Ostpreußen-Warte, Folge 07 vom Juli 1951

Seite 2   Tausend ostpreußische Kinder verschleppt

 Endlich trafen die ersten Gruppen von Ostpreußen im Lager Friedland bei Göttingen ein, die schon seit mehreren Wochen in verschiedenen sowjetzonalen Durchgangslagern ungeduldig auf den Weitertransport in die Bundesrepublik gewartet hatten. Nach ihren Berichten sollen etwa 4000 bis 4500 ostpreußische Heimatvertriebene in Bischofswerder, Wolfen und Fürstenwalde wider Ihre ausdrücklichen Wünsche und Reisepapiere von den dortigen Behörden festgehalten werden.

Mit Verwunderung hörten die Heimatvertriebenen, dass die Baracken des Friedländer Lagers seit Wochen leer stehen, denn in der Sowjetzone hatte man ihnen erklärt, dass Friedland überfüllt und ein Weitertransport deshalb unmöglich sei. Eine Königsbergerin erzählte, dass ihre Verwandten im Ruhrgebiet ihr in einem Brief die Zuzugsgenehmigung geschickt hätten, der Brief sei aber geöffnet und die Genehmigung entwendet gewesen. Eine andere Frau berichtete, dass sie auf der Bischofswerder Lagerschreibstube die Stapel mit den westzonalen Zuzugsgenehmigungen gesehen habe. Erst nachdem ein Teil der Heimatvertriebenen durch das lange Warten und die pausenlose lügnerische Propaganda mürbe geworden und zwangsmäßig auf verschiedene Gebiete der Sowjetzone verteilt war, wurden diesen Unglücklichen die Zuzugsgenehmigungen mit dem Bemerken zugestellt, dass sie angeblich verspätet eingetroffen und deshalb nutzlos seien.

 

Den Höhepunkt dieser von der Sowjetzonen-Regierung angeordneten Vergewaltigung der Menschenrechte bildet aber die Verschleppung von über tausend ostpreußischen Waisen- und Halbwaisenkindern in verschiedene sowjetzonale, vorwiegend thüringische, Kinderheime. Es handelt sich um einen Transport von Kindern, deren Eltern in den Kriegswirren getötet oder von denen sie getrennt worden waren, die dann in sowjetischen Waisenhäusern festgehalten wurden, bis man sie jetzt abschob und an die Sowjetzone „auslieferte“. Kurz nach Eintreffen dieses Transportes im vergangenen Monat in den sowjetzonalen Lagern meldeten sich bereits einige Eltern, die ihre Kinder bei dem Transport vermuteten oder sogar bestimmt von ihrer Anwesenheit wussten. Bislang haben die sowjetzonalen Behörden aber Auskunft und Weitertransport der Kinder zu ihren Eltern verweigert.

Mit Abscheu berichteten die Heimatvertriebenen von diesen ihren jüngsten Erlebnissen, und aus ihren Augen und Worten sprach die Freude, endlich nach langer Zeit der Rechtlosigkeit wieder auf freiem Boden stehen zu können, auf dem Boden jenes Deutschlands, von dem sie in langen qualvollen Nächten geträumt und nach dem sie sich gesehnt hatten. Ihre Gedanken kehrten zu den Schicksal vollen vergangenen Jahren zurück und sie berichteten, wie groß die Sehnsucht nach Menschlichkeit und Recht und Ordnung auch bei den Litauern ist, unter denen sie die letzten Jahre gelebt haben.

Als der Kriegslärm 1945 abklang, versuchten die Überlebenden in den Städten und auf dem Lande Ostpreußens der bitteren Not Herr zu werden. Aber die Bauern wurden von den Höfen vertrieben und die Städter bekamen kein Brot für die schwere Arbeit, die ihnen auferlegt wurde. Mancher trotzte dem Sklavendasein noch einige Zeit, aber viele wichen der Knute und dem Hunger, sie gingen nach Nord-Osten, nach Litauen. Ein großer Teil blieb in der Gegend um Kowno, die weitesten Ausläufer dieser neuen Wanderbewegung reichen aber bis nach Lettland und Estland.

 

Mit bewegten Worten schilderten die deutschen Heimatvertriebenen, wie die litauischen Bauern die Verfolgten und Geschlagenen aufgenommen haben, wie sie Tür und Hof für die Deutschen öffneten und sie vor den Häschern verbargen, wie wortlos das letzte Tuch und der letzte kanten Brot mit ihnen geteilt wurde. Es war, als ob eine Ahnung von der jahrhunderte langen gemeinsamen Geschichte sich regte. Unter dem Terror fanden sich Deutsche und Litauer erneut in dem Bekenntnis zu den gemeinsamen Grundlagen abendländischer Tradition und in der Bewährung von Menschlichkeit, Sitte und Recht.

 

 

Seite 2   Königsberg mit Sowjettruppen überfüllt

 Jetzt in Deutschland eingetroffene Königsberger berichteten von der starken sowjetischen Militarisierung der ostpreußischen Hauptstadt. Die alten deutschen Kasernen, die wieder aufgebaut wurden, reichen nicht aus, um die augenblickliche sowjetische Garnison aufzunehmen. Deshalb dienen viele der großen Wohnblocks, z. B. an der Cranzer Allee, als Militärunterkünfte. Der Ostseestrand ist durch meterhohen Stacheldraht abgesperrt. Außer dem sowjetischen Militär befindet sich eine große Zahl sowjetischer Strafgefangener in Königsberg; sowohl ihre Arbeitsstätten als auch ihre Wohnlager sind durch Stacheldrahtzäune abgesperrt und durch Wachtürme gesichert.

 

Kriegsgefangene handeln, die nicht nach Hause entlassen wurden. Auch eine Anzahl von Angehörigen des weiblichen Wehrmachtsgefolges, insbesondere Rot-Kreuz-Schwestern und Nachrichtenhelferinnen, befinden sich in dem Gebiet. Der Briefverkehr mit der Heimat ist ihnen untersagt.

 

 

Seite 2   Nachrichten aus der Heimat. Heerlager Nord-Ostpreußen

 Weite Steppe, zerstörte und verlassene Dörfer und riesige Militärlager sahen, die jetzt im Lager Friedland eingetroffenen Ostpreußen, auf ihrer Fahrt von Kowno bis zur Demarkationslinie zwischen dem sowjetischen und polnischen Verwaltungsteil Ostpreußens. Wo einst blühende Dörfer und Felder sich erstreckten, werden jetzt Gefechtsübungen abgehalten, kurven Panzer über die Äcker und krachen Granaten und Bomben. Ununterbrochen rollen Militär- und Munitionszüge, die als Lebensmitteltransporte getarnt werden, nach Nordostpreußen und in den Königsberger Befestigungsbereich. Königsberg selbst ist für Zivilisten gesperrt. Unter den Rotarmisten herrschen Soldaten mit mongolischen und tatarischen Gesichtszügen vor.

 

 

Seite 2   Straflager im Kreis Bartenstein


Im Lager Friedland bei Göttingen traf ein ehemaliger deutscher Kriegsgefangener ein, der drei Jahre in einem sowjetischen Straflager in Domnau, Kreis Bartenstein/Ostpreußen, festgehalten worden war. Dem Kriegsgefangenen war 1946 die Flucht aus einem Gefangenenlager bei Moskau geglückt, er wurde jedoch bei dem Versuch, die sowjetisch-polnische Demarkationslinie am Frischen Haff zu überschreiten, verhaftet. Nach einer dreimonatigen Untersuchungshaft, in der ihm zwei Rippen gebrochen wurden, erhielt er drei Jahre Zuchthaus. Von 40 gleichzeitig mit ihm verurteilten Deutschen überlebten nur 12 diese Strafzeit. Nach Verbüßung der Strafe wurde der Gefangene an den sowjetischen MWD zur Arbeitsleistung überwiesen. Erst jetzt konnte er mit einem Transport in die Bundesrepublik kommen.

 

 

Seite 2   Sowjetisierung ostpreußischer Kinder

 Wie aus verschiedenen Quellen übereinstimend berichtet wird, befinden sich in nigsberg mehrere Waisenhäuser für deutsche Kinder, deren Eltern ums Leben kamen. Diese Kinder dürfen nur russisch sprechen und werden ganz im Sinne der kommunistischen  Parteidoktrin erzogen. Die Kinder haben im Laufe der Zeit die deutsche Sprache verlernt und haben die Hoffnung aufgegeben, jemals das „Gebiet Kaliningrad", wie Nord-Ostpreußen jetzt genannt wird, verlassen zu können.

 

 

Seite 2   Brachland in Wald verwandelt

 Um 112% soll die Aufforstung in der „Wojewodschaft" Allenstein in diesem Jahre durch weitere Verwandlung von Ackerboden in Waldboden anwachsen. Die Jugend bepflanzte bereits 100 ha Brachland mit 58 000 Setzlingen. Die Staatl. Zentrale für Waldprodukte ließ in diesem Jahre 10 Tonnen Maiglöckchen sammeln. Zur Popularisierung des unbeliebten Siedlungsgebietes wurden in Ermland und in Masuren 18 Touristenherbergen neueröffnet und die Zahl der Sanatorienbetten auf 880 erhöht. Endlich will man sich in diesem Sommer der vernachlässigten Meliorationsanlagen annehmen, die Drainageanlagen reparieren und 9500 km Gräben reinigen.

 

 

Seite 2   Ostdeutsche Dialekte auf Tonbändern

 Das im Gebiet zwischen Weser und Ems arbeitende Archiv für deutsche Dialekt- und Mundarttypenforschung, hat es sich zur Aufgabe gestellt, nicht nur die einheimischen Mundarten, sondern gerade auch die Mundarten Ostdeutschlands aufzunehmen. Das Archiv sammelt auf Tonbändern Erzählungen der Heimatvertriebenen über ihr Schicksal, ihre Heimat und Gebräuche. Dadurch wird ein reichhaltiges Material für den Sprachwissenschaftler, Volkskundler und Historiker geschaffen. Außerdem wird das Sprachgut der Vertriebenen wissenschaftlich erfasst, um es somit der Gefahr des Vergessens zu entreißen. Der Leiter des Archivs ist Prof.Th. Baader in Dratum, Kreis Melle.

 

Seite 2   Sowjetische Geographiebücher über Ostpreußen

 In dem im Jahre 1950 erschienenen Geographiebuch von N. N. Baranskij befasst sich auch ein Kapitel mit dem „abgesondert liegenden Kaliningrader Gebiet", d. h. dem sowjetisch verwalteten Gebietsteil Ostpreußens. Dieses Gebiet sei ehemals von den deutschen ,,Ritterhunden" erobert worden und habe das „Hauptbollwerk der Reaktion und des Militarismus" dargestellt, während es jetzt zum „wichtigen Bollwerk der Verteidigung der UdSSR gegen einen Überfall aus dem Westen" geworden sei. Außer Land- und Waldwirtschaft gebe es dort holzverarbeitende Industrie sowie Schiffbau und Waggonbau. Das „Territorium" sei gut mit Eisenbahnlinien und Autostraßen versehen.

  - In dem 1949 in Moskau erschienenen Geographiebuch „Chrestomatija po geografii" heißt es: „Als Flottenstützpunkt ist Kaliningrad jetzt ein sowjetischer Wächter, der die westlichen Land- und Seegrenzen der UdSSR und die Zugänge nach Riga und Leningrad, Moskau und Minsk schützt sowie Frieden und Sicherheit in Ostpreußen und auf der Ostsee garantiert". Außerdem seien an die Küste des Gebietes Königsberg Fischer aus den Gebieten des Kaspischen und Asowschen Meeres gekommen, die nun über eine „ausgezeichnete Flotte" verfügten. Es gehe ihnen gut, denn jeder habe eine Kuh und treibe auch Gartenbau.

 

 

Seite 2   Ostpreußen im Uralgebiet

 Wie schwedische Zeitungen meldeten, soll im Uralgebiet mit dem Zentrum Wolchanka eine deutsche Kolonie entstanden sein, in der mindestens 50 000 Deutsche leben, darunter auch Verschleppte aus Ostpreußen. Vor allem soll es sich um deutsche Kriegsgefangene handeln, die nicht nach Hause entlassen wurden. Auch eine Anzahl von Angehörigen des weiblichen Wehrmachtsgefolges, insbesondere Rot-Kreuz-Schwestern und Nachrichtenhelferinnen, befinden sich in dem Gebiet. Der Briefverkehr mit der Heimat ist ihnen untersagt.

 

 

Seite 3   Das Memelland von 1919 bis 1939. Von Hans Mittelstaedt

 Wir beginnen nachstehend mit der Veröffentlichung einer zusammenhängenden Darstellung der zwanzigjährigen Geschichte des Memellandes von 1919 bis 1939. Die politische Laqe des Nordostzipfels Ostpreußens und der dortige Kampf des Deutschtums war in seinem ganzen Umfang seiner Zeit kaum über Ostpreußens Grenzen hinaus bekannt. Vieles ist und wird vergessen sein. Die politischen Verhältnisse des Memellandes waren auch wesentlich andere als zum Beispiel die des fast selbständigen Freistaates Danzig. Das Memelland war mit dem unzulänglichen Schutz durch eine Autonomie einem Ostvolk preisgegeben worden, das Jahrhunderte lang unter russischer Herrschaft gestanden hatte und die russischen Entrechtungs- und Unterdrückungsmethoden an dem Memelland versuchte. Jene Zeit erscheint in der allgemeinen deutschen Geschichte wichtig genug, im Zusammenhang festgehalten zu werden.
 

I.                    Abtrennung von Preußen-Deutschland und Verwaltung durch die alliierten und assoziierten Hauptmächte des Versailler Vertrages.

 

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf die Bevölkerung des später so genannten Memelgebiets (Territoire de Memel) - der ostpreußischen Kreise Memel-Stadt, Memel-Land, Heydekrug und des nördlich des Memelstromes liegenden Teiles des Kreises Tilsit - im Sommer 1919 die Kunde, dass der Entwurf des Versailler Vertrages ihre Abtretung zur Verfügung der alliierten und assoziierten Hauptmächte (Großbritannien, Frankreich, Italien, USA und Japan) und nicht, wie für einige andere Teile Ostpreußens, Volksabstimmung vorsehe. Dieser nördlichste Teil Ostpreußens und Deutschlands - im 1. Weltkriege bekannter geworden durch einen Einfall russischen Militärs am 18.03.1915 in Kreis und Stadt Memel und eine dreitägige Besetzung - war über zwei Drittel eines Jahrtausends deutsches Land, über dessen Bewohner nun wie über eine Sache verfügt wurde.

 

Große gemeinschaftliche Protestversammlungen und -erklärungen der Bevölkerung aller Schichten, aller politischen Parteien sowie aller Bekenntnisse fanden statt. Der aus Berlin gekommene Minister Heine sprach namens der Regierung gegen die Abtretung. Die Siegermächte jedoch verweigerten dem Memelland das Selbstbestimmungsrecht der 14 Wilsonschen Friedenspunkte.

 

1919 nahm die Bevölkerung des Memellandes noch teil an den Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung und entsandte in diese, je einen Abgeordneten der Deutschen demokratischen Partei und der SPD, Lehrer Beutler und Gewerkschaftssekretär Matzies.

 

Der Versailler Vertrag und die Abtretung des Memellandes wurden vollzogen.

 

Die politischen Parteien waren nach der Abtretung, außer der SPD, im Memelland nicht mehr organisiert und in dem, von Studiendirektor Orlowski geleiteten Deutsch-litauischen Heimatbund entstand eine Organ (Rest des Absatzes fehlt).

 

Einige preußisch-deutsche Staatsangehörige litauischer Abstammung aus dem Memelland Abtretung gewirkt. Als ihr Hauptakteur gilt der damalige Pfarrer Dr. Gaigalat, später litauischer Professor an der Universität Kaunas Dr. Gaigalaitis. Berufene Vertreter der Bevölkerung hatte man dort nicht gehört.

 

Bis zur Übergabe an die all. und ass. Hauptmächte führte ein deutscher Reichs- und Staatskommissar - Graf Wedel - die Regierungsgeschäfte. Ein aus Spenden der Bevölkerung unterhaltener freiwilliger Grenzschutz sicherte das Memelland gegen die noch in Litauen stehenden Bolschewisten.

 

Nachdem kurz vorher die deutsche Memeler Garnison nach einer Kundgebung der Bevölkerung für Deutschland vor dem Rathau6e abgezogen war, besetzten am

15.02.1920 französische Truppen das Memelland, die Flaggen der fünf all. und ass. Hauptmächte wurden auf dem Rathause in Memel gehisst und ein französischer General - Odry - übernahm die Regierungsgewalt als Gouverneur und Vertreter der all. und ass. Hauptmächte.

 

Hier auf uraltem deutschen Geschichts-, Rechts- und Kulturboden - war doch im unglücklichen Kriege 1806/7 Memel der letzte nicht vom Feinde besetzte Zufluchtsort der Königlichen Familie - war von den großen Männern jener Zeit, von denen hier nur Freiherr von und zum Stein genannt sei, die Neuordnung des preußischen Staates und die Befreiung Deutschlands begonnen worden - hing das Schicksal eines deutschen Volkssplitters von rund 150 000 Menschen nun in der Luft und das Deutschtum hier war auf sich selbst gestellt.

 

Durch die Initiative des Memeler Oberbürgermeisters Altenberg hatten die Memeler Stadtverordneten-Versammlung und die Kreistage der Landkreise sich als Vorparlament konstituiert und einen Arbeitsausschuss eingesetzt, als ein legitimes Organ zur Vertretung der Wünsche der Bevölkerung.

 

Die erste Bekanntmachung des Gouverneurs verkündete die weitere Geltung der preußischen und deutschen Gesetze, soweit sie nicht mit der neuen staatsrechtlichen Lage des Memellandes im Widerspruch ständen, die Verleihung einer eigenen Gebietsflagge (wichtig für die Memeler Seeschifffahrt) durch die Botschafterkonferenz in den Stadtfarben rot und gold mit dem Stadtwappen im oberen Drittel, und die Bildung eines „Landesdirektoriums des Memelgebiets" als oberster Verwaltungsbehörde. Die Staatsgewalt und Gesetzgebung lag in den Händen des Gouverneurs - eines „Fachministeriums", bestehend aus dem inzwischen in den Ruhestand getretenen Oberbürgermeister Altenberg als Präsidenten, seinem Amtsnachfolger Oberbürgermeister Dr. Grabow, Landrat von Schienther (Vertreter der 3 Landkreise), Konsul Jahn (Vertr. der Handels-), Bauer Sziegaud (Vertreter der Landwirtschaftskammer), Gewerkschaftssekretär Matzies, Erdmonas Simonaitis (Vertreter der „Tautos Taryba", einer litauischen Vereinigung im Memelgebiet) als Landesdirektoren. Dieses Landesdirektorium widerspiegelte auch die völkische Zusammensetzung des Memelgebiets.

 

Blieb das Memelgebiet - Memelland - auch weiter nur Objekt der hohen Politik, so waren doch seine alten rechtlichen und kulturellen Verhältnisse im Wesentlichen bestehen geblieben und der Zusammenhang mit Deutschland und Westeuropa nicht zerschnitten.

 

Dass ein französisches Militärgericht Landrat von Schlenther, auf dessen Gut, irgendwo vergessen, ein unbrauchbares deutsches Flugzeug oder Teile davon lagen, deshalb „wegen unerlaubten Waffenbesitzes" bestraft und dann von dem Gouverneur begnadigt wurde, mag noch aus der Siegerstimmung der ersten Nachkriegszeit erklärlich sein.

 

Aufgabe des Landesdirektoriums war die Weiterführung der allgemeinen Verwaltung und die Organisierung der neuen Verwaltungszweige des Gebiets Zoll, Post, Eisenbahn, Hafenverwaltung, Sozialversicherung, Justiz.

 

Eine Verordnung des Gouverneurs schuf als beratende Vertretung einen „Staatsrat" auf berufsständischer Grundlage und eine besondere Verordnung betreffend Garantien und Vorteile der in den Dienst des Memelgebiets getretenen Beamten und Lehrer sicherte ihnen ausdrücklich die Rechtsstellung und Besoldung wie in Preußen-Deutschland, Anerkennung der bestehenden Vertretung, Organisationsfreiheit, die weitere Mitgliedschaft in den Berufsverbänden in Deutschland, den ungestörten persönlichen Verkehr nach dort usw. zu.

 

Durch die Abtretung hatten die Einwohner des Memellandes ihre preußische und deutsche Staatsangehörigkeit nicht verloren, aber sie erhielten nun Reisepässe des „Territoire de Memel", ausgestellt in französischer Sprache vom Gouvernement und bedurften für Reisen der Visa des Gouvernements, nach Deutschland der deutschen Vertretung in Memel, und an der Grenze bestand Pass- und Zollkontrolle. Zuziehende Personen mussten eine Aufenthaltsgenehmigung des Gouvernements haben.

 

Das Landesdirektorium erhielt später zur Entlastung seines Präsidenten von dem Gouverneur einen „General-Sekretär" in der Person des früheren Memeler

2. Bürgermeisters Wedel, der jetzt Stadtrat in Kiel war. Nach dem Tode von Oberbürgermeister Altenberg berief der Gouverneur zum Präsidenten des Landesdirektoriums Regierungsrat Stepputat von der preußischen Regierung in Gumbinnen, den die Preußische Staatsregierung dazu beurlaubte.

 

Dem Militärgouvernement folgte eine Zivilverwaltung unter einem französischen

Präfekten - Petisné.

 

So waren die inneren Verhältnisse nicht ungünstig. Außenpolitisch schwebte über dem Memelland der Schatten, zu einem Freistaat unter dem Schutz Polens gemacht zu werden, als im Januar 1923 das Memelland von Litauen okkupiert wurde,

 

2. Okkupation durch Litauen und Okkupationszeit

 Im Januar 1923 drangen mitten im Frieden plötzlich aus Litauen bewaffnete Scharen in Zivilkleidung, in Wirklichkeit reguläres litauisches Militär, in das Memelland ein, mit der Hauptmasse gegen die Stadt Memel. Schwache französische Truppenteile standen nur hier und in dem Kreisort Heydekrug. Die memelländische Landespolizei wurde von dem Präfekten mit eingesetzt, von dem beabsichtigten Einsatz von Freiwilligen aber wieder abgesehen. Man erwartete Kriegsschiffe der Alliierten zum Schutze der Stadt, aber erst nach ihrer Besetzung durch die Litauer lief ein britisches Kriegsschiff in den Hafen ein.

 

Nach einigen Tagen bereits waren litauische Scharen kämpfend in die Stadt eingedrungen, hatten auch das Gelände der französischen Präfektur beschossen und die Stadt besetzt. Französische Soldaten und einige Einwohner waren ums Leben gekommen. Die französische Besatzung hatte sich in die Kaserne zurückgezogen.

 

Litauen, dessen historische Hauptstadt Wilna kurz vorher durch einen ähnlichen Überfall von Polen besetzt war, suchte in Memel Vergeltung bzw. Kompensation dafür. Der Welt aber wurde von Litauen sein Überfall auf das Memelland als Aufstand der Memeler Bevölkerung gegen die französische Herrschaft dargestellt."- Die alte deutsche Tageszeitung „Memeler Dampfboot" ist später von dem litauischen „Kriegskommandanten des Memellandes" (Oberstleutnant Liormonas) mehrmals mit hohen Geldstrafen belegt worden, wenn sie den litauischen Einfall in das Memelland erwähnte. –

 

Litauen hatte nun die tatsächliche Gewalt in Händen und verhängte den Kriegszustand. Der Führer der Einfalltruppen, Budrys, wurde zum „Obersten Bevollmächtigten der Litauischen Regierung für das Memelgebiet" ernannt. Ein Memelner Lehrer - Latzitis - ließ sich zum Stadtkommandanten, ein Memelner Fischer — Wesols — zum Hafenkommandanten ernennen. Der Präsident des Landesdirektoriums Stepputat und mehrere andere Landesbeamte aus Deutschland mussten das Memelland verlassen, mehrere Mitglieder des Landesdirektoriums wurden verhaftet. Die Hissung der litauischen Flagge auf dem Rathaus an Stelle der von den Alliierten und Souveränen des Memellandes verliehenen Gebietsflagge wurde von Oberbürgermeister Dr. Grabow verhindert. Auch später hat während seiner Amtszeit die Stadt bei offiziellen Anlässen diese Flagge gezeigt.

 

Zum zweiten Male war das politische Geschick des Memellandes nicht durch den freien Willen seiner Bevölkerung, sondern durch Gewalt bestimmt worden.

 

Einer der nächsten Akte der litauischen Machthaber war unter dem Schutze des Kriegszustandes und Ausgehverbote für die Bevölkerung die Niederreißung des gesamtdeutschen Nationaldenkmals des Freiheitskrieges 1813/14 vor dem Rathause und des Denkmals Kaiser Wilhelms I. auf einem städtischen Platz, die von der französischen Besatzung und Verwaltung nicht angetastet waren. Offenbar war das Ziel Litauens die Einverleibung des Memellandes al6 litauische Provinz.

 

Der allgemeine Widerstand des von den alliierten Souveränen nicht geschützten machtlosen Memellandes kam in einem Generalstreik der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Beamten- und Lehrerschaft in der Stadt Memel zum Ausdruck, den der „Oberste Bevollmächtigte" durch verschärften Kriegszustand, Verhaftungen, litauische Militär- und Polizeikräfte unterdrückte. Zu der mit dem „Obersten Bevollmächtigten verhandelnden Delegation der Streikenden gehörte als Vertreter der Beamten- und Lehrerschaft der Vorsitzende des Verbandes der Beamten und Angestellten der Stadt Memel Mittelstaedt.

 

Eine" Dreierkommission des Völkerbundes kam nach Memel und hörte Vertreter der verschiedenen Organisationen. Auch die Beamten- und Lehrerschaft legte ihre Wünsche vor und sie sind in dem späteren Autonomiestatut größtenteils berücksichtigt worden.

 

In ihrem veröffentlichten gründlichen Bericht stellte sie die wirklichen Ereignisse, den viel höheren kulturellen und wirtschaftlichen Stand des Memellandes im Vergleich mit Litauen, einem der rückständigsten früheren russischen Gouvernements fest und bezeichnete die alte deutsch-rusissche Landesgrenze als Grenze zwischen Europa und Asien (heute liegt sie an und westlich der Elbe), die Rückgabe des Memellandes an Deutschland wegen des in Kraft getretenen Versailler Vertrages aber als indiskutabel.

 

Bis zur Entscheidung des Völkerbundes sollten der ,Oberste Bevollmächtigte" und ein neu gebildetes Landesdirektorium - unter einem Präsidenten Victor Gailius - einem ehem. preußischen Referendar und - Reserveoffizier - die Verwaltung weiterführen, nachdem während und nach dem litauischen Einfall der ehem. Landesdirektor im Landesdirektorium Stepputat, Erdmonas Simonaitis (der frühere mittlere preuß. Justizbeamte Erdmann Simoneit), diese Geschäfte ausgeübt hatten.  

Die französische Besatzung und Präfektur verließen Memel.


Der Wunsch der Bevölkerung war nun die Autonomie des Memellandes und zu seiner Vertretung bildete sich der „Memelländische Autonomie-Verband".

 

Der „Oberste Bevollmächtigte" und das Landesdirektorium Gailius hielten sich jedoch nicht an ihren Auftrag bloßer Weiterführung der Verwaltung, sondern erließen gegen das geltende Recht Verordnungen, u. a.: dass jeder Beamte und Lehrer auch die litauische Sprache in Wort und Schrift beherrschen müsse, diese Kenntnis vor einer von dem Direktorium ernannten Prüfungskommission nachzuweisen habe und sonst von der Anstellung, Beförderung und dem Aufstieg im Gehalt ausgeschlossen sei, dass den Beamten und Lehrern die Mitgliedschaft im „Autonomie-Verband" verboten sei, und ernannte zahlreiche Beamten litauischer Richtung, z. T. ohne die dem geltenden deutschen Recht entsprechende Vorbildung.

(Fortsetzung folgt)

 

 

Seite 3   Ruhe. Von Käthe Andrée

 Die Glieder lösen sich zur Nacht —

Der Tag hat manche Last gebracht,

Nun winkt die heilende Ruh.

 

In stillem Strom das Denken führt —

Der Tag hat auch viel Glück beschert,

Nun klingt die bergende Ruh.

 

Das wache Herz wird innig weit,

Es brennt in frommer Dankbarkeit

Nun schwingt die segnende Ruh

 

 

Seite 3   Bunter Markt in Memel. Walter Sperling

Foto: Markttreiben in Memel. Aufn. W. Sperling

Ach – vergesst es nicht … Ein Markt in der früheren nordöstlichsten Stadt Deutschlands - in Memel! - war ein Ereignis, das dem Fremden ein bewegtes Bild der vielgestaltigen Eigenart des dort beheimateten Volksschlages vermittelte.

 Da waren sie alle, die Sudermannschen Gestalten aus den versteckten Haff-, Nehrungs- und Niederungsdörfern, die bereits in aller Herrgottsfrühe mit vorsintflutlichen Flussdampfern, mit schwarzen Keitelkähnen oder klapperigen kleinen Wagen aus Minge, Karkelbeek, Nidden, Drawöhnen, Ruß, Nimmersatt, Bajohren, Plicken oder Prökuls herkamen. In Reih und Glied standen die Verkaufswagen, aus denen die Landfrauen in malerischer Tracht ihre Erzeugnisse feilboten.

 

Hier wurde gehandelt wie kaum sonst wo. Ein Stimmengewirr von Deutsch und Kurisch - hier und da auch litauisch - trug der Wind über das Menschengewimmel auf dem großen Platz. Hell leuchteten die landesüblichen weißen Kopftücher der Frauen in der Sonne, die bis in unsere Tage die seit Alters her gebräuchlichen wippenden, schwarzen, weitplissierten Röcke und knappe Taillenjacken trugen.

 

Welch ein buntes Leben und Treiben auf dem Klumpenmarkt, wo die schweren Holzschuhe für Moorbauern feilgehalten wurden; welch merkwürdiges Bild auf dem Sahnemarkt, wo große Schmandkübel standen, oder auf dem farbenfrohen Blumenmarkt zu Füßen des Simon-Dach-Brunnens, wo es nach Minzen und anderen Würzkräutern roch . . . Und erst die überdachte Fischbank, wo der überreiche Segen der ostpreußischen Gewässer auf Abnehmer wartete, während die Fischer schon wieder das neue Garn richteten, für die feisten Brassen, für fette Aale, Neunaugen, Zander und Hechte!

 

Markt in Memel . . .

Wer dieses Bunte, eigenartig Fremde, einmal erleben durfte, trug Eindrücke mit sich fort, die wohl zeitlebens in seiner Erinnerung verbleiben werden - denn nirgendwo fand oder findet man ähnliches innerhalb unserer Grenzen.

 

 

Seite 4   Allensteiner wartet auf eine Milliarde Dollar

 In der Nähe von Gelsenkirchen lebt der Allensteiner Handwerker Franz D., der beglaubigte Dokumente besitzt, die ihn als Erben eines Vermögens von über einer Milliarde Dollar ausweisen. Der Allensteiner, der als Flüchtling nach dem Westen verschlagen wurde, hofft die Milliarde Dollar sein eigen nennen zu können, sobald der Kriegszustand zwischen Deutschland und den USA formal beendet ist.

 

Kraftfahrzeugmeister Franz D. erzählt von dem Bruder seines Großvaters, der als junger Mensch um die Wende des 19. Jahrhunderts nach den Staaten auswanderte, im Freiheitskampf des Staates Texas gegen Mexiko teilnahm, wegen außergewöhnlicher Tapferkeit zum Major befördert wurde und als Adjutant des Generals Fanni am 8. März 1837 in der Schlacht bei Goliath fiel. In Anerkennung seiner Verdienste waren dem Offizier mit dem Vornamen Louis Napoleon D. große Ländereien in Texas geschenkt und noch im vorigen Jahrhundert den in Deutschland lebenden Verwandten mitgeteilt worden, dass sie Erben eines beträchtlichen Vermögens seien.

 

Der direkte Erbe, ein Bruder Louis Napoleons, starb und sein Sohn, ein gutsituierter Mühlenbauer in Allenstein zeigte keine Neigung, nach den USA auszuwandern und das Erbe anzutreten. Amerikanische Grundstücksspekulanten, die die Ländereien in Obhut genommen hatten, bagatellisierten in ihren Berichten aus gewinnsüchtigen Gründen, ließen auf der anderen Seite aber ohne Wissen des deutschen Eigentümers Ölbohrungen durchführen, die den Wert des Besitztums ins Unermessliche steigerten. Der ostpreußische Mühlenbauer starb darüber hin.

Der Fall geriet langsam in Vergessenheit, bis eines Tages im Jahre 1934 im „Berliner Lokalanzeiger" eine Suchanzeige erschien: der Eigentümer der Ländereien sollte sich melden. Franz D. konnte aus den Familienpapieren das herausstöbern, was sein väterlicher Mühlenbauer peinlichst überall verschwiegen hatte.

 

Er schrieb an das Landoffice in Texas und bekam sofort die Anschrift eines Holländers, der mittlerweile die Ländereien treuhänderisch,verwaltete. Der Holländer stellte in Europa ein Konsortium von Interessenten auf die Beine, das die Ölausbeute der Ländereien weiter forcieren wollte. Alles war schon zur Überfahrt gerüstet, als der zweite Weltkrieg ausbrach. Franz D. steckte die Urkunden zunächst wieder in die Schublade.

 

Und mit dem Kriegsende kamen die Russen. Auch nach Allenstein. Franz D. blieb keine Zeit mehr zur Flucht. Russische Neugierde verschonte auch seinen Schreibtisch nicht. Die Iwans fanden die amerikanischen Dokumente und erhoben gegen ihn sofort den Verdacht der Spionage. Erst ein Sprachkundiger von der NKWD ließ sich belehren, aber die  Dokumente wurden zerrissen.

 

Franz D. setzte sich mit seinen beiden Söhnen nach Westen ab, baute in Gelsenkirchen eine neue kleine Werkstatt auf und schrieb zugleich auf gut Glück an das ihm noch bekannte Landoffice in Texas. Derselbe Beamte, der auch vor dem Kriege den Fall bearbeitete, nahm die Sache wieder auf. Der Wert von seinerzeit 700 Millionen Gold-Dollar, liegt heute beträchtlich über einer Milliarde.

 

 

Seite 5   Ostdeutsche Archive nach Warschau

 Ein Dekret des polnischen Ministerrates vom 29.03.1951 über den Neuaufbau des staatlichen Archivwesens hatte verfügt, dass die Wojewodschafts- und Kreisarchive dem Haupt-Staatsarchiv in Warschau unterstellt werden. In Ergänzung zu diesem Dekret beschloss der Gesetzgebende Sejm am 27. April 1951, dass die Archive sämtlicher verstaatlichter privater sowie der genossenschaftlichen Unternehmen und die Archive von öffentlichem, bildendem, kulturellem und wirtschaftlichem Charakter in das Staatsarchiv nach Warschau überführt werden. Dies bedeutet, dass die in den ostdeutschen Gebieten verbliebenen deutschen Archive mit ihren gesamten Beständen nach Warschau verbracht werden.

 

 

Seite 6   Königsberger Untergang. Unter Glockengeläut verbrannte Ostpreußens Hauptstadt – In zwei Nächten starb die Stadt am Pregel

Foto: Die ausgebrannte Universität

Foto: Die Wassergasse

Foto: Straße am Schloss

Foto: Altstädtische Langgasse

 

Der Zusammenbruch der deutschen Front im Mittelabschnitt im Sommer 1944 ließ die sowjetischen Armeen sehr schnell gegen Ostpreußens Grenze branden. Ostpreußen, das Bollwerk im deutschen Osten, geriet in tödliche Gefahr, die Schicksalsstunde unserer Heimat hatte geschlagen. Schon gelang es den sowjetischen Truppen, die ostpreußische Grenze zu überschreiten und einzelne Grenzkreise zu besetzen. Nur einem Teil der Bevölkerung glückte die Flucht aus diesen Grenzkreisen vor dem überraschenden Vorstoß der Russen. Eilig herangeführte deutsche Kräfte stoppten den Vorstoß des Feindes und erzwangen eine Pause ... Von allen Fronten eilten die ostpreußischen Soldaten herbei, um in einem letzten verzweifelten Versuch ihre Heimat zu verteidigen, denn Ostpreußen war in höchster Gefahr. Aber auch der Gegner nutzte die Kampfpause, führte neue Truppenmassen heran, um den entscheidenden Sturm gegen Ostpreußen, gegen das Reich, zu führen. In banger Erregung harrte die Bevölkerung der Dinge, die da kommen sollten. Niemand jedoch ahnte, dass Ostpreußens Hauptstadt von einer gänzlich anderen Seite eine tödliche Gefahr drohte. Umso größer war die Katastrophe, als in den Nächten vom 26. zum 27. und vom 29. zum 30. August überraschend britische Bomberverbände angriffen und in zwei Nächten die Stadt am Pregel in Schutt und Asche legten. Über diese grauenvollen Augustnächte berichtet unser mw.-Mitarbeiter:

 

Königsberg im August 1940
Geschäftige Messetage, Nächte in Hochstimmung. Durch strahlend erleuchtete Straßen wogen froh bewegte Menschenscharen. Die Messegäste aus dem Reich, in einem Kriegsjahr in ihren nachtsverdunkelten Städten des Anblicks der Straßenbeleuchtung und der hellen Schaufenster entwöhnt, freuen sich des Lichts. Wie fern ist doch der Krieg dieser Stadt, die anfangs so gefährdet schien. Seit Jahren zum ersten Mal ist man ohne polnische Kontrolle über die Weichsel gefahren. Und weht nicht über dem meistbesuchten Pavillon der Deutschen Ostmesse die Sowjetfahne als ein Zeichen des Friedens und der Freundschaft mit dem neuen Nachbarn im Osten? So scheint es und ist doch nur Blendwerk wie das Licht, das Gauleiter Koch für die Messegäste hat anzünden lassen.

 

Königsberg am 22. Juni 1941

 Die Stadt fiebert in banger Erwartung eines sowjetischen Luftangriffs. Früh schon am Morgen sind ihre Bürger an diesem sonnigen Sonntag durch Goebbels Rundfunkrede zum Angriff auf die Sowjetunion aufgestört worden. Nun ist der Krieg plötzlich wieder nahe, und besorgt schauen die Königsberger auf zu dem blauen Himmel. Denn die Russen werden nicht so sein wie die Polen, die mit lauten Worten drohten und dann doch nicht kamen. Aber es wird Mittag, es wird Abend und Mitternacht, und die Russen kommen nicht. Selbst die Skeptiker fangen an zu glauben, dass sie es nicht mehr könnten, weil, wie der Rundfunk wieder und wieder meldet, ihre Flugzeuge am Boden zerstört wurden. Der Krieg, eben noch an der Grenze, entfernt sich wieder. Man kann ruhig schlafen nach dem Schock des Morgens. Ganz Königsberg schläft nach Mitternacht, auch der Luftschutz. Schon steht wieder die Sonne hoch über dem östlichen Horizont, als plötzlich Bomben fallen. Also doch! Die Russen sind doch gekommen, der Alarm erst hinterher. Königsberg hat seine ersten Toten durch Angriff auf der Luft und seine ersten Ruinen.

Das geht nun so eine ganze Woche lang, bei Tag und Nacht. Stets werfen erst die Russen ab, und wenn es knallt, jaulen die Sirenen. Aber dann werden die unfreundlichen Besucher seltener. So alle paar Monate einmal kommen sie noch. Doch der Schaden, den sie anrichten, ist gering im Vergleich zu dem, was man von den Städten im Westen des Reiches vernimmt. Der Krieg verläuft sich in der Weite des Ostens. Von Königsberg wird Flak abgezogen, die anderswo dringend gebraucht wird. Nur rings um den Wohnsitz des Gauleiters bleiben die Batterien dicht gedrängt. Darüber lächeln die Königsberger. Aber sein Ausspruch, es sei schade, dass dieser ganze olle Brasel Königsberg nicht durch einen ordentlichen Luftangriff beseitigt werde, damit man anstelle der alten eine neue Stadt aufbauen könne nach den Plänen des Führer, dieser Ausspruch, getan im Kreise enger Vertrauter und weitergeflüstert, empört die Königsberger Aber sie hüten sich, davon etwas laut werden zu lassen.

 So gehen die Jahre dahin, eins, zwei, und dann kommt im dritten die Kunde von Stalingrad. Und in gleichem Maße, wie sie immer eindeutiger wird, kommt auch der Krieg immer näher. Man möchte es zwar nicht wahr haben, aber es ist nun so: Eines Tages ist der Krieg sogar über die Grenze gedrungen. Auch die russischen Flieger erscheinen wieder öfter.

 In diese Situation dumpfer Erwartung drohenden Unheils fällt da ein Schlag aus einer gänzlich unerwarteten Richtung:

 

Vorspiel der Katastrophe

Als am späten Abend des 26. August Sirenengeheul die Königsberger zum Abstieg in die Keller ruft, denkt niemand an Ungewöhnliches. Es wird sein wie immer: Man verlässt die warmen Betten, um im kalten Keller stundenlang zu warten, während sich da oben ein paar russische Flieger um die Stadt herumkrängeln und einzeln versuchen, die Flaksperre zu durchbrechen. Man ärgert sich über die gestörte Nachtruhe.

 

Aber bald, es wird schon fast Mitternacht, spüren die Leute in den Kellern, dass da draußen etwas anderes vorgeht als sonst. Ein dumpfes Dröhnen wird laut und lauter. Wütend bellfert? die Flak dazwischen und erschüttern Schläge fallender Bomben die Erde. Nicht einzelne - hunderte, tausende.

 

Als das dann nach einer knappen halben Stunde vorbei ist, und das Entwarnungssignal die Menschen aus der beklemmenden Enge der Keller befreit, da sehen sie über sich den Himmel glutrot von Bränden, die im Norden der Stadt wüten. Die ganze Häuserzeile des Hinter-Tragheims an der Schloßteichseite der Nachtigallensteig und die Nebenstraßen, Teil des Hinter-Rosengartens nach dem Tor zu, die Cranzer Allee vom Rennplatz Carolinenhof bis zu den Kasernen stehen in Flammen. Es ist ein grausiges Schauspiel. In die prasselnden und knatternden Geräusche des Brandes mischen sich Rufe geängstigter Menschen und die schauerlichen Schreie in den Ställen von Carolinenhof verbrennender Pferde. Die aufghende Sonne beleuchtet den Kampf der Feuerwehren und des Luftschutzes gegen dieFlammen, deren Kraft erst mit dem sinkenden Tag gebändigt ist.

 

Inzwischen hat es sich herumgesprochen, dass es dieses Mal nicht die Russen waren, sondern die Engländer, die über die Ostsee und die Samlandküste einflogen. Die Menge der abgeworfenen Sprengbomben, die Todesopfer gefordert haben, ist gering, aber die der Brandbomben geht in die Tausende. Und nun sieht man, dass der Angriff trotz allem, was geschah, wesentlich sein Ziel verfehlt hat. Massen von Brandbomben stecken in den breiten Lagerwiesen um den Oberteich. Es ist ein seltsame! Bild, wie, wenn große rote Pilze über Nacht aus der Erde geschossen wären.

 

Wie es so die Art der Menschen ist, (Bi Sensationslust siegt über den Schrecken. 2n Tausenden wandern die nicht unmittelbar von dem Unheil Betroffenen an diesem sonnigen Sonntag hinaus nach Maraunenhof, um sich dai alles anzusehen. Aber neben dem Gefühl, noch einmal mit blauem Auge davongekommen tu sein, steigt das beklemmende Bewußtsein «inet neuen großen Gefahr auf, der man hilflos ausgeliefert ist. Denn es hat sich gezeigt, daß die Abwehrmittel unzulänglich sind. In der Ottokarkirche in Maraunenhof finden Obdachlose eine erste Unterkunft. NSV und Wehrmacht bemühen sich, ihnen zu helfen. Wer ein Haus an der Samlandküste hat, und nicht wenige Königsberger besitzen dort eins, verlässt die Stadt. Das Gefühl, daß dieses Ereignil nur ein Vorspiel war, beherrscht die Gedanken. Aber die Größe der kommenden Katastrophe hat damals wohl niemand geahnt.

Am Abend des 29. August bricht sie herein.

 

Unter Glockengeläut verbrannte Königsberg

Wieder fliegen die Engländer, von der Ostsee kommend, über Neukuhren ein. Geradewegs stoßen sie auf ihr Ziel vor, ohne sich durch die schwache Abwehr beirren zu lassen, Dieses Mal gibt es keine Pilze auf den Oberteichwiesen. Heute gilt der Angriff nicht einem einzelnen Außenbezirk. Auf das ganze Stadtgebiet prasseln die Bomben, unzählige Brandbomben und dazwischen Tausende Sprengbomben. In vielen Wellen erscheinen die Angreifer über der alten Pregelstadt mit ihren engen Straßen und zahllosen Fachwerkbauten. Erstmalig wenden die Angreifer eine neue Bombenart an. Zehntausende riesige traubenartige Bomben lösen sich von den Flugzeugen und sausen auf die nächtliche Stadt nieder. Noch im Fluge lösen sich aus der mächtigen Trabenbombe viele einzelne Bomben, die beim Aufprallen eine riesige Stichflamme erzeugen. Es sind Benzinbomben, gefüllt mit hochprozentigem Benzin, die sofort die Häuser und Wohnungen in rasender Schnelle in Brand setzen. Alle Löschversuche gehen fehl. Diese Benzinbomben erzeugen eine wahnsinnige Hitze, die alle Bekämpfungsversuche als vergeblich erscheinen lassen.

 

Die Bomben lallen auf die Hufen, den Haberberg, Lizent und Ratshof, auf den Sackheim und Kalthof. Und gleichzeitig züngeln die Flammen aus dem Schloss, aus den Speichern beiderseits

des Pregels. aus dem Dom und der Börse, den» Junkerhof und dem Krankenhaus der Barmherzigkeit, der Stadthalle und dem Opernhaus. Der Nordbahnhof brennt und die Schlosskonditorei, die Kirchen, die Warenhäuser in Altstadt und Kneiphof die Zeitungen, die Buchhandlung von Cräfe & Unzer der Berliner Hof. Das Regierungsgebäude am Mitteltragheim,  die Universität, die Messehallen und die Wohnhäuser der Bürger. Alles, alles brennt, die ganze Innenstadt und zum Teil auch die angrenzenden Außenbezirke.

 

Die Menschen in den Kellern sind zunächst wie betäubt. Noch sind sie sich der Größe der Katastrophe nicht ganz bewusst. Da und dort versuchen sie noch mit ihren unzulänglichen Luftschutzgeräten den Bränden Einhalt zu bieten, Hausrat aus den Wohnungen auf die Straße zu schleppen. Noch gibt es einzelne Häuser, die ziemlich unversehrt stehen, sogar ganze Häuserreihen. Man wird versuchen, sie zu halten, bis die Feuerwehr kommt. Aber viele Gebäude stehen im Nu in Flammen, vom Dach bis in das Erdgeschoß. Wochenlang hat es nicht geregnet. Das Gebälk ist trocken, es brennt wie Zunder. In der Gluthitze entzünden sich Sparen, Zäune, Fensterkreuze von selbst, auch ohne Funkenflug der aber ständig stärker wird. Es bilden sich Wirbel, der Feuersturm bricht los. Da wird jeder Löschversuch vergebens. Die Luftschutzwarte müssen es einsehen.

 

Panische Angst löst die Lähmung der noch in Deckung Gebliebenen. Das brennende Benzin frisst sich auch in die Keller, denn viele dieser Bomben sind auf die Straßen und in die Wohnungen der tiefer gelegenen Stockwerke gefallen. Raus aus den Kellern! Raus aus diesen flammenden Straßen! Rettet das Leben! Aber wie, wo, wohin? In den engen Quartieren der Altstadt, des Löbenicht, des Kneiphofs stehen Flammenwände. Die ums Leben laufenden Menschen finden die Ausgänge der Straßen versperrt. Wohin sie sich wenden, sind Flammen, Flammen, Flammen. Die Mutigen, die Kräftigen brechen durch. Aber viele sinken ermattet zusammen, ersticken und verbrennen auf dem Straßenpflaster, auf dem von der Glut aufgeweichten Asphalt, der die Schritte hemmt wie ein Sumpf. Einige im Kneiphof erreichen den Domplatz, suchen Schutz in den starken Mauern des alten Gotteshauses der samländischen Bischöfe. Sie entrinnen der Glut nicht. Durch die hohen Fenster schlagen die Flammen hinein. Bildwerke, Gestühle brennen auf. Bis in die Grüfte der Toten folgt das Feuer den Schutzsuchenden.

 

Auch die Pregelbrücken sind versperrt. Der Holzbelag brennt. Die Schiffe brennen. Viele springen in den Fluss, in dem die meisten elend ertrinken, weil sie nicht mehr die Kraft zum Schwimmen haben. Es ist, als ob Feuer und Wasser sich verschworen haben, zur Vernichtung von Menschenleben. Auch im Schlossteich finden viele ein nasses Grab. Über den Münzplatz schießen dicht über das Pflaster hin viele meterlange Stichflammen. Wie gierige Reptilzungen greifen sie nach ihren Opfern. Überfüllte Boot auf dem Teich kentern. Andere werden von dem Sog um die Schloßteichbrücke angezogen, über deren hölzernem Gebälk haushohe Flammen stehen. Die festen Gebäude des Miramar und der Münzstraße stürzen zusammen wie die alten Barockhäuser im Kneiphof. Nur das Parkhotel, kaum getroffen, wird von der Feuerwehr gehalten.

 

Auf dem Gesekusplatz steht die Feuerwehr vor der Wahl, das kriegswichtige Telegrafenamt zu halten oder das traditionserfüllte Schloss. Unter dem Geläute der Glocken, die von der Glut in Schwingungen gesetzt werden, brennt die Wiege der preußischen Monarchie aus. Vom Schlossturm dröhnen die ehernen Rufer, bis sie aus den verbrannten Glockenstühlen stürzen. Die anderen Kirchen fallen ein in den wilden Grabgesang. Die Altstädtische, die Burgkirche, Barbara auf dem Berge im Löbenicht, die Kirchen der beiden Roßgarten, des Sackheim, der Dom. Nur Königsbergs ältestes Gotteshaus auf dem Steindamm bleibt unversehrt. In den Kellern unter der Schlosskirche fließt meterhoch kochender Wein aus den in der Glut geborstenen Fässern.

 

In diesem Chaos geschehen Wunder an Tapferkeit. Männer und Frauen, Soldaten und Bürger, Kriegsgefangene Franzosen greifen zu, bergen Menschen aus Flammen, aus eingestürzten Häusern. Letztes Wasser, das Hydranten und Löschteiche hergeben, spritzt die Feuerwehr in die Flammen, um darin Eingeschlossene ins Freie zu retten. Erschöpfte, Verletzte werden geborgen, in die Krankenhäuser und Kliniken gebracht, Frauen, Kinder und Greise in die nicht gefährdeten Außenbezirke geleitet.

 

Grauenvoll schaurige Bilder bieten sich dem Auge. Durch die Hitze des riesigen Flammenmeeres erhebt sich aus der Hafengegend, vom Speicher-Viertel her, ein mächtiger Sog. Wie das dürre Laub im Herbst werden Menschen durch den mächtigen Sog angezogen und in das Flammenmeer unbarmherzig gerissen. Bis tief in die Provinz hinein leuchtet der Feuerschein der brennenden Stadt am Pregel und lässt die Bewohner Ostpreußens Schreckliches ahnen. Hundert Kilometer und mehr entfernt starren die Bewohner in Richtung Königsberg, Aschenregen kündet ihnen die Katastrophe ihrer Hauptstadt an.

 

Ein wundervoller Spätsommertag geht auf über der brennenden Stadt. Aus dem Samland, aus Natangen kommen Bauern mit Wagen, bringen Lebensmittel, fahren unermüdlich Menschen und gerettete Habe aus Königsberg aufs Land. Wer nicht gebraucht wird zur Bekämpfung der immer noch um sich greifenden Brände, soll die Stadt verlassen. Aufräumungsarbeiten beginnen und die Suche nach den Toten.

 

Die annähernd genaue Zahl der Opfer dieser Katastrophe wird nie festgestellt. Einige Tausend werden auf Straßen, in Kellern unter fortgeräumten Schutt gefunden. Hunderte werden aus dem Schlossteich oder Pregel gefischt. Was aber unter den riesigen Schutthalden zusammengestürzter Häuser auf dem Kneiphof und im Löbenicht begraben liegt, weiß niemand. Da ist auch heute noch nicht aufgeräumt.

 

Tagelang wüten die Brände. Aus den Speichern am Hundegatt und auf der Lastadie steigt noch nach Monaten stinkender Qualm Und die wenigen Häuser, die damals stehen geblieben sind, werden zerstört bei den letzten Kämpfen um und in Königsberg.

 

Diese Stadt gibt es nicht mehr, sie ist ein Schutthaufen, an deren Rändern Ortschaften wie Ponarth, Liep, Juditten,und Ratshof liegen. Königsberg ist in der Nacht vom 29. zum 30. August 1944 in Flammen untergegangen. Königsberg, die siebenhundertjährige deutsche Stadt, die Stadt Immanuel Kants wurde ausgelöscht in einer einzigen Nacht.

Foto: Der Hauptbahnhof wurde 1944 wenig beschädigt. Aufn.

 

 

Seite 7   Viehherden auf der Weide. Von Sabine Hoth

Foto: Unser Herdbuchvieh. Aufn.: Sabine Hoth

Foto: Weidende Herde am Wald

 Wir stehen mitten im Hochsommer, wenn diese Zeilen hinausgehen in alle Winde zu unseren weit im Lande verstreuten Menschen, die doch eine große Schicksalsfamilie sind. Ein Frühling zog an uns vorbei in seiner vielfachen Blütenpracht, rief die Menschen wieder hinaus an die Arbeit, auf die Felder in die Gärten - die Tiere auf die Weiden - brachte uns wieder den Geruch von frisch geackerter Erde und jungem Laub. Ein Sommer lässt die erwachte Natur nun wachsen und reifen.

 Ganz wie zu Hause?

 Nein doch nicht! Tausende von uns, die einst selbst über eigenen Boden schritten oder doch viele Jahre lang auf demselben Fleck Erde gearbeitet haben und mit ihm verwuchsen zum Wohle alles Lebens, das sie umgab - seien es Pflanzen oder Tiere - sie alle empfinden das Gleiche: wir stehen jetzt, im Großen gesehen, doch daneben. Wir sind nur noch stille Zuschauer. Die braune Viehherde des Dorfes dort, der Obstbaum hinter jenem Gartenzaun, das Feld, an dem uns täglich der Weg zur Arbeit vorbeiführt - - alle ist so anders.

 

Und wir alle - alle, die wir mit der Heimat unsere Wurzeln verloren - sind wir nicht besonders allein in dieser schönen Jahreszeit? Allein mit tausend Bildern von einst? - - Ein  Bild – ein Geruch – ein Ton - - Uns traf es plötzlich ins Herz. Der andere neben uns hat nichts bemerkt, aber wir sind plötzlich allein – ganz allein. Ob da Bienen summen im blühenden Rapsfeld, ob der Wind durch ein eben geschosstes Ährenfeld rauschte, ob ein Rehbock in abendlicher Stille vom Wald her schreckte, ob wir früh, wenn die Welt noch schlief, eine Kuh fern von der Weide her brüllen hörten - wir hören etwas mit, das eben nur wir hören - dieselben Töne von einst: aus einer anderen Landschaft kommend, durch eine andere Luft zu uns getragen.

 

Das alles lässt sich nie wieder wegwischen. Es stammt aus Kindertagen. Uns unbewusst wuchs ein Land in uns hinein. Und dieses Land ist nicht tot. - Nicht solange wir leben.

 

Tausend einzelne kleine Züge einer Landschaft sind es, die ihr Wesen bestimmen, die zusammenklingen und dann eben das ergeben, was für uns „Frühling" - „Sommer" zu Hause bedeutete und bedeutet. Unsere Viehherden, zeigen diese Bilder. Oh ja, wie so manchem unter uns geben sie einen Stich ins Herz. „Mein Vieh, mein Stolz und meine Freude, das aus einer Zucht stammte, die Großvater begründete, die Vater auf eine Höhe brachte, so dass ich sie wie ein kostbares Erbe übernahm, und der auch meine Kraft galt, die mir Tiere brachte, die sich sehen lassen konnten weit hinaus über die Grenzen unserer Provinz - ja unseres Vaterlandes! Und ein Tag, ein Tag entriss mir das alles! Lieferte es aus an eine Macht, die nicht einmal ahnte, was da in ihre Hände fiel." Und da steht vor uns der Wintertag, an dem dieses alles geschah. Die letzte Stunde, vielleicht noch der letzte Gang durch den Stall. Ungemolken, unversorgt brüllte das Vieh, als wir als Letzte den Hof verließen - - um nie, nie wieder dieses alles zu vergessen.

 

Still lasst uns noch einmal die Bilder anschauen in ihrem tiefen sommerlichen Frieden. Lasst uns doch auch die hellen Erinnerungen hervorholen. Wir denken an den Frühlingstag, da es hieß: heute treiben wir aus! Welch eine bestimmte, nicht sichtbare, und doch für jeden spürbare Unruhe im ganzen Betrieb in den Morgenstunden, bis es so weit war. Heute war also der Tag! Gestern noch hatte der Melkermeister es abgelehnt: Nein, nein, der Montag oder der Freitag taugt nichts - da treibt man nicht aus. Selbstverständlich einigte man sich vorher über den Tag, den richtigen! Und dann gingen die Stalltüren auf, und nach langer Winterruhe lockte die Freiheit. Wie so manche alte Kuh kam da in hohen Sprüngen heraus! Und dann ging es da und dort zum Kampf mit irgendeiner alten Feindin oder um auch nur zu erproben, ob man auch noch etwas tun konnte, nachdem man ein halbes Jahr still auf einem Platz gestanden hatte, denn die Winterweide und der Winterauslauf waren auf den meisten Höfen noch nicht durchgeführt. Wurde es dann allmählich ruhiger auf dem Hof, so hieß es: zusammentreiben und los! Ein Melker lief voran. Es ging oft weit durch Feldwege bis zur Weide. Und alles, was da junge Füße hatte im Betrieb, das trabte mit, um rechts und links vom Weg die Felder zu sichern. Bei der alten Herde war es nicht so schwierig, sie kannte ja den Weg. Aber dann kam das Jungvieh! Jedes Jahr gab es da Erlebnisse! Immer waren da Schnellläufer, die kein Menschenfuß einholen konnte, gleich ob sie ins schönste Feld oder gar in den Wald preschten. Und immer gab es junge Tiere, die nicht weiterzubringen waren, die geblendet von Sonne, nicht begriffen, warum sie absolut vom Hof oder gar einen weiten Weg machen sollten.

 

Ja, das sind Erinnerungen, die heute noch Freude sind, und die jeder, der dabei war, noch auf seine Weise vervollständigen kann.

 

Und jeder, der das Sommerleben in einem Landhaus miterlebt hat, kennt nicht die Aufregung, die plötzlich ins Haus fährt, meist in still sonntäglichen Vormittagsfrieden: „eine Kuh ist aufgebläht, schnell, schnell Eier, Salmiak usw."

 

Oder in dürrer Sommerzeit, wenn das trockene Gras auf den Weiden nicht mehr schmeckte, der Ruf erschallte - wie oft auch gerade am Sonntag! - „Das Vieh ist ausgebrochen! In Nachbars Rüben! Schnell, wer läuft mit?" Hei, unsere Ferienkinder! Extrafreude!

 

Wie gern stand man inmitten so einer friedlich grasenden Herde. Nahe verbunden der heimatlichen Natur mit ihren Lebewesen.

 

Und alle - auch die Ostpreußen, die nicht selbst Vieh besaßen oder in seiner Nähe lebten - alle liebten die schwarzweißen Herden in unserer Landschaft. Sie gehörten in das Bild hinein wie die weiten Felder, wie die Birkenchausseen, wie die alten Linden an den Höfen, wie unsere Pferde auf Feldern, Straßen und in Weidegärten. Sommer in der Heimat. – Unvergessen für immer. –

 

 

Seite 7   Ostpreußischer Bauer. Von Otto Losch

 Nun muss ich zu der Erde gehn,

Wenn ich aus schwerem Schlaf erwacht

Und in den tiefen Furchen stehn,

Die für die neue Saat gemacht.

In fremder Furche muss ich knien, In Erde betten mein Gesicht  

Und lauschen auf der Vögel Ziehn

Und wieder stehn vorm Gott-Gericht.

Und abermals spricht Gott: „Noch nicht." –

Noch nicht wie Vögel heimwärts ziehn.

Noch nicht im süßen Frühlingslicht

Leicht wie die Wolken ostwärts fliehn. –

Die fremde Scholle schmückt sich grün

Und lädt mich ein, ihr Kind zu sein . .

In meinen Nächten aber blühn

Die Heimatfelder still und rein.

 

 

Seite 9   Jul Freymuth 70 Jahre alt. Ein Maler der ostpreußischen Landschaft.

 Als er noch in Königsberg lebte und wirkte, gab es keine Ausstellung und nur wenig wirklich kultivierte Privathäuser, in denen nicht Ölbilder oder Aquarelle von Jul Freymuth zu sehen waren, diesem ostpreußischen „Erdlebenmaler", diesem eigenwilligen Gestalter von „Wolken, Luft und Winden", die aus Baum und Strauch und Feld und Kate, aus Dünenwelle und Meereswogen und aus der Stille der masurischen Seenwelt ein Düster-Bewegtes oder Dunkel-Lastendes oder ein sonnig durchleuchtetes Lichtwunder von zauberischer Transparenz machen.

 

Freymuth hat die lichtgesättigte Atmosphäre früh schon als das Allbewegende der sichtbaren Welt erkannt, er hat sich aber nie mit der bloßen Freude am farbigen Abglanz begnügt wie die Meister des klassischen Impressionismus, weil eben dies Allbewegende, das bald dämmerig nieder ziehend, bald befreiend und erhebend, reinigend und klärend sich auswirkt, sein Urerlebnis ist, das sich ständig vertieft hat, allen äußeren Schicksalsschlägen, allem harten Zeitgeschehen, aller Not des Heimatvertriebenen zum Trotz. Seine Landschaften sind gemalte Epen, die der menschlichen Figur entraten können, und wo der Mensch erscheint, steht er nie in der Mitte, bildet er nie den Schwerpunkt des Bildes.

 

Freymuths Weg ist konsequent von außen nach innen gegangen, er ist immer einfacher, gesammelter, großflächiger und in der Farbe liebenswürdiger geworden, ob er nun Landschaften malt oder Blumenstillleben von geheimnisvoller Leuchtkraft.

 

Geboren wurde Jul Freymuth in Köln, am 8. Juli 1881, doch rollt ostpreußisches Blut in seinen Adern. Studiert hat er an den Kunstschulen von Köln, Düsseldorf und Königsberg, dann führte ihn sein Lebensweg zeitweilig in die Schweiz (Engadin), an die mazedonische Front und schließlich bis 1944 nach Königsberg und vor allem Masuren. Seitdem lebt er in Nußdorf am Inn. 1928 hat er den Albrecht-Dürer-Preis erhalten. Die Regierung hat mehrfach Bilder von ihm gekauft, ebenso die Stadt Nürnberg. Die Museen und verschiedene Behörden in Königsberg, Stettin und Hamburg haben Bilder von ihm erworben. Karl Scheffler hat sein Werk in seiner Zeitschrift „Kunst und Künstler" vor langen Jahren eingehend gewürdigt. Gerade die allerletzten Jahre haben einen erstaunlich starken Ausreifungsprozess in Freymuths Schaffen offenbar werden lassen. Er ist noch lange nicht am Ende und hat denen, die sehen können, jenseits aller Schulzusammenhänge immer Neues und Tieferes zu sagen.

Dr. E. Kurt Fischer

 

 

Seite 9   Robert von Hippel zum Gedächtnis.

(Geboren 8. Juli 1866, gestorben 16. Juni 1951)

 Am 16. Juni 1951 starb Robert von Hippel in Göttingen, wenige Wochen vor Vollendung seines 85. Lebensjahres. Mit ihm verlor die juristische Fakultät der Universität, der er seit 1899 angehörte, ihren Senior, die Wissenschaft des Strafrechts, die er durch Arbeiten auf fast all ihren Gebieten wie durch zusammenfassende Lehrbücher wesentlich gefördert hat, einen Gelehrten von internationalem Ansehen. Aber vielleicht stärker noch war die lebendige Wirkung seiner Vorlesungen, deren kristallene Klarheit das zu Lernende auch dem Ungeübten leicht und fassbar machte, wobei der Hörer hinter dem bloß Begrifflichen menschliche Wärme spürte, ein wahres Bemühen um seine persönliche Fortbildung auch im moralischen Sinne und eine Lauterkeit der Gesinnung und des Wesens, der sich nur schwer jemand entzog. Noch heute tragen Hunderte ehemaliger Hörer, die längst in Amt und Würden sind, die Erinnerung an Robert von Hippels Lehrtätigkeit in sich wie einen geheimen Schatz nicht nur des Wissens, sondern der inneren Berührung mit einer wie kindlich lauteren Seele, welche ihre Umgebung besser macht, weil sie an das Gute in jedem, an den sie sich wendet, glaubt und es so hervorruft und belebt.

 

In dieser Verbindung von Gefühlsstärke und Zartheit bei ausgeprägter Männlichkeit und Willenskraft war Robert von Hippel ein echter Sohn seiner ostpreußischen Heimat, der er mit der ihm eigentümlichen Treue und Unbeirrbarkeit sich immer verbunden gefühlt hat. So beginnen die in Göttingen geschriebenen Lebenserinnerungen mit einem Rückblick auf Königsberg, wo Robert von Hippel am 8. Juli 1866 geboren wurde. Als „goldene Kinderzeiten" erscheinen ihm die dreizehn Jahre seiner dort verbrachten Jugend, und als „trostlos" der Abschied von der Heimat, als sein Vater 1879 einem Ruf an die Universität Gießen folgte. In diesen Kinderjahren mit ihren häufigen Besuchen bei Verwandten auf dem Lande entfaltete sich bei Robert von Hippel auch jene tiefe Liebe zur Natur, der er als Jäger und Wanderer auch später nahe blieb, und die nicht nur einen Ausgleich gegen die geistige Arbeit für ihn bedeutete, sondern in der sich auch eine andere Seite «eines Wesens offenbarte, die ihn wiederum mit Ostpreußen verband, und auf der die innere Gesundheit seines Wesens mit beruhte.

 

Groß ist der Verlust, den wir erlitten, denn selten verbindet sich so in einem Menschen genauestes Fachwissen mit Seelenreinheit, Güte und Adel der Gesinnung.

 

 

Seite 10   Landsleute bitte herhören!

 Wir suchen seit langem eine große Anzahl vermisster Arbeitskameraden. Durch die Berichterstattung seitens unserer Landsleute ist bewiesen worden, dass fast jeder schwierige Fall sieh klären lässt, wenn alle sich daran beteiligen würden. Namens der in der Ungewissheit lebenden Angehörigen, bitten wir, insbesondere alle Sanitäter der verschiedenen Zivilgefangenenlager, sich noch einmal die Veröffentlichungen unserer Such-Artikel anzusehen und uns über den einen oder anderen Vermissten alles Wissenswerte mitzuteilen. Fürsorgerinnen, die im Dienste des russischen Roten Kreuzes standen, Schwestern aller Krankenhäuser und Krankenbetreuerinnen der Stadt Königsberg/Pr., meldet Euch bitte. Aber auch Volkssturmkameraden müssten über den Verbleib der Vermissten Bescheid wissen. Helft bitte über uns den Angehörigen, die Euch dann zu großem Dank verpflichtet sind.

 

Wir suchen:

 Wilhelm Schmidt, geb. 28.04.1884, Pumpwerk (KWS.), wohnhaft zuletzt Liegerweg 15a.

 

Artur Schmidt, geb 18.03.1887, Pumpwerk (KWS.), wohnhaft Ratshof, Gerlachstraße 91.

 

Willi Lopp, Elektro-Meister, Hafen. Soll als Schreiber im Lager Neuhof eingesetzt gewesen sein, dann angeblich im Gefangenenlager Kaiserwald bei Riga; seit 1947 evtl. weitertransportiert. Wohin kam Lopp? Kameraden meldet Euch, insbesondere Kranführer Schamminger. Der Fall muss sich doch klären lassen? –

 

Frau Gerda Kowalczyk, Angestellte, wohnhaft Wrangelstraße 17, zuletzt im Stadthaus tätig gewesen. Wer war 1945 mit der Genannten zusammen?

 

Fräulein Kühnast, Angestellte im Abonnementsbüro des Opernhauses, wohnhaft Sattlergasse. Wird von Kollegen gesucht.

 

..... Dedat, Lehrer an der Kant- und später Krausschule. Kurz vor der Einnahme Königsbergs, Lebensmittelverteiler im Stadthaus. Soll beim Durchbruch nach dem Pregel im Volksgarten im Kampf gestanden haben. Wo blieb Dedat nach dem Rückzug zum Stadthaus? Wer war mit Dedat zusammen?

 

Max Kördel, Vermess-Ob.-Inspektor, ist auf dem Wege von der Ballieth-Kaserne nach Juditten durch Granatsplitter gefallen. Wer hat ihn begraben helfen. Wo befindet sich seine letzte Ruhestätte? Kameraden seiner Einheit (Stab der Nachrichtenkaserne Ballieth) meldet Euch! –

 

Frau Herta Hölge, geb. Guske, Sparkasse Stadthaus, angeblich Ende April 1945 versucht, nach Westpreußen zu kommen. Am 28.01.1945 vom Hauptbahnhof nach Pillau zu gelangen. Wer war dort mit der Genannten zusammen?

 

Herbert Rahn, Stadtinspektor, zuletzt Jugendamt, Artilleriestraße, dann Familienunterhalt Handelshochschule, Wohnung Schrötterstraße. Nach seiner Einberufung Soldat in Polen. Wo blieb Rahn?

 

Max Schimkat, Magistratsschulrat. 1944 nach Pr. Eylau evakuiert. Anfang Februar 1945 Fußweg nach Danzig, dann infolge einer Blutvergiftung dort im Stadt. Krankenhaus aufgenommen. Wer war mit Schimkat zusammen? Schwestern und Pfleger des Danziger Stadt. Krankenhauses meldet Euch. Gebt über Schimkat Bericht ab.

 

Kaufmann Familie Thulke, Gumbinnen. Fehlt bis heute jede Spur. Gumbinner Landsleute meldet Euch, wenn Ihr was zu berichten wisst. Familie Torkler ist daran interessiert.

 

Erich Neumann, Sparkassenkassierer, Wohnung Flottwellstraße 17, zuletzt Sparkasse Stadthaus. Januar 1945 zum Volkssturm eingezogen. Als Verwundeter Blindenanstalt eingeliefert. Als tot gemeldet. Widersprechende Berichte sind eingegangen.

 

Gesucht werden die Lehrer: Otto Peppe, Hufen, Emil Weißenberg, Hintertragheim 53/57, Bruno Singer, Münzstraße 20/23, Oskar Rogge, Ponarth.

 

Bruno Tresp, Stadtob.-Insp., beschäftigt im Stadthaus, letzte Wohnung Brismannstraße 4a. Seit 09.03.1945 keine Spur mehr vorhanden.

 

Aus der Goltzallee 13 werden gesucht: Familie Rechtsanwalt Nüske, Familie Christoph.

 

Goltzallee 24 wird gesucht: Familie Lothar Neubauer.

 

Goltzallee 17 wird gesucht: Familie Kramer.

 

Heinz Radtke: Königin-Viktoria-Allee 12.

 

Ottokar Bergau aus Königsberg Pr.

 

In Stadt Oldenburg/Oldbg. suchen wir den Heimkehrer Wessel, im Kaufhaus Jahnke tätig. Landsleute, wer klärt diese Angelegenheit?

 

Frau Dr. Tietze, Staatsanwältin, fehlt bis jetzt jede Spur.

 

Witwe Ursel Krause: Ehefrau des Oberregierungsrat (geb. Chmilewski, Fluchtweg als Krankenschwester mit Wehrmacht, Richtung Berlin.

 

Christel Jürgasch Saul, Angestellte. Bis heute keinen Weg gefunden, der zur Aufklärung führen könnte. Wird von einer Landsmännin aus Spanien gesucht.

 

Frau Juliane Johannsen, Angestellte (Stadthaus) in Danzig-Neufahrwasser, am 11.02.1945 verstorben. Gesucht werden die Angehörigen Rettketwitz, Lauenburg/Pommern. Landsleute aus Pommern, meldet Euch. Wer kannte die Angehörigen und wo wohnen sie heute?

 

Karl Rau, Kartograph, zuletzt Stadthaus beschäftigt gewesen. Wohnung Schleiermacherstraße 29.

 

Günter Kalbe, zuletzt Oberfähnrich bei der Jagdrammstaffel 308. Einsatzort Flughafen Wien, dann Leutnant der Luftwaffe. Angeblich gefallen 16.07.1944, jetzt Berichtswiderspruch. Wer kann über seinen Verbleib berichten? Soll in einem Heim als 100prozentiger Kriegsbeschädigter untergebracht sein. Kameraden meldet Euch!

 

Paul Wiesenthal, Angest. Kriegssachschadenstelle. 06.04.1945 zum Volkssturm mit Schwertfeger, Lessinghaus, Haydenstraße 3, eingezogen. Später im Lager Georgenburg bei  Insterburg gesehen. Von da ab fehlt jede Spur.

 

Paul Lokau, zuletzt auf dem Landesfinanzamt gesehen worden.

 

Gustav Srhwarzrock, Angestellter, letzte Nachricht 23.03.1945, Wohnung Yorkstraße 70, zuletzt Wirtschaftsstelle für Bäckereibetriebe, Weidendamm, beschäftigt.

 

Angestellte Klement, Sparkasse Viehmarkt, fehlt jede Nachricht.

 

Preuß, Spark.-Haupt-Rendant, i. R., Alter 90 Jahre, 16.04.1945 nach St. Lorenz gebracht. Seitdem fehlt jede Spur. Wer war mit ihm dort auf der Wiese zusammen? Die Eheleute wurden dann getrennt.

 

Wermim, St.-Ob.-Insp. Blieb 1945 in Königsberg zurück. Vielleicht als Volkssturmmann an der Burgschule eingesetzt. Wer sah Genannten im Lager Stablack? Wermim gehört zu den Kameraden, die bis heute verschollen blieben. Helft der Ehefrau ihn ausfindig machen. Meldet Euch, wir suchen dann weiter.

 

Meta Buszick, Fürsorgerin. Blieb in Königsberg zurück. Widersprechende Berichte.

 

Rudolf Dembowski, St.-Ob.-Insp., zuletzt Betreuer des Altersheims in der Burgschule. Leider konnte immer noch kein Lichtblick im Falle des Kollegen Dembrowski gefunden werden. Von den 200 Insassen müsste doch einer berichten können. Meldet Euch, die Ihr mit Dembrowski zusammen wart. Lasst Euch nicht immer wieder bitten. Die Angehörigen warten auf ein Lebenszeichen.

 

Ilse Voigt, Stenotypistin, zuletzt Standesamt III. Voraussichtlich Lager Pillkallen. Angehörige dieses Lagers müssten doch Auskunft geben können. Insbesondere bitten wir die Lagerführerin Frau D., sich dieses Falles anzunehmen.

 

Albert Lemke, Buchhalter der Stiftung für gem. Wohnungsbau. Seit März 1945 vermisst.

 

Fritz Bartsch, Betriebssekretär der Städt. Druckerei. Ende Januar 1945 Volkssturm 25/80, 1. Komp.; Ostern 1945 verwundet. Lazarett Rettungsstelle 2, Schenkendorfplatz.

 

Hans-Georg Worna, zuletzt Fahnenjunker, Feldwebel, 3. Komp. Pi.-Batl. Ullrich von Hutten. Letzte Nachricht Kämpfe um Kleutsch bei Dessau, seitdem vermisst.

 

Horst Schreiber, Feldpost-Nr. 04 447 D. Soll in Moskau gesehen worden sein. Vermisst seit Juni 1944 bei Brijansk und Baranowitschi.

 

Fritz Hirth, wurde nach kurzer Ausbildung im Stablack nach Steinkirch bei Pillkallen eingesetzt, seit 1944 vermisst. Feldpostnummer 05 833.

 

Minna Einsiedler, blieb mit ihrer alten Mutter, Frau Hoppe, Kalthöfische Straße 37, zurück. Bis heute fehlt jede Spur.

 

Sahm, Otto, St.-Insp. Betriebskrankenkasse. Letzte Nachricht 22.03.1945. Wo blieb dieser Kollege?

 

Karl Sellner, St.-Insp., zuletzt Lager Pr. Eylau. Wer weiß, ob Sellner 1946 die Zeit des Lagerlebens überstanden hat?

 

Adolf Wischnewski, Stadtassistent i. R., zuletzt nach der Ausbombung in Pörschken bei Heiligenbeil.

Kurt Stolzenberg, St.-Ob.-Sekr., letzte Wohnung Samitter Allee 91. Soll angeblich im Krankenhaus der Barmherzigkeit verstorben sein. Wer hat ihn dort gesehen?

 

Werner Bartnick, Stadtoberinsp. Angeblich im Dezember 1945 in Königsberg verstorben.

 

Helmut Dedat, Feldwebel im Nachrichtenzug d. Gren.-Regt. 399 (170 Div.), Feldpostnummer

16 691.

 

Wolfgang Dedat, Unteroffz. Sicherungsregt. 390, Feldpost-Nummer 07 228 E.

 

Eduard Kittler, Lederwarengroßhändler, zuletzt 17.07.1945 Lagerlazarett Georgenburg bei Insterburg. Heimkehrer, meldet Euch, wenn Ihr mit dem Genannten zusammen wart. Schwestern und Sanitäter des Lagerlazaretts werden um Auskunft gebeten. Lagernummer L 55 563.

 

Elisabeth Rosenstock, geb. Brunhardt, Witwe des Stadtrats Rosenstock, Königsberg. Letzte Wohnung Luisenhof 3. Nach der Besetzung mit Tochter Lager Carmitten. Schwestern und Sanitäter, bitte meldet  Euch, wenn Ihr Auskunft geben könnt. Je weiter die Zeit vorwärts schreitet, desto schwerer fällt einem der Name des Gesuchten ein.

 

Fräulein Ilsetraut Reiter. Bitte alle Landsleute, die über den Tod ihres Vaters, Stadtgartenbauinspektor Paul Reiter, etwas berichten können, über uns um Nachricht.

 

Frau Viktoria Splittgerber, Tochter des verstorbenen Verwaltungsrat Hans Radtke, ist an einem Bericht über Leben und Tod ihres Vaters interessiert. Landsleute, gebt über uns Nachricht.

 

Hedwig Olivier, St-O.-Sekr.in. Auf der Flucht bis Saßnitz (Seeweg) auf Dampfer Potsdam schwer darmkrank. Voraussichtlich in einem der nächsten Anlaufhäfen mit den Verwundeten ausgeschifft. Bis heute keine Spur über den Verbleib der Genannten gefunden. In Dänemark, wo Schiff Potsdam landete, ist sie nicht angekommen. Wer weiß etwas zu berichten? - Die Annahme, dass die Genannte ihrem Leben durch einen Sprung in die Ostsee ein Ende bereitete, ist nicht von der Hand zu weisen? Kameraden der „Potsdam", meldet Euch. An diesem Fall sind unzählige Landsleute interessiert.

 

Friedrich Wächter, Angestellter der Fuhrgesellschaft, zuletzt Stadthof Süd, Straßenreinigung, Wohnung Artilleriestraße 53.

 

Bruno Wiemer, Oberbauleiter d. Stftg. für gem. Wohnungsbau. Seit 09.04.1945 keine Nachricht mehr. Wer war mit ihm zusammen und kann den richtigen Suchweg weisen? - Die Aufklärung muss doch möglich sein? Denkt an die Angehörigen, die heute noch in der Ungewissheit leben.

 

Ernst Wolff, Brückenaufseher, seit 28.10.1943 in Rußland vermisst?

 

Rusch, Stadtinspektor. Am 08.04.1945 in Zivil mit umgehängtem Gewehr vor dem Wirtschaftsamt gestanden, gesehen worden. Seitdem fehlt jede Spur. Wo blieb Kollege Rusch?

- Wer waren seine Kameraden, wer sein Gruppenführer?

 

Dr. Arno Naumann - Messeamt - Städtereklame. Ehefrau Maria geb. Schwarz, bzw. Sohn Ulrich, von Firma Brüder Plorin, Bonn, gesucht. Nachricht über uns.

 

Bruno Kirbach, St.-Ob.-Sekr., Wohnung Verder-Roßgarten. Dienststelle Betriebskrankenkasse. Fehlt jede Spur. Da Kirbach von verschiedenen Seiten gesucht wird, wird um Bericht über seinen Verbleib gebeten.

 

Hermann Thiele, Stadtamtmann. Angeblich im August 1945 in Königsberg. gesehen und gesprochen worden. Berichterstatterin Frau Neumann wird um Angabe ihrer Adresse gebeten. Ferner war der Genannte im Lager Georgenburg als Krankenträger eingesetzt. Heimkehrer, Schwestern und Sanitäter dieses Lagers, bitte meldet Euch bitte, wenn Ihr Auskunft geben könnt.

 

August Hewers, Konzertmeister vom Stadttheaterorchester, ist 1945 verstorben.

 

Friedrichstraße 12 werden gesucht: Franz Sauvan, Lisbeth Hein,

Otto Fritsch, Herta Sebald.

 

Wilhelmstraße: Franz Kühn, Franz Kuhnert.

 

Magisterstraße 41: Richard Schmeer.

 

Königstraße: Böhm und Wiesbaum.

 

Emil Hock, Gasrohrnetzprüfer, zuletzt Volkssturm, Wohnung Albrechtstraße 14. Fehlt bis heute jede Spur. Volkssturmkameraden, meldet Euch!

 

Paul Jürgens, St.-B.-Ob.-Insp. Letzte Wohnung Hans-Sagan-Straße 25, II. War als Flakwehrmann eingezogen. Feldpost-Nr. L 52 102/1, Lg.-Pa. Berlin. Männer seiner Einheit, bitte  meldet Euch doch. Es sind viele Landsleute über seinen Verbleib interessiert.

 

Bernhard Lau, St.-Insp. Den vielen Suchenden nach diesem Arbeitskameraden zur Kenntnis, dass er sowie seine Ehefrau in seinem Garten, Siedlung Turnersruh, begraben worden sind. Er ist in Königsberg verhungert.

 

Lukan, St.-Ob.-Insp., Rechn.-Prü.-Amt. Sanitätshelferinnen des Russischen Roten Kreuzes, die Ihr von Haus zu Haus ginget: „Wer sah und sprach den Vorgenannten? Irgendwie müsst Ihr ihn gefunden haben?" Vielleicht führte sein Weg auch über die Wrangelkaserne Rothenstein. Volkssturmmänner, wer kannte Kollegen Lukan? - Wer sah oder sprach ihn evtl. in Litauen? Der Suchweg muss gefunden werden. Landsleute, beteiligt Euch alle daran.

 

Tiedtke, St.-Ob.-Insp. Angeblich in der Polizeikaserne General-Litzmann-Straße ausgebildet. Als Volkssturmmann an der Burgschule eingesetzt. Später im Lager Stablack gesehen worden. Auch könnte sein Weg nach Litauen geführt haben, wo von uns schon mancher gefunden wurde. Wer sah oder sprach ihn dort?

 

Henning, Erich, Stadt-Insp. Wer kann über seinen Verbleib Bericht erstatten? Auch hier muss doch ein Weg gefunden werden, der zur Aufklärung führt.

 

Weitere Veröffentlichungen in der nächsten Nummer dieses Blattes.

Landsleute, gibt bitte das Heimatblatt Euerm nächstwohnenden Kameraden weiter, dann kommen wir schon zum Ziel.

 

Ferner werden gesucht: Franz Brodde, Witwe Ursel Krause geb. Chmilewski (als Krankenschwester mit Wehrmacht nach Berlin), Frau Grete Kowalczyk, Kühnast, (Abonnementsbüro Opernhaus), Gartenbauoberinspektor Gustav Naumann (angeblich in Marburg gesehen worden), Herbert Rahn (St.-Insp.), Angestellte Ramm (Gesundheitsamt), Wilhelm Schmidt, Pumpwerk, Lieper-weg 15a, Artur Schmidt, Pumpwerk Ratshof, Gerlachstraße 91, St.-Insp. Kurt Schröder, Tietz.

 

 

Seite 11   Ostpreußischer Humor

 Erster Schultag für die Kleinsten des Dorfes. Der Lehrer hat ihnen schon das Stillsitzen beizubringen versucht und erzählt ein Märchen, da packt ein Jungchen seine Sachen geräuschvoll zusammen und macht sich reisefertig. „Nun, nun, wo wollst du hin?" fragt der Lehrer. — „Na, to Hus, wat wart de Mutta segge, wenn ick mi solang rumdriew!“

 

Seite 11   Familienanzeigen

 Ihre Vermählung beehren sich anzuzeigen: Ingenieur Heinz Jung, Saarbrücken, zurzeit Bielefeld (21a), Niederfeldstraße 4. Maria Theresia Jung, geb. Puttkammer, Bergheim/Erlt-Kenten, Brückenstraße 1 (22c), früher: Heilsberg, Ostpreußen. 4. Juli 1951.

 

1.  Oktober 1951 neuer Kursus für Schwesternschülerinnen. 1 Jahr theoret. und prakt. Ausbildung im Mutterhaus, dann Einkleidung und Fachausbildung in Krankenhaus- oder Kinder- oder Gemeindearbeit. Näheres durch Ev.-luth. Diakonissen-Mutterhaus Bethanien (23) Quakenbrück (früher:  Lötzen, Ostpreußen)

 

 

Seite 11   Suchanzeigen

 Achtung! Königsberger! Rautenberg, Andreas und Frau Johanna, geb. Haak, vor der Ausbombung in Königsberg, Hintertragkeim 64 wohnhaft. Evakuiert nach Rauschen, Haus Stadie. Wer kann mir Auskunft über meine Eltern geben? Nachricht erb. an Hugo Rautenberg, Köln am Rhein, Bonner Straße 40.

 

Schubert, Paul, geb. 16.08.1916 In Nickelsdorf, Kreis Wehlau. Mein Sohn war Infanterist, kam am 01.12.1944 von der Küste (Antwerpen) nach Russland. Letzte Nachricht aus der Ukraine, gefangengenommen am 21.12.1944 mit einem Transport. Er war mit Kameraden aus Gertlauken, Kreis Labiau zusammen. Wer kann über den Verbleib meines Sohnes Nachricht geben? Frau Luise Mauscherning, Ohrem, Post Hedwigsburg, Kreis Goslar über Braunschweig.

 

Schulz, Otto, Oberlokführer und seine Frau Maria geb. Corinth aus Königsberg, Unterhaberberg 19, wird gesucht von Meta Höller, geb. Schulz (fr. Friedrichsruh bei Tapiau) jetzt Mohrum 25 über Lehrte.

 

Aschmoneit, Richard, geb. 20.09.1890 in Schleußen, Kreis Ebenrode. Mein Bruder ist als Umsiedler am 06.03.1951 im Lager Warburg, Nordrhein, eingetroffen. Wer kennt ihn und kann mir näheren Bescheid geben? Nachricht erb. an Hermann Aschmoneit, Achtum 15 b. Hildesheim, Kr. Marienburg.

 

Stelzer, Marie, geb. Marklein, geb. 19.08.1888, und ihre Tochter Liesbeth Stelzer, geb. Marklein, geb. am 28.03.1917. Beide geborene Königsberger, waren bis Frühjahr 1948 unter den Russen in Königsberg. Wer kann mir Auskunft über den Verbleib meiner Schwägerin geben sowie über Frau Margarete König, geb. Sucker, geb. 12.01.1884 in Königsberg? Sie wohnte auf dem Korinthendamm. Nachricht an Frau E. Marklein, Kl.-Wittensee, Kreis Eckernförde/Schles.-H.

 

Fischer, Lotte, geb. Stamm, geb. 05.08.1894 in Elbing. Im Dezember 1948 aus Königsberg nach Hedersleben (Ostzone) gekommen. Dort nicht aufzufinden. Ferner Bartel, Dora,

geb. 03.11.1928 in Cranz, Im Herbst 1944 in Stockstadt/Bayern gewesen. Nachricht erb. an Frau Maria Hill, Berlin N. 20, Bellermannstraße 81.

 

Selmigkeit, Fritz, Eydtkau, Werner Banowski, Sinnhöfen, möchte Papiere zurück geben. - Frau E. Hühnerbein, Anleng 95, Post Haarbach, Kreis Griesbach i. R. (Niederbayern), früher Eydtkau, Friedrich-Wilhelm-Straße 11.

 

Achtung! Elbinger! Wer weiß etwas über den Verbleib der Familie Gustav Porsch aus Elbing, Kreuzstraße 10 -11. Nachricht erb. an Ernst Glodde, Kl.-Gleidingen 26 über Braunschweig.

 

Brandstädter, Max, Königsberg. Regentenstraße (Porzellan-Brandstätter), Craf Lehndorff, Schloss Preyl (Samland), Generalfeldmarschall Küchler, Königsberg und Dr. med. J. Funk, Rostock, Parkstraße. Nachricht an Martin Raabe, Berlin-Lichterfelde-West, Enzianstraße 4 (Fr. Sanatorium Ostpreußen, Jungbrunnen).

 

Burblies, Gustav, Johann und Ferdinand gesucht von Adolf Bublies, jetzt Halhter 14 über Wolfenbüttel bei Braunschweig.

 

Rumänienkämpfer! Wer kann Auskunft geben über den Gefreiten Artur Kellert, geb. 08.10.1914, Jungbauer aus Romsdorf bei Schippenbeil. Letzte Feldpostnr. war 37 309, letzte Nachricht stammte vom 17.08.1944 aus Rumänien. Für jede Mitteilung dankbar. Nachricht an Elsa Kellert, (14a) Mühlacker (Württ.), Hofstraße 20.

 

Thews, Elfriede, aus Königsberg, Laptauerstraße 17. Wer kann mir Auskunft geben über den Verbleib meiner Nachbarin? Nachricht an Frau Angnes Hoff, geb. Potschinski, München 19, Kratzerstraße 37.

 

Schlie, Lucio, fr. Königsberg, am Jahnplatz (Judenfriedhof) gesucht von Walter Fabian, (20) Barsinghausen (Hann.), Hoppenkamp 10.

 

Zarrath, Frieda, geb. 05.08.1923 In Wokellen, Kreis Pr.-Eylau. Letzter Wohnort: Schönwiese bei Landsberg, Kreis Pr.-Eylau. Zuletzt gesehen in Palmnicken, sollte von dort mit Schiff nach Dänemark. Wer weiß etwas über den Verbleib meiner Tochter? Nachricht erb. an August Zarrath, Braunschweig, am Fuchskanal 12.

 

Wittrien, Anna, Friedrich, Ernst, Bruno, Irmgard, Friedericke, wohnhaft in Domäne Schaaken bei Liska-Schaaken, Kreis Königsberg, und Ernst Horch, Königsberg-Ponarth, Jägerstraße 92, werden gesucht von Frau Klara Böckel, Wolfsburg, Rothehoferstraße 5.

 

Berkowitz, Meta, geb. Balkartat, geb. 1897, zuletzt wohnhaft In Warnen, Kreis Goldap, Ida Barkartat, geb. 1912, zuletzt in Königsberg wohnhaft gewesen und Erna Spanka, geb. Balkartat, geb. 1916, zuletzt wohnhaft im Kreise Stallupönen. Angaben über die genannten Personen erbitte der Orts- und Kreisverein München, Gruppe West, Landshuter Allee 125 (Ostpreußenbund in Bayern).

 

Schuckat, August, geb. 23.06.1868 und Frau Elisabeth Schuckat, geb. 08.01.1869, soll bis Küstrin geflüchtet sein, wo sie krank wurde. Meine Eltern wohnten zuletzt in Osterode, Bölkestraße 18. Ebenso meine Schwester Emma Bellach, geb. Schuckat, geb. 04.08.1897, soll im Februar 1945 nach Sibirien verschleppt sein. Nachricht erbittet August Schuckat, Boffzen über Höxter.

 

Gustav Berger, früherer Inhaber der Firma Biernath in Königsberg, Steindamm, soll in Königsberg verstorben sein. Wer weiß Näheres über den Tod meines Stiefvaters? Ferner suche ich: Fleischermeister Alfred Dorn und Frau Edith mit Kindern, wohnhaft in Königsberg, Beekstraße; Bäckermeister Bruno Masuhr und Frau Ruth mit Kindern, wohnhaft Königsberg,  Steindamm; Hermann Will und Frau, wohnhaft Königsberg, General-Litzmann-Straße (hatten ein Kolonialwarengeschäft) und Familie Ehrenberg, Königsberg-Juditten. Wer kennt die genannten Personen? Nachricht erbeten an: Eva Matthes geb. Nikolaus, jetzt verheiratete Mrs. E. L. Phillips, 55, Ampthill Road, Liverpool, 17. (U. K.).

 

Kallweit, Brigitte, 24 Jahre alt, geb. in Mehlsack, Kreis Braunsberg, Ostpreußen Letzte Nachricht vom 7. Mai 1945 auf dem Wege von Marburg nach Berlin, wird gesucht von Fritz Kallweit, Ichtershausen, Krs. Arnstadt, Station 3

 

 

Landsleute bitte herhören!

(Fortsetzung von Seite 10)

 Nach dem Druck unserer Anschriftenliste haben sich folgende Arbeitskameraden gemeldet oder deren Adresse hierher gereicht wurde:

 

Frau Grete Buckbesch, Lehrerin Margarete Barbe, Baggerführer Barkmann, Frau Anna Bodlin, Witwe Albertine Donalies, St.-Verm.-Insp. Berthold Ebeling, Frau Hedwig Eberle, Spark.-Angest. Max Elf, Frau Maria Hock, Spark.-Angest. Otto Hartmann, Dienststellenltin. Edith Horn, Arbeiter d. Fuhrges. Ferdinand Hinzer, Witwe Edith Horn, Arbeiter d. Fuhrges. Albert Hahn, Brückenwärter Willy Hinz, Frau Charlotte Haase, St. O.-Insp. Hermann Hein, Fürsorgerin Hilde Heyer geb. Friedrichs, St. Insp. Gerhard Hense, Witwe Else Hense, Hafenangest. Johannes Janke, Arbeiter Rudolf Janz (Friedhofsamt), Witwe Lisbeth Kowalewski, St. B.-O.-Insp. Walter Kirbus, Straßenbahnschaffner i. R. August Kollex, Arbeiter Fritz Kusserow (K. W. S.), Spark.-Angest. Frau Eva Krempel, Straß-Reiniger Paul Kalweit, Frau Charl. Krause, Angest. Ursula Kühn (Fuhrges.), Handwerker Otto Kaul (Fuhrges.), Angest. Erwin Kristahn, Fürsorgerin Kittlitz, Fürsorgerin Charlotte Krüger, Angest. Ina Keller, Verm.-Techniker Georg Krischonsky, St. Verm.-Ing. Erich Kuhn, Witwe Ruth Lukau, Ing. Kurt Lewark, Hausmeister Friedrich Sisowski (Wohlfahrtshaus Sackh.), Fürsorgerin Hildegard Loeffel, Angest. Hedwig Lange (Ges.-Amt), Reg.-Med.-Rätin Dr. Erika Lange (Ges.-Amt), Verm.-O. -Insp. Willy Langhans, Witwe Marie Liedtke, Hafenaufseher Otto Lorentz, Tiefbauingenieur Helmut Laszka.

 

Weitere Namen folgen im nächsten Blatt dieser Heimatzeitung. Denkt bei Anfragen an den Freiumschlag. Bei der Versendung unserer gedruckten Anschriftenliste haben wir kein Anschreiben beigefügt, um den Druck nicht zu verteuern. Der Preis beträgt

1 DM, welchen wir bitten uns direkt zu überweisen. Sie unterstützen dadurch die Weiterführung unseres Such- und Vermittelungsdienstes. Denkt auch daran, wer eine Dienstbescheinigung braucht, 1 DM. Begl. Gebühren und Freiumschlag beizufügen, gleich, an wen der Antrag gerichtet ist. Wer der Pflicht dieser Gebühren-Nachzahlung noch nicht nachgekommen ist, der braucht von diesen Kollegen in späteren Fällen nicht erwarten, eine Antwort zu erhalten.

 

Am 1. August 1951 begeht unser Arbeitskamerad Gartenbaudirektor Ernst Schneider (22c) Blumenthal, Kreis Schleiden, sein 60jähriges Berufsjubiläum. Am 1. August 1891 in Würzburg, wo er 1874 geboren ist, begann sein Berufsleben. Nach Studienzeit und Tätigkeit in Berlin, Würzburg, Köln, legte er 1899 den Stadtgarten in Neuß a. Rh. an. 1902 die Parkfriedhöfe in Remscheid 1903 - 1904 den Stadtpark in Bochum. Von 1904 bis 1913 war er Gartendirektor in Görlitz, dann in Posen und seit 1919, also 25 Jahre Leiter des Gartenamts in Königsberg. Bei seinem 70. Geburtstag war Gartenbaudirektor Schnieder 40 Jahre Gartenbaudirektor davon 25 Jahre in Königsberg. Wir gratulieren ihm zu seinem 60-jährigen Berufsjubiläum und wünschen ihm noch einen langen angenehmen Lebensabend.

 

Anschriftensammelstelle der Königsberger Magistratsbeamten, -Angesteilten and -Arbeiter, (16) Biedenkopf, Hospitalstraße 1

 

 

Seite 12   40 Jahre SV Concordia-Königsberg

Foto: Obere Reihe von links: SV Concordia, Liga 1930: Szemkus, Steiner, Keppke (?), A. Schröder, Seidenberg, Ringeltaube, Kleinfeld, Draguhn, Darge, Loose, Gerlach, Schiedsrichter Jebsen, Rasen-Sport-Pr. Untere Reihe knieend: SC Hansa, Königsberg.

 Wechselseitig ist die Vereinsgeschichte der Spiel-Vereinigung Concordias. Aus primitiven Anfängen heraus mit einigen Bambusstangen und Leinen schufen einige sportbegeisterte Jungen der Lomsegegend an der Plantage unter Klinger und Schlicht die Grundlagen für einen Verein, der sich in den langen Jahren seines Bestehens im ostdeutschen Sport einen achtunggebietenden Namen zu verschaffen wusste. „Elf Freunde müsst ihr sein, wollt ihr Siege erringen!" Dieser Leitspruch schuf eine Kameradschaft innerhalb der Spitzenmannschaft die sie von der Jugend bis zur Liga zu Erfolgen führte und das Vereinsgefüge auch die schwersten Krisenzeiten überstehen half, unterstützt durch einen kleinen Freundeskreis von Mitgliedern aus dem Gründungsjahre (Schlicht, Bartsch, Schütz, Zöllner, Broede, Kluge, Packheiser usw.), welche in unwandelbarer Treue bis zuletzt das Rückgrat des Vereins bildeten.

 

S. V. Concordia Königsberg

Beifolgend einige markante Epochen aus der Vereinsgeschichte. Gründung Sommer 1911. Herbst 1911, Beitritt zum Baltisch. Rasen- und Wintersport-Verband. 1912: Meister der 4. Klasse,

Aufstieg zur 2. Klasse 1913 - 1914. An der Spitze der Klasse stehend, kam der Spielbetrieb bei Kriegsausbruch zum Erliegen. März 1919 wurde die Vereinstätigkeit durch 13 Mitglieder wieder neu aufgenommen. Nahezu 30 Mitglieder waren gefallen bzw. in Gefangenschaft gewesen. Im

Jahre Meister der Ib-Klasse, Aufstieg zur neugeschaffenen Liga. 1920: an vorletzter Stelle vor Asco vom Abstieg gerettet, brachte 1921 einen Höhepunkt in der Vereinsgeschichte. Ungeschlagen führte Concordia die Tabelle in der ersten Runde der Königsberger Liga, das Spiel gegen VfB ging unverdienter Weise 0:1 verloren, trotz Spielerverluste (Paulat bester Läufer, repräsentativ) wurde der 2. Platz vor Prussia-Samland behauptet in der Meisterschaft.

 Im folgenden Jahr 1922 erfolgte die Vereinigung mit den SC. Germania. Mit wechselnden Erfolgen konnte sie sich in den folgenden Jahren, nach Schaffung der Ostpreußenliga im  Königsberger Bezirk stets einen achtbaren Platz an der Spitze behaupten. Willi Bartsch, der sich große Verdienste um den ostdeutschen Sport erworben hatte, verunglückte tödlich.

 (1926) Schwere Krisen durchstand die Spielvereinigung, nachdem die Arbeiter-Sportbewegung stark aufkam, durch Gründung der Eintracht im Arbeitersport ging nahezu die ganze Liga mit dem halben Vorstand verloren. Die Jugend, unter der rastlosen Arbeit des Leiters Walter Hamann, welcher mehrfach den Königsberger Stadtmeister stellte, hatte, frühzeitig eingesetzt, alle Mühe, sich zu behaupten. Wieder ging es aufwärts, durch Mitarbeit aller Mitglieder konnte unter Richard Harjes, nachdem der Herzogsacker jahrelang die gut besuchte Sportstätte Concordias war, der Wrangel-Platz hergerichtet und im Dohnaturm ein schönes Clubheim geschaffen werden. Leider gingen diese Sportstätten nach 1933 für andere Zwecke verloren.

 Im Jahre 1936 konnte Concordia aus Anlass seines 25. Jubiläums in seinem Jubiläumsturnier, zur Kreisklasse abgestiegen, unter dem Jubel der Tausenden gegen Spitzen-Mannschaften der Ostpreußen-Liga (V.f.B.) Yorck-Insterburg usw. im Endspiel nach spannendem überlegenen Endspiel gegen Prussia-Samland den Ehrenpreis des Königsberger Tageblatts gewinnen. Nach Aufstieg im folgenden Jahre wurde Concorodia Meister des Bezirks Königsberg. Der Aufstieg zur Ostpreußen-Liga gegen Polizei-Danzig konnte wegen ungünstigen Torverhältnisses nicht geschafft werden. Auf vielen Fußball-Turnieren ging Concordia als Sieger hervor.

 Für erfolgreiche Pioniertätigkeit im ostdeutschen Sport erhielt der Verein die Ehrenplakette des D.F.B. sein langjähriger Vorsitzender W. Broede den Ehrenbrief des D.F.B. Aus den Reihen der Spielvereinigung gingen folgende repräsentative Spieler hervor: Gutschendies, Liedtke, Kehlbacher Paulat, M. Buchholz. Den Verein leiteten von der Gründung an: Noreisch, Schar-fenort, Paulat, Schütz, Broede, Hamann, Urbat, Harjes, Zöllner Broede und im Kriege Kluge.

 

Ein stilles Gedenken auch dem bis in seiner Todesstunde für den Verein arbeitenden Mitbegründer Walter Schlicht und den zahllos gefallenen Mitgliedern und verschollenen Mitgliedern des S.V.C. 1911!

 

Möge bald der Tag kommen, an dem wir in der fernen Heimat wieder zum Segen der Jugend wirken.

W. Broede , (20b) Göttingen, Klopstockstr. 3.

Wer Anschriften von Concordianern weiß, gebe solche an obige Adresse bitte bekannt.

 

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