Ostpreußen-Warte, Folge 10 vom Oktober 1952

Ostpreußen-Warte

Folge 10 vom Oktober 1952

 

Seite 1   Ein Bund, ein Band, eine Sprache

Aufgeregtes Auslandsecho zu den Landsmannschaftstreffen

Foto: Agnes Miegel, die „Mutter Ostpreußens“, beim Königsberger Treffen in Duisburg. Aufn.: E. Keufer

VK. - Es überrascht nicht mehr, dass die sommerlichen Landsmannschaftstreffen der Vertriebenen im Ausland herbstliche Befürchtungen auslösen. Insbesondere der angrenzende Westen reagiert äußerst empfindlich auf jeden Ton, der auch nur entfernt wilhelminisch-imperialistisch oder altdeutsch-hitleristisch anklingt oder gedeutet werden könnte. Die Erfahrungen zweier Weltkriege stecken dem Westen im Blut, und die Propagandatrommeln, die sie begleiteten, klingen noch in ihren Ohren. Sieben Jahre friedlich demokratischen Wohlverhaltens, auch der Vertriebenen, können den Albdruck der Furcht und des Misstrauens nicht beseitigen.

Diesen Kummer sind wir gewohnt. Wir messen ihn am Verschulden und sind bemüht, ihn zu besänftigen. Indes die Heftigkeit und Lautstärke, mit der er sich in diesem Jahre bemerkbar gemacht hat, ist doch ungewöhnlich und zwingt zum Nachdenken.

Das manische Misstrauen der Franzosen gegenüber den Landsmannschaftstreffen nimmt nicht mehr wunder. Erstaunlich aber ist, dass diesmal auch der nüchternen englischen Öffentlichkeit der Schrecken in die Glieder gefahren zu sein scheint. Allen voran schlägt der „Manchester Guardian" Alarm. In ellenlangen Berichten, Zuschriften und Leitartikeln spricht er von der „gefährlichen Zweideutigkeit" der deutschen Vertriebenenkundgebungen. Er rügt den Ton und die „taktlose Art" der Sprache dieser Treffen gegenüber dem empfindsamen Ausland. Er zeigt sich „ernsthaft besorgt" über die „explosive nationalistische Kraft", die in diesem Problem stecke. Er sieht heute erst Flecken, aber morgen schon dunkle Wolken am Horizont aufsteigen. Der Gedanke an Revisionismus und Irredenta schockiert ihn bis ins Innerste. Besonders angetan haben es dem englischen Blatt die Seebohm-Sonntagsreden, insbesondere sein Abrücken von den Grenzen von 1937.

Das alles mag beim Ausland noch hingehen. Symptomatisch aber ist, dass auch deutsche Zeitungen in noch nicht dagewesenem Ausmaß und mit ungewöhnlicher Schärfe glauben, Kritik an dem angeblichen Chauvinismus der Landsmannschaftler üben zu sollen. Die „Suddeutsche Zeitung" ging mit ihren „misstrauischen Gefühlen" voran. Nach der Bonner Pressekonferenz Dr. Lodgmans aber folgte eine Reihe von unabhängigen Blättern, die in erstaunliche Bereitwilligkeit einen Agenturartikel übernahmen, in dem von „lärmendem Revisionismus" die Rede war, der die deutsche Außenpolitik belaste. Dabei wurden der ZvD BvD und seine sozialen und wirtschaftlichen Ziele geflissentlich gegenüber den „nationalistischen Zielen" der Landsmannschaften ausgespielt, die nach Meinung dieser Blätter angeblich eigens deshalb von ihren Sprechern aufgeputscht wurden, um Mitglieder zu gewinnen. Der Angelpunkt dieser Kommentare war eine Bemerkung Dr Lodgmans vor der Bonner Presse dahingehend, dass mit der Erfüllung der materiellen Ziele der Vertriebenen die heimatpolitischen Ziele in den Vordergrund rückten, und dass ihre Missachtung nationalen Radikalismus heraufbeschwöre.

Das war das Stichwort, auf das die ausländischen Chauvinisten warteten. Neonationalismus, Revisionismus, Irredentismus“, so tönte das Echo aus dem westlichen und z. T. auch aus westdeutschem Blätterwald, und – wie konnte es anderes sein – aus Pankow hallte es vielfältig verstärkt und verzerrt wider. Das „Neue Deutschland“, das Organ der SED, zeigte sich „aufs höchste alarmiert“ über die - so heißt es wörtlich – „mit Bonner Geldern und Bonner Rednern angefachte Revanchehetze der landsmannschaftlichen Agenten des Kaiser’schen Spionageministeriums“, „der revanchistischen Avantgarde des Kriegshetzers Adenauer“ usw. usf.

Indes der besondere Grund dieser ungewöhnlich nervösen Reaktion, gerade zu dieser Zeit, liegt auf der Hand: Die internationale Spannung um den Deutschland-Vertrag und den deutschen Verteidigungsbeitrag und alle damit zusammenhängenden Wahnvorstellungen des Auslandes, genährt aus historischen Reminiszenzen, sind die Hauptursachen. Das allerdings hätte von den Vertriebenen-Sprechern bedacht werden sollen, als sie sich über Ton und Inhalt ihrer Reden auf den diesjährigen Landsmannschaftstreffen klar wurden!

Daneben gibt es einen zweiten, gleichfalls sehr bedeutsamen Grund, über den die Vertriebenen gewissenhaft mit sich zu Rate gehen sollten. Das ist die in den Augen und Ohren des Auslandes zweideutige, bessergesagt, zweigleisige Art der Sprache der deutschen Vertriebenenbewegung!

Schon im Vorjahr fragte der sehr besonnene Londoner „Economist": Wie ist es möglich, dass die deutschen Vertriebenen einmal lautstark die Eingliederung, das andere Mal mindestens ebenso laut die Rückgliederung fordern? Was wollen sie nun wirklich, fragte das Blatt, dem unverständlich war, dass die gleichen Menschen einmal dies und ein anderes Mal ein anderes mit gleicher Heftigkeit und mit scheinbar gleicher Einseitigkeit forderten.

Diesen zweideutigen Anschein müssen die Vertriebenen allerdings erwecken solange sie nicht in einer Sprache von ihren Sprechern angesprochen werden und solange sie nicht eine Antwort geben. Das aber wird solange nicht der Fall sein, als sie nicht in einem Bund geeint sind und auf gemeinsame Ziele geschworen haben.

Kein Mensch in Deutschland und in der Welt hat gegen die erste und leider bisher einzige gemeinsame Aussage aller Vertriebenen, gegen die Stuttgarter Charta, die die innen- und außenpolitische Seite des Problems in einem Zuge und in wohltemperiertem Tone ansprach, protestiert. Selbst der nervöse „Manchester Guardian" muss noch heute zugestehen, dass vor dem Hintergrund des Völkerrechts und bei der immer noch bestehenden Möglichkeit von Verhandlungen über den deutschen Friedensvertrag viele der von den Vertriebenen erhobenen Forderungen vertretbar seien. Warum dennoch diese Seufzer? –

Auch Herr Dr. Lodgman v. Auen sprach, wie Dr. Kather und andere, unmittelbar nach der Bonner Pressekonferenz von den „materiellen Sorgen der Landsmannschaften''. Allerdings, nur am Rande! Herr Seebohm sprach in Rüdesheim von der „Freiheit in der Wahl der Heimat in Europa" und von der „friedlichen Rückgewinnung der angestammten Heimat". Dasselbe sagten mit fast gleichen Worten am gleichen Tage Dr. Kather in Heilbronn und Herr v. Keudell in Hamm. Weshalb beschimpft man nun die einen und lässt die anderen ungeschoren?

Weil die Tonstärke und die Verteilung der sachlichen Akzente bei den einen anders war als bei den andern. Die beiden Letztgenannten sprachen nicht nur von der Rückgewinnung der Heimat, sondern mit besonderem Nachdruck auch von der Eingliederung in die Zwischenheimat. Darin liegt durchaus kein Widerspruch wie sie mit Recht betonten, da das eine bei der gegebenen weltpolitischen Lage das andere geradezu bedingt, nicht ausschließt. Aber das Ausland sieht in diesem Falle den Krieg noch nicht unmittelbar vor der Türe und ist beruhigt. Im anderen Falle aber, in dem leidenschaftlich von der Rückgewinnung der Heimat gesprochen wurde, so als gelte es nur noch alles stehen und liegen zu lassen und die Koffer zu packen, in diesem Falle allerdings wird das Ausland, zumal in der gegenwärtigen psychologischen Situation, beunruhigt. Und nicht nur das Ausland, sondern in geringerem Umfang auch die einheimische Mitwelt.

Auch hier ist es also der Ton, der die Musik macht. Das sollte nie und gerade zu dieser Zeit von den Vertriebenen-Sprechern und denen, die ihnen zuhören, vergessen werden! über diese Umstände hinwegsehen, hieße sich selbst und die anderen für blind halten; hieße die leidigen Realitäten nichtachten und die eigenen Kräfte überschätzen.

Einen sehr einfachen, aber anscheinend auch unendlich schwierigen Weg gibt es, all diese Fehldeutungen der deutschen Vertriebenensprache im Ausland und Inland zu vermeiden: den gemeinsamen Weg und die gemeinsame Sprache! Nicht nur über das, was sie aussagen, sollten sich die Vertriebenen einig werden, sondern auch über die Art, wie sie es aussagen wollen. Erst wenn sich die Vertriebenen selber verstehen, werden sie auch von den anderen verstanden werden. C. J. N. Ost

 

 

Seite 1   Sparergesetz bis auf weiteres verlängert

Der Lastenausgleich-Ausschuss des BvD beschäftigte sich mit der Frage eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Ostsparergesetzes. Er nahm zur Kenntnis, dass auch das Bundesfinanzministerium eine Abänderung des Ostsparergesetzes vorbereitet, in dem unter anderem die Anmeldefrist bis zum 31. März 1953 verlängert werden soll. Der Lastenausgleichs-Ausschuss des BvD erarbeitete seinerseits einen Abänderungsentwurf. Die BvD-Vorschläge gelten insbesondere den Fällen, in denen der Sparer seinen Wohnsitz östlich der Oder gehabt hat, während sich die Hauptniederlassung seines Geldinstitutes westlich der Oder-Neiße befand. Ferner geht eine BvD-Forderung dahin, auch Sparbücher anzuerkennen, die auf Nummer und nicht auf den Namen des Inhabers lauten. Das betrifft im Wesentlichen die Inhaber von Konten bei der Stadtsparkasse Königsberg (Pr.).

Wie wir erfahren, ist inzwischen die Anmeldefrist bis auf weiteres verlängert worden, so dass alle Vertriebenen sich die notwendigen Unterlagen in Ruhe beschaffen können.

 

 

Seite 2   Bildungsschwund im Ostdeutschtum

Einen bemerkenswerten Einblick in das Vertriebenenproblem liefert die Kulturstatistik des Statistischen Jahrbuches 1952.

Die Vertriebenen der Altersjahrgänge 6 bis unter 14 Jahren machen 17,9% der gesamten Angehörigen dieser Jahrgänge aus. Die Volksschüler, die als Vertriebene gelten, betragen indes 18,7% aller Volksschüler. Die Vertriebenen füllen also in einem erheblichen Übermaß die deutschen Volksschulen an.

Die Vertriebenen der Altersklassen 10 bis unter 18 Jahren machen 17,3% der gesamten Angehörigen dieser Jahrgänge aus. Die Vertriebenen unter den höheren Schülern beliefen sich jedoch nur auf 14,9%. Unter den höheren Schülern sind also die Vertriebenen um 14% zu gering vertreten. Diese Zahl charakterisiert mit erschütternder Eindringlichkeit, wie sehr die ostdeutsche Bevölkerung in ihrer gesellschaftlichen Struktur gefährdet ist.

Eine nicht weniger eindrucksvolle Tatsache wird durch die Zahl der Mittelschüler belegt. Die Vertriebenen der Altersjahrgänge 10 bis unter 16 Jahre machen 17,0% dieser Altersklassen aus. Unter den Mittelschülern haben die Vertriebenen jedoch mit 18,3% Anteil. Nichts zeigt eindeutiger den Willen des ostdeutschen Menschen zur Bildung und die rücksichtslose materielle Begrenzung dieses Bildungswillens auf als dieses Verhältnis. An den 18- bis unter 25-jährigen insgesamt haben die Vertriebenen mit 18,4% Anteil. Unter den Studierenden der Hochschulen sind sie indes nur mit 14,0% beteiligt gewesen.

Ähnliche aufschlussreiche Ergebnisse zeigen sich bei den Berufsschulen, den Berufsfachschulen und den Fachschulen. Auf den Berufsschulen sind die Vertriebenen mit 8% zu wenig beteiligt, eine bedauerliche Bilanz für die heranwachsende ostdeutsche Facharbeiterjugend. An den Berufsfachschulen war die Beteiligung der Vertriebenen um 14% geringer. Den Gipfel der Hintansetzung der Vertriebenen stellt jedoch das Verhältnis bei den Fachschulen dar. Hier herrscht eine Unter-Teilhaftigkeit von 28%.

Die Kulturstatistik weist insgesamt betrachtet unbestreitbar nach, dass die Vertriebenen bis heute noch nicht in dem Umfange an den Möglichkeiten der Bildung teilzuhaben in der Lage sind, wie es ihnen zukommt. Diesen Mangel zu überwinden, ist eine der vordringlichsten Aufgaben der Vertriebenenpolitik. Hier Wandel zu schaffen, wäre Aufgabe der Kulturpolitik der Landsmannschaften, die sich nicht auf historisches Memorieren und Konservieren beschränken darf, sondern das kulturelle Wachstum im Auge behalten muss. Die Notwendigkeit, für eine derart fortschreitende Kulturpolitik die wirtschaftlichen Voraussetzungen zu schaffen, belegt erneut, dass das Vertriebenenproblem nur als Ganzes gesehen und gelöst werden kann.

 

 

Seite 2   Die Wälder Schweinen Ostpreußen - heute

Der Termin der Sendung „Die Wälder schweigen, Ostpreußen - heute", musste aus programmtechnischen Gründen verschoben werden. Die Sendung, auf die wir unsere Leser besonders aufmerksam machen, wird nicht, wie berichtet, am 29. September erfolgen, sondern erst am 27. Oktober um 21 Uhr auf der Mittelwelle Köln.

 

 

Seite 2   Oder-Neiße-Linie - unhaltbar

Zu dem Problem der deutschen Gebiete jenseits der Oder-Neiße-Linie erklärte der britische Labour-Abgeordnete Croßmann, der deutsche Anspruch auf die Gebiete östlich der Oder-Neiße-Linie dürfe unter keinen Umständen aufgegeben werden. Die gegenwärtige Grenze sei völlig unhaltbar. Sie müsse, was auch immer geschehen möge, berichtigt werden. Er selbst sei von Anfang an gegen das Abkommen von Yalta gewesen und sehe keinen Grund, seine Stellungnahme zu ändern.

 

Seite 2   Erste Durchführungsverordnungen

Bonn. Die Entwürfe zu den vier ersten Durchführungsverordnungen zum Lastenausgleichsgesetz sind nach Billigung von Bundeskabinett nunmehr in den Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet worden. Alle vier Verordnungsentwürfe behandeln die gesetzlichen Ausgleichsabgaben, den Modus ihrer Ablösung, ihre Berechnung und die entsprechenden Verwaltungsregeln.

Die erste Durchführungsverordnung sieht Bestimmungen für die Grundsätze, Arten und Fälligkeiten bei der Ablösung der Vermögensabgabe, der Hypothekengewinnabgabe und der Kreditgewinnabgabe vor.

Für die Abgabeschuldner sind darin Möglichkeiten zur Vorausentrichtung der Tilgungsbeträge sowie Teilabgaben und Ratenzahlungen durch Vorausentrichtung geschaffen, die bei Ablösung vor dem Fälligkeitstermin zu Vergünstigungen durch Kürzung der Ablösungsbeträge führen. Die erste Verordnung regelt ferner die Berechnung der Ablösungsbeträge bei unterschiedlich hohen Raten, die Nichtberücksichtigung von Vergünstigungen bei der Berechnung, die Festsetzung der Spitzenbeträge bei der Hypothekengewinnabgabe und Kreditgewinnabgabe und die Aufrechnung zu viel gezahlter Beträge an Soforthilfeabgaben, Leistungen nach dem Hypothekensicherungsgesetz und die Verfahrensweise bei der Ablösung sowie schließlich die steuerliche Behandlung der Ablösungsbeträge. In dem Entwurf sind die Vorschriften für die Ablösung aller Abgaben zusammengefasst. Die Berechnung der einzelnen Abgabebeträge für insgesamt 122 Raten während der Laufzeit des Lastenausgleichsgesetzes bis Oktober 1973 kann an Hand einer der Verordnung beigefügten Tabelle vorgenommen werden. Weiter enthält der Begründungstext Beispiele für die Berechnung der verschiedenartigen Abgabeleistungen.

Die zweite Durchführungsverordnung bestimmt die Ermäßigungen der Vermögensabgabe wegen Kriegssachschäden, Vertreibungsschäden und Ostschäden auf Grund der Berechnungstabelle. Als Grundlage dienen bei der Berechnung die Schadenspunk zahlen von 30 bis 398 für alle Vermögen bis 150 000 DM. Bei Schadenspunktzahlen unter 30 werden keine Entschädigungen gewährt. Vermögen über 150 000 DM bzw. Schadenspunktzahlen über 500 schließen eine Ermäßigung der Abgaben aus.

Die dritte Durchführungsverordnung befasst sich mit der Anrechnung der Soforthilfeabgaben auf die Vermögensabgaben. Im Einzelnen werden die Modalitäten für die Anrechnung geleisteter und nicht geleisteter Beträge, Nichtanrechnung bestimmter nicht geleisteter Beträge nach Erhebung von Soforthilfeabgaben, Sonderregelung für gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsunternehmen, Anrechnung bei Zusammenrechnung von Vermögen und Anrechnung in Fällen von Sondervermögen festgelegt.

Die vierte Durchführungsverordnung behandelt die Hypothekengewinnabgabe. Grundsätzlich wird darin bestimmt, dass die Entrichtung der Abgaben an sogenannte beauftragte Stellen in den Ländern und nicht an die Finanzämter zu erfolgen hat. Die Verordnung sieht vor:

1. Aufgabenstellung dieser beauftragten Stellen und ihre Befugnisse.

2. Leistungsrechnung beim Abgabeverfahren, die die Soll- und Ist-Beträge der Abgaben nachweisen soll und ihre Nachprüfung ermöglicht.

3. Vermögensrechnung, die die Höhe der Abgabeschuld festsetzt und den Gesamtnachweis über die Abgaben des laufenden Rechnungsjahres ermöglicht.

 

 

Seite 2   „Ich habe den großen König gesehen“

Als die Särge Friedrichs des Großen und seines Vaters aus der Elisabeth-Kirche zu Marburg auf die Burg Hohenzollern übergeführt wurden, ergab sich eine erregende Tatsache. Die Sarkophage kamen am 28. August in Hechingen an und wurden auf die Burg gebracht. Ein Baurat übernahm die Aufgabe, Sockel für die Särge herzurichten, auf denen sie dann in der protestantischen Burgkapelle aufgestellt würden. Als nun die Särge auf ihre Postamente gehoben wurden, entdeckte er am Sarg Friedrich des Großen Spuren, die darauf hinwiesen, dass in letzter Zeit ein Versuch unternommen wurde, den Sarg des großen Preußenkönigs gewaltsam zu öffnen. Er verständigte einen Klempnermeister aus Hechingen, der die Spuren der Gewaltanwendung untersuchte und feststellte, dass dies in jüngster Zeit geschehen sei. Als man den Fachmann anwies, er möge die Bruchstelle wieder verlöten, bedeutete dieser, dass dies nicht so ohne weiteres möglich sei. Der Deckel müsste ganz abgenommen und neu aufgelötet werden.

Dies konnte allerdings nur im Einverständnis mit dem Chef des Hauses Hohenzollern, dem Prinzen Louis Ferdinand, geschehen. Auf seine Bitte eilte der Fürst von Sigmaringen herbei, und in seiner Gegenwart wurde der Sarg geöffnet.

Die Quellen über Friedrichs des Großen Tod lassen die Frage offen, ob der große Tote einbalsamiert wurde oder nicht. Bekannt ist der Wunsch des Alten Fritz, im Garten von Sanssouci in der Nähe seiner Condé, des Pferdes, das ihn durch viele Schlachten getragen hatte, und bei seinen Windspielen begraben zu werden. Aber es kam anders: sein Nachfolger als König, Friedrich Wilhelm II. verfügte seine Beisetzung in der Potsdamer Garnisonkirche neben seinem Vater. So geschah es, — und jeder, der einmal die Gruft hinter dem Altar in Potsdam betreten hat, war angerührt von der

Majestät des Todes, der nun in seinem Frieden beide Menschen und Herrscher vereinte und versöhnte, die im Leben so hart miteinander ringen mussten. Die Wissenden aber begriffen in diesem Raum die Weite und Kraft der preußischen Königsidee, die in diesen beiden Gestalten zu den Endpunkten ihrer Mächtigkeit ausgeschwungen war.

Nun war bereits 1945, als Hitler den Befehl gab, die Särge vor einem sowjetischen Zugriff zu bewahren, ein damals nicht beachtetes Ereignis eingetreten. Als man den Sarg des Vaters, des „Soldatenkönigs" anhob, fiel ein Bodenbrett heraus. Der Vater musste in einen neuen Sarg umgebettet werden. Damals zeigte sich, dass seine Gestalt völlig erhalten war. Er war also einbalsamiert.

Nun war aber immer noch die Frage offen: hatte man Friedrich des Großen eigenen, testamentarisch verfügten Wunsch respektiert und ihn nicht einbalsamiert? Wie würde man den großen König vorfinden? Das waren die Gedanken, von denen die wenigen Umstehenden jetzt auf der Hohenzollernburg bewegt wurden, als der Klempnermeister die Randleiste des Sarges aufschnitt.

Dann war es so weit: die Arbeiter traten heran und hoben den Deckel.

Noch im ersten Bericht des Burgwartes Bernd, den er stockend, bewegt von dem Ereignis gab, spiegelte sich die Erhabenheit des Augenblickes. Stotternd brachte er heraus: „Ich habe den großen König gesehen". Mehr konnte er vorerst nicht sagen - und es brauchte lange Zeit, bis man ihn durch behutsame Fragen zum Weitersprechen brachte. Dann berichtete er, immer durch lange Pausen unterbrochen: „Er liegt friedlich, als sei er eben eingeschlafen. Auf der Uniform trägt er den Stern des Schwarzen Adlerordens. Er zeigt keine Spur von Verwesung, nur die Perücke ist vergilbt. Seine Hände sind nicht auf der Brust gefaltet, sondern die Arme liegen ausgestreckt seitwärts an den Körper angeschmiegt. Der Kopf ruht auf einem dunklen Kissen, der Sarg ist mit dem gleichen Stoff ausgeschlagen. Mehr war aus dem Mann, der noch völlig unter dem Eindruck dieses Erlebnisses stand, nicht herauszubringen.

Soweit der Bericht, den die „Deutsche Soldatenzeitung" mit ausdrücklicher Genehmigung des Hauses Hohenzollern veröffentlichte.

 

 

Seite 2   Weitere 8 Millionen für Existenzaufbaudarlehen

Nach einer Umfrage des Hauptamtes für Soforthilfe bei den einzelnen Landesämtern hat sich herausgestellt, dass die Existenzaufbauhilfemittel in den Ländern praktisch erschöpft sind. Wie aus einem Schreiben des HfS an Mitglieder des Kontrollausschusses hervorgeht, sollten wegen der baldigen Inkraftsetzung des Lastenausgleichsgesetzte keine weiteren Mittel für Existenzaufbauhilfe bis zu diesem Zeitpunkt ausgeschüttet werden. Auf Grund dringender Notstände durch Erschöpfung der Mittel  sind jedoch neue Bereitstellungen von Mitteln erforderlich geworden. Der Präsident des HfS hat deshalb den Arbeitsausschuss des Kontrollausschusses gebeten, der Bereitstellung von weiteren acht Millionen DM für die dringendsten Fälle im Rahmen der Existenzaufbauhilfe seine Zustimmung zu geben. Es wurde vorgeschlagen, von den für das Dauerarbeitsprogramm bereitgestellten 150 Millionen diese 8 Millionen vorläufig abzuzweigen, bis die entsprechenden Mittel für die Eingliederungshilfe aus dem Lastenausgleich bereitgestellt sind. Dieser Anregung hat der Arbeitsausschuss des Kontrollausschusses grundsätzlich zugestimmt.

 

 

Seite 2   Außenpolitisches Referat des BVD

Der Zentralverband der vertriebenen Deutschen hat in der Erkenntnis, dass die Frage der Wiederherstellung der deutschen Einheit jetzt in ein entscheidendes Stadium der weltpolitischen Verhandlungen getreten ist, zum „Tag der Heimat 1952" den Beschluss gefasst, einen Außenpolitischen Arbeitskreis und ein Außenpolitisches Referat zu bilden. War die Arbeit des Verbandes vorwiegend von der Notwendigkeit getragen, für die elementarsten sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Vertriebenen einzutreten, um überhaupt die Lebenssubstanz des ostdeutschen Volkstums zu erhalten, so zwingt die außenpolitische Entwicklung die Organisation jetzt dazu, ihre Verantwortung für die vertriebenen Deutschen auf das außenpolitische Gebiet zu erweitern.

Das Bewusstsein dieser Verantwortung beruht auf der Erkenntnis, dass die Frage der Wiederherstellung der deutschen Einheit letzten Endes unlösbar mit der Aufgabe verbunden ist, das Heimatrecht für die Vertriebenen auf friedliche Weise wiederzuerlangen. In dieser Frage gibt es für die Gesamtheit der Vertriebenen nur eine gemeinsame Aufgabe und eine gemeinsame Haltung, die in einer gesamtdeutschen Verpflichtung begründet sind. Die Leitung des Arbeitskreises hat Botschafter a. D. Dr. v. Dirksen übernommen."

 

 

 Seite 2   Nordostdeutsche Akademie eröffnet

„Auf der Lüneburger Heide in dem wunderschönen Land ..." Hell und unbekümmert klingt es durch das Gewühl des Vormittags. Drei kleine Mädchen, Blockflöten in den Händen, die Mäntel lose über die Ranzen gehängt, gehen langsam, die Straße hinunter. Beglückend fügt sich das reine Bild in den festlichen Rahmen der alten Giebelhäuser. Als die eine den beiden andern ein paar Worte zuruft, höre ich, in leisem Anklang, den Tonfall der verlorenen Elternheimat im Osten. Flüchtlingskind ...

Unklare Vorstellungen von der „verträumten Heidestadt" werden schon in der ersten Viertelstunde korrigiert. Diese Stadt, hart am Eisernen Vorhang gelegen, kann sich den Fragen der Zeit nicht entziehen, sie wird zur ständigen Auseinandersetzung gezwungen, schon allein durch die Tatsache, dass der Zustrom von Vertriebenen die Einwohnerzahl fast verdoppelt hat. Das bedingt - wie sollte es anders sein? - Nöte, Enge und Reibungen. An den maßgeblichen Stellen jedoch hat man längst begriffen, dass alle, Einheimische wie Vertriebene, sich im gleichen gefährdeten Boot befinden und dass jedes Gegeneinander die Gefahr nur vergrößert. Daher die verständnisvolle Hilfe bei Errichtung der Akademie. Die Begrüßungsworte des Bürgermeisters an die vielen Gäste von nah und fern waren von echter Herzlichkeit getragen. Der Dank des Leiters der Akademie, Max Hildebert Boehm, früher Professor in Jena, dieser Dank war tiefer und ergriffener als das in solchen Fällen üblicherweise Gesagte. Dass diese Hilfe über die Stadt hinaus, weder beim Lande Niedersachsen noch beim Bunde auf die offiziellen Stellen beschränkt blieb, bewies die stattliche Liste westdeutscher Firmen, die durch Sachspenden den Bau mit ermöglicht haben.

So neu das Haus auch ist, es hat bereits Atmosphäre; alte Kultur mischt sich mit Tatendrang und zielbewusster Verantwortung. Wie das vermittelt wird, wer könnte es sagen? Sind es die Bilder von Danzig und Königsberg, die die Wände schmücken, die heimatlich vertrauten Namen „Artushof" und „Blutgericht", ist es die ehrfürchtig gezeigte Kostbarkeit, der Silberschatz der Schwarzhäupter in Riga? Ist es die Tatsache, dass hier bei knappen Mitteln, in nüchterner Beschränkung auf das wirklich Notwendige dennoch Schönes entstanden ist? Man muss schon genau hinsehen, um in ganz auf Konzentration gestellten schlichten Vortragsraum mit der warmen Balkendecke die eingebauten Wandschränke zu entdecken.

Sie werden sich wohlfühlen in der Aufgeschlossenheit und Gastlichkeit dieses Hauses die Teilnehmer aus der Bundesrepublik, den europäischen Ländern die Vertriebenen, die Einheimischen und die Ausländer, denen hier bei der Lösung ihrer eigenen Probleme geholfen wird oder die in die Fragen des Ostens, seine Geschichte und Kultur eingeführt werden sollen. Es weht ein frischer Wind in diesen Räumen, nichts ist bloße Rückwärtsschau, verbannt sind Sentimentalität und Ressentiment. Mit Ernst und Liebe aber wird jenes schwere Lebensproblem der Vertriebenen angepackt werden, das aus der Spannung zwischen älterer und jüngerer Generation zwischen Beharren und Eingliederungswillen entsteht. Schon die Begegnung von Alt und Jung in der Leitung der Akademie, in Prof. Boehm und Dr Gehrmann - man muss das Wort „alt" hier wirklich in Gänsefüßchen setzen - zeigt sinnbildlich die Möglichkeit, solche Spannungen zwischen den Generationen in fruchtbarer Zusammenarbeit aufzuheben. Der kleine Kreis der ständigen Mitarbeiter wird für die einzelnen Wochen-, Wochenend- und Vierzehntagekurse durch Gastdozenten der verschiedensten Gebiete ergänzt werden.

Selten ist mir Europa als Wesenheit, als Aufgabe und Verpflichtung so wirklich geworden wie in den Tagen von Lüneburg. Diese Aufgabe aber setzt intakte und gesunde Gruppen voraus. „Wie können wir an Europa arbeiten, wenn wir nicht selbst in Form sind?" fragt einer der Redner beim Festakt. der Eröffnung im Fürstensaal des Rathauses, dessen Tür den Doppeladler des alten Reiches trägt. Die Europäisierung eines großen Teiles des Abendlandes war ja die geschichtliche Aufgabe der Ostdeutschen, eine Aufgabe, die von allen deutschen Stämmen mitgetragen wurde.

„Heute", sagt mir eine Baltin, „sind wir wieder dahin zurückgekehrt, von wo wir vor 600, 700 Jahren ausgegangen sind." Wir stehen, im Gespräch mit einem Ungarndeutschen, vor den Bücherreihen der Bibliothek. Mein Blick fällt auf ein Buch über Burgund. Und ich denke daran, dass auch burgundische Ritter an den Kreuzfahrten des Deutschen Ordens teilgenommen haben. Vom weißen Staffelgiebel der Akademie hängt die Europa-Flagge. Am Abend aber sitzen im „Blutgericht", unter den Stadtansichten von Königsberg, die Teilnehmer des ersten Kursus, junge Studenten aus Skandinavien, England und der Türkei, aus Italien, Finnland, Belgien und Frankreich und diskutieren mit heißem Herzen bis in die Nacht hinein. Ein paar Kilometer entfernt von der Grenze. Lydia Ganzer

 

 

Seite 2   Herbst. Von Frida Strauß

Wieder ist der Herbst ins Land gezogen,

Wirft der Wind die Äpfel von den Bäumen.

Alle Blumen sind verblüht und welk geworden

Und man kann nur noch vom Sommer träumen.

Linde, heute trägst du deine Herzen,

Dunkelgrün noch, wie in tiefer Trauer,

Aber bald färbt golden sie der Nebel,

Und sie fallen ab im Morgenschauer.

Alle Felder stehen kahl und warten,

Dass der Pflug sie aufreißt neu zu Schollen,

Neuen Samen wieder zu empfangen,

Neues Leben und bereites Wollen.

 

 

Seite 3   Das schöne Insterburg. Von Dr. Richard Gutzeit

Zu unseren Aufnahmen: Oben links: Blick auf die Reformierte Kirche. - Rechts: Die Hindenburgstraße. - Unten links: Der berühmte Insterburger Turnierplatz. - Rechts: Angerrapptreppe. Aufn : Archiv

Heute wollen wir uns einmal in dem schönen Insterburg umsehen. Dort gab es nämlich auch Schmand mit Glumse. Und wer das im Insterburg nicht bekam, der ging zum Pregeltor hinaus über die Angerappbrücke an Sprind vorbei, weiter über die Insterbrücke nach dem knapp 2 km entfernten Georgenburg, wo er nicht nur viel sehen, sondern bei Friese Schmand mit Glumse essen konnte. In Georgenburg das große Gestüt, das noch die Herren Simpson eingerichtet und mit dem sie der Pferdezucht im Pregeltale neuen Auftrieb gegeben hatten. Einer ihrer Enkel hat es dann so schön in seinem Roman „Die Barrings" gefeiert. Welch alter Insterburger erinnert sich nicht noch an die schönen und sportlich so interessanten Reimen auf den Althöfer Wiesen, wo die kühnen Reiter - viele stellten die Insterburger Ulanen - nicht nur viele Gräben und Hürden nahmen, sondern im letzten großen Rennen auf ihren Pferden auch die Inster durchschwammen.

In den Paddocks konntest du auch, ohne in die Ställe zu gehen, die schönen Fohlen, die Zukunft der ostpreußischen Pferdezucht, bewundern. Wer wollte, ging dann noch über Klein-Georgenburg, Georgenburgkehlen nach Zwion und Nettienen zu den Zweiggestüten, und dann war er wirklich im Pregeltal. Dort fließen nämlich Inster und Pregel zusammen. Wer wollte, konnte auch noch die schöne Georgenburger Kirche mit ihrem gotischen Turm und das herrliche Georgenburger Schloss, die Residenz der Herrn von Simpson, wenigstens vom Schlosshof aus besichtigen und den idyllischen Familienfriedhof derer von Simpson, zu dem eine von Trauerweiden und -birken umrahmte Allee führte. Wer den Pregel entlang wanderte, konnte ihn bald auf einer Stegbrücke überschreiten und auf seinem linken Ufer zur Mühle Bubainen gelangen. Bis dorthin war der Pregel schon für kleinere Frachtschiffe schiffbar, die stromaufwärts meist mit Pferden getreidelt wurden. Von Bubainen war es nicht mehr weit zurück nach Insterburg in die Siehr- und Königsberger Straße. In letzterer lockte die Konditorei Hold zur Erholung von dem weiten Spaziergang, wenn du schon zu müde warst, noch bis zur Konditorei Rudeck in der Bahnhofstraße zu wandern, um dabei auf dem Alten Markt wieder einmal unsere schöne alte Lutherkirche zu bewundern, alle die schönen Schaufenster zu bestaunen oder dich noch etwas in den Lauben des „Rheinischen Hofes" auszuruhen und zu stärken.

In der Königsberger Straße waren übrigens auch noch andere schöne Läden. Unweit der Schlossteichbrücke standen das Amtsgericht und das Landratsamt. Auf der Brücke lohnte es, stehen zu bleiben und einen Blick auf das den Horizont abschließende Schützental zu werfen. Um den ganzen Teich führte eine schöne Promenade. Sie bot nicht nur im Sommer einen schönen Spaziergang, sondern auch im Winter, wenn der Gawehnsche Teich von Schlittschuhläufern belebt war. Und wie schön waren im Winter die Eiskonzerte! Von der Eisbahn kam man am Schützenhause vorbei auf den Neuen Markt mit seiner Markthalle. Und die „Flora" (Flügges Garten) auf der rechten Seite war auch nicht zu verachten. Im Sommer gastierte dort immer ein Sommertheater und bot reiche Kunstgenüsse. Für die Weiterwanderung gab es drei Wege: die Obermühlenstraße, die Garten- und die Reitbahnstraße. Letztere war so benannt nach der Ulanenreitbahn Ecke Bahnhof- und Goldaperstraße. Nach der Errichtung der neuen Ulanenkaserne und -Stallungen am Althofer Stadtausgang wurde sie abgebrochen und machte den Stadtwerken Platz, die die ganze Nordfront der Reitbahnstraße einnahmen und denen auch der schöne Garten des Hotel Kronprinz Raum geben musste. Zu Ehren des um den Ausbau der Stadtwerke verdienten Justizrat Forche wurde sie dann in Forchestraße umgetauft.

Man sagte früher oft: „Überall dringt Bildung durch, nur nicht nach Insterburg Wer die Reitbahnstraße vom Kleinen Markt her betrat, wurde bald eines Besseren belehrt. Ihre ganze Südseite war der Bildung gewidmet. An das Wohngebäude des Direktors schloss sich der schöne Ziegelbau des staatlichen Gymnasiums und Realgymnasiums mit seinem schönen Vorgarten. Ich selbst habe die Vorschule  von Nona bis Septima und dann das Gymnasium bis einschließlich der Oberprima besucht und dort Ostern 1890 mein Abitur bestanden, von Angehörigen und lieben Freunden mit vielen Alberten geschmückt. So weiß ich selbst, wie hoch beladen der Teller mit Bildung war, der den Schülern dort vorgesetzt wurde. Die schöne Aula mit Harmonium, Flügel und Wandgemälden von Heydeck, Neide und Schmidt sprachen jeden an wie ein prunkvolles Auditorium maximum einer Universität. Auch eine Rednerkanzel fehlte nicht. Die schönen Vorträge, die dort gehalten wurden und nicht nur im Rahmen-des Gymnasiums, die Aufführung von Sophokles Antigone, Schillers

Glocke in der Vertonung von Romberg und andere musikalische Darbietungen werden jedem unvergesslich bleiben und sind Zeugen des hohen Kunstgeistes, der dieses Gymnasium beherrschte. Sehr feierlich war immer die Verabschiedung der Abiturienten mit Ansprachen des Direktors, ihres Sprechers, Liedern und Gesängen des Schülerchors oder musikalischen Darbietungen.

In Dankbarkeit gedenke ich meiner damaligen Lehrer Krah, Brandstädter. Kehler, Eggert, Thews, Theod. Schmidt, Kreuzberger, Zühlke, Brettschneider, Ehrhardt, der Lateinlehrer Fritz und Franz Schmidt und der Mathematiker Becker, Kirchner und Kostka, des Zeichenlehrers Becker und der Gesanglehrer Julius Metz und Kamprath. Für die Pflege des Turnens setzten sich Ulmer und Urbahn ein und feierten mit ihren von zahlreichen Zuschauern besuchten Schauturnen stets große Triumphe. An das Grundstück des Gymnasiums schloss sich nach der Wilhelmstraße die Höhere Töchterschule, spätere Oberlyzeum an. Meine feierliche Konfirmation durch Superintendent Hundertmark fand 1887 in dem Altarraum der Lutherkirche statt. Aus dem Insterburger Kirchenkreis sind nicht nur viele gute Kanzelredner, sondern auch spätere Generalsuperintendenten (Pötz und Braun) hervorgegangen.

 

Eine besondere Anziehungskraft bildeten für alle Insterburger die Lenkeningker Schluchten, die durch die Kasernenstraße zu erreichen waren, die spätere Belowstraße. Sie führte zwischen den Gärten Eckert und dem Katholischen Pfarramt nach dem Wasserturm. Nach den Schluchten zu senkte sich der Weg und wurde schließlich ganz von Bäumen überdacht. Hier fanden wir immer die ersten Leberblümchen und Anemonen und genossen durch die Seitenschluchten den Anblick der vorbeiströmenden Angerapp. Ein köstlicher Genuss war es immer im Sommer, besonders nach schweren Nachtgewittern, die schmetternden Gesänge der erwachenden Sprosser in den Lenkeningker Schluchten zu hören. Das Gut Lenkeningken machte später dem großen Turnier- und Sportplatz Raum. Hier wurde besonders der Pferdesport und Reitsport gepflegt. Die jährlichen Sportfestspiele lockten Tausende von Zuschauern auch aus dem Auslande an und machten Insterburg zu einer Weltberühmtheit.

An dem linken Ufer der Angerapp entlang kam man hinter der Flussbadeanstalt zur Brücke der Tilsiter Eisenbahn. Unter ihren Brückenbogen hindurch gelangte man zu den Lenkeningker Wiesen und dem Mausoleum der einstigen Besitzer von Lenkeningken, einem schönen andachtserfüllten Bau. Eine Brücke über die Angerapp brachte uns dann weiter nach dem schönen Ausflugsort Luxenberg, wo wir oft schöne Sonntage und Schulfeste verlebt haben Nun konnte man weiter in dem schönen Angerapptale wandern, das durch die es umgebenden Höhen einem richtigen Urstromtale glich, oder über die Luxenburger Anhöhen zur Chaussee über Pieraqienen, Tammowischken, Stobingen, Dwarischken nach Karalene gelangen. Karalene, einst Lehrerseminar, schön an der Rominte gelegen, bot viele schöne Spaziergänge in seiner wildreichen Umgebung. Den Verkehr zwischen Insterburg und Karalene vermittelte zuletzt eine Omnibuslinie. Unweit Tammowischken liegt der Kamswykus, ein den Prussengöttern geweihter Berghain, den einst wohl auch ein Tempel krönte. Von der Karalener Chaussee konnte man auch in die staatlichen Forsten nach Eichwald abbiegen und auf einer Wanderung durch schöne Wälder wieder in das Instertal nach Pelleningken (Strigengrund) und Kraupischken (Breitenstein) gelangen. Auf der anderen Seite der Inster, ihrem rechten Ufer, lagen die Dörfer Gillischken, Szieleitschen und Neunischken, sowie Seßlacken. Die Tilsiter Eisenbahn überbrückte auch hier das Instertal. Dass viele Insterburger Schlittschuhläufer auch die Flussläufe zur Ausübung ihres Sportes benutzten, ist nicht verwunderlich Es gab kaum einen Winter, wo die Inster nicht zugefroren war. Besonders schön waren im Frühjahr oft die Eisgänge; ich besinne mich noch lebhaft auf den Eisgang der Angerapp im Frühjahr 1888, das dem damaligen sehr strengen Winter folgte. Das Flusswasser staute sieb durch die Eisschollen so stark, dass das ganze Angerapptal einem einzigen Eismeer glich.

Ein weiteres Ausfalltor in die Umgebung Insterburgs bildete der Tunnel unter der Eisenbahnstrecke nach Königsberg. Er führte von dei Gumbinner- und Augustastraße zum Mühlenteich mit seiner Badeanstalt. In der Augustastraße stand auch das von der Kaiserin gestiftete Augusta-Viktoria-Heim, in dem viele alte Insterburger einen beschaulichen Lebensabend zubrachten, Wie auch die Augustastraße einen Zuweg nach dem Insterburger Stadtwald mit dem schönen Drebolienen, seinem Gasthaus und Irrgarten, in denen wir oft lustige Stunden verlebt haben. Die Gumbinner Chaussee hatte bei Grünhof vorbei auf der linken Seite eine Abzweigung, die wieder zur Stadt zurück und zum Kasernenviertel führte. Dort lag auch das neu erbaute Kreiskrankenhaus, das lange Zeit von Dr. Wiedwald geleitet wurde. Noch hinter den Kasernen unweit der Tilsiter Bahnstrecke lag vor dem Angerappdorfe Kamswyken der neue städtische Friedhof als friedliche Ruhestätte.

Ich möchte noch bemerken, dass auch die anhaltischen Forste nahe an Insterburg heranreichten. Ihre Oberförsterei Waldhausen - zuletzt verwaltete sie mein Schulfreund Forstmeister Robitzsch - bildete die erste Haltestelle der Eisenbahnstrecke nach Königsberg. Sie hatte eine schöne Gaststätte, in der wir oft lustige und erholsame Stunden nach Wanderungen durch die schönen Forsten verlebt haben.

 

Die günstige Lage Insterburgs an der Hauptstrecke der Ostbahn lässt es nicht verwunderlich erscheinen, dass früher viele nach Petersburg durchreisende Künstler auch im Königlichen Hof oder Schützenhause Vorstellungen gaben. So erfreute uns der jüngere Johann Strauß (1825 - 1899) mit seinem eigenen Orchester durch wunderschöne eigene und Kompositionen seines Vaters.

 

1938 sah ich Insterburg zum letzten Male wieder und erfreute mich an dem weiteren Aufblühen der Stadt und der vielen mir bekannten Dörfer in seiner Umgebung, darunter auch meines Heimatdorfes Saalau. Vieles davon legt nun in Schutt und Asche. Aber die Heimat bleibt uns unvergessen.

 

 

Seite 3   Insterburger Heimattreffen

Der ist in tiefster Seele treu, der die Heimat liebt wie Du.

Unter dieses Wort stellt die Heimatgruppe Herne das Herbsttreffen der heimattreuen Insterburger des Ruhrgebiets am 5. Oktober 1952 in Bochum, Kaieraue. Die Bedeutung dieses Treffens wird durch die Anwesenheit des Ehrenvorsitzenden der Landsmannschaft Ostpreußen, Herrn Staatssekretär Dr. Schreiber - Bonn, betont. Der Sprecher der Insterburger und ihr Bürgermeister Dr. Wander, jetzt Oldenburg, wird ebenfalls an der Veranstaltung teilnehmen. Das Heimattreffen beginnt mit dem Festakt um 11 Uhr. Die Kaiersaue, Josefinenstr. 29, ist vom Hauptbahnhof Bochum mit den Straßenbahnen 9 und 19 zu erreichen. Rückfragen an Dr. Gaede, Herne, Bahnhofstraße 3

 

Seite 4   Dem Andenken eines ostpreußischen Bauern

Wenn ich an dich denke, Heinrich Gronau, auf deinem kleinen geliebten und gepflegten Besitz Friedrichswalde am Pregel – so ist mir stets, als sähe ich vor mir den Typ des ostpreußischen Landmenschen in seiner rastlosen Arbeitsamkeit, Genügsamkeit und Geradheit. Darum werdet auch ihr, liebe Leser und Landsleute, in diesem Bild unseres alten Nachbarn eure eigenen Freunde und vertrauten Menschen erkennen, die eure Wege in der Heimat begleitet haben.

In unserem Hause hieß er Onkel Heinrich, wie in seinem eigenen, in welches er als Wirtschafter für die Witwe und die Kinder seines verstorbenen Vetters Gronau gekommen war. Damals war mein Mann noch ein kleiner Junge, der bald sein väterliches Interesse und Wohlwollen gewann. Er hat sich aber nie - und auch dieses gehört zum Bilde - davon abbringen lassen, meinen Mann von dessen Einsegnung an nur mit „Herr" und Nachnamen anzureden, auch wenn er seine Meinung unverhohlen. weiter sagte. Man sieht - das geht!

Ich sehe die hohe, hagere Gestalt alleine oder in größerem Kreise wie bei den Deichverbandssitzungen, bei denen nur Nachbarn vertreten waren, an unserem Esstisch sitzen; und fühle die nachdenklichen und durchdringenden blauen Augen auf mir ruhen.

Er war nie gehetzt, sondern immer gesammelt, nie aufgeregt, aber immer entschlossen. Diese Entschlossenheit war bitter nötig für Friedrichswalde. Der stille, kränkelnde Vetter war etwas zu besinnlich für den kleinen Besitz gewesen, der sich im Überschwemmungsgebiet des Pregels schwer gegen die Launen der Witterung zu wehren hatte. Es stand nicht gut damit, als Heinrich Gronau ihn in die Hand bekam.

Friedrichswalde ist kein geschlossenes Dorf an einer festen Dorfstraße, sondern so nennen sich die vier zerstreut zwischen Feldern und Wiesen des Pregeltales im Landkreis Königsberg liegende Höfe, die vier verschiedenen Besitzern gehören. Es sind je 200 und weniger Morgen hügligen und teilweise sumpfigen Landes, auf dem sie ein „saures Brot" hatten - bildlich und buchstäblich, denn auf den Pregelwiesen, wo sie ihr Winterfutter warben, und auf den Weiden, wo die Fohlen ihrer zwei bis drei eingetragenen Stuten und ihre kleine Herdbuchherde weideten, wuchs das saure Gras der Staugebiete des Pregels, und Kiebitze kreischten fröhlich darüber hin.

 

Der Landweg, der diese Besitze verband, war zwar auf den Höhen sandig, aber in den Senkungen den größten Teil des Jahres unpassierbar.

Im Winter fror alles zu. Das Eis platzte, fror wieder -, die Eisschollen schoben sich übereinander, so dass auch die Schlitten nicht mehr durchkommen konnten, und die Höfe lagen fast von jedem menschlichen Verkehr abgeschnitten. Wie erschwerend war das für die Milchablieferung und die Holzabfuhr, ja das ganze Wirtschaften überhaupt!

 

Der verstorbene Friedrichswalder hatte vor diesen Unbilden der Landschaft kapituliert und alles „genommen, wie es war". Die Gebäude, das Vieh, die Ackerstruktur, alles war „nicht doll“, wie die Nachbarn sagten.

Heinrich Gronau fing systematisch an zu bessern. Er bewirtschaftete den Streifen Erlenbruch, der gleich hinter dem Hause anfing, forstlich, schonte auf und schlug nach Vorschrift. Er schaffte eine kleine Ackerfräse an, die kleinste für große Gärten gedachte Form des Treckers, mit der er die Hügel herauf und hinunterraste und viel Anspann sparte. Er kaufte ein winziges Lieferauto, mit dem er den stets passierbaren Umweg über unseren Hof fahren konnte. Seine Rüben waren jährlich als erste verhackt und verzogen, seine Kartoffeln sauber, seine Zäune repariert, seine Wegstrecken gebessert bis zu den Nachbargrenzen.

Von seiner stillen Frau merkte man nicht viel. Es war die Witwe seines verstorbenen Vetters, für die er gewirtschaftet und die er alsbald geheiratet hatte. Einmal sogar war sie hinten aus seinem Lieferauto herausgerutscht, ohne etwas zu sagen oder zu rufen. Er erzählte im Kriegerverein, wo er gerne bei Bier und Schnäpschen mit den Kameraden saß, dass er erst zu Hause gemerkt hatte: „Erbarmung, ich habe ja die Mutter verloren!" Diese Episode hat uns unser mit Humor begabter Dorfschullehrer, mit dem er befreundet war, in leuchtenden Farben geschildert.

In kurzem war Friedrichswalde in Ordnung. Es war für seinen ältesten Neffen und Pflegesohn Albert vorgesehen, der mit dem Stiefvater wirtschaftete. Seinen Schwung hatte er nicht, aber er war konsequent und zuverlässig, und ist uns ein guter Nachbar geworden. Nie hörten wir von Schwierigkeiten zwischen den beiden. Er heiratete eine Besitzertochter nach der Wahl des Stiefvaters, sie wirtschaftete, je mehr die Mutter an Altersschwäche litt und sich zurückzog, immer selbständiger, stets freundlich und frisch.

Bald war Heinrich Gronau im Besitz eines zweiten Hofes, den er im Nachbardorf Stangau gekauft hatte. Dieser lag auf der Höhe oberhalb Friedrichswalde und war für seinen zweiten Pflegesohn Otto bestimmt. Auch hier wurde Viehbestand und Gebäude gebessert - das helle neue Holz der Scheune leuchtete lange ins Land hinein - und schließlich war der junge Mann mit einer tüchtigen Frau verheiratet, die schon lange aus der Nachbarschaft bekannt war.

Der jüngste Sohn, ein frischer, fröhlicher Junge, war bei den Soldaten, also noch nicht zu versorgen.

Aber Heinrich Gronau durfte noch nicht ruhen, da war ja die Tochter! Sie musste ausgesteuert und verheiratet werden. Durch mehrere Bekannte fand der Stiefvater endlich das, was ihm für das wunderhübsche rothaarige Mädchen mit den hellen Augen genügte - einen jungen Besitzer aus der Niederung.

Zur Hochzeit waren wir als Nachbarn mit all unseren gerade anwesenden Gästen eingeladen. Das kleine, einfache, weiße Haus am Bruch fasste kaum die Unzahl der Gäste. Für die von weiter hergereisten Verwandten war oben „auf der Lucht" der Raum durch Vorhänge in zwei Hälften geteilt, auf der einen Seite schliefen die Männer, auf der anderen die Frauen und Mädchen auf Strohschütten und Federbetten .. Es gab unendlich viel zu essen. Die jungen Mädchen sowohl wie die Braut zogen sich drei- bis viermal in der Nacht um, in immer fröhlichere Farben, und wir alle, Alte, Junge und „Mittlige", tanzten fleißig in allen Stuben. Wohin die Möbel geräumt waren, ist mir nicht mehr erinnerlich! Anna Gronau sah sehr hübsch aus in Kranz und Schleier, sie und ihr Mann waren zufrieden und still gefasst. Ich staunte ob der Selbstverständlichkeit, mit der diese auf gegenseitiger Achtung und gemeinsamen Interessen beruhende Ehe geschlossen wurde - ohne Anspruch auf jubelnde Verliebtheit! Ich habe später nie etwas anderes gehört als „Anna gehe es gut".

Als wir gegen Morgen nach Hause gingen und in dem kleinen ehelichen Schlafgemach unsere dort abgelegten Mäntel holten, sahen wir, „dass „die Mutter" schon friedlich im Bett lag und schlief! Stillschweigend war sie „liegen gegangen", als ihr der Trubel zu viel wurde, und nichts störte sie als der Schwarm der Nachbarn sich durch die Stube ungeniert schwatzend in den frischen, dämmerigen Morgen wälzte.

Diese Hochzeit schien die Krönung von Heinrich Gronau's Leben zu sein. Seine Frau starb noch im Jahr der Hochzeit - ganz still zog sie sich zurück, so wie sie fast lautlos in seinem Schatten gelebt hatte.

Wieder versammelten wir uns in dem weißen Hause am Pegel, und saßen mit der Familie in der Stube mit den hellen Fenstern, durch welche man das Vieh grasen sah und die alten Kastanien sich im Winde wiegen, und zu denen die gelben Rudbeckiabüsche und der rotweiße Phlox der ostpreußischen Bauerngärten leuchtend hineinnickten. Wie bei der Hochzeit wurde ein reichliches Maß aufgetragen, und später noch Kaffee und Kuchen und viele schöne kalte Klopse, gebratenen Fisch und Blutwurst mit Majoran drin, dem typisch ostpreußischen Gewürz. Denn das ist Sitte, dass auch nach Beerdigungen alle Gäste reichlich bewirtet werden und zufrieden nach Hause gehen.

Vater Gronau saß auf dem Sofa, ich neben ihm als er sagte, dass nun die Reihe auch bald an ihn käme. Sein Leben habe er gelebt, die Kinder versorgt, die Höfe gut in Schuss - nun könne er ruhen. „Ich bin immer meinen geraden Weg gegangen", sagte er, „und der liebe Gott hat es gesegnet. Sogar meinem Kaiser bin ich treu geblieben, und habe den ganzen neuen Parteikram nie mitgemacht. Da können sie mich sehen " und er wies auf eine verblasste Soldatenphotographie mit der Unterschrift „Zum Andenken an meine Dienstzeit!“ über dem Sofa. „Nun ist es auch Zeit, dass ich gehe“.

Kurz darauf befiel ihn ein inneres Leiden, das ihn langsam aufzehrte.

Und dann haben wir alle im Herbst auf dem alten Arnauer Friedhof oben auf der Höhe über dem Pregeltal gestanden, und sind alle nacheinander an Dein offenes Grab getreten, lieber, alter Onkel Heinrich, Dir jeder drei Hände voll Erde nachzuwerfen, wie es in der Heimat Sitte ist. Der Regen strömte, dichter Nebel verhüllte das Tal, lautlos und grau schlich unten der Fluss auf Königsberg und das Haff zu. Hinter uns stiegen die Feldsteinmauern unserer alten Ordenskirche wie ein gewaltiger Schutzwall zum Himmel auf.

Du darfst in der Heimaterde ruhen, Heinrich Gronau, Du musst nicht ruhelos wie wir in der Welt umherirren und fragen: „Wo gehöre ich nun hin?" Du weißt nicht, dass Dein Lebenswerk zerschlagen, Deine Pflegesöhne erschossen, Deine Schwiegertöchter und ihre Kinder verschleppt sind dass wir sie nicht finden, so sehr wir auch nach ihnen suchen.

Aber Dein Werk war doch nicht umsonst. Es war ein Stück Kulturarbeit im ostdeutschen Grenzland, und alles, was wir tun, wirkt irgendwie im Weltall weiter. Möge Dir und allen anderen Schläfern in der Heimat die Erde leicht sein . . .

Was der Pfarrer damals an Deinem Sarge sprach, weiß ich nicht mehr. Aber in meinem Herzen klingt, wie für Dich gesprochen, das Gotteswort aus dem Gleichnis: Ei du frommer und getreuer Knecht, du bist über weniges getreu gewesen, ich will dich über viel setzen -- gehe ein zu deines Herren Freude!" Carla v. Bassewitz

 

 

 

Seite 4   Heiteres aus Plenzats „Ostpreußenspiegel“ Ut Derp on Stadt

He ös ut Alleborg, wo de Kinder möt schwienschem Woater gedeept ware. (Allenburg liggt da, wo de Swine öne All rönflete deit.)

Hei hefft ön e Dommelkeimsch Körch lödde geheert. (Gut Dommelkeim, Kreis Fischhausen, hett keine Körch.)

De Ermländer titt ene Dag ver Johann dem Pölz ut, on dem Dag no Johann titt he em wedder an.

He ös da to Huus, wo se de „große Kailche mache vom Scheffel ains bis zwai". (Ut dem Ermland.)

Hei ös e Bocksteter.

(E Frauenburger. - On ole Tide weer ön Frueborg öm Roathuus unde e Kalnus (Gefängnis), wo Mönsche, dä nich goot dede öngespaart wurde on wo mengsmoal ok allerlei gepantet Goot opbewoart wurd. - Eenmoal had sök e Tolkemiter Bock op Fruenborger Land varörrt. Doa neme em die Fruenborger gefange, stode em ön är Pandstall rön on stöckelde de Gadderdäär mötte Komststrink (Kohlstrunk) to. Oaver de Bock freet dem Komststrink op on leep tohuus. - Von nu an säde de Tolkemiter op Frueborg „Bockstall" on oppe Fruenborger ,,Bocksteter" oder „Bockstäker". „He ös önne Bokstall geroade" heet: he ös noa Frueborg gekoame.)

He ös e Ungedeepter (e Ungedoffter).

(D. h. he stammt ut Karczupchen, Kr. Gumbinnen. - Et warrt verteilt, dat Lied ut Karczupke önne Körch fore, om es Kindke depe to loate. Underwegs keerde se ön e Kroog ön, huckde sik feset, donde nich meer anne Körch on brochde dat Kind ungedeept to Huus.)

De Komener segge: „Drink ut on komm; nömm de Hanschkes ävre Schuller! „On denn supe se doch noch de ganze Nacht dorch.  (Kumehnen, Körchderp öm Kries Fischhausen.)

De Kuhrer töme de Peerd' af on gane op Pereeskes (Bastschuh, Sandale aus Lindenbast). (Gr. Kuhren öm Soamland.)

Hei ös ut Modge, wo de Lied Mott undere Nääis' hebbe. (Modgen, Derp öm Kries Pr. Eylau.)

De Meelhuser schuve är Roathuus öm Winter op Arfte on öm Soamer oppem Pölz rommer. (Mülhausen, Stadt öm Preißsche Oberland.)

He ös ut Ostißken, wo se de lange Kobbel hebbe. (Ostißken, Derp öm Kries Tilsit. – Et warrt verteilt, dat de Bure ön Ostißke freher tosamm ene Kobbel (Stute) gehole hebbe. Wiel nu dat ganze Derp op de ene Kobbel" gerade hätt, kreeeg dem Noame „de lange Kobbel".)

He ös ut Perwusche, wo de Hund op Schlorre (??? Wüsche) goane. (Perwuschen, Derp zwöschen Pr. Eylau on Bartenstein.)

Wenn de Polomper bottere, denn daagt et ön Pogege. (Polempen on Pogegen, Derper öm Kr. Tilsit.) So wat leevt nich, segge de Posmaler, on ride oppe doodge Su. (Posmalen, Derp bi Kreuzburg.) Zoagel belle. He ös ut Purmelle, wo de Hund möttem (Purmellen, Derp önne Gegend von Memel. - Dat Glieke warrt von Kraxtepelle on von andere Derper geseggt.)

De Schakener tene sök Pareeskes an, goane önne Körch on singe: „Ein Wohlgefallen Gott an uns hat." (Schaken, Körchderp öm Kries Königsberg.)

Hei ös wie de Bure ut Schönfeld. (Schönfeld öm Oberland. - Sön de Schine voll, denn huckt jeder Buer op twe Steel; sön se half leer, denn huckt jeder op enem Stool; sön se ganz leer, denn hucke twe Bure op enem Stool.)

De Serapsche Bure joage de Peerd' öm Januar op e witte Klever. (Serappen, Derp öm Kries Fischhausen. - De witte Klever ös de Schnee. - Gemeent ös: se wörtschafte schlecht.)

He ös ut Szäke, wo de Hering anne Kedd liggt. (Szaken, Derp bi Tilsit. - Et warrt vertellt, dat fär alle Szäker een Hering angeschafft weer, wo bim Schulz anne Kedd hung. Möddags keme alle Wiver utem Därp möt äre Tepp, om an dem Hering äre Kartoffelspies aftomoake.)

De Terenbarger stoane hinde toeerscht op. (Thierenberg, Körchderp öm Kries Fischhausen. - De Deere (Rinder) häve bi'm Opstoane toeerscht dat Hinderdeel hoch.) He ös ut Tolkemitt, wo de Oal anne Kedd liggt. (Tolkemitt, Stadt am Frösche Haff.) Ön Tolkemitt liggt e groter Steen, on wenn de Hoan kreegt. weert he sök. (Näämlich de Hoan.)

He ös ut Wisspwatte, wo se de Peerd'opfräte. (Wissowatten, Derp öm Kries Lötzen. - Vorr lange Tide sull bi Wissowatte e groter Woold gewäse sön. Eenmoal had de Förschter de Bure öngeloade, se sulle koame, bi em Elohbroade äte. Aller kene, ete on säde, dat et enne goot geschmeeckt had. - Wie se satt were, sääd de Förschter: „Weet Ju, wat Ju gegäte hebbe? Foalkefleesch!" - Von disse Tiet an warre de Wissowater utgelacht. On wenn ener se argere wöll, denn röppt er: „Hietsch! Hietsch!")

Ön Zimmau oppe Zählau, wo se Ape gripe. (Zimmau, Derp öm Kries Wehlau.)

He ös utem Bremsewinkel. (Ut de Gegend von Zinten.)

 

 

 

Seite 4   Ausgestrecke Hände

Das Sinnbild einer Geburtstagsfeier

Es war am 20. September 1952 in Hannover. Wir treten in den gemütlichen, niedrigen Raum der Gaststätte im Zoo zwischen herbstlich bunten Bäumen, und stehen mitten in einem Kreis froh bewegter Menschen. Es sind verschiedene Lebensalter und verschiedene Gesichter - teils geprägt durch verantwortungsvolle Arbeit, durch erlittenes Grauen - aber auch durch jugendliche Zukunftshoffnung. - Ebenso verschieden ist ihr Äußeres, vom Trachtenrock bis zum Nachmittagskleid. Warum fühlen wir uns aber sofort zu allen gehörig, die wir uns jahrelang nicht mehr, und teilweise überhaupt noch nicht sahen? Dazu muss nun gesagt werden, dass hier der heimatliche Freundeskreis der Referentin für Frauenarbeit an der Landwirtschaftskammer Ostpreußen, Irene Freiin von Gayl, deren 70. Geburtstag beging.

Alle diese Menschen hatten in der Heimat bei ihr gelernt, mit ihr zusammengearbeitet,, oder ihr in ihrer Tätigkeit für die Ausbildung der ländlichen Jugend und die Fortbildung der Landfrauen in ihrem Gebiet nahe gestanden - die landwirtschaftlichen Lehrerinnen, die Vorsitzenden der ländlichen Hausfrauenvereine, die Lehrfrauen, die Guts- und Besitzerfrauen der fortschrittlichen, durch Kurse und Vorträge der landwirtschaftlichen Institute geförderten Betriebe. Die Arbeit für Grund und Boden in der Heimat hatte sie alle geeint - und einte sie noch heute, nach Flucht und Zerstreuung - das bewies die strahlende Herzlichkeit in aller Augen - das bewiesen die ausgestreckten Hände, mit denen sie einander und der Jubilarin entgegenkamen. Es erscheint nun einerlei, wieviel Morgen man besessen - ob man eigene oder andere ostpreußische Kinder in der Liebe zur Scholle und einer nutzbringenden Bewirtschaftung unterwiesen hatte. Dies großzügige und weite Land Ostpreußen zeichnet alle, die dort gelebt haben, und keiner, der es je sah, ist seinem Zauber entgangen, oder kann es je vergessen . . .

Die aus verschiedenen Teilen der Westzone gekommen waren - teilweise ohne selbständige oder in einer ihnen wesensfremden Arbeit stehend - teilweise ohne ein wirklich behagliches Heim, fühlten sich für einige Stunden „zuhause". Aber auch die Jüngeren, die schon im neuen Leben Fuß gefasst hatten, empfanden die „Heimatluft", die hier wehte!

Über das leuchtende Herbstblumenmeer auf dem Tisch der Jubilarin hinweg sprach zu uns wie so oft in Königsberg im Ottilie-Hoffmann-Saal oder im Raiffeisenhaus, die Vorsitzende des Provinzialverbandes landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine Frau Siebert, Corben. Und wieder erklang die kleine Glocke, die ihr von den Vereinen zum 60. Geburtstag geschenkt worden war und die sie gerettet hatte - die silberne Stimme der Treue zueinander und zur Heimat!

Das Leben des Geburtstagskindes ging in Versen von Agnes Miegel an unserem Ohr vorüber, die nie fehlte, wo von Frauenarbeit an der Heimat die Rede war. Unser aller Leben wurde uns auf einem Teppich gezeigt, den eine ostpreußische Weberin hier als Meisterprüfungsstück gearbeitet hatte. In weichen dunklen Farben war alles darin dargestellt: Ackerbau, Heim, Flucht, Tod und Wiederaufbau im neuen Land - Schicksale einer Familie - der der Weberin - die gleichsam für alle gelten können.

Und wie denn alles nach heimatlichem Vorbild gut und gründlich vorbereitet war, kam vieles, und kamen viele zu Wort. Der persönlichste Teil des Nachmittags war vielleicht, als Freiin von Gayl uns die Namen all derjenigen Ostpreußinnen vorlas, die ihr geschrieben hatten, und nicht dabei sein konnten - wenn sie einige Stellen aus den Briefen zitierte. Da waren wieder ausgestreckte Hände, welche die unseren aus der Ferne suchen - - sogar aus der Ostzone, aus der nichts herüber reicht in unseren Teil von Deutschland - als die Stimme der Treue! Nie darf sie verstummen. Immer müssen unsere Hände ausgestreckt bleiben, um alle zu fassen, die mit uns den Gedanken an die Heimat festhalten. Denn Gedanken haben ungeheure Kräfte, deren Wirkung nicht abzusehen ist.

Wer aber in diesem neuen fremden Leben den Humor verlieren musste, der nach Friedrich dem Großen keine Gabe des Geistes, sondern des Herzens ist – der nehme sich ein Beispiel an einer berühmten vierfache Oma – unserer Heimatdichterin Frau von Olfers-Batocki. Diese fand in der Zeitung ein Foto von Freiin von Gayl, welches zwar zu diesem Tage gedacht, aber leider schon 20 Jahre alt war – und schrieb ihr postwendend:

„Heut hob ich Dich im Druck gesehn ---

Wie wirkst Du jung, wie wirkst Du schön!!

Bei mir ists unerlässlich:

Ich wirke alt und hässlich!

Doch ist es gleich – wenn wir nur wirken

In unsern Tätigkeitsbezirken!“

Das Geburtstagskind setzte die folgenden Worte hinzu, mit welchem auch die Chronistin an die Leser schließen möchte: „Diesen Glückwunsch glaubte ich Ihnen nicht vorenthalten zu dürfen!“

C. B.

 

Seite 4   Ordensritterarchiv auf Mikrofilm

Auf 16 Kilometer Mikrofilm wurde jetzt das Deutsche Ordensritterarchiv, das gegen Ende des Krieges von Königsberg Pr. in die Kaiserpfalz nach Goslar verlagert worden war, aufgenommen. Das umfangreiche Archiv enthält wertvolle Dokumente, Urkunden und Verträge aus der Kolonisationszeit des Deutschen Ritterordens im Osten. Die Aufnahme war die größte Mikrofilmarbeit die bisher in Deutschland ausgeführt wurde.

Das Archiv wird demnächst nach Göttingen übergeführt werden, wie wir bereits berichteten und wird in einem Gebäude des ehemaligen Flughafens untergebracht werden. Für die Verlagerung werden 25 Möbelwagen benötigt. Die Verpackungsarbeiten sollen bis nun Frühjahr dauern.

 

 

Seite 4   Sammlung ostdeutschen Schrifttums

Der Verband der heimatvertriebenen Kulturschaffenden, „Die Künstlergilde“, hat die Vorarbeiten für die Herausgabe einer Bibliographie ostdeutschen Schrifttums abgeschlossen. Die Bibliographie erfasst schöngeistige Literatur, Kunst-, Musik-, Jugend- und dokumentarisches Schrifttum über den deutschen Osten oder von ostdeutschen Autoren. „Die Künstlergilde“ ruft alle ostdeutschen Auroren auf, ihre Veröffentlichungen seit 1945 der Geschäftsstelle in Esslingen a. N., Augustinerstraße 22, mitzuteilen.

 

 

Seite 5   Wi lere Plattdietsch. Von Dr. Karl Bink.

VI. Fortsetzung

De Endunge sönd desölvge (dieselben) wi bi dem schwache Doonwoard bät (ät = is) op (auf)

Dat Möddelwoart (ödd = itt) oder de Egenschaftsfoarm far de Vergangenheit.

 

Gegenwart

Vergangenheit

Möddelwoart (Verg.)

ök sing

sung

gesunge

du singst

sungst

 

he, se et singt

Sung

 

wi, ju, se singe

sunge

 

 

 

Endung e (stark)

 

Gegenwart

Vergangenheit

Möddelwoart (Verg.)

ök              -

-

e

Du            st

st

 

he              t

-

 

wi, ju, se    e

e

 

 

De der (e = ei) Foarme, de von enem Doonwoart gebrukt (uk = auch) ware, sönd also: sing, sung (möt k to spräke), gesunge (Gegenwart von „ök“, Vergangenheit von „ök“, Möddelwoart oder Egenschaftsfoarm von e Vergangenheit (letiensch Partizip). Et gövt also hier bloß twe (zwei) Vokale als Avlaut: i on u. Dat Möddelwoart oder de Egenschaftsfoarm von e Gegenwart ward als Foarm vom Doonwoart nich gebrukt. Als Egenschaftswoart kömmt et oaver noach ver. Man kann von „singende Lied“, „glegende Koale (oa = oh)“ spräke, on solke (k = ch) Foarme wie: de Stark (Stärke) ös droagend“ oder „de droagend Stark“ sönd notwendig, also Regel. Wenn man diß (ß stömmhait) Foarm ansette wöll, mott (muss) man als Endung wie öm Hochdietsche – end angäve. Dat Vergangenheitsmöddelwort hevt bi schwache Doonweerd ömmer t, bi starke e als Endung; dato geheert oaver ok ömmer de Versölv (Vorsilbe) ge-. Da ver dem t keinmoal een e steit, kann hinder d on t woall dat t als Endung angesett ware; oaver et ös nich uttospräke: gebildt, gehatt, gesett. Ganz schlömm steit et möt de Wünschfoarme. Se gövt et egentlich gar nich meer, oder se sönd bät op „he“ ön e Gegenwart möt de andere Foarme tohoopgefalle (zusammengefallen). Deshalb sönd Foarme möt „mäge“ (mögen) nedig. Doach sönd solke Foarme wie: he läv lang (hier kein k spräke!), „he läv hoch!“, he gäv Göld (ä = e) mäglich (ä = ö). „He hebb“, „he si“ sönd ok noach röchtige Wunschfoarme (letiensch: Konjunktiv). Bi „ware“ (werden) geit et oaver nich meer.

Wi stelle noach emoal de Wunschfoarme von singe no de veer (ee = ie)  Tide tohoop (zusammen):

 

Gegenwart

Vergangenheit

„ware“ (werden) kenne geleert

sung (kein k!)

ok sing, micht singe

sungst

du singst, michst singe

sung

he, se et sing, micht singe

sunge

wi, ju, se singe, michte singe

 

 

Vergegenwart

Ververgangenheit

hebb gesunge, micht gesunge hebbe

hadd gesunge

hest gesunge, michst gesunge hebbe

haddst gesunge

hebb gesunge, micht gesunge hebbe

hadd gesunge

hebbe gesunge, michte gesunge hebbe

hadde gesunge

 

De Wunschfoarme (Konjunktiv) ön e Vergangenheit sönd egentlich nich meer mäglich (ä = ö). Wenn man se bilde völl, falle se möt de Beröchtfoarme (Indikativ) tohoop (zusammen), wenigstens no de Bookstoave (Buchstaben). Doach weer et mäglich, bim Utspräke ene Underscheed (ee = ie) to moake. Man spräckt „he sung“ on „ök sung“ möt k. Bi de Wunschfoarm kunn man beide Forame week, also stömmhaft utklinge loate; denn hevt man dem Underscheed. Ob man dat ok bi „du sungsd“ moake kann, mott jedem äberloate (überlassen) ware. Et ös doach ömmer so gewese, wenn enem de Vergangenheit onbequem ös, denn sett he Vergegenwart (Perfekt) ön. De Foarme möt „mäge“ (mögen) sönd bloß ön Gegenwart (Präsens) on Vergangenheit (Imperfekt) mäglich on sotosegge de Regel.

Näme (ä = eh) wi noach de Befäälfoarm (Imperativ) dato, denn hebb wi far Gegenwart on Vergangenheit an Endunge alles tohoop (zusammen) wat nedig ös. De Befääl far „du“ hevt keine Endung, de far „ihr“ de Endung t bi alle Doonweerd. Als Endungen koame äverhaupt veer.

 

Vergangenheit

 

Gegenwart

 

Beröcht (Ind.)

Wunsch (Konj.)

Wunsch

 Beröcht

Befääl (Imp.)

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Dingfoarm (Infinitiv)

 

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Eigenschaftsfoarm: stark

schwach

 

 

 

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t

 

(end)

 

on Versölv: ge

 

 

 

 

 

Wie öm Hochdietsche geheert de Egenschaftsfoarm (Partizip) von e Vergangenheit to de Leidefoarm (Passiv), de von de Gegenwart, wenn se gebruukt ward, to de Doonfoarm (Aktiv). Alle tosammegesette Foarme von Vergegenwart (Perfekt) an ware wie öm Hochdietsche gebildt. Wi hebebe et je all gemoakt on dabi „hebbe“ (haben), „sön“ (sein) on

 

 

Seite 5   Am Grabe Ernst Wiecherts

Am 24. August, dem 2. Todestag, besuchten ostdeutsche Landsleute aus dem Landkreis Lörrach die stille Begräbnisstätte unseres ostpreußischen Dichters Ernst Wiechert. Man darf  ruhig sagen, dass der Verstorbene ein schönes Plätzchen auf dem sauber gepflegten Friedhof in Stäfa gefunden hat. Inmitten Trauerweiden Birken und Blumen, unauffällig wie der große Sucher lebte, wurde seine Urne am Fuße einer kleinen Treppe versenkt. Vor einiger Zeit stand sie noch im Garten an seinem Haus in Uerikon wie der Verstorbene es sich wünschte. Da die Besuche der Freunde und Verehrer immer zahlreicher wurden, musste die Urne an einem besser zugänglichen Ort beigesetzt werden. Während einer kleinen Feierstunde legte Herr Friedel Götze, Kreisvorstand der Landsmannschaft Lörrach, einen Kranz zum Gedenken nieder. In seiner schlichten Ansprache erinnerte er uns an diesen Menschen, der unser Wesen wahrhaft verkörperte und ihm in seinen Werken Form und Ausdruck gab.

An einem Abhang zwischen Fichten, Birken und Weiden mit weitem Blick über die Rebhänge und den dunklen See steht das Haus des Dichters. Vieles hatte er sich nach heimatlicher Art einrichten lassen. Dort schrieb er sein reifstes und größtes Werk: „Una Messa nomine“. Ernst Wiechert litt unter dem großen Heimweh, das auch wir kennen und wie auch ein Wort von Agnes Miegel uns sagt: „Von der Heimat zu gehen ist die schwerste Last, die Götter und Menschen beugt!“

 

 

Wir gratulieren

Am 11. Oktober 1952 feiert in Bovenden Kreis Göttingen, Lehrer Rudolf Kappas, seinen 60. Geburtstag. Beide Weltkriege hat er von den Anfängen bis zum bitteren Ende mitgemacht und geriet noch in den letzten Tagen bei der Verteidigung Königsbergs in russische Kriegsgefangenschaft. Wir gratulieren und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft.

 

Am 09.10.1952 begeht Frau Berta Rewitz, Witwe des Fleischermeisters Johannes Rewitz aus Elbing, jetzt wohnhaft in Lübeck, ihren 70. Geburtstag.  

 

Herr Hans Duwe und seine Ehefrau Erna geb. Keller, aus Königsberg, begehen am 7. Oktober 1952 das Fest der silbernen Hochzeit in Harste bei Göttingen. Wir gratulieren und wünschen dem Silberpaar für die Zukunft alles Gute.

 

Herr Otto Keller begeht am 2. Oktober 1952 mit seiner Ehefrau Bertha geb. Neumann das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Das Ehepaar Keller ist 1948 aus Königsberg ausgewiesen worden und lebt ebenfalls in Harste. Wir wünschen dem Jubelpaar für den ferneren Lebensweg alles Gute und ein gesegnetes Alter.

 

Ihren 75. Geburtstag feierte am 26. September 1952 Frau Anna Gutzeit, geborene Brachaus aus Königsberg/Pr. Sie wohnt jetzt mit ihrem Gatten dem Postbetriebsassistenten Albert Gutzeit in Seesen a/Harz, Doktorstraße 7. Herzlichen Glückwunsch!

 

 

„Anleitung zum Ausfüllen der Anträge für die Kriegsschäden-Feststellung" - 24 Seiten. Preis DM 1,--. Wegweiser für Heimatvertriebene, Verlag GmbH., Frankfurt/Main.

Die Fragebogen zur Feststellung werfeniIn jedem einzelnen Falle viele Fragen auf, die oft nur sehr schwer auf Grund des Gesetzestextes und des amtlichen Merkblattes Beantwortung finden können. Der Lastenausgleichsausschuss des Bundes der vertriebenen Deutschen legt nun ein Heft vor, in dem für jeden einzelnen Fragebogen und zu jeder einzelnen Frage allgemeinverständliche Erläuterungen gegeben werden. Die Broschüre ist für jeden wichtig der Schäden anzumelden hat. Für jeden Funktionär der Vertriebenenverbände, der andere bei der Ausfüllung der Fragebogen beraten soll, ist sie unentbehrlich.  

 

 

Seite 5   Aus den Landsmannschaften.

Bei den Ost- und Westpreußen in Kempten (Allgäu)

Die Landsmannschaft der Oft- und Westpreußen veranstaltete am Sonntag, dem 14. September 1952, in dem festlich geschmückten Saale des Christl. Hospiz in Kempten einen bunten Nachmittag. Die überaus zahlreich erschienenen Landsleute aus Stadt und Land erfreuten sich an einem ausgezeichneten Programm. Der 1. Vorsitzende Arno Liptau begrüßte zunächst die Landsleute sowie die aus Füssen und Markt Oberdorf erschienenen Vertreter der dortigen Ortsgruppen und der anderen Landsmannschaften aus Kempten.

Nach dem gemeinsamen Lied „Land der dunklen Wälder" sprach Frau Ch. Siebert „Heimatgedenken" und Werner Bunz sang sich mit Liedern von Schubert, begleitet von Herrn Schwiedel, in die Herzen der Zuhörer.

Der heitere Teil des Nachmittags wurde fast ausschließlich von der sehr rührigen Jugendgruppe der Landsmannschaft bestritten. Die vier Schlagersänger, unterstützt durch die Kapelle der 3 „Tipp-Toppers", brachte durch Film und Funk bekannte und immer wieder gern gehörte Melodien. Reichlicher Beifall belohnte auch in diesem Teil des Programms Frau Siebert und Werner Bunz für ihre der heiteren Muse gewidmeten Darbietungen. Selbstverständlich durfte Martin Böhm mit seinen ausgezeichneten mundartlichen Vorträgen nicht fehlen. Eine in witziger Form vorgebrachte „Rundfunkreportage" über die möglichen Folgen des Lastenausgleiches schlug begreiflicherweise in diesem Kreise besonders an. Die Reihe der Vorträge beschloss sodann ein Schwank von Heinz Schüler: Der Tugendheld.

Wieder bewies die Jugendgruppe, dass sie bereit ist, den landsmannschaftlichen Gedanken zu pflegen und immer wieder zu versuchen, die Erinnerung an die östliche Heimat in den Herzen der Landsleute wachzuhalten. Hans Anhuth

 

 

Ostpreußen-Heimatabend in Flensburg.

Nach der Sommerpause trat die Landsmannschaft Ostpreußen in Flensburg mit einem wohlgelungenen Heimatabend an die Öffentlichkeit. Die große Turnhalle der Landessportschule in Mürwik war bis auf den letzten Platz besetzt und die verantwortlichen Mitarbeiter hatten Sorge und Mühe die vielen Gäste unterzubringen.

Der 1. Vorsitzende, Schulrat Babbel, brachte in seiner herzlich gehaltenen Begrüßungsansprache zum Ausdruck, was diese Veranstaltung sein sollte: ein froher Heimatabend nach alter, lieber Art im Kreise der Landsleute und Gäste, von allen Sorgen des Alltags und vor allem von der „Last des Ausgleichs" losgelöst. Es könne kein glücklicheres Zeichen des Geistes dieser Veranstaltung geben als jene olympischen Ringe, die noch heute an dieser Stätte der Olympia-Vorbereitungen die Gäste grüßten. Als wesentliche Aufgabe der Ostpreußenfamilie betrachtete der Redner den „Geist der Zusammengehörigkeit aller Deutschen in einer Schicksalsgemeinschaft" zu pflegen. „Möge endlich ein starker Gemeinschaftsgeist in den Herzen aller Deutschen über die noch bestehenden Schranken hinweg dazu führen, dass das Ziel der deutschen Wiedervereinigung und das unserer friedlichen Rückkehr in die ostpreußische Heimat recht bald erreicht werde, um dann mit unserem Gastland Schleswig-Holstein auch vom ganzen Deutschland feststellen zu können: up ewig ungedeelt", so schloss, unter lebhafter Zustimmung, Schulrat Babbel seine Ansprache.

Ein großes buntes Programm wurde im zweiten Teil abgewickelt. Die Mitwirkenden, der Ostpreußen-Pommernchor, das Ehepaar Hiller, Herr Burdinski, die DJO, alle wetteiferten, um einen vorzüglich gelungenen Heimatabend auf die Beine zu stellen. Der große Beifall bewies, dass dieser dem Frohsinn gewidmete Heimatabend den Anklang aller Teilnehmer gefunden hatte. Armoneit.

 

Bei den Königsbergern in Flensburg.

Auf dem Monatstreffen der Königsberger in Flensburg stand die Behandlung kultureller Fragen im Vordergrund. Den Rahmen des gut ausgewählten Programms bildeten musikalische Darbietungen des „Collegium Pro Musica", das mit feinem Einfühlungsvermögen Kompositionen von Joh. Seb. Bach und Henry Purcell den Zuhörern vermittelte, Rezitationen aus heimatlicher Literatur, gebracht von Frau Kursch und dem Vertreter der DJO, Herrn Mludek. Der Sprecher der Königsberger, Herr Bocian, hieß in dem bis auf den letzten Platz besetzten Kultursaal des BvD im Sanssouci, den 1. Vorsitzenden der Landsmannschaft Ostpreußen, Herrn Schulrat a. D. Babbel und den Alterspräsidenten Herrn Hermann Beutler, herzlich willkommen. Er erinnerte an die Tagung der Königsberger, die am gleichen Tage in Duisburg angefangen hatte. Nach dem gemeinsam gesungenen Lied „Nach der Heimat möcht' ich wieder" hielt Berufsschuldirektor Milkereit einen Vortrag über das Thema „Deutsches Geistesleben im Osten". Ausgehend von der Tatsache, dass der deutsche Osten den Wellenbrecher und Damm gegen den Ansturm der Slaven und Mongolen bildete, zeigte er an Hand der geschichtlichen Entwicklung das Wirken der historischen Persönlichkeiten der Stadt Königsberg und der von ihnen ausgehenden Strömungen. Von Hermann von Salza über Kant bis Nicolai und in die Neuzeit erstand in den klangvollen Namen beste preußische Tradition. Auch im anschließenden unterhaltenden Teil des Programms wurde heimatliches Kulturgut geboten. Lustige Anekdoten in heimatlichem Platt beschlossen einen gut gelungenen Abend. H. Brassel.

 

Seesen a/Harz „Ostdeutsches Land - Ostdeutsche Menschen'' standen im Mittelpunkt des Kulturabend, der am 06.09.1952 im Anschluss an Waldemar Kuckuks „Heimat im Osten" von Frieda Jung (einer Nichte der Heimatdichterin) unter Mitwirkung von Lieselotte Donnermann und Bruno Scharmach gestaltet wurde. - Schulrat Papendiek gab ausführliche Erläuterungen zum Feststellungsgesetz und Lastenausgleich. Besondere Beratungsabende im Ratskeller und regelmäßige Sprechstunden im Cafe Lux an jedem Montag von 16 - 18 Uhr wurden für die Landsleute von „Jenseits der Weichsel" eingerichtet. - Der nächste Ostpreußenabend am 04.10.1952 wird den Charakter eines heimatlichen Erntefestes tragen.

 

Ostpreußenfamilie in Flensburg

Folgende betagten Landsleute der Ostpreußenfamilie in Flensburg können im Monat Oktober ihren Geburtstag feiern: am

01.10.1952 Anna Freywald, Am Blasberg 7, fr. Königsberg, 73 Jahre.  

01.10.1952 August Wiesberger, Klosteholzweg 18, fr. Grenzheide, Kreis Schloßberg, 82 Jahre.

03.10.1952 August Borowski, Ochsenweg 36, früher Mijehnen, Kreis Braunsberg, 82 Jahre.

05.10.1952 Karl Dreßler, Norderstraße 85, fr. Prediger in Bischofsburg, 79 Jahre.

06.10.1952 Luise Lange, Dorotheenstraße 39, fr. Insterburg, Tunnelstraße 4, 80 Jahre.

10.10.1952 Clara Bartlick, Ballastbrücke 29, fr. Mühlhausen, Kreis Pr.-Holland, 73 Jahre.

15.10.1952 Benno Schroeter, Friesische Straße 105, fr. Königsberg (Pr.), Ritterstraße 15, 71 Jahre.

17.10.1952 Paul Boretius, Moltkestraße 14, fr. Gut Bertaswalde, Kreis Samland, 70 Jahre.

21.10.1952 Hugo Weinberg, Mathildenstraße 8, fr. Neidenburg, Feldstraße, 72 Jahre.

23.10.1952 Auguste Markgraf, Lager Twedterholz, fr. Pillau, Gr. Fischerstraße 10, 82 Jahre.

25.10.1952 Amalie Gerlitz, Glücksburger Straße 88, früher: Königsberg, Löben, Langgasse 8, 71 Jahre.

26.10.1952 Johann Tomeit, Mützeiburglager, fr. Memel, 72 Jahre.

29.10.1952 Berta Lach, Lager Weiche II, fr. Ilgenhöh, Kreis Osterode, 73 Jahre.

30.10.1952 Henriette Matzat, Lager Strandweg, fr. Insterburg, Gerichtsstraße 7, 74 Jahre.

30.10.1952 Emma Porr, Südergraben 73, fr. Lötzen, Gymnasialstraße 8, 70 Jahre.

31.10.1952 Berta Simoleit, Lager An der Reitbahn 17, fr. Rastenburg, Hindenburgstraße 89, 70 Jahre.

Ferner haben im Oktober folgende Delegierten zum Hauptausschuss Geburtstag: am

11.10.1952 Fritz Lutzkat, Glücksburger Straße 99, 57 Jahre.

18.10.1952 Erich Glodschei, Marienhölzungsweg 47, 56 Jahre.

24.10.1952 Rudolf Finsterwalter, Glücksburger Straße 82, 60 Jahre.

29.10.1952 Kurt Daumann, Neustadt 42/44, 44 Jahre.

Herzliche Gratulation und beste Wünsche für das neue Lebensjahr allen Geburtstagskindern der Ostpreußenfamilie übermittelt der Vorstand der Landsmannschaft Ostpreußen, Kreisverein Flensburg. Armoneit.

 

 

Kreis Sensburg.

Das Heimattreffen des Kreises Sensburg nahm einen eindrucksvollen Verlauf. Der Borgmannsche Saal konnte alle Erschienenen nicht fassen, so dass ein weiterer Saal hinzugenommen werden musste. Nach den Gottesdiensten, die in der St. Johanniskirche von Pfarrer Schwartz und in der Kapelle des St. Josephshospitals von Kaplan Woelki gehalten wurden, begann die Feierstunde mit einem Prolog. Der Chor der Ostvertriebenen sang unter der bewährten Stabführung seines Dirigenten Weber Heimatlieder. Oberstudiendirektor Wichmann hob in seiner Begrüßungsansprache die guten Beziehungen zwischen der Stadtverwaltung, dem Flüchtlingsamt und den Vertriebenen hervor. Der besondere Verdienst gebührt hierbei dem OB Brauner und Stadtoberinspektor Luntscher. Für den BvD sprach dessen 2. Vorsitzender Altmann. Die Grußworte der Stadt übermittelte Oberbürgermeister Brauner. In seiner Festansprache gedachte der Kreisvertreter Baron v. Ketelhodt der noch in der Heimat verbliebenen Landsleute und der Toten und verwies auf die Notwendigkeit des Zusammenstehens aller Deutschen im Kampf um die Wiedergewinnung unserer Heimat. Beschlossen wurden seine Ausführungen mit der 3. Strophe des Deutschlandliedes.

Die „Bücherei des Deutschen Ostens" erfreute sich eines regen Besuches und erregte berechtigtes Aufsehen. Am Nachmittag fanden Besprechungen mit den Ortsvertretern über Organisationsfragen statt.

Ein gemütliches Beisammensein und ein Tänzchen schlössen sich an. Bemerkt muss noch werden, dass sich am Sonnabendabend die Schüler - etwa 80 - der Oberschule Sensburg mit ihren Lehrern zu einem gemütlichen Beisammensein eingefunden hatten. Für sie hatte das Fl,-Amt Freiquartiere bereitgestellt. U. G.

 

 

Bad Kreuznach

Der Tag der Heimat wurde, wie alle Jahre, in festlicher Weise begangen: Als würdiger Rahmen der Feier leuchteten in großen silbergrauen Lettern auf dunklem Grund von der Bühne des großen Kurhaussaales die Worte „Heimat - Deutschland - Europa", sowie das Ordenswappen mit der Umschrift „In Treue fest". Der festlich geschmückte Saal konnte die große Zahl der Heimatvertriebenen und Gäste kaum fassen.

Die Feierstunde begann mit einer Fest-Ouvertüre. Nach einer packenden Totenehrung und der Begrüßung durch den 1. Kreisbundvorsitzenden ergriff der Heimatvertriebene Sommerey-Trier das Wort zur Feierrede. Der zweite Teil des Nachmittags brachte kulturelle Darbietungen. „Die Marienburg, das historische Symbol deutschen Helden- und Menschentums" war der Leitgedanke dieser Feier, die durch einen Vorspruch und eine Folge von Heimatliedern des Gemischten Chores des Ortsbundes Bad Kreuznach eingeleitet wurde. Den Höhepunkt bildete das Melodram „Die Mette von Marienburg" als Ballade gedichtet von Felix Dahn, als Melodran vertont von Ferdinand Hummel, Op. 114. Es folgten die musikalische Dichtung: „Und der Nogat Wellen rauschen" und u. a. Den Abschluss bildete das Gedicht „Der Ruf der deutschen Erde" und das gemeinsam gesungene Altniederländische Dankgebet.

 

 

Seite 5   Treffen der 21. Infanterie-Division

Das für Anfang Oktober vorgesehene erste Wiedersehen der ehemaligen Angehörigen unserer alten Division musste von der Herforder vorbereitenden Kameraden-Gruppe aus organisatorischen Gründen leider verschoben werden. Ab sofort wird mit den Vorbereitungen des Divisionstreffens für die Zeit Mai/Juni 1953 begonnen und die Organisationsleitung hofft, dass die Kameraden in der Zwischenzeit daheim alles vorbereiten, damit dann im Frühjahr nächsten Jahres einer Fahrt nach Herford und der Teilnahme an unserem Treffen nichts mehr im Wege steht.

Soweit es noch nicht geschehen ist, werden zur fortlaufenden Unterrichtung die Kameraden gebeten, ihre Anschrift und jede weitere Wohnungsänderung mitzuteilen. Die Erfassung und Bearbeitung erfolgt nach Einheiten: für

Gren. Regt. 3 durch Willi Woermann, Herford i. W., Weststr. 6;

Gren.-Regt. 24 durch Willi Rademann, Bünde i. W., Holtkampstr. 39;

Gren.-Regt. 45 durch G. Tschee, Herford i. W., Wellbrockerweg 60;

Artl.-Regt. 21 - 57 Dr. F. E. Brechtel, Frankfurt a. M., Reuterweg 88 I;

Aufkl.-Abt. 21 Erich Kluckert, Kiel, Gartenstr. 20;

Nachr.-Abt. 21 G. Brilling, Hiddenhausen b. Herford/W;

Vers.-Regt. 21 Otto Haufler, Herford i. W., Hochstr. 2;

alle übrigen Einheiten der 21. I.-D. unter Angabe der früheren Zugehörigkeit: Kurt Behnke, Herford i. W., Viehtriftenweg 206.

Alle einstigen Divisionsangehörigen werden schon jetzt zur Mitarbeit an der Verwirklichung unserer Absichten aufgerufen, auch dadurch, dass sie alle ihnen bekannten Kameraden veranlassen, ihre Anschriften anzuzeigen, damit das geplante Wiedersehen einen recht zahlreichen und geschlossenen Kameradenkreis zusammenführt. Wir wollen ja auch in erster Linie die Vermisstenfälle zu klären versuchen! drbr.

 

 

Seite 5   E. T. A. Hoffmanns Biographie

Wir weisen darauf hin, dass die Biographie des berühmten ostpreußischen Romantikers „Ernst Theodor Amadeus Hoffmann" von Ernst Krieger im Holzner - Verlag, Kitzingen/Main, erschienen ist. Preis 1,10 DM

 

 

Seite 5   Ostpreußische Herdbach-Gesellschaft E. V.

Den Mitgliedern der Ostpreußischen Herdbuch-Gesellschaft E. V. zur Kenntnis, dass sich die „Ausweichstelle der Herdbuch-Gesellschaft" in Zieverich, (22c) Bergheim a. d. Erft (Vorsitzender Ulrich von Saint-Paul) befindet. Wir bitten unsere Mitglieder, ihre jetzige Adresse mit der Angabe des Vornamens und ihrer alten Heimatanschrift der Ausweichstelle, z.H. Herrn v. Saint-Paul, mitzuteilen Dr. Knopff, Geschäftsführer, Hamm (Westf.), Alleestr. 9

 

 

Seite 6   Wehlau/gestern und heute. Von Bruno Damerau

Zu unseren Bildern: Oben: Blick auf die Pregelbrücke und Stadt.  Unten: Die Große Vorstadt während des Jahrmarktes. Aufn. und Zeichnungen: B. Damerau

„Menschen, die nicht hinter sich auf ihre Vorfahren blicken, werden auch nie vor sich auf ihre Nachkommen sehen“. Ed. Burke.

Dort, wo die Alle in den Pregel mündet und die alten Prussengaue Natangen und Nadrauen zusammenstoßen, liegt die heutige Kreisstadt Wehlau. Der Name rührt her von Welau, das ist „verspäten" - „maßen sie öfters mit ihren Fasten an gewissen Tagen sich verspätet" - wie alte Chroniken berichten. Sie hat auch Wetalo geheißen, von wieta, Stelle, da man bleiben will, weil die heidnischen Preußen daselbst festen Fuß setzten und den Einbruch der Christen in Nadrauen verwehren wollten. Noch mehrmals sollte der Stadtname eine Änderung erfahren: 1258 Velowe, 1328 Vila, 1405 Wilouwe, Welouwe, litauisch veles - die Geister Verstorbener -, Wele = Preußenname.

Im Jahre 1255 stieß das Heer der Ordensritter pregelaufwärts bis Sugurbi, dem jetzigen Tapiau, vor. Der in dieser Burg herrschende Preußenedling Sapelle erkannte die Überlegenheit des Ordensheeres, unterwarf er sich und nahm die Taufe an. Bald aber tobten schwere Kämpfe. Aus dem Osten, der damaligen „Wildnis", überfluteten heidnische Prussen den Eckposten des Ordens, Sugurbi, der Schwerstes durchleben musste. Erst als die Feinde niedergerungen waren, begann es ruhiger zu werden, wozu der Bau der Burg Wehlau im Jahre 1264 erheblich beitrug.

1261 brach ein neuer Aufstand aus. Die Unterworfenen zogen plündernd und mordend durchs Samland bis vor Königsberg, wurden jedoch 1263 durch ein Kreuzfahrerheer zurückgeworfen. Als die Litauer den Aufständischen zu Hilfe kamen, konnten sie nur das Ordensland z. T. vernichten; vergeblich versuchten sie Wehlau, das ihnen lästige Einfallstor in ihr Gebiet, dem Ort zu entreißen, nachdem sie es lange Zeit belagert hatten. Viele harte Kämpfe begannen 1274 gegen die Nadrauer. Heidnische Burgen wurden pregelaufwärts zerstört. Jahrelang tobten wechselhafte Schlachten, bis auch der Gau Sudauen erobert und das Ordensgebiet bis zur mittleren Memel erweitert war. Vom Jahr 1283 führt das unterworfene Land den Namen Preußen.

 

1366 wird Wehlau Stadt

Aus der Gründungsurkunde „Handfeste über die Stadt" se. entnommen: „So wollen wir, der Bruder Heinrich Thusemer vom Orden der Brüder des Deutschen Hauses des Marienhospitals zu Jerusalem, Obermarschall und Komthur des Hauses Königsberg, dass zur Kenntnis aller Gläubigen Christi gelange, dass wir mit Zustimmung und Willen des ehrenwerten frommen Mannes, des Bruders Theodor v. Aldenburg, des Hochmeisters der Brüder desselben Ordens, und nach dem Rat der andern Brüder von Königsberg, dem Gottfried, genannt Hundertmark, und seinen rechten Erben gestattet haben, die Stadt, genannt Wehlau, unter kulmischem Rechte von neuem zu gründen und anzubauen, indem wir ihm, dem vorgenannten Gotfried, selbst und seinen rechten Erben das Schultheißenamt und eineinhalb Plätze nebst zwei Fleischbänken frei von allem Zins in genannter Stadt zum dauernden Besitz verleihen. - Gegeben zu Königsberg im Jahre des Herrn 1336 am Tage St. Pauli Bekehrung."

Der Sitz des Kammergutes wurde 1469 von Norkitten nach Taplacken verlegt, wozu u. a. auch die Ortschaften des „Landes Wehlau" gehörten. 1566 wurde Amt Taplacken und Amt Tapiau angegliedert, welches mit den Kammerämtern Taplacken und Cremitten ein Gebiet umfasste, das sich in der Hauptsache mit dem Kreis Wehlau deckte.

Die „Freiheit“1) entstand 1566, wovon die Chronik berichtet:

„1566 verschrieb Albrecht dem damaligen Schulzen der Freiheit Wehlau, Michel Paukern, 2 Hufen zu Auken und 3 ½ Garten vor Wehlau ... Er und seine Erben mussten die bei ihm ankommenden Briefe 2) bis ins Taplacksche Amt fortschicken und sich auf der Kurfürstlichen Freiheit für einen Schulzen gebrauchen lassen. Diese 2 Hufen nebst dem Schulzenamt brachte die Stadt Wehlau an sich, ebenso weitere 7 Hufen zu Augken, die von dem Kurfürsten an Lakaien verschrieben waren, durch Tausch."

Wehlau nahe an äußerst großen Waldgebieten liegend, war wohl auch Ursache zur industriellen Nutzung derselben. Pechöfen und Kohlenmeiler entstanden: letztere gab es noch heute in Gertlauken, die ihre Holzkohle auf Landstraßen, sogenannter „Kohlenbahn", weithin vertrieben. Von der Pest blieb Wehlau auch nicht verschont; 600 Menschen wurden im Jahre 1602 dahingerafft.

 

Erklärung zu 1) Das vom Pregel und den Allearmen eingeengte Wehlau konnte bald neuen Bürgern keine Baustätten gewähren. Der Landesfürst stellte außerhalb der Mauern im Freien Land zur Siedlung zur Verfügung, welche Ansiedlung man „Kurfürstliche Freiheit" nannte und die noch 1692 eigene Verwaltung hatte.

Erklärung zu 2) Damals gab es noch keine Post. Erste Postverbindung von Königsberg nach Insterburg 1700.

 

Frei von jeder Oberhoheit

Am 19. September 1657 wurde zwischen Brandenburg und Polen in Wehlau der Vertrag geschlossen, der am 3. Man 1660 dem Großen Kurfürsten im Frieden zu Oliva bestätigt, dass Preußen hinfort von jeder Oberhoheit frei ist.

 

Wehlau um 1700

Aus Manuskripten des Wehlauer Accise-Inspektors Andreas Rösenick: „Wehlau gehört zum Amt Tapiau. Die Stadt liegt auf einer Insel in einer sehr lustigen und plaisanten Gegend. Den Reisenden fallen zuerst zwei extraordinär große Brücken auf: die Alle- und die Lange Brücke. Letztere führt von der Kleinen Vorstadt bis in das Gräflich Schliebensche Gut Wattlau. Die Länge beträgt insgesamt 420 kleine Schritte, davon unterhält die Landesherrschaft 350 Schritte samt der darüber vorhandenen Zugbrücke und 70 Schritt oder 140 Schuh die Sadt (Rheinländischer Fuß - Schuh = 0,31 m). Die Stadtmauer mit festen Türmen gibt Wehlau ein schönes Aussehen. Pregeltor nach Morgen, Allentor nach Abend. An letzterem befindet sich ein nettes Uhrwerk, über dem Tor präsentieren sich das Stadtwappen mit folgendem deutschen Vers:

„Der große Gott, so unser Leitstern ist,

Und uns bisher so treulich hat geführet,

Bewahr die Stadt für Feinde, Feuer und Zwist,

Und segne den, der dieses Reich regieret."

Mitten auf dem Markt steht das Rathaus, rundum die Hakenbuden, die Stadtwaage und die Wache Corps du Guarde (Wehlau war seiner Zeit Garnisonstadt). Gezählt werden 364 Häuser und an Speichern ohne die Scheunen und Stallungen 16 und außerhalb der Stadt 190 Küchen- und 33 Baumgärten. Die Zahl der Bürger beträgt 250 ohne die übrigen Einwohner, Instleute und Tagelöhner. Im Rathaus befindet sich das Bild vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm dem Großen - 8 Schuh lang, sechstehalb Schuh hoch - auf weißem Pferd und in der Kleidung, in welcher er 1657 zum Abschluss der Wehlauer Traktaten gekommen war. Neben der schönen Pfarrkirche steht der sogenannte Runde Turm. Außerhalb des Stadtgrabens ist die Contrescarpe, die „Schanze"; sie ist zur Zeit der schwedischen Besatzung 1678/79 hergestellt worden. Berühmt ist Wehlau vor vielen andern kleinen Landstädten in Preußen wegen trefflicher Nahrung, Handel und Wandel, Brauerei und anderer bürgerlicher Hantierungen, die ehemals darin getrieben worden. Wehlau ist noch berühmt wegen des Wehlauer Jahrmarktes, als welcher nächst Königsberg im ganzen Lande vorher nicht seinesgleichen gehabt, wegen des starken Confluxus (Zusammenströmen) der Landesinsassen und auch Ausländer, nicht allein aus dem Königreich Preußen, sondern auch aus Danzig, Elbing, Pommern, Polen und Groß-Litauen. Die Schule besuchen 110 Knaben worunter sich viele Auswärtige befinden."

Die Austreibung der Salzburger im Jahre 1732 erlebte Wehlau auch. Diese von ihrer angestammten Heimat Vertriebenen zogen zu ihrer neuen Heimat, in die Bezirke Insterburg-Gumbinnen, wo sie gastfreundlich aufgenommen wurden. Mancher Vertriebene wählte sich Wehlau als Zuflucht.

Im Siebenjährigen Krieg hatte auch Wehlau überaus stark unter den Kriegsereignissen zu leiden.

Sechsmal innerhalb fünf Jahren hatten die Bewohner den Herrscher gewechselt und waren während dieser Zeit zwei- bis dreimal kaiserlich-russische und ebenso oft königlich-preußische Untertanen. Am 22. September 1762 feierten die Wehlauer das Friedensfest; Mitte September war die Heimat von den Russen geräumt. Erwähnt sei hier David Neumann aus Wehlau, der, trotzdem im von den Russen besetzten Gebiet wohnhaft, als Freiwilliger in geheimer Mission zum Heere Friedrichs des Großen ging. Sein Name erhielt, ein halbes Jahrhundert später durch die erfolgreiche Verteidigung der Festung Kosel historischen Klang.

 

Das Stadtbild am Ende des 17. Jahrhunderts  

zeigt viele Türme, deren Vorhandensein dem Wehlauer von heute besonders erstaunlich sein wird, hießen von links nach rechts: Hoher Turm. Alletor (Steintor), Rathausturm. Kirchturm, Storchenturm und Bürgerturm. Das hohe Haus zwischen dem Hohen Turm und dem Alletor ist das Waidotsche Haus, in welchem einst Finanzamt untergebracht war.

Im Unglücklichen Krieg zollte Wehlau den gleichen schweren Tribut wie alle anderen Städte. Als dann 1812 die Trümmer von Napoleons Heer die Stadt durchzogen, beteiligte sich die gesamte Einwohnerschaft an der Erhebung des Vaterlandes. Keiner wollte zurückstehen, als es galt, sich für die Heimat einzusetzen.

Recht interessant ist es, dass 1840 in Tapiau noch keine Pregelbrücke existierte. Bei Gerichtsverhandlungen musste von Imten und Romau der meilenweite Umweg über die Pregelbrücke bei Wehlau gemacht werden. Durch die im Juni 1860 fertiggestellt Bahnstrecke Königsberg – Insterburg erlebte Wehlau einen ungeahnten Aufstieg; Handel und Wandel und damit Wohlstand, blühten schnell empor. Schweres Leid brachte, wie in so vielen andern Orten Ostpreußens, auch für Wehlau die Cholera. Nicht nur im Jahre 1831 wurden viele Einwohner dahingerafft, auch 1866 forderte wieder eine hohe Anzahl an Opfern.

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 konnte sich Wehlau in vier Jahrzehnten friedlichen Aufbaus immer mehr zum Wohle von Stadt und Bevölkerung entwickeln. Doch sollte auch dann wieder durch das Jahr 1914 vieles zunichte gemacht werden.

 

Im ersten Weltkrieg

hatte Wehlau weniger gelitten im Gegensatz zur Nachbarstadt Tapiau, die infolge der dort wütenden Deimeschlacht fast vollständig zerstört wurde. In Wehlau wurden vernichtet die Eisenbahnbrücke, der gefüllte Speicher der Mühlenwerke „Pinnau", Kaufhaus Kriczat und Gasthaus „Zur Ostbahn"; Geschäftshäuser und Wohnungen waren ausgeplündert. Die große Pregelbrücke wurde am 25. August 1914 von den Deutschen gesprengt. Der russische Feldmarschall Rennenkampf, der in Wehlau wohnte und dessen Menschlichkeit es die Stadt zu verdanken hatte, dass sie nicht zerstört wurde, hatte Buchdruckereibesitzer Richard Scheffler zum Bürgermeister eingesetzt. Dessen Tatkraft und sein gutes Einvernehmen mit Marschall Rennenkampf verliehen den zurückgebliebenen Deutschen erträgliches Leben.

 

Der zweite Weltkrieg

brachte im Gegensatz zum ersten namenloses Elend über die Stadt. Am Montag, 21. Januar 1945, gegen 11 Uhr, stellten sich die deutschen Truppen den bereits eingedrungenen Russen" entgegen und warfen sie aus der Stadt. Kurz nachmittags stürmte der Russe erneut an und überflutete mit seinen Massen die Stadt, Wohl wege des ersten vergeblichen Angriffs kannte nun der Feind in den Zerstörungen keine Grenzen. Die zurückgebliebenen Deutschen, etwa 50 Personen, wurden in die evang. Kirche gesperrt und am nächsten Tage nach Bürgersdorf transportiert; einig wurden erschossen, viele wählten den Freitod. Die ganze Innenstadt wurde zerstört, darunter auch das ehemalige Kreishaus (Ecke Kleine Vorstadt), in dem die Königin Luise auf der Flucht nach Tilsit gewohnt hat. Die neue Oberrealschule, 1927/28 erbaut, wurde von den Russen, wie auch von den Deutschen während des Krieges, als Lazarett benutzt. Wasser- und Kanalisationsanlagen waren z. T. zerstört. Trinkwasser lieferten einige Pumpen; alle Brunnen waren total verschmutzt. Das vor dem 2. Weltkrieg erbaute Krankenhaus in der Parkstraße und die Ruhausche Fabrik boten den allmählich zurückkehrenden Deutschen Unterkunft; wenn auch Türen, Fenster und Einrichtungen fehlten, hatten sie es sich doch leidlich eingerichtet. Viele Häuser in der Parkstraße und in der Neustadt waren vernichtet, ebenso das 1912/13 erbaute schöne Kreishaus, das 1928 29 neuerbaute Finanzamt, Amtsgericht, Stadtschule, Höhere Mädchen- und Berufsschule. Vom altehrwürdigen Rathaus, in das einst der Große Kurfürst die steinerne Treppe hoch zu Ross durch das Hauptportal in den Rathaussaal geritten kam, stehen nur noch Mauerreste.

Aus geschichtlichen Überlieferungen ist bekannt, dass der Große Kurfürst beabsichtigte, die spätere Universität Königsberg nach Wehlau zu legen. Ratsherren und Bürger fürchteten jedoch, dass durch Vergrößerung und Aufblühen der Stadt eine Teuerung zu erwarten sei, lehnten alles ab, ebenso die Stationierung von Militär.

Die 650 Jahre alte Kirche, Pfarrhäuser und z. T. auch beide Friedhöfe, fielen der Zerstörung anheim. Das Wahrzeichen der Stadt, das Steintor, erlitt wenig Beschädigungen, dagegen blieb vom Heimatmuseum, das mit dem Steintor durch einen im oberen Stock befindlichen Gang verbunden war, nur ein Schutthaufen. Vernichtet waren ferner: Sägemühle Steiner, die sogenannte Vogelweide, Wasserwerk und Gasanstalt; das Elektrizitätswerk wurde wieder in Betrieb genommen, ebenso die Mühlenwerke Pinnau und die Margarinefabrik. Siedlungen der Kriegsopfer und Wattlau waren weniger zerstört; dort wohnte russische Zivilbevölkerung. In Villa Stephan (Wattlau) war die russische Poliklinik und im Schloss Ripkeim das russische Krankenhaus untergebracht.

Der allen Wehlauern bekannte und beliebte Ausflugsort, der Stadtpark - mit Gartenrestaurant, Musikhalle, Tennisplätzen, altem Bootshaus am Pregel - fiel der Vernichtung auch zum Opfer. Wer wanderte nicht gerne nach dem alten „Glumsberg"! Winkte doch dort „aus der guten alten Zeit" das Schälchen „Schmand mit Glumse“. Und wie tummelte sich Alt und Jung wenn die Schützenbrüder ihre Büchsen dort munter knallen ließen – „es war einmal! - Von dem kurz vor dem zweiten Weltkrieg vom Wehlauer Ruderklub an der (kein vollständiger Satz). Alle erbauten Bootshaus blieb auch nur ein Schutthaufen übrig (kein vollständiger Satz).

Als Bürgermeister von Wehlau war der Russenfreund Eduard Leppert eingesetzt; unter dem die Deutschen besonders hart zu leiden hatten und der so manchen Tod verschuldete.

Trostlos war das Leben für die Älteren; wer nicht arbeiten konnte, erhielt keine Lebensmittel. Diese Armen ernährten sich, wie auch viele anderen Deutschen, von Kartoffelschalen, zweijährig eingesäuerten Rüben aus Mieten, Brennnessel, Melde Rhabarber, Sauerampfer, Schnecken und Muscheln. In den Jahren 1946/1947 starben im Krankenhaus fast täglich Deutsche an Hungertyphus; nicht wenig, fielen auf der Straße um und waren - erlöst! Schon im Herbst 1946 machten sich viele Deutsche, darunter auch Wehlauer, auf nach Litauen, Estland und Lettland, suchten dort Hilfe und fanden sie auch. Ganz lobend muss hervorgehoben werden wie sich ein Geistlicher aus der Nähe von Tilsit für die Vertriebenen einsetzte. Sein menschliches Verhalten musste er mit zehn Jahren Verschickung nach Sibirien bezahlen. Nach vielen unsäglichen Leidenswegen und größten Schikanen erlebten einige Glückliche im Mai 1951 die Erlösung aus der östlichen Hölle durch Abtransport nach Westen. Erhebend war es, als die Hartgeprüften am Pfingstsonntag, den 13. Mai, in Fürstenhalde unter deutschen Menschen sein durften und dann am 27. Mai nach dem Lager Friedland in die Westzone entlassen wurden.

Mögen all die schweren Leiden, die unsern Landsleuten auferlegt waren - und noch sind, dazu dienen, die Überlebenden in dem Gedenken an die unvergessliche Heimat wachzuhalten, bei jeder Gelegenheit ihren Anspruch auf die viele Jahrhunderte angestammte Heimat zu betonen und auf den Tag zu harren, an dem alles Unrecht an den Heimatvertriebenen ausgelöscht und die Rückkehr in das Land der Väter erfolgt - als bester Dienst ist am Werk des Völkerfriedens!

(Literatur: Donner „Alle-Pregel-Deime-Gebiet“.) (Herzlicher Dank sei allen denen hiermit ausgesprochen, die durch wertvolle Text- und Bildbeiträge dem Heimatgedanken großen Dienst leisteten. Der Verfasser, B. D (14a) Bolheim, Kreis Heidenheim/Württ., bittet alle, die weiteres Material über die Leiden unserer schwergeprüften Landsleute besitzen, ihm zur Vertilgung zu stellen.)

 

 

Seite 7   Vize-Admiral Leo Jacobsen 90 Jahre alt

Es ist mir eine große Ehre, meinem hochverdienten Landsmann aus dem heimatlichen Kreise Insterburg und früheren Vorgesetzten, Herrn Vize-Admiral a. D. Leo Jacobson, zu seinem 90. Geburtstag am 21. Oktober 1952 einige Worte der Verehrung widmen zu können. Geboren auf der herzoglich-anhaltischen Domäne Didlacken, auf der sein Vater und später sein älterer Bruder Pächter waren, und einer alten aus Königsberg gebürtigen ostpreußischen Familie angehörig, während seine Mutter zu der in Ostpreußen lang angesessenen und allgemein bekannten Familie Steputat gehörte, besuchte Leo Jacobson von 1870 das alte Realgymnasium, später das Kgl. Gymnasium zu Insterburg und trat 1880 als Kadett in die Kaiserliche Marine ein. Er erhielt seine seemännische Ausbildung auf der alten „Niobe", auf der alle älteren Jahrgänge der Marine ausgebildet worden sind. Schon in jüngeren Jahren erhielt er eine besondere Auszeichnung durch seine Ernennung zum Torpedoboots-Kommandanten und hat als solcher an der Entwicklung dieser Waffe von den ersten Anfängen mit den ersten kleinen Booten der Vulkan & Schichau-Werft einen besonderen Anteil. Später fand er als I. Offizier bei der verantwortungsvollen Heranbildung des Offizier-Nachwuchses auf den Schulschiffen „Charlotte" und „Moltke" eine längere Verwendung, und tat als Kommandant S. M. S. „Schwalbe" auf der ostasiatischen Marine-Station, aber auch zu Lande als Kommandeur der Matrosen-Artillerie-Abteilung im deutsch gewordenen Tsingtau Auslandsdienst. Seine Hauptbetätigung lag dann im Flottendienst. Er war 1905 bis 1908 Kommandant des Panzerkreuzers „York", später Kommandant des Panzerschiffes „S. M. S. Kurfürst Friedrich Wilhelm" unter den damaligen, allgemein bekannten Flottenchefs, dem Admiral v. Koester, Heinrich Prinz v. Preußen und v. Holtzendorff.

Seine erste Admiralsverwendung erfolgte als Inspekteur der II. Marineinspektion in Wilhelmshaven, dann wurde er 1912 Kommandant von Helgoland. In dieser Stellung ist er auch auf besondere Anordnung des Kaisers, bei dem er „persona grata" war, die Kriegszeit des ersten Weltkrieges mit Auszeichnung verblieben und wurde während dieser Zeit Vize-Admiral. Mit seinem geliebten Helgoland war Leo Jacobson auch über die Kriegszeit hinaus aufs Beste verbunden, auch nachdem er nach seiner Verabschiedung an der Wasserkante in Othmarschen bei Hamburg Wohnung nahm. Man hat ihm bei der Neubestückung Helgolands durch Benennung einer Batterie nach seinem Namen eine besondere Ehrung zuteilwerden lassen. Sein offenes, gerade, schlichtes Wesen, typisch ostpreußisch, abhold jeder wertlosen Strenge und Schroffheit, machte ihn beim Offiziers-Korps schnell populär und gewann ihm das Herz seiner Untergebenen, wie er auch das herzliche Wohlwollen seines obersten Kriegsherrn fand, wenn er Gelegenheit hatte, ihm in humorvollster Weise lustige Geschichten aus seiner alten ostpreußischen Heimat und Jugendzeit zu erzählen. Wir hatten ihn alle gern, schrieb mir sein Adjutant aus der Tsingtauer Zeit. Wie eine knorrige ostpreußische Eiche, der kein Sturm bisher etwas anhaben konnte, steht Vize-Admiral Leo Jacobson auch heute ungebrochen an Geist, Lebenskraft und Humor mit seinen 90 Jahren dem Leben gegenüber, was ich seinen alten Freunden und vielen Verehrern zu seinem 90. Geburtstag mit Freude mitteilen kann.

Sein jüngerer Bruder war der vielen Ostpreußen ebenfalls bestens bekannte Kgl. Bergrat und Direktor der Bernsteinwerke Gustav Jacobsen in Palmnicken Kreis Fischhausen. Hundertmarck-Wtitgirren

 

 

Seite 7   „Preußisches Wörterbuch“ neu im Entstehen.

Aufruf an alle Ost- und Westpreußen zur Mitarbeit

Wie wir bereits berichteten, soll das große Volkswörterbuch der ost- und westpreußischen Mundarten, das Preußische Wörterbuch, herausgegeben von Walther Ziesemer, dessen gesamtes Archiv noch in den letzten Kriegstagen vernichtet wurde, fortgesetzt werden. Die Leitung wurde dem früheren Dozenten an der Hochschule für Lehrerbildung in Elbing und langjährigen engsten Mitarbeiter von Professor Ziesemer, Dr. phil. Habil. Erhard Riemann, übertragen, der jetzt als Studienrat in Oldenburg i. Old. Tätig ist.

Dr. Riemann ist nach dem Tode Professor Ziesemers wohl der letzte Vertreter ostpreußischer Volkstums- und Mundartforschung. Mit dem Preußischen Wörterbuch, an dessen Materialsammlung und Manuskript er auch früher schon neben Professor Ziesemer als sein Assistent mitgearbeitet hat, ist er wie kein anderer verbunden. Sein wissenschaftliches Interesse galt im Besonderen den Beziehungen zwischen Volkskunde, Mundartforschung und Besiedlungsgeschichte. Von seiner Heimat im Kreis Heiligenbeil ausgehend, führte er von 1929 bis 1931 in den Landschaften Natangen, Barten und Ermland eine eingehende volkskundliche Landesaufnahme durch, deren Ergebnisse er in seinem umfangreichen Buch „Ostpreußisches Volkstum um die ermländische Nordostgrenze. Beiträge zur geographischen Volkskunde Ostpreußens“ niederlegte. Grundlegend sind seine Forschungen über das ostpreußische Bauernhaus, dessen Erscheinungsformen er als einen Niederschlag der ostpreußischen Bevölkerungsgeschichte gedeutet hat. Er erbrachte u. a. den Nachweis, dass das Niederdeutsche (niedersächsische) Bauernhaus früher bis weit nach Ostpreußen hinein verbreitet war. Auf langen Forschungsfahrten hat er auch das Brauchtum unserer Heimat von Dorf zu Dorf gesammelt und kartographisch aufgenommen. 1938 habilitierte er sich an der Albertus-Universität in Königsberg für das Fach Volkskunde mit einer Arbeit über die Überwanderung der Sachsen, Angeln und Jüten nach England, die als Buch unter dem Titel „Germanen erobern Britannien“ erschien. Auch nach der Vertreibung aus der Heimat ist Dr. Riemann seinem alten Arbeitsgebiet treu geblieben. In der Schriftenreihe des Göttinger Arbeitskreises erschien unlängst von ihm eine „Volkskunde des Preußenlandes“, die in gedrängter Form alle wichtigen Tatsachen der ost- und westpreußischen Volkskunde behandelt.

Wir Ost- und Westpreußen begrüßen es, dass die Arbeit am Preußischen Wörterbuch nun fortgesetzt werden wird, und wünschen dem bedeutungsvollen Werk einen erfolgreichen Fortgang und Abschluss.

 

Für alle Ost- und Westpreußen war das von Prof. Walther Ziesemer begründete „Preußische Wörterbuch“ nicht nur ein wissenschaftliches Unternehmen, das im Kreise der neu entstehenden deutschen Mundartenbücher einen hohen Rang einnahm, sondern eine Herzensangelegenheit, ein Denkmal der Liebe aller Ost- und Westpreußen zur alten Heimat und deren Sprache. Es war zugleich ein stolzes Zeugnis des Deutschtums in diesen Grenzgebieten, die seit 700 Jahren Heimstatt deutscher Menschen waren. Unsere Vorfahren hatten einst unter dem deutschen Ritterorden deutsche Sprache und Mundart die neue Heimat mitgebracht, und in Art und Verteilung dieser Mundarten spiegelte sich die Besiedlungsgeschichte des Landes wieder. Im Platt der Familien- und der Dorfgemeinschaft sprach das Herz, und in Märchen und Liedern, in fröhlicher und ernster Lebensweisheit und Redensarten fanden Denken und Fühlen ihre vertraute Sprachform.

Als Prof. Walther Ziesemer 1911 im Auftrage der Preußischen Akademie der Wissenschaften mit der Sammelarbeit für das „Preußische Wörterbuch" begann, ging er von der Auffassung aus, dass dies Werk den gesamten Reichtum deutscher Volkssprache in Ost- und Westpreußen von der Ordenszeit bis zur Gegenwart zeigen solle. Von seinem älteren Vorgänger, dem „Preußischen Wörterbuch" von Hermann Frischbier, sollte es sich nicht nur durch erheblich größeren Umfang unterscheiden, sondern jedes Wort sollte ,,in den Zugammenhang der Denkweise und Gefühlswelt" des Volkes gestellt werden. Es sollten Volksglauben und Brauchtum, Sprichwörter und Redensarten herangezogen werden, um über die rein sprachliche Bestandsaufnahme hinaus ein Bald des Volkstums zu geben. Um dieses Ziel zu erreichen, durfte das Wörterbuch nicht ausschließlich ein Anliegen der Wissenschaft sein. Es musste eine Sache des Volkes werden. W. Ziesemer verstand es, breite Schichten der Bevölkerung für sein Werk zu begeistern und einen großen Kreis von freiwilligen Mitarbeitern heranzuziehen. Vor allem in den Kreisen der heimatverwurzelten Landlehrer fand er viele treue Helfer, ohne deren sachkundige Hilfe das Material nie in dieser Fülle hätte zusammengetragen werden können. Viele Fragebogen wurden hinausgeschickt und kamen mit reichem Ertrag zurück. Sie wurden in der Sammelstelle in Königsberg von ihm und Mitarbeitern verzettelt. Dort wurde auch die gedruckte Mundartliteratur und das in Frage kommende wissenschaftliche Schrifttum verarbeitet. So wuchs das Wörterbuch schließlich auf rund 1 Million Karteizettel an.

Im Jahre 1935 begann das „Preußische Wörterbuch" im Verlag Gräfe und Unzer in Königsberg in Lieferungen zu erscheinen. Sein Umfang war auf 8 Bände berechnet. 1939 war der erste Band mit 13 Lieferungen (910 Seiten) abgeschlossen. Bis zum Sommer 1944 folgten weitere 9 Lieferungen bis zum Buchstaben F. Als dann die Ostfront sich immer mehr Königsberg näherte, versuchte Prof. Ziesemer, das handschriftliche Wörterbucharchiv in Sicherheit zu bringen, und verlagerte es in 122 Kisten in eine Ausweichstelle der Preuß. Akademie auf ein Gut bei Prenzlau in der Uckermark. Dort ist es in den letzten Tagen des Krieges durch Artilleriebeschuss vernichtet worden. An eine Wiederaufnahme der Arbeit war nach dem Zusammenbruch und dem Verlust Ostdeutschlands zunächst nicht mehr zu denken, und als Prof. Ziesemer im vergangenen Jahre seine Augen für immer schloss, glaubte er nicht, dass sein Werk noch einmal beendet werden könne.

Ein Jahr nach seinem Tode hat sich nur das Deutsche Wörterbuchkartell entschlossen, das „Preußische Wörterbuch" neu erstehen zu lassen, und hat mir als dem einstigen Wörterbuchassistenten und engsten Mitarbeiter Prof. Ziesemers die Leitung übertragen. Es ist mir klar, dass die Aufgabe nicht leicht ist. Die gesamte Arbeit muss noch einmal geleistet werden, und zwar unter weit schwierigeren Verhältnissen als früher. Die Träger der Mundart sind aus ihrer Heimat vertrieben und in alle Winde zerstreut. Viele von ihnen sind gestorben, und auch der Kreis der freiwilligen Mitarbeiter am Wörterbuch besteht nicht mehr.

Aber es ist auch sicher, dass für diese Arbeit keine Zeit mehr zu verlieren ist. Wir müssen heute noch ans Werk gehen. Die alte Generation, die zu Hause noch in der Mundart lebte, wird in wenigen Jahrzehnten ausgestorben sein. Die ostdeutsche Jugend aber, die im Kindesalter die Heimat verlassen musste, kennt die Mundart nicht mehr und passt sich sprachlich immer mehr ihrer neuen Umgebung an. Es bleiben uns also nur noch wenige Jahre, um die Mundart der alten Heimat aufzuzeichnen.

Es ergeht daher die dringende Bitte an alle ost- und westpreußischen Landsleute, die die heimische Mundart noch kennen und durch Ausfüllung von Fragebogen beim Aufbau des Wörterbuchs mitarbeiten wollen, ihre jetzige Anschrift und die Heimatanschrift der vorläufigen Sammelstelle: Preußisches Wörterbuch, Oldenburg i. Old., Beethovenstraße 6 mitzuteilen.

Besonders dankbar wäre ich, wenn sich alle einstigen Mitarbeiter, die früher schon einmal Fragebogen ausgefüllt oder Literatur verzettelt haben, wieder zur Verfügung stellen würden. Auf ihre Erfahrungen und ihre Mithilfe können wir nicht verzichten. Der Erfolg der Sammelarbeit wird zu einem großen Teil davon abhängen, dass es gelingt, die alte Mitarbeiterorganisation des Wörterbuchs, die unter Prof. Ziesemer so hervorragend gearbeitet hat, wenigstens zu einem Teil wieder aufzubauen. Darüber hinaus aber soll jeder Ost- und Westpreuße teilnehmen an unserer Arbeit, denn es ist unsere Pflicht, die angestammte Mundart unseren Kindern und Kindeskindern zu überliefern als ein Vermächtnis der Heimat und als ein Zeugnis ihres Deutschtums. Das „Preußische Wörterbuch", das wir im Geiste Walther Ziesemers fortführen wollen, soll uns allen ein Denkmal der Heimat werden.

 

 

Preußisches Wörterbuch

Die Kommission für Volkskunde der Vertriebenen im Verband deutscher Vereine für Volkskunde e. V. hat auf dem Volkskunde-Kongress in Passau im August 1952 den Leiter des „Preußischen Wörterbuches", Dr. phil. habil. Erhard Riemann - Oldenburg (Oldb.), der früher als Dozent für Volkskunde an der Hochschule für Lehrerbildung in Elbing (Westpr.) tätig war, als Vertreter der Belange der nordostdeutschen Volkskunde zum Mitglied der Kommission gewählt.

 

 

 

Seite 8   Der „Heimatbund Ostpreußen“/1919 bis 1933. Von P. Hundertmarck – Wittgirren

Foro: Konteradmiral Hans Küsel

Schluss

Damit sich unsere Söhne und Enkel ein Bild von der umfangreichen Selbstschutzarbeit, wie sie sich praktisch in den einzelnen Regierungsbezirken und -kreisen der Provinz abspielte, machen können, scheint es mir wichtig zu sein, als Leiter eines nach damaligem allgemeinen Urteil gut durchorganisierten Regierungsbezirks diese dahingehend kurz zu veranschaulichen, dass sie sich auch in den Bezirken ohne kriegserfahrene Offiziere des 1. Weltkrieges militärisch natürlich gar nicht bewältigen ließ. Diese haben an der Kraftentfaltung des Heimatbundes ein ganz großes Verdienst. Ob es sich dabei um die Unterbringung der Baltikumkämpfer, die größtenteils dem Regierungsbezirk Gumbinnen anfiel, oder um die Aufstellung unbedingt zuverlässiger Stoßtrupps in allen Kirchspielen und eines großen Elite-Stoßtrupps zum sofortigen Einsatz durch den Kreisführer bei drohenden Unruhen handelte. Das Zusammentragen aller erreichbaren Waffen, auch die der offiziellen Einwohner-Wehren, in deren Reihen auch die Stoßtrupps standen, ihre Konservierung in Waffendepots durch sachkundige Waffenmeister und ihre dortige Sicherstellung vor Verrat an die überall herumschnüffelnden Entwaffnungskommissionen, kennzeichnen die weitere wichtige Einzelarbeit. Als Voraussetzung dafür diente ein glänzend arbeitender Agentendienst der dem Treiben einiger in der Provinz verstreuten spartakistischen Aktions-Komitees jederzeit auf die Spur zu kommen versuchte. Aus der Beobachtung aller politisch unzuverlässigen Elemente ergab sich bald eine intensive Zusammenarbeit mit den ersten Formationen der neuen Reichswehr, um diese vor der politischen Unterwühlung zu schützen, was sich zweifellos sehr zum Segen ihrer schnellen inneren Festigung auswuchs.

Aber auch der gut aufgezogene Propagandaapparat gegen die Infiltration des Bolschewismus, wie er von den bereits erwähnten aus dem Baltikum gekommenen Herrn v. Hüllessem und Dr. Sieben meisterhaft in allen Kreisen des Bezirks ausgeübt wurde, bildeten ein weiteres Schutzmittel und die beste Aufklärung gegen jede Wühlarbeit in der Bevölkerung. Der von den Bezirken nach eigener Initiative aufgezogene Agenten- und Propagandadienst fand eine gute Ergänzung durch die Agentenzentralen, die die Königsberger Zentrale selbst um Ostpreußen herum in Warschau, Kowno, Libau, Riga, Reval und Moskau geschaffen hatte und die dazu dienten alle radikalen Strömungen des Bolschewismus in den Randstaaten und in Sowjet-Russland zu beobachten und die Nachrichten darüber an alle Regierungs- und militärischen Dienststellen heranzutragen. Außerdem handelte sie sehr klug und vorausschauend, dass sie die führenden Persönlichkeiten in den Regierungsbezirken, die Bezirksleiter, die den Vorstand des Heimatbundes bildeten, durch ständige politische Ausschuss-Sitzungen über alle Wege der ausländischen Politik und den Vorgängen im Reich orientierten. Besonders eindrucksvoll und anregend verliefen dabei die in den einzelnen Bezirken abwechselnd veranstalteten Informations-Kurse durch den in der Provinz bald bekannt und beliebt gewordenen Dr. Eduard Stadtler, dessen Dialektik überwältigend war und der es ausgezeichnet verstand, als Vorkämpfer gegen den Welt-Bolschewismus und Heimatbund-Kämpfern die Heimat als Eckpfosten der christlich-germanischen Kultur politisch und seelisch verpflichtend ans Herz legen. Es hieße etwas in der Darstellung der Heimatbundgeschichte versäumen, wenn ich nicht in der Erinnerung an das vom evangelischen Pfarrhause in der Jugend empfangene Rüstzeug der von mir besonders im Regierungsbezirk Gumbinnen betriebenen dankbaren Mitarbeit der Kirche als einer besonders einflussreichen Kraftquelle gedenken wollte. Auch die „Kraft der Kanzel" bewährte sich in der Agitation gegen den Bolschewismus aufs glänzendste.

Da wirkte sich in den Kreisen und in den Bezirken die überall betriebene Kleinarbeit in einer aktivistischen Mitarbeit aller vernünftigen Elemente aus. Die ungestüme Zusammenballung aller Gutgesinnten wurde zu einem Ruhmesblatt in der Geschichte ganz Ostpreußens. Alles geschah aus einer idealen Pflichterfüllung der bedrohten Heimat gegenüber heraus. Dem klassischen alten preußischen Geist, wie er von den Vätern ererbt war, entsprach auch die große finanzielle Opferwilligkeit, mit der erstaunlich hohe Beträge von allen Landesbewohnern, ob vom kleinen oder großen Grundbesitz, aber auch in den Städten von Handel und Industrie zur Sicherung und Bekämpfung gegen die drohende Gefahr des äußeren Bolschewismus und der weiter akut gebliebenen Polengefahr, geopfert wurden. Dabei ist es mir ein besonderes Herzensbedürfnis, den von mir hochverehrten, nach großem persönlichen Leid für die ostpreußische Heimat viel zu früh verstorbenen, aus einer der besten Salzburger Familien stammenden Landsmann Käswurm - Puspern als ein besonders leuchtendes Beispiel an Opferfreudigkeit hinzustellen. Schon bei der Gründungsversammlung des Heimatbundes hatte er Hunderttausende seines Vermögens zur Rettung unserer Heimat geopfert.

Ich will nicht verschweigen, dass es in den Bezirkstagungen bei der allgemeinen Verärgerung hinsichtlich der Nachgiebigkeit der Reichsregierung über die Streitfrage, inwieweit Ostpreußen überhaupt einen festen dauernden Rückhalt für seine abgetrennte Lage in Berlin finden würde-und ob der Weg einer Lostrennung vom  Reich nicht das Gegebene sei gelegentlich zu lebhaften Diskussionen führte, dass aber immer wieder die unbedingte Treue zum Reich und das Zusammengehen und gemeinsame Überwinden der vaterländischen Not mit allen westdeutschen Brüdern und Provinzen dann doch immer wieder zum Durchbruch kam. Das war auch das Einzige, worüber die Meinungen manchmal etwas auseinander gingen. Im Ganzen hing alles mit hartnäckiger Treue und mit Leib und Seele an der Tradition, zu der man sich ein Leben lang bekannt hatte, an der preußisch-deutschen Staatsidee. Auch möchte ich in Erinnerung an diese Tagung etwas nicht unausgesprochen lassen, - das war die Einigkeit im Handeln und das gleichbleibende persönliche Zusammenstehen aller Mitbeteiligten frei von jedem Querlauf und jedem sinnlosen Intrigen-Spiel. Ich habe eine solche Einigkeit unter den führenden Persönlichkeiten der Provinz später nur noch in dem großen Landwirtschaftsverband kennen gelernt.

 

III.

Die Betätigung des Bundes nach dem Kapp-Unternehmen bis 1933

Es lässt sich nicht bestreiten, dass die organisatorische Festigkeit des Heimatbundes schon nach halbjährigem Bestehen im März 1920 durch das missglückte Kapp-Unternehmen einer starken Zerreiß- und Kraftprobe ausgesetzt war. Damals war der Bund bei der intensiven, und tatkräftig betriebenen Aufbauarbeit mit seinen Unterorganisationen bereits bis zur Weichsel vorgedrungen. Was heimattreu und kämpferisch eingestellt war, hatte sich in der Provinz dem Bunde angeschlossen, so dass er wie ein Bollwerk wirkte und als stärkste militärisch unterbaute Organisation allgemein anerkannt wurde. Die Allgemeinheit hatte sich daran gewöhnt, die von der Zentrale ausgegebenen Anweisungen und Anordnungen als etwas Verpflichtendes anzusehen. Es darf deshalb nicht wunder nehmen, dass sich auch die Provinz so einstellte, wie die Heimatbundleitung sich zu der neuen Regierung bekannte und dann wieder die Nachricht von ihrem schnellen Sturz mit einer Ruhe und einem Gleichmut hinnahm, wie es die unbedingte Selbstbehauptung der Bevölkerung nach innen und nach außen verlangte.

Die hierauf entstehende Friktion wurde dadurch sehr vorteilhaft überbrückt, dass Kapp aus dem Vorsitz ausschied und dieser von da ab durch den 2. Vorsitzenden des Heimatbundes, den Landeshauptmann v. Brünneck übernommen wurde. Seine besonnene und kluge Führung hat es zuwege gebracht, dass der Schutz- und Trutzbund als Hüter der Provinz die für ihn entstehende politische Erschütterung schnell überwand und als solcher für seinen eigenen Zweck erhalten blieb Dass sich sogar die beiden offiziellen Spitzen der Provinz dem Vorgehen des Heimatbundes anschlossen und sich für die neue Regierung entschieden, ist ein Werk seiner Verhandlungen mit dem Oberpräsidenten Winnig und dem Kommandierenden General v. Estorff bei denen er von den Majoren Fletcher und v. Weiß unterstützt wurde. Dieses geschlossene Vorgehen aller ausschlaggebenden Machtfaktoren in der Provinz bewirkte, dass es nach dem Scheitern Kapps in der Provinz zu keinerlei Unruhen und sinnlosem Blutvergießen kam. Vielmehr blieb die abgetrennte Heimat auf eigene Machtmittel fest gestützt und weitgehend gerüstet auch für die nächsten Jahre gegen alle Angriffsgelüste bolschewistischer und polnischer Nachbarn

Es wird viele unserer Heimatgenossen, die damals nicht in allen Dingen eingeweiht waren, überraschen, dass der Heimatbund 1926 nachdem sich schon vieles in der weiter ausgebauten Reichswehr konsolidiert hatte und die Reichswehr zu einer festgefügten und innerlich erstarkten Truppe geworden und damit die militärischen Selbstschutzorganisationen im Reich und auch in Ostpreußen überflüssig machte, der Reichswehr vom Heimatbund Waffen aller Art für drei volle Divisionen übergeben werden konnten, die wir „Heimatbündler“ als freiwillige militärische Heimatorganisation seit 1919 auf allen möglichen Wegen, zum Teil auch durch Kauf zum Schutz unserer Heimat zusammengebracht und vor feindlichen Zugriffen bewahrt hatten.

 

Alle Versuche nach dem Kapp-Unternehmen, den bewährten und um Ostpreußen hochverdienten Oberpräsidenten Winnig der Provinz zu erhalten, missglückten an dem Widerspruch des Innenministeriums, das ihm die Stellungnahme für Kapp sehr verdacht hatte. Dafür gewann der Heimatbund im Oberpräsidialrat Carl von Hassel, der sich durch die Anerkennung Kapps ebenfalls stark exponiert hatte, und seine amtliche Dienststellung verlor einen späterhin sehr zur Geltung kommenden, zähen und klugen Mitarbeiter am Heimatgedanken, als geschäftsführenden Direktor. Seine erfolgreiche Arbeit unter Graf Brünneck, als Vorsitzenden erschien dem Heimatbund verschiedene neue Arbeitsgebiete, wie die Jungpreußische Bewegung zur Wahrung altpreußischer Tradition und die Wehrertüchtigung der Jugend. Die gleichgerichtete und ungetrübte Zusammenarbeit dieser beiden großen Männer hat dem Heimatbund viele Jahre den Stempel einer großen, immer sehr stark dynamischen provinzialen Organisation aufgedrückt.

Als Graf v. Brünneck nach Ablauf seiner Wahlperiode als Landeshauptmann Anfang August 1928 die Bewirtschaftung seines alten Familienbesitzes Bellschwitz übernahm und der altverehrte, wenn auch schon im hohen Lebensalter stehende frühere Oberpräsident v. Berg - Markienen an seine Stelle trat, war die Heimatbundbetätigung zu einer ständigen bis zur Auflösung des Bundes im Jahre 1937 überparteilichen nationalpolitischen Einrichtung in der Provinz geworden. Exzellenz v. Berg-Markienen konnte deshalb bei der Auflösung auch der gesamten Öffentlichkeit bekanntgeben, dass der Heimatbund in den Jahren seines Bestehens in der Provinz den Willen der unbedingten Selbstbehauptung geweckt, unbeirrt stets die Linie aller nationalen Erfordernisse gegangen und manches geleistet hat, was für die Zukunft Ostpreußens und damit, auch Deutschlands von Bedeutung war.

Zum Schlusse meiner Ausführungen will ich noch die besonderen Verdienste meines von mir hochgeschätzten alten Marinekameraden, des Konteradmirals Hans Küsel, als eines vorbildlich heimattreuen Sohnes unserer unvergesslichen Heimatgedenken, der neben dem ihm besonders bearbeiteten Gebiet der Jugendertüchtigung auf Wunsch des Vorstandes auch zum Historiographen des Schutz- und Trutzbundes wurde. Seine Geschichte des Heimatbundes ist mit vielen Details zu einem wertvollen Dokument und einem hohen Lied in den ostpreußischen Widerstandsgeist und seiner Opferfreudigkeit geworden, die im neuen Ostpreußischen Staatsarchiv einen verdienten Platz finden wird. Ich bin seinen Ausführungen unter Fortlassung von Nebendingen und Beifügung persönlicher Erlebnisse in großen Zügen gefolgt und bedaure, dass über die praktische Selbstschutzbetätigung wie ich sie für den Regierungsbezirk Gumbinnen angedeutet habe, nicht noch ein zweiter Band mit einem vollständigen Überblick über die ganze Provinz unserer Heimat vor der schon damals drohenden bolschewistischen Flut, der wir 1945 zum Opfer gefallen sind, zur Niederschrift gelangt ist. Auch dieser Band wäre für die interessierte ostpreußische Jugend ein lehrreiches Beispiel, wie vor vielen Jahren der Ostpreuße zäh und hartnäckig über seine Heimat nicht durch die Volksabstimmung in den Südkreisen, sondern auch unter militärischen Kräfte preußisch und deutsch erhalten. Auch das soll unsere Verbindung mit der alten unvergesslich schönen, geraubten Heimat voll Stolz und Verpflichtung wacherhalten. Ostpreußens Zukunft bleibt auch weiterhin Deutschlands Schicksal.

 

Anmerkung der Schriftleitung

Von den im Artikel abgebildeten Persönlichkeiten leben heute noch: Graf v. Brünneck – Bellschitz in Baden/Baden, Gernsbacherstr. 6?. Major A. Fletcher, Herzogenaurach, Kreis Erlangen. Frg. Kpt. P. Hundertmarck Wittgirren, Kummerfeld bei Pinneberg. Obstl. Carl v. Plehwe, Schnathorst 187 über Löhne.

 

Seite 8   Herrn. Gürtler (im Text wird er Güttler geschrieben) zu seinem 65. Geburtstag mit Foto.

Der am 7. Oktober 1887 zu Königsberg geborene Komponist Hermann Gürtler steht besonders in seinen Frühwerken in starker Beziehung zu den landschaftlichen Stimmungswerten seiner ostpreußischen Heimat und der östlichen Welt überhaupt. Die angeborene Schwermut seiner Melodik eint sich oft mit starkpulsierender Lustigkeit und ausgesprochener Neigung zu Humor und Karikatur. Seine romantisch eingestellte Grundhaltung findet in den späteren Werken den Weg zu einer neoklassischen Einstellung zurück, die, besonders in seinen Bühnenwerken, neue Wege seelischer Ausdeutung durch die Musik eröffnen.

Der Komponist lebte viele Jahre in starkbeschäftigter Stellung als Musikreferent und Dozent in der ostpreußischen Hauptstadt und wirkte durch sein Schrifttum wie als Lehrer gleich anregend im Sinne bodenständiger Ausgestaltung ostpreußischen Kulturgutes. Für sein 1925 erschienenes Buch „Königsbergs Musikkultur im 18. Jahrhundert“ (jetzt Bärenreiter-Verlag, Kassel) verlieh ihm die Königsberger Universität den Doktortitel. Sein langjähriger Wohnsitz an der samländischen Küste (1915 bis 1931 in Neukuhren,1933 bis 1936 in Cranz) brachte ihn in nahe Berührung mit den Wald- und Meeresstimmungen seiner Heimat. Die an und beinahe ein halbes Hundert erreichenden musikalischen Werke des urwüchsigen Ostpreußen sind aus diesem Boden erwachsen. Nach 1933 aller Existenzmittel in Ostpreußen beraubt, siedelte er 1937 nach Berlin über, wo er heute in gleicher Wirksamkeit das geistige Band, das ihn mit der Welt des Ostens verknüpft, bei der immer weiter fortschreitenden räumlichen und zeitlichen Entfernung des Objekts desto fester in seinen Händen hält.

Schon in seinen Jugend-Klavierstücken „Einsame Stunden“ (1922) erwies sich Hermann Güttler als starker Stimmungsmaler. Das Motiv der endlosen dunklen Wälder und weiten Wasserflächen fand in Stücken wie „Sonntag Laetare" und „Haffzauber" auch in weiteren Kreisen heimatbegeisterter Hörerschaft starken Widerhall. Das 20 Jahre später erschienene zweite Heft der „Einsamen Stunden" bringt an Stelle der zarten impressionistisch empfundenen Visionen vielfach persönlich bestimmten Expressionismus, der dem Gedanken des Einsamen, Resignierten besonders in dem Schlussstück „Im Gehäus“ weltanschauliche Bedeutung verleihen.

In den zahlreichen Liedern ist eine ähnliche Entwicklung zu erkennen. Lermontow und Carl Hauptmann boten zuerst dem Komponisten eine wahlverwandte Wortlyrik und gaben zu ebenso innigen wie hochfeierlichen Gebilden melodische Anregung. Später ist die Liedlyrik in großen Zyklen persönlich konzentriert: „Du tönest wie Musik in mir“ (1948, in zwei Heften, nach eigenen Dichtungen), „Der indische Garten“ (Tagore) und als Abschiedsgesang an die Heimat „Jahreskreis der Heimat" (1945) nach Dichtungen des in jungen Jahren durch Freitod geendeten ausgezeichneten ostpreußischen Lyrikers Fritz Mallien, ein Werk, das heule bereits in Berlin zu zahlreichen Aufführungen gelangt ist.

Von den größeren Formen sei zum Schluss noch besonders das noch in der Heimat angeregte, aber erst in der Gegenwart vollendete Klavier -Konzert As-Dur und das Violin- Konzert e-moll (6 Sätze, programmatisch gestaltet, darunter das „Sternbild") erwähnt, das Chorwerk „Rückkehr" nach Stefan George, das „Hiddenseer Traumspiel" (Gerhart Hauptmann) für Singstimme, kleines Orchester und Schlusschor und die größeren Klavierzyklen „Rilke – Elegien“, „Winterliche Stanzen" und „Idyllen vom Baltischen Ufer“. In diesem Jahr ist die erste Symphonie (F-dur) dazugekommen. Von den beiden Opern „Sakuntala“ und „Der Katzensteg" (beide nach eigenen Dichtungen) sieht die erstgenannte, das größte und tiefste Werk des Komponisten, ihrer baldigen Uraufführung entgegen. An den heimatlichen Stimmungsgehalt der zweiten schließt sich balladenhaft das einzige Streichquartett A-dur an (Mittelsatz: „Ostpreußische Sommernacht"). Möchte dem unablässig schaffenden Tondichter ein reicher Lebensabend beschieden sein! Hilde Reppin.

 

 

Ausgabe B der Ostpreußen-Warte

Der große Tag von Duisburg

20 000 Königsberger feierten ein Wiedersehen – Feierliche Übernahme der Patenschaft

Agnes Miegel stürmisch gefeiert – Ein großartiger Erfolg.

Foto: Konsul Bieske überreicht Stadtdirektor Klimpel eine wertvolle Radierung.

Foto: Unsere alten Speicher grüßten die Königsberger

Foto: Ein Ausschnitt von dem Treffen auf dem Lotharplatz. Aufn.: E. Keufer

Das erste Treffen der Königsberger in ihrer Patenstadt an Rhein und Ruhr ist verklungen. Noch niemals waren so viel Königsberger nach der Vertreibung aus unserer Vaterstadt zu einem Treffen zusammengekommen wie am 7. September 1952 in der Patenstadt Duisburg. Nahezu 20 000 Königsberger Landsleute feierten ein herzliches Wiedersehen! Mehr als erwartet wurden, waren gekommen, aus Flensburg, aus München, Stuttgart, Hannover, aus dem ganzen Bundesgebiet waren die Königsberger dem Ruf ihrer Patenstadt gefolgt. Fürwahr, ein großartiger Erfolg, wenn man bedenkt, dass das Amt Königsberg erst vor wenigen Monaten seine Arbeit in Duisburg aufgenommen hatte. Durch ihr zahlreiches Kommen bewiesen die Königsberger, dass sie den Sinn des Gedankens der Patenstadt wohl verstanden haben und ihr Dank galt von ganzem Herzen der Stadt Duisburg, die keine Mühe und keine Kosten gescheut hatte, um diesen erhebenden Tag zu einem tiefen Erlebnis für alle Königsberger werden zu lassen.

Empfang im Rathaus

Den würdigen Auftakt zu dem Königsberger Treffen bildete ein Empfang in dem festlich geschmückten Ratsherrensaal des Duisburger Rathauses am Sonnabendnachmittag für etwa 40 Ehrengäste aus dem alten Königsberg. Die Königsberger und die Duisburger Flagge kündeten am Kopfende des Saales von der nahen Verbindung, die die beiden Städte nun eingegangen sind. Kerzenschein gab der Stunde die festliche Weihe. Im Namen des Rates der Stadt und der Bürgerschaft hieß Bürgermeister Dr. Storm die Ehrengäste herzlich willkommen. „Wir haben die Ehre, heute einen Kreis führender Persönlichkeiten aus dem alten Königsberger Geistesleben, aus der Verwaltung und der Wirtschaft bei uns auf dem Burgplatz zu sehen, und ich darf Ihnen sagen dass Ihr Kommen uns mit großer Freude erfüllt. Der Bürgermeister erinnerte dann die Gäste daran, dass sie sich auf dem Burgplatz auf historischer Stätte befänden, denn hier habe einst die Burg Karls des Großen gestanden. Duisburg habe seit damals seine geographisch günstige Lage ausnutzen können. Beide Städte – Duisburg und Königsberg – hätten gemeinsam die Schifffahrt und einen weltweiten unternehmerischen Kaufmannsgeist. Dr. Storm wies darauf hin, dass Duisburg im letzten Krieg 265 Luftangriffe über sich ergehen lassen musste, die die Hälfte der Stadt in Trümmer gelegt hätten. Doch sei die Heimat erhalten geblieben.

Stürmischer Beifall für Agnes Miegel

Als Bürgermeister Dr. Storm dann der anwesenden Dichterin Dr. h. c. Agnes Miegel gedachte, erhob sich langanhaltender stürmischer Beifall. „Mit Recht", so sagte er, „nenne man Frau Dr. Agnes Miegel die Mutter Ostpreußens." „Mütter geben nicht nur körperliche Leben weiter, Mütter verschenken sich, sie pflanzen die Liebe und den Opfersinn fort. Liebe zur Heimat und Liebe zum Volk. Sie haben es, verehrte Frau Dr. Miegel, in überreichem Maße in einem langen Leben getan. Sie sind uns lebendiges und mahnendes Beispiel für unsere gemeinsame Arbeit für die Zukunft.

Bürgermeister Dr. Storm kündigte dann an, dass künftig bei allen festlichen Gelegenheiten neben der Duisburger auch die Königsberger Flagge wehen werde als Symbol der Verbundenheit der beiden Städte und als Zeichen des ungebrochenen Mutes der Königsberger Bürgerschaft, die ihre Heimat nicht aufgeben dürfe und wolle, und letztlich als ein Beweis dafür, dass die Duisburger sich verpflichtet fühlten, nach besten Kräften zu helfen. „So wollen wir gemeinsam unser Werk beginnen wie es die Schiffer dieser Stadt immer getan haben, in Gottes Namen“, schloss Dr. Storm seine bedeutsame Ansprache.

Konsul Bieske als Kreisvertreter Königsberg-Stadt in der Landsmannschaft Ostpreußen bedankte sich für den herzlichen Empfang im Namen der Gäste und überreichte dem Bürgermeister Dr. Storm und dem Oberstadtdirektor Klimpel eine wertvolle Radierung von Königsberg. Für den Göttinger Arbeitskreis überreichte Dr. Gause der Stadt Duisburg die beiden bisher erschienenen Jahrbücher der Albertus-Universität. Einen, dreihundert Jahre alten Stich, der die Huldigung der Königsberger Stände vor dem großen Kurfürsten zeigt, übergab im Auftrage der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen in der Landsmannschaft Ostpreußen deren Vorsitzender, Rektor Grimoni.

Nach Beendigung des festlichen Empfanges trugen sich die Ehrengäste in das Goldene Buch der Stadt Duisburg ein.

Während weiter am Sonnabendnachmittag Hafenrundfahrten durchgeführt wurden und mit einer Feierstunde die Königsberger Kunstausstellung eröffnet wurde, versammelten sich die Ehrengäste am Abend im „Duisburger Hof zu einem geselligen Beisammensein, bei der wiederum Agnes Miegel und der Königsberger Dichter Walter Scheffler zugegen waren. Unter den Gästen sah man u. a. den 1. Vorsitzenden des BVD Dr. Linus Kather, Stadtdirektor Dr. Lawin, Konsul Jonas, Konsul Bernhard Koch. Nach Begrüßungsworten des Bürgermeisters Dr. Storm dankte der achtzigjährige frühere Landeshauptmann Graf Brünneck im Namen der Anwesenden der Stadt für ihre Gastfreundschaft und übergroße Herzlichkeit. Seine geistvollen Ausführungen beeindruckten alle tief.

 

Tausende Königsberger waren bereits am Sonnabend in Duisburg erschienen; das Verkehrsamt hatte für alle Quartier beschaffen können, zumal durch die Bereitwilligkeit der Duisburger genügend Quartiere zur Verfügung standen. Schon in den frühesten Morgenstunden herrschte am Sonntag auf dem Hauptbahnhof reger Betrieb. Jeder einlaufende Zug brachte neue Scharen von Königsbergern in die Patenstadt. Auch der Wettergott hatte es mit uns gut gemeint: ein sonnenklarer schöner Herbsttag sorgte für eine frohe Stimmung und ungestörten Verlauf des Treffens.

Der Gottesdienst auf dem Ehrenfriedhof, zu dem 5000 Landsleute erschienen waren, leitete den Festtag würdig ein. Pfarrer Wendt (früher Königsberg) und Kaplan Wilms hielten die Predigten.

Die Patenfeier auf dem Lotharplatz

Ein frohes, buntbewegtes Bild bot sich den 20 000 Königsbergern, die im Laufe des Vormittags auf dem Lotharplatz zusammengeströmt waren. Königsberger und Duisburger Fahnen und Wappen, riesige Kulissenbauten, die die Speicher am Hundegatt und die Schlossecke am Kaiser-Wilhelm-Platz darstellten, schmückten das weite Rund des Platzes. Zahlreiche Verkaufsstände luden zu einem echten Bärenfang. Unsere Landsleute ließen sich das nicht zweimal sagen. Herzliche Wiedersehensszenen konnte man immer wieder erleben, wenn man über den weiten Platz schlenderte. Wie oft fielen sich Landsleute in die Arme, die durch die Schrecknisse des Krieges und der Vertreibung seit langen Jahren getrennt waren und nichts mehr voneinander gehört hatten und sich nun unverhofft wiedersahen. Dieses sich wiederfinden war für sehr, sehr viele ein großes Erlebnis.

Überreichung der Patenurkunde

Bei weitem nicht alle Königsberger konnten in dem großen Zelt auf dem Lotharplatz bei der feierlichen Übergabe der Patenschaft Platz finden. Bürgermeister Dr. Storm stellte seiner Festansprache das Dichterwort voran: „Der ist in tiefster Seele treu, der die Heimat liebt wie Du." Allen, die von nah und fern gekommen waren, um der offiziellen Übernahme der Patenschaft der Stadt Königsberg durch die Stadt Duisburg beizuwohnen, entbot er seinen herzlichen Gruß. Langanhaltender Beifall rauschte auf und Tausende erhoben sich von ihren Plätzen, als Bürgermeister Dr. Storm an erster Stelle die Ehrenbürgerin der Stadt Königsberg, die Mutter Ostpreußens, Agnes Miegel, begrüßte. Sein Gruß galt auch dem früheren Landeshauptmann, Graf von Brünneck, Stadtbaurat Dr. Kutschke und Konsul Bieske! Oberbürgermeister Dr. Lohmeyer und Dr. Weber hatten in letzter Stunde ihr Erscheinen absagen müssen.

Dann ging Dr. Storm auf den Beschluss des Rates der Stadt Duisburg, die Patenschaft für Königsberg zu übernehmen, ein. „Unsere Hilfe soll praktisch sein, nicht programmatisch. Wir haben unsere Arbeit bereits in Angriff genommen mit Maßnahmen, die so vielen Bewohnern der Stadt Königsberg sofort Nutzen bringen können. Ein Königsberger Büro, dass Herr Stadtinspektor Neiß aus Königsberg leitet, ist inzwischen eingerichtet worden. Wir sind nun dabei, die Königsberger Kartei immer weiter auszubauen und jetzt schon wird sie in starkem Maße für Auskunftszwecke in Anspruch genommen. Als Zukunftsaufgabe schwebt uns vor, möglichst viel Quellenmaterial über Königsberg zu sammeln und das vorhandene zu ergänzen und zu vervollständigen. Man werde keine Mühe scheuen, das Königsberger Büro zu einer Stelle auszubauen, die den Königsbergern Hinweise, Auskunft und Hilfe zukommen lasse. Ferner solle Duisburg ein Sammelplatz Königsberger Tradition, Geschichte, des hohen Kultur- und Geisteslebens werden. Beabsichtigt sei auch die Einrichtung eines Königsberger Zimmers und eines Königsberger Hauses, in dem die Königsberger einkehren könnten, um dort Zwiesprache zu halten. „Um unsere Verbindung auch äußerlich in Erscheinung treten zu lassen, hat der Rat der Stadt Duisburg beschlossen, den Nürenweg und die Felsenstraße „Königsberger Allee" umzubenennen", erklärte Dr. Storm unter dem Beifall der Versammelten. Ferner wird der Stadtgarten den Namen „Immanuel Kant-Park" tragen. Auch soll in dem Park eine genaue Kopie der Bronzetafel, wie sie an der Schlossmauer in Königsberg hing, angebracht werden.

Feierlich überreichte dann der Bürgermeister die auf Pergament geschriebene Ehrenurkunde, in der Duisburg die Patenschaft für Königsberg übernimmt, dem ersten Kreisvertreter der Stadt Königsberg, Konsul Bieske unter dem stürmischen Beifall der Königsberger Landsleute.

Im Anschluss an die feierliche Übernahme der Patenschaft sangen die Versammelten gemeinsam die dritte Strophe des Deutschlandliedes. Regierungspräsident Baurichter überbrachte die Grüße des Ministerpräsidenten und der Landesregierung. In einem Telegramm grüßte die in Düsseldorf zu gleicher Stunde versammelten Danziger ihre Königsberger Brüder.

Konsul Bieske sprach dann zugleich auch im Namen der beiden anderen Kreisvertreter von Königsberg, Reg.-Rat Stech, MdB., und Pfarrer Linck, der Stadtverwaltung von Duisburg dem Rat und den Bürgern von Duisburg den Dank aller Königsberger für die Übernahme der Patenschaft und für die überaus herzliche Gastfreundschaft aus.

In Ehrfurcht und Dankbarkeit gedachte er dann aller derer, die ihr Leben und ihre Ehre für die innere und äußere Rettung der Stadt Königsberg eingesetzt hätten. Sein besonderer Gruß galt dann unserer Agnes Miegel, die von den tausenden wiederum stürmisch gefeiert wurde. Auch Landeshauptmann Graf Brünneck und Walter Scheffler wurden herzlichst begrüßt, „Auch wir", so sagte Konsul Bieske, „blickten zu dem gestirnten Himmel über uns und wissen um das Walten eines moralischen Gesetzes in uns. Dieser Glaube gibt uns die Kraft, am Wiedererstehen unserer Vaterstadt nicht zu zweifeln. Dann wird neben dem Drei-Wappen-Banner Altstadt-Löbenicht und Kneiphof die Fahne unserer Patenstadt Duisburg wehen! Das in der Not geschlossene Band soll als ein Zeichen gemeinsam bekräftigten deutschen Lebenswillen für immer bestehen!"

Staatssekretär Dr. Schreibe betonte, dass bei dieser Patenschaft nicht das politische, sondern das Menschliche das Wesentliche sei. Mit dem „Auftritt der Meistersinger", von der Bergkapelle Hamborn intoniert, klang die erhebende Feierstunde auf dem Lotharplatz aus.

Agnes Miegel liest

Zu einem besonderen Erlebnis wurde die Ostpreußische Heimatstunde am Sonntagnachmittag, auf der Agnes Miegel eines ihrer neueren Gedichte vorlas. - Humorvolle Vorträge und Geschichten waren der weitere Inhalt der Heimatstunde. - Für das leibliche Wohl hatte die Patenstadt ebenfalls in reichlichem Maße gesorgt. Viele tausende Portionen Erbsen mit Speck wurden durch Helferinnen des Roten Kreuzes ausgeteilt.

Während auf dem Lotharplatz bis in die Abendstunden hinein tausende Königsberger ein frohes Wiedersehen feierten, vereinigten sich die Berufsvereinigungen, Innungen, die Angehörigen verschiedener Königsberger Werke und die Sportler in den Duisburger Lokalen zu mehr als 20 Sondertreffen. Als der Posaunenchor des CVJM Duisburg vom Turm der Salvotorkirche abends den allen Königsbergern bekannten Choral „Nun ruhen alle Wälder" blies, hatte das großartige Treffen der Königsberger seinen Höhepunkt überschritten.

(Der folgende Satz ist völlig fehlerhaft) Mit Freude und Dankbarkeit werden alle Landsleute an diesen herrlichen Tag zurückdenken, hatte das großartige Treffen der Königs- kommenden Jahr warten, an dem dann keiner fehlen wird.

 

 

Seite 10   Königsberger Künstler stellten aus

Das erste Königsberger Treffen in Duisburg war auch mit einer großen Ausstellung von Werken Königsberger Künstler im Städtischen Kunstmuseum verbunden. Allein 140 Werke von vierzig lebenden Künstlern vermittelten einen tiefen Eindruck von ihrem Schaffen.

Im Rahmen einer Feierstunde, die sehr stark besucht war, nahm Bürgermeister Dr. Storm die Eröffnung der Ausstellung vor und begrüßte vor allem unter dem lebhaften Beifall der Anwesenden unsere Dichterin Agnes Miegel. Dr. Storm gab dem Wunsche Ausdruck, dass die Ausstellung mit dazu beitragen möge, Duisburg mit dem geistigen Leben seiner Patenstadt am Pregel zu verbinden. In einem ausführlichen Referat hob Dr. Nadolny, früher Museumsdirektor in Tilsit, die großartige Kulturleistung Königsberg im Nordosten hervor. Auf seine Ausführungen, für die ihm reicher Beifall zuteilwurde, kommen wir noch ausführlich zurück. In ergreifenden Worten gedachte dann die Königsberger Malerin Frau Ida Wolfermann, Lindenau, die an dem Zustandekommen der Ausstellung wesentlichen Anteil hatte, der während des Krieges und nachher gefallenen und gestorbenen Königsberger Künstler. Das Anliegen der Künstler fasste Frau Wolfermann in dem Satz zusammen: „Wir wollen helfen, das geistige Eigentum des ostdeutschen Menschen zu erhalten." - Den musikalischen Rahmen der Feierstunde bestritt die Königsberger Konzertpianistin, Frau Prof. Margarete Schuchmann, mit Werken von Brahms und Schumann.

Die gut aufgebaute Ausstellung verteilte sich auf mehrere Räume und beeindruckte alle Besucher stark. Die Ausstellung zeigte u. a. Werke von Lovis Corinth, Käte Kollwitz, Max Pechstein, Prof. Bischoff, Kurt Bernecker, Gertrud Bernecker-Lerbs, Prof. Degner, Erika Eisenblätter-Laskowski, Julius Frischmuth, Arthur Kuhnau, Karl Kunz, Prof. Marten, Ernst Mollenhauer, Prof-Partikel Liselote Popp, Klaus Seelenmeyer, Heinz Sprenger, Prof. Karl Storch, Prof. Wissel, Ida Wolfermann-Lindenau, Prof. Wolff, Frau von Sanden und Hanl Holschuh waren mit mehreren Plastiken vertreten.

Verbunden war die Ausstellung mit einer Schau Königsberger Erinnerungen. Man sah wertvolle Urkunden und Dokumente, alte Stiche und seltene Bernsteinfunde, die die Bernsteinmanufaktur zur Verfügung gestellt hatte.

 

 

Seite 10   Wichtige Hinweise für alle Königsberger

5000 neue Anschriften in Duisburg eingegangen – Freudige Mitarbeit und rege Anteilnahme

Die Presseveröffentlichungen über die Übernahme der Patenschaft für Königsberg (Pr.) durch die Stadt Duisburg und das Große Heimattreffen der Königsberger in Duisburg haben zu einer regen Anteilnahme, zu freudiger Mitarbeit und zu einem großen Verständnis für die Belange der Patenschaft geführt. Sie haben auch dazu beigetragen, dass die bei der Stadt Duisburg eingerichtete „Auskunftstelle Königsberg" plötzlich außerordentlich stark mit Anträgen und Gesuchen der verschiedensten Art in Anspruch genommen wurde. Die Zahl der in den letzten Wochen eingegangenen und bei den Heimattreffen abgegebenen Suchanfragen ist ebenfalls besonders hoch. Für die Kartei der Königsbeiger sind in den letzten Wochen eingegangen und bei den Heimattreffen abgegebenen Suchanfragen ist ebenfalls besonders hoch. Für die Kartei der Königsberger sind in den letzten Wochen auf Grund der wiederholten Aufrufe rund 5000 neue Anschriften eingegangen, die noch der Kartei einzufügen sind. Nach Beendigung dieser Arbeiten können die Suchanfragen aus der erweiterten Kartei vollständiger beantwortet werden. Auch die über den Rahmen der Kartei hinausgehenden Anträge werden nacheinander zur Erledigung kommen. Der mit der Übernahme der Patenschaft und dem Heimattreffen verbundene stoßweise Arbeitsanfall wird voraussichtlich bald überwunden sein.

Da sich herausgestellt hat, dass bestimmte Fragen sich häufig wiederholen, soll an dieser Stelle zusammenfassend auf eine Reihe von Punkten eingegangen werden, die den heimatvertriebenen Königsbergern besonders wichtig sind:

1. Stadtsparkasse Königsberg (Pr.)

Die Kontenunterlagen der Stadtsparkasse sind in Urschrift und Doppel verloren gegangen. Treuhänder für die ostdeutschen öffentlichen Sparkassen ist Herr Bankdirektor Fengefisch, Hamburg 1, Postfach 999 (Landesbank). Herr Fengefisch kann auf Anfragen, für die das Vorhandensein von Konten notwendig ist, keine Auskunft erteilen. Als Beweismittel für die Anmeldung von Sparguthaben im Rahmen des Währungsausgleichs für Vertriebene dienen die Sparbücher in Verbindung mit den Namensbescheinigungen, die die Stadtsparkasse in den letzten Kriegsjahren auf Antrag auszugeben pflegte. Durch Rechtsverordnung der Bundesregierung soll noch bestimmt werden, welche Beweismittel an Stelle verlorenen gegangener Konten und Sparbücher anzuerkennen sind.

2. Standesämter Königsberg (Pr.)

Ein Teil der Standesamtsregister Königsberg I bis IV befindet sich beim Standesamt I, Berlin N 54, Rückerstraße 9 (Ostsektor). Standesamtliche Urkunden können dort unmittelbar oder über das örtlich zuständige Standesamt angefordert werden.

3. Angestelltenversicherung

Versicherungsunterlagen aus der Angestelltenversicherung sind bei der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin-Wilmersdorf, Ruhrstr. 2. vorhanden. Bei Anfragen sind genaue Personalangaben mit Geburtsdatum und Geburtsort zu machen.

4. Invalidenversicherung

Die Versicherungsunterlagen der Sicherungsanstalt Ostpreußen in Landesversicherungsanstalt Ostpreußen in Königsberg sind nicht gerettet worden. Anfragen an die Stadt Duisburg – Auskunftsstelle Königsberg – sind zwecklos. Als Beweismittel dienen die in den Händen der Versicherten befindlichen Versicherungsunterlagen oder hilfsweise amtlich beglaubigte Erklärungen ehemaliger Arbeitgeber und Kollegen. Auskünfte erteilen die örtlich zuständigen Versicherungsämter.

5. Unterlagen über Grundstücke

Akten der Stadtverwaltung Königsberg sind nicht gerettet worden. Über den Verbleib von Grundakten und Grundbüchern ist bislang ebenfalls noch nichts bekannt geworden. De Anforderung von Unterlagen für die Anmeldung im Rahmen des Lastenausgleichs hat daher keine Aussicht auf Erfolg. Es wird aber darauf hingewiesen, dass der Architekt Georg Peter aus Königsberg (Pr.), Hufenallee 20, jetzt Muünchen-Ottobrunn, Dahlienstr. 8, in seiner Eigenschaft als früherer vereidigter Bau- und Grundstücksachverständiger beim Oberlandesgericht Königsberg (Pr.) und bei der Industrie- und Handelskammer Ostpreußen auf Grund seiner umfassenden Kenntnisse bereit ist, bei der Schadensfeststellung zu helfen.

6. Handwerker

Die „Betreuungsstelle ostdeutsches Handwerk" in Hamburg 36, Holstenwall 12, hilft den Angehörigen des ostdeutschen Handwerks nach Möglichkeit bei der Beschaffung von Arbeitsbescheinigungen und Nachweisen über bestandene Meister- und Gesellenprüfungen.

7. Schrifttum über Königsberg (Pr.)

Eine umfangreiche Sammlung von Schrifttum über Königsberg (Pr.) gibt es in der „Bücherei des deutschen Ostens" beim Kulturamt der Stadt Herne (Westfalen).

8. Anschriftenstellen Königsberger Sondergruppen.

Städtische Beamte, Angestellte und Arbeiter:

Walter Kolbe (16) Biedenkopf, Hospitalstr. 1.

KWS: Alfred Berger (24b) Leck (Schleswig), Gallberg 2.

Bautechnische Beamte des Reichsbahndirektionsbezirks Königsberg (Pr.): Josef Gronitzki, Hannover-Herrenhausen, Am Herrenhäuser Bahnhof 9.

Ostpreußische Arztfamilie: Dr. med. Paul Schroeder, (24b) Dänischenhagen über Kiel.

DRK-Schwesternschaft Ostpreußen: Itzehoe (Holstein), Talstr. 16.

Bäckermeister: Arthur Tobias, Lübeck-Travemünde, Am Heck 2.

Malermeister: Artur Birkmann, (16) Dillenburg, Hofgarten 2 I.

Bezirksschornsteinfegermeister: Walter Huenerbein, Gevelsberg (Westf.), Postfach.

VfB. Königsberg : Willi Krawzik (21b) Dortmund-Hörde, Nervierstr. 20.

ASCO Königsberg: Hans Schemionek (23) Sulingen, Lange Straße 75.

9. Königsberger Behörden  

Über besondere Abwicklungsstellen Königsberger Behörden ist der Stadt Duisburg nichts bekannt Königsberger, die Anliegen an ehemalige Königsberger Behörden haben, werden gebeten sich an die entsprechenden jetzt örtlich zuständigen Fachbehörden und –Dienststellen zu wenden, die auf Grund ihrer besonderen Erfahrungen und Kenntnisse besser zur Auskunftserteilung in der Lage sind, als das Patenschaftsbüro in Duisburg. Auch jeder Königsberger ist im Allgemeinen besser beraten, wenn er sich in Fragen Sozialversicherung an das zuständige Versicherungsamt oder die Landesversicherungsanstalt, in Fragen der Kriegsopferversorgung an das Versorgungsamt, in Fragen der Umsiedlung an das zuständige Flüchtlingsamt, in Fragen des Währungsausgleichs für Sparguthaben Vertriebener an die öffentlichen Sparkassen und in Lastenausgleichsfragen an das Lastenausgleichsamt direkt wendet. Die örtlichen Auskunftsstellen der Landsmannschaft und des BvD werden ebenfalls in vielen Fällen Auskünfte erteilen können.

10. Sammlung Königsberger Nachrichtenquellen

Um der Stadt Duisburg - Auskunftstelle Königsberg - die Auskunftserteilung zu erleichtern und um eine allgemeine Bekanntgabe zu ermöglichen, wird hierdurch jeder aufgerufen, bei dem Zusammentragen der Nachrichten zu helfen, die die heimatvertriebenen Königsberger für die Verfechtung ihrer Ansprüche brauchen. Wer weiß etwas über die Abwicklungs- und Auskunftstellen Königsberger Behörden, Geldinstitute, Versicherungen, Sterbekassen? Wo gibt es gerettete Königsberger Akten, Register, Verfügungen und Verordnungen Königsberger Behörden, wichtige Veröffentlichungen?

 

 

Seite 10   Königsberger Haus wird gebaut

In Auswirkung des großartigen Erfolges des ersten Königsberger Treffens in der Patenstadt, beschlossen die Beigeordneten der Stadt Duisburg bereits einen Tag nach dem Treffen den Bau des geplanten Königsberger Hauses baldmöglichst in Angriff zu nehmen, um einen zentralen Treffpunkt für die Königsberger in Duisburg zu schaffen. In mancherlei anderer Hinsicht gedenkt die Stadt die Patenschaft lebendig und wirksam werden zu lassen, wie uns der Leiter des Presseamtes, Verkehrsdirektor von Ravenstein, der wesentlichen Anteil an dem Gelingen des Treffens hat, in einer Unterredung sagte. Eine größere Anzahl von Lehrlingen will man Ausbildung und Unterbringung in Lehrlingsheimen zuteilwerden lassen. Nach dem Vorbild der Bäckerinnung sollen auch die anderen Königsberger Innungen engeren Kontakt mit den Duisburger Innungen finden. Auch mit den Vorbereitungen für die 700-Jahrfeier der Stadt Königsberg ist bereits begonnen worden.

 

 

Seite 10   Burschenschaft Teutonia

Die Königsberger Burschenschaft Teutonia konnte kürzlich in Marburg/Lahn ihr 77. Stiftungsfest feiern, an dem auch eine stattliche Reihe auswärtiger Alter Herren teilnahm. Nach dem Verlust der Heimat waren ihre Mitglieder, die naturgemäß zum allergrößten Teil in Ostpreußen ansässig waren, in alle Winde zerstreut, und es bedurfte einer planvollen und langwierigen Such- und Sammelaktion, bis ein annähernd vollständiges Mitgliederverzeichnis erscheinen konnte. Im September 1948 war es soweit, dass das erste Wiedersehenstreffen in Marburg/Lahn veranstaltet werden konnte. Ein Jahr darauf, im Juli 1949, wurde die Burschenschaft unter dem Namen „Alte Königsberger Burschenschaft Teutonia zur Marburg/Lahn" neu begründet. Die Farben violett-weiß-rot, der Zirkel und der Wahlspruch „Mens sana in corpore sano" wurden beibehalten.

Der 2. Weltkrieg forderte 25 Opfer, deren Tod auf dem Schlachtfeld nachweislich feststeht. Dazu kommen 5 Mitglieder, die als Zivilisten im Zusammenhang mit dem Kriegsgeschehen den Tod fanden. Das Schicksal von 22 Mitgliedern konnte bis auf den heutigen Tag nicht geklärt werden. 3 Mitglieder schmachten noch heute in russischer Gefangenschaft.

Ungerechnet dieser erwähnten Mitglieder hat die Burschenschaft heute einen Bestand von 203 lebenden Alten Herren und 25 Aktiven und Inaktiven. Eine behelfsmäßige Unterkunft hat sie in Marbug/Lahn im Hause Reitgasse 12 gefunden. Neben der burschenschaftlichen Arbeit wird selbstverständlich ostpreußisches Brauchtum und ostpreußische Sitten, sowie das Andenken an die alma mater Albertina gepflegt. Der kleine silberne Albertus wird heute noch zur Erinnerung an den Gründer der Universität Königsberg/Pr. an der roten Mütze getragen. Die Teutonen lassen die Hoffnung nicht fahren und werden alles in ihrer Macht stehende tun, um die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass sie einst ihren Standort wieder nach Königsberg/Pr. zurückverlegen können. Der Wahlspruch der Deutschen Burschenschaft „Ehre, Freiheit, Vaterland" und die tiefe Liebe zur angestammten Heimat wird ihnen Ansporn dazu sein. BKE.

 

 

Seite 10   Wir gratulieren

Am 31. Oktober 1952 konnte der bekannte Königsberger Architekt BDA Georg Peter (früher Hufenallee 20) mit seiner Frau Luise, Tochter des Tiergartendirektors Geh.-Rat Claas seinen 70. Geburtstag begehen. Unter seiner Leitung entstanden zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser, Speicher, Röstereien, die Kleinsiedlung Tannenwalde und die bekannte Gartenstadt Metgethen u. a. m. Beim Wiederaufbau von Goldap 1915 errichtete er etliche Wohn- und Geschäftshäuser. Als gerichtlich beeidigter Bau- und Grundstücks-Sachverständiger beim OLG hat er bei Aufwertungs-, Zivil- und Strafprozessen mitgewirkt; ebenfalls als amtlicher Schätzer der Industrie- und Handelskammer. Seine Ehrenämter als Aufsichtsrat der Vereinsbank, Vorstandsmitglied des Haus- und Grundbesitzervereins, Vorsitzender der Gutachterkammer u. a. m. musste er 1933 niederlegen. Er lebt jetzt bei seinen Kindern und fünf Enkeln in Ottobrunn bei München, Dahlienstraße 8, und steht allen Heimatvertriebenen mit Rat, als Kenner der Königsberger Grundstücksverhältnisse, gern zur Verfügung. Bei Anfragen Rückporto nicht vergessen.

 

 

Rendsburg. Die Benennung von zwei neuen Straßen ach den Städten Königsberg und Danzig beschloss der Rat der Stadt Rendsburg. Die Straßen liegen in einem neuen Siedlungsviertel.  

 

 

Seite 10   Landsleute, bitte herhören!

Bereits am Samstag, den 6. September 1952, am Vorabend des Königsberger Treffens trafen sich viele Arbeitskameraden der Stadtverwaltung in Duisburg. Wie groß die Freude des Wiedersehens war, kann nur der ermessen, der daran teilgenommen hat. Die Stadt Duisburg hatte alles getan, was wir in früheren Jahren gelegentlich eines Königsberger-Treffens nicht vorfanden. Das Königsberger Treffen am 7. September war sehr gut besucht. Nach Durchsage des Westdeutschen Rundfunks hatten sich rd. 15000 Königsberger auf der Festwiese eingefunden. Um 18 Uhr begann unser eigentliches Ferientreffen im Café Dobbelstein, Knüppelmarkt, wo uns die Kollegenschaft der Duisburger Stadtverwaltung die Ehre, eines gemütlichen Zusammenseins gaben. Der Fülle des Saales wegen mussten die Kameraden der K. W. S. in der Gaststätte Kalkmann tagen. Die Einleitungsworte sprach Herr Stadtkämmerer Dr. Girn von der Stadt Duisburg. Arbeitskamerad Stadtdirektor Dr. Rudolf Lawin brachte in einer markanten Rede den Dank aller Anwesenden Kollegen zum Ausdruck. Besonders sei erwähnt, dass sich folgende Arbeitskameraden, deren Alter über 70 ist, in Duisburg eingefunden hatten: „Gartenbaudirektor Schneider, Stadtamtmann Siebert, Stadtoberinspektor Mirbach u. a." Wir waren uns alle einig, dass wir uns im nächsten Jahr abermals in Duisburg treffen werden.

Der Suchdienst der Stadtverwaltung Königsberg wird bis zur endgültigen Übernahme durch die Patenstelle Kbg.-Pr. in Duisburg wieder aufgenommen. Frau Anna Dembowski Ehefrau des vermissten Kollegen Stadtoberinspektor Rudolf Dembowski, hatte es sich nicht nehmen lassen, von Marne in Holstein, an unserem Ferientreffen teilzunehmen. Sie hatte gehofft, Arbeitskameraden ihres Mannes zu finden, um endlich Klarheit über den Verbleib des Vermissten zu haben. Welche Qualen muss Frau Dembowski aushalten, um in diesem hohen Alter diese weite Reise anzutreten Aber auch andere Kollegenfrauen ließen brieflich ihren Ruf nach den Vermissten erklingen. Nach Vereinbarung mit Kollegen Heiß werden wir hier an dieser Stelle unsere Suchaktion wieder beginnen.

Wir bitten daher alle Landsleute, sich rege an der Suche zu beteiligen. Gebt Fingerzeige, wir gehen allen Suchwegen nach auch wenn sie erfolglos sind, einmal hilft uns der Zufall, wie so oft. Die Angehörigen werden Euch für die Berichterstattung zu danken wissen.

 

Wir suchen und wer berichtet?

Lehrer Dedat (zuletzt Verwalter der Stadtkellerküche 1945)

Amtsgehilfe Max Delegrand,

Brückenwärter Kurt Döschmann,

St. O. Sekr. Dahmer,

St. O. Sekr. Heinrich Dehring,

St. O. Inspekt. Rudolf Dembowski (zuletzt Altersheim Burgschule),

Angst. Dick

St. Insp. Anwärter Lothar von Dzingel,

Angest. Dorloff,

Spark. Angest. Domnick,

Arb. Fritz Dalko (Gemeinde Friedhof)

Heizer Hans Dreier,

St. Insp. Dittloff,

St. Insp. Eheling,

Spark. Angest Eberle,

Hallenmeister Fritz Eisenblätter,

Angest. Ewert (Hafen)

Rev. Gärtner Albert Ehlert,

St. Insp. Otto Fligge,

St. Insp. Frank (Personalamt),

St. Insp. Albrecht Franz,

Brückenwärter Willi Fohrt,

Dipl. Beamter Ewald Fischer,

Insp. d. Fuhrgesellschaft Frank,

Frau Fischer (Familienunterhalt),

St. Sekr. Emil Fydrich

Straßenaufseher Franz Falk,

St. O. Insp. Benno Gramberg,

Karl Grajetzki (Städt. Druckerei)

St. O. Insp. Fritz Gerhuber,

St. Insp. Goldmann,

St. Amtmann Paul Gerth,

St. O. Sektr. Waldemar Girrulat,

Angest. Peter Gerst,

Architekt Julius Gnaß,

Schmiedemeister Gutzeit,

Hausmeister Grawlik,

Angestellter Paul Granz,

Spark. Angest. Gramatzki,

Spark. Angest. Helene Grunwald,

Dienstanfänger Grentsch,

St. O. Sekr. Otto Gohlke,

Hilfsaufseher Wilhelm Gotthardt,

Angest. Kurt Günther (K.W.S.)

Spark. Angest. Gronert,

St. Insp. Heinz Gau,

Spark. Angest. Großmann,

St. Insp. Albert Gasentzer,

Angest. Gundlack (Stiftung),

Martha Geßler,

Verw. Angst. Fritz Graf,

St. Insp. Willi Grimm?

Angest. Eduard Heinrich,

Dr. Bibliothekar Wolfgang Hermann,

Frau Hertha Honlege, geb. Gukse (Sparkasse),

Karl Hinz (Luftschutzpolizei Hansaring),

St. Insp. Fritz Huuk,

St. Insp. Hennig,

Fritz Harnisch (K.W.S.),

Lehrer Holm,

Hausmeister Hippel,

ST. O. Insp. Hans Hand,

Major d Feuerlöschpolizei Hein,

Spark. Kassierer Erich Haak,

Walter Heinrich,

St. Sekretärin Maria Haack,

Bauführer Häge,

Anna Hoffmann (Fuhrgesellschaft),

Spar. Angest. Hartrampf,

Gasrohrprüfer Emil Hock,

Angest. Gertrud Hoppe, geb. Schmidt,

Harder (Hafen),

Arb. Hans Homm (Alter- und Pflegeheim),

Spark. Angest. Holl,

St. O. Insp. Oskar Haase,

Schlossoberinspektor Fritz Henkonsiefken,

Lehrerin Frida Haubensack,

Bibliothekarin Else Haubensack,

Angest. Heßke (Wi. A.),

Steuervollz. Sekr. Emil Heßke und Frau,

Kammermusiker Fritz Haake.

Weitere Namen im nächsten Blatt der „Ostpreußen Warte B“. Bei Anfragen stets Rückporto und Briefumschlag beifügen.

Anschriftensammelstelle der Königsberger Magistratsbeamten, - Angestellten und Arbeiter, (16) Biedenkopf, Hospitalstraße 1

 

 

 

Seite 11   Alt-Königsberger Bäckerspäße. De Foathulander – Das große Ungeheuer

Foto: Rudolf Paul, Stadtrat a. D., langjähriger Vorsitzender des Provinzialverbandes der Bäckerinnungen

Alte Königsberger werden sich sicher gut der Zeit erinnern, als die alte Holzbrücke als wirkliche Holzbrücke noch die Verbindung  vom Weidendamm und weiter von der Lindenstraße zur Holzstraße und damit zur Altstadt bildete. In der Holzstraße Nr. 5 stand ein altes schmalbrüstiges hohes Bürgerhaus, in dem jahrzehntelang die Bäckerei C. Maager bestand, die durch ihre Sandwaffeln in Herzform bekannt war. In dieser Bäckerei nun war mein Vater lange Jahre als Geselle und dann als Werkmeister tätig. Er hat uns viel von den Zeiten ausgangs des vorigen Jahrhunderts erzählt, von dem Leben und Treiben in den engen Gassen der Altstadt und von seinen Menschen. Als es einmal so recht gemütlich war, da gab er auch einige Späße zum Besten, die man dem sonst so würdigen Herrn gar nicht zugetraut hätte.

In den achtziger Jahren gab es in der Kgl. Haupt- und Residenzstadt noch Nachtwächter, die mit einer Militärmütze bekleidet, und mit einem langen Spieß bewaffnet, nachts durch die Straßen patrouillierten und die Bürger vor

Diebstahl und Feuer bewahren sollten. Wegen ihrer Stangen-Lanze wurden sie spottenderweise „Foathulaner" = Fussulanen genannt. Der für die Holzstraße zuständige Foathulaner war in seinem Nebenberuf auch noch Schuster und wurde auch so tituliert. Zu den ehrlichen Leuten gehörte er aber nicht, denn er hatte sich an einen der Bäckerlehrlinge herangemacht und diesem ein Säckchen übergeben, in das er jeden Morgen frische Brötchen hineintun sollte zum Frühstück für seine Alte. Den Lehrling drückte aber sehr bald sein schlechtes Gewissen und er beichtete alles meinem Vater, der dem Jungen wegen seiner, wenn auch verspätete Aufrichtigkeit nichts tat, aber den Schuster bestrafen wollte. Er befahl also dem Jungen gegen Abend, einige Pferdeäpfel in eine feste Papiertüte zu tun, diese dann nochmals gut verpackt gegen Morgen in den Beutel zu tun und oben drauf noch ein Brötchen zu legen. Als dann der Nachtwächter den Beutel abholte, stand der Lehrling an der Tür und flüsterte ihm zu, er solle den Inhalt nur recht vorsichtig seiner Alten auf den Tisch schütten, denn er hätte ihm heute noch ein paar frische Leibkuchen reingelegt! –

Am nächsten Abend stand dann mein Vater mit allen Gesellen und Lehrlingen an der Tür und rief dem vorbeipatrouillierenden Nachtwächter zu: „Na Schuster, haben die Leibkuchen geschmeckt?" Brüllendes Gelächter! Der Schuster aber drohte mit der Faust herüber. Das war denn doch zu viel. Vater ging auf ihn zu und sagte, er würde den Fall der Stadtverwaltung melden - er wisse ja, Meister Maager wäre Stadtrat! -, wenn der Schuster nicht von Stund an die Durchsteckereien ließe und außerdem meinen Vater wo immer er ihn treffe, militärisch in strammer Haltung grüßen werde. Der Nachtwächter hat sein Versprechen zum Staunen der Einwohner der Holzstraße gehalten und meinen Vater stets stramm gegrüßt. -

Auch dem Gastwirt neben der Bäckerei, der nicht immer sehr freundlich war, hat Vater einen schönen Streich gespielt. Eines Tages erzählte er seinen Lehrlingen, in der letzten Nacht wären mehrere große geheimnisvollverdeckte Wagen nebenan in die Ausspannung der Gastwirtschaft gekommen, er würde sich beim Frühstücksbier gleich danach erkundigen. Und richtig, als er vom Frühstücksschoppen kam, erzählte er den gespannt aufhorchenden Lehrjungens, nebenan wäre mit dem Transport ein großes Ungeheuer angekommen, das demnächst zur Schau gestellt werden sollte. Er hätte schon einen Dittchen bezahlt und hätte das furchtbare Ungeheuer besichtigt. Nun hatte er recht was angerichtet. Die Lehrlinge ließen nicht ab mit Bitten, er solle doch den Gastwirt veranlassen, dass auch sie das Ungeheuer schon jetzt besichtigen könnten. Vater sagte zu, er werde mit dem Gastwirt die Sache abends besprechen. Und als sie alle zur Nachtzeit versammelt waren, sagte er, sie müssten morgen zwischen 7 und 8 Uhr hingehen, einen Dittchen auf den Schanktisch legen und leise sagen, sie wollten mal zur Besichtigung auf den Hof, der Gastwirt wüsste ja schon warum. Sie dürften aber nicht alle auf einmal gehen, sondern in Abständen von 10 Minuten. So geschah es denn auch. Am nächsten Morgen erschienen ab 7 Uhr, als die Gaststube gerade voll von der einkehrenden Landkundschaft war, alle 10 Minuten ein Bäckerjunge, legte einen Dittchen auf den Tisch und flüsterte dem Gastwirt etwas Geheimnisvolles ins Ohr. Die Gäste vom Lande wurden aufmerksam und alle verlangten schließlich, das Ungheuer zu sehen Der Gastwirt wurde fuchsteufelswild und konnte nur mit Mühe Gäste und Bäckerjungens davon überzeugen, dass er und alle einem Streich des Werkmeisters anheimgefallen wären. Noch lange wurde das Ungeheuer in der Nachbarschaft belacht.

 

 

Seite 11   400 Jahre Bäckerinnung Königsberg

Einen außerordentlich eindrucksvollen und festlichen Verlauf nahm die Vierhundertjahrfeier der Königsberger Bäckerinnung, die anlässlich des Königsberger Treffen s in Duisburg am Sonntag, dem 7. September, nachmittags in dem würdigen großen Rathaussaal stattfand und die im Zeichen der Verbundenheit mit der Patenstadt stand. Die Duisburger Bäckerinnung hatte die Ausgestaltung der Feierstunde übernommen.

Den Mittelpunkt der Jubiläumsfeier bildete die feierliche Übereichung der von der Stadt Duisburg gestifteten silbernen Ehrenkette an den langjährigen und verdienten Obermeister der Königsberger Bäckerinnung, R. Popp, die Bürgermeister Dr. Storm unter dem Beifall der zahlreich erschienenen Gäste und Königsberger Bäckermeister vornahm und mit einer herzlich gehaltenen Rede verband.

Den Willkommensgruß der Duisburger Bäckerinnung entbot Obermeister A. Behmer den des Innungsverbandes Nordrhein Obermeister J. Porten und für den BVD sprach Baumeister Dinke Kreishandwerksmeister Berg, Königsberg, dankte für die zahlreichen Glückwünsche und hieß alle Gäste herzlichst willkommen. Die Glückwünsche der Landsmannschaft Ostpreußen überbrachte Konsul Bieske.

Obermeister R. Popp gedachte dann in tiefempfundenen Worten der Toten der Königsberger Bäckerinnung. – Im Rahmen seiner Festansprache gab Obermeister Popp einen ausführlichen Rückblick auf die Geschichte der Königsberger Bäckerinnung und wies auf die Einmaligkeit der Tatsache hin, dass sich die Heimat der Innung und der Ort der Feier in zwei Städten des Ostens und des Westens befänden, die einstmals mit der Mission des Deutschen Ritterordens in engsten Beziehungen standen.

Die 400-Jahrfeier wurde durch mehrere Chorgesänge der Duisburger Bäcker-Innung wesentlich ???. – Anschließend versammelten sich die Königsberger und Duisburger Bäckermeister zu einem geselligen Beisammensein.

 

 

Seite 11   Dr. Walther Troeger gestorben

Der ehemalige Präsident des .evangelischen Konsistoriums der Kirchenprovinz Ostpreußen, Dr Walther Troeger, ist an seinem jetzigen Wohnsitz in Berlin am 28. August 1952 einem Herzschlag erlegen. Als letzter weltlicher Vizepräsident des früheren Evangelischen Oberkirchenrats hat er nach 1945 in vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem ostpreußischen Bruderrat der Bekennenden Kirche maßgebend an der Neuordnung der evangelischen Kirche der altpreußischen Union gearbeitet und war bis zu seinem Tode Vorsitzender der östlichen Kammer des Disziplinarhofes der evangelischen Kirche in Deutschland.

Der im 68. Lebensjahre unerwartet Abberufene war viele Jahre hindurch Mitglied des ostpreußischen Konsistoriums und bis 1937 sein Präsident. Hinter seiner liebenswürdigen und verbindlichen Art verbargen sich ein starkes Gemüt und ein zielbewusster Wille. Eine rechte Zuordnung von Kirche und Volkstum, Christengemeinde und Bürgerschaft, Dorfkirche und Dorfverband war für ihn nicht nur bevorzugte Verwaltungsaufgabe, sondern echte Herzenssache. Die für Ostpreußen bezeichnende vertrauensvolle Zusammenarbeit der kirchlichen Behörde mit den maßgebenden Verwaltungsstellen der Landwirtschaftskammer und Bauernschaft gehört zu seinen bleibenden Verdiensten. Als geborener Schlesier selber Ostdeutscher, war er tätiges Mitglied der Dorfkirchenfreunde und nahm noch 1936 auf dem letzten ostpreußischen Dorfkirchentag in Pillkallen/Schloßberg unter persönlicher Mitwirkung verantwortlichen Anteil.

Nach dem allgemeinen Zusammenbruch galten sehne besondere Freude und sein Interesse den vielfachen Bemühungen ostpreußischer Pfarrer durch geistliche und persönliche Betreuung den persönlichen Zusammenhang ihrer heimatvertriebenen Gemeindeglieder wiederherzustellen, aufrecht zu erhalten und ihnen das Einleben in neue und teilweise ungewohnte kirchliche Verhältnisse zu erleichtern.

Mit der evangelischen Kirche in Deutschland danken ihm besonders die ostpreußische Kirche und die Dorfkirchenfreunde für seine unermüdliche Arbeit und beharrliche Treue. R. P.

 

 

Seite 11   Jubiläumsfeier der Herzog-Albrecht-Schule Rastenburg

Zu einer Nachholfeier des 400. Jubiläums ihrer Schule hatte die Vereinigung ehemaliger Schüler der Staatl. Herzog-Albrecht-Schule zu Rastenburg ihre Lehrer und Schulkameraden nach Hannover eingeladen. Der Festakt fand am 30. August in der Aula der Humboldt-Schule unter Patenschaft des Staatl. Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums statt. Zahlreiche Gäste und ehemalige Schüler erlebten dort eine schöne Feierstunde, die von Schülern des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums festlich ausgestaltet wurde. Nach der Begrüßung und dem Totengedenken durch Landgerichtsrat Mollenhauer sprach Regierungsbaumeister a. D. Modricker über die Geschichte der Herzog-Albrecht-Schule. 400 Jahre (seit 1546) war sie ein geistiges Bollwerk im deutschen Osten und hat in dieser Zeit zahlreiche Söhne Ostpreußens der Wissenschaft zugeführt.

Anschließend hielt Prof. Dr. Schumacher den Festvortrag: „Die Festigung der deutschen Kultur in Ostpreußen durch Herzog Albrecht". Die Zuhörer erhielten ein anschauliches Bild aus dem Leben und Wirken des letzten Hochmeisters, der mit geistigen Waffen kämpfte und dahin strebte, das kulturelle Leben in Ostpreußen auf einen hohen Stand zu bringen. Mittelpunkt war die 1544 von ihm gegründete Universität zu Königsberg, die ihren Nachwuchs von den neu gegründeten Lateinschulen erhielt. Auch die Herzog-Albrecht-Schule in Rastenburg gehörte zu den Bildungsstätten, die der Albertina in Königsberg den geistigen Nachwuchs zuführte.

Die Feierstunde klang aus mit Mozarts „Brüder reicht die Hand zum Bunde", das der Chor des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums wirkungsvoll zu Gehör brachte.

Am Abend des gleichen Tages fanden sich die ehemaligen Schüler zu einer Wiedersehensfeier im Bäckeramtshaus ein. Der Herausgeber der Schülerrundbriefe, Herr Palwowski oder Palmowski begrüßte die zahlreich Erschienenen und verlas die Grüße der Schulfreunde, die verhindert waren, an dieser Feier teilzunehmen. Die Grüße des Rastenburger Oberlyzeums überbrachte Frau Studienrätin Schaenske. Auch das Gymnasium zu Rößel hatte als Nachbarschule! eine ''stattliche Abordnung entsandt, die bei ihrem Erscheinen mit lebhaften Ovationen begrüßt wurde. Herr Palmowski oder Palwowski hieß die Kameradan aus Rößel herzlich willkommen und erinnerte an die gutnachbarlichen Beziehungen, die insbesondere zwischen den Vereinen beider Schulen bestanden.

Nach dem offiziellen Teil saß man noch lange beisammen und schwelgte in Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit. Die Gedanken gingen immer wieder zurück in die schöne Heimatstadt Rastenburg und machten jenes idyllische Bild lebendig, dass uns Arno Holz in so realistischen Versen erstehen ließ:

„Aus den Schornsteinen, hier und da, Rauch, oben, hoch, in sonniger Lust, ab und zu Tauben. Es ist Nachmittag. Aus Mohdrickers Garten her gackert eine Henne, die ganze Stadt riecht nach Kaffee . . Wie still das ist! Nur drüben in Knorrs Regenrinne zwei Spatzen, die sich um einen Strohhalm zanken, ein Mann, der sägt, und dazwischen, deutlich von der Kirche her, in kurzen Pausen, regelmäßig, hämmernd, der Kupferschmied Thiel.  

Wenn ich unten runter sehe, sehe ich grade auf Mutters Blumenbrett: ein Topf Goldlack, zwei Töpfe Levkoien, eine Geranie, und mitten drin, zierlich in einem Zigarrenkistchen, ein Hümpelchen Reseda.

Wie das riecht? Bis zu mir rauf! Und die Farben! Jetzt! Wie der Wind darüber weht! Die wunder-, wunderschönen Farben! Ich schließe die Augen. Ich sehe sie noch immer."

 

 

Seite 11   Werner Husen gestorben

Generalsekretär a. D. Werner Husen ist von uns gegangen. Mit ihm verlieren die Heimatvertriebenen einen Menschen, der sich unermüdlich für die Belange des Ostens einsetzte. Der Verstorbene war der Spross einer Danziger Familie, die seit 600 Jahren in Danzig ansässig war. Nach Absolvierung des Gymnasiums studierte er 1902 an der Albertina in Königsberg Philologie und Theologie. Nach der Teilnahme am ersten Weltkrieg kam er durch die unruhigen Zeiten mit der Politik in Verbindung und wurde Sekretär der „Deutschen Volkspartei" und später Generalsekretär in Berlin. Nach 1933 verlor er, wie viele andere, seine Stellung und betätigte sich auf verschiedenen Gebieten. Im zweiten Weltkriege war er wieder im Heeresdienst und kam nach dem Zusammenbruch als Heimatvertriebener mittellos in Hamburg an. Hier sammelte er an einem Mittagstisch ostpreußische Studenten um sich und gründete eine Vereinigung, aus der sich der Akademikerkreis „Ordensland' entwickelte. Gleichzeitig betätigte er sich politisch im „Vaterstädtischen Bund Hamburgs". Werner Husens Anhänglichkeit an die verlorene Heimat, besonders an seine Vaterstadt Danzig und die Albertina in Königsberg, war für den Sohn des Ostens charakteristisch vorbildlich. Für ihre Wiedergewinnung hat er sich bis zum letzten Atemzug eingesetzt. Wenn es unserem Dahingeschiedenen auch nicht vergönnt war, in Heimaterde zu ruhen, so hoffen doch alle, die ihm nahestanden, dass sein Leben und Wirken nicht umsonst gewesen ist.

 

 

Seite 11   Soldatentreffen zur 1000-Jahrfeier

Auch die Ostpreußen sind dabei Im Jahre 1953 begeht die Stadt Göttingen ihr 1000-jähriges Bestehen. Das Programm der geplanten Veranstaltungen, die sich über die Sommermonate verteilen werden, soll der Öffentlichkeit demnächst übergeben werden. Der 30. und 31. August 1953 werden im Zeichen des Wiedersehens ehemaliger Soldaten stehen. Für diese beiden Tage sind Treffen der Göttinger Stammtruppenteile (Infanterie-Regiment 82, Kavallerie-Regiment 3, III. Abteilung des Artillerie-Regiments 31), ferner alle Truppenteile der niedersächsischen 31. Infanterie-Division und der aus dem Wehrkreis I (Königsberg in Ostpreußen) in Frieden und Krieg hervorgegangenen Divisionen in Aussicht genommen. Aus Anlass dieser Zusammenkünfte wird die Stadt Göttingen den Kameradschaftsvereinigungen der ehemaligen ostpreußischen Truppen, des Kav.-Regts. 3 und des Artl.-Regts. 31 Gedächtnisstätten für ihre gefallenen Kameraden feierlich übergeben. Einzelheiten über den Verlauf der Veranstaltungen, über Anmeldung und Unterbringung am 30. und 31. August 1953 werden zeitgerecht bekanntgegeben. Die Vorbereitungen werden durch einen Arbeitsausschuss der beteiligten Soldatenvereinigungen gemeinsam mit dem Verkehrsamt der Stadt Göttingen (Rathaus) getroffen werden.

 

Seite 11   Foto: Heimattreffen der Königsberger und Verkündung der Übernahme der Patenschaft für Königsberg. Die Unterschriften der Königsberger Ehrengäste im Goldenen Buch der Stadt Duisburg.

 

 

Seite 12   Jugend setzt Ostpreußen-Sport-Tradition fort

Nachdem nun die sportlichen Ereignisse auf den Aschenbahnen ins Hintertreffen geraten und manche Stunde der Besinnung wieder unserer unvergessenen Heimat gilt, soll zurücksendend auch jener festlichen Tage der ostpreußischen Sportler gedacht werden, die sich vom 8. bis 10. August wieder einmal in Hamburg-Sülldorf ein Stelldichein gaben, um dort gemeinsam das auch heute noch so seltene 50-jährige Jubiläum eines Sportvereins, des A S C O, und das 30-jährige des KSTV zu feiern. Nicht mit sentimentalen Gedenkreden oder trübsinnig machenden Erinnerungen, nein, die Sportler stehen mit beiden Beinen im Leben, sie zeigten durch die Tat, dass sie nach wie vor zusammenhalten, dass sie im edlen Wettstreit die Erinnerungen wachhalten, die sie aus den jahrelangen Kämpfen auf Rasen und Aschenbahn auch in die Wahlheimat mitgebracht haben und hier traditionsgemäß weiter pflegen.

Es war schon eine ganz beträchtliche Anzahl von Sportfreunden (es mögen etwa 500 gewesen sein), die aus Nord und Süd, aus West und Ost zusammengekommen waren. Ja, man konnte dieses Zusammentreffen fast international nennen, denn auch aus der Schweiz waren sie herbeigekommen, sie, die sich die schönsten Erinnerungen der Heimat von den Sportplätzen mitgenommen hatten. Groß war die Freude, sich oft nach jahrelanger Trennung wieder einmal zu sehen.

Einer internen Begrüßung des ASCO folgten die Wettkämpfe auf dem Sportplatz Blankenese, bevor die Jubiläumsfeierlichkeiten im Sülldorfer Hof von statten gingen. Und diese Sportkämpfe zeigten etwas besonders Erfreuliches auf. Da sah man die inzwischen älter gewordene Generation, Altmeister Karl Baaske (Pr. Samland), vielfacher Deutscher und Baltenmeister, immer noch mit jugendlicher Spannkraft, um den Dreikampf der Altersklasse vor Nowack (VfK) und Malottka (ASCO) zu gewinnen, die Hochschulmeister und Langstreckler Dr. Gronau (VfK) und Gilde (ASCO), die Lang- und Mittelstreckler Mintel. Lemke (VfK), Bobeth, Albrecht (ASCO), bei den Werfern Dr. Mehring (ASCO), bei den Hochspringern Dr. Buhrau (VfB), Hintze (ASCO) und viele, viele andere, auch bei den Frauen und hier an der Spitze Margarete Friedrich. Sie hatte kurz zuvor (wohl als einzige aller ostpreußischen Sportler und Sportlerinnen) auch fern der Heimat eine Anerkennung ihrer vorbildlichen 30-jährigen Sportarbeit erhalten, den Ehrenbrief des Landessportbundes von Schleswig/Holstein. - Da sah man aber auch die jüngere Generation erstmalig vertreten, die Söhne und Töchter unserer Altverdienten aus Königsberg, die nun in die Fußtapfen der Eltern treten, und genauso kämpften, wie sie es wohl auch in der Heimat für ihren Verein getan hätten. Die Namen Kubbutat und Lokat (KSTV), Klugkist, Stegmann, Bouillon, Pruust, Henkel, Schultz (ASCO) klangen wieder auf, bekannte Namen beim VfK und anderen Königsbergern und ostpreußischen Sportvereinen. Das war das Beglückende wohl für alle Teilnehmer, dass nunmehr auch die Jugend die Tradition fortsetzt.

In diesem Sinne wurde auch der Paul-Reicke, Hans-Weinberg-Gedächtnislauf erstmalig ausgetragen (je acht Läufer), von ASCO in der Hauptstaffel, vom VfK in der AH-Staffel gewonnen. Da allerdings in der Ausschreibung nicht festgelegt war, für welche Klasse der gestiftete Wanderpreis gelte, wurde er in diesem Jahre noch nicht vergeben (ja, selbst an unseren Experten sind die Jahre nicht spurlos vorübergegangen). Man beschloss, um es vorweg zu nehmen, die sportlichen Wettkämpfe im nächsten Jahr in Erinnerung an Gustav Sembill und dem Samländer „Papa" Döring mit einem Vereinsmehrkampf zu erweitern.

Bei dem Fußball- und Handballkampf in Blankenese waren vorwiegend die Jubilare beteiligt. Eine verjüngte KSTV-Elf trat gegen die Elf des 1. FC Ostpreußen an und unterlag knapp 0:1. Den Asco-Frauen waren die eingespielten Blankeneser Handballerinnen 9:1 überlegen. Nun, auf die Tore kam es nicht an, wichtig war es, dass überhaupt ein Spiel zustande kam.

Georg Brenke, der Vorsitzende des VOR, hatte in dem nach ihm benannten Sülldorfer Hof zusammen mit dem VfK-er Ferber wieder einmal seine Organisationskunst entfalten können. Schlicht, aber doch sehr geschmackvoll geschmückt präsentierte sich der Festsaal. Nach einem Gesangsvortrag von Frl. Metzig hielt Dr. Schmidtke (ASCO) die große Festrede. Er gedachte der ostpreußischen Sportpioniere der Gründerzeit, der Paul Reicke (VfB), Hans Weinberg (VfB und VfK), des Feuergeistes Gustav Sembill, des „Papa" Döring, der in der deutschen Leichtathletik einen Namen hatte. Ihre Bilder erhielten einen Ehrenplatz im ostpreußischen Sportlerheim. Dr. Schmidtke würdigte dann die Verdienste von Prof. Fink, Karl Hans Wiede, Prof. Kurtzahn, Walter Dorka und Lukas, vieler anderer noch und gab gleichzeitig einen Abriss der Geschichte des ASCO. Die Jubiläumsnadel erhielten die noch lebenden Gründer Hans Kallmeyer und Arthur Waldheyer, Frau Friedrich und Hans Schemionek.

Höhepunkt der Festrede war das Bekenntnis zu den Sportidealen der früheren Zeit. Der große Idealismus der Aktiven und Förderer, das tiefe kameradschaftliche Gemeinschaftsgefühl, das bis in die heutigen Tage ausstrahlt, das sollte der Jugend mit auf den Weg gegeben werden, und diese Jugend empfand Beglückung im sportlichen Kampf, Lebensfreude und Ausgleich gegen mechanisierte Arbeit, Nöte des Alltags. Es war eine Gemeinschaft, die nichts forderte sondern nur schenkte. Der Materialismus war nur ein Name, der vor dieser Gemeinschaft umkehrte.

Eine Anzahl von Mitgliedern und Freunden wurden mit Ehrennadeln ausgezeichnet. Zahlreich waren die Glückwünsche, die den Jubilaren galten. Voran die des VfB, für den „Bubi" Krawzik sprach. Auch er erinnerte an die Gründerzeit, überreichte dem Sportlerheim ein Bild Paul Reickes, des Schöpfers des Laufes Wargen-Königsberg, und betonte, dass der VfB und ASCO stets den ostpreußischen Sport verkörperten, der eine im Fußball, der andere in Leichtathletik, Hockey und Handball. Er erwähnte das Wort Schemioneks anlässlich des VfB-Jubiläums „ASCO/VfB ein Fleisch, ein Blut", und gab diese Worte gewissermaßen zurück, als er erwähnte, dass eine Kreisklassenelf des VfB 1934 geschlossen zu ASCO übertrat und dadurch die Fußballer von ASCO verstärkte. Er übergab ASCO eine wertvolle Intarsien-Arbeit des ASCO-Wappens, entworfen und hergestellt von den VfB-ern Walter Stephanie und Karl Paetz. - Anschließend würdigte er den zweiten Jubilar, den KSTV, und dessen hervorragende Jugendarbeit. Die beiden Fußballer Bandowski und Taukel vertraten den KSTV bereits als Jugendliche in der Repräsentativmannschaft. Er wünschte den Kameraden Lokat und Kubbutat weiterhin Erfolg für ihren alten KSTV, der seine Nachwuchself dem SV Uetersen zur Betreuung übergeben hat. Zum Schluss begrüßte er natürlich besonders die VfB er, die zu diesem Jubiläumstreffen herbeigeeilt waren, Max Goetz, Richard Reicke, Helbing - Gerolzofen, Vloemer -  Lübbecke, übermittelte Grüße der englischen Sportfreunde Mr. Woods-Natal/Südafrika und Mr. Dustan-York/England. die auch über alle Wirren der Zeit dem VfB ihre Treue bewahrt haben, seine Grüße gingen nach Brasilien zu Paul Bluhm und nach Berlin zu dem Stützpunkt unter Fritz Gaedicke.

Auch der DFB hatte an die Jubiläen der bei den ostpreußischen Vereine gedacht und ein Telegramm geschickt die Patenstadt Duisburg gratulierte, und vor allem auch Vertreter der anderen Königsberger Vereine, Harde-rPrussa Samland, Schierwagen-VfK, Vertreter der Hansestadt Hamburg und Sulldorfs.

Dass danach die Gemütlichkeit, wie man sie auch früher zu Hause pflegte zu Worte kam braucht keiner besonderen Erwähnung. Am Sonntag wurde das Treffen im Kreise der einzelnen Vereine im Sülldorfer Hof in frohem Erinnerungstausch fortgesetzt.

Ergebnisse der sportlichen Wettkämpe anlässlich des Wiedersehenstreffens und ASCO bzw. KSTV-Jubiläums in Sülldorf:

Männer: 100 m:

1.     Mertins-Sensburg 11,8

2.     Laudien-ASCO 12

3.     Nowack, VfK 12

 

Weitsprung:

1. Mertins-Sensburg 6.08 m

2. Laudien 5,63 m

3. Nowack 5,39 m

 

Kugelstoßen:

1.     Mertins 11,14 m

2.     Petschull-ASCO 9,40 m

3.     Henkel-ASCO 9,12 m

 

Diskus:

1.     Mertins 30,09 m

2.     Karaum-Hansa/VfR Elbing 27,36 m

3.     Petschull-ASCO 26,11 m

 

2000 m:

1.     Stegmann II-ASCO 7:21,5

2.     Gilde-ASCO 7:35,7

3.     Bobeth-ASCO 7:43,4

 

Dreikampf (100 m, Hochsprung, Kugelstoßen)

1.     Mertins

2.     Laudien

3.     Stegemann-ASCO

 

Paul-Reicke/Hans Weinberg-Gedächtnisstaffel:

1.     ASCO (Stegemann II, Laudien, Henkel, Petschull, Bellgart, Stritzel, Malottka, Hinke) 3:16,2

2.     VfK I 4:10

3.     VfK II 4:18

 

Altersklasse, 100 m

1.     Kubbutat-KSTV 12,2

2.     Malottka-ASCO 12,7

3.     Hintze-ASCO 13,2

 

Weitsprung:

1.     Baaske-Prussia Samland 4,84 m

2.     Rauszus-ASCO 4,77 m

 

Kugelstoßen:

1.     Dr. Mehring-ASCO 9,04 m

2.     Baaske 9,03 m

 

Diskus:

1.     Albrecht-ASCO 25,64 m

2.     Dr. Mehring 22,12 m

3.     Bellgart-ASCO 22,06 m

 

Dreikampf (30 m, Hochsprung, Kugel):

1.     Baaske

2.     Nowack-VfK

3.     Malottka-ASCO

 

Frauen, 75 m:

1.     Klugkist-ASCO 11,1

2.     Kubbutat-KSTV 11,3

3.     Hagner, ASCO 11,5

 

Weitsprung:

1.     Hagner-ASCO 4,52 m

2.     Krause-KSTV 4,43 m

3.     Klugkist 4,28 m

 

5 x 80 m Staffel:

1.     ASCO 61,2

2.     VfK 63

 

Diskus:

1.     Hagner 24,43 m

2.     Treinat-ASCO 23,54 m

3.     Friedrich-ASCO 21,37 m

 

Weitsprung, weibliche Jugend:

1.     Kubbutat-KSTV 4,22 m

2.     Hielscher I-VfK 4,05 m

3.     Hielscher II-VfK 3,97 m

 

Seite 12   Turnerfamilie Ost- und Westpreußen

130 Turnerinnen und Turner unserer Familie fanden sich diesmal in Marburg zum sechsten Wiedersehenstreffen ein, das mit dem dritten Bundesalterstreffen des DTB verknüpft war. Das von der Akademischen Turnverbindung Marburg zur Verfügung gestellte Verbindungshaus am Kaffweg, idyllisch am Hang gelegen, wurde uns für die Festtage eine Art Heimatboden. Am festlichen Empfang durch den Oberbürgermeister der Stadt Marburg im altehrwürdigen Rathaussaal nahmen als geladene Gäste unsere Turnbrüder Babbel, Dr. Stahr und Alm teil. Am Freitag, dem 15. August, um 20 Uhr traten wir als geschlossene Gruppe, wie die übrigen Landsmannschaften, an und wurden, wie unmittelbar vor uns die Saarländer, von den zehntausenden Zuschauern stürmisch begrüßt. Den Aufruf durch den Bundesaltersturnwart beantwortete unser Sprecher mit den Worten: „Das Unrecht vergehet - es komme, was mag - und unser Recht bestehet! Wir hoffen auf den Tag!

Nach der Feier, bei der über 4000 Turnerinnen und Turner aus allen deutschen Gauen dichtgedrängt auf dem Marktplatz standen, marschierte unsere Gruppe geschlossen mit Gesang zum ATV-er-Haus, wo wir uns für ein paar Stunden zusammensetzen, um die erste Freude des Wiedersehens auszukosten.

Am Sonnabendvormittag nahm eine stattliche Zahl unserer Turnerinnen und Turner am Wettkampf teil. Da die meisten durch ihren jetzigen Verein gemeldet waren, konnten wir bisher nicht alle Sieger erfassen. Namentliche Bekanntgabe wird daher noch zurückgestellt.

Den Höhepunkt unseres Wiedersehenstreffens brachte am Sonnabendnachmittag die Feierstunde in der Aula der Universität, die die mehr als 400 Teilnehmer tief beeindruckte. Frau Professor Schuchmann (Königsbergerin) brachte auf dem Flügel einleitend von Schubert „Impromptu in F moll" und zum Abschluss von Schumann „Aufschwung" zu Gehör. Das „Gebet der Heimatlosen" von Ottfried Graf Finkenstein und das Lied „Wem der Jugend Ideale" leiteten über zu der Festrede von Turnbruder Fritz Babbel. Er gedachte zunächst der Toten des letzten Jahres, zu deren Ehren die Versammelten sich erhoben. In seiner Ansprache wusste er sodann Anfang, Sinn und Ziel unseres Zusammenschlusses, auf alle Schlagwörter verzichtend, lebendig darzustellen. Er ging dabei auf die Fragen ein: „Was bringen wir dem DTB und was erwarten wir von ihm?"

Im Namen aller geladenen Gäste antwortete der Oberbürgermeister der Stadt Marburg und erkannte dabei die aus der Festrede herausgeklungene hohe kulturelle Bedeutung der Gemeinschaftsarbeit der Turnerfamilie Ost- und Westpreußen an. Nach Turnbruder Beck als Vertreter des gastgebenden Hessischen Turnverbandes sprach Turnbruder Burk für die Saarländer. Er erwähnte seine jahrelange persönliche Freundschaft zu Tbr. Babbel und schlug erneut die Brücke zwischen den beiden Eckpfeilern, Ostpreußen und Saar, wie sie als festes Freundschaftsband bestanden hat. Jubelnder Beifall brauste auf, als Tbr. Babbel und Tbr. Burk symbolhaft die Unteilbarkeit des deutschen Menschen und des deutschen Raumes durch einen festen Händedruck zum Ausdruck brachten. „Op ewig ungedeelt" Der schleswig-holsteinische Wahlspruch hat für ganz Deutschland Allgemeingültigkeit.

Dann klang das Lied „Wir treten in Nöten" und nach einem Gruß an Heimat und Vaterland die dritte Strophe des Deutschlandliedes auf.

Die Grauerholz-Tanzspiele auf der wundervollen Freilichtbühne waren am Sonnabendabend ein herrlicher Nachklang. Der Sonntagvormittag war einem Jahngedenken und der Totenehrung gewidmet, die im Schülerpark alle Festteilnehmer vereinigte. Die Festrede hielt der fast 79-jährige Turnbruder Wilhelm Braungardt, Oldenburg, über „Jahn, der Lebendige".

Das Schauturnen unter Beteiligung der Deutschlandriege und die Gemeinschaftsvorführungen am Sonntagnachmittag zeigten, wie das Turnen Körper und Geist bis ins hohe Alter frisch erhält. Beim Heimatabend am Sonntag füllten fast 300 Turnerinnen, Turner, Quartiergeber und viele andere Gäste die Räume des ATV-er-Hauses. Als Hausherr begrüßte uns Ministerialrat Dr. Schulze, der Vorsitzende des ATV-Altherrenverbandes. Tbr. Babbel dankte und begrüßte zahlreiche Ehrengäste, darunter Vertreter von Berlin, von der Saar, aus Pommern, und den Vorsitzenden der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen in Marburg, Rechtsanwalt Dr. Baltrusch. Er ließ dann die anwesenden Wettkampfsieger der Turnerfamilie Ost- und Westpreußen antreten und ehrte die drei Turnerinnen und zehn Turner durch eine anerkennende Ansprache und mit einem dreifachen Gut Heil!

Montagvormittag wanderten wir geruhsam durch die Berge und Wälder nach Spiegelslust, wo wir von dem Aussichtsturm aus die Schönheiten des Lahntales und der Stadt Marburg genießen konnten. Auch andere Wanderungen wurden von kleineren Gruppen unternommen.

Nun ist das Fest verklungen. Alle fuhren beglückt heim in dem Bewusstsein, nicht allein zu stehen. Neuer Mut beseelt uns! Das Herz ist voll doppelter Freude, weil bereits das nächste Wiedersehenstreffen auf den 31.07. bis 03.08.1953 festgelegt ist. Beim Abschied von Marburg las ich es in aller Augen und Herz, hörte ich es von aller Mund: „Es war ein köstliches Fest! Ich werde lange daran zehren."

 

 

Seite 12   Unsere Geburtstagskinder im Oktober 1952:

01.10.1952 Edith Bader (Tgm. Danzig/Allenstein), 24a Schwarzenbek, Kollowerstraße 1

01.10.1952 Gustav Hausen (KMTV), 20a Neu-Tramm, Post Dannenberg (Elbe)

04.10.1952 Frau Elfriede Bartsch (FrTV. Kbg.), 23 Vechta, Bremer Straße 11

04.10.1952 Frau Käthe Berger (KMTV), 23 Emsbüren, Kr. Lingen, Ahlderstraße 143a

04.10.1952 Bruno Petzke (KMTV), 20a Bückeburg, Petzerstraße 17

05.10.1952 Frau Lotte Schurig (KTC), 20a Hildesheim, Wilhelm-Raabe-Straße 3

07.10.1952 Heinz Bahr (Tgm. Danzig), 21b Hagen-Böhle, Hagener Straße 34

07.10.1952 Lenore Behrend (Zoppot), 24a Cleverbrück bei Lübeck, Hauptstraße 9

07.10.1952 Erich Lange (Memel), 23 Oldenburg (Oldb.), Schmeelkamp

07.10.1952 Otti Moeck (KTC/Mühlhausen). 24b Leetzen üb. Bad Segeberg

08.10.1952 Paul Höpfner (Allenstein), 24b Westerhover Post Garden Land.

08.10.1952 Johann Schindler (KMTV), 24a Hamburg 24, Sievekingallee 98 II

09.10.1952 Frieda Alm-Reimer (KMTV), 23 Oldenburg (Oldb.), Bloherfelder Straße 20

09.10.1952 Lore Blunck-Becker (Danzig-Heubude), 24b Bornhöved (Holst.) über Neumünster

11.10.1952 Johannes Beutner (KMTV). 22a Duisburg-Hamborn, Duisburger Straße 216

12.10.1952 Dora Miroschnikoff-Klau (Danzig-Langfuhr), 23 Ostereistedt über Zeven (Bezirk Bremen)

13.10.1952 Rudolf Papendick (Tilsit), 20b Göttingen, Pfalz-Grona-Breite 77

14.10.1952 Hannelore Sachs (Insterburg), 20a Uelzen (Bez. Hannover), Ripdorfer Straße 6

15.10.1952 Klaus Meißner (Zopot), 24a Jesteburg 10, über Hamburg-Harburg

16.10.1952 Wilhelm Freitag (KTC), 24b Kiel, Metzstraße 49

17.10.1952 Erwin Rauter (KMTV), 20a Faßberg, Kr. Celle, Promenade 181

18.10.1952 Christel Gutzeit (Wehlau), 23 Aschendorf (Ems), Huntestraße 2a

18.10.1952 Gertrud Ohl (FrTV Danzig), 24b Hanerau-Hademarschen, Theodor-Storm-Straße 56

18.10.1952 Alfred Kaun (KMTV), 13b München 9, Schwanseestraße 31

19.10.1952 Paul Kalcher (KMTV), 24b Bockhorst üb. Neumünster

19.10.1952 Günther Krause (KMTV), 24b Preetz (Holstein), Am Lanker See 17

20.10.1952 Georg Wegener (KMTV), 20b Nikolausberg 5 über Göttingen

21.10.1952 Franz Abe (Zoppot), Westerland (Sylt) Postamt

21.10.1952 Benno Hartmann (KMTV), 20a Lehrte, Otto-Bödecker-Straße 14

24.10.1952 Dambrowski, Kurt (KMTV), 13a Erlangen, Unt. Karlstraße 5

25.10.1952 Paul Grünke (Danzig-Langf.), 10b Grimma, Bockenberg 3 (Altersheim)

25.10.1952 Frau Elsa Küßner (KMTV), 24a Otterndorf, Niederelbe, Schollenstraße 18

25.10.1952 Gustav Pätzold (KTC/Dirschau), 24b Flensburg, Schleswiger Straße 22

26.10.1952 Hanna Vogel (KMTV), 3b Stralsund, Triebseer Schulstraße 20 II

27.10.1952 Anni Zielinski-Tiedemann (KTC), 23 Rastede, Palais

29.10.1952 Helmut Rott (Konitz), 20a Soltau (Hannover), MTV Soltau

30.10.1952 Walter Krause (Allenstein), 23 Bremen-Neustadt, Mainstraße 68

31.10.1952 Max Kroß (KMTV) 23 Neuhaus, Kreis Grafschaft Bentheim

Allen Geburtstagskindern, vor allem Hannelore Sachs zum 30. Und Paul Grünke zum 70. Wiegenfest unsere herzlichsten Glücks- und Segenswünsche mit einem fröhlichen Gut Heil!

 

 

 

Seite 14   Suchdienst der Heimatortskartei für Ostpreußen

Wenn Ihnen über den Verbleib der Gesuchten etwas bekannt ist, geben Sie, bitte, direkt Nachricht an die Heimatortskartei für Ostpreußen - (24b) Neumünster. Postfach 178. –

Es werden gesucht:

341. Braunsberg, Bargel, Anna, geb. 14.04.1914, gesucht von Schikowski, Albert

342. Braunsberg, Behnert, Anna, geb. 20.05.1868, ges. von Zimmermann, Anna

343. Braunsberg, Bogel, Hertha, geb. 27.04.1894, ges. von Jul. Else, geb. Bogel

344. Braunsberg, Bönigk, Maria, geb. 1912, ges. von Thiel, August

345. Braunsberg, Bönke, Anton, geb. 07.01.1866 ges. von Weiß, Maria

346. Breunsberg, Bressen, Paul, geb. 22.11.1929, ges. von Bressen, Auguste.

347. Braunsberg, Bülter, Manfred, geb. 17.06.1901, ges. von Hoppe, Frieda.

348. Braunsberg, Feldkeller, Franz, geb. 20.08.1860, ges. von Ehlert, Theresia.

349. Braunsberg, Fronahl, Liesbeth, geb. 19.02.1911, ges. von Dombrowski, Eva.

350. Braunsberg, Gorczewitz, Anna, geb. 15.02.1916, ges. von Harwardt, Franz.

351. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Abrolat, Lina, geb. 22.02.1885, ges. von Abrolat, Ernst.

352. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Ahlfänger, Gertrud, geb. 11.07.1942, Schülerin, ges. von Ahlfänger, Ernst

353. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Ahlfänger, Josef, geb. 01.04.1894, Schreiner, ges. von Ahlfänger, Ernst

354. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Ahfänger, Maria, geb. 19.02.1898, ges. von Ahlfänger, Ernst.

355. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Aßmann, Anselm, geb. 03.07.1869, ges. von Aßmann, Emilie

356. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Balser, Käthe, geb. 04.11.1886, Lehrerin, ges. von Großkopf, Else

357. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bandel, Anna, geb. 16.05.1908, ges. von Loleit, Frieda

358. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bandel, Josef, geb. 02.06.1932, ges. von Loleit, Frieda.

359. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bank, Gustav, 53 – 55 Jahre, ges. von Zellmann, Max.

360. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Barduhn, Maria, geb. Fellkeller, geb. 18.10.1913, ges. von Pohlki, Maria

361. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bartsch, Otto, geb. 01.12.1898, Landwirt, ges. von Bartsch, Bernhard

362. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bartzel, Maria, geb. 10.03.1890, ges. von Bartzel, Albert.

363. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bierfreund, Gustav, geb. 03.12.1887, Bahnbeamt., ges. von Bierfreund, Herm.

364. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bleise, Andreas, geb. 29.10.1886, Heizer, ges. von Bleise, Maria

365. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bludau, Hedwig, geb. 26.03.1930, ges. von Bludau, Hedwig.

366. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bludau, Ida, geb. 18.04.1926, ges. von Bludau, Anna.

367. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bluhm, Ernestine, geb. 23.04.1888, ges. von Bluhm, Wilhelm

368. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bode, Elfriede, geb. 25.10.1919, ges. von Brzoska, Wilhelm

369. Guttstadt, Kreis Heilsberg, Bohnert, Anna, geb. 25.10.1927, Näherin, ges. von Bohnert, Auguste

370. Laugallen, Kreis Gumbinnen,Schwarzenberger, Lieselotte, geb. 19.01.1928, ges. von Harreuter, Magdal.

371. Kärnten, Kreis Rößel, Negrassus, Julius, geb. 17.06.1887, ges. von Pahlke, Otto.

372. Ramten, Kreis Rößel, Negrassus, Auguste, geb. 05.06.1888, ges. von Pahlke, Otto.

373. Raschung, Kreis Rößel, Held, Anna, geb. 03.02.1892, ges. von Tiefuß, Hedwig

374. Raschung, Kreis Rößel, Held, Gotthard, geb. 05.05.1899, ges. von Tiefuß, Hedwig.

375. Raschung, Kreis Rößel, Kramer, Erna, geb. 02.08.1923, ges. von Kramer, Gustav.

376. Raschung, Kreis Rößel, Telks oder Tolks, Maria, geb. Fänger, geb. 07.12.1908, ges. von Fänger, Elisabeth.

377. Ridbach, Kreis Rößel, Kramer, Agathe, geb. Klomfaß, 36 Jahre, ges. von Klomfaß, Heinrich

378. Ridbach, Kreis Rößel, Rienas, Charlotte, geb. 05.05.1910, ges. von Schröder, Hildegard.

379. Ridbach, Kreis Rößel, Suchowski, Georg, geb. 24.01.1928, Landwirt, ges. von Pfau, Anna.

380. Ridbach, Kreis Rößel,Zimmermann, Rosa, geb. Krüger, geb. 14.05.1873, ges. von Zimmermann, Jos.

381. Robaben, Kreis Rößel, Kaschkilian, Marta, geb. 23.05.1920, ges. von Brummer, Rosa.

382. Robaben, Kreis Rößel, Malotzki, Josef, geb. 05.10.1900, Landwirt, ges. von Irmer, Walter.

383. Robaben, Kreis Rößel, Pokolm, Martha, geb. Langnau, geb. 07.05.1908, ges. von Pokolm, Franz.

384. Robaben, Kreis Rößel, Scheffzig oder Scheifzig, Marta, geb. Malutzki, geb. 15.05.1904, ges. von Malutzki, Franz

385. Robaben, Kreis Rößel, Tietz, Josef, geb. 23.11.1899, Bauer, ges. von Schipper, Anna.

386. Robaben, Kreis Rößel, Wengelinski, Rosa, geb. Malutzki, geb. 17.06.1898, ges. von Wengelinski, Herm.

387. Rochlack, Kreis Rößel, Bosch, Margarete, geb. Preislowski, geb. 01.06.1922, ges. von Preislowski, Erich

388. Rochlack, Kreis Rößel, Klafke, Ludwig, geb. 12.09.1895, Landwirt, ges. von Engel, Elisab.

389. Rochlack, Kreis Rößel, Lipski, Anton, geb. 13.02.1913, Landwirt, ges. von Lipski, Anton.

390. Rochlack, Kreis Rößel, Wagner, Otto, geb. 03.12.1907, Landwirt, ges. von Schelenz, Robert.

 

 

Elbinger! Kurt Kewitz oder Rewitz, Oberfeldwebel in einem Inf.-Regt. an der Westfront, vermisst seit 16.11.1944, angebl. Eingeschlossen bei Belfort (Frankreich). Bis heute fehlt jede Nachricht. Wer weiß etwas über das Schicksal meines Bruders? Nachricht erbittet Edith Schirrmann, geb. Rewitz oder Kewitz, Flachslanden 57, Kreis Ansbach/Mfr.

 

Wer weiß die Anschrift d. Firma Josupeit & Schmidt, Baugeschäft in Kbg. und die der Firma F. Werning & Co., Heiligenbeil? Nachr. erbittet Fritz Wermke, (24) ItzehoeTegelhörn, Haidkoppel 54.

 

Es wird dringend gesucht Bücherrevisor Schmidt, Königsberg, Vogelweide, von Frau Alma Wittkowski, (16) Bebra, Eisenacher Str. 28 (früher Kbg., Ober-Fischmarkt 7, Höberstr. 7, Kolonialwarenhdl.).

 

Emil Günther, Wachtmeister der Schutzpolizei, Zivilberuf Schneidermeister, aus Hussehnen, Kreis Pr.-Eylau, geb. 21.05.1894 in Hasselpusch, Krs. Heiligenbeil, zuletzt bei der Polizeiunterkunft in Kbg., General-Litzmann-Straße. Feldp.Nr. 08 516, wird gesucht von Frau Meta Günther, (20a) Hodenhagen, Kreis Fallingbostel.

 

Friedrich Schirrmacher, geb. 29.03.1892, zuletzt Soldat in Kbg. Pr. (Stabsgefr.). Bis Ende März 1945 in Absintkeim bei Quednau, Krs. Königsberg zur Verteidigung d. Stadt eingesetzt, soll dann angeblich nach Karschau gekommen sein. Wer weiß etwas über das Schicksal meines Bruders. Nachr. erb. Frau A. Plate, (22) Wipperfürth b. Köln, Josef-Straße.

 

Knorr, Willy, Ob.-Gefr., 1. Gen.-Komp., Gren.-Ers.-Batl. 493 (5a) Dt.-Evlau. Erkennungsmarke: - 695 - 4/L. S. E. Batl. I, Helmatanschrift: Königsberg, Tieboltstr. 8, Zivilberuf Maler, Ehefrau Martha, geb. Klitz. Wahrscheinlich erfolgte sein Einsatz im Januar 1945 zur Rundum-Verteidigung Dt.-Eylaus. Wer weiß etwas über seinen Verbleib? Welcher Dt.-Eylauer Bürger kann genaue Angaben über den Einsatz der dortigen Garnison machen? Nachr. erb. Kurt Knorr, (22a) Rheydt, Lehwaldstr. 37.

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Vater Günther Weilandt, geb. 03.05.1889, Angestellter d. Waggonfabrik L. Steinfurt, Königsbg. War auch beim Volkssturm, zul. aber bei Steinfurt. Wo sind Kollegen, die Näheres wissen? Seine letzte Anschrift war Königsbg./Pr., Dreysestraße 84. Nachricht erbittet Ursula v. Glahn, geb. Weilandt, Cappel-Altendeich, Post Cappe/Strieh oder Strich über Wesermünde.

 

Wer kann Auskunft geben über meine Tochter Hildegard Krüger, geb. 17.09.1924 in Tikrehnen bei Rauschen, letzter Wohnort Schuditten, Krs. Powayen, Samland. Sie ist 1945 von den Russen verschleppt worden, letzte Nachr. aus CCCPLager 5849, Russland. Nachr. erb. der Vater Leo Krüger, Krelingen 54 über Walsrode. Krs. Fallingbostel.

 

Wer kann Auskunft geben über das Geschick des Volkssturmmannes Gustav Salamon, geb. 20.02.1889 in Karven, Krs. Sensburg, zuletzt wohnhaft Wahrendorf, Krs. Sensburg/Ostpr. Außerdem wird gesucht der Gren. Otto Salamon, geb. 08.07.1924 in Ober-Rechenberg, Krs. Sensburg, letzte Feldp.-Nr. 45 570, vermisst seit September 1944 in Rumänien. Nachr. erb. Erich Salamon, Ohr über Hameln/Weser.

 

Ernst August Feister, geb. 16.03.1911 in Olk. Krs. Pr.-Eylau, letzter Wohnort Kbg.-Kohlhof. Mein Sohn soll 1947 aus der Gefangenschaft gekommen sein und sich in der Ostzone befinden. Wer kennt seinen Aufenthalt u. kann mir Nachricht geben? Otto Feister, Jeinsen 33 über Elze (Hann.).

 

Wnuck, Vera (Ostpr.). ca. 40 - 44 Jahre, wohnh. Schwarzwald (Ehemann Lehrer), entlassen etwa Okt. 1949 in Friedland, kann Auskunft geben üb. Helene Lange, geb. Meyer, geb. 17.05.1906, wohnh. Rimlack. Dem. Canditten, Krs. Pr.-Eylau. Beide waren in Lagern 7777 Bjeloresk und 5920 Ischimbajew zusammen. Nachr. erb. Herbert Meyer, Stuttgart-Cannstatt, Seilerstr. 5 II.

 

Gesucht wird Frau Erika Nolte, geb. Müller, Geburtsort Borowo in Ostpreußen mit ihren beiden Kindern, letzter Wohnort Königsberg/Pr. Nachricht erb. Ing. Willy Lowinsky, (13b) München 8, Sieboldstraße 3 III.

 

Gesucht wird Obergefr. Richard Zahlmann, geb. 26.10.1901, Neuwiese, Krs. Labiau, letzte Feldp.Nr. 57 899 C, verm. seit 30.07.1944 bei Wirballen, angeblich von Flieger getroffen. Die Kameraden sollen zu anderen Einheiten gekommen sein. Nachr. erb. Frau Friedel Blasczyk, geb. Wollmann, Duisburg-Hamborn, Aug.-Bebel-Platz 6.

 

Achtung! Königsberger! Zivilinternierte! Wer kam mit Fritz Stepputat, Elektriker, Kbg.-Sackheim, zusammen? Im April 1945 in das Lager Schleiermacherstraße gekommen, später im Lager Rothenstein gesehen worden. Seitdem fehlt jede Spur. Rentner Otto Stepputat, Kbg., Artilleriestraße, am 05.03.1945 nach Pillau evakuiert, von dort letzte Nachr. Auguste Gahmann, Reichau bei Wehlau, im Januar 1945 auf der Flucht verschollen. Wer kann Auskunft geben? Unkosten werden ersetzt. Frau Friedel Stepputat, geb. Gahmann, Hamburg-Volksdorf, Buchhorn 24.

 

Gustav und Gertrud Sarge aus Königsberg, Bartensteiner Straße 4 und Lehrer Kiewe aus Königsberg/ Ponarth werden gesucht von Frau Erna Block, Celle/Hann., Kirchstraße 51.

 

Frau Frida Kux, geb. Müller, geb. 1907 oder 1908 in Rastenburg, wohnh. Kbg., Fließstr., zuletzt gesehen in Kbg. 1947, Frau Frida Thiel, geb. Kowalewski aus Kbg. (ca. 32 Jahre alt), Paul Lischewski, Vertreter für Max Selz, Kolonialwaren, Kbg., später für Carl Dorno, Lindenstraße, und Walter Konopatzki, Kbg., Luisenhöh 3 (gebürtiger Danziger) werden gesucht von Frau Alma Wittkowski, Bebra, Eisenacher Straße 28.

 

Achtung! Landesschützen! Wer wurde in der Zeit vom 28.06.1944 ab mit meinem Mann Fritz Klein, geb. 03.10.1895, Zivilberuf Verw.-Insp. bei der Landesbauernschaft Kbg./ Pr. und Kunstmaler, zusammen beim Landesschützen-Ers.- u. Ausbildungs-Batl. II/1, 2, Komp. in Bischofsburg ausgebildet und von Jastrow, Distrikt Krakau, aus an der Front eingesetz? Wer kann über sein Schicksal Auskunft geben? Nachr. erb. an Charl. Klein, Tübingen, Neckarhalde 10.

 

Dachdecker Artur Kalippke, geb. Mai 1898 in Mulk, wohnhaft Hedwegsfelde, Post Klein-Gnie, Kreis Gerdauen, oder dessen Ehefrau, Dachdecker Max Kalippke, geb. 1896 oder 1897 in Mulk, wohnhaft in Mulk, Post Klein-Gnie, Krs. Gerdauen, und Dachdecker Fritz Kronschewski, geb. 1901, wohnhaft Siedlung Gerdauen, Brolosterweg, oder seine Ehefrau Lina K. werden gesucht von Dachdecker Fritz Nikkel, früher Georgenhain, Post Georgenfelde, Krs. Gerdauen, jetzt (20) Wittmar, Kreis Wolfenbüttel, Bismarckstraße 69.

 

Katasteramt Königsberg, Finanzamt Nord, Kbg., Stadtsparkasse, Nebenstelle Kneiphöfsche Langgasse (nach 30.08.1944, Hansaring) und Auskunftei von Richard Seburn, Kbg./Pr., Hagenstr. 51, werden gesucht von Frau Alma Wittkowski, Bebra, Eisenacher Str. 28.

 

Wer kennt den Feldwebel Helmut Perlowski aus Drengfurt, Krs. Rastenburg? Er war seit dem 17.08.1939 bei der Einheit Feldp.-Nr. 15858 (Hänicke-Div.). Er soll am 25.03.1945 bei der Übergabe v. Zinten unverwundet in russ. Gefangenschaft gekommen sein. Sein Beruf war Elektro-Monteur. Auskunft erbittet Lehrer Kurt Perlowsky, Ergels, Kreis Aurich/Ostfriesland.

 

Wer kann Auskunft geben über den Friseurmeister Fritz Kiewnik und Frau aus Drengfurt, Kreis Rastenburg. Auch Verwandte können sich melden! Und wer weiß den Aufenthalt von Margarete Kruschke geb. Soboll, Siegfried Kruschke und Erika Kruschke, alle a. Drengfurt, Krs. Rastenburg. Auch die Großeltern können sich melden! Auskunft erbittet Lehrer Kurt Perlowsky, Egels, Kreis Aurich/Ostfrsld.

 

Achtung! Wer kann Auskunft geben über meinen Vater Gustav Mehlfeld, geb. 08.01.1889, in Stiegehnen, Krs. Königsberg/Pr. Letzte Wohnung bis 1945 Jungferndorf, Krs. Kbg. Nachr. erb. Otto Mehlfeld, Ulm/Donau, Yorkstraße 25.

 

Russlandheimkehrer! Wer weiß etwas über den Verbleib meiner Brüder: Obergefreiter Eitel Guth, geb. 27.11.1921, wurde am 04.10.1943 schwer verwundet (Granatsplitter in Lunge u. lkr. Arm). Er war bei einem Ers.Batl. in Warschau und soll im März 1945 im Kampfabschnitt Danzig gewesen sein. Grenadier Günter Guth, geb. 04.12.1924, 10. Komp. Gren.-Rgt. 478, wurde am 10.09.1943 bei Staro-Kermentschick vermisst. Beide waren wohnhaft in Bergfriede, Kreis Osterode. Nachr. erb. Kurt Guth, (14a) Stuttgart-Degerloch, Bernhäuser Straße 39 I.

 

Wer kann Auskunft geben über den Aufenthalt der Leiterin oder Oberschwester des Krankenhauses der Barmherzigkeit in Kbg. Es werden dringend Papiere benötigt über den bis Kriegsende dortselbst beschäftigten Ernst Putzer, geb. in Brandenburg, Kreis Heiligenbeil, über Geburtsjahr und -tag u. über den Verbleib derselben. Nachricht erb. Frau Berta Werner, geb. Putzer, (24) Elmshorn, Königstraße 41.

 

Wir suchen Auguste Kruck, geb. Schramowski, geb. 06.09.1890, Helene Kruck, geb. 23.07. 1923, fr. wohnhaft Osterode/Ostpr., Mühlenweg 20, Wilhelm Schrammowski, Gertrud Schrammowski, fr. wohnh. Buchwalde bei Osterode. Nachr. erbittet Elli Wagner, Glückstadt, Stadtstraße 42.

 

Gesucht wird Ernst Ruhnke, geb. 12.02.1895 in Kutten, Krs. Gumbinnen, vermisst seit Januar 1945. Wer kann Auskunft geben? Nachr. erb. O. B. Nr. 103, Kreis Neustadt am Johannes Ruhnke, (20a) Rodewald Rübenberge.

 

Frau Elfriede Fox, zul. wohnhaft Kbg., Königstraße 63, mit Tochter Ursula Fox, geb. 16.12.1921, wohnhaft daselbst, beide bis etwa Mitte Februar noch in Kbg., und Rosemarie Kakameit, geb. 30.09.1921, zuletzt wohnhaft in Kbg., Henschestraße 23, werden gesucht v. Maria Gebien und Tochter G. L. Sollich, Stuttgart-O.. Wagenburgstraße 153.

 

Wer kennt Karl-Alfred Goldberg, geb. 15.02.1896, aus Ostpr., Beruf Tischler und Feuerwehrmann, letzter Wohnort unbekannt. Da eine dringende Angelegenheit vorliegt erbitte ich Nachricht v. Verwandten oder Bekannten unter Erstattung der Portoauslagen: Eva Goldberg, Schöningen/Braunschweig Tränke 2.

 

Otto Gaßmann und Ehefrau Else, Witwe Anna Gaßmann, Witwe Martha Richter, Wilhelm, Otto und  Eduard Bauer, Kurt Hoffmann, Ernst Hikendorf, Karl Preuß, alle sechs Arbeiter, und Melker Max Maczulet, alle aus Gut Neu-Münsterberg. Kreis Mohrungen/Ostpr. werden dringend gesucht von Karl Felske, Clenze, Klintweg 4, Kreis Lüchow (Hann.).

 

Königsberger Sparkonteninhaber gesucht! Stadtsparkasse Lizentgrabenstraße 8/1404 und Stadtsparkasse Altstädt. Langgasse 31366. Sparbücher vorhanden! Veit Braunschweig-Querum, Eltelbrodstr. 2.

 

Ulrich Leskin! Sanitäts-Pi.-Feldw. (Ermländer). Wo ist er? Er könnte Auskunft geben über unseren Sohn Claus, zuletzt mit ihm bei den schweren Kämpfen in Ponarth, Königsberg zusammen gewesen. Liebe Landsleute, helft suchen! Gfl. Zuschr. Aug. Jungblut, Holzminden/Weser, Mittlere Straße 3.

 

Kameradschaft Artillerie-Regiment 21 - 57

Vermißten-Suchliste Nr. 3

51) Aresin, Leutnant, (II/21), geb. 01.03.1922, soll am 16.04. 945 auf dem Wege zum Regts.-Gefechts-Stand bei Fischhausen in einen schweren Bombenangriff hineingekommen sein und wird seither trotz Nachsuche vermisst.

 

52) Colmsee, Hans, Wachtm., (4/21), aus Elbing, geb. 13.09.1911, seit 1942 bei anderer Einheit in Norwegen, letzte Nachricht an Ehefrau 17.01.1945 aus Büdingen (Oberhessen); von dort zu unbekanntem Truppenteil z. Einsatz; nachweislich Erk.-Marke (20-4./ A. R. 21) am 07.03.1945 bei Thiemendorf/Lauban schwer verwundet, Brustdurchschuss.

 

53) Dohnke, Heinz, Leutnant, (6/21), aus Stargard/Pommern, verwundet 20.01.1945 bei Angerapp.

 

54) Erich, Fritz, Stabswachtm., (III/21), aus Pr.,Eylau, Kirchenstr.

 

55) Harlos, Karl Kanonier (?/21), geb. 23.08.1908, aus Gnesen, eingezogen Nov. 1944 nach Elbing, Gallwitzkaserne, zur Div. Feldherrnhalle; letzte Nachricht im Februar 1945 aus Danzig; angeblich Mitte März 1945 bei Danzig durch Granatsplitter am Kopf verwundet.

 

56) Henric-Petri, Leutnant (1/21), geb. 01.10.1924, verw. 18.01.1945 bei Angerapp.

 

57) Hiepler, Willy, Obgefr. (?/21), aus Kampenau, Krs. Marienburg, eingezogen zu AR 21 in 1939, längere Zeit auf Schreibstube, verm. seit Okt. 1944.

 

58) Hopf, Günther, Leutnant (1/57), geb. 21.01.1922, aus Plauen, verm. 21.03.1945 bei Thomsdorf.

 

59) Kalka, Rudolf, Leutn. (5/21), geb. 12.02.1904, aus Kahlau, verwundet 13.03.1945 bei Rödersdorf.

 

60) Kirschnik, Leutnant (5/21), aus Pr.-Eylau, vermisst 27.03.1945 bei Balga.

 

61) Knopp, Ulrich, Oberfähnrich, (?/21), vermisst 13.03.1945 bei Lüdthkenfürst.

 

62) Kochanski, Leutnant (1/21), angeblich im Sommer 1944 in Kurland zusammen mit Hptm. Meiritz durch Art.-Volltreffer am Geschütz gefallen?

 

63) Kunze, Werner, Leutnant (III/21), geb. 28.11.1917, aus Berlin, verw. 12.03.1945 bei Rosenwalde.

 

64) Lamprecht, Leutnant (2/21), geb. 06.11.1917, verw. 19.03.1945 bei Rehfeld.

 

65) Löper, Willi, Oberwachtm. (2/21), aus Braunsberg/Ostpr., Yorkstraße 3, venw. 24.03.1945.

 

66) Marburg, Ernst-August, Leutnannt (III/21), geb. 27.11.1919, aus Osterode/Ostpr., verw. 26.03.1945  bei Steindorf.

 

67) Meiritz, Alfred, Hauptmann u. Batt.-Chef (I/21), soll angeblich im Sommer 1944 in Kurland zusammen mit Ltn. Kochanski durch Artillerie-Volltreffer a. Geschütz gefallen sein?

 

68) Papendiek, Kurt, Leutnant (III/21), geb. 21.05.1920, aus Memel zuletzt gesehen Hauptverbandspl Peyse.

 

69) Pawloski, Oberzahlmeister (l/57), aus Danzig, vermisst 27.03.1945 bei Balga.

 

70) Peters, Wilhelm, Leutn. (W) (RST/21), vermisst 28.03.1945 bei Balga.

 

71) Rangwig, Oberwachtmeister (4/21), aus Braunsberg. Yorkstr. 3, verw. bei Deutsch-Thierau.

 

72) Sander, Wolfgang, Leutnant (1/21), geb. 27.04.1923. vermisst seit III.1945.

 

73) Schieber, Siegfried, Hauptwachtmeister (2/57), aus Tolkmit, verw. 21.03.1945.

 

74) Steinmayer, Gottlieb, Leutn. (6/21), geb. 10.07.1921, zuletzt 04.04.1945 Hauptverbandsplatz Pillau.

 

75) Stroer, Stabsgefr. (9/21), schw. verwundet bei Heiligenbell.

 

267. Inf.-Div., 13. Komp./Gren.-Regt. 497, Feldp.-Nr. 09493 C. Beschlag-Uffz. Erich Wegner, geb. 20.12.1920 in Fürstenau, Kreis Elbing, zuletzt wohnh. in Schönfließ, Kr. Pr.-Holland; letzte Post am 19.07.1944 aus Mittelabschnitt, wo die Einheit im Raume Orscha, Minsk, Bobruisk zerschlagen wurde. Nachricht über das Schicksal erbeten an die Mutter: Frau Maria Wegner in Uelzen (Hann.), Hesterkamp B.

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Bruder Obergefr. Erich Mattern, geb. 10.01.1913, Sanitäter bei einer lnfanterieeinheit (aus Braunsberg), verm. seit 01.09.1941 bei Jancewo (Smolensk). Gesucht wird ferner Bruno Mattern, Stabsgefr., geb. 15.01.1915, vermisst seit Sommer 1944 im Raum Bobruisk. Feldp.-Nr. L 12 692 LGPA Posen (Flakregiment 24, Standort Iserlohn). Nachricht erb. Alois Mattern. Nürnberg-W., Bachstr. 30.

 

Wer kann Auskunft geben über Thea Geyer, geb. 30.11.1919 in Kbg. (Pr.), Weidendamm 40, zul. in Kbg. 1945 nach Einmarsch der Russen am Nordbahnhof gesehen. Nachr. erb. Frau Gerda Spedowski, Hannover, Weiße-Kreuz-Straße 31.

 

Heinrich Krieger und FrauJohanna, geb. Beutler, wohnhaft Tilsit, Heinrichswalder Str. 13, werden gesucht von Familie Stessum, früher: Gumbinnen. Nachr. erb. Frau Hein, Duisburg-Wanheimerort, Vogelsangplatz 9.

 

Achtung! Wer war 1945 im Lager Pr.-Eylau mit meinem Mann Gustav Mövins, geb. 26.01.1902, wohnhaft Kbg., Jerusalemer Straße 23, zusammen. Nachr. erb. Frau Elise Mövins, (25) Pinneberg, Schanenberger Straße 8.

 

Frau Margarete Beyer, geb. Barkowski, geb. Mai 1909 in Palmnikken, Krs. Samland. wohnhaft Königsberg, Friedmannstraße 21. ihr Mann Fritz Beyer (ca. 40 Jahre alt), und Sohn Frank (jetzt etwa 14 Jahre alt), werden gesucht. Die Familie wurde 1944 nach Schröttersburg evakuiert. Seitdem keine Nachricht. Auskunft erbittet Frau Margarete Wegner, Uelzen b. Hann., Lager Bohldamm,

 

Gesucht wird Frau Anni Lutkus, geb. Beyer. Ehefrau des Hotelbesitzers Rudolf Lutkus, ca. 60 alt, aus Königsberg. Nachr. erbittet Hedwig Ernst, geb. Heimann, Hannover-KIeefeld, Schultze-Delitzsch- Straße 4 III., früher Graudenz.

 

Gesucht werden Angehörige der Heeresstandortgebührenstelle in Allenstein. Nachr. erb. an Friedr. Mohr, Bahnhofsgaststätte in Frankenthal in der Pfalz, früher Gr.-Nuhr, Kreis Wehlau/Ostpreußen.

 

 

Seite 15   Familienanzeigen

Gott hat am 11. August 1952 durch Herzschlag aus dem Aufbau eines neuen Wirkungskreises in Treue zum DKW-Werk der Auto-Union meinen lieben Mann, unseren treusorgenden Vater, meinen Sohn, unseren Bruder, Schwager, Onkel und Vetter, den Kaufmann und Rittmester d. R. a. D. Eitel-Fritz Lange von Stocmeier, geb. 21.04.1900, zu sich abberufen. Im Namen aller Angehörigen: Christel Lange von Stocmeier, geb. Klementz. Joachim und Hanna. Hamburg 43, den 25. August 1952. Eulenkamp 3. Die Einäscherung hat in Düsseldorf stattgefunden.

 

Nach langem schwerem Leiden starb auf einer Reise in Neumünster am 5. September 1952 der Gründer und erste Vorsitzende unseres Kreises, der Generalsekretär a. D. Werner Husen. Er war ein treuer Sohn seiner Vaterstadt Danzig, in der seine Vorfahren seit der Ordenszeit saßen. Liebe zu seiner Heimat ließ ihn unseren Akademikerkreis gründen. Unermüdlich dachte und arbeitete er für ihn, auch dann noch, als er bereits vom Tode gezeichnet war. Er wird uns unvergessen bleiben! In seinem Sinne wollen wir weiter arbeiten. Stahl. Der alte Kreis Ordensland Wienert. Hamburg, im September 1952.

 

 

Seite 16   Unsere heimatlichen Trachtenkleider

Foto: Westpreußentracht

Foto: Vier Schwestern in der Ostpreußentracht

Nebenstehend: Muster des ostpreußischen Trachtenkleides – aus verschiedenen Gegenden Ostpreußens zusammengestellt.

Es ist an dieser Stelle schon einmal von den Volkstrachten in Ostpreußen die Rede gewesen, und zwar von einer historischen Schau aus. Dazu mag ergänzend noch etwas gesagt werden über die Entwicklung des ostpreußischen Trachtenkleides, wie wir es heute tragen.

Die Bilder der Ermländer und der Memelländer Tracht, wie sie zu dem Aufsatz gezeigt wurden, sind allen, die sich mit der Trachtenfrage in Ostpreußen beschäftigt haben, wohl bekannt. Als wir in der Webschule Lyck anfingen, diese Tracht zu erneuern, ging es uns nicht allein darum, etwas, das auszusterben drohte, zu erhalten und wieder lebendig zu machen, sondern die kulturelle Aufgabe innerlich der Grenzlandarbeit führte uns dazu, auch in unserer Kleidung ganz bewusst die eigene Art zum Ausdruck zu bringen. Die Tracht, die wir - allerdings nur in ganz wenigen Stücken noch - vorfanden, konnte nicht einfach unser Kleid werden. Wenn sich der ganze Lebensstil seit jenen Tagen, in denen diese Trachten getragen wurden, gewandelt hatte, so konnte auch die Kleidung davon nicht unberührt bleiben. Auch ein trachtliches Kleid muss, ohne damit modisch zu werden, eben doch in unsere Zeit hineinpassen. Wir haben systematisch gesammelt, was an Web- und Stickmustern noch vorhanden war, nicht nur aus einer Landschaft, sondern aus dem Norden, wie aus dem Süden, aus dem Samland und Memelland, wie aus dem Ermland und Masuren. Privatbesitz und Museumssammlungen gaben wertvolle Grundlagen. Es wäre eine Aufsplitterung gewesen, hätte jede Landschaft unbedingt ihren eigenen Stil beibehalten wollen, aber jede Landschalt lieferte ihren Beitrag zu dem Kleid, das später für ganz Ostpreußen Gültigkeit und Anerkennung finden sollte. Es blieb vom Alten die schlichte Grundform, die Stickereien des Oberlandes wurden für den Schmuck der Bluse und die Webmuster aus Masuren für Mieder und Jacke verwandt. Wichtig war uns die Wahl des Stoffes und die sorgfältige trachtliche Verarbeitung, denn nur dadurch wird der Charakter der echten Tracht gewahrt, billiger Stoff und oberflächliche Verarbeitung lässt sie sehr schnell zum „Dirndl" werden. Wir haben es anfangs gar nicht gleich gewagt, unser Kleid als Tracht zu bezeichnen, aber dieser Platz wurde ihm bald von selbst zugewiesen.

Was schon damals in der Heimat galt, ist nun, nachdem wir auseinandergerissen und in alle Winde verstreut leben, in höchstem Maße bestätigt worden. Wir tragen heute unser Trachtenkleid wohl noch stärker als damals schon im Bewusstsein der Verbundenheit zu unserer Heimat. Wie sehr es zum kostbaren Besitz geworden ist, das spüren wir bei jeder Begegnung, wo wir uns als Landsleute an unserer heimatlichen Tracht erkennen, das besagen uns ungezählte Briefe, die nach Ergänzung oder Erneuerung des Kleides fragen. Es sind keineswegs nur die Jugendgruppen, die ihr eigenes Kleid haben möchten, sondern wir erleben es mit Freude, wie die Alten ebenso wie die Jungen es als ihr liebstes Kleid am Alltag wie am Festtag tragen. Ob wir das Trachtenkleid unseren Landsleuten nach England, nach Schweden oder in die Schweiz schickten, immer wieder haben wir es gespürt, wie stolz damit bekannt wird: Wir sind Ostpreußen!

Bertha Lyttkus, Leiterin der Webschule Lyck/Ostpr., jetzt Osnabrück, Rheiner Landstr. 160.

 

 

Die geretteten Gedichte

Rudolf Naujok, die geretteten Gedichte. Oldenburg/O., Verlag Siebert 1952. 51 S.

Man wird dem Geschick dankbar sein, dass die hier vorgelegten Gedichte des Rudolf Naujok erhalten sind, und man wird es bedauern, dass sie nur einen Bruchteil des Gesamtwerkes darstellen. Denn es ist richtig, was Dr. W. Ehmer im Nachwort sagt, die Kunst Naujoks steht in der Nähe des Simon Dach. Am deutlichsten zeigt sich diese Beziehung in dei Einfachheit und Schlichtheit bei der Aufnahme des dichterischen Objekts und dessen Wiedergabe. Es gelingen dem Dichter Naujok so manche Verse, die dem Leser mühelos eingehen kraft ihres poetischen Gehaltes und ihrer dichterischen Gestalt. So darf man hoffen, dass wir noch öfter die Freude haben, solchen aus der Tiefe geholten Versen und Dichtungen Rudolf Naujoks begegnen zu dürfen. v. S.  

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