu aufgespannt aufem Holzhaufen. Wenn es nich so traurig wär, könnd einer immer kreischen vor Lachen. Das Bild missen Se sich mal vorstellen. Und ich konnd auch nich anders, wie ich das sah, mißd ich laut loslachen das war direkt e Erleesung. Aber da hädden Se mal de Emma sehen sollen! Die braschd vleicht los, was ich mir so denk und daß ich e Waschkodder bin, wo sich alles gefallen läßt und so ging das e ganze Weil. Denn hoppsd se mittem Rucks runter, drickd mir die Schirme inne Hand, und ich mißd mir als Ableesung aufem Holzhaufen raufhucken bis ich durchgeweicht war. Und nu huckt wieder de Emma wie e Kluck aufe Eier, und es is zehn, und es pladdert immer noch. Ja, ja so geht uns arme Flichtlinge. Wie scheen war das doch zu Haus! Da kriegd ich als Waldarbeiter mein Deputatholz, das wurd gesägt, gehackt und im Holzstall aufgeflieen und nu konnd es regnen und stiemen so viel wie wollt. Ich weiß noch, wie scheen es immer war, wenn im Januar Schulholz gefahren wurd. Denn kamen de Bauern mit ihre Schlitten, immer einer nachem andern fuffzehn bis zwanzig Stick. Es wurd aufgeladen, und denn ging es heidi! los nach Kamswutschen. Manchmal froren Steiner auße Erd, daß de Tuntel und de Ohren blau wurden. Und der Schnee hat geknirscht, und de Ferdchens dampfden und de Glocken klingerden, nei, was war das scheen. Unser alter Lehrer Butkat lauerd denn all auf uns mit e anständiges Schweinevesper und mit dem guten Meschkinnis. Wenn abgeladen war, gingen wir ran wie de Wölfe und der Herr Lehrer mißd immer eine Buddel nache andre aufziehen. Aber das machd er gern, denn er war e herzensguter Mensch, und alle waren bei ihm inne Schul gegangen, weil er all ieber virzig Jahre in Kamswutschen war. Einmal waren wir auch geradzig beim Picheln da kam mein Kollege Ramdschus reingeschwankt, blau wie e Veilchen, ging aufem Herr Lehrer los und gab ihm e Butsch aufe Back. Denn sagd er; immer so rucksweis, wie es ebend ging: .Herr Lehrer, ich muß mir — beschweeren — hick! — von Amtswegen wegen Neetigung! ieberm Rinnau!" (Das war der Gastwirt). „Da komm ich inne Kutscherstub rein — hupp — und da hucken — hick — vier Mann und saufen. Am hellen Vormittag — Und nu hat der Rinnau mir geneetigt, daß ich — hupp — mitsaufen müßd. Erst ging es ja noch menschlich zu aber denn gossen se mir immer gleich zwei Gläser auf einmal ein. Das war auch noch auszuhalten. Aber mit eins — da wurd es niederträchtig, hupp! — Da hat der Rinnau sich verdoppelt, und nu wurden fier mich immer vier Gläser — auf eins vollgegossen. Da wurd ich — aber falsch und sagd; wenn Ihr mir hier mit Gewalt besoffen machen wollt, — hick — denn mißt Ihr frieher aufstehn, und Dir, Rinnau — haben se wohl als Kind zu heiß gebadet! Du stiehlst dem lieben Gott de Zeit weg — huppl — und hältst noch andre Leite vonne Arbeit ab. Denn grappschd ich mir meine Briefträgertasch — hick — und haud ab. , Wie es mittes Erzählen so weit war, sagd der Herr Lehrer: , So, nu hucken Se sich man hin und nehmen Se orndlich einen zum Ausnichtern." Das tat der Raudschus nu auch und beruhigd sich allmählich, indem daß er einschlief. . . Aber er schnarchd so leut daß de Frau Lehrer ganz aufgeregt auße Kich reinkam, weil se sehen wolld, was wir da fier e Geräusch machen. „Ach," meind de, wie se de Bescherung sah, „Der Raudschus sägt das Schulholz." Und da kam er auch gerad aufem Ast und wurd von sein eigenes Schnarchen wach. Nachdem kam noch der zweite Lehrer zu. Das war e so abgebrochner Simmnarist aus Karalene, der hädd e Grippskasten mit Gangschaltung. Aber manchmal dauerd es e halbe Stund, bis er dem zweiten Gang fand und der Dittche fiel. Er hieß Kraak. war Junggesell, wohnd in eine Stub aufe Lucht und wurd fier acht Dittche dem Tag vonne Frau Lehrer bespeist. Er hädd auch e Grammofohn mittem Trichter. Dem ließ er abends durchem offnen Fenster spielen, daß de Mergellens außes Dorf zusammenliefen wie saure Milch. Und nu wolld er Reserveoffizier werden und lernd reiten. Dazu hädd er sich scheenes, teires Sattelzeig gekauft und lange Schäftstiefel. Der Wartat gab ihm e Kobbel, und einem Sonntag vormittag ging nu los. Das halbe Dorf kid zu, und das war nich scheen fier ihm, denn de Kobbel boad, schlug hinten aus und schmieß ihm runter innem Dreck, wobei ihm auch noch hinten de Bixen aufplatzden, weil se zu eng waren. Denn gab er es auf. Vorher war ein Freilein Lehrer in Kamswutschen gewesen auf Prob, denn Lehrerinnen waren damals noch nich so ieblich wie heite. Die is aber auch gut gegangen. Es war e niedliches, kleines Salatschneckche, und de Männer im Dorf taten gern mit ihr Sießholz raspeln. Se war sehr fier Reinlichkeit und schickd de Schulkinder einfach nach Haus, wenn se ungewaschen inne Schul kamen. Das machd se auch mitte Frieda Keireis, wo der Vater de Schmied hädd, und zwar zweimal in eine Woch. Wie se es aber das dritte Mal machd und e Zettel mitgab: ,Ihre Tochter riecht unangenehm"- da huckd sich de Keiriessche hin und schrieb zerick: „Sehr geehrtes Freilein Lehrer! Meine Tochter is fier Ihnen nich zum Beriechen da sondern zum Belernen, wenn Se ihr noch einmal beriechen sollden, denn schick ich Ihnen meinen Mann aufem Hals, und denn sind Se de längste Zeit Freilein gewesen. Hochachtungsvoll Frau Berta Keiries“. Was wollen Se dagegen machen? — ebend kommt de Emma von draußen rein und meint, daß es nu langsam aufgeheert hat mit Regnen. Gott sei Dank, denn brauch ich nich mehr auf Ableesung raus, sondern kann mir hinhauen und schlafen, daß ein Aug nich das andere sieht. Hoffentlich hab ich mir nich verkiehlt, es kribbelt so e bißche inne Nas. E Schlubberche Grog wär nu ganz scheen, aber – es haut nich hin, es haut nich hin! Bleiben Se scheen gesund, kaufen Se Kartoffeln und Kohlen ein, wenn Se können und vergessen Se mir nich in die vier Wochen, bis ich wiederkomm. Herzlichem Heimatgruß! Ernst Trostmann, Landbriefträger z. A.

 

 

Seite 12   Ausstellung: „Ostdeutsches Land“ in Berlin

Im Rahmen der „Berliner Festwochen 1953'', die Berlins Regierender Bürgermeister, Prof. Reuter, in ihrer Bedeutung dahin kennzeichnete, dass sie ein Beitrag wären, der freien Welt zu beweisen, dass Berlin „auch jenseits der Nöte, Sorgen und Bedürfnisse seine kulturpolitische und kulturelle Aufgabe erfülle", nahmen zwei Dinge das Interesse des ostdeutschen Menschen in besonderem Maße in Anspruch. Das eine: eine rechte und echte Flüchtlingsangelegenheit der Jüngsten aus dem Lande hinter dem Eisernen Vorhang, das andere: eine Erinnerung in Farben an die ostdeutsche Heimat als einem ewig unvergessenen Grund und Boden, auf dem wir alle einmal heimisch gewesen sind. Dahin blickten wir zurück, wir Deutsche aus dem Osten, wenn wir die Ausstellung „Ostdeutsches Land" in Berlin besuchten.

 

Von dorther haben wir in bunten Farben und hellem Licht Zeugen aufgerufen, dass man Verlorenes nicht aufzugeben braucht, so lange im Herzen der Glaube lebt, dass die Gesamtexistenz eines Volkes zwar für unabhängig erklärt werden kann vom Grund und Besitz des Einzelnen, dass man einem Volke aber nicht die Scholle vorenthalten darf, auf der er und seine Väter gelebt haben, Kunst und Kultur sind Bürgen der Heimat, und man hatte somit auch ein Recht darauf, eine derartige Ausstellung für Malerei, Graphik und Plastik mit der Idee der „Berliner Festwochen'' zu verbinden.

 

Die „Stiftung Haus der Ostdeutschen Heimat", deren Vorsitzender der aus Königsberg stammende Rechtsanwalt und Notar Dr. Matthee ist, und das „Kunstamt Berlin-Wilmersdorf" waren ihre Träger. Ganz gewiss war die Ausstellung, sobald man sie einzig und allein mit dem Auge der künstlerischen Kritik ansah, durchaus nicht etwas absolut Einheitliches — sie hatte Lücken, da und dort verlor sie das Maß — indem sie sich aber zum Sprecher des ostdeutschen Menschen machte, war sie nicht etwas Flüchtiges, das man heute sieht und morgen vergessen hat, sondern eine Zäsur im Rhythmus des Taktes, von dem man sich niemals entfernen darf, wenn man auf die harfischen Töne der inneren Kraft, die aus den Begriffen Heimatglaube und Heimatliebe immer wieder in uns aufklingen, hört und sie auf sich einwirken lassen will.

 

Mit ein paar Namen ist uns im Großen und Ganzen nicht gedient, wo man auf Leben und Taten wartet. Hier aber war jeder Name Geist; er personifizierte sich für uns auf der Ausstellung. Von Arthur Degner, dem geborenen Gumbinner, über den die „Ostpreußen-Warte'' erst unlängst eingehend abgehandelt hat, waren fünf Gemälde ausgestellt, darunter der „Ansteigende Weg", ein farbiges Symbol, und die „Verschneite Dorfstraße'', eine unvergessliche Erinnerung. Sodann Gemälde in Öl, Tempera, Aquarellfarbe und Mischtechnik von Karl Eulenstein aus Memel, Haase Jastrow, dem Samländer, Ludwig Peter Kowalski (!) aus Königshütte, Goetsch aus Pommern, Orlowski aus Insterburg, Gertrud Naumann aus Oppeln, Röricht-Liegnitz, Soika-Bolko, Stryk-Dorpat, Schreiber aus dem Erzgebirge und vor allem auch die Köstlichkeiten in Öl, die der aus Zwickau gebürtige Max Pechstein geschaffen hat. Sein „Sonntagmorgen an der Nehrung'', seine „Fischerboote in Leba" …  wohin man blickte, überall Sehnsucht-Erinnerndes und doch zugleich Rüstzeug für zagende Seelen.

 

Solche Ausstellungen müssen sein. Sie sind nicht nur für das schauende Auge da, sie festigen auch den inneren Blick. Sie heben den Grenzzustand mit dem „Eisernen Vorhang" auf. Er ist nicht mehr da. Wir sind wieder in Memel, wir sind wieder in Königsberg, Breslau oder Schneidemühl und wissen, dass auch die gefühlsmäßige Sphäre ihre Anrechte hat. Sie heißt uns hoffen und sehnen. Nur was Liebe ausströmt, kann wieder Liebe werden. Der Mensch wird von der Materie nicht nur angezogen, er wird durch sie auch geformt und gebildet, und wenn uns die zur Behandlung stehende Westberliner Ausstellung hierzu anhält und angehalten hat, schenkt sie uns unsere Heimat wieder, schenkt sie uns — ostdeutsches Land.

 

Es ist eingangs noch einer zweiten Ausstellung, die zu gleicher Zeit in Berlin entstanden 

ist, Erwähnung getan. Sie ist im „Haus der Kunstpädagogik" untergebracht und firmiert unter dem Titel „Flüchtlingskinder malen". Von diesem Motto aus geht sie auch uns Heimatvertriebene sehr stark an. Hier sind 200 bunte Zeichnungen von Kindern ausgestellt, die unterschiedslos auch alle erst durch die Flucht nach Berlin gekommen sind und im Alter von 9 - 14 Jahren stehen. Alle diese Malereien der Flüchtlingskinder sind Ergebnisse freiwilliger Beschäftigung mit dem Ziel und Zweck, diese Kinder einmal aus dem grauen Einerlei des Flüchtlingslebens irgendwann und irgendwie herauszulösen, damit sie wieder Selbstvertrauen gewinnen und wissen, dass sie nicht nur etwas zeitlich Umhergeschobenes sind, sondern Individuum und Persönlichkeit, die Anrecht auf eine Festigung hat. Erschütternd, was die Kinder als Motive gewählt haben: das Strandbad daheim, ein Hahn, eine Hummel, immer und immer wieder das Heimathaus, „Unsere Straße im Dort daheim", „Der Kinderwagen, in dem meine kleine Schwester lag, als wir auf die Flucht gehen mussten'', ein Haus mit Feldern, ein Haus mit Mond, auch mehrfach das Thema „Demonstration" neben einer ganzen Serie „Brautpaar zur Kirche" und sofort. Bild um Bild ist Kinderaussage, ist Aussage zu dem, was sie und uns, die Älteren wie die Ältesten, eint: Die Heimat ist psychologisch ein Begriff, der Jugend und Alter gleich erfüllt und nicht nur bunter Traum bleiben will, sondern der Wiederverwirklichung zustrebt. Wir wollen zurück in den Osten.

Wolfgang Greiser-Berlin

 

Seite 12   Ostdeutscher Staffelstab als Wanderpreis

Zum ersten Male nach dem Kriege war vom Deutschen Leichtathletikverband Ende Juli zu einem Wiedersehenstreffen der ostdeutschen Leichtathleten und Funktionäre in Augsburg aufgerufen worden, das einen großen Widerhall fand. Der DLV war somit einer der ersten innerhalb der großen deutschen Sportverbände, die sich um die Zusammenfassung der ostdeutschen Sportkameraden bemühten. D r. Schmidtke aus Königsberg (jetzt Friedberg/ Hessen), einer der alten Pioniere der ostdeutschen Leichtathletik, hatte das Treffen bestens vorbereitet. In seiner Eröffnungsrede gab er nach der Totenehrung für die vielen gefallenen Kameraden einen Überblick über die nach dem Zusammenbruch 1945 aus Idealismus und Treue zu ihrem alten Sport geleistete mühselige Vorarbeit der Zusammenfassung der Versprengten, die vornehmlich in den Vereinen von Königsberg, Danzig, Stettin und Breslau große Erfolge brachte und hunderte alter Kameraden zusammenführte. Viele davon sind bereits in ihrem neuen westdeutschen Heimatort aufbauend und führend tätig. Einer der ältesten Wegbereiter der deutschen Leichtathletik war anwesend, der Kunstmaler Hans Kallmeyer, früher Königsberg (jetzt Bayreuth), und ein großes Bekenntnis zu Deutschland von einem jungen Ostdeutschen in Danzig wurde von Dr. Schmidtke verlesen, das mit Rührung und Erschütterung vernommen wurde. Er schloss mit einem Appell, in unerschütterlichem Glauben für die baldige Heimkehr in die Heimat in Schrift und Wort einzutreten, die Sportkameraden in Mitteldeutschland zu unterstützen und einen sportlichen Traditionskampf für die Ostdeutschen alljährlich durchzuführen. Diese Rede wurde von anderen, insbesondere von Sportredakteur Lohrmann (Schlesien) mit Ergänzungen über das Schicksal alter ostdeutscher Olympiakämpfer, Rekordinhaber und anderer deutscher Meister bestens ergänzt.

 

Der Präsident des DLV Dr. Danz begrüßte es, dass die ostdeutschen Leichtathleten sich zu einer Traditionsgemeinschaft zusammenschließen wollen. Er beglückwünschte die Initiatoren zu ihrem bisherigen Erfolg und verkündete unter einstimmiger Zustimmung folgende

Entschließung:

Die Leichtathleten aus den deutschen Ostgebieten, die am 25.07.1953 zum ersten Wiedersehenstreffen nach dem Kriege zusammengekommen sind, haben sich zu einer Traditionsgemeinschaft zusammengeschlossen. Diese Gemeinschaft wird von einem Gremium geleitet, dem als Vorsitzender Dr. Schmidtke, Friedberg/Hessen, Mainzertoranlage 9, und folgende sieben Beisitzer als Vertreter der Ostprovinzen angehören:

 

1. Herrmann Jopski für Ostpreußen,

2. Alfred Ciecior für Danzig und Grenzmark Westpreußen/Posen,

3. G. Amlong für Pommern,

4. Frl. Isabella Szymanski für Schlesien,

5. Karl Graf für Sudetenland,

6. Sportwart Ernst Panknin,

7. Pressewart Ernst Lohrmann. Die Ziele der Gemeinschaft sind:

 

1. Die Sammlung der versprengten ostdeutschen Leichtathleten fortzusetzen und sie in die Gemeinschaft ihres alten Stammverbandes einzugliedern.

 

2. Die Gemeinschaft sieht ihre vornehmste Aufgabe darin, den Gedanken an die alte Heimat in Wort und Schrift zu fördern.

 

3. Zu diesem Zwecke werden alle Kameraden der Traditionsgemeinschaft aufgefordert, ihre Kenntnisse und Erfahrungen an ihrem neuen Heimatort in den Dienst des DLV zu stellen.

 

4. Kameradschaftshilfe untereinander und Aktionen zur Unterstützung der Kameraden der LA in Mitteldeutschland, insbesondere der dort wohnenden ostdeutschen Leichtathleten, sind vorgesehen.

 

6.     Es wird vorgeschlagen, bei dem alljährlich vorgesehenen Wiedersehenstreffen LA/Sportkämpfe der Traditionsgemeinschaft in verschiedenen Altersklassen durchzuführen, wenn möglich am Freitag vor den Meisterschaften.

 

Beschlossen und verkündet anlässlich der 53. deutschen Leichtathletikmeisterschaften im Ludwigsbau Augsburg am 25. Juli 1953.''

 

Eine ganz besondere Ehrengabe war es, dass Dr. Danz den ostdeutschen Leichtathleten einen historischen Staffelstab überreichte, der einer Rekordstaffel in Breslau angehörte, die Sportlehrer Dannemann, früher Breslau, in seinem Fluchtgepäck mitgenommen hatte. Der alte braune Holzstab trägt eingeprägt die Zeichen „Stadion Breslau". Auf einem Sockel würdig eingefasst, wird er der Siegespreis einer Traditionsstaffel sein, die alljährlich von den fünf ostdeutschen Landesprovinzen ausgetragen wird.

 

Anschließend sprach Dr. Ritter von Halt, der Ehrenpräsident des DLV und Vorsitzender D. O. K. über seine Fahrt durch Ost- und Westpreußen vor dem Kriege. Er betonte, dass die Liebe zur deutschen Leichtathletik nie so ausgeprägt gewesen sei wie im Osten und machte interessante Ausführungen über den olympischen Gedanken und die Hochschätzung, die Deutschland im internationalen Sport heute genießt.

 

Alle ostdeutschen Leichtathleten, die noch nicht mit ihren alten Heimatvereinen verbunden sind, werden gebeten, sich zu melden an Pressewart Lohrmann, Stuttgart-Untertürkheim, Kappelbergstraße 24a, oder an den Vorsitzenden Dr. Schmidtke, Friedberg/Hessen, Mainzertor-Anlage 9.

 

Seite 13   Eltern suchen ihre Kinder

Tausende ostpreußische Eltern und Angehörige suchen noch immer ihre Kinder, die seit der Vertreibung aus der Heimat verschollen sind. Wer Auskunft geben kann, schreibe bitte sofort an den Kindersuchdienst Hamburg-Altona, Allee 125 unter Angabe von Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Ort des Kindes sowie die gleichen Angaben der Angehörigen und ihrer Heimatanschrift von 1939. Landsleute, helft mit, das Schicksal der Vermissten aufzuklären!

 

Gesucht werden aus:

 

Arnstein, Kreis Heiligenbeil: Elisabeth Pohling, ge. 29.09.1934, und Irmgard Pohling, geb. 16.04.1937, von ihrem Vater: Otto Pohling, geb. 17.02.1884

 

Aweiden, Kreis Samland: Harry Malöwsky, geb. 08.09.1933 in Königsberg, von seiner Mutter: Margarete Malöwsky, geborene Losch, geb. 19.04.1909

 

Döbern, Kreis Preußisch Holland: Christa Reimann, geb. 27.06.1937 in Königsberg, von ihrer Mutter: Luise Reimann, geb. 15.10.1904. Außerdem wird die Großtante, Minna Reuss, geb. 27.10.1884, gesucht. Minna Reuss und das Kind Christa Reimann wurden zuletzt am 3. Februar 1945 auf dem Gut Spanden in der Nähe von Döbern gesehen.

 

Dorschen, Kreis Lyck: Helmut Stellmach, geb. 15.02.1942, von seinem Vater: Christian Stellmach.

 

Güldenboden, Kreis Mohrungen: Renate Hausherr, geb. 18.03.1941 in Gorgentahl, von ihrer Mutter: Maria Hausherr, geb. 20.08.1913. Das Kind ging am 21.01.1945 auf der Treckstraße zwischen Mohrungen und Maldeuten verloren. Höchstwahrscheinlich hat es ein Wehrmachtsangehöriger von der Straße aufgehoben und mitgenommen. Das gesuchte Kind hat blaue Augen, blondes lockiges Haar und an der linken Halsseite Austritt einer Sehne. Ferner hat das Kind eine Zahnlücke zwischen den Schneidezähnen und am rechten Oberschenkel ein Muttermal. Es trug einen braunen Mantel mit dunklem Pelzkragen und einem blauen Mantel ein rotes und ein blaues Wollkleid und eine dunkelblaue Mütze mit weißen Streifen. Das Kind hat einen Bruder Klaus und eine Schwester Marianne.

 

Gumbinnen, Grünstraße: Heinz Prickel, geb. 15.03.1934 in Gumbinnen, von seiner Tante: Ottilie Zenthöfer, geb. 16.11.1893

 

Jockeln, Kreis Gumbinnen: Kurt Pohl, geb. 08.08.1934 in Matzhausen, von seiner Tante: Minna Wegner, geborene Rudschweski, geb. 24.11.1892. Kurt Pohl befand sich im März 1945 in Köslin (Pommern)

 

Königsberg, Herranthstraße 24: Ingrid-Irmgard Wendt, geb. 27.04.1940, und Irene-Ute Wendt, geb. 21.08.1942, von ihrer Großmutter: Auguste Schönfeld, geborene Rimke, geb. 22.09.1882

 

Königsberg, Yorkstraße 21: Dieter Paukstadt, geb. 29.07.1939, und Sigrid Paukstadt, geb. 29.07.1941, von: Fritz Feyerabend, geb. 25.07.1894

 

Königsberg, Yorkstraße 87: Rita Schaak, geb. 19.10.1933, von ihrer Mutter: Dora Schaak, geborene Bauch, geb. 21.09.1911. Rita Schaak wurde im Mai 1947 von der Großmutter für kurze Zeit bei einer litauischen Bauernfamilie in der Gegend von Wilkowischken untergebracht.

 

Miluken, Kreis Lyck: Elvira Lasarzik, geb. 07.01.1941, von: Ernst Lasarzik, geb. 23.11.1913.

 

Mittenwalde, Kreis Schloßberg: Lydia Panteleit, geb. 29.10.1935, von: Margarete Panteleit, geb. 30.10.1923.

 

Moditten, Kreis Samland: Rosemarie Neumann, geb. 1942, von: Heinz Neumann, geb. 25.05.1943.

 

Mühlhausen, Kreis Preußisch-Holland, Wilhelmstraße 3: die Geschwister Erwin Maron, geb. 25.07.1936, Siegfried Maron, geb. 08.09.1938 und Hans Maron, geb. 12.10.1941, von ihrem Vater: Edmund Maron, geboren 28.02.1918.

 

Muldschen, Kreis Gerdauen: Doris Lappat, geb. 14.02.1943, von: Herbert Lappat, geb. 12.01.1917

 

Muhlsack, Kreis Rastenburg: Elfriede Marscheck oder Morscheck, geb. 04.03.1938 in Insterburg, von: Auguste Krause, geborene Modrickot, geb. 22.11.1890. Elfriede Morscheck oder Marscheck befand sich 1945 im Krankenhaus Rastenburg.

 

Napratten, Kreis Heilsberg: Monika Boenki, geb. 09.05.1943, von ihrem Vater: Albert Boenki, geb. 19.10.1908. Monika Boenki wurde im Februar oder März 1945 in das Krankenhaus Belgard (Pommern) wegen Krankheit eingeliefert und wird seitdem vermisst. Als besonderes Merkmal hat Monika Boenki n der linken Kniekehle ein Muttermal. Wer betreute Monika Boenki im Krankenhaus Belgard, (Pommern)?

 

Neuhausen, Kreis Samland: die Geschwister Rolf Koepke, geb. 20.06.1940; Johann Koepke, geb. 21.06.1942 und Manfred Koepke, geb. 15.10.1943, von ihrem Vater: Herbert Koepke, geb. 15.07.1912

 

Oblitten, Kreis Samland: die Geschwister Reinhard Rodowski, geb. 15.06.1936, Werner Rodowski, geb. 31.12.1937, Gertrud Rodowski, geb. 04.05.1939, Sigrid und Gertraud Rodowski, geb. 26.08.1940, sowie Adelheid Rodowski, geb. 25.04.1943, von ihrem Vater: Franz Rodowski, geb. 30.09.1907. Die Geschwister Radowski befanden sich im Herbst 1946 im Waisenhaus Wehlau, Ostpreußen.

 

Osterode, Franz-Seldte-Straße 7: Bärbel Marquardt, geb. 17.05.1938, von ihrem Großvater: Paul Striek, geb. 05.04.1883. Bärbel Marquardt wurde am 20. Januar 1945 zusammen mit ihrer Mutter: Lina Marquardt von Osterode nach Pommern evakuiert.

 

Palmburg, Kreis Samland: die Geschwister Neumann. Peter Neumann, geb. 08.03.1935; Gerda Neumann, geb. 12.04.1936 und Doris Neumann, geb. 24.08.1940, von ihrem Vater: Hans Neumann, geb. 14.05.1910

 

Jankeiten, Kreis Memel, bei Familie Jonuleit: Hilde Kowal oder Kowol, geb. 18.07.1938, von ihrem Vater: Michael Kowol oder Kowal, geb. 23.10.1906.

 

Liebenberg, Kreis Ortelsburg: Dieter Sadlewski, geb. 17.08.1939, von Fritz Sadlewski, geb. 06.04.1899

 

Louisenhof, Kreis Angerapp: die Geschwister: Manfred Potreck, geb. 09.01.1942, sowie die Zwillinge Heidemarie Potreck und Jürgen Potreck, geboren 10.05.1944, von ihrem Großvater: Hermann Thal, geb. 13.05.1880.

 

Lyck: Adolf Refke, geb. 27.05.1934, von seinem Vater: Wilhelm Refke, geb. 18.11.1898

 

Marschenen, Kreis Samland, Post Heydekrug: Wolfgang Perplies, geb. 28.01.1941 in Königsberg, von Oda Perplies, geb. 15.06.1920 , Werksiedlung  Bruno Zöllner, geb. 27.01.1935, und Friedel Zöllner, geb. 09.09.1936 in Zimmerbude, von ihrer Mutter: Minna Zöllner, geborene Lilienthal, geb. 25.06.1914. Bruno Zöllner und Friedel Zöllner befanden sich im Juni 1948 in Wilna (Litauen). Bruno Zöllner soll von einem unbekannten Ehepaar in Pflege genommen worden sein. Friedel Zöllner soll sich in einem Waisenhaus aufhalten.

 

Mehlsack, Kreis Braunsberg: Karl-Heinz Schacht, geb. 05.05.1935, und Georg Schacht, geb. 05.08.1939, von Georg Schacht, geb. 24.04.1905, Karl-Heinz Schacht und Georg Schacht wurden im Februar am Kurischen Haff auf einen Lastkraftwagen verladen.

 

Memel, Dahlienstraße 32: Konrad Petereit, geb. 14.01.1939, und Marianne Petereit, geb. 28.12.1943, von Johann Petereit, geb. 13.08.1905.

 

Memel, Holzstraße 22: die Geschwister Rohs. Günther Rohs, geb. 1936; Traute Rohs geb. 1940 und Dieter Rohs, geb. im März 1944, von Karl Rohs, geb. 16.05.1893. Die Kinder befanden sich Ende 1944 in Auerbach (Vogtland), Singer-Meisterstraße 57

 

Memel, Weidendamm, Querstraße 4 – 5: Waltraud Strasda, geb. 07.04.1936 in Stankeiten, von ihrer Tante: Helene Samuttis, geb. 02.01.1923. Waltraud Strasda befand sich zuletzt in Tauroggen.

 

Milgen, Kreis Samland, Post Kobbelbude: die Geschwister, Helga Ausländer, geb. 11.06.1941, Dieter Ausländer, geb. 19.11.1942; Gerd Ausländer, geb. 28.11.1943, von ihrem Vater: Hindenburg Ausländer, geb. 05.07.1916

 

Missen, Kreis Angerapp: Waltraud Justies, geb. 24.04.1935 in Sillenfelde, von Lisbeth Justies, geborene Spode, geb. 08.01.1912. Waltraud Justies soll 1945 in das Kinderheim Jürgenfelde, Kreis Angerapp gekommen sein.

 

Neudamm bei Königsberg, Kreis Samland: Rudolf Schulz, geb. 22.11.1936 in Königsberg, von seinem Vater: Friedrich Schulz, geb. 23.03.1911

 

Neuheidlauken, Kreis Labiau: Dieter Samel, geb. im Juli 1939, und Frieda Samel, geb. im Oktober 1941, von Adolf Samel, geb. 20.03.1887.

 

Neusobrost, Kreis Gerdauen: Margarete Benz, geb. 01.10.1937, von ihrem Vater: Karl Benz, geb. 13.10.1894

 

Nikolaiken, Kreis Sensburg: Benno Tafel, geb. 1937, Armin Tagel, geb. 1941, von Marie Grünheid, geb. 28.11.1888

 

Nikuten, Kreis Sensburg, Volksschule Ratzgrund: Ursula Kretke, geb. 14.12.1935, von Christel Plauke, geborene Kretke, geb. 18.07.1930

 

Nordenburg, Insterburger Straße 219: die Geschwister Jürgen Steinau, geb. 24.04.1939, Hans-Georg Steinau, geb. 10.05.1940 und Klaus Steinau, geb. 09.09.1941, von Georg Steinau, geb. 26.04.1908. Die Kinder befanden sich im Frühjahr 1947 in Trausen, Kreis Gerdauen.

 

Ortelsburg, Yorkstraße 63, bei Familie Marmulla: Siegfried Biallowons, geb. 28.03.1940 in Königsberg, von Erna Linn, geborene Biallowons, geb. 10.10.1918

 

Osterode, Elvenspoeckstraße 17: die Geschwister Dieter Klopotteck, geb. 19.08.1937; Siegfried Klopotteck, geb. 29.09.1939 und Renate Klopotteck, geb. 08.06.1910. Die Kinder befanden sich im März 1945 in Parchim (Mecklenburg)

 

Osterode, Schulstraße 19: Helga Berger, geb. 21.07.1939, von ihrem Bruder, Günter Berger, geb. 10.06.1928

 

Osterode, Schulstraße 19: Eberhard Bluhm, geb. 13.06.1938, von Gertrud Bluhm, geb. Wisotzki, geb. 16.04.1907. Eberhard Bluhm fuhr am 14. Mai1946 mit einem Personenkraftwagen in Richtung Mecklenburg.

 

Palmburg, Kreis Samland: Irene Baran, geb. 05.06.1935, von Wilhelm Baran, geb. 24.03.1898

 

Sophienburg, Kreis Preußisch-Eylau: Waldemar Meyer, geb. 28.08.1934, von seiner Tante: Bertha Ewert, geb. Seedtke, geb. 01.09.1899

 

Trappen, Kreis Tilsit-Ragnit: Alfred Bublat, geb. 11.11.1935, von seinem Vater: Gustav Bublat, geb. 15.03.1909

 

Königsberg-Garstenstadt, Schönfließer Allee 78, bei Gustav Spurfeld: Bernhard Spurfeld, geb. 12.03.1933 in Insterburg, von seiner Mutter: Charlotte Krause, geborene Trakowsky, geb. 06.03.1910. Bernhard Spurfeld hat sich von Mülheim, Bergwerkverein, am 1. August 1952 unbekannt abgemeldet. Er kann auch unter dem Namen Kurt Trakowsky gemeldet sein.

 

Königsberg, Gratzerweg 43: Helga Mandel, geb. 22.08.1936, von Franz Mandel, geb. 9. Mai 1894. Helga Mandel soll im Frühjahr 1946 in ein russisches Waisenhaus eingeliefert worden sein.

 

Krammsdorf, Kreis Gumbinnen: Günther Naujoks, geb. 04.07.1936, von August Naujoks, geb. 30.07.1908

 

Kreuzberg, Kreis Labiau: Herbert Tuleweit, geb. 25.12.1935, von Emma Gerhard, geborene Tuleweit, geb. 02.02.1909. Herbert soll in Geidlauken, Kreis Labiau, von einer Litauerin aufgenommen worden sein.

 

Kuckerneese, Kreis Elchniederng, Mittelstraße 9: Anneliese Jogmen, geb. 07.09.1937, von ihrer Großmutter: Prussnat, geborene Jogmen, geb. 13.07.1892. Anneliese Jogmen wurde im Oktober 1944 zuletzt in Birkenheim, Kreis Elchniederung gesehen.

 

Lank, Kreis Heiligenbeil: Erna Leskien, geb. 11.12.1936, von Willi Bellgardt, geb. 24.01.1925. Erna Leskien soll sich vermutlich in einem Waisenhaus in Westdeutschland befinden.

 

Lauken, Kreis Ebenrode: Alfred Mett. Geb. 30.01.1937 und Otto Mett, geb. 21.08.1938, von Elfreide Mett, geb. 24.11.1924

 

Lehlesken, Kreis Ortelsburg: Helmut Wettklov, geb. 10.09.1939, von Alfred Wettklov, geb. 11.04.1929

 

Liebemühl, Kreis Osterode: Waldemar Kerst, geb. 26.09.1937, von seiner Schwester, Ilona Kerst, geb. 10.01.1926

 

Liebenau, Kreis Braunsberg: Alfred Korinth, geb. 15.10.1939 und Günther Korinth, geb. 30.10.1940 von ihrer Mutter: Erika Korinth, geborene Gladisch, geb. 24.11.1920. Die Kinder wurden der Mutter am 28.04.1945 abgenommen und ins Lager Potulice bei Nakel gebracht.

 

Löwenstein, Kreis Gerdauen: Minna Wersuhn, geb. 23.06.1935, von August Wersuhn, geb. 16.08.1895

 

Losgehnen, Kreis Bartenstein: Herta Tischka, geb. 15.05.1938, und Gerda Tischka, geb. 18.10.1939, von ihrem Vater: Karl Tischka, geb. 29.06.1893

 

Lupken, Kreis Johannisburg: Gerhard Bucholski, geb. 28.07.1935 in Neidenburg, von seinem Vater: Hermann Bucholski, geb. 01.05.1906

 

Lyck, ehemalige Straße der SA 38: Kurt Borawski, geb. 05.06.1937, von Hermann Borawski, geb. 22.02.1887. Kurt Borawski befand sich am 17.01.1945 in Allenstein, Roonstraße 8

 

Mackelburg, Kreis Bartenstein: Die Geschwister Rudi Konski, geb. 13.07.1941; Erna Konski, geb. 18.08.1942 und Hans Konski, geb. 16.11.1943, von ihrem Vater: Johann Konski, geb. 06.11.1906.

 

Malga, Kreis Neidenburg: Erich Korzen, geb. 11.05.1936 und Fritz Korzen, geb. etwa 1940, von Richard Korzen, geb. 11.05.1919

 

Markgrafsfelde, Kreis Treuburg: Günther Parzanka, geb. 20.04.1938 von Eduard Bedritzki, geb. 05.07.1898. Günther Parzanka befand sich Ende Januar 1945 in Bussen, Kreis Sensburg

 

Marschenen, Kreis Samland: Erna Dankert, geb. 07.09.1938, von ihrer Mutter: Frieda Dankert, geborene Gerwien, geb. 20.05.190

 

Matzmasuren, Kreis Memel: Walter Brusties, geb. 20.08.1936, von Martha Brusties, geb. 23.02.1923. Walter Brusties war Ende April 1947 in Prokuls, Kreis Memel

 

Matzstubbern, Kreis Heydekrug: Alfred Lindzius, geb. 10.03.1938, von Friedrich Lindzius, geb. 14.02.1901

 

Medenau, Kreis Samland: Hans-Joachim Buchholz, geb. 14.02.1939, von seiner Mutter: Charlotte Weisbrich, geborene Buchholz, geb. 07.12.1919

 

Memel, Feldtstraße 15: Jurathe Lelilukas, geb. 10.12.1938, von Hedwig Jessejus, geb. 21.07.1915. Jurathe Lelilukas wohnte im April 1945 in Kernberg (Thüringen), ehemalige Hermann-Göring-Straße 16

 

Mehlsack, Kreis Braunsberg, Scheunenstraße 3: Rudolf Axnicht, geb. 25.04.1939, und Maria Axnicht, geb. 12.05.1941, von ihrem Vater: Franz Axnicht, geb. 03.09.1910

 

Memel, Johannes-Schirrmann-Straße 17a: Paul Lilischkis, geb. 09.04.1936, von seinem Bruder Karl Lilischkis, geb. 22.06.1926. Paul Lilischkis ist auf der Flucht von Osterode nach Frankfurt a. d. Oder verloren gegangen.

 

Michelau, Kreis Samland: Kurt Klang, geb. 12.04.1936, von Fritz Klang, geb. 17.10.1914. Kurt Klang war bis 1947 im Waisenhaus in Pobethen, Kreis Samland.

 

Migehnen über Wormditt, Kreis Braunsberg: Leo Zeidler, geb. 24.04.1935 in Oberhausen, von seiner Mutter: Emma Zeidler, geborene Stumpf, geb. 23.10.1907

 

Wahrendorf, Kreis Sensburg, Post Nikolaiken: Wolfgang Dzubba, geb. 02.02.1938, von Ilse Dzubba, geborene Scheller

 

Allenstein, Nikoleikerstraße 7, Masurensiedlung: die Geschwister: Gerda Nitsch, geb. 16.03.1933; Christa-Marianne Nitsch, geb. 1939; Lotar Nitsch, geb. 21.10.1943 und Jürgen Nitsch, geb. 02.02.1945, von ihrer Tante: Agnes Kupczyk, geborene Nitsch, geb. 14.05.1916

 

Argenfurt, Kreis Tilsit-Ragnit, bei Seidenberg: Jutta Noack, geb. 1941 in Wischwill, von Karoline Seidenberg, geborene Preuß, geb. 02.01.1873

 

Bergau, Kreis Samland: Günther Oltersdorf, geb. 14.01.1936, von seinem Vater: Erich Oltersdorf, geb. 01.02.1903.

 

Bergau, Königsberg-Land 5, Kreis Samland: Gerd Walter Kurpinski, geb. 25.07.1941, von seinem Vater: Walter Kurpinski, geb. 03.08.1914

 

Ostseebad Cranz, Kreis Samland, Lutherstraße 2: Annemarie Quiring, geb. 28.11.1936 in Deutsch-Eylau, von ihrem Onkel: Helmut Quiring. Annemari Quiring befand sich seit Ende 1946 im Waisenhaus Pobethen, Kreis Samland

 

Klein-Dankheim, Kreis Ortelsburg: Esther Somplatzki, geb. 11.05.1933 und Reinhold Somplatzki, geb. 14.03.1938, von ihrem Bruder: Erich Somplatzki, geb. 15.05.1920

 

Königsberg, Schindekopstraße 16: Helmut Pentzek, und Elfrun Pentzek, geb. 21.07.1936, von ihrem Vater: Dr. Ernst Pentzek, geb. 03.12.1898. Die Kinder befanden sich Mitte März 1945 mit ihrer Mutter: Ella Pentzek, geborene Piehl, in Swinemünde

 

Königsberg, Schrötterstraße: Helga Strauß, geb. 03.03.1941, und Dora Strauß, geb. 16.09.1939, von ihrer Tante: Frieda Strauß, geb. 28.01.1919

 

Königsberg, Schrötterstraße 169: Hannelore Poeppel, geb. 13.05.1936, von ihrem Vater: Willy Poeppel, geb. 25.12.1903

 

Krausendorf, Kreis Rastenburg Nr. 24: Waltraud Musklus, geb. 23.03.1934, und Ursula Musklus, geb. 04.04.1936, von Hildegard Musklus, geb. 20.07.1932

 

Lyck: Renate Brzezenski, geb. 14.02.1936, von Julie Melsa, geborene Brzezenski, geb. 14.10.1888

 

Neu-Jerutten, Kreis Ortelsburg: die Geschwister Hildegard Tulowitzki, geb. 06.01.1940, und Helga Tulowitzki, geb. 12.10.1941, von ihrer Mutter: Berta Tulowitzki, geb. 02.10.1907. Am 24. Januar 1945 traten Mutter und Kinder gemeinsam mit der Eisenbahn die Flucht an und wurden bei einem Halt des Zuges in Sensburg getrennt. Während die Mutter in Sensburg den Zug verließ um in einen anderen umzusteigen setzte sich der Zug, in dem sich noch die Kinder befanden, in Bewegung und fuhr in Richtung Königsberg weiter. Wer ist mit den beiden Kindern Hildegard und Helga Tulowitzki im Zuge von Sensburg weitergefahren und kann über den Verbleib der Mädchen Auskunft geben?

 

Neukuhren, Kreis Samland: Brigitte Siebert, geb. 04.05.1944, von ihrer Mutter: Hertha Siebert, geb. 14.04.1921. Brigitte Siebert wurde Mitte Februar 1945 in das Flüchtlingskrankenhaus in Zoppot, am Markt, eingeliefert. Am 20. März 1945 sollen die Kinder dieses Krankenhauses mit Schiff nach Gotenhafen zur Umschiffung gebracht worden sein. Oberschwester Charlotte und ein Herr Doktor Schalk könnten eventuell über den weiteren Verbleib Auskunft geben.

 

Neu-Rosenthal, Rosenthalerstraße 3, Kreis Rastenburg: die Geschwister Erika Klein, geb. 22.02.1936; Wilma Klein, geb. 03.08.1938 und Anni Klein, geb. 1939, von ihrer Schwester, Inge Klein, geb. 16.04.1931. Die Kinder wohnten zuletzt in Rastenburg, Bankmanstraße 1

 

Perkuiken, Kreis Wehlau: Rudolf Drogies, geb. 19.10.1937 und Alfred Drogies, geb. 09.02.1939, von ihrer Tante: Johanna Bendig, geborene Drogies

 

Plauendorf, Kreis Goldap: Konrad Erdmann, geb. 29.11.1941 in Goldap, von seinem Vater: Konrad Erdmann, geb. 26.11.1900. Die Mutter Käthe Erdmann, blieb auf der Flucht mit ihrem Sohn, einem Pferd und Wagen in Zweinert, Kreis Drossen zurück. Wer war im Januar/Februar 1945 in Zweinert, hat die Gesuchten gesehen und kann Auskunft über den Verbleib und das Schicksal der Gesuchten geben?

 

Rostheim, Gemeinde Siemental, Kreis Sichelberg: Irene Erdmann, geb. 09.06.1938, und Erika Erdmann, geb. 24.07.1941, von ihrer Mutter: Josefine Erdmann, geb. 24.08.1906. Irene und Erika Erdmann wurden in Sichelberg von der Mutter getrennt. Sie befanden sich auf dem Wagen der Frau Margarete Erdmann aus Siemensheim, die selbst drei Kinder, Albert, Elisabeth und Irma hatte. Wer treckte im Januar 1945 in Sichelberg mit Margarethe Erdmann und den fünf Kindern zusammen und kann über deren Verbleib Auskunft geben?

 

Seite 13   Heimkehrer-Aussagen über Zivilgefangene

Wir veröffentlichen nachfolgend Namen von in die UdSSR Verschleppten, die dort noch zurückgehalten werden, bzw. dort verstorben sind. Der Suchdienst Hamburg ist bemüht, die Anschriften der Angehörigen zu ermitteln, um sie benachrichtigen zu können. Sollten Sie die Namen und Anschriften von Angehörigen kennen, schreiben Sie an den Suchdienst Hamburg, Abteilung II (Zivilvermisste), Hamburg-Altona, Allee 131.

 

Elbing: die Angehörigen der Rode, Frida, geb. etwa 1923, vermutlich war sie eine geb. Günther.

 

Elbing: vermutlich Schottlandstr., die Angehörigen des Matern, Fritz, geb. etwa 1900. Beruf Bohrer.

 

Elbing: die Angehörigen des Quintern, Ernst, geb. etwa 1905. Er war in einer Autolackier- und Reparaturwerkstatt in Elbing tätig.

 

Friedland bei Bartenstein: die Angehörigen der Schwarz, Christel, geb etwa 1921. Ihre Mutter soll in Berlin wohnhaft sein

 

Königsberg: Schlachthof, die Angehörigen des Herrn Berner, geb. etwa 1895, Beruf: Fleischermeister.

 

Königsberg: Luisenallee: die Angehörigen des Oberlehrers Pollitt, Hermann, geb. etwa 1885. Seine Ehefrau soll in der Lüneburger Heide leben. 

 

Königsberg-Lomse: die Angehörigen der Scheffler, Gertrud, geb. etwa 1882. Sie besaß einen Sohn, der sich In Westdeutschland befinden soll.  

 

Konigsberg-Sackheim: die Angehörigen der Schwarz, Gertrud, geb. etwa 1925.

 

Umgebung von Memel: die Angehörigen der Frau Pokalnischkies, geb. etwa 1891

 

Kreis Samland: etwa zehn Kilometer von Palmnicken: die Angehörigen des Frl. Surmann, geb. etwa 1916.

 

Steegen, Krs. Pr.-Holland: die Angehörigen des Drews, Gustav, geb. etwa 1910, Landwirt  

 

Tilsit: Die Angehörigen des Peters, Otto, geb. etwa 1879, Braumeister bei der Aktienbrauerei Tilsit. Sein Sohn war 1944 Landgerichtsrat in Berlin und eine Schwester war in Königsberg wohnhaft.

 

Elbing: die Angehörigen des Herrn Weide, geb. etwa 1905, von Beruf Heizungsmonteur.

 

Thiergart, Kr. Marienburg: die Angehörigen der Sannlowski, Erika, geb. etwa 1926.

 

Insterburg: die Angehörigen des Brauer, Johann, geb. etwa 1903, von Beruf Schreinermeister.

 

Klawsdorf, Kr. Rössel: die Angehörigen des Kraukau, August, geb. etwa 1900.

 

Königsberg: die Angehörigen des Baltrusch, Fritz, geb. etwa 1887, Polizeimeister von Beruf.

 

Königsberg, Oberhaberberg: die Angehörigen der Jahnke, Erna, geb. etwa 1900, verh., hatte ein Blumengeschäft.

 

Königsberg: die Angehörigen der Kreps, Gertrud. Weitere Personalangaben liegen nicht vor.

 

Königsberg: die Angehörigen der Petereit, Elfriede, geb. etwa 1929.  

 

Kortau bei Allenstein: die Angehörigen des Herrn Tischmann, von Beruf Pfleger in der Heilanstalt Kortau, verheiratet.  

 

Linglack, Kr. Rössel: die Angehörigen der Langanki, Luzia, geb. etwa 1924. Ihr Vater hieß Albert Langanki.

 

Kreis Samland: die Angehörigen der Bayer, Eva oder Ingrid, geb. etwa 1930.  

 

Ostpreußen: die Angehörigen der Blum, Erna, geb. in der Zeit zwischen 1920 und 1930.

 

Ostpreußen: die Angehörigen der Klinger, Lucie, geb. etwa 1908.

 

Seite 13   Wehrmachtangehörige. Gefallene und Gestorbene

Anfragen und Mitteilung zu dieser Liste sind unter Angabe des Namens und Vornamens des Gemeldeten (zweiter Name in der Suchmeldung) an den Suchdienst München, Rundfunkauskunft München 13, Infanteriestraße 7a, zu richten.

 

Gefallene und verstorbene Wehrmachtsangehörige. Gesucht werden:

 

Lina Reffke, aus Wilkensdorfhof, Post Weißensee, Kreis Wehlau, für Kurt Reffke, geb. 14.10.1925 in Gumbinnen

 

Familie Rehberg aus Königsberg, Preußen, Waldburgstraße 1, für Otto Rehberg, geb. 20.01.1909 in Königsberg

 

Gertrud Rehberg, aus Königsberg-Lauth, für Willi Rehberg, geb. 22.04.1903 in Königsberg

 

Emmi Reich, aus Königsberg, Selkestraße 16, für Werner Reich, geb. 24.09.1909 in Königsberg

 

Arthur Reichardt, aus Soldohmen, Ostpreußen, für Kurt Reichardt, geb. 24.04.1921 in Soldohmen

 

Josef Reimer, aus Eydkau, Kreis Ebenrode, für Heinz Reimer, geb. 20.03.1923 in Malissen

 

Aug. Rein, aus Brausen, Kreis Gr.-Krossen/Westpreußen, für Rudolf Rein, geb. 05.09.1927, Geburtsort unbekannt.

 

Friedrich Reinert, aus Widminnen, Kreis Lötzsen, für Fritz Reinert, geb. 31.??.1927 in Anlacken

 

Johann Reinhardt, aus Elbing, Preußenweg 26, für Kurt Reinhardt, geb. 03.11.1926 in Elbing

 

Charlotte Reinhold, aus Tilsit, Straße der SA 90, für Alfred Reinhold, geb. 13.04.1911 in Kallmücken

 

Familie Reinecke, aus Königsberg, Kohlgasse 1, für Fritz Reinecke, geb. 05.01.1909 in Königsberg

 

Gustav Reis, aus Kersten, Kreis Sensburg, für Gustav Reis, geb. 25.06.1904 in Kersten

 

Maria Reischies, aus Ober-Allkehnen, Post Goldschmiede, für Wilhelm Reischies, geb. 26.08.1926 in Kirschken

 

Wilhelm Reise, aus Königsberg, Brandenburger Straße 69, für Erwin Reise, geb. 12.05.1921 in Königsberg.

 

Marie Reisenauer, aus Raniten, Kreis Lötzen, für Franz Reisenauer, geb. 29.06.1904 in Sodrest

 

Ida Brandtner, aus Neu-Rattenau, Kreis Ebenrode-Gumbinnen, für Fritz Brandtner, geb. 04.04.1921 in Alt-Grensfelde, Kreis Ebenrode

 

Pelazia Badzmira, aus Lindenberg/Westpreußen, für Wladislaus Badzmira, geb. 22.07.1912 in Jellen

 

Elisabeth Lange, aus Insterburg, Ostpreußen, Jordenstraße 48, für Heinz-Hubert Lange, geb. 06.01.1905 in Osterode

 

Martha Pierags, aus Grießlinnen bei Tilsit, für Albert Pierags, geb. 23.01.1904 in Grosten

 

Franz Podzuweit, aus Bönick, Kreis Schlossberg, für Adolf Heinrich Podzuweit, geb. 31.03.1926 in Wilklauken

 

Familie Otto Raup, aus Königsberg, fr. Straße der SA 6 – 7, bei Steiner, für Otto Raup, geb. 10.12.1920 in Goldap

 

Emma Rehrig, aus Königsberg, Regentenstraße 41, für Leo Rehrig, geb. 30.06.1901 in Bochum

 

Hermann Reiter, aus Königsberg, Blumenstraße 8, für Heinz Reiter, geb. 08.11.1924 in Königsberg.

 

Familie Reith, aus Goldap, Mühlenstraße 29, für Alfred Reith, geb. 09.02.1915 in Schillgallen

 

Familie Rejewski, aus Marienwerder, Briesener Weg 2, für Felix Rejewski, geb. 18.05.1903 in Marienfelde

 

Maria Remmwanz, aus Marienwerder, Daustraße 4, für Albert Remmwanz, geb. 02.02.1889 in Niederausmaß

 

Oskar Preuss, aus Willkamm, Kreis Gerdauen, für Erich Preuss, geb. 19.04.1928 in Friedenthal

 

Christoph Preuss, aus Podallen, Kreis Wehlau, für Ewald Preuss, geb. 18.07.1920 in Radeilen

 

Albert Preuss, aus Bartenstein, für Gerhard Preuss, geb. 22.11.1906 in Tuttenberg

 

Julius Preuss, aus Frauenburg, Am Hafen 74, für Hans-Joachim Preuss, geb. 19.09.1926 in Memel

 

Anna Preuss, aus Kampken, Post Lablacken, für Rudolf Preuss, geb. 10.02.1906 in Lablacken

 

Adolf Preuss, aus Weinsdorf, Kreis Mohrungen, für Willi Preuss, geb. 27.11.1912 in Weinsdorf

 

Gertrud Priess, aus Kuhkener, Kreis Heiligenbeil, für Fritz Priess, geb. 19.06.1912 in Kukehner

 

Willi Wroblewski, geb. etwa 1910, ledig, Feldwebel, Berufssoldat, aus Ostpreußen – 3a/703

 

Dr. Würfel, Vorname unbekannt, geb. etwa 1907, verheiratet, Kompanieführer, Zahnarzt, aus Johannisburg – 3a/1331

 

Viktor Wunderlich, verheiratet, Bierverleger bei der Brauerei Kinderhof bei Sensburg – 3/2098

 

August  Zielprowski, verheiratet, Gefreiter, Schneider und Bauer, aus dem Kreise Allenstein oder Ortelsburg – 3/2371

 

Ernst Zimmermann, verheiratet, Soldat, Schlosser bei der Deutschen Lufthansa in Königsberg-Dewau, aus Löwenhagen, Kreis Königsberg – 3a/1590

 

 

Seite 14   Ehrenmal für 100 000 Gefallene. Das große Treffen der ostpreußischen und niedersächsischen Divisionen in Göttingen

Foto: Die Kranzabordnungen auf dem Wege zum Ehrenmal. Aufn.: Paul

Foto: Anlässlich des größten Soldatentreffens der Nachkriegszeit fand in Göttingen auf Anregung des Generals d. Inf. a. D. Friedrich Hoßbach auch eine Ausstellung unter dem Motto „Ordensland – Preußenland“ statt, die wertvolle Erinnerungsstücke aus der Geschichte der ostpreußischen Regimenter zeigte

Großes Foto: Ohne Kommentar

Die schwarz-gelbe Flagge Niedersachsens und die schwarz-weiße Flagge Preußens waren auf den beiden Fahnenmasten rechts und links des neuen Göttinger Gefallenenehrenmals auf Halbmast gesetzt, als sich über elftausend ostpreußische und niedersächsische ehemalige Soldaten mit ihren Angehörigen, zahlreichen Hinterbliebenen und vielen Gästen um das Denkmal herum zur Einweihungsfeierstunde versammelt hatten. Einheimische und heimatvertriebene Ostpreußen fanden sich in dem Gedenken der Opfer zweier Kriege zusammen, und dieses Band deutscher Einigkeit wurde dadurch symbolhaft verdeutlicht, dass die Flaggen zweier deutscher Länder diesseits und jenseits des Eisernen Vorhanges im Verein mit der schwarz-rot-goldenen und der schwarzweiß-roten Flagge mit Eisernem Kreuz und schwarz-rot-goldener Gösch an zwei weiteren Fahnenmasten standen.

 

Denn Mahnung zu innerer deutscher Einigkeit als Voraussetzung zu äußerer Einheit zu sein, war der eine Sinn welcher dem Göttinger Ehrenmal bei seiner Einweihung im Rahmen eines großen Treffens ehemaliger Soldaten beider Landsmannschaften mitgegeben werden sollte. In der Erinnerung an die im Kriege oft geübte Waffenbrüderschaft niedersächsischer und ostpreußischer Soldaten und an die gemeinsam gebrachten Opfer fand die Schicksalsverbundenheit von Ost- und Westdeutschland lebendigsten Ausdruck.

 

Würdevoller Ernst, welcher sich auf den Gesichtern aller Anwesenden tief ausprägte, erfüllte die Feierstunde. Ein evangelischer und katholischer Feldgottesdienst, welcher von dem früheren Standortspfarrer Pastor D. Doehring, und dem ehemaligen katholischen Divisionspfarrer der 267. I.D., Pfarrer Hübner gehalten wurde, leitete die Gedächtnisfeier ein. Dann ergriff der Oberbürgermeister der Stadt Göttingen, Föge, das Wort zu einer kurzen Ansprache, in der er u. a. ausführte, dass dieses Denkmal „über alle parteiliche Trennung und Unterschiede hinweg den Empfindungen unserer Achtung und Dankbarkeit gegenüber den gefallenen Soldaten sichtbaren Ausdruck verleihen und für die lebenden und nachfolgenden Geschlechter eine Mahnung zu Einigkeit und Opferbereitschaft" sein solle. Der Oberbürgermeister weihte das Denkmal und übergab es den Traditionsverbänden der auf den Tafeln eingemeißelten Divisionen aus Niedersachsen und Ostpreußen.

 

In seiner Gedächtnisrede wies General d. Inf. a.D. Friedrich Hoßbach, der Leiter des Vorbereitungsausschusses für das Göttinger Treffen, auf die vielfältigen Beziehungen zwischen Göttingen und Ostpreußen in Vergangenheit und Gegenwart hin. Niedersächsische Ritter und Bauern waren einst ins Ordensland gezogen, und ostpreußische Wissenschaftler haben an der Göttinger Universitätsstadt neue Heimat gefunden ebenso wie viele andere ostpreußische Heimatvertriebene. In seiner Lage zwischen einem alten Friedhof, auf dem Angehörige früherer niedersächsischer Regimenter und Professoren der Georgia Augusta, welche die Pflege des geistigen Erbes der Königsberger Albertus-Universität übernommen hat, ruhen und einem Schulhof dem Ort jungen, aufstrebenden Lebens, sei das Denkmal eine Versinnbildlichung dafür, dass die von Gott gewollte Zusammengehörigkeit der Generationen und Geschlechter in Freud und Leid fortlebe. Mit ernsten Worten warnte General Hoßbach davor, das Andenken der Gefallenen dazu zu missbrauchen, um „den Krieg um des Krieges willen zu preisen und seine wahre, unerbittliche Natur zu verklären". Der General fuhr fort: „Wir würden Taten, Haltung und Opfer an den deutschen Fronten der letzten beiden verlorenen Kriege herabsetzen, wenn wir sie aus Motiven, gleich welcher Art sie auch immer sein mögen in einem anderen Lichte als dem der Wahrheit erscheinen ließen."

 

Abschließend leitete die Gedächtnisrede zur Ehrung der Gefallenen über: „Wir denken in Ehrfurcht an sie alle, die auf den Kampfstätten zu Lande, zur See und in der Luft fielen, die in Lazaretten und Gefangenenlagern starben, die ihr Leben in der Auflehnung gegen die eigene Obrigkeit ließen in dem Glauben, ihrem Volke und ihren schwer ringenden Kameraden an der Front die Auslieferung an das Chaos ersparen zu können. Unsere Gedanken weilen auch bei den Toten, die in jüngster Zeit in der Sowjetzone ihr Leben für Einheit Freiheit und Recht hingaben. Und schließlich gilt unsere besondere Teilnahme unseren noch immer zurückgehaltenen Gefangenen; möge das Recht ihnen endlich das Tor in die Freiheit öffnen, und möge Gott ihnen die Kraft zum Durchhalten geben“.

 

Unter den Klängen des Liedes „Ich hat' einen Kameraden" legten die Traditionsverbände, die Ehrengäste mit Ministerpräsident Kopf an der Spitze, Vertreter der Universität und Stadt, sowie Landkreisverwaltung der Heimatvertriebenenorganisationen und vieler ostpreußischer und niedersächsischer Institutionen sowie politischer Verbände Kränze nieder. Vor dem Denkmal lagen über dreitausend Blumensträuße mit Namensbändern, welche Frauen der Göttinger ostpreußischen Landsmannschaft für Gefallene der Heimat gebunden hatten. Während des Gesanges des Chores einer Volksschule, welche zusammen mit einer anderen Schule die Pflege des Denkmals übernommen hat, und des ergriffenen Schweigens der Gedenkgemeinde kamen Frauen und Männer sowie viele Kinder aus ihren Reihen und trugen Kränze und Blumengebinde zur Ehrung naher Verwandter und Kameraden zum Denkmal. Die getragene Melodie des Liedes „Ich bete an die Macht der Liebe" beschloss die Gedächtnisfeier. Die Stadt Göttingen ehrte mit dem Geläut ihrer Kirchenglocken und einer Verkehrsstille die mehr als 100 000 niedersächsischen und ostpreußischen gefallenen Soldaten, deren Gedächtnis das neue Denkmal gewidmet ist.

 

Mit einem Fackelzug und dem Großen Zapfenstreich an dem Zehntausende teilnahmen, klang das große Treffen der ostpreußischen und niedersächsischen Divisionen aus.

 

Seite 14   Ostpreußisdie Landsleute, Salzburger Abkunft!

Unsere Ahnen, die aus dem Salzburger Lande im Jahre 1732 vertrieben, vom preußischen König Friedrich Wilhelm I in Ostpreußen angesiedelt wurden, haben dort ein wertvolles Erbe hinterlassen.

 

Wir fühlen in uns die Verpflichtung, dieses Erbe zu verteidigen und der Überlieferung getreu zu bewahren. Im Lande Salzburg hat dieser Entschluss große Freude ausgelöst.

 

Die Salzburger Landesregierung hat auf unsere Anregung am 18. Juni d. Js. Einstimmig beschlossen, Die Patenschaft für die Nachkommen der im 18. Jahrhundert von Salzburg nach Ostpreußen ausgewanderten Familien zu übernehmen.

 

Diese Patenschaft beinhaltet neben der ideellen Förderung der ostpreußischen aus Salzburg stammenden Flüchtlinge folgende materielle Unterstützung durch das Land Salzburg:

 

1.     Das Land Salzburg übernimmt die Kosten für das Studium von 2 Studenten aus dem Kreise der oben genannten Familien, die an österreichischen Hochschulen, Mittelschulen oder Fachschulen, insbesondere an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Salzburg studieren.

2.     Das Land Salzburg bestreitet die Kosten für Ferienaufenthalte von 20 Kindern aus ostpreußischen Auswandererfamilien, so dass unsererseits nur für die Fahrtkosten bis zur Grenze aufzukommen wäre.

3.     Das Land Salzburg stellt das Landesarchiv für Familienforschungen von ostpreußischen Auswandererfamilien zwecks Erforschung ihrer Verbindung mit dem Land Salzburg zur Verfügung und leistet Kostenbeiträge hierzu sowie auch für die Abfassung von Sonderschriften oder künstlerische Darstellungen über das Schicksal der ostpreußischen Salzburger. Namhafte Summen werden für das laufende Wirtschaftsjahr und für 1954 erstmalig ausgeworfen.

 

Die Salzburger Landesregierung glaubt mit dem Beschluss die Verbundenheit des Landes Salzburg mit den Nachkommen der ehemaligen Salzburger Landeskinder zum Ausdruck zu bringen und einen wirksamen Beitrag zur Pflege kultureller und persönlicher Verbindungen mit ihnen zu leisten.

 

Es ergeht an alle Mitglieder des ehemaligen Salzburger Vereins und die Nachkommen der ostpreußischen Salzburgischen Familien der Ruf, sich bei der Landesgruppe Westfalen/Lippe der Kreisabteilung Rasenburg, bzw. deren Vorsitzenden Regierungsbaumeister a. D. Martin Modricker, Senne I, Post Windelsbleiche bei Bielefeld zu melden, um den Verein wieder neu zu beleben und die laufende Verbindung zum Lande Salzburg wiederherzustellen.

 

Seite 15   Familienanzeigen

Gott nahm heute meinen lieben, guten Mann, unseren treusorgenden Vater, meinen letzten treuen Sohn und Schwager, den Sparkassendirektor Otto Schulz, im 56. Lebensjahr zu sich in die Ewigkeit. In tiefer Trauer: Anni Schulz, geb. Peschke. Eckhard Schulz. Wolfram Schulz. Auguste Schulz, geb. Plaumann. Gertrud Peschke. Northeim/Hannover, den 16. September 1953. Früher: Königsberg Preußen und Fischhausen

 

Gott der Herr nahm am 8. September 1953, plötzlich und unerwartet, nach einem arbeitsreichen Leben, meinen herzensguten Mann, meinen lieben Schwiegersohn, unseren Bruder, Schwager, Onkel und Neffe, Herrn Ernst Tollkiehn, im Alter von 55 Jahren, zu sich in Sein ewiges Reich. In tiefer Trauer, im Namen aller Hinterbliebenen: Frau Frieda Tollkiehn, geb. Kreuer. Köln-Humbold – Hachenburger Straße 16 – früher: Königsberg – Allenstein

 

Weferlingen (Ostzone). Früher Mohrungen, Ostpreußen, Lange Reihe 3. Am 03.08.1953 verschied plötzlich unser liebes, gutes Tantchen, Fräulein Antonie Preuß, kurz vor ihrem 84. Geburtstag. In tiefer Trauer ihre Nichten: Wally und Lotte Froemke. Michelwinnaden, Kreis Ravensburg. Früher: Königsberg Preußen

 

Seite 16   Vertriebene halfen dem Bauern Rieß.

Foto: Die eifrigen Helfer

Foto: Erntedankfest in Sehnde

Frohe Menschen hatten sich an einem Sonntag im August zusammengefunden, um in der Diele des ostpreußischen Bauern Ernst Rieß in Sehnde einer schönen, mit Liebe gearbeiteten Erntekrone einen Ehrenplatz zu geben. Alle Vertriebenen wissen es, diese Bauernfamilie ist es wert, dass sie eine Krönung ihrer Mühe und Arbeit in dieser schwerer wirtschaftlicher Sorgen und mühevollen Existenzkampfes erhielt. Bauer Rieß hat einen „Wüsten Hof“ übernommen und er hat es nicht leicht. Als er nun zu diesen Sorgen noch plötzlich schwer krank wurde, da war die Arbeitslast für seine Frau und seine Schwester zu viel. Aber sie standen mit ihrer Sorge nicht allein. Landsmannschaftliche Treue und Einsatzbereitschaft half. Der BvD-Vorsitzende rief zur Erntehilfe auf. Freudig meldeten sich über 30 vertriebene Landwirte; Geschäftsleute halfen, Hausfrauen, Beamte und Schüler standen bei der Einbringung der Ernte bereit. Jeder opferte von seiner Freizeit und bewies, was Anteilnahme an der Not eines Schicksalsgenossen ausmacht. Es war Ortsgespräch, wie „diese Flüchtlinge" im Ernstfall sich beizustehen vermögen und ihre Anteilnahme praktisch beweisen. Die Ernte wurde eingebracht, als erster war der Betrieb des Bauern Rieß damit fertig. Der Gesundheitszustand des Bauern besserte sich und die Sonne schien wieder im Hause Rieß. Und nun begann ein Vorbereiten, Backen, Kochen, Braten für eine richtige Erntefeier nach heimischen, ostpreußischem Brauch. Die große Diele sah eine frohe Tafelrunde unter der neuen Erntekrone, nach dem alten Sprichwort „Saure Wochen, frohe Feste. K. P.

 

Seite 16   Künstlergilde Eßlingen

Für die Zeit vom 26.11. bis 01.12.1953 bereitet die Künstlergilde im Zusammenhang mit ihrer Hauptversammlung (Nachmittag des 28.11.) und einer festlichen öffentlichen Versammlung (Vormittag des 29.11.) eine Reihe von Sondertagungen und Veranstaltungen vor. U.a. fallen in diese Tage das nächste Bundestreffen der „Gruppe der Jungen", die erste Sondertagung ostdeutscher Komponisten und Musikinterpreten, kleinere Tagungen der Fachgruppen Schrifttum, Bildende Kunst, Theater.

 

Seite 16   Das Kriegsschiff „Barbara“

In der Geschichte der Deutschen Kriegsmarine dürfte wohl kaum etwas von dem Kriegsschiff „Barbara“ verzeichnet sein. Und auch sonst wird man wenig über die „Barbara" und ihre bescheidenen Taten finden. Immerhin aber hat sie in der Schlacht an den Masurischen Seen im September 1914 eine nicht unwichtige Rolle gespielt, wovon hier erzählt werden soll.

 

Das Kriegsschiff „Barbara" hieß eigentlich „Ernst" und war im „Zivilberuf" ein Vergnügungsdampfer, der in friedlichen Zeiten die Besucher der Masurischen Seen durch die Schönheit der Seenplatte fuhr und dabei wohl so manchem Nicht-Ostpreußen gezeigt haben mag, dass das ostpreußische Land voller Reize steckt, die aufzusuchen sich schon lohnte.

 

Als die Feste Boyen und die Stadt Lötzen Ende August 1914 von den russischen Truppen eingeschlossen wurden, wurde von der Besatzung der Feste der Vergnügungsdampfer „Ernst“ in ein Kriegsfahrzeug umgewandelt, erhielt den Namen „Barbara" und wurde mit nur einem einzigen Geschütz bestückt. Wiederholt führte die „Barbara" zunächst Erkundungsfahrten durch, die den Russen recht unangenehm waren, denn immer wieder erkundigten sie sich bei der zurückgebliebenen Bevölkerung nach dem Verbleib und dem Versteck des Dampfers, ohne jedoch je etwas in Erfahrung bringen zu können.

 

Am 10. September 1914 war dann der Tag gekommen, an dem die „Barbara" selbst mit in die große Schlacht eingreifen durfte. Und zwar hatte sie die Verbindung zwischen der 36. Division und der schweren Artillerie des 20. Armeekorps herzustellen und kehrte erst spät nachts in ihren Hafen zurück. Doch schon nach einer Stunde hieß es wieder „Anker auf". Im Dunkel der Nacht ging es nach der schon so oft besuchten Insel Upalten, wo eine Batterie Haubitzen aus Boyen Aufstellung nehmen sollte, um eine starke russische Batterie bei Thiergarten zum Schweigen zu bringen, deren Niederkämpfen der deutschen Artillerie trotz großer Anstrengungen bis dahin nicht gelungen war. Der „Barbara" war hierbei die Aufgabe gestellt, den nächtlichen Vormarsch der Haubitzen, die auf dem Dampfer „Möve" und einem von Pionieren erbauten Prahm übergesetzt wurden, sowie ihre Aufstellung auf der Insel Upalten zu schützen und zu decken.

 

Das Unternehmen glückte glänzend. Bereits eine Stunde vor Tagesanbruch lag die „Barbara" gegenüber von Stobben vor Anker. Und um 6 Uhr früh flog die erste Granate der Batterie nach Thiergarten hinein.

 

Im Laufe des Vormittags, als die Schlacht eine günstige Wendung nahm, beteiligte sich die „Barbara" auch noch selbst am Kampfe. Unter dem Hurra der Besatzung flog das erste Geschoss in den Feind, der völlig überrascht auseinanderfloh. Im Laufe des Nachmittags gelang es dann dem Schiff, eine starke Kosaken-Patrouille aus dem Dorfe Kehlen zu vertreiben und später bot eine lange Kolonne zweispänniger russischer Wagen, die sich von Angerburg in nördlicher Richtung bewegte, ein willkommenes Ziel. Erst am Spätnachmittag kehrte das Schiff zu seinem Liegeplatz bei der Insel Upalten zurück und erlebte hier die Kapitulation der Russen vor dem 20. Armeekorps. Schiff und Geschütz wurden mit frischem Grün geschmückt und jubelnd klang das Deutschlandlied durch die Nacht.

 

Damit zugleich fand auch der „Kriegsdienst" der „Barbara" seinen Abschluss. Das Geschütz wurde abmontiert und wieder seiner Batterie einerleibt, während aus der „Barbara" selbst der Vergnügungsdampfer „Ernst" wurde, der schon bald seinen „Zivilberuf" wieder aufnahm,

 

Seite 16   Foto: 1. Süddeutsches Landestreffen der Ost- und Westpreußen

20 000 Landsleute waren zu dem 1. Süddeutschen Landestreffen der Ostpreußen, Westpreußen und Danziger in Stuttgart im September erschienen, um ein Bekenntnis zu ihrer angestammten Heimat abzulegen. —

 

Zu diesem Landestreffen wurde eine Festschrift herausgebracht, die in ihrer Art als einmalig zu bezeichnen ist. Diese Festschrift umfasst 184 Seiten und dürfte ein Musterbeispiel dafür sein, was man bei gutem Willen leisten kann, um den Landsleuten wirklich eine Freude bereiten zu können. Diese Festschrift ist in Wirklichkeit ein hervorragendes Werk über unsere Heimat. Dieses Buch enthält mehr als 60 z. T., ganzseitige Bilder aus Ost- und Westpreußen und eine Fülle hervorragender Beitrage über unsere Heimat. Wir müssen bekennen, dass wir eine solche Schrift schon lange vermisst haben. Darum empfehlen wir unseren Lesern, diese Festschrift zu erwerben. Niemand wird es bereuen. Die Schrift kostet nur 1,50 DM.

 

Bestellungen sind zu richten an die Landsmannschaft Ostreußen in Stuttgart-W., Hasenbergstraße 39a (Krzywinski).

 

Der Reinerlös ist übrigens für die Bruderhilfe Ostpreußen bestimmt. Wir legen allen Landsleuten dringendst ans Herz, diese Schrift zu erwerben

 

Seite 16   Und dann wurde es hell

Charlotte Kayser, Und dann wurde es hell. Gräfe und Unzer Verlag, München 1953, 8,50 DM Gzl.

 

Es ist uns allen Freude widerfahren, denn ein neuer Band der verehrten Charlotte Kayser ist erschienen. In einem besonders schönen Gewand legt der Verleger dieses neue Buch vor. Gräfe und Unzer, seit langen Jahren Hüter, Wahrer und Mehrer dieses kostbaren Könnens, hat diesen Band, in dem drei Erzählungen der Verfasserin vereint sind, herrlich ausgestattet. Den Kern des Bandes bildet die schöne Erzählung „In stillen Dörfern", die wieder lesen zu dürfen, eine tiefe Freude bedeutet. Die beiden anderen Erzählungen „der klagende Brunnen" und „der Enterbte" sind der erstgenannten vorangestellt.

 

Es ist kein Zweifel, dass diese drei Werke eine Einheit bilden, nicht dem Inhalt nach, wohl aber hinsichtlich des Gehaltes und des Künstlertums. Es ist ein hartes Leben, das die Menschen der Charlotte Kayser führen müssen, aber es wird in Liebe dargestellt. Diese Menschen haben die Kraft zur Versöhnung, die Schuld, die sie zu tragen haben, vermögen sie zu einem Ausgleich zu führen. Die Dichterin weiß um all diese schweren Dinge. Wie antikischer Weisheit entnommen mutet wohl so manches Wort an, an dem sie das Geschehen wie unsichtbar daher entwickelt. „Oh ihr dunklen Stunden — ihr fallt den Menschen an, wie reißende Tiere. Ihr zerschlagt blühende Hoffnungen und treibt den Geängstigten kalten Schweiß auf die Stirn. Ihr zwingt die Hoffärtigen zu Boden und löst von ihren Lippen den Schrei nach der Barmherzigkeit Gottes und lehrt das inbrünstige Gebet. Aber ihr löst auch Worte des Zornes und Gedanken des Fluches aus, wenn das Gebet keine Erhörung findet. Dann stehen die Unglücklichen lange in eurem Schatten, ihr dunklen Schatten."

 

An solchen Sätzen gewinnt man Einblick in die innere Werkstatt der Verfasserin, sie machen aber auch den Titel begreiflich, den sie ihrem Buche gab . . . „und dann wurde es hell".

Prof. Götz von Selle

 

Seite 16   Wilhelm Dennler,

Die Böhmische Passion, Prager Tagebuch 1939 - 1945 Dikreiter-Verlagsgesellschaft Frankfurt/M. gzl. 13,50 DM.

In der Memoirenliteratur der Gegenwart wird dieses Buch einen besonderen Platz einnehmen. Nicht nur hat es einen Mann zum Verfasser, der in der Geschichte der Tschechoslowakei an hervorragender Stelle gestanden hat und also in der Lage ist, von den Dingen aus nächster Sicht zu erzählen, sondern man spürt auch deutlich die vornehme und unaufdringliche Art dieses Berichts hindurch. Fast hat man das Gefühl, als will der Verfasser hinter dem erregenden und tragischen Geschehen ganz seine eigene Stimme zum Schweigen bringen, um damit die Ereignisse in den Vordergrund zu stellen. Das ist ihm in vollem Maß gelungen und macht das Lesen dieses Buches bei aller Erschütterung, die dieser aufwühlende Stoff überträgt, in so hohem Maße sympathisch. Hier ist nichts aus eigener Wertung beigefügt. Kein Wort des Hasses, nichts aufkommenden Willens zur Vergeltung findet sich in diesem Buche, das einer Tragödie sondergleichen gewidmet ist. Über den hohen literarischen Wert dieses Buches hinaus sei noch angemerkt, dass das Werk eine ganze Anzahl authentischer Mitteilungen über die Geschehnisse in Prag enthält, die bisher nirgends eine Dokumentation fanden. Ein großer Mensch schrieb dieses Buch.

 

Es sei noch angemerkt, dass der Dikreiter-Verlag jetzt auch zwei Frühwerke Edwin E. Dwingers neu aufgelegt hat. Es sind dies die Letzten Reiter, das Buch des deutschen Soldaten, 432 S. Gzl. 12,80 DM, das die Kämpfe im Baltikum nach dem ersten Weltkriege zum Gegenstand hat und ein Heldenlied der letzten Reiter ist und das Buch Hanka, der große Frauenroman, 220 S. Gzl. 9,80 DM, ein eindrucksvoller, echter Frauenroman, der sich schon früher unter dem Titel Korsakaoff viele Freunde erwarb.  

 

Seite 16   Ostpreußen - im Bild 1954

Der Verlag Rautenberg und Möckel hat wieder wie im Vorjahr einen schönen Bildkartenkalender herausgebracht. Er enthält 26 prachtvolle Aufnahmen aus Ostpreußen, die auch als Postkarten verwandt werden können. Es sind zum Teil unbekannte Bilder und sie zeigen das Heimatland von allen Seiten, die weite Landschaft, die See, die Städte, die historische Erinnerungsstätten. Jede einzelne Aufnahme wird eine beglückende Erinnerung sein. Durch den niedrigen Preis, — der Kalender kostet nur 2,30 DM — werden alle Ostpreußen sich diesen treuen Begleiter durch das Jahr 1954 leisten können.

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