Ostpreußen-Warte, Folge 08 vom August 1953

^

Ostpreußen-Warte

Folge 08 vom August 1953

 

Seite 1   Von Potsdam nach Korea / „Träume der Deutschen“

Foto: Danzig: Der Turm von St. Marien. Aufn.: W. Raschdorff

Es ist immer eine frohe Botschaft für die Menschen, wenn nach einem Krieg verkündet wird, dass die Waffen ruhen. Und wenn auch der Waffenstillstand von Panmunjom noch nicht den Frieden in Korea bedeutet, so ist er doch eine Voraussetzung dazu. Denn vor allem gilt es der Vernichtung von Menschenleben durch Menschen ein Ende zu setzen, und dies ist in jenem Waffenstillstand geschehen. Wer wüsste die Bedeutung der Tatsache, dass es dort zu einem Stillstand der Waffen kam, besser einzuschätzen als die Deutschen? Auch wir leben heute noch — acht Jahre nach Verkündung der Waffenruhe — nicht im Frieden, sondern es wurde uns nur die „Beendigung des Kriegszustandes" erklärt. Und es war ja auch an dem, dass in Mitteleuropa mit der Verkündung der Waffenruhe zugleich das Ende der Vernichtung gegeben war. Aus der Asche des zweiten Weltkrieges brachen die Flammen des Hasses und der Rachsucht furchtbar lodernd hervor, und Hunderttausende fanden während der Massenaustreibungen oder in den Gefangenen-, Vernichtungs- und Sklavenlagern den Tod. Ganze Volksgruppen wurden aus der Heimat vertrieben und Raub und Vergewaltigung waren noch lange Monate und Jahre eine schreckliche Bestätigung des „Vae Victis". Hier in Europa war die Waffenruhe also das Zeichen zum Beginn einer neuen Phase der Zerstörung, wobei der Entheimatete und Waffenlose kein Mitleid fand, sondern in seiner Not verächtlich gemacht wurde.

Daran müssen wir uns erinnern, um zu erkennen, dass der Waffenstillstand von Panmunjom zugleich mehr ist als nur eine bloße Ankündigung des Endes der Kampfhandlungen. Es erwächst aus ihm die Hoffnung, dass die Völker wieder zurückfinden zu jenen Formen der Beendigung eines Krieges, welche in der Geschichte entwickelt worden sind, um eine Selbstvernichtung der Menschheit in Blut und Terror zu verhüten. So ist also dort in Panmunjom erstmals wieder ein Waffenstillstand wirklich verhandelt worden, es gibt keine Kriegsverbrecherprozesse und es sind Vorkehrungen getroffen, dass es keine Deportationen geben soll und keine Sklavenarbeit und dass die Kriegsgefangenen sogleich oder in Bälde freigelassen werden.

Das ist alles ganz anders als in Europa, wo noch Monate nach dem Ende der Kämpfe im Potsdamer Abkommen Maßnahmen vereinbart oder sanktioniert wurden, die nichts anderes darstellten als eine Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Und wenn sich auch hier inzwischen viel gewandelt hat, wenn an die Stelle der Zerstörung der Aufbau getreten ist, so sind doch die Folgen von Potsdam auch heute noch in der ganzen Welt in ihren verhängnisvollen Auswirkungen festzustellen. Die Vierteilung Deutschlands und Zweiteilung Koreas war es, die neben der Zerschlagung Japans zum Kriegsausbruch in Korea führte, da man die Gegengewichte gegen die sowjetische Übermacht beseitigt hatte. Durch die Blutopfer von Hunderttausenden konnte erst wieder jenes Gleichgewicht hergestellt werden, das den Abschluss des Waffenstillstandes ermöglichte.

Umso wichtiger aber wäre es, wenn dem Waffenstillstand von Panmunjom alsbald ein wahrhafter und das heißt gerechter Frieden folgen würde. Es ist dies — nach unseren Erfahrungen in Europa — kaum mehr als eine Hoffnung. Aber diese Hoffnung gilt es zu hegen und alles zu ihrer Verwirklichung zu tun. Denn diese Welt ist so klein geworden, dass Frieden am anderen Ende der riesigen eurasischen Landmasse auch dem Frieden hier in Europa den Weg bereiten kann. So ist es der Wunsch und die Hoffnung der Menschen, dass der Waffenstillstand in Korea einen Frieden der Gerechtigkeit einleiten möge, der seinerseits wieder ein Schritt zu einem gerechten Frieden werde, nach dem sich die Völker Europas sehnen.

 

(hvp) „Die Deutschen arbeiten wie die Biber, und sie haben wenig Zeit zu träumen, aber wenn sie träumen, so sind ihre Träume Dynamit." Mit diesen Worten begann der außenpolitische Redakteur der Londoner konservativen Zeitung „Evening News" dieser Tage einen seiner Artikel, in dem er — wie so viele andere Leitartikler der Auslandspresse — angesichts der bevorstehenden Bundestagswahlen sowohl dem Staunen wie auch den Befürchtungen Ausdruck gab, welche „das deutsche Wunder" jenseits der Grenzen des Bundesgebiets auslöst. Dabei stehen bezüglich der „Befürchtungen" plötzlich die Heimatvertriebenen wieder im Vordergrund. Von ihnen wird gesagt, dass sie „von ihrer Heimat träumen", und eben das sei das „Dynamit", welches gegebenenfalls den ganzen Erdteil in die Luft sprengen könne.

Nun, die Heimatvertriebenen haben sich wieder zu Zehn- und Hunderttausenden versammelt gehabt, um der Welt zu sagen, was sie für Forderungen erheben, und um vor aller Öffentlichkeit kund zu tun, was sie über die Möglichkeiten einer Verwirklichung ihres Rechtes auf die angestammte Heimat denken. Wer an dem Treffen der 370 000 Schlesier in Köln oder der 15 000 Westpreußen in Hannover teilgenommen hat, der wird bestätigen können, dass die Gedanken, welche die ihrer Heimat beraubten Deutschen bewegen, wahrhaft Gedanken des Friedens sind. Es gibt niemanden unter den Millionen Heimatvertriebenen, der nicht auch nur die Vorstellung der Anwendung anderer als friedlicher Mittel der Politik zur Wiedergewinnung der Heimat zurückwiese. „Die Waffe der Heimatvertriebenen ist das Recht, und Recht überwindet auf die Dauer die Gewalt und das Unrecht." Dies ist die tiefe Überzeugung der Vertriebenen, wie sie in Köln und in Hannover von ihren Sprechern zum Ausdruck gebracht wurde. Und es ist die Aufgabe der Vertriebenen, immer wieder gegen das Unrecht, das man ihnen angetan hat, zu protestieren, damit Recht und Unrecht geschieden bleiben, das heißt aber, damit nicht die Gewalt über das Recht triumphiere.

Es sind also alles andere als „Träumereien", welchen sich die Vertriebenen hingeben. Sie wirken vielmehr zielstrebig darauf hin, dass das Recht auf die angestammte Heimat für jeden Menschen als unveräußerliches Menschenrecht anerkannt wird und Massenaustreibungen für alle Zukunft und überall in der Welt als das gebrandmarkt sind, als was sie sich erwiesen haben: Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Es geschieht aus der klaren Erkenntnis vor allem europäischer Notwendigkeiten und aus europäischem Verantwortungsbewusstsein heraus, dass sie so handeln, wie ihnen zugleich, ihr Schicksal aufgetragen hat. Denn es ist ihre Mission, für die Wiederherstellung des Rechtes der Menschen und Völker einzutreten, auf dem allein ein wahrhafter Friede beruht.

 

Seite 1   Selbstmörderische Argumentation

Es war der Chefredakteur des bayerischen Rundfunks, Walter von Cube, dem es vor einiger Zeit vorbehalten war, die Aufnahme der Sowjetzonen-Flüchtlinge in der Bundesrepublik und in West-Berlin als „selbstmörderische Humanität" zu bezeichnen. Daraufhin ist ihm bereits eine deutliche Antwort erteilt worden. Jetzt hat er sich nicht davon abhalten lassen, in einem Rundfunkkommentar vor dem „Selbstmord der Bundesrepublik" zu warnen, der seiner Meinung nach dann gegeben sei, wenn eine Wiedervereinigung Deutschlands auf Grund gesamtdeutscher Wahlen erfolge. Im Gegensatz zu damals macht er sich sogar die Mühe, einige Argumente für seine Befürchtungen vorzubringen. Er meint beispielsweise, dass im Falle einer Wiedervereinigung die westliche Welt ganz vergessen werde, dass es einen sowjetischen Beelzebub gebe, woraufhin sie ihre Abneigung auf den „deutschen Teufel" konzentrieren werde, wie erlebt. Die Folge werde dann ein „gesamtdeutsches Elend" sein.

 

Nun, wir sind die letzten, welche gewisse Gefahrenmomente, die am Wege zur Wiedervereinigung Deutschlands liegen, übersehen, wie wir auch wohl wissen, dass der „stalinistische" Druck ganz wesentlich mit zu einer Änderung der Einstellung der „öffentlichen Meinung" des Westens gegenüber Deutschland beigetragen hat. Aber es beweist doch eine reichliche Unkenntnis der historischen Zusammenhänge, wenn das bloße Vorhandensein eines starken Deutschland bereits als hinreichender Grund für eine deutschfeindliche Haltung des Auslandes betrachtet wird. Wir kennen vielmehr genau die Gründe, welche dafür maßgebend waren, dass Deutschland in den Jahren nach 1948 zum „Weltfeind Nr. 1" wurde. Wir kennen sie ebenso genau, wie wir wissen, dass nur Frankreich gegen ein Gesamtdeutschland schlechthin eingestellt war und ist, möge dieses nun Deutsches Reich oder Deutsche Republik heißen. Daraus aber zu schließen, dass wir mit Rücksicht auf die notorisch deutschfeindlichen Kreise jede Bemühung um die Wiedervereinigung aufgeben sollten, ist eine wahrhaft selbstmörderische Argumentation. Es wird nämlich damit insinuiert, dass die deutsche Politik sich selbst aufgeben solle um der Illusion willen, dass wir „Verbündete" und nicht „Besiegte" seien, während doch bezüglich des ersteren zu sagen ist, dass zum Status des „Verbündeten“ die wir nicht haben – und zum letzteren: Dass gerade die Teilung Deutschlands die schlimmste Folge des verlorenen Krieges war und ist, die es zunächst und vor allem zu beseitigen gilt.

 

Seite 1   Mahnende Worte zum Wahlkampf

Hannover. Der Gesamtvorstand des Landesverbandes Niedersachsen des „Bundes der vertriebenen Deutschen" hat alle Mitglieder und Mitarbeiter des BvD aufgerufen, in der Zeit des Wahlkampfes um den neuen Bundestag eine „sachliche und würdige Haltung" an den Tag zu legen. Der BvD ist überparteilich, wenn auch selbstverständlich viele seiner Mitglieder sich für die Kandidaten der verschiedenen Parteien einsetzen. So wies der Landesverband darauf hin, dass durch die parteipolitischen Auseinandersetzungen in der nächsten Zeit die Schicksalsgemeinschaft der Vertriebenen nicht gefährdet werden dürfe, wie dann auch nach der Wahl die Abgeordneten ostdeutscher Herkunft bei aller Achtung der verschiedenen politischen Auffassung im neuen Bundestag fruchtbar zusammenwirken sollen.

 

Seite 2   Zwei Ostpreußen – und eine Sache

Foto: Dr. Linus Kather

Foto: Dr. Alfred Gille

Zwei ostpreußische Landsleute spielen in der Vertriebenenorganisation führende Rollen: Dr. Kather und Dr. Gille! Leider gehen sie nicht Hand in Hand, wie Zeit und Not und ostpreußischer Geist es gebieten. Niemand kann ernstlich bestreiten, dass Kather für die Sache der Vertriebenen, zumal für ihre Alltagsnöte, mehr getan hat als jeder andere. Der Lastenausgleich und überhaupt das Werk der Eingliederung ist ohne ihn nicht zu denken. Wo gehobelt wird, da fallen Späne, und Ostpreußen sind harte Köpfe. Wer immer auch etwas an Kather auszusetzen haben mag, er sollte bei allem sein großes Verdienst um die Sache und seine gerade und ehrliche Haltung als Mensch und Politiker zum Maßstab nehmen. Er sollte sich fragen, was er selber demgegenüber aufzuweisen hat.

Dr. Gille hat sich gewiss um den Aufbau der Landsmannschaft Ostpreußen wie überhaupt um die Pflege des landsmannschaftlichen Gedankens und der Heimatpolitik verdient gemacht. Das darf ihn unserer Meinung nach nicht dazu verleiten, das Heute und Hier und damit die Verdienste Kathers zu unterschätzen. Leider ist es noch nicht so weit, wie Gille es einer Mitteilung der „ASKO-Treue" zufolge, wahrhaben will: „Noch so ein großes Bundestreffen wie in Bochum und zwei bis drei Jahre, dann sind wir wieder in der Heimat!'' Er wird sehr wahrscheinlich noch etwas länger warten müssen, bis er, wie es dort heißt, das Ziel seines „besonderen Ehrgeizes", „nochmal Bürgermeister von Lötzen (oder Oberpräsident von Ostpreußen? — D. Red.) zu werden", verwirklichen kann.

Und deshalb ist es nötig, dass die Ostpreußen nicht nur zusammenstehen, sondern dass gerade auch ihre führenden Köpfe einig sind. Es ist geradezu ostpreußische Pflicht und Tradition, in diesem Punkte ein Beispiel zu geben.

Der fortgesetzte Kleinkrieg dieser beiden Männer betrübt die Landsleute und schadet der Sache der Vertriebenen. Wir wollen nicht entscheiden, wer Recht und Unrecht; wer mehr oder weniger Schuld hat. Eines aber gebietet die landsmannschaftliche und menschliche Gerechtigkeit: auch der andere Teil muss gehört werden!

Im „Ostpreußen-Blatt" vom 25. Juni hat Dr. Gille im Zusammenhang mit der Amtsenthebung Dr. Schreibers eine geharnischte, in der Sache nicht überzeugende und im Ton geradezu unwürdige Attacke gegen Dr. Kather geritten. Auch dem Landsmann, der die Hintergründe nicht kennt, ist bei der Lektüre des Artikels sicher nicht wohl zu Mute. Der ZvD, der Millionen Vertriebene repräsentiert, darunter auch hunderttausende Ostpreußen, ist in seinem obersten Beschlussgremium, der Bundesdelegiertenversammlung, mit nur einer Gegenstimme, von diesem Artikel abgerückt. Das sollte zu denken geben. Das „Ostpreußen Blatt" hat aber sogar diese Tatsache verschwiegen; und gar nicht daran gedacht, auch Kather Gelegenheit zu geben, den Landsleuten seinen Standpunkt vorzutragen. Wir halten uns als unabhängiges Blatt deshalb für verpflichtet, nachfolgend einem Landsmann das Wort zu geben, der auf Grund sorgfältig eingeholter Informationen und Beobachtungen gegenüber den Vorwürfen Gilles eine Lanze für Kather bricht.

Die Redaktion

 

„Im Dschungel politischer Intrigen, so ist ein Artikel überschrieben, den Dr. Gille, der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, in einer Juni-Nummer des „Ostpreußen-Blattes" veröffentlicht hat. Er will angebliche Hintergründe um die Amtsenthebung Dr. Schreibers darstellen und ist eine einzige gehässige Invektive gegen unseren Landsmann Dr. Linus Kather.

Die Überschrift stimmt, mit umgekehrten Vorzeichen. Die Gärtner und Baumeister dieses Intrigenlabyrinths heißen, Gott sei es geklagt, Schreiber, Gille, de Vries. Der ZvD und Dr. Kather haben seit langem keinen Hehl daraus gemacht, dass im Bundesvertriebenenministerium eine Erneuerung an Haupt und Gliedern erstrebt und gefordert werden muss. Gille fordert mehr: den Kampf gegen die Bundesregierung! Das wäre für eine überparteiliche Organisation, wie sie der ZvD darstellt, Selbstmord gewesen und hätte sie dem Fluch der Lächerlichkeit ausgesetzt. Ein Vertriebenenverband, der noch dazu von der Bundesregierung gefördert wird, ist nie in der Lage, die Regierung zu stürzen. Es ist unvorstellbar, dass der Sprecher der Ostpreußen eine derart politische Sextanerweisheit überhaupt feilbietet; ganz zu schweigen vom Unrecht in der Sache.

Zudem ist der Artikel in seiner Grundhaltung unlogisch. Gille fordert den Kampf gegen die Bundesregierung. Alles oder nichts!  Wenn er die Regierung nicht stürzen kann, so will er offenbar auch Lukaschek im Sattel lassen. Wenn er den Minister nicht stürzen kann, so soll unter allen Umständen sein verantwortlicher Staatssekretär am Ruder bleiben. Es macht ihm dabei nichts aus, wenn er gleichzeitig den Bundesminister für Gesamtdeutsche Fragen, Kaiser, als Kronzeugen dafür zitiert, dass es die Bundesregierung — also doch! — ernst meine mit dem Anliegen der Vertriebenen.

 

Schon dieser Widerspruch in der Anlage des Artikels verrät, dass die Argumente Gilles unecht sind und dass sein Pathos falsch ist. In Wirklichkeit bezweckt er lediglich wie bei allem, was er im Zusammenhang mit Kather tat und schrieb, ihn als Mensch und Politiker zu diskreditieren und seine Stellung in der Organisation der Vertriebenen zu untergraben.

Dass es Kather und dem ZvD im Falle Schreiber um die Sache und nicht um die Person ging, beweisen unter anderem folgende Zusammenhänge und Tatsachen:

1.     In der Aussprache Kathers mit dem Vorstand der Landsmannschaft Ostpreußen am 2. August 1952 in Hamburg, sagte Gille: „Sie können doch unseren Ehrenpräsidenten nicht angreifen!" Ein Beweis dafür, dass Kather selbst in diesem Kreise aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht hatte. Die Kritik an Schreiber entsprach einer allgemeinen politischen Notwendigkeit. Das Interesse der Landsmannschaft muss dahinter zurückstehen. Der Auftrag Kathers als ZvD-Vorsitzender ist überlandsmannschchaftlich.

Die Amtsführung Schreibers war in Wirklichkeit eine Intrigenführung. Dafür folgendes zum Beweis;

1.     Im Herbst 1949 erklärte Schreiber zu Guilleaume: Kather darf auf keinen Fall Vorsitzender des ZvD werden, und damit er es nicht werden kann, muss sein Landesverband, Hamburg, zerschlagen werden. Das wurde auch versucht. Die Ostpreußen, Westpreußen und Danziger traten aus und Dr. Gille erschien Anfang Dezember zur ZvD-Vorstandswahl in Bonn, um darzulegen, dass der Landesverband Hamburg nicht mehr bestehe.

2.     Dass der Staatssekretär im Bunde war mit der im VOL-Lager in Hamburg gesponnenen Intrige zur Verhinderung des BvD beweist der vielzitierte Brief des Herrn de Vries an den Pressereferenten Schreibers, Wilpert, vom 09.01.1952. Zum Schluss heißt es: „Informieren Sie den Herrn Staatssekretär!" Der Brief wurde veröffentlicht. Der Staatssekretär schwieg.

3.     Für die dem ZvD und Kather feindliche Tendenz des Staatssekretärs sprechen ferner die fortgesetzten und nachhaltigen Versuche, dem ZvD einen von zwei Plätzen im Aufsichtsrat der Lastenausgleichsbank und Kather den Vorsitz zu nehmen Nachzulesen im MD und in der „Vertriebenen-Korrespondenz". Letztes Zwischenspiel: der Staatssekretär in dem für die Bank federführenden Vertriebenenministerium verhinderte drei Wochen lang die Bekanntgabe des Kabinettsbeschlusses über die Delegierung Kathers in den Vorstand, um der Kabale Gelegenheit zu geben, im letzten Augenblick „dazwischenzufunken".

4.     In Bonn und darüber hinaus pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass der eigentliche Initiator und Informator der üblen Pressehetze des MID gegen den ZvD und Dr. Kather, vermittels seines Pressereferenten, der Staatssekretär war.

5.     Die Wegnahme von zwei ZvD-Plätzen im Ständigen Beirat beim Lastenausgleichsamt und ihre Vergabe an die Landsmannschaften, die satzungsmäßig nicht mit der Vertretung der sozialen und wirtschaftlichen Belange der Vertriebenen zu tun haben, ist gleichfalls auf Schreiber zurückzuführen. Die Anerkennung des aus dem ZvD ausgeschlossenen Landesverbandes Hamburg und das Herausbrechen des Bauernverbandes aus dem ZvD durch gesonderte Dotierung ist gleichfalls sein Werk. Dazu kommt, und das ist ausschlaggebend,

6.     sein völliges Versagen in der Sache. Selbst Gille kann in dem zitierten Artikel nicht eine einzige Tat von Schreiber in Richtung Eingliederung vorbringen. Das war aber die eigentliche Aufgabe des Staatssekretärs im Bundesvertriebenenministerium. In den Ausschüssen und im Bundesrat glänzte Schreiber durchweg mit Schweigen oder mit Abwesenheit. Sein Herz, das wirft ihm niemand vor, stand bei den Landsmannschaften. Das durfte nicht so weit gehen, dass er, wie die VK richtig bemerkt, sein Amt einseitig zugunsten der Landsmannschaften führte und seinen eigentlichen Auftrag, die Durchsetzung der Eingliederung vernachlässigte.

Und nun zu Gillle:

Er spricht von dem „politischen Windei aus Hannover" und bestätigt damit seine wahre Einstellung zur BvD-Gründung. In Hannover hatte er feierlich versprochen, sich für alsbaldige Vollendung des BvD einzusetzen. Er hat ganz offensichtlich nie daran gedacht, sein Wort zu halten. Erste Verlautbarung nach Hannover: „Es besteht zu übereilten Beschlüssen kein Anlass". Unter diesem Stichwort Gilles sammelte sich die landsmannschaftliche Opposition gegen den BvD. Er ist somit hauptschuldig an dem Misslingen der Einigung. Sein vorgeschickter Akteur und Propagandist in dieser Sache, de Vries, wäre ohne ihn bedeutungslos gewesen.

Bezeichnend sein Verhalten beim Lastenausgleich anlässlich der Verabschiedung des Gesetzes, vor allem sein demagogisches Auftreten in Neumünster! Unter seiner Ägide agitierte der Landesverband Schleswig-Holstein gemeinsam mit dem vorgeschobenen Landesverband Hamburg gegen den vom ZvD mit Vorbehalt gebilligten Bundestagskompromiss; wobei geflissentlich die Verdienste Kathers um die Erhöhung des Aufkommens und um die Vorfinanzierung, die in diesen Tagen anläuft und sich schon jetzt als großer Erfolg herausgestellt hat, verschwiegen wurden.

 

Die fortgesetzt aggressive Haltung des „Ostpreußen-Blatttes" gegen Kather fand sicher nicht nur die Billigung Gilles, sondern entsprach offenbar seinen Weisungen. Das sieht etwa so aus. Bericht über die Verabschiedung des Bundesvertriebenengesetzes im Bundestag, für die Kather wie ein Löwe gekämpft hat. Das „Ortpreußen-Blatt": Kather hat — irgendwo einmal — gefehlt! Sonst kein Wort über seinen Einsatz. Nach all dem steht fest. Der Artikel Gilles im „Ostpreußen-Blatt" ist ein grober „Missbrauch seiner Stellung als Sprecher der Ostpreußen. Die Landsmannschaft sollte mit sich zu Rate gehen, ob sie das billigt, oder ob sie weiter zusehen will, dass der Landsmann, der sich vor allen anderen Verdienste um die Sache der Vertriebenen erworben hat, derart verunglimpft wird.

 

Und das zum Schaden des Ansehens und der Sache der Vertriebenen überhaupt. Dr. Kather hat seine Stellung als erfolgreicher Anwalt in Hamburg aufgegeben, um sich ganz den Anliegen der Vertriebenen zu widmen. Er steht fortgesetzt in vorderster Front im Kampf, ohne Rücksicht auf seine Gesundheit oder seine persönlichen Interessen. Während dessen macht sich der gut beschäftigte Anwalt Dr. Gille offenbar ein „Hobby" daraus, in seinen Mußestunden, den Einsatz, Kathers für die Sache zu behindern, wenn nicht zu torpedieren. Letztes Beispiel: 1. Juli, 3. Lesung des Bundeshaushaltes. Kather kämpft einen dramatischen Kampf für die Bereitstellung der 75 Millionen DM für die landwirtschaftliche Siedlung. Ein oder zwei Tage vorher hat die Geschäftsstelle der Landsmannschaft Ostpreußen den Bundestagsabgeordneten den besagten diffamierenden Gille-Artikel des Ostpreußenblattes gegen Kather zugeschickt. Das ist kein echter landsmannschaftlicher Geist! Das ist kein Vertriebenengeist! Das muss einmal ostpreußisch klar und brüsk gesagt werden. G. H.

 

Seite 2   Zum Tag der Heimat 1953

Wenn in diesem Jahre die deutschen Heimatvertriebenen in den Städten und Dörfern des Bundesgebiets und in West-Berlin festlich den „Tag der Heimat'' begehen, so legen sie nicht nur ein Bekenntnis ab zur geraubten Heimat, sondern sie demonstrieren zugleich für eben das Recht auf die Heimat als unveräußerliches Menschenrecht. Indem sie dieses tun, tragen sie zur Schaffung der Grundlagen eines wahrhaften Friedens bei, denn Austreibung wie jede Art von zwangsweiser Bevölkerungsverschiebung ist eine Verletzung des Menschenrechts und eine schwere Beeinträchtigung der Menschenwürde. Nicht nur durch ihre Begleiterscheinungen, sondern an sich selbst stellen die Austreibungen den Versuch eines Völkermords dar, indem sie Stämme und Volksgruppen mit der völligen Vernichtung als solche bedrohen, selbst wenn die Einzelnen die furchtbaren Unmenschlichkeiten, die stets im Gefolge von Austreibungsmaßnahmen auftreten, überleben. Alles was von Seiten der Vertriebenen geschieht, um diesen Folgen der Massenaustreibungen entgegenzuwirken, erfolgt in Verteidigung des Menschenrechts und der Menschenwürde und in Abwehr des kulturellen Genocidiums.

Dieses also ist der letzte Urgrund dafür, dass die Heimatvertriebenen alljährlich an einem Tage sich zu Kundgebungen vereinen, in denen sie nicht nur, rückschauend, der fernen Heimat gedenken, sondern vor aller Welt feierlich die Forderung erheben, dass das ihnen angetane Unrecht wiedergutgemacht werden muss und dass alle Vorkehrungen getroffen werden müssen, um zu verhindern, dass jemals in der Geschichte wieder Massenaustreibungen als Mittel zur Lösung irgendwelcher politischer Streitfragen überhaupt nur ins Auge gefasst werden.

Deshalb aber stellt der „Tag der Heimat" zugleich einen einzigen flammenden Protest gegen jenes internationale Abkommen dar, in dem die Massenaustreibungen im Jahre 1945 sanktioniert worden sind: Denn es schloss das Potsdamer Abkommen einen Krieg ab, der nach allem Vorbringen dazu geführt worden war, um dem Unrecht und der Gewalt ein Ende zu setzen, während doch die Vereinbarungen von Potsdam gerade neuer unmenschlicher Gewalt und schlimmstem Unrecht Tür und Tor öffneten. So ist der „Tag der Heimat" zugleich ein Protest gegen die politische Lüge und ein wahrhaftes Aufstehen der Entrechteten und Entheimateten gegen Hass und Rachsucht.

Der „Tag der Heimat" ist also wohl in erster Linie ein Anliegen der ihrer Heimat Beraubten, aber es geht seine Bedeutung weit darüber hinaus. Denn selbst wenn es eines Tages keine Entheimateten und Entrechteten auf dieser Erde mehr geben würde, so müsste dieser „Tag der Heimat" begangen werden von den Menschen, damit sie die Gnade und den Segen erkennen und zu würdigen lernen, die ihnen dadurch zuteilwurden, dass sie in ihrer Heimat leben können.

Der „Tag der Heimat'' ist damit ein Tag der Selbstbesinnung und des Dankens, ein Tag des Bekenntnisses zu Menschenrecht und Menschenwürde und ein Tag der Mahnung an alle Menschen, sich der Verpflichtung bewusst zu sein, die Heimat bedeutet. Er steht somit im Dienste der Menschlichkeit, der Gerechtigkeit und des Friedens, wie er auch Ausdruck der Hoffnung ist, dass aus erduldetem Leide und ertragener Not dereinst eine bessere Zukunft erwachsen möge.

 

Seite 2   Verwaiste Bauernhöfe in Ostpreußen

Berlin. „Aus Deutschland hört man immer wieder, dass alles nach geordnetem Leben drängt hier ist man froh, wenn man sich über Wasser halten kann", heißt es in einem kürzlich aus dem polnisch verwalteten Ostpreußen eingetroffenen Brief. Ausführlich schildern die, von einem noch heute in Ostpreußen lebenden Deutschen stammenden Zeilen die Zustände in der Heimat.

Viele der Bauernhöfe, die nach der Vertreibung der deutschen Besitzer in die Hände der zugewanderten Polen gekommen waren, stehen wieder verwaist. Das Bestreben, den unrechtmäßig erworbenen Besitz wieder loszuwerden, sei überall zu bemerken, berichtet der Ostpreuße, der jetzt seinen enteigneten Besitz mangels Nachfrage wieder zur Bewirtschaftung erhalten hat. Auch, auf den in staatlicher Verwaltung befindlichen Gütern werden die Arbeitskräfte fast nur von Deutschen gestellt. Von der Kreisstadt heißt es, dass nicht nur die Mauern der abgebrannten, sondern auch der leerstehenden Häuser abgerissen und die Ziegel nach Osten verfrachtet werden.

 

Seite 2   Zweite Sparquote ab 1. September

Frankfurt/Main. Die Vorlage des Bundesausgleichsamtes auf Erhöhung der Freigabe im nachgeholten Währungsausgleich um 100 DM ist vom Kontrollausschuss gebilligt worden. Danach werden Ausgleichsguthaben von Vertriebenen-Sparern bis zu 200 DM beziehungsweise für über 70 Jahre alte Personen bis zu 250 DM ausgezahlt. Wie hvp dazu ergänzend erfährt, soll mit den Auszahlungen dieser Guthaben am 1. September begonnen werden.

 

Verlängert! Der Anmeldetermin für die Schadenfeststellung ist bis zum 31. März 1954 verlängert worden.

 

Seite 3: Die Marienburg

Bild oben: Blick auf das Deutschhochmeisterschloss vom anderen Nogatufer aus.

Bild unten: Deckenkonstruktion in Meisters Großen Remter in der Marienburg.

Aufn.: Erich Doerk

 

Seite 4    Die Glocken von Danzig

Wohl jeder Mensch verknüpft Erinnerungen an heimatliche Glockenklänge, selbst dem ungläubigsten Menschen haben Glockenklänge etwas zu sagen. Man erinnert sich an die Jugendzeit, an Schule, Sonn- und Feiertage, an gute und böse Stunden. Es gibt aber auch Glockentöne, die einen nie verlassen, die nie aus dem Gedächtnis gehen.

Viele tausende Danziger sind am Ende dieses unseeligen Krieges, dem Ende der „Deutschen Stadt Danzig", im Ganzen, noch verbliebenen Deutschland verstreut worden. Viele müssen in einer Zone leben, in der selbst das Denken an ihre Glocken verboten ist. Doch welche großen Erinnerungen bergen gerade die Glocken von Danzig für jeden, der länger in dieser Stadt geweilt hat! Ja, für jeden Westpreußen sind sie Heimatklänge. Man denkt an die große gewaltige Vergangenheit, an die Hanse, und im Geiste tauchen die alten, wetterfesten Türme auf und man hört das Singen und Klingen. Da ist der alles überragende Rathausturm, der wie eine Nadel in den Himmel sticht, mit seinem herrlichen Glockenspiel. Wenn Not- und Sturmzeichen über Danzig wehten, klang's wie im Gebet: „So nimm denn meine Hände und führe mich." Glocken wissen das rechte Wort zur rechten Stunde.

 

Tief und feierlich klingt das Riesengeläut vom St. Marienturm, der Krone aller Danziger Kirchen. Es reihen sich ein die melodischen Glocken von St. Katharinen, von Trinitates und St. Johann, von Salvator und St. Barbara, die der Johanniskirche, von St. Petri und Pauli, St. Bartolomai, St. Elisabeth, St. Nicolei und St. Joseph, ein einziges Singen und Jubeln ist in der Luft. Da steigen im Geiste die Jahrhunderte auf, Danzigs alte Giebel, Türme und Gassen, alte Tore und lauschige Winkel, — wenn frohe Stunden die Stadt durchjubelten, oder Leid und Not beten lehrte. Aber immer war ein Ausweg da, die Mauern hielten jeden Ansturm aus, die Heimat blieb erhalten, Danzig blieb immer Danzig, Schon einmal war Danzig losgerissen vom Mutterland, damals schluchzten, schrien und klagten alle Glocken zu gleicher Zeit, als man Deutsche von Deutschen trennte. Wer das damals gehört hat, zweifelt nicht mehr daran, dass Glocken Seelen haben. Aber Danzig blieb auch als Insel deutsch, seine Mauern standen, seine Glocken sangen weiter von den Türmen ihre Lobgesänge in den Himmel. Erhalten blieben die unschätzbaren Kulturgüter und Werte für das deutsche Volk in seinen Mauern.

Die Dinge der Welt aber sind im ewigen Steigen und Fallen, in unaufhörlichem Wechsel, und nichts kann ihn aufhalten und zum Stillstand bringen.

Was Jahrhunderte gebaut, wurde in wenigen Tagen, ja Stunden, zu einem Flammenmeer und zu Trümmerhaufen. Was Bomben und Granaten nicht zerstörten, das vollendeten die unmenschlichen Horden der Sowjets. Weh wimmerten die Glocken nochmals auf, um dann im Flammenmeer zu sterben. Menschen wurden zu Freiwild, gejagt, gehetzt wurde alles, was Deutsch war. Endlose Kolonnen im Treck der Ausgestoßenen durchzogen die verwüsteten Straßen, das nackte Leben zu retten. Danzig aber versank am Horizont in Schutt und Trümmer.

Dann kamen die Polen! Was sie 1918 nicht erreichten, war ihnen nun gelungen. — Aber, es ist merkwürdig, es blieben Türme erhalten und auch Glocken, und diese Glocken läuten wieder. Ihr Klang ist weh, denn viele fehlen, aber aus den wenigen spricht der Geist Danzigs. Ob sie auch zu den Polen gesprochen haben? Und jetzt bauen sie Danzig wieder auf! Sie bauen! Bauen es auf im alten Stil. Der Rathausturm steht wieder in alter Pracht, um St. Marien stehen die Giebel wieder, gebaut in altem Stil. Der Artushof ist wieder da, ja, man lässt die Innenstadt nach altem Vorbild neu erstehen. Im Geiste sehe ich das liebe, alte Danzig vor mir, Turm an Turm, Giebel an Giebel, Gasse bei Gasse, wenn der Vollmond über die zierlichen Spitzen des Stockturms helles Licht und tiefe Schatten zauberte. Oder, wenn in der Frühe der Nebel langsam um die Marienkirche höher stieg und die Sonne all die Türme, Spitzen und Zierrate der Giebel und Dächer mit goldenem Licht übergoss und die Wellen der Motlau blinkten und die Masten der Schiffe in den blauen Himmel stachen. Heimat um mich, in mir, überall, wohin der Blick glitt. Da zieht mir ein Gedicht Josephs von Eichendorf durch den Sinn:

 

 

Dunkle Giebel, hohe Fenster,

Türme tief aus Nebel seh'n,

Bleiche Statuen wie Gespenster

Lautlos an den Türen steh'n.

 

Träumerisch der Mond drauf scheinet,

Dem die Stadt gar wohl gefällt,

Als läg zauberhaft versteinert

Drunten eine Märchenwelt.

 

Ringsher durch das tiefe Lauschen

Über alle Häuser weit

Nur des Meeres fernes Rauschen —

Wunderbare Einsamkeit.

 

Und die Türme wie vor Jahren

Singen ein uraltes Lied

Wolle Gott den Schiffer wahren

Der bei Nacht vorüberlieht.

 

So singen und klingen im Geiste alle Glocken der Heimat an mein Ohr, und Heimat ist wieder um mich. Häuser, Wiesen, Felder, Wald und Wasser, die alten Freunde der Kindheit gehen mir durch den Sinn und die unvergessliche Zeit am Schicksalsstrom der Weichsel wird im Geist lebendig. Unvergessliche Namen all der großen Männer, die uns die Heimat gab, steigen in Gedanken auf und wehmütig blickt man gen Osten, wo einst die Heimat war. Doch im Gedenken ist Heimat um mich, auch in der Ferne, und ein unerschütterlicher Glaube ist in mir. Einmal wird die Heimat auch wieder deutsch werden und die Glocken werden an deutsche Ohren klingen. Vielleicht werden Du und ich es nicht mehr erleben? Aber unsere Kinder und Kindeskinder werden einmal die Glocken von Danzig wieder klingen hören. Denn, die Dinge der Welt sind im ewigen steigen und Fallen, in unaufhörlichem Wechsel, und nichts kann ihn aufhalten und zum Stillstand bringen.

 

Ew. Friedrich.

 

 

 

Seite 4   Dr. Karl Bink gestorben

Im Alter von 66 Jahren starb am 14. Juli 1953 in Göttingen Dr. Karl Bink, früher Königsberg, nach einem monate-langem schweren Leiden. Dr. Bink, der als Sohn eines samländischen Bauern geboren wurde, nahm als Leutnant d. R. am ersten Weltkriege teil und war lange Zeit Studienrat in Königsberg/Pr.

Als Gründer der Niederpreußischen Bühne hatte er sich in der Heimat einen Namen gemacht. In Göttingen hatte Dr. Bink die Niederpreußische Bühne wieder erstehen lassen und durch seine Stücke die ostpreußischen Landsleute erfreut. Neben seinen schriftstellerischen Arbeiten widmete er sich besonders der vergleichenden Sprachforschung. Noch auf dem Krankenbett arbeitete er unermüdlich an einer etymologisch begründeten Grammatik des ostpreußischen Niederdeutsch. Teile dieser Grammatik waren bereits im letzten Jahrbuch der Albertus-Universität erschienen. Auch war er Mitarbeiter des Preußischen Wörterbuches. Unseren Lesern ist Dr. Bink durch seine Beiträge in unserer Zeitschrift, die vor allem der Pflege des echten ostpreußischen Niederdeutsch galten, weitgehend bekannt. Dr. Karl Bink hing mit einer besonders starken Liebe an unserer ostpreußischen Heimat. Beseelt von dem Gedanken, der Heimat zu dienen, war sein ganzes Lebenswerk erfüllt.

 

Seite 4   Leistungen aus dem Härtefonds

Frankfurt/Main. Ab sofort können Anträge auf Leistungen aus dem Härtefonds des Lastenausgleiches eingereicht werden, und zwar auf Beihilfen zum Lebensunterhalt nach den Grundsätzen der Unterhaltshilfe, auf Beihilfen zur Beschaffung von Hausrat bis zur Höhe der Sätze der Hausratshilfe, für Aufbaudarlehen für die gewerbliche Wirtschaft und freie Berufe, für die Landwirtschaft und für den Wohnungsbau am Ort des Arbeitsplatzes sowie auf Beihilfen zur Berufsausbildung bis zur Höhe der Ausbildungsbeihilfe.

Antragsberechtigt sind:

1. Sowjetzonenflüchtlinge, die wegen einer ihnen unverschuldet drohenden unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben oder die persönliche Freiheit aus der sowjetischen Besatzungszone oder aus dem sowjetischen Sektor Berlins geflüchtet sind und die entsprechenden amtlichen Bescheinigungen vorlegen können

2. Ausgewiesene aus dem Saargebiet.

3. Heimatvertriebene, die am 31.12.1950 ihren ständigen Wohnsitz nicht im Bundesgebiet oder in Berlin-West hatten und daher keine Ansprüche im Lastenausgleich geltend machen können.

4. Personen, die aus rassischen Gründen von der Zuerkennung einer Liquidationsrente des ersten Weltkrieges ausgeschlossen waren.

5. Bewohner von Helgoland, die bestimmte Sachschäden nach dem 31. Juli 1945 erlitten haben.

6. Spätheimkehrer.

 

Seite 4    „Pastor betet polnisch"

Eine Rückkehrerin aus Ostpreußen gibt eine erschütternde Schilderung von den Zuständen in den ostpreußischen Kirchengemeinden. „Selbstverständlich", so heißt es in diesem Bericht, „singt der Chor die deutschen Lieder in polnischer Sprache. Auch die Kinder lernen im Konfirmandenunterricht nur polnisch oder aus dem „Spiewnik", einem Liederbuch, in dem unsere deutschen Lieder ins Polnische umgedichtet worden sind. Wenn wir im Gottesdienst sind, dann hört sich das recht eigenartig an. Der Pastor betet polnisch und spricht die Liturgie in polnischer Sprache. Wir Alten antworten auf Deutsch, weil wir nicht anders können, und die Konfirmanden auf Polnisch, weil sie müssen. Auch mit Liedern ist es so. Die Alten singen aus dem Gesangbuch deutsch und die Jugend aus dem Spiewnik Polnisch. Und doch ist unsere Kirche im Kreis Ortelsburg zu der 8 Ortschaften gehören, jedes Mal, wenn Gottesdienst ist, bis auf den letzten Platz gefüllt, und das sind immer so um 1000 Menschen“.

 

 

Seite 4   Geburtenüberschuss bei den Heimatvertriebenen

Bonn. Gegenüber dem Vorjahr konnte bei den Heimatvertriebenen im ersten Vierteljahr 1953 ein Geburtenüberschuss von 16 586 Personen verzeichnet werden. Dieser Zahl steht bei der einheimischen Bevölkerung ein Sterbeüberschuss von rund 1000 Personen gegenüber. Der Rückgang des Geburtenüberschusses in der Bundesrepublik von 60 000 im ersten Vierteljahr 1952 auf nur noch 15 674 im gleichen Zeitraum des Jahres 1953 wird auf die durch die Grippeepidemie bedingten Todesfälle zurückgeführt.

 

 

Seite 4   Einzelfragen zur Hausratsentschädigung

Nach dem LAG (Lastenausgleichsgesetz vom 14.08.1952) kann jeder Vertriebene, der durch die Vertreibung Möbel für mindestens einen Wohnraum verloren hat. einen Antrag auf Hausratsentschädigung stellen. Wer Vertriebener, was Vertreibungsgebiet ist, kann hier nicht erörtert werden, sondern im Rahmen dieser Darstellung wird gezeigt, wer in bestimmten Zweifelsfällen berechtigt ist, einen Antrag auf Hausratsentschädigung zu stellen, und wer einen Anspruch auf eine solche Entschädigung hat.

Einen Anspruch auf Hausratsentschädigung hat grundsätzlich nur der unmittelbar Geschädigte, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: der Geschädigte muss Vertriebener sein; der Schaden muss durch die Vertreibung innerhalb des Vertreibungsgebietes eingetreten sein; der Geschädigte muss mindestens Möbel für einen Wohnraum als Eigentum gehabt haben; der Schaden muss mindestens 50% vom Wert des Hausrates betragen.

Unmittelbar Geschädigter ist der, bei dem die obigen Voraussetzungen gegeben sind. Nur dieser ist im Allgemeinen antragsberechtigt. Trotz dieser einfach anmutenden Regelung gibt es Fälle, in denen sowohl die Antragsberechtigung wie auch die Frage nach dem Bestehen eines Anspruchs auf Hausratsentschädigung nicht so klar ersichtlich sind.

 

1.    Die Feststellung der Hausratsschäden von Ehegatten, die vor der Vertreibung bereits geschieden waren oder getrennt lebten.

Beide Ehegatten können getrennt einen Antrag auf Entschädigung stellen. Jeder Ehegatte kommt in den Genuss der vollen Entschädigung, sofern er die obigen Voraussetzungen erfüllt. Bestand die Ehe noch in den Jahren 1937 – 1939, so richtet sich die Höhe der Entschädigung nach dem Einkommen der Ehegatten. War die Ehe damals schon getrennt, so ist das Einkommen des Antragstellers entscheidend.

 

2.    Feststellung des Hausratsschadens von Ehegatten, die zur Zeit der Schädigung noch einen gemeinsamen Haushalt führten, aber am 01.04.1952 getrennt lebten oder geschieden waren.

Dieser Fall ist in § 16 III F. G. (Feststellungsgesetz vom 14.08.1952) und 293 II, 1 LAG geregelt. Sowohl nach dem Feststellungsgesetz wie auch nach dem LAG gelten beide Ehegatten als Geschädigte und sind demnach auch beide antragsberechtigt. Beide haben in diesem Falle einen Entschädigungsanspruch. Der Schaden wird jedoch nur einmal festgestellt und zwar für den Ehegatten, der den Antrag gestellt hat. Jedem Ehegatten stehen 50% der Hausratsentschädigung (des Grundbetrages) zu. Dies bedeutet, dass jedem Ehegatten die Hälfte der Entschädigung ausgezahlt werden muss, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen (wichtig: 31.12.1950 im Bundesgebiet!)

Führt einer der Ehegatten aber den Nachweis, dass er allein Eigentümer des Hausrates war, so kann er den vollen Grundbetrag beanspruchen. Auch aus diesem Grunde ist jeder der Ehegatten verpflichtet, im Antrag den Wohnort des von ihm getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten anzugeben. Unterlässt er dies, so muss sein Antrag zurückgestellt werden, und es besteht die Möglichkeit, dass er überhaupt keine Entschädigung erhält. Lebt der andere Ehegatte außerhalb der Bundesrepublik oder Berlin-West, so erhält der Antragberechtigte dennoch nur 50% der Entschädigung. Zu diesen 50% kommt ein Familienzuschlag für die Familienangehörigen und für die Kinder hinzu, die sich am 01.04.1952 im Haushalt des Geschädigten befanden und wirtschaftlich von ihm abhängig waren. Lebten die Kinder der geschiedenen Eheleute z. B. im Haushalt der Mutter, so erhält die Mutter, die Familienzuschläge, der Vater nur die 50% des Grundbetrages. Hielten sich die Kinder bei keinem Ehegatten auf, so wird der Familienzuschlag überhaupt nicht ausgezahlt. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Vater Unterhalt gezahlt hat. Anders ist es natürlich, wenn die Kinder sich nur vorübergehend an einem anderen Ort aufhielten, wenn sie z. B. dort zum Zwecke der Schul- und Berufsausbildung aufhielten. In diesem Falle wird dem Vater der Familienzuschlag für die Kinder gewährt.

Etwas undurchsichtig ist der folgende Fall. Der Vater ist Eigentümer des Hausrats. Die Kinder leben im Haushalt der Mutter. Der Ehemann zahlt für die Kinder den Unterhalt. Da der Ehemann Eigentümer des Hausrates war. erhält er allein, die Entschädigung und zwar den vollen Grundbetrag. Die Ehefrau, in deren Haushalt die Kinder leben, geht leer aus. Ein Familienzuschlag kommt unter diesen Umständen überhaupt nicht zur Auszahlung. Der Ehemann erhält den Zuschlag nicht, weil die Kinder nicht in seinem Haushalt leben, die Mutter kann ihn nicht beanspruchen, weil sie keinen Anspruch auf einen Entschädigungsbetrag hat, wie er in § 295 I aufgeführt ist, der Familienzuschlag aber nur gemäß § 295 III zu einem solchen Betrag hinzugezahlt wird.

Federführend für die Bearbeitung der Anträge beider Ehegatten ist das Ausgleichsamt, bei dem ein Antrag zuerst gestellt ist. Das Ausgleichsamt, bei dem der Antrag des anderen später eingeht, übersendet diesen dem zuständigen Ausgleichsamt. Vom letzteren erhalten beide Ehegatten ihre Entschädigung. Es ist also nicht möglich, dass ein Ausgleichsamt 50% zahlt, und ein anderes Amt zahlt die andere Hälfte.

 

3.    Feststellung und Entschädigungsanspruch, wenn einer oder beide Ehegatten nach dem Schadenseintritt verstorben sind.

Ist ein Ehegatte verstorben, so ist die Feststellung ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse nach § 16 III FG auf den Namen des überlebenden Ehegatten vorzunehmen. Nur dieser kann einen Antrag auf Feststellung des Schadens stellen und hat einen Anspruch auf Entschädigung. Dies ergibt sich aus § 16 III FG, der beide Ehegatten als Geschädigte anerkennt, aber nur ein Antragsrecht einräumt. Dieses Antragsrecht kann dann aber nur dem überlebenden Geschädigten zufallen. Es ist fraglich, ob an dieser Regelung durch die Erbfolge etwas geändert werden kann. Das ist abzulehnen, denn § 16 III (und entsprechend § 293 II LAG) kennt nur die beiden Ehegatten als unmittelbar Geschädigte. Durch den Erbfall kann dem Erben aber kein Antragsrecht und damit ein Entschädigungsanspruch zufallen, da das nur einmal gegebene Antragsrecht bei dem überlebenden Ehegatten verbleibt.

Sind beide Ehegatten verstorben, jedoch zumindest einer nach dem Schadenseintritt, so treten an die Stelle der unmittelbar geschädigten Eheleute die Erben. Ist der zuletzt verstorbene Ehegatte vor dem 01.04.1952 verstorben, so gelten die in § FG festgelegten Beschränkungen. Dadurch wird nichts an der vom BGB vorgeschriebenen Erbfolge geändert oder eine abweichende testamentarische Bestimmung etwa außer Kraft gesetzt. Sondern antragsberechtigt ist immer nur der, der Erbe ist. Wer aber Erbe ist. wird weder im FG noch im LAG bestimmt, sondern § 9 FG (und entsprechend § 229 LAG) bestimmt nur, dass ein Erbe nur dann antragsberechtigt ist, wenn er zum unmittelbar Geschädigten in einer der dort angegebenen Beziehung steht. Demnach kann ein Erbe, der auf Grund allgemeiner bürgerlich-rechtlicher Vorschriften Erbe geworden ist, nur dann einen Feststellungsantrag stellen, wenn er im Verhältnis zu den Ehegatten ist: a) eheliches Kind, Stiefkind, eine an Kindes Statt angenommene Person, uneheliches Kind, oder eine Person, der die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes zukommt; b) Abkömmlinge der unter a) genannten Kinder; Eltern, Großeltern oder weitere Voreltern oder Stiefeltern; d) voll- oder halbbürtiger Bruder oder Schwester oder deren Abkömmlinge ersten Grades.

Die hier und im Gesetz angegebene Reihenfolge ist völlig ohne Bedeutung. Antragsberechtigt ist also jeder Erbe, der unter eines der oben angeführten Verwandtschaftsverhältnisse fällt. Umgekehrt ist selbstverständlich nicht jemand antragsberechtigt, der unter ein solches Verhältnis fällt aber nicht Erbe ist. Dieses auch dann nicht, wenn er unter dem Buchstaben a) aufgeführt wäre, während der Erbe nur in einem der unter d) genannten Verhältnisse zum unmittelbar Geschädigten stünde. So kann ein uneheliches Kind des Vaters nur dann zum Zuge kommen, wenn es testamentarisch als Erbe eingesetzt worden ist.

Der Grundbetrag der Entschädigung wird nach den Einkünften des Erblassers in den Jahren 1937 - 1939 errechnet. Von diesem Grundbetrag erhalten die Erben den Betrag ihres Erbteils (§§ 247, 229 LAG)

Steht es fest, dass nur ein Erbe vorhanden ist und auch kein Testament vorliegt, so kann von der Erbringung eines Erbscheines abgesehen werden. In allen anderen Fällen ist ein Erbschein vorzulegen. Dieser ist bei dem Amtsgericht zu beantragen, das für den Wohnsitz des Antragstellers zuständig ist. Die Kosten fallen dem Erben zur Last. Es bestehen jedoch weitgehend Möglichkeiten, von diesen Kosten befreit zu werden.

Nachkommen, die vom Erblasser enterbt sind, gelten nicht als Erben, wenn sie unter Umständen auch ein Pflichtteilsanspruch haben. Sie haben lediglich einen Anspruch gegen den Erben, der nur im Wege des Zivilprozesses durchgesetzt werden kann.

Beispiel für Erben, wenn Erblasser vor dem 01.04.1952 verstorben ist.

Ein Ehepaar wird 1945 vertrieben und kam im Jahre 1946 in das Bundesgebiet. Der Ehemann starb 1947. Die Ehefrau könnte gemäß § 16 III FG einen Antrag auf Entschädigung des verlorenen Hausrats stellen. Sie starb aber bereits am 30.12.1949. Ein Antrag kann also nicht mehr von ihr gestellt werden. Sie hinterließ 4 Kinder: A. B, C und D.

Kind A: verheiratet, 2 Kinder, am 31.12.1950 im Bundesgebiet, ebenfalls Hausrat verloren.

Kind B: verheiratet, seit 1935 im Bundesgebiet wohnhaft, kein Verlust, 4 Kinder, von denen eines noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat.

Kind: C: ist ledig, kam als Spätheimkehrer unmittelbar aus der Gefangenschaft 1951 in das Bundesgebiet.

Kind D: ist vermisst.

Jeder Erbe ist antragsberechtigt. Das Ausgleichsamt, bei dem der Antrag zuerst eingegangen ist, stellt den Schaden fest und zahlt die Entschädigung aus.

Welche Entschädigung erhalten nun die Erben? Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach den Einkünften der Ehegatten in den Jahren 1937 bis 1939. In diesem Falle sei einmal die Schadengruppe 1 angenommen mit einem Grundbetrag von 800,-- DM. Dann erhalten das Kind A: 25% des Grundbetrages = 200,-- DM. da es am Stichtag im Bundesgebiet war. Einen Familienzuschlag erhält es nicht, weil es wegen des eigenen Hausrats eine Entschädigung erhält, zu der der Familienzuschlag aufgeschlagen wird.

Das Kind B: Es war ebenfalls am Stichtag im Bundesgebiet. Es ist nicht nötig, dass der Erbe selbst Vertriebener ist. Es erhält also 25% des Grundbetrages = 200,-- DM für die Ehefrau = 200,-- DM für die 4 Kinder je 100,-- DM = 400,-- DM da nach § 295 III Zif. 3 für das dritte und jedes weitere Kind ein Zuschlag von 100,-- DM gezahlt hat, sofern es am 01.04.1952 noch keine 18 Jahre alt war, einmal 100,-- DM insgesamt = 900,-- DM

Das Kind C: Es ist Heimkehrer und hat den Stichtag nicht erfüllt. Da es aber unmittelbar von der Gefangenschaft ins Bundesgebiet gekommen ist, fällt es unter § 9 I Zif. 2 c) FG und erhält demnach 200,-- DM. Das

Kind D: fällt, da es vermisst ist, als Entschädigungsempfänger aus, (wird evtl. beim Nachlassgericht hinterlegt).

 

2.    Dasselbe Beispiel mit folgender Änderung:

Kind C, ledig, stirbt nach Eintritt des Erbfalles im Februar 1951. Da es keine Kinder hinterlässt, wird sein Erbteil von 200,-- DM auf seine Geschwister zu gleichen Teilen aufgeteilt, wenn C testamentarisch nichts anderes bestimmt hat. d. h. die Kinder A, B erhalten je ein Drittel = 66,67 DM. Der auf das Kind D entfallende Anteil wird, da es vermisst ist, beim Nachlassgericht hinterlegt.

 

3.    Dasselbe Beispiel mit folgender Änderung:

Kind A wohnt im sowjetzonalen Deutschland. Sein Erbteil kann nicht geltend gemacht werden. Er darf auch nicht unter die im Bundesgebiet lebenden Geschwister aufgeteilt werden. Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht durch Verzicht oder Ausschlagung erzielen. Ein Verzicht kommt schon deshalb nicht in Frage, weil er zu Lebzeiten des Erblassers hätte vereinbart werden müssen. Ist dies allerdings geschehen, so fällt derjenige, der verzichtet hat, natürlich als Erbe weg und wird bei der Berechnung der Erbteile nicht mit berechnet. Nach dem BGB ist eine Ausschlagung der Erbschaft nur innerhalb von 6 Monaten nach dem Tode des Erblassers möglich. Diese Frist wäre also spätestens am 01.10.1952 abgelaufen. War eine solche Ausschlagung rechtzeitig erfolgt, so gilt auch hier dasselbe, was unter „Verzicht" gesagt wurde.

 

Fritz Pfützenreuter.

 

Fortsetzung folgt!

 

Seite 5   Kindersuchdienst des Deutschen Roten Kreuzes, Hamburg-Osdorf, Blomkamp 51 (mit Fotos von den Kindern)

Name: Wolf (fraglich),

Vorname: Dora,

geb.: 1938,

Augen: blau,

Haar: blond.

Das Kind stammt aus dem Kreis Sensburg/ Ostpr., eventuell aus Bönigken. Es spricht von einem Bruder Bernhard. Bild Nr. 288.

 

Name: Krause,

Vorname: Alfred,

geb.: 06.05.1941,

Augen: blau,

Haare: blond.

Der Knabe kann nur aussagen, dass seine Mutter verstorben ist und die Geschwister Hartmuth und Hannelore heißen sollen. Er soll aus Königsberg stammen. Bild Nr. 228.

 

Name: unbekannt,

Vorname: unbekannt,

geb. 1943/1944

Augen: hellblau

Haar: hellblond

Der Knabe stammt mit Wahrscheinlichkeit aus Ostpreußen. Ursprüngliche Kleidungsstücke sind noch vorhanden. Bild Nr. 97

 

Name: Kuhn,

Vorname: Hildegard,

geb.: 08.11.1938

Augen: braun

Haar: dunkelblond

Das Kind stammt aus Birkenwalde/Samland. Der Vater heißt Max Kuhn und war zum Volkssturm eingezogen. Bild Nr. 380

 

Seite 5   Wir gratulieren

Am 20. Juli 1953 feierte der Postbetriebsassistent a. D. Gustav Neumann, der früher viele Jahre beim Postamt Tilsit beschäftigt war, seinen 80. Geburtstag. An seinem Ehrentage gedachten viele seiner Kollegen ihres alten Mitarbeiters, der in seiner Eigenschaft als Hauswart ernste und heitere Stunden mit ihnen verlebt hat und erinnerten sich gern seines freundlichen Wesens und seiner steten Hilfsbereitschaft. Sie alle wünschen ihrem lieben Gustav, der jetzt mit seiner Ehefrau in Peine, Sundernster Wasserwerk wohnt, weiterhin gute Gesundheit und einen gesegneten Lebensabend.

 

Am 24. Juli 1953 feierte Frau Eva Albrecht, geb. Sturies aus Gr. Friedrichsdorf, Elchniederung, ihren 91. Geburtstag. Frau A. ist die Witwe des bereits im Jahre 1927 verstorbenen Vorstehers des Postamts Gr. Friedrichsdorf, der sich s. Zt. durch seine langjährige Tätigkeit beim Roten Kreuz in Tilsit allgemeiner Wertschätzung erfreute. Trotz ihres hohen Alters befindet sich Frau Albrecht bei bester Gesundheit und erhält ihren Geist durch Lesen guter Bücher frisch. Sie wohnt jetzt bei ihrem Schwiegersohn Postinspektor a. D. Erich Sperber und dessen Ehefrau Hanna geb. Albrecht in Peine (Hann.), Sedanstr. 14.

 

Der Bundesbahn - Pensionär August Losch aus Podlacken, Krs. Rastenburg/Ostpr., jetzt in Seesen a/Harz, Bornhäuserstr. 14, wird am 9. August 1953, 71 Jahre alt.

 

79 Jahre alt wird am 18. August 1953, Frau Ida Paluk, geb. Schmelz, Witwe des 1932 in Königsberg Pr., verstorbenen Hilfsschul-Konrektors Friedrich Paluk, zuletzt wohnhaft in Thierenberg, Kreis Samland. Sie befindet sich heute in (24a) Hamburg-Rissen, Sülldorfer Landstraße 379.

 

Das 80. Lebensjahr vollendet am 12. September 1953, Witwe Frau Johanne Steinort, aus Norgau, Kirchspiel Thierenberg, Samlandkreis Fischhausen. Sie blieb bis 1947 in der Heimat, überstand alle Strapazen und Entbehrungen, wohnte dann in der sowjetrussischen Besatzungszone und befindet sich heute bei ihrem Sohn Lehrer Walter Steinort in (23) Farven über Bremervörde, Schulhaus.

 

Am 12. Juli 1953 beging Herr Dipl.-Ing. Paul Brandt, der aus Goldap stammt und der letzte Rektor des Ostpr. Revisionsvereins in Königsberg Pr. war, seinen 75. Geburtstag. Herr Brandt lebt seit 1938 im Ruhestand und wohnt jetzt (17c) Staffert, Bruchstr. 9 über Bruchsal. Wir wünschen dem Jubilar alle Gute und einen gesegneten Lebensabend.

 

 

Seite 5   VfB Bundestreffen 1953

Der, VfB-Königsberg ruft seine Mitglieder und Freunde zu einem ersten Bundestreffen am 29. und 30. August nach Hannover-Barsinghausen. Die Vorarbeiten für diesen „Tag des VfB" sind nunmehr abgeschlossen und das Programm festgelegt worden. Es darf gesagt werden, dass dieses Bundestreffen eine mehr persönliche Note aufweisen und auch der Sport stärker in Erscheinung treten wird. So sind Fußballspiele, Faustballwettkämpfe, Schwimmwettkämpfe und Staffelläufe u. a. m. vorgesehen.

Den Wettkämpfen am Sonntag geht ein Festakt mit einem gemeinsamen Abendessen am Sonnabend, dem 29. August in dem Sportheim in Barsinghausen voraus. Dort selbst können auch die Teilnehmer untergebracht werden. Anmeldungen zur Teilnahme an dem Bundestreffen sind an Willi Krawzick, Dortmund-Hörde, Nevierstraße 20, bis zum 10. August vorzunehmen.

 

Seite 5   Ostverein für Prüfung von Gebrauchshunden zur Jagd Königsberg/Pr.

Aufr

uf

Unser Ost-Verein als einer der ältesten Vereine des Gebrauchshund-Verbandes (gegründet 1896) hat eine alte Tradition zu wahren. Eine große Zahl von Hunden der verschiedenen Rassen ist auf unseren Suchen geprüft und ins Deutsche Gebrauchshund Stammbuch gekommen. Es war allerdings nicht ganz leicht, erste Preise bei uns zu machen, galt doch der Ostverein — worauf wir stolz waren — als einer der scharfst-richtenden Vereine.

 

Ich selbst bin noch nicht lange im Westen und musste leider feststellen, dass unsere Mitglieder nicht nur versprengt und unbetreut sind, sondern dass unsere Reihen durch Krieg und Flucht stark gelichtet sind. Umso mehr wird es allen Lebenden ein Bedürfnis sein, zu erfahren, wo die restlichen Mitglieder stecken, und wer für immer von uns gegangen ist. Leider sind auch alle Akten und Unterlagen des Ost-Vereins verschollen. Dankenswerter Weise hat unser Kamerad Otto Wenck (Mitglied seit 1919) bereits angefangen, Material über unsern Ost-Verein zu sammeln.

Als langjähriger Schriftführer und stellv. Vorsitzender aus der Glanzzeit des Vereins (Graf zu Dohna-Willkühnen, Vater Sonnenborn, Dr. Germann), der 17 Jahre lang die Suchen des Vereins aufzog und wohl als letzter Überlebender der alten Garde halte ich mich für berechtigt und verpflichtet, die Reste der Vereins zu sammeln und für bessere Zeiten zusammenzuschließen, um die Arbeit an Jagd- und Gebrauchshund sofort praktisch aufnehmen zu können, wenn der Tag der Heimkehr gekommen ist.

Ich bitte daher alle Mitglieder resp. Angehörige sowie diejenigen, die Mitglieder werden wollen.

1. ihre Anschrift nebst kurzen persönlichen Mitteilungen über ihr Ergehen in der Zwischenzeit nebst Eintrittsjahr mir oder Herrn Wenck zukommen zu lassen.

2. Tod oder Verbleib anderer Mitglieder bekannt zu geben,

3. Vereins - Unterlagen (Mitgliederverzeichnisse, Vereinsabzeichen oder wenigstens Kopfbogen zur Rekonstruktion unseres Abzeichens, Suchberichte, Fotos, Stammbücher, Tagungs- u. Versammlungsberichte. Preisrichterbücher, Zensurtabellen etc.) uns freundlichst zu überlassen.

4. Anregungen zu geben, auch Spenden, um die Arbeit anlaufen zu lassen, die ich einstweilen gerne in Treue für den Verein übernehmen will. Bei Anfragen Rückporto beifügen!

Durch Rundschreiben soll dann später den Mitgliedern das Resultat unserer Erhebung und das Spenden-Verzeichnis mitgeteilt werden.

Mit Weidmannsheil

Dr. Gehrmann — Gr. Neumühl Albersloh, Krs. Münster

Otto Wenck — Königsberg Pr. Hannover, Bandelstr. 23

 

Seite 5   Das ostpreußische Soldatentreffen in Göttingen. Ehrenmal für ostpreußische und niedersächsische Soldaten.

Göttingen steht bereits im Zeichen des kommenden großen Treffens der Traditionsverbände der ostpreußischen — niedersächsischen Divisionen, das am 20. und 30. August stattfindet. Noch immer laufen zahlreiche Anmeldungen in Göttingen aus allen Teilen der Bundesrepublik ein, so dass mit mindestens 10 000 Teilnehmern zu rechnen ist. Auch die Angehörigen der Marine-Einheiten, die in Ostpreußen stationiert waren, werden sich an dem Treffen beteiligen und sind zur Teilnahme aufgefordert. Zu dem Programm des Treffens, das wir bereits veröffentlichten, ist noch zu sagen, dass dem Großen Zapfenstreich ein Fackelzug vorangehen wird, an dem sich die Angehörigen der Traditionsverbände beteiligen werden. An der Kranzniederlegung am 82-er-Denkmal werden auch u. a. der Göttinger Arbeitskreis und der BvD teilnehmen. Die Kranzniederlegung wird sich in stiller Weise vollziehen, Ansprachen sind nicht vorgesehen.

Bereits am Mittwoch, den 29. Juli, wurde in der Gedächtnisstätte für die ostpreußischen und niedersächsischen Gefallenen eine Urkunde eingemauert. Die Pergamenturkunde ist mit den taktischen Zeichen aller beteiligten Truppen- und Wehrmachtsteile versehen und wurde in eine Bleihülle eingelötet. Sie hat folgenden Wortlaut: „Die Gedächtnisstätte für ostpreußische und niedersächsische Gefallene in Göttingen soll der Erinnerung an das gemeinsame Opfer für Deutschland im Kriege, an die Schicksalsverbundenheit von Ost- und Westdeutschland und zugleich der Mahnung für die Zukunft zu innerer Einigkeit als Voraussetzung zu äußerer Einheit dienen. Dieses Denkmal wurde durch die Stadt Göttingen anlässlich ihres 1000-jährigen Bestehens im Jahre 1953 gebaut und bei einer Gedächtnisfeier am 30. August 1953 eingeweiht." Die Urkunde trägt die Unterschriften des 1. Stellvertreters des Oberbürgermeisters Kraft, des Generals der Inf. Hoßbach und des Oberstadtdirektors Kuß. General Hoßbach sprach in der schlichten Feierstunde den Wunsch aus, „dass die Gesinnung, die wir dem Denkmal mit auf den Weg geben, für alle Zeiten erhalten bleibt.“ „Einigkeit und Recht und Freiheit" waren die Worte von Stadtbaudirektor Grabenhorst.

 

Seite 5   Ausstellung „Ordensland—Preußenland" in Göttingen

Anlässlich des großen Treffens ehemaliger ostpreußischer und niedersächsischer Soldaten wird vom 25. August bis 1. September die Ausstellung „Ordensland - Preußenland" und eine Sammlung von Erinnerungsstücken aus der Geschichte der ostpreußischen Verbände (Heer, Kriegsmarine und Luftwaffe) sowie der beteiligten niedersächsischen Truppenteile gezeigt werden. Für diesen Zweck hat der Direktor der niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek, Prof. Dr. Hartmann, die Räume der Paulinerkirche zur Verfügung gestellt. Auch wird die Ausstellung durch den Direktor des Städtischen Museums und das Hessische Museum in Kassel gefördert und durch Leihgaben unterstützt werden.

Der Vorbereitungsausschuss des Göttinger Soldatentreffens richtet an die Sammler und Besitzer von Dokumenten und Erinnerungsstücken (Bilder, Waffen, Uniformen usw.) aus der älteren und jüngeren Geschichte der an dem Göttinger Treffen beteiligten Truppen die herzliche Bitte, ihm in Privatbesitz befindliche Andenken zu Ausstellungszwecken leihweise kostenlos zu überlassen. Die Leihgaben werden mit dem Namen des Eigentümers besonders gekennzeichnet und für die Dauer der Ausstellung versichert sein.

Als Leihgabe in Betracht kommende Erinnerungsstücke können entweder in der Paulinerkirche in der Zeit vom 10. - 20. August (ausgenommen Sonnabend und Sonntag) zwischen 9.00 und 13.00 und zwischen 15.00 und 18.00 Uhr gegen Quittung abgegeben oder bei der unten angegebenen Anschrift angemeldet werden.

Die Leitung der Ausstellung und Sammlung liegt in Händen des Studienrates i. R. Dr. Mathiszig in Göttingen, Am Goldgraben 12, Tel.: 6114.

 

Seite 5   Luftgau Kdo I, Prüfungsgruppen und sonstige Dienststellen

Auf meine Suchanfrage nach ehem. Angehörigen der Prüfgruppen haben sich auch Angehörige anderer Dienststellen gemeldet. Selbstverständlich werden auch diese Kollegen von uns mitbetreut. Es liegen weitere Meldungen vor von:

Johann Kratzat, letzte Dienststelle LP. Seerappen, jetzt Todtmoos/Schwarzw. Sanatorium Sonne;

Hans Hesse, früher Lgk. I Verwaltung, Königsberg Pr., jetzt Berlin-Tegel, Eisenhammerweg 57/59;

Emil Baudisch, früher Baugruppe Lkg. I (Amtmann Kniemeyer)! jetzt Steeg 163 b. Bacharach/Rh.;

Erich Schwarz, früher Lu-Na. Gutenfeld, jetzt Zweibrücken III/Pfalz, Hinterstr. 6;

Waldemar Drewnack, früher Bauleitung Pillau-Neutief und Riga, jetzt Immenstaad/Bodensee, Siedlung.

Th. Werner, früher Bauleitung Neuhausen, jetzt Isernhagen/Hann. Nr. 27;

Franz Festag, früher Bauleitung Hardershof, jetzt Rheine/Westf.. Catashornerstr. 15.

 

Gesucht werden:

Oberstabs-Intendant Krautien, früher Lgk I Königsberg Pr.,

Reg.-Bauamtmann Kniemeyer, früher Baugruppe Lgk I, Fl.

Hauptingenieur Fritz Plickert, früher LP Riga.

Prüfer Heinz Schmidtke, früher Werftabt. Jesau,

Oberprüfer Heinz Borbe, früher LP Gutenfeld (zuletzt b. d. Kriegsmarine),

Prüfer Edwin Schwohl, früher Werftabt. Thorn,

Prüfleiter Fenske, früher LP. Seerappen,

Angestellter Broede, zuletzt Flugplatz Prowehren mit FP.-Nr. 61662, vermisst seit 26. Januar 1945. Nachricht erbeten an seine Ehefrau Elisabeth Broede, Hilden/Rhld., Am Strauch 53a.

Prüfleiter Heinz Schwarz, früher LP. Gutenfeld,

Oberwerkmeister Fuhr, früher Flugbereitsch. Devau und Riga.

Es liegen vielfache Anfragen vor nach Abwicklungsstellen des früheren Luftgau Kdo I und der unterstellten Dienststellen. Insbesondere werden Angaben über den letzten Verdienst, Dienstzeit, Tätigkeit und Eingruppierung sowie Nachweise über Leistungen zur Reichsangestellten- und Invalidenversicherung und zur Überversicherung benötigt. Wer hierüber Auskunft erteilen kann, melde sich bitte umgehend.

Konten-Auszüge für die R.-Angestellten-Versicherung werden auf Antrag erteilt durch die: Reichsversicherung für/Angestellte in Berlin-Wilmersdorf. Ruhrstr. 2.

Diese Behörde ist, nachdem alle Unterlagen durch den Krieg und seine Folgen gerettet worden sind, in der Lage, Kontenauszüge zu erteilen. Leider ist das für die Invalidenversicherung nicht der Fall, weil hier alle Unterlagen vernichtet worden sind.

Für Auskünfte betr. „Zusatzversicherung" ist zuständig: Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Karlsruhe, Hans-Thomas-Straße 19. Ob und in welchem Umfange hier Bescheinigungen erteilt werden können, bleibt bis zur Rückäußerung auf meine Anfrage abzuwarten.

 

Seite 5   Soldaten-Treffen in Göttingen

Es ist das erste Treffen ehem. Angehöriger ostpreußischer Truppenteile und auch Luftwaffen-Dienststellen nach dem Kriege. Ich würde es begrüßen, wenn wir zahlreich vertreten sein würden. Auch die Angehörigen unserer Kameraden sind willkommen; die Zusammenkunft wird sicher dazu beitragen, manches Schicksal, das noch ungewiss ist, zu klären.

Die ges. Organisation des Soldatentreffens liegt bei dem Fremdenverkehrsamt, Abt. Soldatentreffen in Göttingen. Jeder Teilnehmer muss sich hier vorzeitig anmelden, damit eine Übersicht über die Anzahl und damit verbunden eine Einteilung möglich ist. Falls Nachtquartier gewünscht wird, ist auch das Datum besonders anzugeben. In Anbetracht der vorgerückten Zeit bitte ich alle Anmeldungen direkt nach Göttingen zu leiten. Unter gewissen Voraussetzungen wird an nachweislich bedürftige Teilnehmer, soweit sie Vertriebene sind, in Niedersachsen wohnen und einer ostpr. Einheit angehört haben, auf Antrag ein Reisekostenzuschuss gewährt. Nähere Auskunft erteilt Göttingen.

Vom 28. bis 30.08. wird zusätzlich eine Auskunftstelle (Meldekopf) am Hauptbahnhof Göttingen eingerichtet.

Auf Wiedersehen in Göttingen! Wilhelm Gramsch, Celle/ Han. (20a) Waldweg 83.

 

Seite 5   Soldaten aus Köln und Umgegend

Kameraden aller ostpreußischen Truppenteile aus Köln und Umgegend! Für die Reise von Köln nach Göttingen und zurück sind zwei Großomnibusse verpflichtet worden. Wer sich daran beteiligen will, melde sich bis zum 10. August bei Ernst Tollkiehn, Köln-Kalk, Hachenburgerstr. 10 (Inf.Rgt. 2). Der Fahrpreis beträgt DM 16,50 und ist bei der Anmeldung auf das Giro-Spar-KontoNr. 12/1320 bei der Stadtsparkasse Köln-Kalk einzuzahlen. Einzahlungen nehmen alle Banken und Sparkassen gebührenfrei entgegen.

Fahrplan: Sonnabend, den 29. August ab Opladen, Rathaus 9.30 Uhr (Einsatzort), ab Leverkusen, Rathaus 9.45 Uhr, ab Köln, Bahnhof Deutz 10.00 Uhr. Rückkehr am Sonntag, den 30. August gegen 21.00 Uhr.

 

Seite 6   Balga. Älteste ostpreußische Ordensburg. Von Robert Helwig.

Foto: Altes Modell von der Burg Balga. Aufnahme: Haro Schumacher

Foto: Die Schlossruine von Balga

Den erhabensten Eindruck von Balga erhält, wer sich der weit ins Frische Haff vorspringenden Halbinsel von Königsberg her im Boot nähert. Hinter den waldigen Uferhöhen der Brandenburger Heide tritt das Haff in einer großen Bucht weit ins Land hinein zurück. Der Bogen dieser Bucht hat flache, von einem breiten Schilf- und Binsengürtel gesäumte Ufer. Vor Kahlholz aber steigt die Küste wieder empor und bildet bis Balga hin Steilhänge von der gleichen Höhe und Kühnheit wie im Samlande. Hinter dieser kahlen Kante ragt klippenartig der bewaldete Burgberg ins Haff hinein. Das dunkelrote Satteldach eines Turmes steigt über die Wipfel der Bäume empor. Die Umrisse dieses Bildes sind so wundersam fein und doch zugleich wuchtig gezeichnet, das niemand, der Balga so sehen durfte, diesen Eindruck vergessen wird.

Doch nicht nur landschaftlich gibt das Wasser dem Ort seinen besonderen Wert, sondern auch die geschichtliche Bedeutung Balgas war ganz und gar vom Haff abhängig.

Als der Orden die Eroberung Preußens begann, konnte man die Anhöhe, auf der heute Kahlholz und Balga liegen, noch fast als eine Insel bezeichnen. Vor Tausenden von Jahren hingen die Höhen von Balga und Kamstigall zusammen. Doch zerriss diese Landverbindung allmählich unter dem Druck der sich dort treffenden Wasser des Pregels und der Weichsel, und schon zur altpreußischen Zeit wogte dort wie heute das offene Haff. Vom Festlande her verwehrte ein breiter Sumpfstreifen, der verlandete Rest einer vorgeschichtlichen Wasserstraße, den Zutritt. Nur, auf einem schmalen Knüppeldamm, den der Ordenschronist Peter von Dusburg geradezu pons paludis (Sumpfbrücke) nennt, konnte man hinüber und herüber gelangen. Der Balgaer Berg war also eine natürliche Festung ersten Ranges und zugleich eine wichtige Seewarte. Denn gerade gegenüber, etwa 15 km südwestlich vom heutigen Pillauer Tief wurde damals die Nehrung durch das Balgaer Tief durchbrochen.

 

Bei der Unwegsamkeit des alten Preußenlandes spielten Wasserstraßen eine viel größere Rolle als heute. Es ist daher kein Zufall, dass der Orden die Eroberung des Landes die Weichsel hinab begann, und dass noch kein Fußbreit ostpreußischen Landes unterworfen war, als sich bereits im Jahre 1237 Elbing fest in der Hand der Deutschen befand. Die leichtere Nachschubmöglichkeit ließ es denn auch geraten erscheinen, für die Eroberung der östlichen Gaue zunächst einen Stützpunkt am Haff zu gewinnen. So geschah es, dass die Ritter in Balga zum ersten Male ostpreußischen Boden betraten.

 

Ein reicher Kreuzfahrer, der Markgraf von Meißen, hatte dem Orden zwei Kriegsschiffe, Pilgerim und Friedeland, zur Verfügung gestellt. Diese wagten im Jahre 1238 vom Drausensee her den ersten Vorstoß gegen die Preußenfeste gegenüber dem Seetief. Das Unternehmen verlief unglücklich. Die Mannschaft, welche unterhalb des Burgberges, vielleicht bei dem heutigen Dörfchen Foliendorf, an Land gegangen war, wurde von der preußischen Burgbesatzung abgeschnitten und bis auf

den letzten Mann niedergemacht. Die beiden Schiffe entkamen.

Doch bereits im folgenden Jahre (1239) kehrten die Ritter mit stärkeren Kräften wieder, und diesmal gelang ihnen nach blutigem Kampf, in welchem fast die ganze preußische Burgbesatzung fiel, die Eroberung Balgas. Doch der Orden täuschte sich, wenn er glaubte, mit dieser einen Schlacht das Spiel schon gewonnen zu haben. Der Verlust der wichtigsten Haffburg rüttelte die umwohnenden Preußenstämme wach. Sie rüsteten zum Gegenschlage. Den Natangern eilten die Warmier, die Barten, die Galinder zu Hilfe. Bald zogen die Heerscharen von allen Seiten heran. Freilich wagten die Preußen zunächst keinen Angriff auf die Burg selbst. Sie schnitten vielmehr die Festungsinsel von der Landseite her ab. Die vom Orden in der Zwischenzeit errichtete befestigte Wassermühle am Hoppenbrucher Fließ wurde erstürmt. Nicht weit davon, dicht am heutigen Bahnhof G r.-Hoppenbruch, wurde der Schrangenberg verschanzt und ein zweiter Stützpunkt auf dem Rußberg bei dem Gute Partheinen angelegt. Diese Wallburg wird in den alten Chroniken häufig unter dem Namen Partegal erwähnt. Dort war der Stammsitz des edlen preußischen Geschlechtes Portugla. Als mächtig wird ferner das Warmiergeschlecht der Gobotiner genannt, welche bei den Kämpfen um Balga Rufer im Streite waren.

Die Ritter blieben unterdessen auch nicht müßig. Sie befestigten den Schneckenberg, eine Kuppe am nördlichen Ende des Knüppeldammes, als Brückenkopf. Die Besatzung dieser drei Feldwerke — propuguaculi nennt sie Dusburg - machte sich durch Ausfälle und kleine Scharmützel das Leben sauer. Beide Parteien scheuten sich aber davor, zu einem entscheidenden Schlage anzusetzen. Die im Verhältnis zu dem gewaltigen preußischen Belagerungsheer kleine Ordensschar war ohnehin viel zu schwach dazu. Sie konnte nicht einmal die Verbindung zwischen dem Schneckenberg und Balga auf die Dauer halten und musste es bald dulden, dass die Preußen mit einzelnen Trupps bis dicht vor die Burg rückten. Allmählich wurde die Lage der Deutschen geradezu verzweifelt, besonders als die Lebensmittel knapp zu werden begannen.

Da nahte in letzter Stunde Hilfe. Der Herzog von Braunschweig, der als Kreuzfahrer nach Preußen gekommen war, erschien mit einer kleinen Flotte, auf die er seine Kriegsleute eingeschifft hatte, vor Balga. Wahrscheinlich war es in einer Nacht, denn Otto vermochte sich, unbemerkt von den Preußen, mit den Rittern in Verbindung zu setzen und einen Schlachtplan zu verabreden. Am Entscheidungstage gelang es, das Belagerungsheer zum Vorgehen gegen die Burg zu verleiten. Die Preußen, welche glauben mochten, bei der Erstürmung der Burg mit deren geschwächten Verteidigern leichtes Spiel zu haben, waren überrascht, als die Ritter die schützenden Wälle verließen und sich im freien Felde zur Schlacht stellten. Noch schlimmer war aber ihre Überraschung, als der ungesehen im Rücken der Preußen gelandete Braunschweiger von der anderen Seite angriff. So erlag das Preußenheer der überlegenen Taktik und besseren Bewaffnung der Deutschen. Wer nicht vom Schwerte fiel, versank in den Sümpfen.

Die Schlacht um Balga vom Jahre 1240 ist eine der großen, schicksalswendenden Schlachten Ostdeutschlands, in ihrer Bedeutung zumindest mit den beiden Schlachten von Tannenberg vergleichbar. Denn in Balga entschied sich das Schicksal der östlichen Preußengaue. Unmittelbar auf die Einnahme der Burg erfolgte die Eroberung der Gaue Warmin, Natangen und Barten, deren junge Mannschaft in der Schlacht von 1240 gefallen war. Auch die Eroberung des Samlandes begann von Balga aus.

Um das Jahr 1250 begann der Orden die Burg in Stein auszubauen. Bauten von solchen Ausmaßen, wie sie eine große Komtursburg darstellte, zogen sich oft über Jahrzehnte hin. In der Regel wurden zunächst die eigentlichen Wehranlagen und ein Flügel mit den wichtigsten Räumen fertiggestellt. Der weitere Ausbau erfolgte dann allmählich, je nachdem, wie die politische Lage und das Vorhandensein geschulter Handwerker es gestatteten. Die groben Arbeiten, wie das Ausheben von Gräben, die Aufschüttung der Wälle, das Heranschaffen der schweren Fundamentsteine und das Schlagen des Bauholzes mussten die unterworfenen Preußen verrichten. Die Ziegel wurden an Ort und Stelle gebrannt oder, wo die Lage es gestattete, auf dem Wasserwege herangebracht.

Balga ist nahezu die einzige Ordensburg, bei der die später einheitlich streng gegliederte Vierecksform des Konventshauses noch nicht zur Anwendung kam. Fast hat man das Gefühl, als ob hier noch ein unsicheres Tasten stattfand. Vielleicht zwang aber auch das Gelände zu einem unregelmäßigen Grundriss. Jedenfalls erhielt das Hochschloss die Gestalt eines unregelmäßigen Fünfecks. Die Haffseite, welche zunächst nur durch eine mächtige Mauer abgeschlossen war, wurde zuletzt ausgebaut. Der berühmte Wiederhersteller der Marienburg, Conrad Steinbrecht, hat durch Ausgrabungen die Lage der einzelnen Gebäudeteile des Balgarer Hochschlosses festgestellt. Remter-Kapellen und Kapitelsaalflügel konnten mit Sicherheit bestimmt werden. Das Dormitorium, der Schlafsaal, befand sich vermutlich in dem zuletzt gebauten, nach dem Verfall zum Teil ins Haff abgestürzten wasserseitigen Flügel. Von dort gelangte man auf einem über zwei klobigen Pfeilern gewölbten Gange nach dem in das Haff gestellten Danzkerturm. Der Bergfried stieg, alles beherrschend zwischen Kapellen- und Remterflügel empor. Unsicher blieb nach den Ausgrabungsergebnissen die Gestalt der Toranlage im Süden. Jedoch konnte aus den Amtsrechnungen des 17. Jahrhunderts festgestellt werden, dass sich über dem Tore ein zweiter Wehrturm erhob.

Im Vorburggelände ist niemals planmäßig gegraben worden. Auch insoweit ergaben die alten Amtsrechnungen manchen interessanten Aufschluss. Die Vorburg schloss sich ringartig um das Hochschloss herum, so dass sie von der Landseite her überall den ersten Ansturm des Feindes abfing. Ein tiefer, trockener Graben und eine hohe Futtermauer an dessen Innen??? ???zogen die ganze Anlage. Natürlich befanden sich auch zwischen Hochschloss und Vorburg ebenfalls Graben und Mauern. Das in unserer Zeit noch in seinen Außenmauern erhalten gewesene Gebäude war ein Teil der Vorburg. Es enthielt Räume zur Beherbergung vornehmer Gäste. Ein schönes dreiteiliges Gruppenfenster bewies, dass man dort besonderen Wert auf eine würdige Innenausstattung gelegt hatte. Derartige Gasträume finden wir sonst nur in den bedeutendsten Ordensburgen, In der Marienburg waren sie in altem Glanze wiederhergestellt. Auch die 1453 völlig zerstörte Elbinger Burg und wohl auch die im gleichen Jahre abgerissene Burg zu Danzig verfügten über solche Gasträume.

Der Name „Balga" ist niederdeutschen Ursprunges. Er bedeutet so viel wie Rinne, Wasserstraße. In manchen Gegenden Norddeutschlands ist das Wort „Balge“ bis in die neueste Zeit hinein gebräuchlich. Ob nun der Name der Burg sich auf das Tief oder auf den vorgelagerten Sumpfgürtel als verlandete Wasserstraße bezieht, mag unentschieden bleiben. Wahrscheinlich haben wir aber an das Tief zu denken. Dieses wird in den alten Chroniken und Urkunden meist geradezu „die Balge" genannt. Häufig kommt für Burg und Tief die gleiche Bezeichnung vor.

Der Verwaltungsbezirk der Komturei Balga war sehr groß. Er zog sich in schmalen Streifen bis nach Masuren hinein. Die Pflegämter Lyck und Johannisburg gehörten noch zu ihr. Dies und die strategische Wichtigkeit der Burg brachte es mit sich, dass wir in Balga besonders viel bedeutende Männer als Komture antreffen. Drei derselben, Dietrich von Altenburg, Winrich von Kniprode und Ulrich von Jungingen stiegen bis zum Hochmeister auf. Dietrich von Elner zeichnete sich in zahllosen Kriegszügen nach Litauen aus und Graf von Zollern in der Schlacht von Tannenberg. Auch unter den Balgaer Amtshauptleuten der herzoglichen Zeit finden wir manchen klangvollen Namen, Georg von Polenz, der in der Reformationsgeschichte des Herzogtums Preußen eine bedeutende Rolle spielte, verbrachte in Balga in sehr dürftigen Verhältnissen seinen Lebensabend.

 

Die große strategische Bedeutung der Burg vermochte doch nicht die Mängel auszugleichen, welche dem wirtschaftlichen Aufschwung der Ortschaft Balga im Wege standen. Schon in der Ordenszeit berührte die große, am Haff entlang laufende Heer- und Poststraße nicht die Balgaer Halbinsel, sondern ging am Fuße derselben vorbei. Die Bedürfnisse des Reiseverkehrs wurden dort durch den Ritterkrug in Groß Hoppenbruch und den 2 km östlich davon gelegenen Rensekrug befriedigt.

Auch das Haff glich diese Ungunst der Verkehrslage nicht aus. Der flache Sandstrand unterhalb der Burg verwehrte allen größeren Schiffen das Anlegen. Zwar besaß die Burg im Osten der Halbinsel bei dem Dorfe Wolitta einen Hafen. Doch erwies sich dieser nicht als entwicklungsfähig. Er war wohl nur leichteren Schiffen zugänglich. Von Speicheranlagen, wie sie ein größerer Warenumsatz erfordert, ist nichts überliefert. Die einzigen Überreste, welche der Erdboden bewahrt hat, sind einige Ziegel im Ordensformat, welche auf einen gemauerten Kai schließen lassen, und ein paar große eiserne Ringe, welche einst zum Vertäuen der Schiffe dienten. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts besuchte der Königsberger Professor Hennig die Örtlichkeit. Damals waren zwar noch Spuren der Kaianlagen zu erkennen, im Übrigen war der Hafen aber schon versumpft und tot. Der Flurnamen „Schiffgraben“ war in unserer Zeit noch die einzige Erinnerung an den Hafen von Balga.

Fortsetzung folgt

 

Seite 7   Suchdienst der Heimatortskartei für Ostpreußen

Wenn Ihnen über den Verbleib der Gesuchten etwas bekannt ist, geben Sie bitte direkt Nachricht an die Heimatortskartei für Ostpreußen – (24b) Neumünster, Postfach 178.

Es werden gesucht:

 

841. Diebau, Kr. Johannisburg: Karpinski, Emil, geb. 30.01.1899, Bauer, ges. von Karpinski, Emilie

 

842. Diebau, Kr. Johannisburg: Sinkewitz, Karl, geb. 15.05.1902, Landwirt, ges. von Sinkewitz, Minna

 

843. Diebau, Kr. Johannisburg: Skodda, Auguste, geb. 25.09.1891, Stellmacher, ges. von Schäfer, Gertrud (meine Anmerkung: wahrscheinlich August Skodda, da Stellmacher)

 

844. Dornberg, Kr. Johannisburg: Czypull, Gottfried, geb. 24.04.1887, Bauunternehmer, ges. von Czypull, Wilh.

 

845. Dornberg, Kr. Johannisburg: Kraska, Ludwig, geb. 01.02.1864, Landwirt, ges. von Behrend, Maria

 

846. Dornberg, Kr. Johannisburg: Sbrzsny, Gertrud, geb. 01.03.1902, ges. von Kruschinski, Hildeg.

 

847. Dornberg, Kr. Johannisburg: Sbrzsny, Irmgard, geb. 21.08.1924, ges. von Kruschinski, Hildegard.

 

848. Dorren, Kr. Johannisburg: Glembotzki, Kurt, geb. 13.09.1928, Tischler, ges. von Böcker, Heinrich

 

849. Dorren, Kr. Johannisburg: Gutscha, Anna, geb. 1891, ges. von Larm, Friedrich

 

850. Dorren, Kr. Johannisburg: Horn, Emil, geb. 25.04.1886, Landwirt, ges. von Horn, Wanda

 

851. Dorren, Kr. Johannisburg: Pellny, Auguste, geb. 19.06.1865, geb. Schulz, ges. von Flux, Anna

 

852. Dorren, Kr. Johannisburg: Pellny, Karl, geb. 05.06.1865, Landwirt, ges. von Flux, Anna

 

853. Dorren, Kr. Johannisburg: Wilimzik, Gustav, geb. 10.09.1889, Landwirt, ges. von Wilimzik, Gerd

 

854. Dreifelde, Kr. Johannisburg: Bastian, Paul, geb. 07.11.1896, Zimmermann, ges. von Bastian, Anna

 

855. Dreifelde, Kr. Johannisburg: Eichler, Paul, geb. 02.11.1888, Maurer, ges. von Dreifert, Hermann

 

856. Dreifelde, Kr. Johannisburg: Packhäuser, Fritz, geb. 16.07.1874, Eisenbahner, ges. von Zeranski, Helene

 

857. Dreifelde, Kr. Johannisburg: Sczesny, Reinhold, geb. 20.07.1905, Kaufmann, ges. von Smentek, Emilie

 

858. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Austen, Anton, geb. 26.03.1921, Melker, ges. von Austen, Maria

 

859. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Bischoff, Lilly, geb. 06.08.1925, ges. von Bischoff, Gerhard

 

860. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Blum, Ruth, 18.11.1927, ges. von Rudzinski, Hertha

 

861. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Dalenga, August, geb. 21.02.1889, Bahnschaffner, ges. von Kaspinski, Anna

 

862. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Dembrowski, Ida, geb. 14.01.1895, geb. Spindler, ges. von Puppa, Lina

 

863. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Döring, Anna, geb. 16.02.1873, geb. Bondzio, ges. von Fischer, Adelheid

 

864. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Fahrun, Ida, geb. 12.02.1931, ges. von Fahrun, Ida

 

865. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Frolien, Helga, geb. 12.11.1928, Buchhändler, ges. von Frolien, Emma

 

866. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Frolien, Johann, geb. 10.10.1889, Speicherverw., ges. von Frolien, Emma

 

867. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Gregel, Alfred, geb. 04.02.1921, Schneider, ges. von Gregel, Georg

 

868. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Grotzki, Franz, geb. 24.06.1885, Fleischer, ges. von Meinke, Edeltraut

 

869. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Hoppe, Hermann, geb. 25.08.1875, Landwirt, ges. von Hoppe, Ernst

 

870. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Joswig, Lotte, geb. 22.01.1926, Hausangest., ges. von Wagner, Friedmut

 

871. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Lagotzki, Minna, geb. 24.10.1875, geb. Kowalewski, ges. von Lagotzki, Rich.

 

872. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Latza, Helmut, geb. 26.05.1930, ges. von Latza, Gustav

 

873. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Maaß, Gertrud, geb. 24.03.1894, geb. Presch, ges. von Maaß, Horst

 

874. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Maaß, Gertrud, geb. 24.03.1893, geb. Presch, ges. von Maaß, Horst

 

875. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Salewski, Ida, geb. 06.01.1896, geb. Fallenski, ges. von Peters, Emma

 

876. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Salewski, Wilhelm, geb. 27.12.1886, Sekretär, ges. von Salewski, Ursula

 

877. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Schirrmann, Gustav, geb. 21.03.1876, Landwirt, ges. von Tiedtke, Anna

 

878. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Steiner, Gustav, geb. 17.11.1899, Angestellter, ges. von Steiner, Maria

 

879. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Zittlau, Adolf, geb. 10.04.1888, Bauer, ges. von Lucka, Frieda

 

880. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Zittlau, Alfred, geb. ??.08.1932, ges. von Lucka, Frieda

 

881. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Zittlau, Helene, geb. 02.02.1894, geb. Schill, ges. von Lucka, Frieda

 

882. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Zittlau, Hildegard, geb. ??.08.1933, ges. von Lucka, Frieda

 

883. Driegelsdorf, Kr. Johannisburg: Zittlau, Kurt, geb. ??.03.1928, Kaufmann, ges. von Lucka, Frieda

 

884. Drosselwalde, Kr. Johannisburg: Grigo, Anna, geb. 14.05.1899, geb. Müller, Schneiderin, ges. von Griso, Lotte

 

885. Drosselwalde, Kr. Johannisburg: Hinzer, Ida, geb. 15.06.1907, geb. Hermann, ges. von Hermann, Berta

 

886. Drosselwalde, Kr. Johannisburg: Hinzer, Waltraud, geb. 25.01.1930, ges. von Hermann, Berta

 

887. Drosselwalde, Kr. Johannisburg: Hoffmann, Ottilie, geb. 26.02.1895, geb. Ziegler, ges. von Ziegler, Adolf

 

888. Drosselwalde, Kr. Johannisburg: Konradt, Ilse, geb. 28.04.1923, ges. von Konradt, Gustav

 

889. Drosselwalde, Kr. Johannisburg: Krisch, Heinz, geb. 21.05.1928, Kaufmann, ges. von Krisch, Anna

 

890. Drosselwalde, Kr. Johannisburg: Napora, Ilse, geb. 20.02.1925, ges. von Napora, Anna

 

Seite 5    Aus den Landsmannschaften

Bad Kreuznach

In einer eindrucksvollen Feierstunde gedachte die vereinte Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen am 11. Juli im Saal des Ruderbootshauses der Volksabstimmung in Masuren und dem Bezirk Marienwerder.

Die drei in Bad Kreuznach erscheinenden Tageszeitungen hatten Artikel des Landmannschaftsvorsitzenden Rektor a. D Hugo Gnadt veröffentlicht, wodurch auch die Bevölkerung unseres Gastlandes auf die Bedeutung der Abstimmung für Vergangenheit und Zukunft hingewiesen werden sollte. Sprecher und Sänger umrahmten mit ihren Darbietungen das Abendprogramm. „Heimatland" als Sologesang, „Land der dunklen Wälder" und „Wild flutet der See", als Doppelquartett wurden u. a dargeboten.

In einer kurzen Ansprache gedachte der Vorsitzende der geschichtlichen Ereignisse nach 1918 und des 11.07.1920 und zeigte auch der mit Interesse folgenden Jugend die Taten auf, die die Jugend des Abstimmungsgebietes vor und während der Abstimmung geleistet hat. Die Tanzgruppe der DJO leitete mit alten ostpreußischen Volkstänzen zum 2. Teil des Abends über, der die Landsmannschaft noch lange beim Austausch von Erinnerungen aus der Heimat zusammenhielt. Gdt.

 

Berchtesgaden

Ein nettes Kinderfest veranstaltete die Vereinigung der Ost- und Westpreußen Berchtesgaden in der Schießstätte. Sackhüpfen und Eierlaufen machten nicht nur den Kindern — von denen keines ohne einen leckeren Preis in Gestalt von Würstchen und Süßigkeiten blieb —, sondern auch den zuschauenden Eltern Spaß. Mit dem unermüdlichen Vorsitzenden Marian Hepke waren auch einige Frauen mit Geschick und Erfolg bemüht, die Kleinen durch allerlei Spiele zu unterhalten. Plötzlich eintretender Regen vertrieb die Kinder von der Wiese, doch in den Räumen und Nebenräumen der Gaststätte ging das Fest weiter. Sehr anerkannt wurde die Mitwirkung der Sudetendeutschen Tanzgruppe, die sich neuerdings in besonders erfreulicher Weise bemüht, die verschiedenen Gruppen der Heimatvertriebenen zu gemeinsamer Jugendarbeit zu gewinnen.

Zu seiner Freude konnte Herr Hepke auch mehrere als Kurgäste in Berchtesgaden weilende Landsleute begrüßen. Einem besonders rührigen scheidenden Mitglied, Fräulein Banasch, dankte er herzlich für die bisherige Tätigkeit, woran er die besten Glückwünsche schloss. Als besondere Überraschung gab es noch eine Verlosung. Herr Sohn sorgte bei der Gewinnverteilung als Ansager für echt ostpreußischen Humor.

 

Seesen a/Harz

Eingliederungsmöglichkelten für Ostlandwirte behandelte Dipl. - Landw. Dr. Schimmelpfennig in einem aufschlussreichen Vortrag bei dem Heimatabend der Ost- und Westpreußen am 4. Juli. Die klaren und interessanten Darlegungen lösten eine lebhafte Diskussion aus. — Die Vorbereitungen zum Harzausflug am 9. August liegen, in den, Händen des 2. Obmannes, Bäckermeister Lux. — Das vorgesehene Kulturprogramm musste wegen Zeitmangels auf den 5. September vertagt werden.

 

Gedenksteine am Ehrenmal in Flensburg

Zu einer besinnlichen Feierstunde hatten sich kürzlich Ostpreußen und Pommern in Flensburg am Ehrenmal „Unsern Toten, die im Osten ruhn" auf dem Friedenshügel eingefunden, um ihren landsmannschaftlichen Gedenksteinen, die als Umrahmung für das gemeinsame Ehrenmal für alle Toten des Ostens aufgestellt wurden, die Weihe zu geben. Der Initiator der gesamten Gedenkstätte, Schulrat a. D. Babbel, sprach einleitend von den Lebenden, die, — ja nur Glieder in einer langen Kette von Generationen — die Verpflichtung hätten, der Dahingeschiedenen in Ehrfurcht zu gedenken. Diese Steine werden jedem Besucher einen eindringlichen, lebendigen Anschauungsunterricht vermitteln und ihm nahebringen, welche blühenden Länder Deutschland geraubt wurden. Wenn bei Einweihung des Ehrenmals Trauer, Schmerz und Leid vorherrschten, so sei die heutige Feier eine wehmütige Elegie, erfüllt von berechtigter Genugtuung über das gelungene Gemeinschaftswerk.

Studienrat Dr. Quade, der als Vertreter der Pommern einen Blumengruß mit Schleife in der alten Landesfarbe niederlegte, brachte zum Ausdruck, dass nunmehr für alle Trauernden eine würdige Gedenkstätte geschaffen worden sei. Auch der Ostpreußenvorsitzende legte einen mit einer Schleife in den Preußenfarben geschmückten Blumenstrauß an den Gedenksteinen nieder. In seinem Schlusswort erinnerte Schulrat Babbel an die bekannte Lenausche Ballade „Der Postillon", wie dieser sich nach dem schmerzlichen Totengedenken mit einem fröhlichen Liede von den Gräbern verabschiedete, selbst so wolle man selbst nach dieser Stunde der wehmütigen Erinnerung wieder froh an die Arbeit des Alltags gehen. Die gemeinsam gesungenen beiden Heimatlieder grüßten die Toten. Während das Lied vom guten Kameraden erklang, senkte sich das Ostpreußenbanner zu Ehren der Toten und beendete damit die Feierstunde.

 

Flensburger Ostpreußenfamilie.

Im Monat August können die nachstehend aufgeführten betagten Mitglieder der Ostpreußenfamilie in Flensburg ihren Geburtstag feiern!

Am 02.08.1953,  Ferdinand Schoettke, Apenrader Straße 8, 77 Jahre;

am 05.08.1953,  Hermann Beutler, Mathildenstraße 5, 79 Jahre;

am 05.08.1953,  Emil Berge, Bauer Landstraße 44, 87 Jahre;

am 06.08.1953, Martha Felsner, Lager Schützenheim, 74 Jahre;

am 07.08.1953, Leo Schleicher, Wees, Kreis Flensburg 78 Jahre;

am 09.08.1953, Fritz Böhnack, Heinz-Krey-Lager, 72 Jahre;

am 13.08.1953, Hermann Fischer, Mühlenholz, 73 Jahre;

am 18.08.1953, Helene Krause, Heinz-Krey-Lager, 80 Jahre;

am 19.08.1953, Barbara Karpinski, Martinstift, 81 Jahre;

am 23.08.1953, Emma Wolff, Matthias-Claudius-Straße 15, 72 Jahre.

Ebenfalls kann Frau Erna Böge, Gerhart-Hauptmann-Straße 10, die als langjährige Delegierte zum KvD tätig ist, am 12.08.1953, ihren 56. Geburtstag feiern.

Allen Geburtstagskindern gratuliert die Ostpreußenfamilie Flensburg, insbesondere der Vorstand von ganzem Herzen und wünscht ihnen für das neue Lebensjahr alles Gute. Armoneit

 

Lübbecke Westf.

Der hiesige Orts- und Kreisverband veranstaltete eine Feierstunde zum Andenken an den Abstimmungssieg im Juli 1920 in Ostpreußen. Sie hatte als Leitspruch: „Dies Land bleibt deutsch!" Hardt, der Sprecher der Landsmannschaft, ließ diese Zeit vor den geistigen Augen der Zuhörer wieder erstehen. Er schilderte die Anstrengungen der Polen zur Erinnerung des Landes, die Abwehrmaßnahmen der Deutschen und deren Begeisterung, auch die der 191 000, die aus dem Reich und selbst aus dem Auslande zur Abstimmung kamen. Er schloss mit dem Wunsche, einst Ostpreußen in einem geeinten und glücklichen Deutschland zu sehen in dem unsere Heimatprovinz nicht nur ein Eckstein sondern auch ein Edelstein sein werde. Gedichte und Lieder umrahmten die Feierstunde.

Dann erzählte der Redner von seinen persönlichen Erlebnissen aus jener Zeit, denn er war damals 5 Wochen lang im Abstimmungsgebiet als Redner eingesetzt, und Landwirt Staschick schilderte darauf seine Eindrücke in den Dörfern.

Schließlich wurde ein reges, immer mitarbeitendes Mitglied, Frau Studienrat Klähn mit herzlichen Worten des Dankes verabschiedet, die nach Emden verzieht.

 

Verein heimattreuer Ost- u. Westpreußen zu Hannover

Wir gedenken des Heimganges unseres Mitgliedes Werner Wächter, der nach schmerzhaften und langen Krankenlager am 14. Juli 1953 im blühenden Alter von 30 Jahren verstarb. Als langjähriges Mitglied war Werner Wächter unserem Verein treu verbunden; wir werden ihn nicht vergessen.

Am Sonntag, den 9. August, findet unsere Autobusfahrt „Rund um den Deister" statt. Fahrpreis: Mitglieder frei, Gäste 4,-- DM. Abfahrt vom Raschplatz um 9 Uhr; Rückkehr 23 Uhr. Teilnehmerkarten bei Ldm. Hellwig, Bödekerstr. 96 und Jungk, Goethestr. 12 erhältlich.

Vorankündigung: Die Autobusfahrt „Rund um das Steinhuder-Meer" findet am Sonntag, den 6. September, statt. Teilnehmerpreis 4,-- DM. Karten wie vor bei Hellwig und Jungk erhältlich. Nähere Angaben über die Reiseroute, Abfahrt und Rückkehr werden noch bekanntgegeben.

 

Seite 7   Turnerfamilie Ost- und Westpreußen. Willkommen in Hamburg!

Nach langen Vorbereitungen ist nun das Ziel erreicht. Mit der Eröffnungsfeier des Deutschen Turnfestes 1953 am 5. August, um 18 Uhr, auf dem Rathausmarkt in Hamburg beginnt zugleich das 7. Wiedersehenstreffen der Turnerfamilie Ost- und Westpreußen. Vertreter der alten heimatlichen Turnvereine werden mit landsmannschaftlichen Fahnen der Ostpreußen, der Westpreußen und der Danziger an der Eröffnungsfeier teilnehmen. Möge jeder heimatvertriebene Turner, jede Turnerin in den Hamburger Festtagen so recht die innere, herzliche Verbundenheit mit den westdeutschen Turnschwestern und Turnbrüdern empfinden. Gleichberechtigt nehmen wir am ganzen Festgeschehen teil, wie wir auch selbstverständlich alle turnerischen Pflichten im Deutschen Turnerbund freudig mit übernommen haben.

Wenn sich trotzdem am 06.08. im Raum der Freilichtbühne des Hamburger Stadtparks an der Saarlandstraße die im Deutschen Turnerbund eingemeindeten Turnerinnen und Turner aus allen deutschen Gauen jenseits des Eisernen Vorhangs zu einer besonderen Kundgebung zusammenfinden, so bedeutet das durchaus keine Absonderung von der großen Gemeinschaft, sondern die Unterstreichung dessen, dass auch der große Deutsche Turnerbund geschlossen hinter dem unabdingbaren Anspruch jedes Menschen auf seine Heimat und auf Freizügigkeit jedes Deutschen innerhalb eines wiedervereinigten Deutschland steht.

In dieser Erkenntnis rufe ich alle Turnschwestern und Turnbrüder der fernen Heimat ein herzliches und von Vertrauen in die Zukunft getragenes „Willkommen in Hamburg" zu. Der Heimatabend am 06.08. im Anschluss an die Treuekundgebung wird viele zusammenführen, die schon alle oder einige der vorausgegangenen 6 Wiedersehenstreffen mitgemacht haben. Noch weitaus mehr aber werden alle erstmalig im Kreise der Turnerfamilie Ost- und Westpreußen mit lieben Freunden aus der Heimat wieder Händedruck und alte Erinnerungen austauschen. Bisher habe ich Mitglieder aus rd. 50 verschiedenen heimatlichen Turnvereinen feststellen können. Es ist aber mit Sicherheit anzunehmen, dass die tatsächliche Zahl weitaus größer sein wird. Daher ist es äußerst wichtig, dass sich jeder im Standquartier (Festzelt neben der Festwiese) in die Anwesenheitsliste einträgt. Dadurch und durch das ebenda ausliegende Treffbuch wird es jedem möglich sein, seine anwesende Freunde schnell zu ermitteln und mit ihnen zusammenzukommen.

Die vereinsweisen Zusammenkünfte am Sonnabendvormittag sollen eine weitere Möglichkeit zum „schabbern" im engsten Kreise bieten. Der „fröhliche Ausklang" am Sonntagabend soll aber alle Herzen noch einmal hochschlagen lassen in dem Gefühl der durch Leid und Freud schicksalsverbundenen Familiengemeinschaft!

Gut Heil! Onkel Wilhelm

 

Seite 7   Mitten in der Einmachzeit

Wir sind mitten in der Einmachzeit. Die Hausfrau sorgt vor für die langen Wintermonate, um den Überfluss an Obst und Gemüse im Sommer zu billigen Preisen zu erwerben und im Winter auf den Tisch zu bringen. Die ersten Früchte — die Erdbeeren — verlieren leider beim Einkochen ihre schöne, rote, appetitliche Farbe. Durch Alba-Früchterot, eine vollkommen unschädliche Fruchtfarbe, lässt sich der natürliche Farbton erhalten. Die Einmachgläser, sofern sie nicht zu gekocht werden, bindet man am besten mit Alba-Einmachhaut, dem glasklaren, durchsichtigen Verschluss zu, so dass der Inhalt dauernd beobachtet werden kann.

Gurken werden wohl von jeder Familie eingemacht. Das lohnt sich auch, weil die Gurken in der Einmachzeit sehr billig sind und eine selbst eingemachte Gurke immer besonders pikant schmeckt. Dazu ist aber unbedingt notwendig, eine gute Gewürzzusammenstellung, wie Alba-Einmachgewürz, zu verwenden, weil die an sich fast geschmacklosen Gurken dadurch erst pikant werden. Selbstverständlich schmecken eingelegte Gurken nur, wenn sie hart bleiben, denn weiche Gurken sind unappetitlich. Alba-Gurkendoktor ist das Mittel, welches die Hausfrau seit Jahrzehnten kennt und seit dieser Zeit mit gleichbleibendem Erfolg anwendet.

Übrigens ein guter Rat, den Sie unbedingt beachten sollten! Alle Gefäße, die ihr Einmachgut aufnehmen sollen — wie Eimachgläser, Steintöpfe, Flaschen usw. — spülen Sie nach der Reinigung mit einer Alba Gurkendoktor-Lösung aus. (1/2 Packung in 2 Liter heißem Wasser auflösen). Sie werden sehen, ihr Einmachgut hält sich besser!

 

Seite 7   Suchanzeigen

Wer weiß den Aufenthaltsort der Walburg Felske (Walli), geb. 11.02.1930 in Thormareinen, Krs. Osterode, letzter Heimatwohnort Worleinen, Krs. Osterode. Nachr. erb. Ernst Schulz, fr. Worleinen, Krs. Osterode, jetzt Berlin N 20, Bellermannstraße 24 II.

 

Rumänienkämpfer! Ich suche Uffz. Hugo Wapseit, geb. 11.02.1911 in Karkeln/Elchniederung. Letzte Nachricht im August 1944 aus Rumänien. Wer kennt ihn und kann mir über seinen Verbleib Angaben machen? Unkosten werden erstattet. Nachricht erb. Frau Ida Kunter, geb. Hungerecker (früher Neukirch / Elchniederung), Ahlem über Hannover, Uhlenbornstr. 8.

 

Reinhard Stadler, geb. 03.11.1928, Luftwaffenhelfer, Schwere Flak - Batterie 244/1 Goldschmiede bei Königsberg. Wer weiß etwas von unserm Sohn? Letzte Nachricht sagt, dass er am 29. Oder 30.01.1945 bei Trankwitz vermisst ist. Wachtmeister Kattitz soll in russ. Kriegsgefangenschaft einem Kameraden erzählt haben, dass unser Sohn gefallen sei. Wer kann uns etwas Näheres berichten? Für jeden geringsten Hinweis sind wir dankbar und ersetzen gern alle Unkosten. Dr. Stadler, Braunschweig, Fallersleber Torwall 5.

 

Suche meinen Sohn Günter Jaschewski, geb. 30.04.1928, aus Treuburg, Mühlenstraße 7. Er war mit seiner Mutter März 1945 auf der Flucht in Fischhausen. Sein Jahrgang musste sich am 20. - 21.03.1945 in Pillau (Kurfürstenkaserne) stellen. Angeblich sollten alle diese Jugendlichen des Jahrgangs 1928 nach dem Reich transportiert werden. Wer kann Auskunft oder einen Anhalt, bzw. Feldpostnummer üb. den Vermissten geben? Nachr. erb. Frau Adeline Jaschewski, Frankfurt/Main, Langenhainerstraße bei Kropp.

 

Gesucht wird Ewald Hoffmann, geb. Mai 1920, letzte Heimatanschr. Dreimühl, bei Wandlacken, Kreis Gerdauen. Nachr. erb. Ursula Fox, Leverkusen-Rheinsdorf, Felderstr. Nr. 113.

 

Gesucht werden aus Königsberg/ Pr. Stadtbaumeister Erich Becker, Brismannstr., Margarete Becker, Unterhaberberg 7, Lisbeth Hanke, geb. Becker, Unterhabeiberg 7, von Margarete Dramekehr, geb. Ankler, fr. Königsberg, Unterhaberberg 44a, jetzt Hambrock 3, Kreis Uelzen.

 

Suche meine Eltern Friedrich Bellgardt, geb. 26.10.1884 u. Marie, geb. Schneider, geb. 22.09.1892, aus Kreuzburg. Von Bekannten zuletzt 1945 bei Schloßberg (Pillkallen) gesehen worden. Später vermutlich nach Litauen gegangen. Wer weiß etwas über ihr Schicksal? Nachr. erb. Lydia Bellgardt, 22b Freinsheim/Pfalz, Krs. Neustadt a. d. Weinstr., Kapellenhof 10.

 

Gesucht werden Frau Minna Laupichler, geb. 14.10. und Frau Hildegard Kossak, geb. Laupichler aus Königsberg. Nachr. erb. M. Raabe, Heilpraktiker,  Berlin-Zehlendorf-West, Gilgestr. 15 (fr. Kuranstalt Königsberg, Kastanienallee)

 

Achtung! Wer kann Auskunft geben über das Schicksal unserer Töchter Anna, Ida, Maria und Hedwig Bludau aus Guttstadt, verschleppt 1945. Nachr. erb. die Eltern, Familie August Bludau, Heidelberg, Plöck 48.

 

Gesucht werden Ob.-Stabsintendant Krautien, früher Lg. Kdo. I, Königsberg, und Angestellter Willi Oehlenberg, Königsberg, Unterhaberberg 27 I, letzterer war auch beim Lg. Kdo. I beschäftigt. Nachricht erb. Hans Hesse, Berlin-Tegel, Eisenhammerweg 57 – 59

 

Gesucht wird Steueramtmann Johannes Schwibbe, geb. 10.11.1888 aus Königsberg, Henriettenstraße 12, zuletzt gesehen in Neu-Brandenburg/Mecklenburg, von da in Richtung Stettin in Marsch gesetzt. Nachr. erb. der Sohn Heinz Schwibbe, Brilon/Westf., Hunderbecke 12

 

Heimkehrer! Wer kennt Uffz. Fritz Schwenkner, geb. 28.01.1912, Königsberg-Juditten, Friedrichswalder Allee 46, Feldpostnr. 44 392c, 291. Inf.-Div. Letzte Nachr. vom 12. Januar 1945. Wer kann über sein Schicksal Auskunft geben? Um Nachr. bittet Schwester Lena Schwenkner, 14a Stuttgart-S, Hauptstätterstr. 142, Hans-Sachs-Krankenhaus.

 

Gesucht werden Heimkehrer, die etwas üb. das Schicksal m. Sohnes Hansgeorg Petereit, genannt Pitt, ehem. Feldw. d. Luftwaffe, wissen und Heimkehrer, die mit ihm zu dem Transport gehörten, der am 20.06. von Lager Alexin (?) mit unbekanntem Ziel wegging. Ebenfalls suche ich meinen Sohn Martin Petereit, oder Kameraden, die etwas von ihm wissen. Letzte Nachricht vom 20. Februar 1945, als ehemaliger Kurlandkämpfer aus der Tucheler Heide. Nachr. erb. Charlotte Petereit, 20a Schreyahn, Post Lensian/Lüchow.

 

Wer kann Auskunft geben über das Schicksal meiner Tochter Anneliese Platz, geb. 16.07.1927 in Königsberg. Ist bis Januar 1948 im Lager Pr.-Eylau gewesen, dann in Kalleningken und als Kranke nach Georgenburg gekommen, von dort soll sie nach Insterburg entlassen worden sein. Von da ab fehlt jede Spur. Um Nachricht bittet die Mutter Frau Anna Platz, Wipperfürth, bei Köln, Josefstraße.

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Bruder Erich Kirche, geb. 16.03.1911 in Königsberg. Mein Bruder kam 1940 zur Wehrmacht, Aufklärungsabteilung in Königsberg, Cranzer Allee. 1942 oder 1943 war seine Einheit in Stahnsdorf bei Potsdam. Er soll dann nach Frankreich gekommen sein. Seitdem habe ich keine Nachricht. Ernst Kirche, fr. Königsberg-Ratshof. Kaporner Str. 21a, jetzt Wiesbaden-Bierstadt, Langgasse 49.

 

Wer war nach dem 1. Mai 1945 noch in Pröbbernau (Frische Nehrung) und kann Auskunft geben über den Verbleib von dem Arb. Martin Meschkat. Um Auskunft bittet Wilhelm Wittge, Schloss Ricklingen über Wunstorf.

 

Achtung Stalingradkämpfer! Wer kann Auskunft geben über das Schicksal des Panzergefreiten Rudolf (Rudi) Janke, geb. 22.08.1923 aus Eschingen, Krs. Angerapp. Nachr. erbittet seine Schwester Frau Olga Grave, Gr.-Giesen, Krs. Hildesheim.

 

Gesucht wird Frau Margarete Graap, geb. Dey, geb. etwa 1895, wohnh. zul. Königsberg, Gebauhrstraße 37. Nachr. erb. Frau Edith Brust, Schiffdorf 89, bei Bremerhaven.

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Sohn Christian Kalkbrenner, geb. 29. Okt. 1926 zu Berlin. Letzter Einsatz Januar 1945 bei Schloßberg im Schützen-Rgt. 912, Division 349, Feldpostnr. 22 298 B. Nachr. erb. an Frau Hannah Kalkbrenner, geb. Macketanz, Berlin-Tempelhof, Kanzlerweg 14.

 

Seite 8   Geldscheine künden von stolzen Tagen

Foto: Marienburgs Stadtgeld zur Erinnerung an die siegreiche Abstimmung

Foto: Stadtgeld der Stadt Magrabowa (Treuburg)

Am 11. Juli 1920 verkündeten die Glocken der Kirchen und Dome in unserer Heimatprovinz Ostpreußen die siegreiche Volksabstimmung. Ein unbeschreiblicher Jubel hallte durch die Lande. Das Ereignis war so überwältigend, dass selbst die Vertreter der fremdländischen Missionen, unter deren Schutz die Abstimmung durchgeführt worden ist, tief beeindruckt waren. Wohl noch nie ist die Weltöffentlichkeit in so überzeugender Weise von dem deutschen Charakter unserer Heimatprovinz belehrt worden, wie in jenen Tagen! Die Furcht, nach dem Zusammenbruch 1945 etwa wieder einen so eindeutigen Beweis von dem Deutschtum der Provinzen Ost- und Westpreußen hinnehmen zu müssen, war offenbar der Beweggrund für die völkerrechtswidrige Austreibung der Deutschen im Vertrag von Jalta. Wenn man aber geglaubt hat, mit einem Völkerrechtsbruch den Fall „Deutscher Osten" erledigt zu haben, hat man gründlich geirrt! Die Grundlagen einer Demokratie hat man damit verletzt, das Völkerrecht zu einer Utopie gestempelt, die Heimatvertriebenen aber umso fester an die geraubte Heimat gebunden.

Nicht „Auswanderung", sondern die Bitte um Rückgabe der Heimat allen denen, den sie geraubt worden ist, bleibt die Devise der Heimatvertriebenen. Hier gilt als unabdingbar nur eins: Das Recht auf die gottgegebene Heimat ist ein Menschenrecht, das von allen Kulturvölkern der Erde zu respektieren bleibt!

Wir wissen, dass immer wieder in die Weltpresse Berichte mit bestimmter Tendenz hineinlanciert werden, um Glauben zu machen, Ostpreußen und Westpreußen seien ein slawischer Landesteil und die Abtrennung vom deutschen Mutterland eigentlich eine geschichtliche Selbstverständlichkeit. Der demonstrierte „weite Vorsprung in die slawische Welt" soll offenbar dazu beitragen, die Austreibung der Deutschen vollends zu rechtfertigen. Gerade in diesen Tagen wird, dem aufmerksamen Leser der Weltpresse, die besondere Aktivität der sogenannten Poln. Exilregierung in Amerika nicht entgangen sein. Es habe angeblich das State Department mit der polnischen Exilregierung über Pläne verhandelt, bei einer späteren endgültigen Bereinigung der Oder-Neiße-Probleme das südliche Ostpreußen an Polen, das nördliche Ostpreußen an die UdSSR, Pommern, Niederschlesien und Ost-Brandenburg dagegen an Deutschland zurückfallen zu lassen. Die polnische Exilregierung sei unter der Voraussetzung einverstanden, dass die Bundesrepublik auf Ostpreußen förmlich und endgültig Verzicht leiste und die polnische Exilregierung anerkenne. Diese Pressemeldungen als wahr unterstellt, beweisen, dass politischen Hasadeuren auch heute noch das Schicksal von Millionen von Heimatvertriebenen nichts gilt. Es ist dem gegenüber aber mit Genugtuung festzustellen, dass die Völker, die guten willens sind, eines Tages auch den Heimatvertriebenen ihre gottgegebene Heimat zuerkennen werden. Der überwältigende Ausdruck der Volksabstimmung in Ostpreußen vom Juli 1920 möge sie davon immer wieder unterrichten: Jeder Versuch, die gottgegebene Heimat oder das Recht auf diese Heimat zu rauben und im Zuge einer teuflischen Umschichtung und Vermassung der Völker den Menschen zum Objekt moderner Sklaverei zu machen, wird im Zeitgeschehen nicht ohne ernste Folgen bleiben.

So gewiss es ist, dass unser Ostpreußen, unser Westpreußen, Ermland und Masuren immer deutsch waren und bleiben, so gewiss bleibt uns auch die Hoffnung, dass uns einst die Heimat rufen wird! Dann lasset die Glocken von Turm zu Turm durchs Land frohlocken im Jubelsturm. Diese Gedanken bewegen uns Heimatvertriebene Ostpreußen bei der Erinnerung an den Tag des Bekenntnisses zu unserer deutschen Heimatprovinz, den Tag der Abstimmung im Jahre 1920. Die Wiedergabe einiger Geldscheine aus den unvergesslichen Tagen unserer Heimatprovinz werden uns mit Stolz erfüllen, wenn wir im Geist vor den Grabhügeln unserer Lieben stehen, die seinerzeit das edelste Bekenntnis zu der Heimat ablegten und die noch fern von uns dort ruhen, wo das Menschenrecht es verbrieft, in deutscher Heimaterde!

A.Thiel

 

Seite 8   Bericht aus Ostpreußen

Berlin. „Ich bin wieder einmal in unserem Heimatdorf gewesen", berichtet eine noch heute in Ostpreußen lebende Deutsche in einem kürzlich bei ihren in Westdeutschland lebenden Eltern eingetroffenen Brief. Mit Lastwagen seien die Bauteile abgebrochener Gehöfte abtransportiert worden, nur noch Pfähle mit Nummernschildern zeigen den Platz an, wo eine Bauernfamilie ihre Heimat hatte. In den noch stehenden Häusern leben Deutsche und zugezogene Polen gemeinsam. Von dem Besuch auf dem elterlichen Hof schreibt die Ostpreußin, dass der jetzige polnische Bewirtschafter sie zum Essen eingeladen habe. Zum Abschied habe er ihr aufgetragen, an die Eltern einen Gruß von ihm auszurichten und ihnen zu schreiben, dass er nur die Bienenzucht behalten wolle, wenn sie einmal wieder zurückkommen würden. Auf der Rückfahrt zu ihrem jetzigen Wohnort fuhr die Briefschreiberin durch mehrere Dörfer in der Gegend nördlich der ostpreußischen Seenplatte. Über ihre Eindrücke schreibt sie:

„Da sieht man, wie der Krieg gewütet hat. Die Wälder zerschossen, das Holz vermodert, ein Bunker am anderen, die Felder voll Schützengräben, nur ab und zu wird ein Stückchen bebaut. Kilometerweit kein Mensch . . ."

 

Seite 8   Siedlerschule in Katlenburg. Eine Lebenshilfe für unsere ostvertriebenen Jungbauern

Die im April d. J. eröffnete Siedlerschule in Katlenburg am Harz, die erste ihrer Art im ganzen Bundesgebiet, führt z. Zt. den ersten Lehrgang durch, den 18 Schüler aus Niedersachsen, Schleswig - Holstein, Rheinland / Pfalz, Württemberg und Rheinland-Westfalen besuchen. Zwei davon sind Junglandwirte aus der Sowjetzone, alle anderen Vertriebene aus Ostpreußen, Danzig, Pommern, Schlesien, aus dem Baltikum, Rumänien und Siebenbürgen.

Trotz sehr unterschiedlicher Herkunft und Praxis bilden sie eine Arbeitsgemeinschaft, die das gesteckte Ziel, auf eine ländliche Siedlung, wie sie den zeitgemäßen Anforderungen entspricht, ansteuert. Unterricht und Praxis sind vielseitig. Drei hauptamtliche und drei Gastlehrer teilen sich in die theoretische und praktische Unterrichts- und Ausbildungsarbeit. Von den geplanten Werkstätten ist die erste, die Tischlerei, bereits eingerichtet. Das Landvolk im BvD nimmt an dieser Einrichtung den lebhaftesten Anteil. Das große Interesse kam auch bei der gründenden Tagung des vertriebenen Landvolkes im BvD Niedersachsens zum Ausdruck, die in den Räumen der Siedlerschule stattgefunden hat.

Die überzeugenden Worte des Leiters der Schule, des Bauernschullehrers Erwin Wittek haben die Kreisbeauftragten aufgefordert, die Werbung geeigneter Schüler, von Söhnen und Töchtern ostvertriebener Bauern, nunmehr folgerichtig durchzuführen und das Interesse der Ostvertriebenen für diese Schule wachzurufen.

Der zweite Lehrgang beginnt am 1. November d. J. und dauert bis 15. März 1954. Bedürftige und würdige Schüler können mit einer Ausbildungsbeihilfe rechnen. Ostvertriebene — auch Flüchtlinge aus der Sowjetzone — können Ausbildungsbeihilfen aus Mitteln des Lastenausgleichs erhalten. Mittellosigkeit soll die Teilnahme an einem Lehrgang nicht erschweren.

Die Anmeldungen können schon jetzt entgegengenommen werden. Prospekte mit allen notwendigen Angaben und Aufnahmeanträgen sind bei der Siedlerschule in Katlenburg am Hara Kr. Northeim (Hann.) direkt anzufordern.

 

Seite 8   Berg vertritt ostdeutsches Bäcker-Handwerk

Die Deliegiertenversammlung des „Zentralverbandes des deutschen Bäckerhandwerks" beschloss in Münster/Westf. einstimmig, Bäckermeister Heinrich Berg- Leese, früher Königsberg/Pr., als Vertreter des ostdeutschen Bäckerhandwerks als Gast mit Sitz und Stimme in den Vorstand zu berufen.

 

Seite 8   Deutschordensland Preußen

Dehio/Ga11: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Deutschordensland Preußen. Deutscher Kunstverlag München/Berlin 1952. 512 Seiten Text mit vielen Plänen und Grundrissen. Ganzleinen DM 15,50

Als das auf Anregung von Georg Dehio ins Leben gerufene und Jahrzehnte hindurch von ihm herausgegebene Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler in den Jahren von 1905 bis 1912 zum ersten Male erschien, war von den insgesamt fünf Bänden der zweite Nordostdeutschland gewidmet Er enthielt auf 558 Seilen (3. Aufl.) unter bewusstem Verzicht auf Vollständigkeit nach einer sorgfältig getroffenen Auswahl die wichtigsten Denkmäler von Schleswig - Holstein, Mecklenburg, Pommern, Brandenburg, Schlesien, Posen, West- und Ostpreußen in alphabetischer Reihenfolge der Ortsnamen ohne Rücksicht auf die Grenzen der Länder und Provinzen. Etwa 20 Jahre nach dem Erscheinen des fünften Bandes betraute Dehio Ernst Gall mit der weiteren Bearbeitung und Herausgabe des Handbuches und legte mit ihm einige neue Richtlinien fest, die infolge der Ausweitung des Forschungsgebietes und der Anzahl der inzwischen erschienenen und zu berücksichtigenden Einzeluntersuchungen erforderlich geworden waren. Neben einer Neuverteilung des Stoffes auf nunmehr etwa zehn Bände wurde als Wichtigstes eine Neugliederung des Inhaltes innerhalb der einzelnen Bände vorgesehen, und zwar in der Art, dass die alphabetische Reihenfolge nach den Ortsnamen zugunsten einer Anordnung nach Hauptorten mit deren weiterer Umgebung fallen gelassen und jedem Hauptort zum besseren Verständnis der vorhandenen Denkmäler und ihrer Datierung ein kurzer geschichtlicher Abriss vorausgeschickt wurde. Außerdem sind den neuesten Bänden als Ergänzung zu den Beschreibungen der wichtigsten Baudenkmäler und zum

schnelleren Auffinden auch der kleineren Orte zahlreiche Grundrisse und Übersichtskarten beigegeben.

Als neueste Folge dieser im Jahre 1934 mit dem Bande Niedersachsen und Westfalen begonnenen Reihe ist 1952 der Band Deutschordensland Preußen erschienen. Während Gall bei der Bearbeitung der Orte im Westen des Gebietes von dem langjährigen Provinzialkonservator von Westpreußen und Schlossbaumeister der Marienburg, Bernhard Schmid, unterstützt worden war, wurde die Bearbeitung des ostpreußischen Teiles an Grete Tiemann übertragen, der die mühevolle Aufgabe oblag, sich in ein neues Gebiet einzuarbeiten. Beide Mitarbeiter sind inzwischen leider verstorben, und der Band ist in der Form erschienen, in der er bereits im Jahre 1944 fertiggestellt war. Welch einen Einfluss die Erweiterung des Forschungsbereiches und das nähere Eingehen auf einzelne Denkmäler allein schon auf den Umfang des Handbuches ausübt mag aus der rein äußerlichen Feststellung hervorgehen, dass der neue, doch nur noch zwei ehemalige Provinzen umfassende Band last genauso stark ist wie der frühere Band Nordostdeutschland, oder dass der Beitrag „Danzig" von 16 auf 41 Seiten, der Beitrag „Königsberg" sogar von dreieinhalb auf 33 Seiten angewachsen ist. Im Übrigen ist zwischen der Bearbeitung des westpreußischen und der des ostpreußischen Teiles ein augenfälliger Unterschied zu bemerken. Während bei den Orten im Westen im Wesentlichen der bisherige Text beibehalten und nur den neuen Forschungsergebnissen entsprechend berichtigt und ergänzt ist, ist der für die Orte in Ostpreußen weitgehend neu bearbeitet und stark erweitert worden. So kommt es vor, dass von den etwa 480 Seiten Text nur rund 140 auf Westpreußen entfallen.

 

Im Gegensatz zu Bernhard Schmid, der sich bei seinen Angaben meist darauf beschränkte, in gedrängter Form nur das Wichtigste zu bringen und dem Benutzer allein das Endglied seiner jeweiligen Erwägungen mitzuteilen, war Grete Tiemann bestrebt, dem Betrachter auch den Verlauf ihrer Untersuchungen deutlich zu machen. Das bedingte beispielshalber bei den besonders eingehend behandelten mittelalterlichen Bauwerken u. a. ein Eingehen auf Baunähte, Brandspuren und Wechsel in der Verwendung von Formsteinen und häufig genug das Heranziehen von Gründungs- und Baunachrichten. Wer selbst einmal den Versuch unternommen hat, aus derartigen Gegebenheiten die Baugeschichte eines Ordensschlosses oder einer Kirche abzuleiten, kann ermessen, welch gewaltige Arbeit geleistet worden ist, um allein die zahlreichen bisher noch nicht genau datierten mittelalterlichen Bauten des Landes oft bis auf ein Viertel Jahrhundert oder ein Jahrzehnt zu datieren und die zeitliche Reihenfolge der einzelnen Bauabschnitte anzugeben. Dabei ist die Baugeschichte meist bis zur Neuzeit verfolgt und zu den jüngeren Instandsetzungen, hin und wieder etwas temperamentvoll und subjektiv, kritisch Stellung genommen. Neben den Bauwerken ist auch die Ausstattung an Plastiken, Gemälden, Altären und Kanzeln bis zu den wertvolleren Edelschmiedearbeiten, dem bemerkenswerteren Zinngerät und den gotischen Türen und alten Beschlägen besprochen; und neben Kirche, Burg, Stadtbefestigung und Rathaus haben auch die stattlicheren und charakteristischeren Bürgerhäuser ebenso wie die Herrenhäuser und bemerkenswerteren Bauernhäuser ihre Würdigung gefunden, auch hier meist mit recht genauer Angabe der Entstehungszeiten und der landschaftsgebundenen Verschiedenheiten. Größere Fliehburgen sind erwähnt und an einigen Stellen beispielshalber bei der Kurischen Nehrung ist auch auf die landschaftlichen Besonderheiten hingewiesen.

 

Die Darstellungen sind zum größten Teil recht ausführlich gehalten und werden durch das Aufführen aller bekannten Künstler- und Handwerkernamen, durch Vergleiche und Hinweise, z T. auch auf wichtige einschlägige Denkmaler außerhalb des Ordenslandes typologische Einordnungen und Zuschreibungen ergänzt, so dass häufiger der Charakter eines Inventarwerkes erreicht wird. Dass dabei nicht immer gleichartige. Gegenstände auch mit der gleichen Ausführlichkeit behandelt und dass, besonders bei den nur bedingt zum Thema gehörenden stadtgeschichtlichen Abrissen, auch Ungenauigkeiten und Irrtümer unterlaufen sind, ist wohl mit der Fülle des Stoffes und der Kürze der zu seiner Bearbeitung zur Verfügung stehenden Zeit zu erklären. Auf sie näher einzugehen, ist hier aber umso weniger am Platz, als das Aufzählen einiger beim Durchlesen des Bandes festgestellter Unrichtigkeiten im Rahmen dieses kurzen Berichtes ein völlig schiefes Bild ergeben würde. Als Beispiele mögen deshalb nur kurz einige Unstimmigkeiten in den Abbildungen zu den Artikeln über Königsberg und Umgebung aufgeführt werden. So ist die Skizze auf Seite 361 die erste Stadtanlage von Königsberg nach Beckherrn mit der Steindammer Kirche an der Nordwestecke eingetragen, während in dem darunter stehenden Text deren Lage nach Bruhns und Krollmann mit der Steindammer Kirche an der Nordostecke beschrieben ist. In der Skizze auf Seite 362 sind die Grenzen im Nordwesten der Burgfreiheit nicht richtig angegeben, und in die zugehörige Legende ist für den Kneiphof eine falsche Signatur eingetragen. Im Kartenausschnitt auf Seite 396 ist das Neuendorf bei Rinau gezeichnet, während im Text das Neuendorf am Pregel beschrieben ist.

 

Der wiederholt doch etwas über den Rahmen des Handbuches hinausgehenden Ausführlichen sind von dem Herausgeber sicher ganz bewusst keine Schranken gesetzt worden, da es sich, wie er in seinem Vorwort hervorhebt, hier um ein Land handelt, dessen „deutsche Bevölkerung, die allein das Land und seine Bauten mit ihrem reichen Bestand an Kunstwerken geformt hatte . . ., gewaltsam vertrieben ist, und da dieser Band des Handbuches im Augenblick in erster Linie „ein Buch der Erinnerungen“ darstellt. Wir können ihm, seinen Mitarbeitern und allen Stellen, die das Erscheinen dieses Werkes ermöglichten, nicht dankbar genug dafür sein, dass sie uns allen nicht nur ein Buch der Erinnerungen, sondern auch ein unentbehrliches Rüstzeug für die weitere wissenschaftliche Arbeit im Dienste der unvergessen Heimat geschaffen haben.

Provinzialbaurat Dr.-Ing. C. Wünsch

 

Seite 9   So sieht es heute in der Stadt Königsberg aus.

Foto: Blick vom Kneiphof auf das Schloss und die Post. Aufn.: E. Kühlewindt

Foto: Im Königsberger Hafen. Aufn.: Evamaria Blume

Königsberg, Preußens Krönungsstadt, war die Großstadt des Deutschen Ostens. Eine Stadt mit jahrhundertealter Kultur und der ältesten Universität Preußens. Unvergleichlich schöne Parkanlagen, die in schattigen Alleen am Wasser entlang führten, gaben der Stadt ein besonderes Gepräge. Die Altstadt mit dem alles überragenden Schloss, dem Oberteich, Löbenicht, Kneiphof, der Krönungskirche, dem Dom aus dem 13. Jahrhundert mit der stillen Grabstätte des großen Immanuel Kant, waren für alle Deutschen geweihte Stätten. Wer kennt in Deutschland das „Blutgericht" nicht? in dem ein E. T. A. Hoffmann ständiger Gast war. Jeder Fremde musste mindestens einmal hier eingekehrt sein, war es doch eine der berühmtesten Weinstuben in Deutschland. 17 Museen mit einzigartigen Kunstwerken und Sammlungen waren ein köstlicher Schatz des Ostens. Das alte Stadtbild mit dem Innenhafen, die alten, himmelhohen Speicher, mit den originellen Hausmarken über den Toren, die Brücken und mächtigen Hochseedampfer inmitten der alten Giebel, schufen einen nachhaltigen Eindruck auf jeden Beschauer. Hier in Königsberg, in der Bernsteinmanufaktur wurde das Gold des Samlandes, der Bernstein verarbeitet und in alle Welt verschickt. Millionen, die im Laufe der Zeit zum Grabe des großen Immanuel Kant pilgerten, fragen heute, was wurde aus Königsberg?

 

Die Furien des Krieges gingen über die Mauern hinweg, Tod und Brand zeichneten den Weg. Die Stadt sank in Schutt und Trümmer. — Dann wurde es still um die Stadt und das Land. Es wurde ja nicht nur vom Feinde besetzt, losgerissen vom Reich wurde es eine sowjetische Provinz. Stadt und Land versanken für uns Deutsche und die Welt hinter dem „Eisernen Vorhang". Ich verdanke es dem Zufall, schildern zu können, wie Königsberg unter sowjetischer Herrschaft aussieht. Von der einstigen Großstadt am Pregel ist nichts mehr übrig geblieben. So, wie sie 1945 in Schutt und Trümmer zerschlagen wurde, bietet sie sich heute noch dem Beschauer. Das stolze Preußenschloss steht als verwitterte Ruine da und hebt wie einen drohenden Finger den zerschlagenen Turm in den Himmel. Die Altstadt ist nicht mehr vorhanden, nur Schuttberge zu beiden Seiten der einstigen Straßen und Gassen, die genauso geblieben sind wie die Kriegsfurie sie hingeschmissen hatte. Unkrautüberwuchert bilden sie ein Gebirge. Verrostete Waffen, durchlöcherte Stahlhelme liegen überall rum und nur die Straßen, durch welche Straßenbahnen gehen, sind frei gemacht.

 

Am einstigen Nordbahnhof, er ist kein Bahnhof mehr, stehen nur noch die Säulenreste der Halle. Auf dem großen freien Platz werden Truppenparaden abgehalten und wo sich früher die Reisenden zu den Zügen nach Rauschen und Cranz drängten, stehen grellrot angestrichene Tribünen, verziert mit Riesenbildern von Stalin und seinen „siegreichen" Generälen. Der Steindamm, einst die belebteste Straße Königsbergs, ist nur ein Ruinenfeld. Wahllos, ohne Fahrplan fahren die Straßenbahnen, die einen trostlosen Anblick bieten. Keine Fenster, die Farbe abgeblättert, zum Teil wie ein Sieb durchlöchert von Schüssen und Splittern, aber geziert mit großen Sowjetsternen, rattern und kreischen sie durch die Straßen. Menschentrauben in gänzlich zerlumpter Kleidung hängen an den Wagen. Kein deutscher Schaffner würde je mit solch überfüllten Wagen fahren, überall sieht man sowjetische Uniformen aller Truppengattungen, dreckig und schmierig. Vor dem einstigen Denkmal Bismarcks am Schloss, der ohne Kopf, heute noch auf seinem Sockel steht, stehen Holzbuden und Baracken, in denen ein Bazar östlicher Verkommenheit abgehalten wird. Alles ist hier zu haben, vom verrosteten Nagel angefangen bis zum verbeulten Nachttopf, findet man Möbelstücke, alte geflickte Lumpen, oft auch Kostbarkeiten aus Ruinen hier hergeschleppt.

 

Auf den zersplitterten Marmorstufen des Denkmals sitzen und liegen zerlumpte Gestalten, dazwischen spielen verwahrloste Kinder. Um die Schlossruine herum ist der „Schwarze Markt" wie er überall in der Sowjet-Union anzutreffen ist. Hier kann man für sündhaft teures Geld allerlei kümmerliche Lebensmittel kaufen. Für ein Brot zahlt man bis zu 200 Rubel. Deutsche Worte hört man nirgends mehr. Es mag sein, dass noch hier und da Zivilgefangene auf Arbeitsstellen in den Außenbezirken der Stadt arbeiten.

 

Der Dom, der seit 1333 allen Anstürmen getrotzt hat, und mit ihm das Grab Kants, ist ein Trümmerhaufen, man sieht nur noch einige Reste von den 18 Säulen, die das Grab des großen Philosophen schirmten. Von den vielen Brücken ist nur eine einzige unbeschädigt, die meisten sind durch einfache Holzbrücken ersetzt und stehen auf Trümmern, die im Wasser liegen. Im Hafenbecken der Innenstadt liegen auch heute noch Wracks und Schiffstrümmer. Verrostetes und verrottetes Heeresgut liegt überall umher und wird nur dort weggeräumt, wo es unbedingt im Wege steht. In der einstigen Mädchengewerbeschule ist ein Hotel für Offiziere eingerichtet, „Dom Offizierow" steht in großen roten Buchstaben an der noch gut erhaltenen Fassade, es ist im Übrigen das einzige Hotel in ganz Königsberg. Ein unbeschreiblicher Schmutz ist rings um dieses Hotel. Da die Toilettenanlagen nicht zu gebrauchen sind, verschwindet alles, im Bedarfsfalle in die umliegenden Ruinen. Berge von faulenden Küchenabfällen türmen sich im Hof und verbreiten mit dem anderen einen fürchterlichen Gestank. Intakte Wasserleitungen findet man nur in den Außenbezirken der Stadt. Hier wird auch an einigen Stellen gebaut, aber nur Zweckbauten für Heer und Verwaltung. In den, in der Innenstadt noch stehenden Hausruinen hausen die Menschen in den elendesten Löchern, ohne die geringsten, menschenwürdigen Einrichtungen. Das Lichtnetz ist nur in ganz kleinen Bezirken in Ordnung, aber auch nur für Funktionäre und Militär.

 

Die von den Sowjets hier angesiedelte Bevölkerung stammt zum überwiegenden Teil aus Asien. Man hat das Gefühl, in einem sowjetischen Nest zu sein. Auf die Frage an einen sowjetischen Offizier, warum die Sowjets denn Königsberg nicht wieder aufbauen? sagte er: „Waruuum schnell?, habben wier vill Zeit, ist guttes Kulliss führ Film". Tatsächlich drehen die Sowjets hier in Königsberg ihre Filme, in denen sie ihre immer nur siegreiche und „humane" Armee verherrlichen. Die Moskauer „Mos Filmgesellschaft" unterhält hier eine ständige Agentur. Der große Propagandafilm „Begegnung an der Elbe", der 1950 durch alle östlichen Kinos lief, ist in Königsberg in Preußen am Pregel gedreht worden. Deutsche Kriegsgefangene in amerikanischen Uniformen mussten die siegreichen Verbündeten darstellen. Geschäfte oder offene Läden sieht man ganz wenige, auch nur in den Außenbezirken. Sonst hat man überall an den Wegen nur einfache Holzbuden errichtet, in denen von den staatlichen Organisationen, die klassenmäßig vorgeschriebenen Güter des Lebens, für ungeheure Preise kaufen dürfen, aber auch nur, wenn man im Besitze eines vorgeschriebenen „Dokumentes" ist. Zu allem muss man einen Berechtigungsschein haben. Auffallend ist, dass alles raucht, Männer, Frauen, Kinder. Die Zigaretten drehen sie aus Zeitungspapier, den Tabak (Machorka) nimmt man aus der Tasche, wo er lose im Verein mit sauren Fischen oder Brotkanten, die man nebenbei isst, untergebracht wird. Das ist alles „Karascho". Das Essen wird in den meisten Fällen auf Spirituskochern bereitet, den alle besseren Sowjets als ständiges Reisegepäck mit sich führen. Selbst im Offiziershotel bereitet sich jeder sein Essen selbst auf seinem Zimmer. Unglaubliche Mengen Ratten bevölkern die Stadt, in ganzen Rudeln, am hellen Tage, laufen sie unbekümmert auf den Straßen und Trümmern herum.

 

Nichts wird dagegen getan, nur ab und zu schießt ein Soldat, unbekümmert um die umstehenden Menschen, in die Rattenrudel. Bilder eines so unbeschreiblichen Drecks bieten sich den Augen dar, die sich nur der vorstellen kann, der Russland unter sowjetischer Herrschaft selbst erlebt hat. Das hat man aus der einst so schönen Stadt Königsberg gemacht. —

 

Pillau ist dagegen gut aufgeräumt, der Hafen ist in Ordnung, Bahn und Kaianlagen sind wieder hergestellt. Im Hafen und Stadt herrscht reges Leben durch die vielen Schiffe der sowjetischen Marine. An der Stelle vor dem Leuchtturm, wo einst das Denkmal des Großen Kurfürsten stand, steht heute eine riesige Stalinstatue, mit finsterem Blick nach dem Westen gerichtet. Da Pillau Kriegshafen ist, sieht man keine anderen Schiffe als die sowjetischen. Zivil ist wenig zu sehen, dafür umso mehr Marinesoldaten. Da das Stalindenkmal aber nur aus gehärtetem Gips besteht, wird es auch vergehen, wie einmal auch der ganze asiatische Spuk im deutschen Königsberg ein Ende haben wird!

Ew. Friedrich

 

Seite 9   Millionenauftrag für Königsberger Baufirma

Einen Bauauftrag für die Türkei von über 300 Millionen D-Mark erhielt jetzt die in Göttingen ansässige Baufirma Hanns Ebel, früher Königsberg. Das Projekt besteht im Wesentlichen aus Aufträgen der türkischen Regierung.

Deutsche Facharbeiter und Baumaschinen sollen noch in diesem Jahre in die Türkei gebracht werden. Der Chef der Firma Hanns Ebel, kam 1945 als Heimatvertriebener aus Königsberg und baute in Weende bei Göttingen aus dem Nichts heraus einen neuen Betrieb auf, der schließlich größere amerikanische Aufträge in der Eifel erhielt. Die Firma baute dann das Bundesfinanzministerium in Bonn und wurde mit der Ausführung eines Auftrages, die modernste Schule in der Bundesrepublik in Bittburg (Eifel) für amerikanische Schüler zu errichten, weiter bekannt.

 

Seite 9   Die staatsrechtliche Stellung Westpreußens

Als Heft 35 erschien in der Schriftenreihe des „Göttinger Arbeitskreises" eine Darstellung von Dr. Heinz Neumeyer über „Die „staatsrechtliche Stellung Westpreußens zur Zeit der polnischen Oberhoheit“ (1454 - 1772)''. Dr. Neumeyer behandelt in seiner Arbeit aus genauer Kenntnis der Quellen ein Kapitel der ostdeutschen Geschichte, das ein beliebtes Feld für Missdeutungen oder Unwahrheiten ist. Der Verfasser weist nach, dass Westpreußen während der ganzen Zeit seiner Entwicklung als deutscher Ständestaat trotz der Verbindung mit der polnischen Krone nie die deutsche Bevölkerungsmehrheit und sein Stammesbewusstsein verloren hat. Die grundlegende Arbeit umfasst 31 Seiten und ist beim Holzner-Verlag, Kitzingen/Main, für DM 1,10 erhältlich.

 

Seite 9   Agnes Miegel besuchte Duisburg

Aus der Mädchen-Realschule in der Nahestraße in Duisburg sind zwei Schulsysteme gebildet worden. Diesen Schulen wurden nach einem Beschluss des Rates der Stadt und mit Genehmigung des Regierungspräsidenten in Düsseldorf die Namen „Agnes-Miegel-Realschule" und „Annette-von - Droste – Hülshoff-Schule" verliehen, wie wir bereits berichteten. Am 24. Juni nahm Oberbürgermeister Seeling im Musiksaal der Schule die feierliche Namensverleihung vor. Ihre besondere Weihe erhielt die Schulfeier durch die Anwesenheit der betagten Dichterin Agnes Miegel. Der Oberbürgermeister begrüßte Agnes Miegel herzlich und erklärte, dass die Stadt Duisburg sich heute erneut zu ihrer Patenschaftsverpflichtung gegenüber Königsberg bekenne. Der Name Agnes-Miegel-Schule werde dafür bürgen, dass unsere Jugend den deutschen Osten nicht vergesse.

 

Seite 10   Die Steine reden deutsch …/Von Otto Riedel

Vor 1772 gab es noch kein Westpreußen, es sei denn, dass man damals die preußischen Gebietsteile im Rheinland (Kleve, Mark und Ravensberg), als „West-Preußen" bezeichnete. Erst Friedrich II., Preußens größter Herrscher, gab dem durch die zweite Teilung Polens (die erste war bereits 1138) wieder deutsch gewordenen Land beiderseits des Weichselstromes diesen einmaligen, stolzen Namen, zur Unterscheidung von Ostpreußen und dem späteren Südpreußen (Warthegau), einen Namen, der zu einem festen geschichtlichen Begriff wurde.

 

Jeder Westpreuße — und darüber hinaus jeder Deutsche und die ganze Welt — sollte sich eindringlich bewusst sein, dass dieses Westpreußen niemals geraubter polnischer Volksboden gewesen ist, sondern durch Friedrich im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Wege der Gutmachung alten Unrechts dem preußischen Staat zurückgegeben wurde. Denn dieses ehedem von Ostgermanen besiedelte Gebiet war 235 Jahre lang unter dem Deutschen Orden blühendes deutsches Kulturland gewesen, ehe es von Polen uns erstmalig (1466) geraubt wurde.

 

Das Schicksal des untergehenden Wahlkönigreiches Polen, das vollständig von Russland abhängig geworden war, vollzog sich unabänderlich. Es bestand die Gefahr, dass dieses schwache, lebensunfähige Staatsgebilde völlig in die Hand des Zaren kam. Das aber musste — auch im Interesse der ganzen westlichen Welt — verhindert werden. Zudem durfte die Landinsel Ostpreußen, der Restbesitz des einst mächtigen Ritterordens, Bollwerk des Deutschtums und der Zivilisation im Osten, auf gar keinen Fall für immer vom Mutterland getrennt bleiben. Aus diesen Beweggründen schlug der Preußenkönig eine Teilung Polens zwischen Russland, Österreich und Preußen vor. Es bleibt somit sein ureigenstes unsterbliches Verdienst, wertvolles urdeutsches Land zurückerworben und wieder deutsch gemacht, aber auch damals Europa vor der panslawischen Flut geschützt zu haben. Und diese Großtat preußischer Staatskunst wird noch größer, wenn man bedenkt, dass die Befreiung auf friedlichem Wege, ohne Krieg und Blutvergießen, erfolgte.

 

Am 5. August 1772 war der polnische Teilungsvertrag zwischen den drei Großmächten zum Abschluss gekommen, und schon im September des gleichen Jahres erfolgte die Besitzergreifung nach 200-jähriger Fremdherrschaft. Niemand hatte nun vermutet, dass der polnische Reichstag, der ein knappes Jahr später in Warschau zusammentrat, die Abtretung Pommerellens ohne Thorn und Danzig, des Ermlandes und des Netzdistriktes einstimmig billigen würde. Damals waren die Polen zwar deutschfreundlich, aber das allein kann nicht der Grund gewesen sein. Die wirtschaftlichen Verhältnisse im sogenannten „königlichen Preußen" lagen bei der fehlenden Autorität Polens so im Argen, dass aus der Bevölkerung aller Schichten selbst vielfach der Wunsch geäußert wurde, dies Gebiet der straffen und klugen Regierung des großen Fridericus Rex zu unterstellen. Im Hinblick auf die geradezu katastrophalen Zustände unter polnischer Wirtschaft und Politik sagte Gustav Freytag, dieser hervorragende Kenner Westpreußens: „Es war in der Tat ein verlassenes Land, ohne Zucht, ohne Gesetz, ohne Herrn." Überall wurden deshalb auch die preußischen Truppen, die von Pommern und Ostpreußen aus in dieses „verlassene Land" einrückten (hier endet der Satz. Es geht weiter mit:) — am 21. September wurde Konitz als erste Stadt von den roten Belling-Husaren, bei denen sich auch der damalige Rittmeister Blücher befand, besetzt — von den Einwohnern freudig begrüßt. Im Bromberger Land bestürmten sogar polnische Gutsbesitzer, die bei Polen verbleiben sollten, den preußischen Staatskommissar von Brenckenhof mit Bitten, die Annektion doch auch auf ihr Besitztum auszudehnen. Wichtig ist hierbei noch zu sagen, dass beim Rückerwerb Westpreußens mindestens zwei Drittel der Bevölkerung Deutsche waren.

 

Wer vom Fernweh getrieben jemals zum deutschen Osten kam, dem wird noch heute das Bild des stolzen Backsteinbaues an der Nogat lebendig sein, den Landmeister Konrad von Thierenberg 1274 als Bastion der Deutschen Ordensritter erbauen ließ und Marienburg taufte. Es ist das größte und herrlichste, aber auch deutscheste Schloss aller Zeiten. Genau ein halbes Jahrtausend später, am 27. September 1772, versammelten sich im Großen Remter des Hochschlosses von Marienburg die Vertreter der westpreußischen Städte und Stände, um in feierlicher Weise (hier endet der Satz. Dann geht es weiter mit) vor dem preußischen Krone nahm Generalleutnant von Stutternheim die Vereidigung vor. Es war in der Tat ein entscheidender Wendepunkt der neueren deutschen Geschichte: die Sterbestunde des durch Kriege, Hungersnot, Pest, Brände und Terror stark entvölkerten alten Pommerellen und zugleich die Geburtsstunde des neuen preußisch-deutschen Westpreußen. Gerade die friedliche Erhebung des Landes bedeutet einen der höchsten Ruhmestitel des in drei Kriegen sieghaften Königs, eines Mannes, der nicht die Größe liebte, sondern der groß war.

 

Am 13. September 1772, dem offiziellen Tag der Besitznahme, erhielt Pommerellen durch königliches Dekret die Bezeichnung Westpreußen und wurde mit Ostpreußen zu einer Provinz vereinigt. Mit seiner Verwaltung wurde ein besonders treuer und tüchtiger Diener des Staates, der Kammerpräsident von Don??ardt, beauftragt. Wie hell strahlen gegenüber „Polnischer Wirtschaft", „Kultura" und ??olitikasterei die Segnungen der Herrschaft Friedrichs und seiner königlichen Nachfolger bis 1918! Noch im Jahre der Besitzergreifung ließ der König eine Postverbindung Marienwerder — Konitz — Neustettin, also quer durch die neugewonnene Provinz, errichten. Auch der Baubeginn des Bromberger Kanals erfolgte 1772. Eine der ersten Maßnahmen Friedrichs war die Aufhebung der Leibeigenschaft auf den ehemals polnischen Staatsgütern, wie überhaupt seine Hauptsorge den armen kaschubischen und polnischen Bauern und Tagelöhnern galt. Der Monarch war bereits 60-jährig damals, aber es ist ihm in rastloser Arbeit und wahrhaft landesväterlicher Liebe gelungen, in den 14 Jahren von der Erwerbung Westpreußens bis zu seinem Tode (1772 - 1736) dieses wieder zu einem Lande zu machen, das in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht mit den anderen preußischen Provinzen Schritt halten konnte. „Ich habe eine Provinz mitten im Frieden erobert!" pflegte der König mit Bezug auf Westpreußen zu seinen Freunden zu sagen.

 

Den deutschen Charakter und die deutsche Seele Westpreußens zu leugnen, hieße das eigene Fleisch und Blut verraten. Überall im ganzen Land, von Putzig bis Thorn und von Löbau bis Tütz, zeugt jede Stadt und jedes Dorf, jede Kirche, jedes Schloss und jede Hütte, jede Straße und Brücke, jede Eisenbahnstrecke, jede Fabrik, ja selbst jeder Baum von dem gehassten preußisch-deutschen Wesen — heute noch. Ein jeder Stein im Westpreußenland raunt seine deutsche Vergangenheit vom wechselvoll-tragischen Schicksal dieses Landes unterm Kreuz, das mit Deutschtum, Christentum und Kultur immer eng verknüpft war, ist und bleibt. Danzig, Bromberg, Elbing, Thorn, Graudenz, Marienburg, Konitz, Dirschau, Marienwerder, Kulm, Oliva, Zoppot — das sind alles Städte, deren Namen die Stätten höchster kultureller oder wirtschaftlicher Blüte waren oder deren Namen heroisch-ehernen Klang haben.

 

Aus den 180 Jahren deutscher Geschichte Westpreußens seien nächst der erneuten Teilung Polens 1793, die uns Danzig und Thorn einbrachte und so das Westpreußen abrundete, wie wir es kennen, nur einige bemerkenswerte Daten genannt. Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde Westpreußen von allen Mächten als Teil des preußischen Staates anerkannt, 1806 hielt die kleine Festung Graudenz monatelang allen Anstürmen der französischen Belagerer stand, ein Ruhmesblatt Westpreußens: An der Erhebung Preußens 1813 hatte Westpreußen durch Yorck, Graf Dohna u. a. hervorragenden Anteil. Auf dem Wiener Kongress wurde Westpreußen von allen Mächten als legitimer Teil des preußischen Staates de facto und de jure anerkannt. Westpreußen galt Bismarcks ganz besondere nationalpolitische und soziale Fürsorge; nur so ist es verständlich, dass viele Tausende von westpreußischen Männern und Frauen im September 1894 nach Varzin pilgerten, um dem greisen Altreichskanzler ihre Liebe, Verehrung und Dankbarkeit darzubringen. Punkt 13 (!) der vierzehn Punkte Wilsons (1918) forderte die „Errichtung eines souveränen polnischen Staates mit freiem Zugang zur See, und diese Forderung konnte nur auf Deutschlands Kosten, durch Abtretung Westpreußens, verwirklicht werden. Das Versailler Diktat vom 28. Juni 1919 zerstückelte denn auch unsere Heimatprovinz in vier Einzelteile: Es schuf den sogenannten „Polnischen Korridor", der eigenartigerweise die Gestalt eines springenden Wolfes zeigt, dessen weitaufgerissener Rachen das deutsche Danzig verschlingen will, den sogenannten „Freien Staat" Danzig, den Regierungsbezirk Westpreußen, der Ostpreußen einverleibt wurde, die Grenzmark Posen-Westpreußen, die zu Pommern kam. Im September 1939 erfolgte die Befreiung nach 20-jähriger Polentyrannei im Gegensatz zu dem friedlichen Rückerwerb durch Friedrich den Großen.

 

Und dann kam 1945, dass das beispiellose Unrecht von 1919 noch um ein Vielfaches vergrößerte. Europa kann nur dann zur Ruhe kommen, wenn wir Vertriebenen wieder in unserer Heimat sein werden, d. h. in einem deutschen Westpreußen.

 

Seite 10   Gerhard Keßler zum 70. Geburtstag

Am 24.08.1953, blickt der als Emeritus in Göttingen lebende aber unermüdlich als Universitätslehrer und Forscher wirkende Professor der Nationalökonomie Gerhard Kessler auf 7 Jahrzehnte seines Lebens zurück. Das ist für diesen immer tätigen und von geistiger Vitalität überquellenden Mann kein Anlass, sich zur Ruhe zu setzen, für alle die aber, die ihm als Gelehrten und akademischem Lehrer, als Sozialpolitiken als Wirtschaftshistoriker, Genealogen oder als Politiker begegnet sind, die gegebene Stunde, um seiner und seines vielfältigen Wirkens zu gedenken.

 

In Groß-Wilmdorf in Ostpreußen 1883 geboren, entstammt er einer 1732 mit den Salzburger Emigranten nach Ostpreußen eingewanderten Familie. Durch Verschwägerung reichen seine nachweisbaren Vorfahren noch weiter in die ostpreußische Geschichte zurück. Obwohl er später, nachdem sein Vater als Generalsuperintendent in die Reichshauptstadt gekommen war, in Berlin aufwuchs, hat er seiner ostpreußischen Heimat immer die Treue bewahrt. Dafür zeugen besonders seine Studien zur ostpreußischen Familiengeschichte, so sein Buch über „Die Familiennamen der ostpreußischen Salzburger", das er 1937 noch aus der Emigration bei einem Königsberger Verlage veröffentlichte. Das Geschichtsstudium brachte ihn bei Karl Bücher in Leipzig der Nationalökonomie nahe. Auf ihrem Felde hat ihn sehr früh die Sozialpolitik in ihrem Bann gezogen, die ihm nicht nur durch seine wissenschaftlichen Beiträge, sondern auch durch seine praktische Mitarbeit Wesentliches verdankt.

Seit 1905, dem Jahre seiner Promotion, war er in der Jugendpflege tätig, dann arbeitete er in der Schriftleitung der „Sozialen Praxis". 1908 bis 1910 war er Geschäftsführer der „Gesellschaft für soziale Reform". 1907 erschien sein Buch über die deutschen Arbeitgeberverbände, 1909 eine Abhandlung über die Nachtarbeit jugendlicher Arbeiter. 1911 habilitierte er sich mit einer Untersuchung über die Arbeitsnachweise der Arbeitgeberverbände an der TH Braunschweig, um schon 1912, 29-jährig, als Professor an die Universität Jena berufen zu werden. Hier hat er bis zum Jahre 1927, seiner Berufung nach Leipzig, eine sehr vielseitige Tätigkeit entfaltet. Er, der Nationalökonom, ist damals in Jena der erste gewesen, der an einer deutschen Hochschule Vorlesungen über Arbeitsrecht gehalten hat. Seit 1913 war er im Baugenossenschaftswesen, seit 1919 auch im Volkshochschulwesen tätig. Daneben bildete er eine große Zahl von Schülern heran, die ihm in besonderem Maße verbunden blieben. Nur selten hat ein Professor so seinen Studenten gelebt wie Keßler das allezeit getan hat, der stets bereit war, ihnen Zeit und Kraft ohne Rücksicht auf sich selbst zu opfern und zugleich sein umfassendes Wissen und die Gaben seiner Persönlichkeit zu verschenken.

 

Die 1927 erfolgte Übersiedlung nach Leipzig auf den nach Pohle's Tod verwaisten Lehrstuhl seiner Lehrers K. Bücher sollte für ihn schicksalhaft werden. Seine sozialpolitischen Arbeiten gingen weiter. Daneben aber machte er in der politisch gespannten Atmosphäre der großen Wirtschaftskrise von 1930 den Schritt in die politische Arena. Mit Geist, Witz und Sarkasmus führte er diesen Kampf. Die Nationalsozialisten hatten ihm diese seine Haltung sehr verdacht. So wurde er nach 1933 seines Amtes entsetzt und ins Gefängnis geworfen. Es bedurfte erst einer Intervention Hindenburgs, um ihn daraus zu befreien. Türkische Schüler hatten ihm inzwischen ein Asyl in der Türkei erwirkt. Er erhielt einen Lehrstuhl an der Universität Istanbul. Hier war er 18 Jahre lang bis zum Jahre 1951 tätig.

 

So sah er sich 50-jährig vor ganz neue Aufgaben gestellt. Er widmete sich nicht nur seinem neuen Lehramt mit der ihm eigentümlichen Intensität und erwarb sich bald das Vertrauen seiner türkischen Kollegen und Schüler, aber auch der dortigen Regierungsstellen.

Als dann aber der Krieg zu Ende gegangen war, hielt es ihn nicht länger in der Fremde. 1945 hatte ihm die Universität Leipzig den volkswirtschaftlichen Ehrendoktor verliehen. Nach Aufrichtung der kommunistischen Herrschaft in Sachsen konnte für ihn aber eine Rückkehr an die alte Wirkungsstätte nicht mehr in Frage kommen. So kam er 1950 zunächst auf ein Gastsemester nach Göttingen, um Ende 1951 nach Ablauf seines türkischen Vertrages ganz hierher überzusiedeln. Ihm ist der Abschied aus dem Lande, das ihm zweite Heimat wurde, nicht leicht gefallen. Dennoch zog es ihn nach Deutschland zurück, wo er neue Aufgaben vor sich sah. Ihnen hat er sich seither in Forschung und Lehre mit ganzer Kraft gewidmet.

Keßler ist nie ein Mensch gewesen, der versucht hätte, seinem Namen nach außen hin Geltung zu verschaffen. Sein umfassendes und profundes Wissen paart sich bei ihm mit einer natürlichen Bescheidenheit, aber auch der Bereitschaft für seine Überzeugungen bis zum Letzten einzutreten. In einem Zeitalter, in dem der Professor immer mehr ein Funktionär des Wissenschaftsbetriebes zu werden droht, sollte sein Beispiel allen Jüngeren eine ernste Mahnung sein. Dass ihm seine Schaffenskraft trotz zwei schwerer Krankheiten, die er aber glücklich überstand, noch recht lange erhalten bleiben möge, ist der Wunsch aller derer die um Keßlers segensreiches Wirken wissen und die seiner zu seinem Ehrentage gedenken.

Erich Eg???

 

Seite 10   Oenne Körch

De Emma Matull on de Lina Krakuhn,

Dät weere twee ohle Scharteke.

So wie disse beide fundst keine nich mehr,

On deedst ook meilewiet seeke.

Tohus, doa haude se rom möttem Schlorr

On schmeete möt Töpp on möt Emmer,

Doch huckde se eerscht önne Körchebank,

Denn weere se toahm wie de Lämmer.

Se huckde all ömmer e Stund värut

On kunnde nich feeh genug goahne,

On fing de Herr Pforr eerscht ot räde an,

Dänn huulde se soltige Troane.

So weer’t alle Sinndag. De Pfarr, dä rädt

Von Sinde on Buße on Leide,

Denn soppde de Troane tom Oppwösche foorts,

So huulde on griende dä beide.

Bloss eenem Sinndag, doa weer he verreist –

He leet söck e Wärtel teehne, -

Doa keem e Pfarr utem andere Därp,

Dat hadde dä twee nich gesehne.

He stund oppe Kanzel on rädt vonne Höll,

Von Busse on Strafe on Sinde,

E halwe Stund rein drelld he dat Woort

Dreemoal von värne on hinde.

On onse twee dä huulde söck ut

Wie ömmer ön Not on ön Quoale,

Doa kickd de Krakuhnsche möt eent önne Höcht

On mussd nu man Lofft eerscht hoale.

Denn sächt se: „Du, Emma, dat ös er joa nich,

Dat ös nich ons Pfarr, ons fromme!“

„Joa schiet“, sächt de Emma, de Oarm önne Sied,

„Wat griene wie denn wie de Domme!“

 

Seite 10   Zeugnisse aus sieben Jahrhunderten. Ausstellung „Kunst des deutschen Ostens“ vom 17.07. bis 16.08. in Frankfurt a. M.

Nachdem sich die in den letzten drei Jahren in verschiedenen Städten der Bundesrepublik vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen gezeigte Ausstellung „Deutsche Heimat im Osten" ständig erweiterte, ergab sich der Wunsch, den gesamten heute zugänglichen Bestand an Zeugnissen ostdeutscher Kunst in einer größeren Ausstellung zusammenzufassen. So entstand unter der Schirmherrschalt des Bundespräsidenten die vom 17. Juli bis 16. August in Frankfurt a. M. gezeigte Ausstellung „Kunst des Deutschen Ostens", die wiederum vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen veranstaltet wird und deren Kuratorium neben dem Frankfurter Oberbürgermeister Kolb und dem hessischen Ministerpräsidenten Zinn die Bundesminister Kaiser, Lehr, Lukaschek und Schäffer angehören.

„Wo die Menschen zum Schweigen verurteilt sind, da reden die Steine", so sagte Dr. Kolb in seiner Eröffnungsansprache vor zahlreichen Vertretern des Bundes, des Landes und der Stadt, der Kunst und Wissenschaft und der Vertriebenenorganisationen. Besonders deutlich mache gerade diese Ausstellung das Recht auf einen seit 700 Jahren von abendländischer deutscher Kultur bestimmten Boden, auf dem man mit Klugheit, Zähigkeit, aber auch mit Geduld bestehen müsse.

Zuvor sprach der Staatssekretär Im Bundesministerium für gesamtdeutsche Prägen, Franz Thedieck, von dem deutschen Charakter der den Vertriebenen vorläufig entzogenen Heimat und dem engen Verwachsen sein der ostdeutschen Kunst mit dem gesamten abendländischen Kulturkreis, „dem da ein blühender Zweig abgeschlagen" worden sei. Bei dieser Gelegenheit erhob Thedieck auch den Anspruch auf Rückgabe der noch vermissten Kunstwerke des deutschen Ostens, der bei einer gerechten Friedensregelung berücksichtigt werden müsse.

In seiner Festrede über die „Geistige Leistung des deutschen Ostens" zeichnete der Schriftsteller Paul Fechter die Verbindungen des deutschen Ostens zum Westen und damit zur gesamten abendländischen Kultur auf, sprach von dem Einfluss insbesondere der ostdeutschen Philosophie und Literatur und beschwor die großen Gestalten der Nation aus ostdeutscher Herkunft.

Das neuerbaute moderne Haus des Deutschen Kunsthandwerks auf dem Frankfurter Messegelände gibt den repräsentativen Rahmen für eine Ausstellung ostdeutscher Kunstwerte, die in ihrem Reichtum an zusammengetragenem Kulturgut für die besonderen Verhältnisse erstaunlich ist. Obwohl der größte Teil der Arbeiten ostdeutscher Künstler in der alten Heimat zurückgelassen werden musste oder in den Kriegs- und Nachkriegsjahren untergegangen ist, erlaubt doch die Ausstellung einen guten Einblick in die künstlerische Entwicklung des Gebietes zwischen Stettin, Königsberg und Breslau und der böhmischen, baltischen und donauschwäbischen Heimat. Sie bietet darüber hinaus manches, was sonst kaum oder gar nicht zugänglich ist, insbesondere aus dem Besitz der an dieser Ausstellung neben 30 öffentlichen Sammlungen beteiligten 40 privaten Leihgeber. Dass dagegen einige Lücken klaffen von dem, was sich zwar in Westdeutschland befindet, aber nicht nach Frankfurt gebracht werden konnte, weil es der Zustand dieser kostbaren Stücke nicht gestattete, wie beispielsweise die Glatzer Madonna, Pleydenwurffs Kreuzigung aus der Elisabethkirche in Breslau usw., versteht sich von selbst.

Das Schwergewicht liegt in der Zeit vor 1800. Da sind vor allem die Edelmetallschmiedearbeiten mit dem 1489 geschaffenen Silberreliquar von Bernt Notke und die Stücke aus dem Rigaer Schwarzhäupterschatz, diese nur stellvertretend genannt für eine große Anzahl von hervorragenden Arbeiten. Dann Beispiele ostdeutscher Holzplastik: Die Madonna auf dem Löwenthron (um 1360), die Mondsichelmadonna oder die westpreußische Schreinmadonna. Das Kunstgewerbe ist mit schlesischem und böhmischem Glas, Proskauer Fayencen und Bunzlauer Steingut, mit Seidendamasten, Brokaten und Knüpfteppichen vertreten. In der Malerei steht der Ostpreuße Michael Willmann mit einer guten Zusammenstellung von wenigen Werken „Beweinung'', „Susanne im Bade" und „Apotheose des Großen Kurfürsten" (ein Bild, das übrigens ostpreußische Flüchtlinge aus Königsberg retteten) typisch für den ostdeutschen Barock. Bei Namen, wie C D. Friedrich d. Gr., Adolph v. Menzel, Corinth, Moll, Otto Mueller, Käthe Kollwitz, Kubin, Camaro, Leistiko, Gerhard Fietz und Kanoldt wird dann die Verschmelzung von ostdeutscher und westdeutscher Kunst deutlich. Die neuere Plastik ist durch Joachim Karsch, Renée Sintenis und Bernhard Heiliger eindrucksvoll vertreten.

 

Gott arbeitete sechs Tage,

die Philosophen haben weder Tag noch Nacht Ruhe,

um die sehr gute, wenn eben nicht beste Welt

zum Chaos zu reformieren.

J. G. Hamann

 

Seite 11   Sommer im Bernsteinland. Von Alexis. III. Fortsetzung

Foto: Landschaft am Galtgarben-Alkgebirge

Foto: Weiher bei Mühle Mahnsfeld

Foto: Waldweg im Samland

Der Wagen war bis zum Fuß des eigentlichen so genannten Galtgarbischen Berges fortgerückt. Wir stiegen aus und gingen den gekrümmten Weg das heilige Dunkel hinan, welches majestätisch über uns in die Höhe sich türmte. Das Steigen wurde mühsam, aber die Hoffnung des Genusses erleichterte es. Ermüdung zwang mir endlich auf halbem Wege Stillstand und einen Rückblick auf die verlassene Gegend ab. Es war, als ob die Fee fata Morgana mit ihrem Zauberstabe die Gegend berührt hätte. Welch ein Blick in die Ferne. Was die glühende Phantasie eines Landschaftsmalers auf das Papier zaubert, stand hier vor meinen Augen verwirklichet. Ein buntes Gemisch der mannigfaltigsten Zusammensetzungen, Wälder, Berge, Wiesen, Kornäcker, Teiche, Bäche wechselten mit freundlichen Dörfern oder einer einsam gelegenen Hütte auf das angenehmste ab....

 

Wir warfen jetzt unsere Augen auf die Spitze, auf der wir standen. Erst jetzt ward ich gewahr, dass ich wenige Schritte vor einem wenigstens durch seine Schatten undurchschaubaren Abgrunde stand. Es war die östliche Seite des Berges, die steil wie eine Mauer in ein tiefes Tal hinablief, das von den dichtesten Bäumen beschattet wurde, von denen nicht einmal alle Gipfel bis an die Spitze des Berges reichten. Ein erhabener Anblick, der mit seinem ehrfurchtsvollen Schauer die Seele erfüllte. Gott! Wer hier hinuntergestürzt würde, welch schrecklicher Tod müsste er leiden. Sogleich versetzte meine überall geschäftige Phantasie mich an den tarpeischen Felsen nach Rom. .. ."

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als die historische Forschung überall im Aufblühen begriffen war, hat der Archivrat Faber die Überlieferungen über den Galtgarben in den Beiträgen zur Kunde Preußens zusammengefasst. Seine Feststellungen sind auch heute noch nicht überholt. Um ganz sicher zu gehn, unternahm er es sogar, die Fabel zu untersuchen, die von Rauch erzählt, der die Spitze des Berges bisweilen umziehn soll. Er beauftragte den zum Wächter des Landwehrkreuzes bestellten Veteranen (den man später fortjagte, weil er ein Taugenichts war) die merkwürdige Naturerscheinung an Ort und Stelle zu beobachten. Der Mann konnte aber nichts aussagen.

Wir selber fragten eine Anzahl von Leuten, die um den Galtgarben wohnen, wie es sich hiermit verhielte und ob sie den Berg als Wetteranzeiger betrachteten, dessen Ruf ihm früher anhaftete. Natürlich wusste kein Mensch von dergleichen und der schöne Name „Brausekopf" den uns Wald als ortsübliche Bezeichnung nennt, war allenthalben vergessen.

Ein Besitzer in Dallwehnen freilich behauptete, bisweilen, wenn schlechtes Wetter im Anzug sei, auf halber Höhe Nebel liegen zu sehen Es wird sich mit der Sache wohl so verhalten, wie mit dem berühmten Postkartenbarometer, den man früher in Papierhandlungen zu kaufen bekam. Darauf war ein Esel abgebildet, der zum Ärger der Kaiserlichen Post einen Schwanz in Gestalt einer Spirale von sich streckte. Unter ihm war zu lesen: „Wetterbarometer! Ist der Schwanz trocken — Schön Wetter! Ist er nass: Regen! Bewegt er sich: Wind!

Belustigend erscheint uns, wie die Besteigung des Berges einstmals als ernst zu nehmende Angelegenheit betrachtet wurde. Gerber, dessen Bericht wir lasen, ist noch nicht der Schlimmste. Höhe, Schroffheit und Wildnis werden in beredten Worten geschildert.

Der alte Hennenberger nennt den Galtgarben einen „hohen Berg auff Samlandt. Darum hat er ihn auch auf seiner berühmten Landtafel von Preußen, die 1576 erstmalig in Holzschnitt gedruckt erschien, durch einen gehörigen Buckel markiert. Auch der wissenschaftlich eingestellte Pisanski vermerkt mit Befriedigung, dass der „Möns Galgarbensis alle anderen in Preußen durch seine Höhe überragt Seine Beobachtung: „declivis ab altera parte et praeruptus" wird von fast allen späteren Schriftstellern nahezu wörtlich übernommen. Bock nennt demzufolge den Berg „auf der einen Seite steil und abschüssig", Wald schreibt, dass die Südwestseite ganz steil sei und dem Auge das „schauerliche Schauspiel eines unabsehbaren Abgrunds" gewähren würde, wenn sie nicht durch Bäume und Sträucher bewachsen wäre. Faber erzählt, dass „dichte Bäume und Gebüsche  den schauerlichen Abgrund verbergen", dass aber ein Pfad, „dem Mutigen nicht unerklimmbar" gebildet sei. Das war im Jahre 1820. Schade, dssß die Herren nicht den Anblick der Jugend von heute genießen können, die den Galtgarben jetzt zur Winterzeit bevölkert, um den wahrhaft schauerlichen Abgrund der Sprungschanze auf zwei Brettern vergnügt herunterzurutschen.

Multa bella gesta sunt contra gentem Sambitarum ... Uns beschäftigte der Ausspruch des Chronisten, dass hier um den Galtgarben ein streitbares Geschlecht gesessen habe, dessen Kämpen dem Fischhauser Bischof einmal auf die Pelle rückten, um seine unverteidigte Burg zu erstürmen. Die Rinauer, um die es sich handelt, konnten aber nichts ausrichten, weil sie die unverschlossene Pforte des Kastells nicht zu öffnen verstanden. Sie kannten die Technik des Riegels nicht, geradeso wie es noch uns bisweilen an fremden Gartenpforten geht.

Heute heißt Rinau Pojerstieten. Als wir dort einmal vorüberkamen, gewahrten wir, wie junge Leute mit Zaunlatten auf sich einschlugen. Der Fluch ihrer preußischen Altvorderen, deren Wohnsitze hier im Umkreis durch einen Vernichtungsfeldzug des Ordens nahezu entvölkert wurden, schien auf ihnen zu ruhn.

Vom Berggasthof Galtgarben führt die alte Fahrstraße durch ein entzückendes Tälchen nach Dallwehnen, das dem Alkgebirge zuerst die Bezeichnung „romantisch" eingetragen haben wird.

Tritt man aus dem Wald, erblickt man Cumehnen mit seinem stumpfen Kirchturm, der für das Dörfchen charakteristisch ist. Es unterscheidet sich von anderen Orten noch dadurch, dass es zwei richtige Kramläden enthält, in denen man die wundervollsten Dinge bekommt: Peitschenstiele, Holzpantoffeln, Stalllaternen, Barchentstoffe in allen Farben und Mustern, bedruckte Taschentücher und anderes mehr.

In der Taufkapelle der Kirche besehen wir uns das eigenartige Bild der kinderreichen Familie des Pfarrers Wilamovius. Dort befindet sich auch ein rührend geflicktes, silbernes Taufbecken, das jahrhundertelang in Gebrauch ist. Einen prachtvollen gotischen Kelch hat der Pfarrer in Verwahrung.

Die Decke der Kirche wurde in Anlehnung an die Neuroßgärter Kirche in Königsberg gebildet, nachdem die alte heruntergestürzt war, eine Überlieferung, die unter den Bauern noch heute lebendig ist. Selbst ähnliche Malereien wurden darauf aufgeführt. Der unterthänigsten Supplikation des Pfarrers vom 30. Mai 1695, die schadhafte Decke seiner Kirche ausbessern zu lassen, wurde nicht rechtzeitig stattgegeben, wiewohl er, um seiner Bitte Nachdruck zu verleihen, an den vorangegangenen kläglichen Einfall der Kirchen zu St. Albrecht in Tenkitten erinnert hatte.

Dieser geschah während eines Gottesdienstes. Es heißt, dass hierbei niemand zu Schaden kam, weil eine Mutter während der Predigt einem Kind das Leben schenkte, wodurch man der drohenden Gefahr noch rechtzeitig ansichtig wurde. Noch derber ist eine weitere Lesart des Volksmunds, der zufolge einen Mann ein Bedürfnis anwandelte. Draußen angelangt, bemerkte er, wie sich Risse in den Mauern gebildet hatten und nun warnte der Brave erst die Gemeinde, ehe er seinem dringenden Geschäft nachkam.

Eines Tages hatten wir den Zug nach Drugehnen versäumt. Da wir auf den nächsten nicht warten mochten, beschlossen wir, den kürzesten Weg, die Bahnstrecke, entlangzulaufen. Bis Tannenwalde konnten wir einen Vorortzug benutzen.

Als ich Dich wie eine Bachstelze von Schwelle zu Schwelle hüpfen sah, kam mir der Gedanke, Professor Bode ein ähnliches Übungsgelände für seine Schülerinnen als sichersten Weg zu Kraft und Schönheit in Vorschlag zu bringen.

Wiewohl die Beamten hierzulande nicht kleinlich sind, beschrieben wir um die Bahnhöfe jedes Mal einen Bogen. Man soll seinen Mitmenschen nicht allzu viel an Duldsamkeit zumuten. Wirklich, ihr tüchtigen Ausländer, die Ihr Euch so gern um uns kümmert — kommt her und staunt: die Preußen sind weit gemütlicher, als ihr Ruf. Wenn ihr in Königsberg über den Rasen lauft oder in gehobener Stimmung nachts durch die Straßen zieht, wird der Wachtmeister oft nichts sehen und hören, während er Euch in Dresden oder Stuttgart bestimmt aufschreibt. In Süddeutschland, wo doch nach Eurer Meinung die besseren Menschen wohnen sollen, schoss mir einmal ein Bahnwärter mit dem Karabiner nach, als ich auf der Strecke entlangbummelte. Zum Glück war es ein blinder Hesse.

Bei der Station Goldschmiede, wo wir die Straße überqueren, beginnt das Gefühl der Freiheit. Erst jetzt haben wir die Stadt völlig überwunden, das Land liegt vor uns und wir können den Galtgarben sehen. Dennoch stimmt uns eine Tafel nachdenklich, die in dem reizenden grünen Dreieck zur Linken für eine neue Landhauskolonie Stritkeim wirbt.

Nach welcher Richtung hin man die Stadt auch verlässt — überall sind Siedlungen geplant. Es wird noch so weit kommen, dass nach Berliner Muster Charlottenburg Charlotenburg wird. Dann werden die Geschäfte aus der Junkerstraße nach der Fuchsberger Allee umziehn.

Bei Gallhöfen treffen wir auf die erste samländische Windmühle. Leider sind diese schönen alten Baudenkmäler der Technik selten geworden. Es gibt Gegenden, aus denen sie nicht wegzudenken sind. Dennoch wird man ihnen in hundert Jahren nur noch hier und dort als staatlich geschützten Absonderheiten begegnen, wie heute schon auf dem alten Wall in Bremen. Kornfeld und Mühle gehören zusammen. Finden wir sie auf einem Bild, werden wir in angenehmer Weise an grundlegende Lebensnotwendigkeiten erinnert. Darauf beruht auch das Geheimnis, dass sich die Menschen immer wieder Stillleben mit allen möglichen leckeren Dingen an die Wand hängen.

Ich habe es mir immer gewünscht, einmal mitten durch ein Kornfeld zu gehn, um dem Wesen des Ackers und den Geheimnissen des Wachsens etwas abzulauschen und ich beneide den Rehbock, der dies ungestraft tun darf. Aber dieser Wunsch wird kaum je erfüllt werden. Die Welt der Erscheinungen mit dem Auge des Tiers zu betrachten, lernte ich im Krieg, wo man häufig gezwungen war, den Kopf dicht an die Erde zu schmiegen und in dieser Stellung viele Stunden zu verharren, wobei das scheinbar Bedeutungslose zum Erlebnis wurde.

Auf der Schüttung des Bahnkörpers finden wir einen Faustkeil aus Feuerstein, den ich in die Tasche stecke. Hoffentlich werde ich mich durch seine Aneignung nicht mit der Bahnverwaltung oder gar mit dem Prussia-Museum in Widerspruch setzen.

Mit Mednicken verknüpft uns eine liebe Erinnerung. Hier saßen wir einmal in einer sternenhellen Sommernacht und warteten auf den Zug. Da die Bänke auf dem Bahnsteig überall Spuren der gesegneten Verdauung des Federviehs aufwiesen, gingen wir hinter das Stationsgebäude, wohin uns der Bahnhofsvorsteher zwei Stühle herausbrachte. Zugleich sorgte er, dass wir, halbverschmachtet nach der heißen Wanderung uns an Selterwasser laben konnten, von der er zur Erquickung der Reisenden eine ganze Flaschenbatterie im Keller hielt.

Nun schauten wir auf den fernen Wald; die Illumination des Himmels verklärte unsere Herzen. Vor uns, im Getreide, spielten zwei kleine schwarze Miezekatzen. Bisweilen waren sie verschwunden, um mit funkelnden Augen im nächsten Augenblick wieder aufzutauchen und ihren samtenen Rücken an unseren Füßen zu streichen.

Mit dem Fortschreiten der Stunde belebte sich der Bahnsteig mit Heimkehrern. Einmal traten auch zwei junge Menschen hinter das Haus. Sie bemerkten uns nicht; wir aber hörten sie flüstern und sahen, wie der Mann das Mädchen küsste.

Dann kam von weither das Schnauben der Maschine. Wir hörten die Bremsen kreischen und den Schaffner Mednicken rufen. Als die Türen des Zugs zugeschlagen wurden, wussten wir beide, dass es keiner Worte bedurfte, sich des gegenseitigen Einverständnisses zum Bleiben zu vergewissern. Einmal nur im Jahr gibt es Nächte wie diese, so voller Wunder und Gnade. Einmal nur vermögen wir, ähnlich den Tagen frühester Kindheit traumhalt das Glück eines zeitlosen Augenblicks zu empfinden.

Von Mednicken lieben wir es, durch den Wald nach Tannenkrug zu gehen, wobei wir die verbotenen Wege empfehlen würden, wenn das statthaft wäre. Immer wieder, wenn wir hier aussteigen, bemerken wir, wie sich der Schwarm der Ausflügler nach Wargen bewegt, während wir die entgegengesetzte Richtung einschlagen.

Von unserem Feldwege haben wir einen schönen Fernblick auf den Galtgarben. Der Mittelgrund wird durch Weideland und Baumgruppen ausgefüllt. In dieser trefflichen Szenerie gewahrten wir einmal einen Elch, der die Bahn überquerend, gemächlich nach dem Wald trollte. Anfangs hatten wir ihn für ein Pferd gehalten, das aus seiner Koppel ausgebrochen war und wir fanden, dass die alte Bezeichnung „Pferdehirsch" recht zutreffend ist. Bei seiner fruchtlosen Verfolgung entdeckten wir den westlichen Ausläufer des Pilzenteichs. Es erweckt den Eindruck, als seien hier die umliegenden Wiesen durch einen anhaltenden Regen ertrunken. Das Wasser steht in der flachen Mulde, wie in einer Schüssel, die zum Überlaufen voll ist. Kein Wunder, dass sich die Wolken mit wunderbarer Klarheit darin spiegeln.

Der Pilzenkrug, den wir auf der Karte verzeichnet fanden und den unsere Vorstellung bereits mit leckeren Gerichten von Karpfen blau und Champignons gebildet hatte, suchten wir vergebens, bis man uns erzählte, dass er schon lange eingegangen sei. Im Mednicker Wald traf ich einmal zwei Mägdelein, die sich am Wegrand im hohen Gras die Glieder bräunen ließen. Da wir unweit dieser Stelle vor wenigen Wochen die Kreuzotter getötet hatten, hielt ich es für meine Pflicht, sie auf das Vorhandensein des giftigen Reptils in dieser Gegend aufmerksam zu machen. Mit einem doppelten „Huch" waren sie auf den Beinen, hatten ihr Stadtköfferchen an sich gerissen und stürzten davon, als sei der Böse hinter ihnen her. Das hatte ich wirklich nicht beabsichtigt! (Fortsetzung folgt)

 

Seite 12   Roggen = Aust / Von Carla von Bassewitz

Wenn hier in Westdeutschland schon die Felder kahl sind, dann wird bei uns in Ostpreußen erst geaustet – wenige Wochen vor Beginn der Kartoffel- und Rübenernte, die wiederum vor den Oktoberfrösten beendet sein muss. Alles drängt sich in der östlichen kurzen Wachstumsperiode zusammen und soll geschafft werden.

Unabsehbar dehnt sich um diese Zeit auf der Höhe über dem Pregeltal das wogende Roggenfeld wie ein großes Meer und wechselt die Farbe vom reinsten gelb zu grünlichen und rötlichen Tönen, je nachdem der Wind es streicht. Weder Knicks noch Hecken hindern den Blick in die Nachbarschläge und flachen Uferwiesen bis dahin, wo jenseits des glitzernden Flusses mit seinen Schleppern und Fischerkähnen die Friedrichsteiner Forsten wie ein schmales schwarzblaues Band am Himmel stehen.

Jetzt ist der dicke Langstrohroggen reif zum Hauen. Überall, wo die Binder gehen, reicht er den Pferden bis an die kleinen, edlen Köpfe und die spielenden Ohren, über ihrem fuchsrot und goldbraun glänzenden Fell, den hellbunten Kopftüchern der „Wiewersch", den weißen Hemden und Strohhüten der „Manns" liegt heißer Sonnenglast.

Wo ist wohl der Himmel so tiefblau, so wochenlang tiefblau wie bei uns zu Hause? Wo kann man den Zug der wandernden Wolken so unendlich weit verfolgen?

Die Pferde sind bei uns feiner und tiefer — die Wagen schwerer und länger als im Westen. Die Fuder werden vierspännig vom Sattel auf den Hof oder in die Feldscheune gefahren. Inzwischen gehen auf den abgeernteten Schlägen schon die Trecker, die alles flach schälen, ehe zum Herbst tief gepflügt wird. Scharenweise sammeln sich zwischen ihnen die Störche zu ihren Ratsversammlungen vor dem Abflug nach Süden. Unablässig laden die Männer und oben auf dem Fuder packen die Frauen und Mädchen. Das Weiterfahren von Hocke zu Hocke besorgen die kleinen „kiewiegen" Schuljungens — gut, dass man solche Steppkes hat, wer sollte das sonst machen? Es ist in dieser Agrarprovinz ein ungeschriebenes Gesetz, zu solchen wichtigen Arbeiten schulfrei zu geben für jeden, der die Mitarbeit nachweist. Ist das Fuder mit Baum und Kette festgezurrt, so wechselt der kleine Weiterfahrer auf das nächste Gespann über.

Wenn der Besitzer beim Abstaken an der Scheune abkömmlich und auf dem Felde nötiger ist, wird er bei seiner Ankunft „gebunden", d. h. die Frauen flechten ihm ein Seil aus Ähren um den Arm und er muss sich mit Schnaps oder Geld „loskaufen".

Und wenn dann in einer mächtigen Staubwolke das letzte Fuder die Lindenallee dem Hofe zugerollt ist — — dann kommen unsre fröhlichen Erntefeste!

Die ganze Nacht vorher hat die Besitzerfrau mit ihren Kindern, Mägden und grade anwesenden Gästen im Backhaus „Floade" gebacken, denn vom Tag vorher würden sie nicht schmecken — ganz frisch müssen sie sein! Warm und duftend stehen sie nun auf ihren Blechen und auf Plättbrettern überall herum, vor dem Backen mit Rübensirup bestrichen, der prachtvoll krümelt und wie Karamell schmeckt.

Im großen Waschkessel ist Kaffee gekocht und wird in Milchkannen auf den mit bunten Lampions und farbigen Papierbändern geschmückten Speicherboden geschafft, wo nachher getanzt werden soll, und wohin Bier und „weißer Korn" für die Manns schon geschafft wurden.

Ehe der Tanz beginnt, ziehen alle Arbeiter mit ihren Familien und Scharwerkern vor das Haus des Besitzers. Die Mädchen sagen Gedichte auf — steckenbleiben schadet gar nichts, denn wenn es weiter geht, merkt kein Mensch, ob ein Vers fehlt — und überreichen die Erntekrone, am Abend vorher gemeinsam unter Gesang und „Gequidder" geschmückt. Der Besitzer bekommt die größte, „de Fru" eine kleinere, beileibe nicht eine ebenso große wie ihr Mann, das wäre gegen jedes Herkommen — und die Kinder jedes einen runden Ährenkranz, alles mit Schleifen in fröhlichen, bunten Farben. Ist der Besitzer jung und erst verlobt, so erhält seine Braut einen ebensolchen Kranz wie seine Geschwister, denn sie ist ja noch nicht seine richtig getraute Frau, der nach dem Rechtsempfinden der Landleute allein eine Krone zukommt.

Dann werden die vorjährigen Erntekronen und Kränze, die in der Hausdiele hängen, heruntergenommen und feierlich die neuen aufgehängt. Da sollen sie das Jahr über auf uns niedersehen. Wenn wir zur Arbeit aus der Haustür treten und zum Feierabend in die Geborgenheit unsres Hauses heimkehren — wird der Luftzug sie bewegen und ihre trocknen Ähren und bunten Papierbänder werden leise zum Scheppern der alten Türglocke rascheln. Es wird wie eine Mahnung sein: Was du auch tust — gedenke der Ernte — auch der Ernte deines Lebens!

Dann geht die Familie mit ihren Arbeitern zum Fest. Es ist schlicht und ohne besonderen Luxus — Ostpreußen war immer ein sparsames und einfaches Land. Und doch wie fröhlich sind sie alle! Denn eine schwere Arbeit ist geschafft, einer großen Verantwortung sind sie ledig — „dat leewe Brotke" ist geborgen und gesichert. Und mit ihm nicht nur ihr Lohn und Leben, die Existenz des Betriebes, sondern auch die Versorgung Westdeutschlands mit Brotgetreide. Wenn auf den Höfen die Dreschmaschinen gegangen sind, wird es bald in endlosen Reihen von Eisenbahnwaggons in die westlichen Industriebezirke rollen, wird ehrwürdige Windmühlen aus alter Zeit, moderne kleine Wassermühlen und riesige mechanisierte Mahlwerke speisen. Brot wird erschwinglich sein, der Städter wird zu essen haben. Und ein Volk, das sich selbst ernähren kann, geht nie unter . . .

Wenn das Erntefest auf seinem Höhepunkt ist, tritt der Besitzer wohl einmal aus dem musik- und lärmerfüllten Raum hinaus in die scharfe, kühle Nachtluft. Er wirft seinen Blick zum sternklaren Himmel auf und sucht auf der Höhe das Licht des auch nachts arbeitenden Treckers, das wie ein Glühwürmchen über das dunkle Feld eilt. Klopfte der Motor nicht eben? Nein, es war ein Irrtum. Nichts ist zu hören, was falsch wäre an dem gleichmäßigen Geräusch. Die Linden der alten Allee flüstern, vom Pregel, der sich wie ein dunkles Band durch die Wiesen schlängelt, klingt melodisch abgestimmt der Gesang der Frösche unzertrennlich von einer ostpreußischen Sommernacht am Wasser. So wird Schlag sechs wohl morgen fertig geschält sein, ehe der Kalkammonsalpeter abgefahren und die Ferkel nach Berlin verladen werden müssen. Was soll noch alles erledigt sein, ehe spätestens am 17. September mit den Kartoffeln begonnen wird!

Für den Besitzer ist nie Feierabend. Er kennt keine Bürostunden, nach denen er seinen Schreibtisch abschließen kann. Nein, grade dort harren seiner abends außer Herdbuch, Hebeliste, Geschäftsbriefen noch eine Fülle von Gedankenarbeit — und oft muss er nachts aufstehen, wenn das anvertraute Leben von Mensch und Tier auf dem Hofe seiner bedarf. Im Osten wird er daher im Sprachgebrauch einfach „Besitzer" genannt. Besitz — das bedeutet Bürde des „immer-da-seins", des „immer-wach seins'' um das, was die Vorfahren erarbeitet haben, in höherer Kultur weiter zu geben an eigene Kinder - und zugleich zur Ernährung des Landes.

Und wie die Erde an seinen Sohlen hängt, so hängt er an der Erde mit unsichtbaren Fäden. Jeder Baum, jeder Strauch, den er pflanzte, und wachsen sieht, wächst mit in ihm selbst — jedes Stück Wild in seinem Walde, das er jahrelang schonte, kennt er — und dasselbe Storchenpaar baut jeden Frühling wieder auf seinem Dach ...

Wer eine solche Heimat verlor, Kann wohl nirgends mehr zu Hause sein — daran trägt er sein Leben lang — warum sollten wir diese Wahrheit verbergen? Aber sind darum seine Ernten viele Jahre vergebens gewesen?

 

Nein — niemals!

 

Denn wer der eigenen Erde treu war, ist von ihr in geheimnisvoller Weise geformt, und wird überall wertvoll sein und Gutes schaffen — wohin er auch verschlagen würde. Das ist der Segen der Heimat, der mit ihm geht - das ist die Ernte seines Lebens.

 

Seite 12   Brasiliens grünes Gold. Deutsche Farmer machten Mate-Tee weltbekannt

Jeder von uns kennt den Kaffee, den schwarzen Tee und deren Herkunftsländer. Fragt man dagegen — besonders unsere jüngere Generation — nach Mate-Tee, dann stößt man sehr oft auf Unkenntnis. Das ist bedauerlich, denn Mate hat sehr wertvolle Eigenschaften.

 

Schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts erforschten kolonisierende Jesuitenpater im heutigen Staate Santa Catharina die Eigenschaften des Mate, eines Teestrauches oder, besser gesagt, Teebaumes, denn er wird bis zu 8 m hoch. Diese Schöpler der ersten Mate-Kulturen hatten bei den matekauenden Indianern eine außerordentliche Zähigkeit und Widerstandskraft gegen Krankheiten festgestellt, während die Europäer oft und frühzeitig dem mörderischen Klima zum Opfer fielen. Im Gegensatz zu den Eingeborenen, die die Mateblätter kauten, ließen die Jesuiten die Teeblätter trocknen und stellten damit ein wohlschmeckendes Teegetränk her, welches dieselbe überraschend gute Wirkung hinsichtlich Leistungssteigerung und Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten hatte. Diese Erfahrung war der erste Auftakt zum Export des fertigen Mate-Tees nach Europa.

Nach Vertreibung der Jesuiten aus Südamerika gingen die Kulturen zugrunde, um zwei Jahrhunderte später wiedererweckt zu werden bis zu dem heutigen hohen Stand. Besonders deutsche Wissenschaftler waren es, die die Kultur des Mate ermöglichten. Dem Apotheker Neumann gelang es, durch jahrelange Beobachtungen und Forschungen die Möglichkeiten für einen Massenanbau zu schaffen. Bis dahin wusste man nicht, dass die Samen des Mate erst durch den Vogelmagen gehen mussten, um keimfähig zu werden.

Im Aussehen ähnelt der Matebaum dem uns bekannten Lorbeer. Seine dunkelgrünen Blätter liefern den Tee. Zu einer von der Regierung festgesetzten Zeit werden die dünneren Zweige mit der Machete geschlagen, gebündelt und über einem rauchlosen Feuer oder auch in Trommeln getrocknet (Darre). Nach gründlicher Entstaubung, Zerkleinerung und Siebung wird der Mate-Tee in Holzfässer abgepackt und geht nun in alle Welt. Jeder Matesendung liegt das Zertifikat eines beeidigten Chemikers des Instituto Do Mate, Rio de Janeiro, bei, womit staatlicherseits für Güte und Reinheit garantiert ist.

 

Die Nahrungsmittelchemiker und Ärzte wissen das Wesen des Mate-Tees, dieses Wundertranks aus Südamerika, zu erklären. Zunächst enthält Mate bedeutend weniger Gerbsäure als Kaffee und schwarzer Tee. Koffein, der im Kaffee und Tee wirksame Reiz- und Rauschstoff, bewirkt bekanntlich eine Erhöhung des Blutdrucks, wogegen das Matein den Blutdruck herabsetzt und somit auch von Kindern und Herzkranken, selbst abends, ausgezeichnet vertragen wird. Mate ist ein Feind der Körperschlacken, der Harnsäure vor allem, deshalb seine müdigkeitsfeindliche, belebende und leistungssteigernde Wirkung. Er wird von Rheumakranken und bei Gicht-, Leber- und Nierendispositionen bevorzugt, wie überhaupt von allen Personen, von denen beruflich oder auch sportlich große Leistungen verlangt werden. Nicht zuletzt wird Mate-Tee wegen seines feinen, aromatischen Geschmacks von Feinschmeckern geliebt. Ob mit Zucker, Zitrone, Cognac oder Rum, kalt oder warm, die erfrischende belebende Wirkung bleibt sich immer gleich.

Wenn wir nun noch wissen, dass Mate-Tee Steuer- und zollbegünstigt ist — er steht im Preis zum schwarzen Tee wie 6:20 —, dann ist zu wünschen, dass zu den Millionen Mate-Anhängern noch weitere hinzukommen im Interesse unserer Volksgesundheit, unseres Exportes nach Brasilien und nicht zuletzt auch im Interesse unserer ausgewanderten Landsleute, die z. Zt. ca. 70% aller Mate-Farmer ausmachen.

 

Seite 12   Landbriefträger Ernst Trostmann erzählt

Es ist uns gelungen, ein altes ostpreußisches Original aufzutreiben, den stellvertretenden Landbriefträger Ernst Trostmann aus Kamswutschen, Kreis Insterburg, der nun im Harzer Vorland wohnt. Er liebt das Lachen und möchte, dass wir Ostpreußen trotz allem wieder mitlachen und leichter über vieles Schwere hinwegkommen. Deshalb hat er sich auf unsere Bitte bereit erklärt, uns in jeder Ausgabe einen lustigen Plauderbrief zu schreiben. Er wird dabei von seiner neuen Umgebung erzählen, aber auch in alten Erinnerungen kramen. Nun, Sie werden ja sehen. Heute geben wir ihm zum ersten Mal das Wort. Die Schriftleitung

 

So, — nu huckt einer hier in Niedersachsen wie de Kneifzang aufe Ofentier oder wie der Pogg aufem Telegrafendraht. Das huckt sich nich scheen, aber was willst machen! Kannst doch nich gegnem Wind pusten! Kannst!! Aber es nitzt nuscht. Musst Dir damit abfinden und immer auf die kicken, wo noch schlechter hucken. Sonst wirst unzufrieden, ärgerst Dir de Plautz voll und kannst doch nuscht ändern. Sehn Se, in Ostpreißen war ich Landbriefträger z. A., das heiß nich zum Ausruhen, sondern zur Aushilfe. Eigentlich war ich Waldarbeiter inne Eichwalder Forst. Aber mein Kollege Raudschus, wo jeden Tag de Briefe auf fimf Dörfer austragen mißt, war öfters verhindert. Er trug e blaue Jack und e blaue Dienstmitz, und das schlug mindestens viermal inne Woch nach innen. Denn war er so blau, daß er nich mehr wußd, ob er Jung oder Mergell is. Versuchen Sie mal, in dem Zustand Briefe auszutragen! Das ging nich, deshalb holden se mir zu Hilfe. Mir ging ja auch nuscht ieber e anständgem ostpreißischem Kornus, aber immer mit Maaß, mit großem Maaß natierlich, meeqlichst dreisteckig. So war ich denn auch öfters blau, und wir mußden sich gegenseitig aushelfen. Wer konnd, der ging. Schlecht war bloß, wenn wir beide nich konnden, denn ging keiner, und denn mißd der Nachtwächter Endrissat de Tasch iebre Schulter hängen. Aber der konnd schlecht lesen. Deshalb schmiß er dem ganzen Pungel Briefe aufem Tisch und ließ aussuchen. Se glauben gar nich, was wir mit dem immer fier Aerger hädden. E kleines Hausche hädd ich auch und e Pochel im Stall. Und jetz! Jetz wohn ich mit meine Altsche bei einem Bauer inne kleine Stub. Wenn Dir vorne bickst und willst was auße Kommod rausnehmen, denn schmeißt hinten de Waschschissel um. Willst von eine Eck inne andre gehen, denn mußt Dir kreisweis verrenken wie e indische Bauchtänzerin, sonst kommst gar nich durch. Zehn Mark Miete bezahl ich fier die Kaburr. Der Bauer hat mir natierlich nich aus Menschenfreindlichkeit aufgenommen, sondern mit Zwangseinweisung vonnes Wohnungsamt. Nu können Se sich ja denken, daß er uns nich gerad mit Fahnen und Ehrenjungfrauen begrießt hat. Das erste, was er machd, war, daß er dem alten, blinden Spiegel im Hausflur mit Pappe zuklebd, daß wir ihm beim Reinkicken nich beschädigen sollden. Denn hat er das Husten verboten, und denn soldden wir nich soviel elektrisch verbrennen. Dabei haben wir bloß e kleine spiddrige Lamp, wo wir meist garnich anknipsen. Denn wenn se brennt, muß ich noch mitte Taschenlamp verstärken, sonst kann de Emma, so heiß meine Altsche, doch nuscht kicken, wenn se Strimpfe stoppt. Was soll ich noch viel reden. Se wissen ja selbst Bescheid, wie das so is, wenn einer als Flichtling zwangseingewiesen wird. Oder nich? Es giebt ja auch hier vernimftge Menschen, wo mit einem mitfiehlen, aber unser is e ganz besonderes Exemplar. Manchmal konnd einem rein der kalte Klops hochkommen und iebrem Schemisett kullern. Aber wir klemmden de Ohren an und waren still. Bloß wie er meind, wir sind Stoppelrussen und Pollacken, wir haben zu Haus mitte Schweine äußern Trog gefressen und erst hier Löffel und Gabel kennengelernt, da platzd mir doch der Gummikragen. Da hab ich ihm vleicht was erzählt. Vor Schreck lief ihm der Eintopf außes Maul, weil er vergaß, es zuzumachen. „Heernse",

sagd ich, „Ihnen mißd mal einer vom Hof jagen und mitte Wagenrung iebrem Kreiz hauen! Denn mißden Se im Schosseehgraben iebernachten, de Zehen abfrieren und drei Tag nuscht zu fressen kriegen. Denn könnden Se erst mireden!" Die Leite haben ja nuscht mitgemacht, hucken plästrig auf ihrem Hof und mästen sich e Bauch an, wo in keine Bix mehr paßt. Fier die sind wir ieberflissig wie der Dreck zu Fingsten. Nich alle natierlich, ich will nich ungerecht sein, schlechte Menschen giebt es ieberall, auch bei uns. Aber wenn einer so rumheert, hier und da, denn kriegt einer doch graue Haare vore Zeit, was einem da so alles erzählt wird. Na lassen se man, ich sag immer: Und wenn der ganze Schnee verbrennt! De Beime wachsen nich innem Himmel. Aber de Soforthilfe langt auch nich zum Leben. Der Geist is willig, sicher, aber das Fleisch is — zu wenig! Bezahlst de Miete und holst Dir jedem Sonntag e Virtelfundche „Mett", denn is am Fuffzehnten der Erste. Aber bloß in Deinem Portmanneeh, im Kalender noch lang nich. Denn kickst durche Röhr und schnallst dem Riemen drei Löcher enger. Sehn Se, ich mit meine 73 Jahre bin immer noch e Mordskerl. Ich könnd Beime ausreißen, und reiß auch, wenn es mal so paßt. Leider paßt es nich oft. Ich hab mir auch bei die Forst bemieht und bei die Post. Ieberall: „Zu alt!" Was heiß hier alt? Der Deiwel is alt, aber nich ich. Da fällt mir der Pasenau aus Klein Lenkischken ein. Kennen Se de Geschichte vom Pasenau? Fier alle Fälle will ich se schnell erzählen. Da war in Lenkischken e junger Mann, der hädd sich nach Berlin verheiratet. Nach 20 Jahre kam er mal in sein altes Dorfche und war nich mehr zu erkennen. Er kam als „Kurgast" und tat nu so, als wenn er niemals in Lenkischken gewesen war. Ganz auf Berlinisch angezogen, brasseld er mitte frisierte Freß, mit „ick" und „dett". Wie er nu spazierengeht, trifft er dem Pasenau beim Pfliegen. Leitselig redt er ihm an: „Na alter Herr, fällt Ihnen das Arbeiten noch gar nich schwer?" „I wo" meind der, „ich bin ja man erst 72, eß jedem Tag e Fund saurem Kumst auße Tonn und laß de Feif nich ausgehen. Dabei wird einer alt und merkt es gar nich." „Ja," sagd der Berliner, „Ostpreußen soll ja det Land sein, wo de Leute besonders alt werden, über Hundert und so. Stimmt denn det?" „Warum soll das nich stimmen! Mit 70 is hier noch keiner nich alt. Sehn Se, ich bin heite nich so ganz auf Deck, aber ich bin nich krank, ich hab bloß Aerger gehabt." „Wer hat Ihnen denn geärgert?" „Min Vater, der hat mir eins inne Freß gehauen und gesagt, ich wer Dir Lausejunge schon helfen!" „Ja, Moment mal, lebt denn Ihr Herr Vater noch? Wie alt ist er denn?" „Ach, der is ja man erst 94, er hat jung geheiratet." „Vierundneunzig! Donnerwetter, alle Achtung! Aber wie konnte denn der alte Herr so böse werden?" „Ich hab meinem Großvater seine Schnappsbuddel umgeschmissen und zerkloppt." „Aha, das war wohl ein wertvolles Andenken an den Herrn Jroßvater?" „Nei gar nich, der kippt jedem Tag orndlich einen hintre Bind, und ich hädd de Schnapsflasch nich gesehn." „Der Herr Jroßvater lebt auch noch?" „Sicher, der is vorgester 118 geworden." „Also nu hören Se uff! Se wollen mir wohl uffen Arm nehmen? 118 Jahre, nee, det jloob ick nich!" „Se brauchen ja nich zu glauben, aber wenn Se sich ieberzeigen wollen, fahren Se mitte Kleinbahn nach Insterburg und fragen Se dem alten Suprident vonne lutterische Kirch. Der wird Ihnen das bestätigen, denn der hat meinem Großvater getauft!" Denn knalld er einmal mitte Peitsch und ließ dem „Kurgast" stehen. Der war nu „bedient", wie se heite sagen, und das war auch richtig. Keiner soll vergessen, wo er herkommt, und wer nu noch aus Ostpreißen is, der soll besonders stolz darauf sein. Jedem Tag soll er damit anfangen, daß er dem lieben Gottche datier dankt und ihm bittet, ihm bald wieder inne alte Heimat zu schicken. Nei, was war das scheen zu Haus! Auf Kniee und Ellbogen will ich wieder hinkriechen, wenn es nich anders geht. — Ich bin e Gemietsmensch und sehr fier Völkerverständigung, aber wenn mir nochmal einer mit Stoppelruß und Pollack kommt, denn kriegt er eins gekleistert, daß ihm das Friestick außes Gesicht fällt. Das hab ich mir fest vorgenommen, und das fängt mir nu erst richtig an zu ärgern. Am liebsten mechd ich jetzt vor Boß e Kornus trinken, denn bin ich doch gleich wieder e andrer Mensch. Und der andre Mensch muß auch einem Kornus haben. Und denn sind alle gute Dinge drei, und denn geht das so weiter, Immer wieder is e Grund zum Trinken, das heert ieberhaupt nich mehr auf. Und denn is einer blau und kann keine Briefe nich mehr austragen, und denn muß der Endrissat ran. Aber wo is der Endrissat? Er liegt all untre Erd und bekickt sich die Radieschen von unten. Deshalb muß ich dem Kornus außem Wege gehen, leider! Aber denn auch wegen die Soforthilfe, die hat dafier nich aus! Womit ich mir fier heite verabschiede bis aufes nächste Mal!

Herzlichen Heimatgruß. Ernst Trostmann, Landbrieftrager z. A.

 

Seite 13   Eltern suchen ihre Kinder.

Tausende ostpreußische Eltern und Angehörige suchen noch immer ihre Kinder, die seit der Vertreibung aus der Heimat verschollen sind. Wer Auskunft geben kann, schreibe bitte sofort an den Kindersuchdienst Hamburg-Altona, Allee 125 unter Angebe von Namen, Vornamen, Geburtsdatum und Ort des Kindes sowie die gleichen Angaben der Angehörigen und ihrer Heimatanschrift von 1939, Landsleute, helft mit, das Schicksal der Vermissten aufzuklären!

 

Groß-Kuhren, Kreis Samland: die Geschwister Luick Hans, geb. 23.12.1934. Manfred, geb. 04.03.1936, Rudi, geb. 08.03.1939, von ihrem Vater Luick Emil, geb. 15.03.1902

 

Groß-Lüdtkenfürst, Kreis Heiligenbeil: Blumenthal, Willi, geb. 30.03.1938, von Blumenthal, Albert, geb. 19.10.1901. Willi Blumenthal befand sich im März 1947 in Schleichow (Pommern)

 

Kersten, Kreis Tilsit-Ragnit: Walter, Willy, geb. 20.05.1937, von seiner Mutter: Walter, Minna, geborene Fischer, geb. 28.02.1900

 

Klein-Barten, Kreis Samland: Skronn, Heinz, geb. 06.11.1934, und Skronn, Hildegard, geb. 21.06.1936, von ihrem Vater: Skronn, Otto, geb. 24.07.1898

 

Kolleschen, Kreis Heydekrug: die Geschwister Dilba, Sigrid, geb. 16.10.1933, Elly, geb. 07.10.1935, Gerd, geb. 22.08.1937, Edelgard, geb. 08.01.1939, und Edith, geb. 12.01.1940, von ihrem Vater: Dilba, Arthur, geb. 08.09.1906

 

Lötzen: Koschmierz, Siegfried, geb. im Juni 1934 in Friedland bei Bartenstein, von Gröning, Elise, geb. 20.06.1896

 

Mohrungen: Michaelis, Bruno, geb. 20.11.1933, von Huwald, Auguste, geb. 09.02.1909

 

Münsterberg, Kreis Heilsberg: Danilowski, Franz, geb. im Juni 1936, von seiner Tante: Osowska, Helena. Die Mutter: Barbara Danilowski, geborene Osowska, geb. 31.12.1914, und die Geschwister Hildegard, Stefan und Johann werden auch noch gesucht.

 

Neuhof, Post Trutenau, Kreis Samland: Kaufmann, Günter, geb. 06.06.1935 in Neuhof, von seinem Vater: Kaufmann, Otto

 

Osterode: Heruth, Helmut, geb. 1936, von seiner Mutter: Frau Heruth

 

Ortelsburg, Erich-Koch-Straße 3: Konegen, Reinhold, geb. 15.02.1933, und Konegen, Ruth, geb. 06.03.1938, von ihrer Mutter: Konegen, Maria, geb. 24.01.1913. Die Geschwister Konegen kamen auf dem Transport von Ortelsburg bei Groß-Blumenau, Kreis Samland, in Kampfhandlungen. Die Mutter der Kinder wurde schwer verwundet. Es ist möglich, dass Reinhold und Ruth Konegen gerettet worden sind und annehmen, ihre Mutter sei verstorben.

 

Paaris, Kreis Rastenburg: Kersch, Annegret, geb. 28.09.1944, von ihrer Mutter: Kersch, Edith, geb. 04.02.1918. Auf der Flucht von Paaris nach Rastenburg im Januar 1945 wurde die Mutter auf dem Bahnhof von Rastenburg verwundet und in das dortige Krankenhaus eingeliefert. Das Kind Annegret wurde gesund von der seinerzeit am Bahnhof diensttuenden NSV-Schwester, die angeblich aus Lötzen, Ostpreußen stammen soll, übernommen und später einer Gemeindeschwester in Rastenburg übergeben. Das Kind befand sich in einem elfenbeinfarbenen Kinderwagen. Wem sind die NSV-Schwestern aus Rastenburg bekannt und wer kann Auskunft über den Verbleib, beziehungsweise die frühere Anschrift angeben?

 

Seehöhe, Kreis Johannisburg: Pellny, Horst, geb. 26.10.1935, und Pellny, Erika, geb. 17.02.1940, von ihrer Mutter: Pellny, Maria, geborene Sablotny. Die Kinder befanden sich angeblich zuletzt in Bromberg in einem Kinderheim.

 

Spiegelberg, Kreis Allenstein: die Geschwister Kochanek, Erika, geb. 23.06.1935, Renate, geb. 06.09.1936, und Arno, geb. 13.01.1942, von Kochanek, Josef, geb. 05.08.1909

 

Uderwangen, Kreis Preußisch-Eylau: Lengwenings, Irmgard, geb. 27.06.1934 in Potsdam, von Lengwenings, Wilhelm, geb. 06.07.1908

 

Zargen, Kreis Wehlau: Schedler, Margarete, geb. 15.06.1935 in Stosen, von ihrem Vater: Schedler, Paul, geb. 09.10.1909. Margarete Schedler war mit ihrer Mutter nach Pommern evakuiert.

 

Zinten, Kreis Heiligenbeil, Buchmacherstraße 2: Hennig, Helmuth, geb. 21.07.1936, von seinem Vater: Hennig, Emil

 

Königsberg, Altstädtische Tränkgasse 2: Bartlewski, Günter, geb. 18.12.1935, von Bartlewski, Erich, geb. 28.03.1900. Günter Bartlewski befand sich im Januar 1945 in Bilshöfen, Kreis Heiligenbeil

 

Königsberg, An der alten Bastion 4: Bartsch, Anneliese, geb. 1939, von Bartsch, Richard, geb. 09.06.1912

 

Königsberg, Aweider-Allee 80: Stemke, Renate, geb. 15.01.1938, von ihrer Mutter: Stemke, Lieselotte, geb. 02.02.1914

 

Königsberg, Bergstraße 5: Peckies, Kurt, geb. 14.08.1936, von seiner Tante: Werner, Marie, geborene Petschat, geb. 01.11.1889

 

Königsberg, Bismarckstraße 1: Seifert, Waltraut, geb. 20.09.1935, und Seifert, Ilse, geb. 19.12.1940, von ihrem Bruder: Seifert, Otto, geb. 02.09.1927

 

Königsberg, Bismarckstraße 15: Justus, Helmut, geb. 11.10.1935, von Lorenz, Hildegard, geborene Justus, geb. 15.04.1925

 

Meine Anmerkung: Die Anzeige ist falsch. Der Schreiber scheint hier durcheinander gekommen zu sein). Königsberg: Blücherstraße 7: Ohneseit, Dieter, Bojahr, geb. 22.07.1905. Günter Reimann soll 1948 in der Nähe von Kaunas (Litauen) von dort ansässigen Bewohnern aufgenommen worden sei.

 

Königsberg, von-Brandt-Allee 16: Schröder, Marianne-Erika, geb. 06.04.1938, und Schröder, Claus-Eitel, geb. 02.07.1939, von ihrem Vater: Schröder, Eitelfritz

 

Königsberg, Friedenstraße 38: Bartlewski, Hannelore, geb. 02.09.1936, und Bartlewski, Reinhold, geb. 30.03.1941, von ihrem Vater: Bartlewski, Alfred, geb. 09.06.1906

 

Königsberg, Friedmannstraße 22a: Kroll, Hannelore, geb. 09.01.1937, von Kroll, Fritz, geb. 10.04.1903.

 

Königsberg, Gebauerstraße 3a: Riedemann, Marianne, geb. 23.08.1935, von Riedemann, Margarethe, geborene Komm, geb. 15.07.1914. Marianne Riedemann befand sich im Februar 1945 im Krankenhaus der Barmherzigkeit. Sie soll später mit einem Flüchtlingstransport nach Danzig gekommen sein.

 

Königsberg, Georgstraße 18: Petereit, Marianne, geb. 03.03.1942, von Petereit, Herbert, geb. 25.06.1915

 

Königsberg, Georgstraße 89: Spatke, Erika, geb. 18.05.1939, von ihrem Vater: Spatke, Bruno, geb. 09.07.1915

 

Königsberg, Gottschedtstraße 53: Thiel, Detlef, geb. 08.12.1938, von seinem Vater: Thiel, Willi, geb. 18.10.1912, Detlef Thiel befand sich im Oktober 1949 in Uderwanden bei Familie Wunderlich

 

Königsberg, Grollmannstraße 1: Philipp, Renate, geb. 14.09.1938, von Pfeil, Erna, geborene Neidenberger, geb. 12.02.1911

 

Königsberg, Haberger Schulstraße 8: Riemann, Heinz-Günther, geb. 01.05.1943, und Riemann, Christa, geb. 18.01.1945, von Riemann, Ernst, geb. 16.04.1911

 

Königsberg, Hartungstraße 32: Lokoschus, Brigitte, geb. 15.05.1936, und Lokoschus, Karl-Heinz, geb. 09.03.1937, von ihrer Großmutter: Lokoschus, Marie, geb. 07.01.1884

 

Angerburg, Bethesda-Anstalt, Kinderabteilung: Donowang, Günter, geb. 31.12.1937, und Donowang, Klaus, geb. 10.05.1939, von ihrem Vater: Donowang, Robert

 

Braunsberg, Flemingstraße 47: Assmann, Heinz, geb. 01.01.1934, und Assmann, Horst, geb. 01.05.1938, von Laudien, Hedwig, geborene Dedner, geb. 13.02.1910

 

Buttken, Kreis Treuburg: Kromm, Heinz, geb. 01.04.1933, und Kromm, Horst, geb. 18.10.1937, von ihrer Schwester: Kromm, Else, geb. 05.07.1926. Heinz und Horst Kromm sollen nach Dresden evakuiert worden sein.

 

Fischhausen, Langgasse 9: Possienke, Erika, geb. 1933 in Pillau, von Löwedey, Johanna, geborene Pätsch, geb. 08.02.1895

 

Fließdorf, Kreis Lyck: Albrecht, Hermann, geb. 12.10.1934, und Albrecht, Edith, geb. 05.08.1936, von ihrer Tante: Behnert, Emma, geborene Rokitta, geb. 12.12.1905

 

Franzrode, Kreis Labiau: Parakenings, Herbert, geb. 10.10.1937, von seinem Vater: Parakenings, Eduard, geb. 24.03.1904. Herbert befand sich zuletzt im Waisenhaus

 

Friedland, Kreis Bartenstein: Scheidereiter, Erhard, geb. 23.12.1934 in Hohenfelde, von Scheidereiter, Elisabeth, geb. 23.09.1909

 

Friedrichsfelde, Kreis Gumbinnen: Schäfer, Frieda, geb. 20.06.1933 in Grimmen, von Koslowski, Helene, geborene Schäfer, geb. 26.10.1919

 

Fuchsberg, Kreis Samland: Grötsch, Martin, geb. 19.11.1934, von seinem Vater: Grötsch, Ewald, geb. 27.07.1901, Martin Grötsch ist am 27.02.1945 vom Krankenhaus der Barmherzigkeit in Königsberg nach Pillau gebracht worden, um von dort mit einem Schiff weiterzufahren

 

Galgarben, Kreis Samland: Trunschel, Günter, geb. 1933, von seinem Onkel: Tiedemann, Fritz, geb. 23.09.1904

 

 

Germau, Kreis Samland: Schröder, Horst, geb. 10.09.1934 in Willkau, von Lietke, Frieda, geborene Roock, geb. 06.07.1920

 

Glanden bei Steffenwalde, Kreis Osterode: Rohde, Horst, geb. 15.04.1933 in Lehrwalde und Rohde, Ursula, geb. 31.05.1943, in Glanden, von ihrem Onkel: Rohde, Wilhelm, geb. 21.01.1891

 

Goldap, Blumenstraße 15 und 86: Polakowski, Gerhard, geb. 17.02.1933, von seiner Tante: Thiergart, Käthe, geborene Tesch, geb. 13.01.1918

 

Groß-Bössau, bei Rothfließ, Kreis Rössel: Schaffrinna, Franz, geb. 1933 in Wingoyen, von Winath, Agathe, geborene Schaffrinna, geb. 05.02.1904

 

Grünbaum, Kreis Elchniederung: Petter, Christel, geb. 1933 in Hinrichswalde, von Grätsch, August, geb. 03.03.1895

 

Gurbischken-Nettelhorst, Kreis Tilsit: Schmidt, Gerda, geb. 1933, von ihrem Onkel: Schmidt, Franz, geb. 05.06.1897

 

Guttstadt, Kreis Heilsberg, ehemalige Hermann-Göring-Straße 39: die Geschwister Bandel, Erwin, geb. 22.12.1934, Angela, geb. 06.09.1936, und Inge, geb. 24.08.1943, von ihrem Vater: Bandel, Josef, geb. 17.05.1911

 

Heiligenbeil, Herzog-Albrecht-Straße 7: Unruh, Waltraud, geb. im März 1934, von ihrer Großtante: Wilhelm, Johanna, geborene Pelikan, geb. 22.11.1884

 

Kahlholz, Kreis Heiligenbeil: die Geschwister Skielo, Günter, geb. 1935, Rudi, geb. 1937, Inge, geb. 1939, und Wolfgang, geb. 1941, von ihrem Vater: Skielo, Karl, geb. 14.04.1906. Die Kinder befanden sich zuletzt in Danzig und werden seit dem 15.01.1945 vermisst.

 

Klein Eschenbruch, Kreis Insterburg: Lembke, Gerda, geb. 25.05.1933, von ihrer Cousine: Schottlin, Hildegard, geb. 05.06.1930

 

Königsberg, Viehmarkt 12, bei Frau Kurschis, geborene Hasenbein: Donowang, Hildegard, geb. 24.09.1940, von ihrem Vater: Donowang, Roberg.

 

Neukuhren, Kreis Samland: Pahlke, Margot, geb. 03.12.1942, von ihrem Vater: Pahlke, Horst, geb. 17.04.1920. Margot Pahlke ist mit ihrer Mutter, Dora Pahlke auf der Flucht bis Swinemünde gekommen

 

Preußisch Eylau, Bärenwinkel 7: Rogeé, Wolf-Dietrich, geb. 24.02.1936 in Balzen, von seinem Vater: Rogeé, Werner, geb. 20.02.1902. Wolf-Dietrich Rogeé befand sich zuletzt in Preußisch-Eylau, Landsberger Straße, bei Frau Todtenhaupt

 

Reimannswalde, Kreis Treuburg: Weinert, Herbert, geb. 13.01.1933 in Berlin-Köpenick, von Weinert, Ella, geborene Orzepowski, geb. 21.05.1912

 

Tilsit: Stennull, Ingrid, geb. 07.12.1942, von ihrer Tante: Stennull, Herta, geb. 05.10.1924. Die Mutter des Kindes, Stennull, Meta, geb. 02.05.1922, wird auch noch gesucht

 

Königsberg, Kniprodestraße 5: Kurzbach, Ingrid, geb. 27.05.1943, von ihrem Vater: Kurzbach, Heinz, geb. 02.04.1916. Außerdem wird die Großmutter: Thaele, Alice, geb. 12.12.1889, gesucht. Großmutter und Kind wurden in den letzten Maitagen 1945 zuletzt auf dem Bahnhof Potsdam gesehen. Frau Thaele trug sich damals mit der Absicht nach Königsberg zurückzugehen.

 

Königsberg, Sackheimerstraße 120: Schwarzat, Renate, geb. 21.04.1936, und Schwazat, Joachim, geb. 28.02.1944, von ihrem Vater: Schwarzat, Fritz, geb. 10.05.1903. Die Kinder und die Mutter befanden sich auf der Flucht von Königsberg nach Pillau.

 

Königsberg-Kalgen, Bachweg 7: Wenk, Edeltraut, geb. 08.11.1942, von ihrem Vater: Wenk, Karl, geb. 14.07.1908. Edeltraut Wenk wurde am 24.02.1945 gemeinsam mit Erna Rautenberg, geb. 1935, aus Osterode, Ostpreußen, durch Erna Müller in das NSV-Kinderheim Heiligenbeil eingeliefert und wird seitdem vermisst. Wo befindet sich Erna Rautenberg, die eventuell Auskunft geben kann?

 

Königsberg-Löbenick, Oberbergstraße 10: Breuksch, Helga, geb. 03.05.1940, von ihrem Vater: Breuksch, Fritz. Helga Breuksch ist mit der Mutter nach Litauen gegangen und man vermutet, dass sie 1947 noch dort gewesen ist. Sie hat blaue Augen und blondes Haar.

 

Königsberg-Metgethen, ehemaliger Horst-Wessel-Weg 50: Philipp, Rosemarie, geb. 29.05.1941, von ihrem Vater: Philipp, Horst, geb. 10.06.1900. Die Mutter des Kindes, Käthe Philipp, ist am 14. Februar 1945 verstorben. Im September 1945 verstarb auch die Schwester, Ruth, geb. am 19.09.1935 in Königsberg-Metgethen. Rosemarie blieb mit ihrer Schwester, Ingrid, geb. am 27.09.1838, zusammen. Später wurden sie getrennt und Rosemarie kam wieder in das Waisenhaus Königsberg-Juditten. Sicherlich wird Rosemarie Philipp im Waisenhaus Ponarth von ihren Geschwistern erzählt haben. Sie hat blaue Augen und blondes Haar. Wer hat zuletzt Rosemarie im Waisenhaus betreut? Als besonderes Merkmal hat sie einen Handdurchschuss.

 

Königsberg, Ziegenweg 17: Klein, Günther, geb. 04.12.1936, Klein, Norbert, geb. im Mai 1937, von ihrem Vater: Klein, Karl.

 

Posegnick, Kreis Gerdauen: Wormuth, Bernhard, geb. 22.12.1939, von seinem Bruder: Wormuth, Gerhard. Bernhard befand sich zuletzt in Georgenfeld, Kreis Gerdauen.

 

Regeln, Kreis Lyck: Browarzyk, Gerda, geb. 15.05.1941, von ihrem Vater: Browarzyk, Ernst, geb. 28.10.1910. Gerda Browarzyk wurde am 19.01.1945 in das Marien-Krankenhaus in Allenstein, Ostpreußen, eingeliefert.

 

Schönlinde, Kreis Gerdauen: Herzmann, Christel, geb. 25.09.1933 in Mauenfelde, von ihrer Mutter: Rudolph, Erna, verwitwete Herzmann, geborene Kucklies. Bei Christel Herzmann befand sich der Bruder Rudi Herzmann, geb. 23.05.1932; sie sollen 1948 in der Gegend von Tauroggen (Litauen) gewesen sein.

 

Schützenau, Kreis Johannisburg: Schröder, Lisbeth, geb. 1933, Schröder, Else, geb. 1936 in Bochum, von ihrer Schwester: Schröder, Marta, geb. 07.09.1934

 

Siegenau, Kreis Johannisburg: Die Geschwister Garstka, Hellgard, geb. 10.12.1940, und Reni, geb. 24.01.1942, von ihrer Tante: Bogun, Anna, geborene Papies, geb. 04.10.1913

 

Tapiau, Kreis Wehlau: Dahms, Waltraut, geb. 24.02.1938, von ihrer Mutter: Beckmann, Margarete, verwitwete Dahms, geb. 03.04.1911. Das Kind befand sich zuletzt bei seinen Großeltern, Rudolf Hoff, geboren am 12. Dezember 1886 in Tapiau, Königsberger Straße 4a. Die Großeltern flüchteten mit dem Kind und einer Tante desselben, Erika Hoff, sowie deren Sohn, Reini Hoff, von Pillau aus mit dem Schiff „Karlsruhe“, das am 30. April 1945 torpediert und versenkt wurde. Der Großvater des Kindes konnte gerettet werden, während von dem Kind und den anderern Personen jede Spur fehlt.

 

Tapiau, Rentenstraße 12: Grunwald, Eva, geb. 31.10.1933, und Grunwald, Günter, geb. 08.02.1933 in Legitten, von ihrer Schwester: Kriehn, Charlotte, geborene Grunwald

 

Tilsit, am Teich: die Geschwister Kirpschus, Brigitte, geb. 14.03.1934, Gerhard, geb. 27.08.1935, und Ingrid, geb. 08.10.1936, von Krips, Margareteh, geborene Kirpschus, geb. 30.11.1894

 

Nr. 13:   Heimkehrer-Aussagen über Vermisste. Wer kennt die Angehörigen?

Heimkehrer haben beim Suchdienst Aussagen über Vermisste gemacht. Die Angehörigen dieser Vermissten konnten bisher nicht ermittelt werden. Erkennen Sie aus den nachstehend aufgeführten Personalangaben einen der Vermissten und können Sie Auskunft über dessen Angehörige geben? Helfen auch Sie, die Angehörigen ausfindig zu machen. Jede zutreffende Meldung bedeutet ein geklärtes Vermisstenschicksal! Geben Sie Ihren Hinweis zur Auffindung der Angehörigen bitte unverzüglich unter Angabe der Befragungsnummer der Liste (jeweils am Ende der Suchanzeige) an das Deutsche Rote Kreuz, Suchdienst München, Abt. Nachforschungsstelle für Wehrmachtsvermisste München 13, Infanteriestraße 7a

 

Schwarzmüller, Peter, geb. etwa 1900, Polizeileutnant aus Königsberg – 3/1081

 

Schwartz, Ernst, geb. 30.10.1925, Gefr., aus Höhenwerda, Kreis Ortelsbrug – GB 1570

 

Schwesig, Albert, aus Ostpreußen – S3/681

 

Schmidt, Emil, verh. Uffz., Musiker, aus Königsberg – 3a/6053

 

Schmidt, Gustav, geb. 1911, verh., Obergefr., Schlosser, aus Ostpreußen – 3/2394

 

Schmiedt, Heinz, geb. 18.12.1926, Pionier, aus Nousobrost, Kreis Gerdauen (Vater: Ewald) – GB 1505

 

Thamm, Vorn. unbekannt, verh. Hauptfeldwebel, aus Ostpreußen – 3/3567

 

Tchortz, Samuel, aus Hamerudau, Kreis Ortelsburg – 3/5096

 

Temp, Vorname unbekannt, geb. etwa 1895, verh., Major, bei der Polizei, aus Königsberg – 3/1267

 

Tiefensee, Eberhard, geb. 28.06.1925, Gefreiter aus Rastenburg – GB 1690

 

Thiel, Paul, geb. 19.04.1912, Uffz., aus Hase, Ostpreußen – GB 1674

 

Tillmann, Willi, geb. 1924, Soldat, aus Klein-Lugers, Insterburg – 3a/li. 11

 

Tietje, Vorname unbekannt, geb. etwa 1886, verh., Angestellter, aus Tilsit – 3/5268

 

Tietke, Horst, geb. 23.03.1927, Gefr., Schüler, aus Pillau – GB 1692

 

Thorz, Johann, geb. etwa 1896, verh., aus Ostpreußen – 3/5687

 

Troyan, Vorname unbekannt, verh. Maurer, aus Sensburg oder Sössel – 3/3819

 

Troppka, Erich, geb. 10.10.1917, Feldwebel, aus Liebenberg, Kreis Ortelsburg (Vater: Adolf) – GB 1796

 

Tummerscheit, Lothar, geb, 26.06.1927, Panzergrenadier, aus Gerslinden bei Tilsit (Mutter: Lina) – GB1807

 

Urban, Paul, geb. etwa 1913, verh., fünf Kinder, aus Allenstein, Langeseestraße 9 – 3a/1622

 

Veit, Paul, geb. 22.10.1909, Obergefr., aus Königsberg, Hindenburgstraße 47 (Ehefrau: Toni) – GB 1838

 

Volkmann, Vorname unbekannt, ??au, verh., aus Ostpreußen – 3/3624

 

Warstadt, Vorname unbekannt, ledig, Uffz., Student, aus Gumbinnen – 3/4632

 

Weber, Vorname unbekannt, ledig, Obergefr., aus Ostpreußen – 3/5325

 

Weiler, Vorname unbekannt, verh. Oberst, aktiv, aus Ostpreußen – GB 4192

 

Welz, Hans, geb. 15.02.1910, Uffz., aus Königsberg, Am Hufeisen 49 (Ehefrau: Margarete) – GB 1936

 

Weghöfer, Horst, Vorname unbekannt, geb. 1929, aus Ostpreußen – 3/5642

 

Wenzlaff, Vorname unbek., geb. etwa 1914, verh. Oberleutnant, vermutlich aus Ostpreußen – S3/4487

 

Wermter, Adolf, geb. 30.11.1922, Obergefr., aus Heinrichau, Kreis Braunsberg – 3/5095

 

Wesky, Vorname unbek., verh. Obergefr., aus Königsberg – S3/4804

 

Wesslowski, Josef, geb. 01.09.1926, Soldat, aus Lautern, Kreis Rössel – GB1960

 

Seliger oder Seeliger, Vorname unbek., geb. etwa 1924, ledig, Schütze, war in der Landwirtschaft tätig, aus Ostpreußen – 3/2767

 

Seemann, Kurt, geb. etwa 1900, verh., Gefr., Arbeiter aus Königsberg, Yorkstraße – 3/1992

 

Sender, vermutl. Valentin, verh. Stabsgefr., aus dem Kreis Allenstein – 3/2105

 

Senser, Gustav, geb. 1907, verh., Polizeiangehöriger, vermutlich aus Ostpreußen – 3/1995

 

Sylla, Vorname unbek., geb. etwa 1911, Offizier, aus Ostpreußen – 3/2004

 

Simmering, Gerhard, ledig, Hauptmann, aus Allenstein – 3/1997

 

Siroka, Bruno, geb. etwa 1905, verh., Kinder, Ufz., Kraftfahrer in einer Brauerei, aus Saatzen oder Laatzen, Ostpreußen – 3/3093

 

Skodlis, Heinrich, verh., Feldwebel, Landwirt aus Willkischken, Kreis Tilsit-Ragnit – 3/1998

 

Skorzyk, Helmut, geb. 04.04.1905, Wachtmeister, aus Königsberg, Langgasse 8 – G B 1443

 

Smailus, Richard, geb. 08.12.1915, Soldat aus Tilsit-Schallgallen, Waldweg 17 (Vater: August) – 3/1999

 

Smora, Vorname unbek., geb. etwa 1895, verh. 2 oder 3 Kinder, Gefr., Landwirt, aus Treuburg – 3/1999

 

Spoha, Erich, verh. Bäckermeister, aus Königsberg-Kalthof, Hermann-Göring-Straße – 3/2002

 

Sprang, Otto, geb. etwa 1890, verh., Oberfeldwebel, Landwirt, aus Elsgrund, Kreis Goldap – 3/2002

 

Springer, Vorname unbek., geb. etwa 1909, Schweinehändler, aus Königsberg, Nasser Garten 36 – 3/2003

 

Suchanek, Franz, geb. etwa 1908, verh., aus Rössel, vermutlich Danziger Straße – 3/2003

 

Sudau, Vorname unbek., geb. 1907, verh., 2 Kinder, Sanitätsgefr., Landwirt, aus der Nähe von Gumbinnen – 3/2003

 

Suppliet, Adolf, geb. etwa 1874, ledig, Textilkaufmann, aus Palmnicken – 3/2003

 

Swakowski, Albert, geb. etwa 1902, verh., Straßenbahnfahrer, aus Königsberg-Rosenau, Rosenauer oder Speicherstraße – 3/2004

 

Stabelow, Wilhelm, geb. etwa 1908, verh., 3 Kinder, Obergefr., Schmiedemeister aus Ostpreußen – 3/2146

 

Stankewitz, Herbert, geb. etwa 1922, ledig, Leutnant, Schüler, aus Ostpreußen – 3/2592

 

Stankowitz, Vorname unbek., geb. etwa 1906, verh. 5 Kinder, Gefr. Oder Obergefr., landw. Arbeiter, vermutlich aus Ostpreußen – 3/2035

 

Stark, Herbert, geb. 27.05.1927, ledig, Obergefr., aus Marienthal, Ostpreußen (Vater: Emil) – 3/3080

 

Stein, Robert. geb. etwa 1900, verh., Obergefr., Arbeiter, aus Buschdorf, Ostpreußen – 3/2037

 

Steiner, Franz, geb., etwa 1895, verh. Reichsbahn-Rangieraufseher, aus Königsberg, Unterhaberberg 8a – 3a/1231

 

Stiegard, Vorname, unbek., geb. etwa 1901, verh., vermutl. Landwirt aus der Gegend von Königsberg – 3a/483

 

Stiege, Theodor, geb. etwa 1898, verh., Volkssturmmann, Bauer, aus Trempen, Kreis Angerapp – 3a/1338

 

Stolz, Erich, geb. etwa 1897, verh. Soldat, Förster, aus Elchniederung, Kreis Tilsit – 3a/1468

 

Stragis, Franz, geb. etwa 1892, verh., Eisenbahner, aus Zollteich, Kreis Goldap – 3a/616

 

Schäfer, Willi, geb. etwa 1913, ledig, Fleischer aus Tilsit – 3/2889

 

Schäffler, Vorname unbek., geb. etwa 1909, verh. Hauptfeldwebel aktiv, aus Königsberg, Yorkstraße – 3/2005

 

Scheibe, Paula, geborene Aussra, geb. etwa 1913, verh., aus Schroop, bei Marienburg – 3/2007

 

Schreiber, Klara, geb. 1916, aus Allenstein – 3a/691

 

Schenk, Kurt, verh. Uffz., vermutlich Büroangestellter, aus Allenstein – 3/2008

 

Scherner, Horst, geb. etwa 1912, verh., Reisevertreter, Oberzahlmeister, aus Königsberg – 3/2008

 

Schifner, Willi, ledig, Landwirt aus Ostpreußen – 3/2009

 

Schilasko, Gustav, geb. etwa 1903, verh., 2 Kinder, Uffz., Kraftfahrer aus Goldap – 3/2009

 

Schiermann, Kurt, geb. etwa 1923, ledig, Obergefr., war im Baufach beschäftigt, aus Königsberg – 3/2008

 

Schieschonka, Fritz, geb. etwa 1912, verh., Melker aus der Nähe von Tilsit – 3a/1136

 

Schlupp, Heinz, geb. etwa 1916, Wachtmeister, aus Königsberg – 3/3367

 

Schmeier, Paul, verh., Obergefr., aus Mühlhausen, Ostpreußen, Königsgrätzerstraße 5 (Ehefrau: Martha) – 3a/73

 

Schmeer, Gustav, geb. 1901, verh., Soldat, Landwirt aus Allenstein – 3/2260

 

Schmidt, Karl, Oberleutnant, aus Allenstein – 3/2015

 

Schmidgeit, Wilhelm-Karl, geb. 14.05.1911, verh., Obermaat, Maschinenschlosser, aus Königsberg, Spandiessen 3 (Ehefrau: Rosi) – 3/2013

 

Schottes, August, geb. etwa 1897, verh., Uffz. aus Karkeln, Kreis Elchniederung – 3/2030

 

Schultz, Erich, geb. etwa 1905, verh., Stabswachtmeister, aus der Gegend von Elbing – 3/2023

 

Schwark, Erna, geb. 1929, ledig, Hausangestellte, aus Klein Gnie, Kreis Gerdauen – 3/2027

 

Tallareck, Vorname unbek., geb. etwa 1900, ledig, Oberwachtmeister der Gendarmerie, aus Neidenburg – 3a/1110

 

Tau, Oskar, verh., 7 – 8 Kinder, Melker, aus der Nähe von Grünhagen, Kreis Preußisch Holland – 3a/1245

 

Taulin, Walter, geb. etwa 1913, verh., Oberfeldwebel, Buchhändler aus Königsberg – 3/2814

 

Tetzlaff, Joachim, geb. etwa 1930, Schüler, aus Osterode, Wilhelmstraße -3/2045

 

Tietz, Vorname unbek., geb. 1906, verh. Landwirt, aus Gr. Mönsdorf, Kreis Rössel – 3/2048

 

Thomas, Vorname unbek., geb. etwa 1925, ledig, Soldat, Bauer, aus Allenstein – 3a/1516

 

van Treek, Herbert, geb. 16.12.1918, verh. Oberfeldwebel, aus Königsberg, Kalkhöfschenstraße 13 (Ehefrau: Evi) – 3/2975

 

Triegsmann, Otto, geb. etwa 1904, verh., 2 Töchter, Arbeiter, aus Witbold, bei Königsberg – 3a/1530

 

Tuchna, Karl, Uffz. aus Ostpreußen – 3/2379

 

Vogel, vermutlich Gerhard, geb. 1928, ledig, Soldat, aus Pr.-Eylau – 3a/911

 

Vogelmann, Ernst, geb. 1908, verh., 2 Kinder, Obergefr. Dachdecker aus Königsberg – 3/2195

 

Waldhauer, Rudi, geb. etwa 1908, verh., Kinder, Obergefr., aus dem Landbezirk Königsberg – 3/2061

 

Walter, Vorname unbek, geb. etwa 1920, ledig, Obergefr., aus der Nähe von Korschen – 3a/1564

 

Wegener, Waldemar, geb. etwa 1924, ledig, vermutlich aus Ostpreußen – 3a/1477

 

Weiss, Vorname unbek., geb. etwa 1900, verh., Uffz., Musiklehrer, aus Königsberg-Juditten – 3/5214

 

Widbrock, Vorname unbek., geb. etwa 1908, verh., 3 Kinder, Uffz., Rechtsanwalt, aus Königsberg – 3/2146

 

Will, Vorname unbek., geb. etwa 1926, ledig, Schütze, Bäcker, aus Königsberg – 3/2710

 

Seite 14    Ostpreußens „Bienenmutter“ 70 Jahre alt

Foto: Frau Erna Siebert-Corben

Am 6. September 1953, feiert in Hannover ihren siebzigsten Geburtstag Frau Erna Siebert, geb. v. Reckow, Corben im Samland — die langjährige Vorsitzende des Provinzialverbandes Ostpreußischer Landwirtschaftlicher Hausfrauenvereine und des Aufsichtsrates ihrer Verkaufsstellengenossenschaft.

 

Für uns, die wir im Osten bodenständig waren, ist dies nicht nur der Ehrentag einer der Unseren. Auch das wäre schon viel. Nein — der Rückblick auf dies nicht leichte, aber gesegnete Leben wird für uns, die der biblische Wolf „erhascht und zerstreut hat wie Schafe“, zu einem gegenwärtigen, letzten Stück Heimatgeschichte.

 

Freilich gehört dazu der Mensch, der sich mit Leib und Seele — mit Haut und Haar der Heimat verschreibt, — und ein Land, dessen Zauber niemanden loslässt, der einmal dort festgewachsen ist.

 

Frau Siebert kam im Jahre 1900 jung, tatendurstig und voller Ideale in dieses Land. Eine neu errichtete Heimstätte auf neuerworbenem Grund und Boden hatte sie — siebzehnjähriges Soldatenkind aus dem Rheinland — nun erst mit Seele zu erfüllen. Ob dies leichter oder schwerer war als das schon bestehende feste Gefüge der L.H.V. (Landwirtschaftlichen Hausfrauenvereine) auszubauen und fortschrittlicher zu gestalten — wer will das entscheiden? Als wir jüngeren Landfrauen sie kennenlernten — in den Jahren 1921 bis 1923 — hatte sie soeben aus den Händen von Frau Elisabeth Boehm, der Schöpferin der L.H.V., den von dieser gegründeten Provinzialverband als ihre erkorene Nachfolgerin übernommen.

 

Frau Boehm hatte lange darunter gelitten, dass die mühselige Arbeit der Landfrau, die größere Vielseitigkeit und Spezialkenntnisse verlangt als mancher andere Beruf — als etwas Selbstverständliches und Nebensächliches — ja mit gewisser Nichtachtung angesehen wurde. Die übliche Redewendung: „Der Mann ernährt die Frau" — als ob nur die Außenwirtschaft, nicht aber die Rentabilität von Garten, Geflügelzucht und Haushalt für das Gedeihen des ganzen Besitzes wertvoll sei, konnte sie in Aufruhr bringen. Sie nahm sich vor, der Arbeit der Landfrau die Anerkennung als Beruf zu erkämpfen. 1898 gründete sie in ihrer Kreisstadt, bald danach in Cranz und Königsberg die ersten L.H.V. mit angeschlossenen Verkaufsstellen. In diesen sollten zwar alle Erzeugnisse der ländlichen Innenwirtschaft verwertet werden — aber sie mussten sich qualitativ verbessern, um allgemeine Anerkennung zu verdienen. Hierzu war nötig, die schon erfahrenen Landfrauen durch Lehrgänge weiterzubilden und ihnen die Hilfsmittel moderner Technik nahe zu bringen. Ebenso wichtig war, die gründliche Ausbildung des Nachwuchses an Hausfrauen und Hilfskräften durch Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer zu erreichen.

 

1905 hatte Frau Boehm die L.H.V. zum Provinzialverband Ostpreußen zusammengefasst, der all diese Aufgaben zentral erleichtern sollte, und sie damit dem Preußischen Landesverband und dem Reichsverband angeschlossen. Im Überschwang ihrer Begeisterung und Energie hatte sie für „die Arbeit der Landfrau als Beruf", Keimzelle und Dach geschaffen. Sie mussten nun unterbaut und ausgestaltet werden — und eben dies haben wir späteren Jahrgänge unter Frau Siebert erlebt.

 

Welche Fülle von Arbeit enthielten schon die sieben Jahre von 1923 bis 1930!

 

„Die Münzstraße", wie unsere gute alte Königsberger Verkaufsstelle kurz genannt wurde, reichte für den anwachsenden Lieferantenkreis und die Nachfrage der städtischen Hausfrauen nach den Landerzeugnissen nicht mehr aus. Es mussten mehr Läden dazu genommen werden, vor allem „die Hufen" in Nähe der Vorstadtvillen des wohlhabenden Königsberger Publikums. „Die Münzstraße" wurde durch Umbau bis zum Schlossteich herunter erweitert. Wer von uns saß nicht gelegentlich unserer unermüdlichen Verkaufsstellenleiterin Frau Bruhn gegenüber in ihrem freundlichen Büro mit dem Blick durch alte Bäume auf das glitzernde Wasser — oder bekam von unserer energischen Frau Marckwardt hier selbst zu hören, dass die Preise, die man für seine Lieferungen erhalten hatte, durchaus hoch genug seien!!

 

Neben neuen Verkaufsstellen entstanden in vielen Städten und Flecken Ostpreußens rein kulturelle „kleine Vereine", die einige Dörfer und Höfe oder einen kleinen Ort mit den umliegenden Wirtschaften zur fachlichen Anregung und Vertiefung ihres beruflichen Ethos umfassten.

 

Ein wesentliches Ziel der L.H.V. war neben der Zusammenarbeit von Klein- und Großgrundbesitz auch der Einschluss aller nicht besitzlichen ländlich interessierten Kreise. So gehörten die Frauen der Bäcker, Lehrer, Ärzte, Tierärzte, Gastwirte, Apotheker, Fleischer und Schmiede der Dörfer dazu. Und wie sie teilnahmen! Während die Besitzerfrauen ihre Erfahrungen mit Aufzucht von Kleinvieh zum Besten gaben, hielten die Lehrer Vorträge sowohl über Bienenzucht wie auch heimatliche Dichter und geschichtliche Entwicklung des Tagungsortes. Drei Beraterinnen für Hauswirtschaft, Garten und Geflügel wurden durch den Provinzialverband auf Lehrgängen weitergebildet und berichteten darüber in den Sitzungen. Bald besaß der Verein seine Gartenspritze, welche die Runde in den Obstgärten der Mitglieder machte, eine kleine Bibliothek mit Lehrbüchern und Rezepten für Spritz- und Düngemittel. Mancher baute nach modernen Erfahrungen seinen Geflügelstall mit geringen Mitteln sauber und luftig um.

 

Und die Ausstellungen, zu denen jedes Mitglied brachte, was es erarbeitet hatte: von der feinen Stickerei bis zum Angorakaninchen, von der zarten Rauchwurst bis zum übergroßen Selleriekopf — ganz zu schweigen von Käfigen voll prachtvoll entwickeltem Zuchtgeflügel und selbstgewebten Handtüchern nach Großmutters Grätenmustern. Zu dem Stolz auf eigene Leistungen kam Freude an der täglichen Arbeit, kam nachbarlicher Austausch an Erfahrungen, kam Zusammenhalt und Überbrückung der Kluften von verschiedener Morgenzahl oder „gar keinen" Morgen!

 

Auch für Freude wurde gesorgt: Ausflüge in benachbarte Gärten und gute Wirtschaften, Sommerfeste und Adventsfeiern mit kerzen- und tannengrüngeschmückten Tischen, mit lebenden Bildern aus der Heiligen Geschichte mit „ortseigenen" Chören von Kindern und Angestellten der Mitglieder. Jeder machte mit. Ja, es war doch schön . . . Jeder Verein hatte seinen eigenen Ritus. Nur die Richtlinien lagen fest: die L.H.V. waren überparteilich, aber kirchlich und in ihrer Einstellung zum Grundbesitz konservativ. Alles, was sie anstrebten, diente der Erhaltung des Besitzes in den Familien — in logischer Konsequenz auch in Bezug auf die Siedler unter den Mitgliedern.

 

Und wieviel geschah ebenfalls für die größeren Besitze und die Rentabilität ihrer Innenwirtschaften! Der Provinzialverband hatte die Unterstützung der Landwirtschaftskammer. Wie interessiert ging Professor Meyer, ein Mann aus der Praxis, auf jede Geflügelhaltung und ihre besonders gelagerten Verhältnisse ein! Seine Ratschläge, die darin gipfelten, möglichst wirtschaftseigene Erzeugnisse zu verfüttern, aber den Nährwert zu ergänzen — vorhandene Möglichkeiten ohne teure Neuerungen auszunutzen, aber mit Licht, Luft und Sauberkeit nie zu sparen —, gaben auch dem kritischen Hausherrn keinen Anlass zum Ärger über ihre so beratenen Frauen. Zudem vergoldete sein herzhafter Humor jede berufliche Besprechung.

 

Unermüdlich war Direktor Hildebrandt von der Gärtnerlehranstalt Tapiau für uns bemüht, neue winterharte Obstsorten auszuprobieren und erst zu empfehlen, wenn sie wirklich durchhielten — und genügend trugen. Gartengeräte wie Hand- und Pferdeharken, Eisenträger für transportable, aus Mistbeetfenstern selbst zusammenzusetzende Gewächshäuser — Oco-Öfchen zum Verdunsten von Sauerstoff, die jeder Gutsschmied nacharbeiten konnte. Spritz- und Düngemittel — wieviel praktischen Nutzen haben unsere Gärten von dieser zuverlässigen Versuchsstelle gehabt! Wie notwendig war uns Fortschrittlichkeit in unserer klimatisch so schwierigen Provinz mit ihren langen, harten Wintern und kurzen Wachstumsperioden! Wie intensiv mussten wir wirtschaften, um sie auszugleichen! So kam es, dass wir auf manchen Gebieten moderner waren als Westdeutschland . . .

 

In ganz besonderer Weise nahm sich die Referentin für Frauenarbeit an der Landwirtschaftskammer, Freiin von Gayl, der L.H.V. an. Es ist nicht mit Zahlen oder Worten zu beweisen, wieviel diese ihrem klaren Blick verdankten; aber es war überall spürbar. Sie tat weit mehr, als nur die Förderung des Nachwuchses, die ihr spezielles Gebiet war — und ist aus dem Bilde der großen Arbeit nicht wegzudenken!

 

Es ist hier nicht möglich, auf all die treuen Mitarbeiterinnen einzugehen, die Frau Siebert in diesem weitverzweigten Unternehmen halfen. Wir kannten sie alle, und keine wird vergessen. Es verringert nicht das Verdienst solcher tätigen Frauen, dass Frau Siebert es verstand, sie heranzuziehen und ihnen auf dem geeigneten Platz auch freie Hand zu lassen. Dies ist die Kardinaltugend aller Menschen in leitender Stellung. Ebenfalls war es fraglos der Eindruck ihrer Persönlichkeit, dass die amtlichen Stellen sich der Bestrebungen der L.H.V. annahmen. Sie verstand es, ihnen die Bedeutung „der Sache" klar zu machen. Man konnte sich ihrem Linfluss nicht entziehen. Denn hinter der Sache stand — der Mensch!

 

Frau Siebert fehlte nie auf den Ausflügen und Besichtigungen mit Bus und Dampfer — zum Botanischen Garten, zur Blindenanstalt mit ihren riesigen Werkstätten für Haushaltwaren — nach dem 2000-jährigen Schloss Holstein in seinem alten Garten am Weiten Haff zwischen Wiesen voll leuchtenden, violetten Schaumkraut . . .

 

Ihre Leitung der Sitzungen war eine meisterhafte menschliche Leistung. Immer führte sie die öfters hochgehenden Wogen der Debatte zur Sache zurück. Ihr ceterum censeo war: „Stellen Sie die Sache über die Person!" Wir wussten, dass es ihr manchmal schwer geworden ist, gegen alte bewährte Mitglieder, die ihr nahe standen, zu entscheiden — oder auch die Versumpfung entscheiden zu lassen. Es geschah bei ihr nicht aus der kühlen Sachlichkeit der Herzlosen, sondern aus der Erkenntnis, dass man manchmal gegen die Regungen des Herzens entscheiden muss, um einer Sache zu dienen. Die Sache war wiederum nicht nur der Verein — sondern er verkörperte hier nur, was sie ganz erfüllte: den Dienst an der Heimat!

 

Sie war viel herumgekommen, und das mit innerem Nutzen: sie hatte den weiten Blick für größere Zusammenhänge. Und wenn sie ihre Mitglieder nicht mitreißen konnte — wenn diese im Alltag und in Kleinlichkeiten stecken blieben, so nannte sie das: ,,Es menschelt!" Es gab auch solche, die zu fortschrittlich waren, die jedes neue Gerät besitzen, jede neue Methode selbst ausprobieren wollten, und das trägt kein normaler Gutshaushalt. Dagegen setzte Frau Siebert ihr ständiges „Erst genau berechnen, ob es sich lohnt! Liebe Landfrauen — vergessen Sie nie — den Bleistift!!" Was sich nach ihrer Einstellung aber immer lohnen musste, war der Einkauf unseres gesamten Bedarfs in Ostpreußen selbst, wenn auch in Berlin manches um einige Pfennige billiger sei. „Wir müssen der Provinz die uns ernährt, auch zu verdienen geben!“ Ebenso betonte sie, dass die Vereinsarbeit und auch die Wirtschaft uns nie von der Familie abziehen dürfe. „Für die Schularbeiten der Kinder müsse auch die eifrigste Hausfrau Zeit haben", sagte sie wiederholt.

 

Dass von den fortbildenden und kulturellen Aufgaben der L. H. V. die Verkaufsstellen allmählich abgeteilt und auf andere Grundlagen geführt werden müssten, erkannte sie mit scharfem Blick. 1930 bildete sie die Verkaufsstellengenossenschaft E.G.m.b.H., schloss sie Raiffeisen an und übernahm den Vorsitz des Aufsichtsrates. Wie weise auch in von uns noch nicht geahnter Hinsicht dieser Schritt gewesen war, erwies sich 1933.

 

Die nationalsozialistische Regierung zerschlug das Werk von 35 Jahren und nahezu zwei Generationen fähiger, im Wirtschaftsleben stehender Frauen, die als Wahrzeichen die Biene trugen, um das Wesen dieses stillen, fleißigen Geschöpfes in ihrer Arbeit auszudrücken und setzte nichts an dessen Stelle. Die vielen Worte, dass der Reichsnährstand diese Aufgaben übernähme, bewahrheiteten sich nicht. Einige schwache Ansätze, Sitzungen einzuberufen und den Landfrauen „von oben" befohlene, für die jeweils örtlichen Verhältnisse ungeeignete Richtlinien zu geben, halfen nichts und förderten niemanden. Der Mensch lässt sich nicht zentral regieren, er will seinen eigenen Kreis und persönliche Berührungspunkte. Besonders die Frau.

 

Die L. H. V. waren organisch gewachsen aus dem freiwilligen Interesse aller Beteiligten. Sie hatten ein Vakuum ausgefüllt, das nun aufs Neue gähnte. Die Schreiberin dieser Zeilen ist seinerzeit im Omnibus und auf der Straße von einfachen Besitzerfrauen statt aller Begrüßung mit Tränen in den Augen gefragt worden: „Können wir unseren Verein nicht wiederbekommen? Was haben wir da alles gelernt — und wie gemütlich und schön war es immer!"

 

An die Verkaufsstellengenossenschaft konnte die neue Regierung nicht heran. Raiffeisen aufzulösen, war innerhalb der bestehenden deutschen Wirtschaft nicht möglich. So blieb für alle diejenigen, die Anteilscheine der Genossenschaft besaßen, ein kleiner, letzter Rest des Zusammenhalts, eine wehmütige Erinnerung an die große gemeinsame Aufgabe: die Förderung der heimatlichen Wirtschaft — in den genossenschaftlichen Versammlungen. Die warmen, nachdenklichen Augen unserer Vorsitzenden schienen jede von uns wortlos zu durchdringen mit der Frage: „Tust Du weiterhin Deine Pflicht an der Heimat?"

 

Nach dem Wahrzeichen der L. H. V. hatte sie sich oft unsere „Bienenmutter" genannt. Es zeigte sich auch jetzt, wie sehr bei all ihrer klugen Sachlichkeit das Herz der Frau in all ihren Unternehmungen geschlagen hatte. Ohne dieses hätte ihr Einfluss nicht existiert noch hätte er gedauert, als ein so großer Teil ihres Werkes schon vernichtet war.

 

Aber er dauerte, und war so stark, dass die Schreiberin dieser Zeilen, welche in der Heimat durch Familie und Betrieb ein so reiches, ausgefülltes Leben hatte, dass sie nicht gänzlich in Vereinsarbeit aufging — nach der Flucht nicht anders konnte, als mit ihren Freunden zugleich ihre „Bienenmutter" zu suchen. Sie fand sie, als noch kaum die Post funktionierte, und mit ihr ein Stück Heimatgeist, wie er uns alle ergreift, wenn wir jetzt wieder mit ihr zusammen sind.

 

Vielleicht missbilligen einige Leserinnen „von damals" die heutige Betrachtung, als sei bei der Würdigung ihrer Persönlichkeit zu viel von ihrem Werk die Rede gewesen. Aber ist nicht ihr Werk ein unzertrennlicher Teil ihrer selbst? Und warum sollen unsere Werke uns denn nur „nachfolgen", und nicht schon zu Lebzeiten das Menschenherz die tiefe innere Freude erfahren, dass alles Gute, das gesät ist, tausendfältig aufgeht auch wenn ein Teil von Dornen und Disteln erstickt wurde? Nein — das dürfen wir niemandem vorenthalten!

 

So zücken wir denn den Bleistift, den sie uns so oft empfahl, — und berechnen, was wir uns noch versagen könnten, um in unserer etwas kläglichen finanziellen Lage ab und an eine Fahrt nach Hannover herauszubekommen. An solchen Tagen war da in einer Ruine zwischen Schutthaufen zu einer kleinen behaglichen Stube immer eine Tür offen. In einer Zeit der Unzuverlässigkeit und Unsicherheit eine offene Tür! Man konnte einfach hineingehen!! Und da fanden wir, was der Mensch in guten und glücklichen Tagen nicht entbehren kann, in schlechten aber erst recht nicht, um sich für sein Tagewerk zu stärken — den weiten Blick und das warme Herz!

 

Gott erhalte es uns noch viele Jahre!

Carla v. Bassewitz

 

Seite 14   Das Gebet der Ostpreußen

Berlin. Eine Gemeinde von den in der Heimat verbliebenen bzw. dort zur Zwangsoption für Polen veranlassten Ostpreußen, versammelt sich regelmäßig zu Andachts- und Gebetsstunden. Ein Mitglied dieser Gemeinde teilte seinen Angehörigen den Wortlaut eines der Gebete mit, in welchen die tiefe seelische und materielle Not dieser verfolgten und unterdruckten Deutschen ihren Ausdruck findet:

Beschütze uns, die Geschwister und Verwandten, o Herr, vor Aussiedlung, Plünderung, Beraubung, Lagerung (gemeint ist die Einlieferung in Straf- oder Konzentrationslager), Untersuchungshaft, Deportation, Flucht, Tötung und Unfall. Lass uns ein gesundes, zufriedenes Leben führen mit unseren Familien, einen Verdienst finden, dass wir unsere Familien nähren und kleiden und von den Mitmenschen nicht verachtet werden. Versöhne uns mit den Mitmenschen, wandle, o Herr, den Hass und die Lüge. Lass uns Barmherzigkeit üben und Deine Wohltaten, o Herr, erkennen und danken. Beschütze uns vor Hunger, Kälte, Durst und Hitze. Lass uns gesunden, damit wir anderen helfen können. Du, o Herr, nahmst Krankheit und Schmerz auf Dich und durch Deine Wunden sind wir geheilt Amen.

 

Seite 14   Ein Heger und Pfleger. Zum 80. Geburtstag von Friedrich von Knobloch-Friedrichsburg

Foto: Herr und Frau Knobloch in Friedrichsburg mit zwei Enkelkindern

Am 10. Juli 1953, beging Friedrich v. Knobloch Friedrichsburg, Kreis Labiau seinen 80. Geburtstag. Die Bärwalder Begüterungen, am hohen Ufer der Deime, zwischen Wehlau und Tapiau gelegen, kamen nach dem Siebenjährigen Krieg in den Besitz der Familie v. Knobloch. Der Vater von Friedrich v. K. war sehr misstrauisch gegenüber allen Neuerungen, so dass er in seinen Begüterungen bis zu seinem Tode den autarken Betriebscharakter möglichst aufrecht zu erhalten suchte. Wald, Jagd, Fischerei, Wasser- und Windmühle, Sandgruben und Ziegelei, Brennerei und Brauerei, das Ansammeln der ausgepflügten Steine zu Steinzäunen zwischen Weiden und Feldern, Hausteiche mit Fischzucht und Bienenstöcke im Garten, das alles wurde so lange wie möglich aufrecht erhalten, wenn es auch nicht mehr rentabel war. Auf dem milden Boden gab es selten eine Fehlernte und die Deime-Wiesen lieferten schönes Futter für die große Herde und die heranwachsenden Remonten. Seine beiden Söhne hatten nach seinem Tode ein weites Feld der Betätigung, um alles der neuen Zeit anzugleichen. Sie teilten um die Jahrhundertwende den Besitz in zwei selbständige Güter, Bärwalde und Friedrichsburg, die angesammelten Steine waren eine gute Sparbüchse gewesen, ihr Erlös deckte die Kosten der Meliorierung. Die Kultur kam auf einen hohen Stand, Vieh- und Pferdebestand wuchs und veredelte sich. Nach dem Tode des älteren Bruders fiel der ganze Besitz an Friedrich von Knobloch, dem aus seiner Ehe mit Magarete Rosenow-Brandenburg fünf Söhne und eine Tochter erwachsen waren. Die beiden ältesten leisteten dem Vater vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges bereits Hilfe. Dann traten vier von ihnen ins Heer. Der älteste verunglückte tödlich mit dem Auto, der zweite fiel bei Stalingrad — so lag, bis zum traurigen Ende, im Jahre 1945, die ganze Arbeit wieder auf den Schultern der Eltern. Doch es gelang Friedrich v. Knobloch Ertrag und Bestand dauernd zu erhöhen, so dass er sein Gut in dessen höchster Blüte verlassen musste. Alle Trecks wurden überholt, und er fand, mittellos, Unterkunft in einer Giebelstube in Bad Schwartau, die heute noch das Heim des Ehepaares ist, während ein Sohn in der Ostzone, einer im Schwarzwald und der dritte in Kanada um ihre Existenz arbeiten. Der Lebensmut ist aber nicht gebrochen, und das alte Paar sieht der goldenen Hochzeit am Anfang des nächsten Jahres freudig entgegen, bei welcher Gelegenheit es hofft zwölf Familien der Landarbeiter des Gutes begrüßen zu können. Das Charakteristikum des Mannes ist: Ein Heger und Pfleger.

 

Seite 15   Familienanzeigen

Wir betrauern tief das Ableben unserer Corpsbrüder: Eisenbahndirektionspräsident i. R. Richard v. Schaewen, aktiv S.S. 87, gestorben am 17.11.1952 zu Frankfurt/Main; Direktor der medizinischen Universitätsklinik und Ordinarius für innere Medizin an der Universität Münster, Professor Dr. med. Fritz Schellong, aktiv S. S. 12, gestorben am 18.01.1953 zu Münster/Westf.; Wilhelm Schimmelpfennig, aktiv W.S. 94/94, gestorben am 07.04.1953 zu Berlin. Der Altherrenverband der Masuren.

 

Erst heute erfuhr ich das Hinscheiden unserer lieben, guten Frau Emma Rockel. Sie starb am 27.10.1952 bei ihrer Tochter in Niederheckenbach (Rheinl.-Pfalz). Wir alle, die wir beim Bahnhofsdienst in Braunsberg waren, werden das Andenken dieser immer tapferen, immer fröhlichen, echt ostpreußischen Frau hoch in Ehren halten. Ihre Einsatz- und ihre Hilfsbereitschaft waren vorbildlich. Für alle DRK-Schwestern und Bahnhofsmütter von Braunschweig: Frida Busch. 20. Juli 1953

 

Seite 16   Das gab es nur daheim: Mit dem Schiff über Land.

2 Fotos: Bahnhof oder Dampferanlegestelle, das ist hier die Frage? – An der geneigten Ebene bei Buchwalde

Foto: Der Oberländische Kanal – ein Paradies auch für Wasserwanderer

3 Fotos: Ein Dampfer fährt in den noch unter Wasser stehenden Transportwagen – Gegenwagen und Transportwagen begegnen sich auf der abfallenden Ebene – Die Maschinenanlage sorgt für den Transport über die geneigten Ebenen.

Aufnahmen: Doerk, Hannibal, Schumacher

Verkehrskuriositäten über die man ungläubig den Kopf schüttelt, wenn man sie nicht selber kennengelernt hat, gibt es verschiedener Art auf unserer vielgestaltigen Erde. Mit dem Schiff über Land aber konnte man nur in Ostpreußen fahren, und zwar in dem wald- und wasserreichen Oberland, das der masurischen Seenplatte an landschaftlicher Schönheit kaum nachsteht. Diese in ihrer Eigenart nicht zu überbietende verkehrstechnische Merkwürdigkeit, die ein an das Wasser gebundenes Fahrzeug seinem Element entzieht und es ihm ermöglicht, sich auf dem Trockenen fortzubewegen, ist jedoch nicht – wie man annehmen könnte – eine Errungenschaft der neuesten Zeit, sondern schon fast ein Jahrhundert alt und steht mit dem Oberländischen Kanal in Zusammenhang.

 

Wer nie in Ostpreußen war, kennt den Oberländischen Kanal wohl kaum dem Namen nach. Dieser künstliche Wasserweg, der in der Zeit von 1844 bis 1860 erbaut wurde, verbindet unter Ausnutzung der oberländischen Seen die ursprünglich westpreußischen Städte Elbing und Deutsch-Eylau miteinander und zweigt zwei Nebenarme nach den ostpreußischen Städten Saalfeld und Osterode ab. Er ist so angelegt, dass sein 82 Kilometer langes Kanalbett in der herrlichen Seenkette eine schiffbare Wasserstrecke von 176 Kilometer erschließt, die vor der Vertreibung der Deutschen aus dem Osten für die Land- und Forstwirtschaft des Oberlandes von großer Wichtigkeit war, um Holz, Getreide und Kartoffeln nach der Hafenstadt Elbing zu verschiffen und Steinkohlen und Düngemittel von dort heranzuschaffen.

 

Als diese Wasserverbindung zwischen dem Oberland und der Ostsee geplant wurde, stand die damalige Technik vor einer ebenso schwierigen wie kostspieligen Aufgabe. Da die oberländischen Seen bis zu über hundert Meter über dem Wasserspiegel liegen, der Drausensee in der Elbinger Ebene aber nur einen Meter hoch liegt, musste ein Höhenunterschied von ungefähr hundert Meter überwunden werden. Hierfür wären nahezu dreißig Schleusen erforderlich gewesen. Unter diesen Voraussetzungen hätte die Verwirklichung des Kanalprojektes jedoch wenig Nutzen gehabt.

 

Der geniale Schöpfer des Oberländischen Kanals, Baurat Steenken, suchte deshalb nach einer anderen Lösung und fand den ebenso eigenartigen wie wagemutigen Ausweg, der die ostpreußische Landschaft um eine einzigartige Verkehrskuriosität bereicherte. Er verzichtete darauf, den Höhenunterschied in der üblichen Weise durch die Errichtung von Schleusen zu überwinden und entschloss sich zu dem kühnen Vorhaben, die Schiffe an einigen Stellen über Land fahren zu lassen. Zwischen dem Pinnausee und dem Drausensee legte er fünf sogenannte „geneigte Ebenen“ an, auf denen die Schiffe, ganz gleich, ob sie leer oder beladen waren, per Achse von einer Wasserfläche nach der anderen fahren sollten.

 

Die je nach der Fahrtrichtung bergauf oder bergab führende Schiffsreise auf dem Lande ging praktisch folgendermaßen vor sich: Wo zwischen zwei Kanalstrecken ein Höhenunterschied von 13 bis 24 Meter bewältigt werden muss, fährt das Schiff am Kanalende auf einen im Wasser auf Schienen bereit stehenden Wagen, dessen langes Gestell so eingerichtet ist, dass ein kleinerer Personendampfer oder Lastenkahn darauf Platz hat. Sobald das geschehen ist, gibt der Schiffsführer dem Wärter des auf der Anhöhe gelegenen Kabelhauses durch ein Glockensignal davon Kenntnis. Der Wärter bringt nun die Anlage einer Wassermühle in Betrieb, in der das dem oberen Kanal entströmende Wasser eine Trommel in Bewegung setzt, auf der sich ein Kabel aufrollt. An dem Ende dieses Kabels hängt der Wagen mit dem Schiff, so dass das Wasserfahrzeug nun per Achse langsam den Schienenweg hochgezogen wird. Auf dem daneben liegenden zweiten Gleis der geneigten Ebene läuft gleichzeitig ein anderer Wagen dieser seltsamen Bauart herab, der durch sein Eigengewicht der Wassermühle ihre Arbeit etwas erleichtert und dem anderen Wagen auf halber Strecke begegnet. Wenn der Wagen die Anhöhe erreicht hat, fährt er auf der anderen Seite so weit in das nächste Kanalbeet hinein, dass der Dampfer mit eigener Kraft im Wasser aus dem Wagen herausfahren und seine Reisefortsetzten kann. Diese kuriose Überwindung des Höhenunterschiedes ohne Schleusenanlage beansprucht nicht eine Kilowattstunde Kraftstrom und verzögert die Fahrt auch kaum, was für den Kanalverkehr sehr wesentlich ist.

 

Über diese geneigten Ebenen wurden vor dem Kriege nicht nur Frachtschiffe in großer Zahl befördert, sondern auch Personendampfer, deren Benutzung für jeden Fahrgast zu einem besonderen Reiseerlebnis wurde, konnte man doch sonst nirgends auf der Erde an Bord eines Schiffes über Berg und Tal fahren. Gewöhnlich endeten die von Elbing aus veranstalteten Ausflugsfahrten auf dem Oberländischen Kanal Buchwalde, wo dem Erbauer des Kanals, ein Gedenkstein errichtet war. Wer von dieser Verkehrskuriosität noch nichts gehört hatte und auf einer Reise durch Ostpreußen mit dem Auto nach Buchwalde gekommen war, erlebte dort eine erstaunliche Überraschung, die er nie wieder vergessen konnte. Glich doch die Anlage in Buchwalde mit den beiden Schienenstrecken der geneigten Ebene ganz und gar einer Eisenbahnstation, nur dass dort nicht dass Dampfross angefaucht kam, sondern ein aufs Trockene gesetzter Dampfer per Wagen zum Einsteigen vorfuhr.

Hermann Ulbrich-Hannibal.

 

Seite 16   Preußen, Pruzzen oder Prussen

Mit Bezug auf die in der „Ostpreußen-Warte“(Juli-Nummer) gemachten Ausführungen über die Frage des Namens „Preußen“ etc. darf ich mich beziehen auf die Darlegung in meinem 1929 erschienen Buche „Ostpreußische Urgeschichte“, S. 357: „Zum ersten Male begegnet der Name Preußen als Brus beim spanischen Juden Ibrahim ibn Jakub, der anlässlich einer Handelsreise durch Ostdeutschland zur Zeit Ottos d. Gr. Um 965 bis in das Gebiet Mecklenburg gelangte. Dieser Brus saßen nach ihm nördlich des Polenreiches, das der König Misiko beherrschte, östlich stießen daran die Russen, Gegen Ende des 10. Jahrhunderts scheint der Name Preußen in Europa allgemeiner bekannt geworden zu sein … Der Name dürfte zunächst in slawischen Ländern in Aufnahme gekommen sein. Für die Etymologie des Wortes Prußen – die übliche Schreibart Pruzzen (zz = tz) ist zu verwerfen – liegt noch keine eindeutige Erklärung durch die Sprachforschung vor“.

 

Hierzu noch folgender Hinweis: Die Schreibart Pruzzen entspricht der Rechtschreibung polnischer Geschichtsschreiber des Mittelalters, wobei aber zu bedenken ist, dass zz m damaligen Polnischen den Lautbestand eines stimmlosen s = ß wiedergibt. Auch in Deutschland herrschte in jener Zeit die graphische Ausdrucksweise zz = ß (fuezze = Füße). Aus Prutzen hätte nie Preußen werden können, wohl aber aus Prußen.

 

Soviel über das Lautgeschichtliche des Wortes „Preußen“. Wie steht es nun mit der Verwendung dieses Wortes?

 

Man frage einmal einen West- oder Süddeutschen, was er sich unter „Preußen“ bzw. „Preußenland“ vorstellt. Die Probe würde eine vorbehaltlose, allgemeine Aussage für den alten Staat Preußen und seine Bewohner ergeben. Oder wird jemand annehmen, dass der Bayer mit dem scherzhaften „Saupreiß“, den Ostpreußen gemeint habe? Die Entwicklung hatte den Begriff „Preußen“ mit erweitertem Inhalt gefüllt. Es wäre nicht richtig, sich über diese Tatsache hinwegzusetzen. Von diesem Standpunkt aus dürfte eine Kritik an dem verengerten Gebrauch des Wortes „Preußen“ = Ost- und Westpreußen berechtigt sein.

 

Unbeschadet dessen darf man aber wohl von dem „Deutschordensland Preußen“ als einem geschichtlich-völkischen Faktum sprechen. Diese Urbewohner als „Altpreußen“ zu bezeichnen, möchte ich Abstand nehmen. Diese Benennung sollte m. E. in lokaler und völklicher Anwendung nur im Gegensatz zum ehemaligen preußischen Staat gewählt werden. Eine derartige Trennung scheint mir vorderhand notwendig zu sein, um Missverständnissen aus dem Wege zu gehen. Die Bezeichnung „Prußen“ und „prußisch“ dürften sich nicht empfehlen, da sie keine Aussicht auf Volkstümlichkeit verbürgen.

Dr. Wilhelm Gaerte. Landesmuseumsdirektor a. D.

 

Seite 16   Aus Goldap

„Goldap“ ist gar nicht mehr als Stadt zu rechnen“, heißt es in dem Brief einer Ostpreußin, die noch in der alten Heimat lebt. Die ausgebrannten Häuser sind eingefallen, die Ziegelsteine wegtransportiert. Auf dem Marktplatz sind die Pflastersteine herausgerissen und für andere Zwecke weggeschafft worden. Auf Veranlassung der Schulleitung haben Schüler auf dem Marktplatz Blumenbeete anlegen müssen, da an dieser Stelle, wie die Ostpreußin weiter berichtet, ein Park angelegt werden soll. Der Wochenmarkt soll künftig auf dem Gelände des Schlachthofs abgehalten werden. Die Straßen der einst so gepflegten Stadt befinden sich in einem unbeschreiblichen Zustand.

 

Inhaltspezifische Aktionen