Ostpreußen-Warte, Folge 02 vom Februar 1953

Ostpreußen-Warte

Folge 02 vom Februar 1953

 

 

Seite 1   Kernproblem Oder-Neiße. Die bedeutsame „außenpolitische Abschiedserklärung" Trumans

In welchem Ausmaße die Frage der Oder-Neiße-Linie in den Vereinigten Staaten als ein Angelpunkt der Deutschland- und Europapolitik erkannt worden ist, dafür gibt es keinen besseren Beweis als die Tatsache, dass der bisherige USA-Präsident, Truman, sie in einer „außenpolitischen Abschiedserklärung" behandelte. In der Tat ist es von größter Bedeutung, dass der Ex-Präsident unmittelbar vor seiner Amtsübergabe an Präsident Eisenhower mit allem Nachdruck hervorhob, er habe in Potsdam Stalin wiederholt erklärt, dass er - Truman - einer Inbesitznahme der deutschen Ostgebiete durch Polen nicht zustimmen und auch ein „fait accompli“ nicht anerkennen werde. Das sind deutliche Worte, die sicherlich nicht ohne Grund gerade zum jetzigen Zeitpunkt geäußert worden sind. Denn wenn der aus seinem verantwortungsschweren Amte scheidende Präsident es für erforderlich hält, als eine seiner letzten Amtshandlungen eine solche Erklärung abzugeben, so stellt dies zum mindesten eine Art von „Vermächtnis" an den Nachfolger dar, dieser Frage ein ganz besonderes Augenmerk zu widmen.

Allerdings lässt die Wahl des Zeitpunktes zugleich erkennen, dass man in den USA diese Frage auch als ein besonders schwieriges Problem betrachtet, dessen Erörterung dem scheidenden und nicht dem neuen Präsidenten vorbehalten wurde. Es handelt sich dabei um das gleiche politische Verfahren, das seinerzeit in derselben Frage im September 1946 angewandt wurde, als der aus dem Amte scheidende USA-Außenminister Byrnes in seiner programmatischen Stuttgarter Rede unterstrich, dass für die USA keinerlei Verpflichtung bestehe, die Abtrennung der unter polnischer Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete auf einer Friedenskonferenz zu unterstützen. Immerhin lässt ein Vergleich der Formulierungen in der damaligen und der jetzigen Erklärung die Feststellung zu, dass die 1946 begonnene politische Linie nicht nur weiterverfolgt worden ist, sondern sogar eine Entwicklung in Richtung auf ein größeres Verständnis für deutsche Lebensnotwendigkeiten genommen hat. Und es sollte auch nicht außeracht gelassen werden, dass Potsdam, wo sich nach dem Tode Roosevelts sein Nachfolger Truman erstmals schwersten politischen Entscheidungen gegenübergestellt sah, wiederum den Gegenstand seiner letzten außenpolitischen Handlung bildete. Es dürfte eine berechtigte Schlussfolgerung sein, daraus zu entnehmen, wie sehr der bisherige USA-Präsident angesichts des unermesslichen Elends der Massenaustreibungen und der politischen Folgen von Potsdam die ganze Zeit seiner Amtsführung hindurch um diese Fragen gerungen haben mag.

So bedeutet die Erklärung des Präsidenten der Vereinigten Staaten nach Inhalt und

Form - sie wurde durch den amtlichen Nachrichtendienst USIS verbreitet - zweifellos eine Ermutigung nicht nur für die deutschen Heimatvertriebenen, sondern für alle rechtlich denkenden Menschen in der Welt, in ihrem Ringen um die Schaffung der Grundlagen für einen wahrhaften und gerechten Frieden in der Welt fortzufahren gemäß dem Worte Abraham Lincols, dass nichts Bestand hat, was nicht auf dem Boden der Gerechtigkeit geregelt worden ist.

 

Seite 1   Der Lohn des Kollaborateurs

Den Sowjetzonen-„Außenminister" Dertinger hat mit seiner Verhaftung wegen angeblicher „Spionage für den Westen" das Schicksal des" Kollaborateurs ereilt, wobei unter Kollaborateur derjenige zu verstehen ist, der sich zum Handlanger von rechtswidrigen Aktionen einer Besatzungsmacht machen lässt. Dertinger hat sich dazu hergegeben, seinen Namen unter die völkerrechtswidrigen und dem Wortlaut des Potsdamer Abkommens widersprechenden volkpolnisch-sowjetzonalen „Abmachungen" zu setzen, wonach die „DDR" die deutschen Ostgebiete jenseits von Oder und Neiße abtrat. Er erhielt dafür kurz vor seiner Verhaftung noch den Orden „Polonia Restituta".

Von maßgeblicher Seite wurde hierzu bemerkt, im Falle Dertinger habe sich wieder einmal der alte Satz bewahrheitet, dass der Verrat vielleicht geschätzt, der Verräter aber immer verachtet werde. Dem ist nichts hinzuzufügen.

 

Seite 1   Eine exilpolnische Enthüllung

In der in London erscheinenden exilpolnischen Zeitung „Dziennik Polski" setzt der polnische Publizist Aleksander Bregman die Reihe seiner sensationellen Enthüllungen über die polnische Politik vor und nach Ausbruch des zweiten Weltkrieges fort. Nachdem er sich kürzlich mit den bisher geheim gehaltenen Denkschriften des Generals Sikorski befasst hatte, welche bereits 1942 eine „strenge Okkupation" Ostdeutschlands bis zur Oder und Neiße durch polnische und - bezüglich Schlesiens - durch polnische und tschechische Truppen vorsahen, bringt er nunmehr unter der Überschrift „Ein Geheimnis, das Beck ängstlich vor den Briten hütete" aufsehenerregende Enthüllungen zur Frage der Vorgeschichte des Kriegsausbruches von 1939.

„Gestützt auf den neu erschienenen Band britischer diplomatischer Dokumente „Documenta in British Foreign Policy" und auf polnische Unterlagen stellt Bregman fest, dass der polnische Außenminister Beck die deutschen Vorschläge vom 21. März 1939 zur Regelung der deutsch-polnischen Beziehungen bis zum 23. April 1939, also bis nach Erhalt der britischen Garantie (!) für Polen völlig geheim hielt. Die deutsche Note vom 21. März beinhaltete u. a. den Bau einer exterritorialen Eisen- und Autobahnlinie nach Ostpreußen, was von Polen einige Tage später abgelehnt wurde. Auf eine ausdrückliche Frage des britischen Botschafters in Warschau, Sir H. Kennard, antwortete Beck sogar, es sei, keine (!) deutsche Note eingetroffen. Erst als am 23. April Berlin die Briten davon informierte, dass der polnische Außenminister die deutschen Vorschläge erhalten habe, machte Beck dem britischen Botschafter in sehr allgemeiner Form von dem Inhalt dieser deutschen Note Mitteilung.

Bregman stellt hierzu ausdrücklich fest, man könne nicht wissen, ob Chamberlain und Halifax die britische Garantie für Polen ins Auge gefasst  hätten, wenn sie über die deutschen Vorschläge informiert gewesen wären.

 

Seite 1   Die deutsch-polnische Grenze. Von Professor Wladislaw Studnicki (verstorben)

Der kürzlich in seinem Londoner Exil verstorbene polnische Gelehrte und Publizist Prof. Wladislaw Studnicki verfasste als sein letztes Werk eine Abhandlung „Polen Jenseits der Curzon-Linie", die sich zwar hauptsächlich mit den Gebieten jenseits des Bug und San befasst, in deren Rahmen er aber auch dem Problem der polnisch-deutschen Grenze, d. h. also der Oder-Neiße-Gebiete ein besonderes Augenmerk widmet. Wir geben im Folgenden einige Auszüge aus dem diesbezüglichen Kapitel des Buches wieder, das demnächst vom „Göttinger Arbeitskreis" herausgegeben werden wird.

In dem erstrebten vereinigten Europa wird Deutschland wegen seiner Volkszahl, seiner Wirtschaftskraft und der Lage des Landes in der Mitte Europas eine erstrangige Stellung einnehmen, was sich mit einer territorialen Minderung Deutschlands nicht verträgt. Im Europarat, diesem vorbereitenden Gremium zur Einigung Europas, wurden jüngst Stimmen laut, die die Annexion Ostdeutschlands verurteilten. Am 17. September 1952 sagte der englische Konservative Boothley in Straßburg, dass Deutschland in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht zweifellos das mächtigste Glied der geplanten Föderation der sechs Staaten sei. „Heute erhebt die Deutsche Bundesrepublik große und gerechtfertigte Ansprüche. Sie wünscht, die deutschen Länder im Osten wiederzuerlangen, die Deutschland zu Unrecht weggenommen wurden. Das kann in eine gefährliche Lage hineinführen, weil brennende Anklagen eine sehr gefährliche Sache sind, auch wenn sie völlig gerechtfertigt wären." Diese Worte stießen in der Versammlung auf keinen Protest . . .

Die Annexion wird von der Sowjetregierung als ein Mittel angesehen, durch welches Polen gezwungen wird, sich an Russland zu halten; ihr Hauptzweck aber ist die Verstärkung des wirtschaftlichen und militärischen Potentials Russlands, über die Naturschätze des Landes und seine Industrie verfügt der Kreml. Ober- und Niederschlesien besitzen hierbei wegen ihrer Naturschätze eine besondere Bedeutung. Ostpreußen braucht Russland als seine Ausfallstellung gegenüber Deutschland und als einen Teil jenes ehernen Reifens, der Polen umspannt. Oft wird der Gedanke ausgesprochen, dass Sowjetrussland Deutschland das annektierte Gebiet zurückgeben würde, um es auf seine Seite hinüberzuziehen. Das erscheint jedoch unwahrscheinlich, weil Russland sich seiner Stärke bewusst ist und aus diesen Annexionen großen Vorteil zieht. Darüber hinaus müsste Deutschland um den Preis der Rückgabe der annektierten Gebiete zum Satelliten der Sowjetunion werden; Westdeutschland würde dasselbe Los erwarten wie es die sowjetische Zone Deutschlands getroffen hat …

Polen mit den im Westen annektierten deutschen Gebieten muss ein Vorposten Russlands, ein vorderster Stützpunkt bei seinem Vordringen nach Europa sein, weil Polen zur Verteidigung dieser Annexionen genötigt wäre, sich auf Russland zu stützen. Oft sprechen die Polen davon, dass sie eine Wiedergewinnung der Länder östlich der Curzon-Linie und zugleich die Aufrechterhaltung der Oder-Neiße-Grenze wünschen; sie begreifen nicht, dass diese zwei Forderungen sich gegenseitig ausschließen. Polen mit den Gebieten östlich der Curzon-Linie muss ein Vorposten Europas gegenüber Russland sein, Polen mit der Annexion Ostdeutschlands - ein Vorposten Russlands bei dessen Vordringen nach Europa. Polen mit den Ostgebieten ist auf den Gegensatz gegen Russland eingestellt. Es ist nicht möglich, ein Polen zu erbauen, welches auf den Gegensatz gegen Russland und gegen Deutschland eingestellt ist.

Ein Polen mit der westlichen Annexion ist nicht in der Lage, das polnische Bevölkerungselement in den Ostgebieten so zu verstärken, dass es dort bis zu einer ernstlich ins Gewicht fallenden Zahl anwachsen würde. Nach der Statistik des Jahres 1931 wurden 5 Millionen Polen in den Gebieten östlich der Curzon-Linie gezählt. Gegenwärtig sind in den Ostgebieten nicht mehr als anderthalb Millionen Polen übriggeblieben, die - eingeschüchtert - ihre Zugehörigkeit zum polnischen Volke zu verbergen trachten. Das genügt nicht, um die ehemals dominierende Stellung in den Ostgebieten wiedergewinnen zu können. Einige hundert edle Idealisten wären bereit, die im Westen annektierten Gebiete wieder zu verlassen und in die alte Heimat in Ostpolen zurückzukehren; die Masse der Bevölkerung jedoch, die sich eingewirtschaftet hat in einem Lande mit überall vorhandenen Wasserleitungen, elektrischen Anlagen, einem dichten Wegenetz, mit guten Baulichkeiten, die man nur auszubessern hatte, und hier bessere, kulturell gehobene Lebensbedingungen gefunden hat, wird dieses Land nicht verlassen, wenn sie dazu nicht durch dessen Rückgabe an die Deutschen genötigt sein würde und zugleich die Aussicht hätte, Land in Ostpolen zu erhalten. Dorthin würden sie mit der Parole zurückkehren: „Wir kehren heim auf eigenen Besitz."

Polen muss die Grenze von 1939 fordern. Innerhalb dieser Grenzen wird es im Besitze eines erheblichen Teiles von Schlesien bleiben, der für seine wirtschaftliche Entwicklung und die Durchführung großzügiger Investitionen unentbehrlich ist; jedoch müsste die Rückkehr der Deutschen erlaubt und das deutsche Eigentum restituiert werden, sowohl in Schlesien wie auch in den anderen Provinzen Polens. Das deutsche Eigentum muss restituiert werden erstens deswegen, weil in Polen ganz allgemein eine Restitution des Eigentums erfolgen muss, und zweitens deswegen, weil dieses Eigentum ein Produkt der Arbeit der Deutschen gewesen ist - in Schlesien wie auch in Lodz - und drittens, weil die möglichst weitgehende Wiedergutmachung allen Unrechts zwischen Deutschen und Polen der wirtschaftlichen polnisch-deutschen Zusammenarbeit förderlich wäre, die für beide Staaten wichtig ist. Um der trügerischen Hoffnung allein, dass es die Oder-Neiße-Grenze behaupten könne, darf Polen sich nicht seiner Individualität entäußern, indem das polnische Volk sich in ein Sowjetvolk verwandelt, dem jedes selbständige Denken verboten ist, und das nur noch von oben her aufgezwungene Parolen zu wiederholen hat.

Ich gebe mich mit einer negativen Stellungnahme zur Frage der Oder-Neiße-Grenze aber nicht zufrieden und halte es für notwendig, die Frage der Abgrenzung zwischen Polen und Deutschland einer Betrachtung zu unterziehen, die sich stützt auf eine objektive Beurteilung der internationalen Lage, der polnischen Wirtschaftsinteressen, der Bedingungen für eine Sicherung Polens, und die außerdem auch die gefühlsmäßige Beziehung Polens und Deutschlands zu den oft umstrittenen Grenzprovinzen berücksichtigt.

Ich bin mir dessen bewusst, dass die Führer der polnischen Parteien sich heute noch nicht zur Annahme bestimmter Postulate durchringen können, aber diese Postulate werden bald als ein offenbares Gebot vor sie treten. Vorläufig werden sie meine Vorschläge als unpatriotisch ansehen. Patriotismus beruht jedoch nicht auf einem Maximum an Wünschen, sogar dann nicht, wenn man sie zu erfüllen vermag, sondern er erfordert die richtige Einschätzung der Folgen, die solche Forderungen in fernerer Zukunft nach sich ziehen und wie sie auf das Schicksal des ganzen Volkes einwirken werden. Niemand in Deutschland wird Bismarck einen Mangel an Patriotismus vorwerfen, weil er sich nach dem Feldzug von 1866 der Annexion des österreichischen Schlesiens widersetzte in dem Wunsche, die Möglichkeit des baldigen Abschlusses eines Bündnisvertrages mit Österreich offenzuhalten; denn für ein solches Bündnis wäre Österreich nicht zu gewinnen gewesen, wenn es gedemütigt und geschädigt worden wäre.

Bei der vertraglichen Festsetzung der Grenzen Polens müssen wir von den Rechtsgrundlagen für unsere Grenzen von 1938 ausgehen, wobei gewisse Korrekturen nicht zu umgehen sein werden. Man wird dabei vor allem alles vermeiden müssen, was Unstimmigkeiten in den polnisch-deutschen Beziehungen hervorrufen könnte …

 

 

Seite 2   Der deutsche Osten im künftigen Frieden. Von Dr. Hermann Rauschning, Gaston, Oregon, USA

I.

Das deutsche Volk darf eine verständnisvolle Würdigung seiner nationalen und staatlichen Lebensbedingungen von der neuen Regierung der Vereinigten Staaten erwarten. Gewichtige Äußerungen des neuen Präsidenten und anderer künftig führender Persönlichkeiten bekräftigen diese Erwartung. In den Reihen der republikanischen Partei, die mit General Eisenhover ans Ruder gelangt, besteht seit langem die Einsicht, dass ein zerstückeltes Volk nicht ein Element der Ordnung und des Friedens, sondern ein Ferment der Zersetzung und Schwäche ist. Vor mehr als zehn Jahren bereits hatte der letzte republikanische Präsident Herbert Hoover in einem Buch über die künftigen Friedensprobleme gewarnt: „Ein dauerhafter Friede in Europa ist mit einem zerstückelten Deutschland so wenig möglich wie ein dauerhafter Friede in Nordamerika, wenn anderer Nationen versuchten, die Staaten aufzuteilen oder Teile von ihnen Mexiko zu unterstellen."

Die Entwicklung hat Altpräsident Hoover und seinem Mitarbeiter, dem früheren Gesandten Hugh Gibson, Recht gegeben, nicht den Friedensplanern, die vielmehr in einer Zerstückelung Deutschlands das Arkanum eines ewigen Friedens sahen. Die richtige Würdigung der Friedlosigkeit Europas und der Bedeutung Deutschlands für die Behebung dieses Grundübels verlangt jedoch mehr als eine allgemeine Erkenntnis des unlösbaren Zusammenhanges. Eine Politik, die sich nicht auf Improvisationen verlassen will, muss sich vielmehr klare Rechenschaft von dem Umfange der Wiederherstellung Deutschlands geben und in der Frage nach den Mitteln der Verwirklichung nicht vor der unvermeidlichen Schlussfolgerung zurückschrecken, dass die bisher verfolgten Wege nicht zum Ziele führen. Es muss vielmehr von einem den bisherigen Überlegungen entgegengesetzten Punkt ausgegangen werden: Nicht die Sicherheit Westeuropas und des Westens, oder auch Osteuropas und Sowjetrusslands kann den Grad der Wiederherstellung Deutschlands praejudizieren. Hier bestehen vielmehr objektive kausale Zusammenhänge, die für willkürliche Entscheidungen der Sieger nur einen geringen Raum lassen. Der Grad der Wiederherstellung Deutschlands als souveräner realer Willensverband ist vielmehr schlechterdings entscheidend für das Maß an Sicherheit und Friede für Europa, für die Westmächte sowohl als für Sowjetrussland. Die volle Wiederherstellung Deutschlands liegt im eigensten Interesse beider Weltmachtgruppen wie der europäischen Nationen. Es ist nicht nur eine Konzession an das wieder erstarkende Nationalgefühl des deutschen Volkes.

II.

Das Nationalgefühl ist friedlich eine schlechterdings unentbehrliche Voraussetzung für die Gesundheit und den Wehrwillen einer Nation. Man kann es nicht seiner häufigen Entartungen wegen ganz verurteilen oder gar beseitigen wollen. Auch hier haben Altpräsident Hoover und Gibson wahrhaft staatsmännisch den Nebel absichtlicher Irreführung und unabsichtlicher Selbsttäuschung zerstreut: „Nationalismus wird solange bestehen wie der Mensch diese Erde bewohnt und wird in jedem Friedensplan seinen Platz finden müssen ... Nationalismus in seinem besten Sinn ist eine Berufung, eine Erfüllung".

Ein Nationalismus in den gesunden Grenzen eines besonnenen Patriotismus schließt nicht Zusammenschlüsse von Nationen zu territorialen Bünden und zu einer universalen Gesellschaft aus. Niemand, der von der kommenden Zeit auch nur einen leisen Hauch verspürt hat, wird bezweifeln, dass ein europäisches Gemeinwesen eine Notwendigkeit ist. Aber es kann nicht auf den Trümmern der historischen Nationen entstehen. Es ist nicht die Alternative zu den Nationen, sondern der Ausdruck und die institutionelle Sicherung ihrer Solidarität. Es wird etwas Neues und Neuartiges sein, das weder nach dem Vorbild eines Bundesstaates noch Staatenbundes verwirklicht werden kann.

Das wieder erstarkende deutsche Nationalgefühl, das die volle Wiederherstellung seiner nationalen Einheit und Ganzheit erstrebt, ist daher nicht eine Bewegung, die im Gegensatz zu einem europäischen Bund steht. Noch weniger ist es der Ausdruck des wiedererstarkenden Nationalsozialismus, wie dies in bedauerlich irreführender Weise häufig genug ausgelegt wird. Es ist vielmehr ein Zeichen der Gesundung des deutschen Volkes und nur ein gesundes Volk kann ein verlässliches Element der Ordnung sein.

Aber was gehört zur vollen Wiederherstellung?

Die Antwort darauf kann nicht zweifelhaft sein. Es ist nicht damit getan, dass die Grenzlinie an der Elbe beseitigt wird. Deutschland ohne sein Ostgebiet bleibt ein Torso, ein unorganisches Gebilde, das an seiner Unausgeglichenheit binnen kurzem in neue tödliche Erkrankungen fallen muss, Deutschland bedarf Preußens. Die Preisgabe des deutschen Ostens ist nicht nur ein gewaltsamer Bruch in der geschichtlichen Entwicklung Deutschlands, die zur Einheit beider geführt hat, sondern würde auch zu dem größten dauernden Rückzug des Abendlandes führen. Mit ihr würden nicht nur tausend Jahre deutscher Geschichte ausgelöscht, sondern auch abendländischer Kultur. Wer heute ein Abendland in den Grenzen des Reiches Karls des Großen träumt, weiß nicht, was er tut. Preußen war eine gemeinsame Schöpfung der beiden Großmächte des Mittelalters, des Reiches und der Kirche, als ein Bollwerk beider. Preußen gewann seine erste Gestalt in der Zusammenarbeit deutscher und slawischer Fürsten. Mag der Gegner Preußen kritisieren, weil die Idee des Staates als realer Willensverband sein Wesen prägt, eines ist Preußen nie gewesen: völkischer Staat in der heutigen Auffassung dieses Wortes. Im Vordergrund standen Recht und Dienst für das Gemeinwesen. Es ist ein notwendiges Element des geschichtlichen Daseins Deutschlands.

Es sollen hier nicht wirtschaftliche Gründe oder militärisch strategische hervorgehoben werden, warum ein Rumpfdeutschland ohne den Osten ein hinsiechender Krüppel sein würde. Aber die Bedeutung der Ostdeutschen selbst in diesem Raum, in dem sich seit Beginn der Geschichte germanische und slawische Völker begegneten, bedarf eines Hinweises. Der Deutsche ist in diesem Raum nicht, wie das Märchen im Ausland sagt, als der Eroberer gekommen. Er ist dem Zuge einer kulturellen Ausbreitung nach Osten gefolgt wie der amerikanische „Pionier" des 19. Jahrhunderts einem solchen nach Westen. Dieses Ost-Mitteleuropa ist Jahrhunderte hindurch ein Raum gemeinsamer Siedlung der Völker gewesen. Nur das moderne geschichtliche Betrachten von ein paar Jahrzehnten einer Spätzeit konnte übersehen, dass der Deutsche in diesem Raum ein Element des Ausgleiches der Zusammenarbeit mit anderen Völkern und der Ordnung Jahrhunderte hindurch gewesen ist.

Wenn je Europa in einem zureichenden Sinne Gestalt gewinnen und nicht nur ein Sonderunternehmen des Westens bleiben soll, - wenn der Gedanke Europa auch im Nahen Osten dieses Kontinentes formende politische Kräfte entfalten soll, dann bedürfen diese Gebiete der hier geborenen und verwurzelten Deutschen und sie selbst der Eingliederung in das Reich.

Die Zerschlagung Preußens steht in einer auffälligen Parallele zu der Beseitigung der

Donaumonarchie nach dem ersten Weltkrieg. Es setzt die Atomisierungspolitik in tragischer Weise fort. Während es aber gegenwärtig kaum noch einen ernst zu nehmenden Politiker des Westens gibt der nicht den Fehler des ersten Weltkrieges mit der Liquidation der Habsburger Monarchie zuzugeben bereit wäre, wird die Beseitigung Preußens noch in vielen Kreisen als eine Befreiung Deutschlands und Europas von einer Art Albdruck aufgefasst. Ehe das Ausland bereit ist, einzusehen, dass Deutschland nicht ohne Preußen und seine Ostprovinzen leben und eine Funktion in der Sicherung des Friedens übernehmen kann, muss sich das deutsche Volk selbst durch den Dunst und Brodem einer bösen und bitteren Verfälschung der Idee Preußen und des preußischen Ethos hindurchringen und seinen Willen zur Einheit und Ganzheit dahin Ausdruck geben, dass die geschichtliche Entwicklung Deutschland und Preußen zu einer Einheit hat zusammenwachsen lassen, und dass es töricht und unfruchtbar wäre, das Eine gegen das Andere auszuspielen. Der Weg in die Zukunft kann nur über eine neue Einheit beider Mächte und Ideen, Reich und Preußen führen.

 

Mit Preußens Hilfe aufwärts

III.

Aber wie kann das verwirklicht werden? Es liegt nicht in der Macht des Westens allein, dem deutschen Volk die Grundlage seines geschichtlichen Daseins zurückzugeben, es sei denn, es zwänge kraft seiner überlegenen militärischen Macht Sowjetrussland zur Freigabe des ost-mitteleuropäischen Raumes. Wenn daher nicht von vornherein ein neuer Krieg in Rechnung gestellt werden soll, dann ist Deutschland in seiner Wiederherstellung ebenso von der Einsicht Sowjetrusslands in die Nützlichkeit einer solchen Politik abhängig wie von der des Westens. Der Deutsche sollte jedenfalls nicht erwarten, dass der Knoten seines hart zusammengezogenen Schicksals mit Gewalt durchhauen werden könnte. Er muss vielmehr den Gedanken vertreten, dass seine Wiederherstellung der Sicherheit des Ostens genauso dient wie der des Westens, und dass Sicherheit überhaupt nur als eine wechselseitige Beziehung nicht als einseitiges Privileg erreichbar ist.

Bisher herrschte im Westen die Vorstellung von einem „Frieden durch überwältigende militärische Macht". Sie führt zu der Vorstellung einer Art „Friedensultimatum", dem sich Sowjetrussland fügen werde. Ohnmacht kann freilich keinen Frieden begründen. Friede ist immer die Koordination von Machtfaktoren. Wenn aber Friede überhaupt noch als ein Ziel angesehen werden soll, das ohne nochmaligen Krieg und die dauernde Hegemonie erreicht werden könnte, dann ist nicht militärische Übermacht, sondern eine geeignete politische Gliederung der Machtfaktoren das einzig übrig bleibende Mittel. Hierbei aber kommt Deutschland und dem deutschen Osten eine entscheidende Bedeutung zu. Deutschland gehört unzweifelhaft kulturell, geschichtlich zum Westen. Aber es ist eine sonderbare Logik daraus zu folgern, dass Deutschland politisch damit die Ostmark eines den Atlantik und den nordamerikanischen Kontinent umfassenden erweiterten Westens ist Politisch ist Deutschland und der ost-mitteleuropäische Raum vielmehr die zentrale Landschaft einer besonderen mittleren Zone zwischen Westen und Osten. Nur als solche kann sie eine eminente Funktion in der Grundlegung eines Friedens gewinnen.

Ob ein europäisches Gemeinwesen jemals Gestalt gewinnen wird, ist eine Frage, die heute niemand beantworten kann. Wenn es je möglich wird, dann wird es kaum im Zuge der heutigen Bemühungen gelingen, sondern als eine eigenständige Zone zwischen dem Westen und dem Osten. Eine Friedensordnung ist nur in einer tieferen Gliederung der Welt als Zweiteilung oder die Hegemonie eines Machtblocks wieder zu gewinnen. Ein Friede ist ohne ausgleichende, mittlere und vermittelnde Zonen niemals zu erreichen. Solange es nicht ein Europa als politische Einheit gibt, noch geben kann, ist die Konsolidierung Deutschlands als eine solche mittlere und vermittelnde Macht der einzige Weg zu einem Frieden in unserer Zeit. Es ist die Erkenntnis, der 1807, als das zwei Preußen unterging, Süvern in Königsberg mit den Worten Ausdruck gab, dass Deutschland noch einmal mit Preußens Hilfe das werde, wozu es von Natur berufen zu sein scheine, das wahre Vermittlungsland von Europa zu sein.

 

Seite 2   Drei Jahre Studentenkreis „Ordensland" Agnes Miegel und Ottomar Schreiber Ehrenmitglieder

Es war ein glücklicher Gedanke des Vorstandes vom Studenten- und Altherrenkreis „Ordensland" in München, anlässlich des dreijährigen Bestehens des Studentenkreises Mitglieder, Freunde und Förderer zu einer zweitägigen Veranstaltungsfolge einzuladen und damit dem Werden und Wirken der jungen studentischen Gemeinschaft einen neuverpflichtenden Sinn zu geben.

Der Willkommgruß des 1. Vorsitzenden, Horst Harthun, galt besonders Staatssekretär Schreiber, Universitätsprofessor Dr. J. Hanika und den Abordnungen befreundeter studentischer Verbindungen und Gemeinschaften, die in einem engeren Verhältnis zu „Ordensland" stehen.

 

Robert Ger?? (nicht lesbar) führte aus: „Drei Jahre seien nur ein kurzer Abschnitt in einem Jahrhundert weltweiter Spannungen und Auseinandersetzungen. „Ordensland" habe in dieser Zeit versucht, in erster Linie den Studenten und Studentinnen aus den alten Heimatgebieten eine studentische und auch allgemein menschliche Heimat zu geben. Dass aber auch Einheimische zu „Ordensland" gefunden hätten, sei ein besonders gutes Zeichen."

„Nicht als Gast, sondern als Zugehöriger wolle er sprechen", so führte Staatssekretär Dr. Schreiber aus. Sein besonderer Wunsch wäre es. die in dieser Gemeinschaft zusammengeschlossenen Menschen möchten Studium und den angehenden Beruf so nützen, dass am Ende der Ausbildung das stünde, was allen erstrebenswert erscheine: die „Persönlichkeit". Ausgehend vom Begriff „Ordensland" gab Dr. Schreiber in weiter Sicht ein Bild Ostdeutschlands.

Im Anschluss an seine Rede erklärte sich Dr. Schreiber zur Übernahme der Ehrenmitgliedschaft des Studentenkreises „Ordensland“ bereit. Er bat diese Ehrung als „echtes" Anliegen betrachten zu dürfen. Agnes Miegel hat ihrerseits ebenfalls die Ehrenmitgliedschaft angenommen. Die Reihe der „Gratulanten" eröffnete mit launigen Worten der Kulturreferent des Altherrenkreises, Universitätsprofessor Dr. Ernst Lichtenstein. Ihm folgten Dr. Martin Kaleschke, der Vorsitzende des Altherrenkreises, der dem Studentenkreis zugleich eine Geldspende überreichte, der Sprecher der baltischen Studentenverbindung „Fraternitas Dorpatensis", der Verein deutscher Studenten, München, der Ackermanngemeinde, der Kulturreferent der Landesgruppe Bayern der Landsmannschaft, Dr. Walter Schlusnus. Die Glückwünsche der ost- und westpreußischen Studentengruppe in Göttingen übermittelte cand. phil. Otto Schwarzkopf. Im Anschluss kamen Glückwunschbriefe von Agnes Miegel, dem Vorstand der Landsmannschaft und von Staatssekretär Dr. Dr. Oberländer zur Verlesung.

 

Seite 2   Die Turnerfamilie Ost- und Westpreußen und der Deutsche Turnerbund

Die Gedenkfeier an Friedrich Ludwig Jahn im Jahre 1952 und das erste Deutsche Turnfest 1953 in Hamburg sind nicht nur für die Turner sondern für das ganze deutsche Volk Ereignisse, die weit über ihre Tagesbedeutung hinaus wegweisend und verpflichtend sind.

Die Turnerfamilie Ost- und Westpreußen ist kein förmliches oder satzungsmäßiges Mitglied des Deutschen Turnerbundes. Trotzdem ist, ihr Bestehen und ihre Arbeit ganz auf ihn ausgerichtet. Sie trat erstmalig als geschlossene Schicksalsgemeinschaft innerhalb des Deutschen Turnerbundes durch die Verbindung ihres 6. Wiedersehenstreffens mit dem 3. Alterstreffen des DTB in Marburg vom 15. Bis 17.08.1952 in Erscheinung. Die allgemeine Anteilnahme an den Feierstunden der Ostvertriebenen und das Mitschwingen im Rhythmus der großen Gemeinschaft gaben den ost- und westpreußischen Turnern und Turnerinnen das Gefühl der Geborgenheit. Das Deutsche Turnfest 1953 Hamburg vom 02. - 09.08. wird in verstärktem Maße beweisen, wie ernst es dem Deutschen Turnerbund damit ist, die Brüder und Schwestern aus dem Osten in den Bemühungen um das lebendig erhalten des heimatlichen Turnertums zu unterstützen. Auch die Turner aus Pommern, aus Schlesien und aus dem Sudetengau werden in Hamburg als geschlossene Gemeinschaften ihre Eigenart zeigen. Ebenso werden alle nach heutigen Wohnorten in den einzelnen Landesturnverbänden fröhlich mitwirken.

Obmann bei Deutschen Turnfest für die Gesamtheit der Ostvertriebenen ist Tbr. Curt Wiesner, Hannover, Maschstr. 20. Für die Turnerfamilie Ost- und Westpreußen leistet Tbr. Wilhelm Alm, Oldenburg (Oldb.), Gotenstr. 33 die Vorarbeiten. „Onkel Wilhelms Weihnachtsrundbrief" enthält bereits Einzelheiten hierüber und über das 7. Wiedersehenstreffen, das dem Deutschen Turnfest unmittelbar vorausgeht. Das feste Zusammenhalten der Turnerfamilie Ost- und Westpreußen ohne Bindung durch Satzungen und ohne Beitragsverpflichtung bekundet eindeutig, dass die Turner ihre Heimat nicht verloren geben und dass nach ihrem Glauben die Wiedergewinnung in Frieden und Freiheit kommen muss und kommen wird, weil göttliches Gesetz und Recht auf die Dauer nicht widernatürlich unterdrückt werden können.

Der Deutsche Turnerbund zeigt durch seine Verlautbarungen in Marburg 1952 und für Hamburg 1953, dass er diese Haltung anerkennt und zu fördern gewillt ist. In unverbrüchlicher Treue schlagen ihm daher die Herzen aller Angehörigen der Turnerfamilie Ost- und Westpreußen entgegen.

 

Achtung! Turner!

Der Festbeitrag für das Deutsche Turnfest Hamburg ist nach dem Zeitpunkt der Einzahlung gestaffelt. (Bei Einzahlung bis 28. Februar 16,-- DM, bis 31. März 18,-- DM, später 20,-- DM.) Gleichzeitig mit dem Festbeitrag ist das Quartiergeld einzuzahlen. Wer jetzt einem westdeutschen Turnverein angehört, meldet sich durch diesen Verein an und zahlt auch an den Verein. Alle anderen melden sich für Hamburg bei Wilhelm Alm. Oldenburg (Old.), Gotenstr. 33 und zahlen auf dessen Postscheckkonto Hannover 11 60 75. Entschließt Euch schnell.

 

Sportverein Lötzen am Steinhuder Meer.

Das schon zur Tradition gewordene, alle zwei Jahre sich wiederholende Wiedersehenstreffen der „Traditionsgruppe des Sportvereins Lötzen"- 1947 in Hann.-Münden. 1949 in Berlin und 1951 in Ratzeburg – ist in diesem Jahr für den 31. Juli und 1. August nach Steinhude am Meer in der Nähe von Hannover bzw. Minden/Westf. Festgesetzt worden. Alle alten Sportvereinsangehörigen aus Lötzen mit ihren Familien werden gebeten, sich betr. der Teilnahme schon jetzt an die Geschäftsstelle; W. Geelhaar, 24a Hamburg-Volksdorf, Ahrensburger Weg 25 zu wenden. Auch die Angehörigen unserer toten und vermissten Kameraden sowie die ehemaligen Aktiven der Sportvereinigung „Hindenburg" Lötzen sind in unserem Kreise gern gesehen. Die mit der Geschäftsstelle in Verbindung stehenden Sportkameraden erhalten noch besondere Aufforderungen. Das Treffen ist so gelegt, dass jeder die Möglichkeit hat, am 2. August dem allgemeinen Treffen der Stadt und des Kreises Lötzen in Hamburg beizuwohnen. Bei dieser Gelegenheit bitten wir um weitere Anschriften ehemaliger Lötzener Sportvereinsangehöriger. Vor allem werden die Kameraden Karl Duddek (Johannisburg, später Sorau N/L), Fritz Starzinski und Karl Danielzik, sowie Angehörige der Gebr. Karl und Willy Offschany und des Paul Volkmann gesucht.

 

„Oder-Nelße-Friedensgrenze" im Ost-Duden

Eine im Jahre 1952 vom Bibliographischen Institut in Leipzig herausgegebene Duden-Ausgabe kennt die deutschen Städte Stettin, Breslau, Danzig oder Königsberg nicht mehr, dafür sind sie unter: Scechin, Wroclaw, Gdansk als „Städte in Polen" und Kaliningrad als „Stadt in der SU" verzeichnet. Dagegen findet man alle anderen Städte slawischen Namens auch unter ihrer deutschen Fassung. Oder und Neiße werden als „deutsch-polnische Grenzflüsse" gekennzeichnet und die „Oder-Neiße-Linie" hat unter der Bezeichnung „Oder-Neiße-Friedensgrenze" in dem Wortschatz des Ost-Dudens Eingang gefunden. Bezeichnungen wie Memel, Weichsel und Wartha sind überhaupt nicht erwähnt.

 

Seite 2   Trakehner Hengst nach Schweden verkauft

Der siebenjährige Hengst „Polarstern“ wurde von seinem Züchter nach Schweden verkauft, wo der Trakehner als Hauptbeschäler im schwedischen Hauptgestüt aufgestellt werden soll. „Polarstern“ gehörte zu den Reservepferden der deutschen Olympiamannschaft. Alle Versuche der Trakehner Züchter, das wertvolle Tier der deutschen Warmblutzucht zu erhalten, scheiterten.

 

Die Geschichte der 206. I.-D. im Verlag Hans Henning Podzun, Bad Nauheim, ist soeben erschienen.  Verfasser: Ernst Payk. Preis des mit Lagekarten versehenen Buches kart. 4,80 DM. Bestellungen nimmt die „Ostpreußenwarte“ entgegen.

 

 

Seite 3   Rastenburg

Lasst uns mit unseren Gedanken zurückwandern in unsere Heimat, die wir trotz Flucht und Not unverlierbar in unserem Herzen tragen; lasst uns zurückwandern in jene vertraute Stadt im Herzen Ostpreußens, zu dem Geburtsort des Dichters Arno Holz, nach Rastenburg. „Das schöne, alte Nest" nennt er in seinem „Kindheitsparadies" das Städtchen mit seinen engen, verträumten Gassen in der Altstadt, aus der heraus der mächtige Bau der St. Georgskirche auf steiler Anhöhe als ein uriges Wahrzeichen unserer Heimat auch noch heute weit ins Land hineinschaut, während der Stadtteil ringsum in Schutt und Asche aufging.

Rund 700 Jahre sind vergangen, seit die Brüder vom Deutschen Orden im weißen, wehenden Mantel und dem Schwarzen Kreuz auf der Brust über die Weichsel zogen. Zur besseren Verteidigung legte im Jahre 1329 der Orden die „Rastenburg" an, kein besonders großes Bauwerk, im gotischen Stil mit einem Eckturm in der Wehrmauer. In den folgenden Jahrhunderten wurden jedoch die Burg und ein großer Teil der Altstadt zerstört, nur die Wehrmauer blieb erhalten. - Als Stand wählten die Ritter eine Stelle auf einer Hochebene oberhalb des tiefeingeschnittenen Gubertales, wo man den Fluss leicht überbrücken konnte. 1350 wurde mit dem Bau der St. Georgskirche begonnen, der 1357 abgeschlossen wurde. Sie wurde als Wehrkirche angelegt. So war besonders der 48 m hohe Westturm, der zugleich ein Turm der Stadtmauer war, stark und ohne große Öffnungen zu einem Wehrturm ausgebaut. Wesentlich freundlicher wirkte der Ostturm, der nur 32,5 m hoch war. In ihm befand sich das Glockengestühl, und zur besseren Schallverbreitung Öffnungen im gotischen Spitzbogenstil. Für den Fall, dass die Kirche im Kriege vom Ordensschloss abgeschnitten werden sollte, stand sie mit diesem durch einen unterirdischen Gang in Verbindung. - Im nächsten Jahrhundert - 1480 bis 1515 - wurde sie zu einer spätgotischen Hallenkirche umgebaut. - Im selben Jahr, in dem der Grundbau der Kirche vollendet wurde - 1357 - erhielt diese Ordenssiedlung von Johann Schindekop, dem Komtur von Balga, die Stadtrechte.

Der uns auf dem heutigen Stadtwappen vertraute Bär zwischen den drei Tannen stand auch schon damals - 1357 - auf dem Stadtsiegel. Die Tannen tauchen allerdings erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf, bis dahin waren es drei Laubbäume-, was diese Änderung bewogen hat, steht nicht genau fest. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts bis etwa zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges waren es sogar sieben Laubbäume, was sehr wahrscheinlich mit der heiligen Zahl sieben zusammenhängt. - Zur Entstehung des Wappens wird folgende kleine Sage erzählt:

Während der Gründungszeit der Stadt trieb sich ein ziemlich starker Bär in der dortigen Gegend herum und richtete umfangreichen Schaden an, so dass die Rastenburger eine große Jagd auf Meister Petz veranstalteten. Hierbei gelang es einem der Jäger, dem Bären einen Speer in die Brust zu werfen. Das mächtige Tier wurde dadurch aber nicht zur Strecke gebracht, sondern konnte fliehen; jedoch klemmte sich der Bär kurz darauf mit dem aus seinem Körper herausragenden Speer so unglücklich zwischen eine Baumreihe ein, dass er nicht mehr weiter konnte und hier leicht erlegt wurde. Dies Ereignis bewog die Rastenburger den Bär zwischen den Bäumen im Wappen zu führen.

Schon seit 1656 war Rastenburg ständig Garnisonstadt. Das erste Regiment, das dort lag, war das von Eulenburg. Bis zum Abschluss des ersten Weltkrieges war dann das älteste Regiment der preußischen Armee dort stationiert, das Grenadier-Regiment „König Friedrich der Große", Nr. 4. Als im Jahre 1912 die Artilleriekasernen gebaut wurden, rückte hier die II. Abteilung des Feldartillerie-Regiments Nr. 82 nebst Regimentsstab ein. Später erhielt die Stadt noch eine Hundertschaft Schutzpolizei. - Zur Ordenszeit war es so, dass neben den Rittern auch die Bürger der Stadt verpflichtet waren, sich zum Wachtdienst zu melden. Im Falle eines Krieges mussten sie einen Wappenwagen und 40 Mann in voller Kriegsausrüstung stellen.

 

Das Ordensschloss

Aus der Zeit der Hochmeister stammt auch das Ordensschloss am Rollberg, einem ziemlich schräg abfallenden, schmalen, winkligen Straßenzug. Wem ist dieses schlichte Bauwerk aus Backsteinen mit den davor stehenden alten Kanonen nicht noch in lebhafter Erinnerung?! Es war in seinem Stil einfach gehalten; man hatte das Augenmerk nur auf Zweckmäßigkeit gerichtet. Der rechteckige Schlosshof war eng, und in ihm lief an den Wänden der Ost- und Südseite in der Höhe des ersten Stockwerkes ein vom überhängenden Dach geschützter Holzgang entlang, der nach der Hofseite zu von einfachen Holzpfeilern getragen wurde. Einst diente das Schloss den Ordenspflegern und dann den herzoglichen und kurfürstlichen Hauptleuten als Wohnung. Später wurde es Staatseigentum, und es wohnten die Pächter der Rastenburger Domäne in ihm, bis es im Jahre 1910 zusammen mit den Ländereien der Domäne von der Stadt aufgekauft wurde. In den letzten Jahrzehnten war dann das Finanzamt in ihm untergebracht.

 

Die Entwicklung der Stadt

Die Entwicklung der Stadt erfuhr besonders in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einen lebhaften Aufschwung. Die zahlreichen Scheunen - um 1880 gab es noch vier Scheunenstraßen (!) - wurden abgerissen, teilweise auch eingeäschert. An ihrer Stelle wurden 1885 das Rathaus am Wilhelmsplatz gebaut, 1893 bis 1894 das Kreishaus an der Logeistraße, 1895 bis 1896 die katholische Catharinenkirche und 1906 die Herzog-Albrecht-Schule in der Wilhelmstraße.

Als die Stadt dann im Jahre 1910 die Domänenländereien erwarb, konnte sie sich endlich auch nach der Ostseite zum Bahnhof hin ausbreiten. Der Mühlenteich wurde zugeschüttet und bebaut. Vor dem Schloss wurde eine nette Parkanlage geschaffen. Es entstanden das Postamt und nach dem Bahnhof zu, später die Raiffeisen-Werke und ein großer Speicher der Mühlenwerke Gramberg. - Die Zuckerfabrik am Hauptbahnhof nahm schon 1882 die Arbeit auf. Im Januar 1945 wurde auch sie ein Opfer des Krieges.

Bereits 1843 wurde die Eisen, und Glockengießerei der Gebr. Reschke gegründet; die Grambergschen Mühlenwerke am Rollberg und die Aktienbrauerei in der Angerburger Straße folgten. -

Nach der Jahrhundertwende wurde eine Modernisierung der Gasanstalt erforderlich. Die Einwohnerzahl, die im Jahre 1900 - 10 877 E. betragen hatte, war inzwischen um nahezu 50 Prozent angestiegen.

Erwähnenswert sind auch die nach dem ersten Weltkrieg geschaffenen drei Siedlungen: Krauseneck, Tannenhof und Rasthöhe mit 140 Wohnungen; letztere entstand auf dem ehemaligen Domänengelände und dem Land des Stadtgutes „Rasthöhe".

Schon seit dem 14. Jahrhundert besaß Rastenburg eine Lateinschule, die von der St. Georgskirche unterhalten wurde. 1546 erhielt die Schule vom Herzog Albrecht von Preußen, dem letzten Hochmeister des Deutschen Ritterordens ein eigenes Gebäude. Im Jahre 1817 wurde sie dann Königliches Gymnasium und nach 1933 staatliche Oberschule.

Verkehrsmäßig war die Lage von Rastenburg zufriedenstellend. Von Lyck kommend führte die Nord- Süd Hauptstraße nach Königsberg direkt durch die Stadt; ferner gingen Straßen nach Barten und Sensburg. Die Hauptbahnlinie Prosken - Königsberg durchlief ebenfalls Rastenburg, auch die Strecke Angerburg - Wormditt. Auch seien an dieser Stelle nicht die Rastenburger Kleinbahnen vergessen, die um die Jahrhundertwende gebaut wurden. Wer erinnert sich nicht mit einem Lächeln auf den Lippen an das Bähnlein, wenn es fauchend und bimmelnd die Stadt verließ und in Richtung Drengfurt, Barten und Rhein, Sensburg fuhr. Die Kleinbahnen brachten besonders mittwochs und sonnabends viele Landleute nach Rastenburg zum Wochenmarkt und zahlreiche Fahrschüler zu den einzelnen Schulen wie Oberschule, Lyzeum, Berufsschule usw. Vor allem dienten sie aber der Güterbeförderung, besonders waren es die Zuckerrübentransporte im Herbst und Winter zu der Fabrik nach Rastenburg, wozu oftmals täglich sogar mehrere Sonderzüge eingesetzt werden mussten, um die Menge bewältigen zu können.

Zahlreich waren auch die Geschichten, die man sich über die Kleinbahn - im Volksmunde „Schniewke" oder auch „Schnittke" genannt - erzählte. Meistens lag diesen „Vertellkes" eine wahre Begebenheit zugrunde, die dann nur gehörig aufgebauscht war. Nicht selten kam es auch vor, dass das Zugpersonal von diesem oder jenem Reisenden geneckt wurde; doch mangelte es bei den Leuten von der Bimmelbahn meist nicht, an Schlagfertigkeit. Ein Beispiel:

Ein Lastauto war an einem Straßenübergang gegen die Bahn gefahren und hatte die Lokomotive aus den Schienen geworfen. Dieses Ereignis glaubte ein Reisender zum Anlass nehmen zu können, um den Schaffner damit zu foppen. „Sagen Sie mal, wie ist das nur möglich, dass ein Radfahrer den Zug gleich zum Entgleisen bringen kann?! „Ein Radfahrer?!" war die Antwort, „aber nei doch, kein Radfahrer, es war ja e Jung mit em Roller!"

Ach ja, auch die Kleinbahn war mit ein Stück Heimat. Leider wurde sie im Jahre 1945 „demontiert".

 

Das Landgestüt

Kam man vom Norden her auf der Straße von dem kleinen, in ruhiger Abgeschiedenheit gelegenen Städtchen Barten nach Rastenburg, so fiel einem zur Rechten unmittelbar am Stadtrande ein großer Komplex einfacher etwas kahl anmutender Stallungen und im schlichten Stil erbauter Wohnungen auf. Hier war zwischen den Jahren 1870 und 1880 das Landgestüt eingerichtet worden. Das Land hierfür hatte die Stadt zur Verfügung gestellt; allerdings war von ihr dir Bedingung daran geknüpft worden, dass bei einer Auflösung bzw. einer Umlegung des Gestüts die Stallungen und Wohngebäude kostenlos der Stadt zufielen.

Nahezu 200 Hengste waren im Landgestüt stationiert, von denen die größere Zahl Trakehner waren; Pferde mit hohen Leistungen bei Anspruchslosigkeit und vielseitiger Verwendung für Turniere, Landarbeit und Militär. In den letzten fünfzehn Jahren wurden aber auch Kaltbluthengste gehalten. Man wollte den vielfachen Wünschen der Bauern nachkommen, die für die Bearbeitung des vorwiegend schweren Bodens der dortigen Gegend ein schweres Pferd haben wollten. Von den Trakehner Hengsten kam ein großer Teil direkt aus Trakehnen, andere aus Privatzucht. Bekannte Privatzüchter waren der Gutsbesitzer Totenhöfer in Birkenfeld, Graf von Rautter in Willkarnen und Freiherr von Schroetter in Gr. Wohnsdorf.

 

Arno Holz

Der bekannteste und größte Rastenburger war wohl zweifelsohne Arno Holz. Als Sohn eines Apothekers wurde er am 26. April 1863 dort geboren und verlebte seine Kindheit in diesem Städtchen, an dem er sehr hing und an das er in zahlreichen Gedichten noch denkt. Sein erstes Werk war ein Gedichtbändchen, „Das Buch der Zeit" genannt, das ein Züricher Verlag 1885 herausbrachte. An weiteren Werken erschienen von ihm 1898 eine Gedichtsammlung unter dem Titel „Phantasus", 1904 eine Tragikomödie, genannt „Traumulus", 1913 das Drama „Ignorabimus" und „Daphnis".

Im Jahre 1921 erhielt Arno Holz von der Universität Königsberg den Titel eines Ehrendoktors der Philosophie. Für den Nobelpreis wurde er fünfmal vorgeschlagen, doch wurde ihm diese Auszeichnung nie zuteil. Am 26. April 1929 starb er in Berlin, wo er die letzten Jahre gewohnt hatte.

 

Guberberge und Martinsschlucht

Umfangreich waren die Grün- und Blumenanlagen, die Rastenburg zierten. Wirklich schön war das Panorama am Oberteich. Das Kreiskrankenhaus, das in diesem Stadtteil lag, bot hier abgekehrt dem Trubel und Straßenlärm dem Genesenden wunderbare Ruhe und Erholung. Auch das Schülerheim für Jungen, das der Oberschule angeschlossen war, hatte man hier am Oberteich errichtet.

Einzig waren die geologisch interessanten Guberberge, die im Westen der Stadt lagen und desgleichen die romantische Martinsschlucht, die der Regierungsbaumeister Modricker der Stadt geschenkt hatte. Gerne unternahm man auch im Sommer einen Ausflug zum Stadtwald Görlitz, ließ sich im Kurhaus ein Tässchen duftenden Kaffees servieren und wanderte stundenlang durch den herrlichen Forst.

Rastenburg darf sich rühmen, von vielen bedeutenden Männern besucht worden zu sein; unter ihnen von dem schwedischen Forschungsreisenden Sven Hedin, der während des ersten Weltkrieges eine Zeitlang dort weilte.

Werner Mölders, der erfolgreichste Jagdflieger des zweiten Weltkrieges, diente dort längere Zeit als Gefreiter bei der Infanterie, bis er im Oktober 1932 zur Kriegsschule nach Dresden abkommandiert wurde.

Was aber ist aus diesem „schönen, alten Nest" geworden?! Abgebrannt der größte Teil der Innenstadt, vor allem der Altstadt, von Unkraut überwuchert die Gärten, verwildert die Anlagen. Und doch kann man uns die Heimat nicht rauben. Sie lebt in uns, und wir leben in ihr. H. Rutkewitz

 

Spann deine Flügel weit, fern allem Tagesstreit,

schwing dich durch Raum und Zeit über dein Leid!

Jenseits des letzten Blaus, hinter dir Tod und Graus,

halt durch, harr aus! Arno Holz

 

Bild links: Rastenburg-Blick auf die Stadt und die Georgskirche. –

Bild rechts: Wandgrabmal des Pfarrers und Erzpriesters Wilhelm Witzendorff in der evangelischen Kirche, anno 1647.

In diesem Denkmal wurde erstmals in Ostpreußen die „Ausdruckskunst“ angebahnt. Man beachte vor allem die Gestalt Johannes des Täufers in seiner Bewegung.

 

 

Seite 4   Leserbriefe

„Das Ende im Brückenkopf“

Mit ganz besonderer Freude stellen wir fest, dass kaum nach Erscheinen der neuesten Nummer bereits die ersten Leserzuschriften eingehen, durch die mancher Bericht auf das Wertvollste ergänzt wird. So schreibt unser Leser, Landsmann H. Gronen aus Celle, den Bericht der 21. Division:

„Die Einsätze der Pioniere haben mit der Marine des Großadmirals Dönitz vielen Landsleuten den Weg in die Freiheit geöffnet. Der Dank unserer Ostpreußen ist die höchste Anerkennung besonders für unsere Landungspioniere und für unseren „Papa", Generalmajor Karl Henke. Ein Arzt teilte uns mit: - „Die letzte Fähre hatte abgesetzt; es waren noch etwa 200 Mann an Land zurückgeblieben, Untergebene Henkes. Henke fuhr darauf zurück, um bei diesen Männern zu bleiben, bis auch diese in Sicherheit wären. Eine durch Leuchtzeichen herangerufene Fähre versuchte zweimal an Land zu kommen. Beim Einbruch der Russen hat man dann Henke tot aus seinem Unterstand getragen."

 

Wer ist der Dichter?

Anlässlich seines 75. Geburtstages sind Richard Schirrmann viele Glückwünsche zugegangen, darunter ein Gedicht, das wie folgt beginnt:

„Auch Du bist entsprossen dort,

das man Ostpreußen nennt –

dem Land der tausend Wälder,

die nur der Ostpreuße kennt . . . .“

Über die „Warte" fragt nun Landsmann Schirrmann nach dem Namen des jungen Dichters, da ihm das „Angebinde unter allen das Wertvollste" sei. Wir bitten den Verfasser der handgeschriebenen Glückwunschadresse sich zu melden.

 

Berlin - „gefährlicher" Ort!?

„Ihre taktlosen und auch unrichtigen Bemerkungen „Berlin, ein gefährlicher Ort" haben mich geärgert. Magnifizenz Horkheimer hat mit Recht gesagt, dass es „leichter zugängliche Orte“ als Berlin gibt. Das ist Tatsache, von der Verkehrstechnik bis zur Pass- und Devisenkontrolle, und nur ein gewisser Doktrinarismus kann das bestreiten, ein dialektischer Doktrinarismus mit anderem Vorzeichen!

Ferner: so spricht man nicht von einem Mann, dem wir (jawohl!) und dessen Volk wir das größte Verbrechen angetan haben, das es historisch gibt. Es wäre ihnen anzuraten, einmal über den Kausalzusammenhang zwischen millionenfachen Judenmorden in unserem Vaterland und der im Vergleich dazu gnädigen (in letzter Relevanz!) „Vertreibung" aus Ostpreußen und anderswo nachzudenken.

Sie haben nolens-volens mit einigem Recht Berlin einen „gefährlichen" Ort genannt: nicht wegen der Russen, das versteht sich quasi von selbst - aber wegen anderer Dinge, die wir dort betreiben oder wenigstens mitbetreiben: Rias, Propaganda des Ministerium Kaiser etc. pp! Wenn Sie das durchhalten wollen, dann ohne mich! Wenn Magnifizenz Horkheimer eine Vorlesung hält, dann scheint er mir für die Zivilcourage mehr zu tun als ein ganzer Jahrgang Ostpreußenwarte.

Last not least: haben Sie auf der ersten Seite nichts Besseres zu bringen als restaurative Nazischinken, unvorsichtig in das „demokratische" Seidenpapier der Redefreiheit gehüllt?

Umkehr tut not! Lothar Ahne, Beienrode über Helmstedt

 

Seite 4   Unvergessener Arno Holz. Dr. Ernst Sauer:

Arno Holz war ein Mensch, der die bitterste Qual durchlitt, der aber nicht minder das Glück kostete, wenn er auf seinem Flügelross der Phantasie jauchzend dahinbrause. Alle hohle Romantik lehnte er ab. Dichtung war ihm Darstellung der Wirklichkeit, doch nicht nur der Wirklichkeit der Plage und Qual, sondern der Wirklichkeit in ihrer ganzen farbigen Fülle und Mannigfaltigkeit. Ein Leben lang hat er darum gerungen, für die poetische Erfassung dieser vielgestaltigen Wirklichkeit und ihren Glückstunden, mit ihrem Seelenschmerz und den schäumenden Ekstasen der Freude, für die Wirklichkeit in ihrer ganzen Polarität die angemessene Form zu finden. Durch Naturalismus und Impressionismus zieht sein Pfad, aber er führt auch in das Land des Expressiven. Mit solch kategorischen Ausdrücken ist freilich vor seinem Werk nicht allzu viel gesagt. Der Spannweite seiner Gefühlsskala entspricht der Reichtum seines Ausdrucks und der Mittel. Schritt für Schritt und folgerichtig reifte er seinem Ziel entgegen.

Arno Holz lebte von 1863 bis 1929. Sein Geburtsort war Rastenburg in Ostpreußen. Gestorben ist er in Berlin. In diese Millionenstadt kam er schon mit zwölf Jahren, wo der Vater die Verwaltung einer Apotheke übernahm. Das Missgeschick auf der Schulbank, Verkennungen seines Talents und boshafte Bemerkungen konnten den ernst Strebenden von seinem Vorsatz nicht abbringen. 1882 brachte ein Verleger seine Gedichtsammlung „Klinginsherz" heraus, die im folgenden Jahr mit dem Preis der Augsburger „Schillerstiftung" bedacht wurde. Gleichzeitig erschienen seine in Gemeinschaft mit dem Freund Otto Jerschke verfassten „Deutschen Weisen". Mit Jerschke zusammen entstanden später auch Bühnenwerke, unter denen „Traumulus" das bekannteste geworden und später dann auch verfilmt worden ist. 1885 wurde das „Buch der Zeit, Lieder eines Modernen" gedruckt. Detlev von Liliencron urteilte: „Ein Dichter schrieb das Buch der Zeit. Damit ist alles gesagt." Otto Erich Hartleben begrüßte es ebenso freudig. Vor allem der „Phantasus" war es, der die beiden Beurteiler begeisterte. Er ist das Schönste der ganzen Sammlung. Der Seelenzustand eines jungen Dichters, „der an der Trivialität seines Milieus zu Grunde geht hoch oben in Berlin N, in irgend einer Dachstube", wie Holz selbst sagt. Ein Kapitel aus den vielen Kapiteln der sozialen Frage, deren dichterische Behandlung damals einsetzte und noch die folgenden Jahrzehnte beschäftigte (Hauptmann, Schönaich-Carolath, Langmann, Fulda, Kretzer, Wildenbruch, Sudermann). Mit der Beherrschung von Metrik und Reim verbindet sich der Schlag des Herzens.

Der „Phantasus" hat Holz bis in die letzten Tage seines Daseins immer wieder beschäftigt. 1898/99 erschien die zweite Fassung. Die Form hat sich entscheidend geändert. In zähem Bemühen hat Holz sie sich in der Zwischenzeit erarbeitet. Kein Reim mehr, nicht mehr die alte Metrik, die er einmal scherzhaft „den Leierkasten" nannte. Holz hat sich eine freie Form mit dem System der Mittelachse geschaffen, die jedoch keine Äußerlichkeit ist, sondern das Ziel hat, den natürlichen Sprachrhythmus mit dem Inhalt zur Deckung zu bringen. In seiner „Revolution der Lyrik" (1899) hat Holz diese Form theoretisch zu begründen versucht. Wie die einzelnen Bilder aufblenden und verblenden, wie es flimmert an Licht, wie in diesen Impressionen der Augenblick mit seinem Zufall aufschimmert und verfliegt, dafür ein Beispiel:

Im Tiergarten, auf einer Bank, sitze ich und rauche;

und freue mich über die schöne Vormittagssonne.

Vor mir, glitzernd, der Kanal;

den Himmel spiegelnd, beide Ufer leise schaukelnd.

Über die Brücke, langsam Schritt, reitet ein Leutnant.

Unter ihm, zwischen den dunklen, schwimmenden Kastanienkronen,

pfropfenzieherartig ins Wasser gedreht,

- den Kragen siegellackrot –

sein Spiegelbild.

Ein Kuckuck ruft.

Welchen Wert der eilige Augenblick hat, das stellt Holz auch mit den Schlussversen in „Des berühmten Schäffers Dafnis Freß-, Sauff- und Venus-Liedern" (1904) heraus, die Dafnis noch aus dem Grabe spricht:

Horch drümb! was mein Staub dir spricht:

so vihl Gold hat Ophir nicht!

alss in ihrem Munde

die flüchtige Secunde.

O Adamo! o Eve

Vita somnium breve! In diesem „lyrischen Portrait aus dem 17. Jahrhundert", wo die Wirklichkeit einer versunkenen Zeit, die Palast und Kloster aneinanderbaute, zutiefst nachempfunden ist, spricht so recht auch der lachende Dichter, dessen Lachen vom gütigen Humor bis zur Satire reicht und - bis zur Weisheit des „Über-sich-selbst-lachen-könnens".

Dem natürlichen Rhythmus der Sprache und dem gefühlten Geheimnis seiner Gesetzmäßigkeit hat Holz immer und immer wieder nachgespürt, bis er den Weg zur Lösung des Rätsels in bestimmten Zahlenverhältnissen sah, die seiner vom Inhalt untrennbaren Rhythmik zugrunde liegen mussten. So feilte er wieder und wieder auch an seinem „Phantasus", diesem seinen „Selbstportrait". Nehmen wir die Nachlass-Fassung zur Hand, so erkennen wir an der Reife der Gestaltung die Früchte seiner unermüdlichen Arbeit. Weit spannt sich der Bogen vom unscheinbarsten Endlichen bis zum Unendlichen, über dieses weite Reich der Natur hin. An die breitangelegte, groteske Darstellung der Geburt und Taufe, bei der die drollig gehäuften Beiwörter über die beteiligten Menschen und das Kleinstadtmilieu mit versöhnlicher Wärme spotten, schließen sich Bilder schweren Ernstes, deren stellenweise expressive Ballung nur noch wenige Sprachbrocken zulässt, sei es die stille Freude an Farbe und Duft der Blumen oder der erschütternde Zusammenbruch einer Menschenseele, bis das Ganze in Ewigkeitsahnung ausklingt:

Höher und höher strebt mein Geist,

läutert sich, erlöst sich, hebt sich,

verschwebt sich, verwebt sich ins . . . All! . . .

Mein Staub verstob;

wie ein Stern strahlt mein Gedächtnis!

 

Seite 4   Richard Popp 75 Jahre

Am 15 .Februar 1953 begeht der letzte, noch amtierende Obermeister der Königsberger Bäckerinnung Richard Popp, wohnhaft in Ladbergen über Lengerich, Wester 1, seinen 75. Geburtstag. Der Jubilar wurde seinerzeit im Rahmen der 400-Jahrfeier der Königsberger-Bäckerinnung in Duisburg besonders gefeiert und erhielt damals aus den Händen des Bürgermeisters Dr. Storm, Duisburg die von der Patenstadt gestiftete silberne Ehrenkette. Viele Arbeitskameraden des Landmannes Popp übermitteln ihm auf diesem Wege die allerherzlichsten Glückwünsche.

 

Seite 4   Pfarrer Paul Kelch gestorben

Im 90. Lebensjahr verstarb in Hessen, Kreis Wernigerode, Herr Pfarrer Kelch. bis zur Austreibung Seelsorger in Wallenrode, Kreis Treuburg. Hatte er schon in unserer alten Heimat unermüdlich in seiner Gemeinde gewirkt - ihm war die Renovierung der alten Kirche in Wallenrode zu verdanken. - so blieb er auch in der neuen Heimat seiner seelsorgerischen Aufgabe treu. Alle Schicksalsschläge, den Verlust seiner beiden Söhne und den Tod seines einzigen Enkelsohnes trug er mit der Geduld eines wahrhaften Christen. Als er in den letzten Lebensjahren erblindete, blieb er auch da fest in seinem unerschütterlichen Glauben. Mit ihm verloren die Heimatvertriebenen einen opferbereiten Freund und Helfer.

 

Seite 4   Dr. Max Foerster gestorben

Im 67. Lebensjahr verstarb in Beuel am Rhein Tierzuchtdirektor und Landwirtschaftsrat a.D. Max Foerster. Den gebürtigen Schlesier führte der Lebensweg über Danzig nach Insterburg, wo er als Geschäftsführer beim „Landwirtschaftlichen Zentralverein" wirkte - dann wurde er Hauptgeschäftsführer der „Ostpreußischen Schweinezuchtgesellschaft" und bald war sein Name weit über die Provinzgrenzen hinaus in Züchterkreisen anerkannt, ja sogar in Ungarn, Rumänien und Italien.

Der letzte Krieg vernichtete sein Lebenswerk. Noch einmal konnte er in der neuen Heimat an der Landwirtschaftskammer Oldenburg züchterisch beratend tätig werden. Nach seiner Pensionierung hoffte er den Rest seines Lebens am klimatisch günstigeren Rhein verbringen zu können, aber es waren ihm nur noch zwei kurze Jahre vergönnt.

 

Seite 4   Zum Gedenken Prof. Dr. Willers

Institute und Forschungsstätten haben aber nur dann einen Namen und überragende Bedeutung, wenn um ihre Spitze Männer stehen, die forschend und lehrend, völlig neue Wege gehen. Eine solche überragende Persönlichkeit war der gegen Ende des vorigen Jahres verstorbene Professor Dr. Dr. Alfred Willers. Die Ostpreußen haben den „Fischprofessor", wie er von mancher Fischerfamilie „der Einfachheit halber" genannt wurde, mit Recht als einen der ihren betrachtet, obwohl Professor Willer gebürtiger Stettiner war. Sein Lebensweg verzeichnet folgende Hauptetappen:

Der junge Dr. med. und Dr. phil. hörte bei dem eigentlichen Begründer der Fischereiwissenschaft. Prof. Dr. Schiemenz - kein Wunder, dass nach dem 1. Weltkriege aus dem Oberfeldarzt Willer folgerichtig ein „Oberfischmeister für die Provinz Ostpreußen" wurde. Professor Willer war Begründer des ersten Fischereiinstitutes einer deutschen Universität (Albertina)-Gründer der Fischereischule Lötzen, der ersten dieser Art in Deutschland, Begründer der Seefischereistation Neukuhren - 1936 wird er Oberregierungsrat und Fischereireferent im Reichsernährungsministerium, 1938 ordentlicher Professor an der Universität Berlin und Direktor der von ihm geschaffenen „Reichsanstalt für Fischereiwissenschaft". Überall hat der „Fischprofessor" bahnbrechend gearbeitet bis an sein Lebensende. Zu keiner Zeit aber hat er die Verbindung mit Ostpreußen abreißen lassen, und nach diesem Kriege blieb er den jetzt Heimatvertriebenen der gleiche Freund und Berater, der er einst im deutschen Osten war.

 

Seite 4   Die Tat der Anna Worgitzki

Es war schon spät am Mittag, aber immer noch lag der See eingehüllt in dunstige Nebelschwaden. Der Himmel blieb finster, der Wind sauste und holte Wolken heran. Das hohe Schilf beim See bog sich wispernd auf und nieder und die Wildenten verschrien den Tag.

Anna Worgitzki erhob sich fröstelnd vom Lager, stocherte das Feuer an, band die hanfene Schnur, die den hochgeschürzten Rock hielt, fester um den Leib und setzte das Essen auf. Ihre Füße steckten in hölzernen Pantoffeln die leise schwappten beim Gehen. Einmal öffnete sie das Fenster und schaute nach ihrem Jungen aus. Ihr Rufen blieb ohne Antwort, nur das ferne Grollen war wieder stärker zu vernehmen, dieses Rumoren, das schon seit Tagen von der Weichsel herüberbrodelte. Noch in später Stunde hatte sie drei Deutsche herübergerudert, Männer die an den Hosen breite Streifen trugen und Karten um den Hals an schmalen Lederriemen. Gute Frau, hatte der eine gesagt, wir müssen unbedingt hinüber, es geht um die Heimat. Da hatte sie den schweren Kahn von der Kette gelöst und war herübergerudert, obgleich das Wetter tobte und die Dunkelheit so schwer lastete, dass man die Hand nicht vor den Augen sah. Nun fühlte sie sich vom Kampf mit den Naturgewalten wie zerschlagen.

Als der Junge kam, erzählte er, die Kuh sei ins Moor gefallen. „Mich trifft keine Schuld, Mutter“, sagte er, „wenn . . ." Mitten im Satz brach er ab und horchte nach draußen auf das ferne Dröhnen, das anschwoll, verebbte und Antwort bekam.

Unterwegs zum Moor schloss sich ihnen Perkuhn, der Dorfschulze, an. Er trug seine achtzig schon auf dem Rücken und ging mit eingeknickten Knien. „Ich weiß“, sagte er, „eure Kuh."

Die Kuh lag halb versunken im Moor und brüllte. Ihre Augen waren ohne Glanz, sie litt unter Atemnot. Anna Worgitzki versuchte sich der Kuh zu nähern, sank bis zum Knöchel ein und gab es wieder auf. „Komm doch!" lockte sie das Tier. In diesem Augenblick deutete der Alte auf einige Männer, die plötzlich aus dem Schilf auftauchten und warf sich zur Erde. Anna Worgitzki durchfuhr Schreck, sie erkannte, dass es fremdländische Soldaten waren, rang die Angst in sich nieder und sah ihnen gefasst entgegen. „Wo dein Mann?" fragte der eine. , In Krieg“, erwiderte sie. Der Sprecher wies zum andern Ufer des Sees. „Du uns hinüberrudern!"

Anna Worgitzki wich zurück, ihre Augen wurden gläsern. „Nein“, sagte sie gepresst, „nein!" „Dann er mit!" Der Fremdländische packte den Jungen und stieß ihn vor sich her. „Lasst ihn los!" schrie die Worgitzki und riss den Jungen an sich. „Ich bringe euch hinüber." –

Vier Kisten, zehn am Boden kauernde Gestalten - kaum eine Handbreit ragte der Kahn über den Wasserspiegel, so schwer war die Last, die er trug. Über den Kauernden hing Dunst von erkaltetem Tabakrauch.

Anna Worgitzki ruderte. Ihr Oberkörper lag weit vorgeneigt, die nackten Füße hielt sie gegen eine Latte gestemmt. Das Wasser gluckste, die Ruder in den Angeln ächzten. „Mach schneller!" befahl eine Stimme. Anna Worgitzkis Augen glitten über die Kauernden hinweg. Einmal hob sie winkend den Ann, das war, als das Schilf ihr den Blick zu ihrem Jungen endgültig nahm. Danach sank sie noch tiefer in sich zusammen.

Einen Zettel aus der Tasche ziehend, begann der Kommandant auf seine Leute einzureden.

Von Zeit zu Zeit warf er einen Blick auf die Kisten, stieß er die geballte Faust in die Luft.

Anna Worgitzkis Pulse flogen. Nein, so dumm war sie nicht, um den Sinn seiner Worte nicht zu verstehen. Diese Zehn wollten die Eisenbahnbrücke jenseits des Sees sprengen. Schreckhafte Bilder tanzten vor ihren Augen. Sie hörte einen Zug heranrollen, sah ihn donnernd in den Abgrund stürzen und starrte in die verglasten Augen verstümmelter Menschen. Allmächtiger Gott, fuhr es Ihr durchs Hirn, diese Zehn dürfen das andere Ufer nicht erreichen.

„Du uns erst hinüberbringen, dann wieder zurücknehmen“, hörte sie die verhasste Stimme sagen. Sie nickte. Der Wind hatte ihr das Kopftuch weggerissen und die schweren Flechten über der Brust pendelten nun hin und her. Worte aus einem Psalm fielen ihr plötzlich ein. „Du hier nicht singen!" rief die Stimme drohend.

Sie lächelte. Ihre fieberglänzenden Augen tasteten den Wasserspiegel ab, suchten den scharfkantigen Stein, von dem sie wusste, dass er nur einige Finger breit aus dem Wasser ragte.

„Warum?!" fragte der Kommandant, da er fühlte, dass die Fahrtrichtung mit einmal eine andere wurde. „So geht es schneller."

Anna Worgitzki schlug ein Kreuz über der Brust, hob sich federnd in den Knien, zog die Ruder durchs Wasser, dass der Kahn wie von der Sehne geschnellt davonschoss und schloss die Augen. --

Sekunden später Aufkrachen, zum Himmel steigende Feuersäulen und schwarze Rauchschwaden, die der Wind wegtrug. Dann ein paar Kreise auf dem Wasserspiegel – sonst nichts.

Die Ostpreußen sind aus ihrer Heimat vertrieben aber noch heute sprechen sie von Anna, der Frau des Fährmanns Worgitzki. Walter Küchel

 

Seite 4   Heydekruger Friedhof wurde Exerzierplatz

Als Exerzierplatz der russischen Garnison dient jetzt der völlig planierte Friedhof von Heydekrug. Die Kirche in Paleiten wurde Getreidespeicher der dortigen Kolchose, in der Kaukehmer Kirche richteten die Russen einen Pferdestall ein. Aus den Kreisen Heydekrug und Pogegen wird berichtet, dass Wölfe und Wildschweine immer häufiger auftreten. Die Memelwiesen, die früher dicht belegte Viehweiden waren, sind mit Kletten, Disteln und Weidengebüsch zu einer dichten Wildnis verwildert. Vollkommen verschwunden sind die Elche, die früher aus Ibenhorst und von der Kurischen Neherung herüberzukommen pflegten.

 

Seite 4   Polnische „Ausgrabungen" in Danzig

Im Rahmen der Aktion „Forschungen über den Ursprung des polnischen Staates", deren Ergebnisse zu der in einigen Jahren stattfindenden Jahrtausendfeier Polens vorgelegt werden sollen, werden auch auf dem Gebiete der Stadt Danzig Ausgrabungen durchgeführt. Das ausgegrabene Material sei „zu mehr als 99 Prozent eindeutig polnisch-pommeranischer, also slawischer Herkunft", berichtet die polnische Presse.

 

Seite 4   Augenzeugenbericht von den „freien" Wahlen

Die Vorgänge bei den letzten polnischen Wahlen schildert ein Brief aus dem ostpreußischen Kreise Treuburg. „Das war ein Theater, das seinesgleichen sucht. Zunächst werden die Leute eingeängstigt (viele wurden verhaftet), mit Gewalt an die Urne geschleppt. Alles sollte den Anschein erwecken (wie es ja auch nachher im Rundfunk gerühmt wurde), dass alle froh und freimütig zur Wahl schritten. An der Urne wurden die Zettel verteilt (nur eine Richtung) und ohne Umschlag sogleich unter Kontrolle in die Urne geworfen. Jeder machte zwangsläufig mit.

 

 

Seite 5   Vom Frischen Haff nach Stalingrad. Der tragische Weg des MG-Bataillons 9 (mot.) aus Heiligenbeil. Von Reinhold Reich, Flensburg

„Maschinengewehre, die kennt man noch nicht lang, diese herrliche Krone der Waffen …“ war das Marschlied der Kompanie des „M. G.-Batl.“, wenn sie frohen Mutes und offenen Blickes durch die herrliche ostpreußische Landschaft marschierten. Wer hätte damals daran gedacht, dass ein Krieg wie der letzte so viel Not und Tragik verursachen kann! Der Weg des M. G.-Batl. Ist der txpische eines aktiven Truppenteils. An allen Fronten bekannt, ob des nachhaltigen Einsatzwillens, erzielt durch ein ausgezeichnetes Führerkorps, war es stets an allen Fronten des letzten Krieges an Brennpunkten eingesetzt. Es verhalf dem Ansehen ostpreußischen Soldatentums zu neuen Ehren.

Als im März 1935 die Wehrpflicht verkündet wird, ergeht auch der Befehl zur Aufstellung des „M. G.-Batl. 9 (mot.)". Einen Truppenteil dieser Art hatte es bisher im deutschen Heer nicht gegeben. Seinem Verwendungszweck entsprechend wird es als Heerestruppe aufgestellt und dem I.A.K, unterstellt. Gegliedert in Stab mit Nachrichten- und Kradschützenzug und zunächst drei Kompanien, bestehend aus je drei Zügen auf Mannschaftswagen und je einen Zug Kradschützen, ballte sich hier eine Feuerkraft von insgesamt 48 schweren und zwei leichten Maschinengewehren zusammen. Soldat und obere Führung wissen in späterer Zeit diese Feuerkraft zu schätzen. Die Motorisierung mit modernen geländegängigen Kraftfahrzeugen gibt dem Bataillon eine Beweglichkeit, wie sie bis dahin infanteristischen Kräften unbekannt ist.

Die Aufstellung erfolgt in Königsberg im Oktober 1935, während ab Oktober 1936 Heiligenbeil als Standort ausersehen ist. Die Aufstellung je einer Kompanie erfolgt durch die Infanterie-Regimenter 1, 2 und 3, während die motorisierten Truppenteile Ostpreußens das kraftfahrtechnische Personal abgaben. Fast geschlossen tritt auch die Kraftrad-Hundertschaft der ehemaligen Landespolizei Königsberg und Teile der Elbinger Landespolizei hinzu.

Es ist verständlich, wenn es einer intensiven Ausbildungstätigkeit bedurfte, um das gesamte Ausbildungspersonal auszurichten.

Zu den Offizieren, die zur Aufstellung zum Bataillon versetzt wurden, gehören als Btl.-Kdr. der damalige Oberstleutnant von Daniels, als Div.-Kdr. bei Stalingrad gefangen genommen; Oberleutnant Schwender als Adjutant, später als jüngster Oberst des Heeres und Eichenlaubträger als Kdr. des Inf.-Regt. 45 im russischen Nordabschnitt gefallen; als Chef der 1. Komp. Hauptm. Ponath, der als Ritterkreuzträger und Kdr. des verstärkten M. G. Btl. 8 in Afrika fiel; Hauptmann Traut, der sich ebenfalls als Eichenlaubträger und Kdr. einer süddeutschen Sturm-Div. in russischer Gefangenschaft befindet, sowie Hauptmann Erdmann, der mit zu den letzten Verteidigern Königsbergs gehörte und in russische Gefangenschaft geriet.  

Personell, gesehen, ergab sich für das Batl. eine recht glückliche Lösung. 50 Prozent der Rekruten waren Ostpreußen, die anderen 50 Prozent waren Rheinländer und Westfalen. Die Mischung zwischen ostpreußischer Gründlichkeit und der rheinischen Aufgeschlossenheit feierte oftmals überzeugende Triumphe. So gingen aus dem Batl. während des Krieges nicht weniger als 12 Träger der höchsten Auszeichnung für Tapferkeit hervor.

Die nächsten Jahre bringen für das Batl. viel Abwechslung. Ausbildung im Standort, Aufenthalt auf den Übungsplätzen wechselten sich miteinander ab. Der sportlichen Ausbildung wird besonderes Augenmerk gewidmet, der zweite Platz des Batl.-Adjutanten, Oberleutnant Schwender bei den Meisterschaften des Heeres im modernen Fünfkampf, die Erfolge unserer Motorsportler selbst in den schwersten motorsportlichen Veranstaltungen legen hiervon Zeugnis ab.

Am 7. Oktober 1936 erfolgt dann der Einzug des Batl. in Heiligenbeil unter dem Jubel der Bevölkerung. Heiligenbeil ist damit nach 103 Jahren wieder Garnisonstadt geworden. Seine Bedeutung steigert sich aber noch, als ein Jahr später dort ein Flugplatz von der Luftwaffe übernommen wird, und ein Flugzeugwerk seine Hallen öffnet.

Der 20.04.1937 erhält für das Batl. seine besondere Bedeutung, als ihm an diesem Tage in Königsberg seine Standarte verliehen wird.

Der Oktober 1937 bringt dann für das Batl. eine organisierte Veränderung. Die Kradschützenzüge der Kompanien werden zur 1. Kompanie zusammengezogen und die Zahl der Kompanien auf vier erhöht. Die Vierte wird schwere Komp. mit Pak und schweren Granatwerfern.

Die folgenden Monate vergehen wie im Fluge und schon die letzten Augusttage des Jahres 1939 sehen das Batl. an der südostpreußischen Grenze. Der nun folgende Polenfeldzug sieht das Batl. bei „Graudenz , Modlin". Teile der 3. Komp. mit dem Inf.-Regt. 44 aus Bartenstein bei „Kaluszyn", wo sie recht erhebliche Verluste haben, als sich polnische Truppen, die sich von Warschau absetzen, den Weg nach Osten bahnen wollen. Der Kampf um Warschau bei „Praga" in harten Kämpfen vereint. Nach Beendigung des Feldzuges sieht das Batl. den Standort für einige Tage wieder, um dann nach dem Westen in den Raum von Münster verlegt zu werden. Rheinhausen und Huckingen am Niederrhein sind die Etappen für den Einsatz im Westen. Während die 3. Komp. einen Sondereinsatz in Holland erhält, geht das Gros bei „Maastricht" über die Maas. Im Rahmen der 2. und 4. Panzerdivision geht es durch Frankreich über „Cambrai, Rethel, Péronne" in die Gegend von „Dijon", um dann dabei zu sein, als die Maginotlinie durch unsere Angriffe aus dem Westen aus den Angeln gehoben wird. Nach eingetretener Waffenruhe sieht das Batl. die Schweizer Grenze in der Nähe des Genfer Sees bei ,Gex". Das Gebirge wird unseren ostpreußischen Truppenteilen ein Erlebnis. Es sollte nicht lange dauern, da zeigt sich dem Batl. Frankreich von seiner anderen Seite. Überraschend erfolgt eine Verlegung in den Raum von „Versailles" und „Paris", wo die Kompanien als leichter Flakschutz auf Flugplätzen eingesetzt werden. Ausbildungsfahrten führen an den Kanal und in einem Falle sogar nach Spanien. Je nach Veranlagung wird Paris von den Angehörigen erlebt.

Der Balkanfeldzug lässt das Batl. noch nicht ahnen, welche Entwicklung sich zwischenzeitlich im Osten, in unserer engeren Heimat, angebahnt hat. Man weiß nichts vom Aufbau einer neuen Front im Osten.

Während im Frühjahr 1941 eine Zusammenziehung des Batl. erfolgt, wird die 3. Komp. als Stabwachkompanie zur Heeresgruppe Rundstedt abgestellt. Ostern 1941 wird diese Kompanie dem Generalgouvernement in die Gegend von Reszew verlegt, der aber bald die anderen Komp. folgten. Die ersten Tage des Russlandfeldzuges erlebt das Batl. in Form von Wehrmachtberichten und Berichten, die von der Front in die Etappe sickern. Eine Verlegungsfahrt nach Brody" lässt alle Angehörigen die Härte kommenden Kampfes ahnen, als bei „Rawa-Ruska" die Bunkerlinie durchfahren wird und Massentötungen von Ukrainern durch Russen bekannt werden.

Zur Unterstützung einer Infanterie-Division, werden mit Ausnahme der 3. Komp., alle Teile des Batl. zur Säuberung der Waldgebiete bei „Tomaszew - Luzk" abgestellt. Grobe taktische Fehler - Einsatz von mot. Truppenteilen als Spitze in Waldgebieten - lassen insbesondere die 2. Komp. große Verluste erleiden, bei denen auch der Kompanie-Chef, Hauptmann Kuck, fällt.

Nach weiteren Verlegungen nach „Staro Konstantinow, Berditschew" und „Uman" wird das Batl. bei „Alexandrija" in den Verband der 60. Infanterie-Div. (mot.) aus Danzig überführt. Nach Überschreiten des Dnjepr gibt es bei „Saporoshje" die ersten Kämpfe, die in der Kesselschlacht südlich „Pologi" ihren Höhepunkt erreichen. Hier muss besonders die 3. Kompanie hart heran. Gründliche Ausbildung und unnachgiebige Haltung erzielen große Erfolge. Der Kompanie-Chef, Hauptmann Ackermann, wird schwer verwundet. Der Zug des Stabsfeldwebels Kurz zeichnet sich hier besonders aus. Einige Tage Ruhe werden dem Batl. in „Mariupol" am Asowschen Meer gegönnt, um dann von hier aus in die Kämpfe nördlich von „Rostow" einzugreifen. Während um Rostow hart gekämpft wird, erreicht das Batl. den östlichsten Punkt der Südfront bei „Schachty". In dieser Zeit erleben wir dann den Einbruch des Winters. Dank einer gründlichen Ausbildung und Gewöhnung an ostpreußisches Klima gibt es, gegenüber anderen Truppenteilen, verhältnismäßig wenig Schwierigkeiten. Das schnelle Absetzen aus diesem Abschnitt bringt größere Teile des Batl. in eine heikle Situation, als sie sich in der Steppe während der Nacht verfahren und sich mitten unter den Russen befinden. Ein Oberschirrmeister führt sie quer durch die Steppe wieder heraus. Im Rahmen der 60. Inf.-Div. wird dann die Mius-Stellung bei „Prokowskoje" nördlich „Taganrog" bezogen. Als bei zunehmender Winterwitterung der Russe einen Durchbruch bei „Isjum - Artemowsk" versucht, tritt das Batl. zur aufgestellten „Sturm-Div. Hube" und erlebt hier den Bewegungskrieg bei 45 Grad Kälte und Schneesturm mit unzureichender Ausrüstung, um anschließend im Stellungskrieg den Frühling zu erleben und an der Kesselschlacht bei Charkow teilzunehmen. Neben vielen tapferen Soldaten fällt hier auch der Chef der 2. Komp. Oberlt. Moes.

Anschließend erlebt das Batl. In der Gegend „Gorlowka" eine längere Auffrischungszeit, so dass es zum XIV. Panzer-Korps stößt, als im großen Don-Bogen die Kämpfe schon in voller Härte im Gange sind. Zum XIV. Panzer-Korps unter Führung des Generals der Panzertruppen Hube gehören jetzt die 16. Panzer-Div., die 60. Inf.-Div. (mot.), sowie die 3. Inf.Div. (mot.).

Im Rahmen dieses Korps erfolgt in der Nacht zum 23. August der Übergang über den Don nördlich „Kalatsch". Hier ist es wieder die 2. Kompanie unter Führung von Hauptmann Hildebrandt, die bei einem russischen Gegenangriff schwere Verluste in Kauf nehmen muss. Hauptmann Hildebrandt verliert einen Arm, desgleichen wird der stellvertretende Komp.-Führer Feldwebel Dobat schwer verwundet. Nach Erreichen der Wolga erfolgt der Einsatz des Korps an der von Stalingrad nach Norden führenden Eisenbahn. In wechselvollen Kämpfen um einen neben der Bahn liegenden Windschutz-Wald hat das Batl. große Verluste, die im Laufe der Zeit den Bestand der Komp. arg zusammenschrumpfen lassen. Nur Zuführung neuer Truppenteile wie Fallschirmjäger, überschwerer Panzerjäger mit Kalibern bis zu 10,5 cm ermöglichen es, dass die Front gehalten wird. Laufende Panzerdurchbrüche und weitere Verluste verwischen den Unterschied zwischen sogenannten Waffenträgern und Hilfspersonal. Die Kameradschaft feiert Triumphe.

Von wenigen zunächst beachtet, zeichnen sich bereits die Anfänge der Katastrophe ab. Verpflegung, Munition, Treibstoff werden knapp. Auf der Steppe fallen die Pferde der bespannten Truppen in Massen infolge Entkräftung um, Verlegungen werden zu Problemen. Die größeren Versorgungsbasen „Stalino" und „Charkow" liegen fast 700 km entfernt. Der Nachschub frisst sich, wie in Afrika, selbst auf. Der Zustand der Truppe wird immer erschreckender. Infolge Unterernährung schwindet die Einsatzkraft. Als dann im November das Verhängnis hereinbricht, dem Russen die Einkesselung der gesamten 6. Armee gelingt, sind es nur noch wankende Gestalten, die hier fern von der Heimat Deutschland verteidigen.

Besonders tragisch ist es, dass das Batl. durch eine Verfügung des OKH für eine „andere Verwendung" vorgesehen war. Man war bereits mit der Übergabe von Waffen und Kraftfahrzeugen an die 60. Inf.-Div. beschäftigt, um die Fahrt nach Deutschland anzutreten und dort die Umgliederung zum schweren Granatwerfer-Batl. in Braunsberg vorzunehmen, als das Batl. von der Offensive der Russen überrascht wurde. Der Tod hielt reiche Ernte und so ist es nicht verwunderlich, dass von dem gesamten Batl., das bei Stalingrad blieb, bis heute nur 5 Kameraden zurückgekehrt sind. Lassen wir einen hiervon seine Erlebnisse kurz berichten:

„Mitte Januar machten wir uns fertig, die Riegelstellung zu verlassen. Infolge Hungers waren nur noch wenige in der Lage, die 5 km südlicher befindliche Auffangstellung vor „Stalingrad" zu erreichen. Trotz Aufgabe allen Gepäcks, Mäntel und Decken blieben 6 Mann liegen und erfroren. Der Russe war ständig auf den Fersen, und das Häuflein wurde immer kleiner. Beim Zurückgehen in die „Gorditsche-Schlucht“ wurde das Batl. von russischen Panzern zersprengt, ein Sammeln unmöglich. Überall klafften Lücken, durch die Panzer in Mengen drangen und ihr Vernichtungswerk vollzogen. Als sich dann doch eine Anzahl Landser gesammelt hatte, wurde eine Komp. gebildet, und diese westlich der sogenannten „weißen Häuser" am Stadtrand von Stalingrad eingesetzt. Hier erlebten wir das schwerste Trommelfeuer des ganzen Feldzuges, aus dem nur ca. 20 Mann, wenn auch zum größten Teil verwundet, herauskamen. In dem jetzt einsetzenden Kampf Mann gegen Mann gab es keine Nachsicht. Viele setzten an diesem Tage, dem 1. Februar 1943, mit einer der letzten Patronen ihrem Leben, das nichts mehr galt, ein Ende. Nur wenige fanden hier den Weg in die furchtbare Gefangenschaft. Bei eisiger Kälte und Schneesturm wurden wir in westlicher Richtung nach „Kieseljakow“ geschleppt . . . Hierbei nahmen die Grausamkeiten der Russen kein Ende. Oberleutnant L. wurde von den Begleitmannschaften angeschossen und dann zu Tode getreten. In K. erfolgte die Trennung von Offizieren und Mannschaften. Als zu Beginn des Monats März die Gegenoffensive einsetzte, wurden wir in Eilmärschen nach „Petrowka" gebracht, wo wir das Schlimmste aushalten mussten, was Menschen auszuhalten vermögen. Ohne Dach lagen wir in der Steppe, die am Tage auftaute und des Nachts infolge starken Frostes gefror. Das Schlachtfeld war noch nicht geräumt, und wir wollten es noch nicht einsehen, dass alles umsonst gewesen sein sollte.

In „Petrowka“ erfolgte eine Untersuchung. Wer als „arbeitsfähig“ bezeichnet wurde, wurde verladen. Zu 100 kamen wir in einen Waggon, die Verpflegung bestand aus Trockenbrot und Salzfisch. Zu trinken gab es nichts, als Ersatz wurde der Reif von den Eisenteilen abgeleckt. Die Folge war ein Massensterben. Nach 10 Tagen Eisenbahnfahrt waren in unserem Waggon noch 27 Mann am Leben. Daraufhin wurden wir zu 50 Mann in die Waggons gesperrt. Bei der Ausladung am 4. Tage lebten nur noch 34. Hier hielt der Tod erneut grausame Ernte! Wir wurden in ein primitives Lager gesteckt und stellten fest, dass wir uns in der Sandwüste von „Kysyl-Kum“ südostwärts des Aral-Sees befanden. Zu den alten Leiden kamen härteste Arbeit und Schikanen durch Rumänen, ließen das Leben zur Hölle werden. Das Leben war abgeschlossen und ausgelebt. Schwerste Fälle von Wassersucht ließen die Todesziffer im Lager schnell ansteigen. Heute ist mein zweiter Geburtstag jenes 9. November 1945, an dem ich über Moskau kommend, in Frankfurt entlassen wurde“.

Diese Handvoll Überlebender findet sich alljährlich einmal zusammen. Dieser Zusammenschluss, der nichts mit Kommiss usw. zu tun hat, ist vielmehr eine echte Notgemeinschaft.

 

Seite 5   Mahnung zu Einigkeit Gedächtnisstätte für ostpreußische und niedersächsische Gefallene.

In Göttingen wird eine Gedächtnisstätte für ostpreußische und niedersächsische Gefallene errichtet, die der Erinnerung an das gemeinsame Opfer für Deutschland im Kriege, an die Schicksalsverbundenheit von Ost- und Westdeutschland und zugleich der Mahnung zu innerer Einigkeit als Voraussetzung zur äußeren Einheit dienen soll. Die Gedächtnisstätte, in deren Mittelpunkt das Standbild eines deutschen Soldaten Aufstellung findet, das mit Wappentafeln der niedersächsischen und ostpreußischen Einheiten geziert wird, soll im Rahmen eines Treffens niedersächsischer und ostpreußischer Kameradschaftsvereinigungen am 30. August 1953 nach einem gemeinsamen Gottesdienst feierlich geweiht werden.

Außer den Angehörigen der niedersächsischen 31. Inf.-Div. und des Göttinger Kav.Regts. 3 werden die aus dem Wehrkreis I (Königsberg) hervorgegangenen Divisionen vertreten sein. Von den ostpreußischen Einheiten sind bisher zur Teilnahme angemeldet: die 1., 11., 21., 61., 121., 161., 206., 217. und 291. Inf.Div. sowie die 1. Kav.-Div. (24. Pz.-Div.).

Für die Wahl Göttingens als Ort des Ehrenmals war nicht nur maßgebend, dass im Göttinger Stadt- und Landkreis zahlreiche Heimatvertriebene aus Ostpreußen wohnen, und hier eine Anzahl ostpreußischer kultureller Einrichtungen eine neue Heimstätte gefunden hat, sondern auch, dass das Göttinger Inf .-Reg. 82 in beiden Weltkriegen an den Kämpfen um Ostpreußen teilgenommen hat.

Der vorbereitende Tagungsausschuss rechnet mit einer Beteiligung von mehreren Tausend Personen. Das vorläufige Programm sieht in seinen Hauptteilen vor:

29. August (Anreisetag), 19 Uhr: Kameradschaftstreffen der einzelnen Truppenteile.

30. August, 11 Uhr: Einweihung des neuen Denkmals.  Am Abend: Gemeinsamer Zapfenstreich. Anmeldungen sind bis zum 1. April an das „städtische Verkehrsamt in Göttingen" (unter Angabe des Truppenteils) zu richten.

 

Zu dem Artikel aus der Ostpreußen-Warte, Folge 02 vom Februar 1953 gibt es leider zu ergänzen:

 

http://www.denkmale.goettingen.de/denkmale/ehrenmal-im-rosengarten

 

"Im Jahre 1988 wurde der 35 Zentner schwere Steinsoldat vom Sockel gestürzt. Durch die Wucht des Aufpralls brach der Kopf der Statue ab und wurde von den unbekannten Tätern [a]entwendet. Die Figur wurde daraufhin in die Rommel-Kaserne nach Osterode gebracht und mit einem neuen Kopf versehen. Wo der Steinsoldat stand, wurde 1988 ein schlichtes Holzkreuz aufgestellt. Im April 1994 wurde der vermisste Kopf im Schaufenster eines Tauchladens in Bad Karlshafen wiederentdeckt. Er war 1991 vom Inhaber des Tauchladens in einem See bei Barterode gefunden worden. Im Januar 1999 wurde das Ehrenmal am Rosengarten erneut beschmiert mit Parolen wie „Soldaten sind Mörder“ beschmiert, eine Grabplatte aufgebrochen und eine mit Erde von den Schlachtfeldern des 1. Weltkriegs bei Verdun gefüllte Urne gestohlen. Bei der Urne handelt es sich um ein Gefäß, das am 5. September 1976 im Beisein von mehr als 2500 Gästen einer Gedenkfeier in ein Fach am Mahnmal versenkt wurde. Zu der Gedenkfeier waren ehemalige Soldaten aus Belgien, Frankreich und Deutschland gekommen, um „Versöhnung über den Gräbern“ zu schließen. Die Urne war überbracht worden von einer Abordnung ehemaliger französischer Militäs und dem Polizeiinspektor der Stadt Verdun. Die Inschrift auf der Steinplatte lautete: „Hier ruht zum Zeichen der französisch – deutschen Versöhnung Erde von Verdun. 5.9.1976“."

 

Mit freundlichen Grüßen

Th. Salein

 

Treffen der ostpr. Feldzeugdienststellen

Um die Vorbereitungen für ein Treffen aller Ostpr. Feldzeugdienststellen (Feldzeugkommando I, Heereszeugamt Königsberg, die Heeresmunitionsanstalten Königsberg, Powayen, Stablak, und Ludwigsort, die Heeresnebenzeugämter und die ihnen angeschlossenen Heeresnebenmunitionsanstalten Insterburg, Gumbinnen, Allenstein, Bartenstein, Stablak, Braunsberg, Elbing, Arys, Lötzen und die Gerätelager Ortelsburg und Mohrungen) zu treffen, werden alle militärischen und zivilen Angehörigen zu vorgenannten Dienststellen gebeten, sich schriftlich, unter Angabe ihrer früheren Dienststelle und des jetzigen Wohnortes bei folgenden Kameraden zu melden: 1. Alle Offiziere und Beamte bei: Herrn Erich Wetzel, (23) Oldenburg (Oldbg.), Leobschützerstraße 23.

2. Alle militärischen und zivilen Angehörigen des Heereszeugamtes Königsberg/Pr. bei: Herrn Georg Gräfling. Brackwede/Westf., Birkenstraße 6.

3. Alle militärischen und zivilen Angehörigen der Heeres-Munitionsanstalt Königsberg bei: Herrn Egon Golombeck, (21b) Unna/Westf., Beethovenstraße 5.

4. Alle zivilen Angehörigen des Feldzeugkommandos I, sämtl. Heeresnebenzeugämter und Heeresnebenmunitionsanstalten. sowie der Heeres-Munitionsanstalten Stablak, Powayen und Ludwigsort bei: Herrn M. Brüning, (24) Bad Schwartau, Kirchenstraße 8.

5. Alle militärischen Angehörigen des Feldzeugkommandos I der Heeresnebenzeugämter, der Heeresnebenmunitionsanstalten Stablack, Powayen und Ludwigsort bei: Herrn Fritz Augustin, (21b) Hemer - Sundwig Westf., Hönnetalstraße 110.

Kameraden, meldet Euch umgehend, damit wir die vorbereitenden Arbeiten für das Treffen schnellstens in Angriff nehmen können. Teilt dies bitte allen Kameraden mit, die noch nicht Leser der „Warte" sind. Bei Anfragen bitten wir Rückporto beizufügen!

 

 

Seite 6   Abschied vom Elchrevier. Badinski

Unser Ziel ist heute das Revier Tawellningken im Mündungsgebiet der Gilge, der sogenannten Elchniederung, 12 000 ha groß, zwischen Niemonien- und Leyestrom im Memeldelta, vollkommen eben, kaum 50 cm über normal null. Die Gestelle (Schneisen) sind vorwiegend 2 - 3 m breite Wassergräben, vorhandene Wege sind künstlich aufgeschüttet. Der größte Teil des Reviers, in dem die Schwarzerle bestandbildend ist, wurde vor vielen Jahren schon eingedeicht, um die wertvollen Bestände vor Hochwasserschäden zu schützen. Die Staatsforstverwaltung war führend an dieser vorsorglichen Arbeit beteiligt. Deichhauptmann war der jeweilige Forstmeister in Tawellningken selbst. Der Waldboden des Reviers ist vorwiegend beschlicktes Niederungsmoor von 1 - 6 m Stärke, darunter stößt man auf Sand-und Tonlagen, verschiedener Mächtigkeit. Die Nutzung des Waldes besteht in 50 jährigem Stockausschlagumtrieb. - Im Schutze der Deiche würden auch andere wertvolle Holzarten gedeihen, doch lässt das Elchwild diese nicht hochkommen. Einen besonders urwüchsigen Charakter erhält der Erlenbestand dadurch, dass sich schwammige Weiden und undurchdringliche Rohrwaldhorste zwischen den Erlen zum Licht drängen. Für das Elchwild, das Grasäsung nur sehr spärlich und ungern aufnimmt, vielmehr hauptsächlich vom Verbiss an Weichhölzer lebt, hat die Forstverwaltung planmäßig an Gräben, Flussufern, Dämmen und Parzellengrenzen in großem Umfange Weiden angebaut. Es sei hier bemerkt, dass ein ausgewachsener Elch täglich etwa 1 Zentner Äsung als Normalportion zu sich nimmt.

Wir sind in Tawellningken angemeldete Gäste. Der sehr freundliche Revierverwalter Forstmeister Orl… hat uns nach Seckenburg in das Gasthaus „Kischke" befohlen. Von Labiau aus nach Norden, den großen Friedrichsgraben entlang ist dieser Ort auch im Kraftwagen bequem zu erreichen.

Dicht ostwärts Labiau überqueren wir die Deime, aus dem 1. Weltkriege sattsam bekannt, der Russe erzwang die Deime-Linie nicht. Mit wunderbarem Blick auf die weite Fläche des Kurischen Haffs rollen wir auf dem Unken Ufer des Gr.-Friedrichs-Grabens über Nemonien – Marienbruch - Tawellningken nach Seckenburg. Der Wagen darf nur 25 km fahren, wir sind dem Gesetzgeber für diese Verordnung dankbar, denn die Schönheit der Natur und Landschaft in strahlender Sonne ist einmalig. Schmucke Häuser dicht bei dicht, längs der Straße, malerisch schön eingestreut, eilen vorüber. Klein- und Großsiedler, Fischer, Kaufleute, Handwerker und Bauern haben sich hier in langer Jahre Frist mit ihrer Hände Fleiß ein Heim gegründet. Die Häuser, zumeist im Fachwerkstil der Niederung erbaut, sind blitzsauber und in bunten Farben getüncht. Das Strohdach herrscht vor, die Giebel verziert kunstvolle Schnitzarbeit. Hier und dort sind auch die niedersächsischen Pferdeköpfe kennzeichnend für den einst zugewanderten Gast. Frachtkähne und Fischerboote befahren den Friedrichsgraben. In schwerem Zug liegt die Treidelmannschaft in den Sielen. Es gibt eine Menge zu sehen, hier oben im Lande wetterharter, kerndeutscher Menschen.

Bei dem Dorfe Nemonien erreichen wir den Nemonienfluss. In etwa 30 m Breite schneidet er unsere Straße. Zur festen Brücke hat es noch nicht gelangt, eine sehr altertümliche Wagenfähre bietet Ersatz. Und wie die Fähre, so der Fährmann selbst. In einer halben Stunde giert er uns herüber, wir dürfen alle mithelfen.

Auf hohem Deichweg geht jetzt die Fahrt weiter, beiderseits - dichter Bruchwald - der Forst Nemonien. Ab und an überfliegt ein Raubvogel die Straße, Enten ziehen pfeilschnell vorüber, schwer streicht ein Fischreiher dahin, sonst tiefes Schweigen in Bruch und Wald. Tawellningken kommt in Sicht und ist schnell erreicht. Auf der Oberförsterei melden wir kurz unser Eintreffen, dann geht es weiter dem Tagesziel Seckenburg entgegen. In kaum 20 Minuten - es beginnt zu dämmern - halten wir vor dem Gasthaus Kischke.

Ein freundlicher Wirt empfängt uns und führt uns in die behaglichen, warmen und blitzsauberen Gasträume. Selbst ein verwöhnter Großstädter müsste sich hier seine billigen Glossen über den „Kulturstand östlicher Bewohner" sparen.

Wir sitzen grade beim Abendbrot und verspeisen eine wunderbar gebratene Ente, als der Revierverwalter in höchsteigener Person die Gaststube betritt. Ein Hühne von Mann. „Der passt hier ins Elchrevier", war wohl unser aller stiller Gedanke. „Programm für den kommenden Tag: „Das Motorboot des Deichhauptmanns liegt 3.30 Uhr im Seckenburger Kanal zur Abfahrt bereit, 4 Herren und eine Dame werden an der Fahrt teilnehmen". Wir stimmten freudig zu, zumal der Herr Forstmeister seinen kurzen Ausführungen über den Elch noch hinzufügte, dass wir „sehr wahrscheinlich genügend Elche und auch einen besonders starken Schaufler sehen würden, er käme eben selbst vom Verhören zurück und hätte besten Anblick gehabt."

Da Enten, zahme wie gebratene wilde, gerne schwimmen, vertilgten wir für den Rest des Abends noch einige Bier und „Körner".

Noch kurz einige Worte über Seckenburg selbst. Der Ort, ein großes Niederungsdorf mit Kirche und Wochenmarkt, liegt zu beiden Seiten der Gilge. Hier treffen sich Landvolk und Haff-Fischer am Markttage, wie der Kaufmann der Großstadt auf der Börse. „Was wird eigentlich nicht gehandelt?" fragt man sich. Der Landmann bringt Kleinvieh, Hühner, Tauben, Gänse, Butter, Eier, Kartoffeln, Korn, - der Gärtner Gemüse, Obst - der Handwerker Stiefel, Geschirre, Netze, Seile und Gebrauchsartikel jeder Art, - der Fischer Zander, Störe, Hechte, vor allem aber in großer Menge Stinte, die zentnerweise als Mastfutter für Schweine, Gänse und Enten ihren Absatz finden. Ein wahrhaft buntes Leben und Treiben kennzeichnet solch einen Markttag, man hört die sonderbarsten Dialekte und sieht Trachten einer längst vergessen geglaubten Zeit.

Aus bleiernem Schlaf reißt uns der Wecker, es ist noch vollständig dunkel, 2.30 Uhr. Pünktlich auf die Minute steht dampfend der Kaffee auf dem Tisch, die Frau des Hauses schenkt ihn selbst ein.

Das Motorboot ist da! Wir folgen unserm Führer über die vom Nebel feuchten Katzenköpfe durch die Dunkelheit zum Ablegeplatz am Kanal. Schon in der Nacht sind die Fischerfrauen, die Männer bleiben draußen auf dem Haff, mit ihren vollbeladenen Kähnen die Gilge aufwärts zum Wochenmarkt gekommen, sie machen im kleinen Ortshafen fest und erwarten hier den Morgen. Langsam gleitet unser Boot dem Lauf der Tawelle folgend, durch Nebelschwaden dahin. Bei der Försterei Kastaunen wird festgemacht, wir steigen um in Fischerkähne. Der Revierförster, ein elchgerechter Jäger, mit beachtlichem Vollbart, übernimmt die Führung. Gespenstisch gleiten wir auf unsern Booten dahin, keiner sagt ein Wort, man hört nur den bedächtigen Ruderschlag wetterharter Fäuste, der sehr bald durch Staken und Treidelzug ersetzt wird. In den teilweise stark verkrauteten, schmalen Wassergräben, den zuvor erwähnten Gestellen oder Schneisen, eine schwere Arbeit für die Bootsleute.

Jetzt sind wir mitten im Elchrevier. Zaghaft steigt die Dämmerung aus dichtem Nebel hervor. Einzelheiten werden schemenhaft erkennbar. Enten klingeln durch die Luft, Reiher und Bussarde künden mit ihrem Ruf den frühen Tag. Die Kähne halten, wir steigen vorsichtig an Land d. h. auf dem Treidelsteg und stapfen nun in Schlangenlinie dem Führer folgend, den Hochsitzen zu. Der Förster gibt seine letzten Weisungen, bevor sich die einzelnen Hochsitzgruppen trennen und wünscht „Waidmannsheil". In gespannter Erwartung und mit großer Hoffnung besteigen wir unsere Kanzeln.

Schwimmende Nebel wogen über endlosem Rohrwald, Buschholz und Stangenhölzern. Weit in der Runde noch Grabesstille. Vergeblich versuchen wir mit dem Glase und Auge die erste Dämmerung zu durchdringen, es gelingt noch nicht, alles bleibt grau in grau. So vergehen wohl zwanzig Minuten. Jetzt bricht und plantscht es halblinks im schütteren Bestand. Langsam schiebt sich ein schwarzer Klumpen, vorerst ohne feste Umrisse, näher heran, nur für Momente genauer zu erfassen. Näher kommt das Brechen, und plötzlich teilt sich vor uns ganz schnell ein dichter Rohrgürtel und wie aus der Erde gezaubert steht vor uns ein starkes Elchtier, dicht gefolgt von einem wirklich kapitalen Schaufler. Auf etwa 80 Gänge verhoffen Tier und Schaufler und wir können in Ruhe diesen wunderbaren, wirklich einmaligen Anblick genießen. Der Schaufler wendet sein massiges Haupt halb zurück, die vollen Schaufeln und blitzweißen Enden leuchten im ersten Frühlicht. Das Tier zieht langsam weiter und verschwindet sehr bald im deckenden Stangenholz. Bedächtig folgt der Schaufler seiner Fährte, das schwere Haupt hin und her wiegend. Bevor er den zu unsern Füßen liegenden Gestellgraben auf etwa 60 Gänge überfällt verhofft er abermals. Noch einmal können wir das ganze großartige Bild des Hirsches mit den eisgrauen Schultern, dem pechschwarzen Rumpf dem gewaltigen Widerrist, dem zweigeteilten Bart und den weiß, wie Birkenrinde schimmernden Läufen, erfassen. Dann überfällt der Hirsch den Graben und folgt in weitausgreifendem Troll seinem Tiere. ---

Der Nebel ist endgültig gefallen, die Sonne steigt langsam in den frühen Tag, das große Erleben ist vorüber. Wir waren Zeuge eines Bildes, wie es in seiner Urwüchsigkeit nur noch hineinpasst in die Weltenferne dieser einsamen, schweigenden Bruchwälder am Kurischen Haff. Der Förster versammelt langsam seine Schäflein, zeigt uns noch einige Besonderheiten seines Reviers und erzählt dann von seinen 8 Elchen, die er selbst schon erlegt hatte, und von Schauflern, die hohe Gäste unter seiner Führung Jahr um Jahr geschossen haben.

Es ist bereits 7 Uhr, als wir wieder unsere Kähne besteigen und Abschied nehmen.

In Kastaunen erwartet uns bei der Försterei der Herr Forstmeister. Schmunzelnd und still hört er unsere begeisterten Berichte. Er selbst hatte mit einigen andern gekannten Herren in einem andern Revierteil auf dem Frühzug 35 Enten zur Strecke gebracht. Nach sehr ergiebigem Frühstück bei Kischke und Erledigung der üblichen Kartengrüße an die Lieben daheim, rüsten wir zur Weiterfahrt zum „Jagdschloss Pait", am Fluss gleichen Namens, im nördlichsten der ostpreußischen Elchreviere, Ibenhorst.

Dieses bescheidene „Jagdhaus", nicht Schloss, hatte sich Kaiser Wilhelm II in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg hier bauen lassen, ein einstöckiges Backsteinhaus, im Stil der nicht immer sehr geschmackvollen Forsthäuser Ostpreußens, einsam mitten im Revier gelegen. Wir bewundern hier die Sammlung von Abwürfen vieler Jahre vor und nach dem 1. Weltkriege. Kapitale Schaufeln nach Alter, Vererbung und Zuchtwert wissenschaftlich zusammengestellt und aufgebaut. Wir erkennen, wie gesund, zukunftsverheißend nach Vererbung und Entwicklung das ostpreußische Elchwild ist und wie es in Stärke der Schaufeln ständig zunahm, der wenig begehrte Stangenelch immer mehr verschwand.

Besonderen Reiz verlieh diesem Besuch in Pait die Anwesenheit eines vollständig zahmen Elchkalbes, immerhin schon von der Größe eines stärkeren Rothirsches. Dieses Kalb war eben erst gesetzt, von Waldarbeitern gefunden und auf den Forsthof Pait gebracht worden. Die Frau des Försters, seine Pflegemutter, hatte es mit der Flasche großgezogen. Es stand jetzt im Alter von etwa 8 Wochen und nahm täglich 6 - 8 Liter Vollmilch zu sich. Es wechselte frei auf dem Forsthof herum, war Tags meistens im Walde, kam aber pünktlich zu den Mahlzeiten. Wie zahm das Tier geworden war, mag die Tatsache erhärten, dass der Sohn des Försters zu einem Ritt auf seinem Rücken geduldet wurde.

Hoch im Mittag stand die Sonne, als wir unsern Wagen bestiegen. Zufrieden verließen wir die eindrucksvolle Waldheimat unserer ostpreußischen Elche. Stundenlang ging es durch die Weiten der Moosbrüche südlich Seckenburgs und die anschließenden Forsten Pfeil-Naujok und Neu-Sternberg, bis wir in Labiau den Zug Königsberg-Korschen-Ortelsburg bestiegen.

Waidmannsheil den Forstleuten und Jägern, die in Ostpreußens herrlichen Revieren dem ritterlichen Elch die Heimat erhielten, das war damals unser stiller Abschiedsgruß Die Furie Krieg hat uns allen das kerndeutsche Ostpreußen genommen, vielen von uns die geliebte Heimat, das Elternhaus, Besitz, das Erbe unserer Väter und Urgroßväter. Und wie in den Trümmern der Städte und Dörfer dieses Landes die Menschen zu Tausenden untergingen, so verschwanden die Fährten und Wechsel unseres ritterlichen Elchwildes, dieses Wahrzeichen der Kraft und Urwüchsigkeit. Foto: Archiv

 

Seite 6   Bei den Tolkemitter „Steinzangern“

Noch zögernd verhielt ich den linken Fuß auf der untersten Sprosse der Leiter, die von Bord der Lomme ins Wasser hing. Noch ragte mein ungefüger Taucherhelm aus der Wasserfläche empor, deren Spiegelglätte nur durch meine Bewegungen unterbrochen wurde. Noch fühlte ich durch die Gummihandschuhe die Wärme der heißen Leiterholme in meinen Händen. Mein rechter Fuß, beschwert von dem Bleigewicht unter dem Taucherschuh, pendelte über der Tiefe, der ich mich jetzt überlassen musste, wenn ich meine Wette gewinnen wollte.

Ich legte den Kopf nach hinten, soweit es die plumpe Kleidung zuließ, warf einen Blick auf die hinter dem weißen Streifen des Strandes aufragende Steilküste, sah in den blauen Himmel über mir und stieß mich, wie es mir der Taucher geraten hatte, mit beiden Händen und dem linken Fuß von der Leiter ab. Dann glitt ich in die Tiefe. Es war, als schwebte ich von einem Fallschirm getragen ganz sanft nach unten, und ich hatte das Empfinden, dass eine geraume Zeit vergangen sei, ehe ich festen Boden unter den Füßen spürte.

Ich stand auf hell schimmerndem Sande, aus dem unter meinen Sohlen kleine graugelbe Wölkchen hervorquollen, wie Staub auf einem zerfahrenen Landweg. In lichtgrüner Färbung umgab mich rings das sonnendurchleuchtete Wasser. Zu meiner Rechten lag wie ein großer schwarzer Fleck der Schatten der Lomme auf dem Grunde. Sein regelmäßiges Oval zeigte zwei kleine, dicht beieinander liegende Auswüchse ab. Das waren die Schatten der beiden Männer, die mich von oben her beobachten. Die Sicht um mich war klar, reichte aber nicht weit, sondern verschwamm schon auf geringe Entfernung hin in grüner Ungewissheit.

Ein Weilchen stand ich ganz still, wie verzaubert von dieser grünen Welt. Dann tat ich den ersten Schritt. Trotz der Bleisohlen unter den Füßen hatte ich ein eigenartiges Gefühl völliger Gewichtslosigkeit meiner Glieder. Ich ging nun flott drauflos, bei jedem Schritt diese drolligen Sandwölkchen aufwirbelnd. Bald erhoben sich aus dem hellen Grunde dunkle Klumpen, von denen es wie Buschwerk aufragte in braunen, grünen und rötlichen Farben. Das waren riesige Granitblöcke, die einst zur Eiszeit von den Alpen auf Gletschern über den Abbruch der Bernsteinküste hierher gerutscht und, als das Eis schmolz, liegen geblieben waren. Das waren also die Brocken, an denen die Steinzanger aus Tolkemitt da oben in der Lomme ihr hartes Brot verdienten. Vieltausend

Jahre lagen die Felsklötze unbeachtet, bis sie zu begehrtem Material für Hafenbauten wurden. Und zwischen ihnen breitete sich Geröll, aus dem hohe Büsche von Algen wuchsen, wie schmale grünglänzende Seidenbänder oder Papierschlangen anzusehen die einen, seltsam verzweigt die anderen mit blasigen Knoten in den Blättern, ockergelb, rostrot und kaffeebraun mit allen erdenklichen Zwischentönen. Diese Büsche waren in ständiger Bewegung wie Roggenhalme in leichtem Winde. Aus dem Dickicht schossen kleine Fische, silbrig, dunkelgrün und schwarz, hervor und schwirrten umher wie oben die Vögel. Durchsichtige Quallen trieben steuerlos in sanfter Strömung dahin, gelbrote Sterne an blasslila Fallschirmen hängend. Fast erschrak ich, als gleich vom Winde verwehten, herbstdürren Buchenblättern, Schwärme junger Flundern vor meinen Füßen über den Grund huschten. Aus der bunten Welt des Algenbusches glotzte mich ein missgestalteter Knurrhahn an, das mit scharfen Zähnen bewehrte Maul beutegierig geöffnet. Ich hatte diese Miniaturungeheuer oft gesehen, wenn die Fischerjungen sie mit Speeren aus den Tangbüschen an den Bannen herausstachen. Aber so in Gesichtshöhe war mir noch keiner begegnet.

Sie passten in ihrer grotesken Hässlichkeit zu dem halb im Sande vergrabenen Wrack, dessen Rippen sich wie in stummer Klage zum Himmel aufgestreckte Arme emporzuschwingen schienen. Es waren die Reste eines Fischkutters, der vor zwei Jahren in stürmischer Aprilnacht hier auf dem Riff unfern der Hafeneinfahrt von Neukuhren gescheitert und geborsten war. Das ganze Dorf hatte Wochen nach der Katastrophe der ertrunkenen Mannschaft das letzte Geleit auf den neu angelegten Friedhof gegeben.

Wie grüßend neigten sich die Algenbüsche vor den armen zerbrochenen Trümmern und zogen sich wieder zurück mit der Regelmäßigkeit des Uhrpendels Schwärme von jungen Fischen trieben ihre Spiele, fröhlich anzuschaun für eines neugierigen Menschen Auge matt leuchtend, wie sonderbare Blumen hingen bunte Quallen an den dunklen Büschen des Blasentangs. Andere schaukelten ziellos durch das sonnendurchglühte Wasser wie Schmetterlinge in der Luft. Es war so friedvoll, so völlig lautlos still, so traumhaft schön hier unten.

Ein Ruck an der Leine riss mich aus meinen Träumereien. Es war die Aufforderung des Tauchers wieder an Bord der mit der Strömung treibenden Lomme zu kommen. Martin Wegener

 

 

Seite 7   Ein „Stammbuch“ erzählt …

Unsere heutige Zeit ist reichlich amusisch geworden und wir könnten uns wohl kaum einen jungen Menschen vorstellen der nach Art eines Backfisches ein „Poesiealbum“ anlegen und führen würde. Uns allen käme auch nicht erst der Gedanke irgendein „Erinnerungsbuch“ zu schaffen, nur damit eine spätere Generation erfahren soll, was sich zu unseren Lebzeiten ereignete. Dabei nehmen wir selbst derartige Überlieferungen unserer Vorfahren mit Ehrfurcht in die Hand, freuen uns über jeden vergilbten Brief, der durch einen Zufall erhalten blieb und versuchen aus alten Chroniken herauszulesen, welche Ereignisse „damals“ wohl die Menschen beeindruckte oder beeinflusste. Da wurden „Skelette aus der Pestzeit entdeckt“ – dort eine „Steinkugel ausgegraben“. Solche kleinen Tagesgeschehnisse wurden besprochen und beschrieben … und wir … Wir haben weit entscheidendere Ereignisse oft im Brennpunkt miterlebt, aber vielleicht haben wir gerade darum nicht mehr die Kraft, sie fein säuberlich niederzuschreiben. Welcher Heimatvertriebene möchte die schaurigen Erlebnisse des großen Trecks in Erinnerung rufen, welcher alte Landser die Kampfgeschehen dieses Krieges chronistisch verzeichnen, die Zeit und Muße hat er nicht mehr. Und doch sollten wir und gerade die Heimatvertriebenen das ganze Geschehen kommenden Generationen schildern, sollen diese sich uns irgendwie noch verpflichtet fühlen, sollen sie die Begriffe „Heimat“ und „“Vaterland“ im Wesen verstehen. Vor allem aber wird man unsere Zeit später nicht mehr erfassen und begreifen können, weil die lebendigen Zeugnisse fehlen und viele publizistische Erzeugnisse recht eigentlich Klitterungen sind.

Um aber für diese geforderte Aufgabe Kraft zu gewinnen, lasst uns heute in allen Schriften und Briefen blättern, die wir aus der alten Heimat geborgen haben. Da hat ein Student der Theologie, ein gewisser Hugo Kraski, aus dem Ermlande stammend, anno 1809 von Studienkameraden, Lehrern, Bekannten, Verwandten und Freunden kleine Eintragungen erbeten und zu einer Art Stammbuch zusammengestellt. In zweierlei Hinsicht sind nun gerade diese losen Blätter heute für uns aufschlussreich und von ganz besonderem Wert. Einmal tauchen viele Namen auf, die später teilweise sogar einen besonderen Klang und ein besonderes Gewicht erhalten sollten, zum anderen Male gibt vielleicht sogar eine einfache Aufzählung der Namen manchen Familien einen Fingerzeig bei Ergänzung alter Familienpapiere und der Geschlechterfolge und endlich sagt auch der Inhalt aller dieser Sentenzen und Sprüche viel aus über den kulturellen Stand, über die Geistesverfassung deutscher Menschen in dem Königsberg von 1809, denn ein unglücklicher Krieg müsste ja eigentlich einen Niederschlag in diesen Aufzeichnungen finden … so meinen wir.

Zu unserer großen Überraschung aber finden wir eine einzige Äußerung dieser Art.

„Sapias! Vina liques et spatio breni

Spem longam rejeces!“

Schreibt der Mitschüler E. Schlieffen.

Johann Friedrich Arndt. „Nur der Mann mit edler Seele, ist ein Engel auf der Welt. Er sei König oder zähle. Sein erbettelt Kupfergeld!“

In ähnlichem Sinne äußert sich auch ein Johann Gottfried Gisevius und malt dann fein säuberlich mit einem Schnörkel darunter „Albertina, den 28. Juny 1809.

A.F. Werner wünscht seinen Freunden:

„Mit Vielen theile deine Freuden

Mit allen Munterkeit und Scherz,

Mit wenig Edlen deine Leiden,

Mit Auserwählten nur dein Herz.“

Friedrich George Migeod gibt dem Freunde auf den Weg folgenden Spruch mit:

„Lieb jedermann – sey keines Menschen Feind! Wer keinen liebt, der hat auch keinen Freund!“

Der Theologe Johann David Hoffmann schwärmt:

„Hier, bei heimathlichen Heerden,

An des Pregels kahlem Strand,

Wo wir Brudersinn uns lehrten

Wo uns Freundschaft fest verband,

Hier entflamm‘ uns der Gedanke,

Dass der Treue Bund nicht wanke,

Den auf ewig wir geknüpft.“

Ein Mediziner ist schon „moderner“ eingestellt – wenigstens würden wir das heute sagen – er wünscht ganz einfach:

„Die Kugeln eines Mongolfier’s

Wünsch ich Dir Freund

Füll sie mit Deinen Sorgen

Und schick sie lieber heut als morgen

Auf ewig in die Höh‘.“

Richtig – wir erinnern uns ganz am Rande … zu jener Zeit kamen ja die Heißluftballons allgemein auf, sprach die „Welt“ davon … Auf unsere heutige Zeit übertragen, müssten wir etwa sagen: „Pack Dein Bündel Sorgen in eine V 112 und schieß sie auf Nimmerwiedersehen in die Stratosphäre!“

Englische, lateinische, deutsche und französische Verse wechseln sich ab! – aber nirgends ein Hinweis auf den Zusammenbruch der Heimat oder gar einer Stellungnahe – dabei sollten ganze vier Jahre später die gleichen Studenten zur Waffe greifen, um sich in einer einzigartigen Erhebung eines ganzen Volkes an die Spitze der Freiheitskämpfer zu stellen … Oder sollten damals die Schergen des Korsen das Spitzelnetz auch in Königsberg so ausgeworfen haben, dass es die Studiosi nicht wagten, schriftlich „gefährliche“ Äußerungen zu machen?!

Zum Schluss seien hier die Namen angeführt, die auf den vergilbten Blättern zu entziffern sind:

I. A. Funk.

D. Kuhn

WB Radek

IE Bütdorff

Johann S. Getzuhn

Stud. Med. Woltersdorf

Marquard

AC Kautsch, geb. Heyden

G. G. Radke

Ferdinand Obst

William Courtan

Carl Christ. von Buchholtz

Ar. Fr. Bruinvisch

Mathilde Besthorn

F. M. Obst

Johann Fr. Buchholtz

Hanna Carolina Menck

J. Fischer

Heinrich Koenigsberg

Ulke

Ludwig von Beyer

D. Sattler

A. T. Werner

Raddatz

August Klotz

Auguste Obst

W. Geisler, geb. Stange

E. H. Bruno

Johann Sam. Schmidt

I. F. Neumann

Maria Juli Buchholtz

Charlotte Obst

Ferdinand Kuhn

L. Semmel

Amalie Julie Buchholtz

C. D. Kolck

Joh. Wilh. Kopp

CL Gegodziensky

Von Beyer, jun.

Müller

TheodorPorschke

SH Düsterwald

Meylaender

W. Gerlach

Urbani

Ernst Heinrich Bruno

F. Kolek

H. Müller

Maria Courtan

Gottfr. Schnell

Ulke

 

 

Seite 7   Der Jugend zur Freude

Als Königsberg seinen alten Fest?????ahmen sprengte und sich Wälle und alle Bastionen in gärtnerische Anlagen verwandelten, ergab sich die Möglichkeit, der Jugend manche freundliche Heilstätte zu schaffen. So wurde z. B. in der Nähe des Hauptbahnhofes im Jahr 1936/37 auf den Grundmauern einer alten Festungsanlage eine Jugendherberge errichtet mit großen, hellen und zweckmäßigen Räumen. Als Architekten zeichneten verantwortlich: der Leiter der städtischen Hochbauabteilung Dipl.-Ing. Professor Doherr – vermisst seit Stalingrad – und Dipl.-Ing. Oskar Gehlhaar – gefallen vor Sewastopol. Vor allem letzterer ging ganz in seiner Aufgabe auf. Die Wandbemalung der Tagesräume war in zarten Pastellfarben gehalten, die Sitzecke mit dem Ruhrkahn gemütlich und einladend.

Die klare ?????lichte architektonische Linienführung verlangte eine ebenso klare Raumgestaltung. In diesem Sinne ??? auch der Königsberger Maler Eberhard Abramowski. Unsere Aufnahme zeigt eine seiner Arbeiten, ein Wandbild einer Königsberger Schule. Es sollte schmücken und belehren zugleich. Daher die Häufung figürlicher Darstellungen – Wild – Vögel – Schmetterlinge, Falter, Bäume und Pflanzen. Es ist dem Maler zweifelsohne gelungen der gestellten Aufgabe gerecht zu werden ohne in der Komposition zu scheitern. Leider ist über das Schicksal dieses ostpreußischen Künstlers bislang nichts bekannt.

 

Seite 7   (Foto: Conti-Preß/Hamburg)

Die Berliner haben es nicht weit bis zur nächsten Straßensperre; und schon ist die Welt buchstäblich mit „Brettern vernagelt". Aber gerade deshalb wissen sie vielleicht besser in der Geographie Bescheid, als mancher westdeutsche Staatsbürger, der gedankenlos einfach in den Tag lebt.

Das ist der Grund, warum die Berliner eine eigene Art von „Mahnmäler" errichten - nicht in Form von Gedenksteinen, die möglicher weise nur an „unwiederbringliche Verluste" erinnern, sondern in genau jener lebendigen Form, dass sie wirklich mahnen und Richtung weisen.

Die Schilder mit den Aufschriften, Kilometerangaben und Nummerierungen alter Reichsstraßen sind zugleich Wegweiser einer realen deutschen und europäischen Politik. „Reichsstraße 1" - so steht es geschrieben an der Kreuzung Mehringdamm-Gneisenanstraße … „Königsberg in Preußen 590 Kilometer"  Wir wünschten, dass das Berliner Beispiel in den Städten der westdeutschen Bundesrepublik allgemein Nachahmung fände.

 

 

Seite 8   Königsberger Suchdienst

Wie das Haupt- und Organisationsamt der „Patenstadt für Königsberg" Duisburg, Bunker Oberstraße, mitteilt, bezieht sich die Mehrzahl der Suchanfragen, die laufend an die „Auskunftsstelle Königsberg" der Patenstadt Duisburg gerichtet werden, auf ehemalige Nachbarn, Kollegen und Geschäftsfreunde aus Königsberg/Pr. und nur zum kleinen Teile auf Familienangehörige und nahe Verwandte. 

Es laufen also gewissermaßen zwei Aktionen nebeneinander - ein umfangreicher Adressenvermittlungsdienst nach Art eines Einwohnermeldeamtes und eine andere, weniger umfangreiche Aktion, die seit über 7 Jahren vergeblich gesuchten Familienangehörigen mit allen Mitteln zu finden.

Die Auskunftstelle teilt den Anfragenden mit, ob die gesuchten Personen in der 60 000 Namen umfassenden Kartei verzeichnet sind oder nicht. Sie möchte aber darüber hinaus gerne alle geeigneten Schritte unternehmen, um bisher erfolglose Suchanzeigen weiter zu verfolgen. Der geeignete Weg ist die „Veröffentlichung". Es empfiehlt sich aber, die weiteren Nachforschungen zunächst auf Familienangehörige und Verwandte zu beschränken, damit die Erfolgsaussichten möglichst groß sind.

Gesucht werden folgende vermisste Königsberger (Fortsetzung):

30. Bekowies, August, Zimmerpolier, früher Neudamm, gesucht von seiner Ehefrau;

31. Bittihn, Heinz, Reichsbahnangestellter, früher Oberhaberberg 51, gesucht von seiner Ehefrau;

32. Carl, Manfred, früher Rudauer Weg 30, soll im Januar 1946 in ein Waisen- oder Krankenhaus gekommen sein, gesucht von seinem Vater;

33. Deinhard. Franz Albert, früher Rohlfstr. 21, gesucht von seinem Sohn;

34. Ertel, Robert, geb. 01.10.1887 in Essen, verheiratet, 2 Kinder;

35. Fieber, Kurt, früher Flottwellstr. 3, gesucht von seiner Ehefrau;

36. Gromball, Alfred, geb. 30.07.1900, früher Heidemannstr. 8, gesucht von seiner Schwester;

37. Groß, Gertrud, geb. 28.10.1889, früher Schrötterstr. 185, gesucht von seinem Sohn;

38. Herrmann, Karl, geb. 06.10.1903, früher Tannenwalde, Forstweg 12, seit 1943 in Russland vermisst, gesucht von seiner Ehefrau;

39. Herrmann, Rudi, geb. 30.09.1927, früher Tannenwalde, Forstweg 12, war zum Volkssturm eingezogen, seitdem vermisst, gesucht von seiner Mutter;

40. Holzlöhner, Walter, Johannes, geb. 29.07.1907, kaufm. Angestellter; hat am 27.11.1945 oder 1946 beim Roten Kreuz in Bordesholm Suchantrag nach seiner Familie gestellt, seitdem vermisst;

41. Jakobeit, geb. Neumann, Gertrud, geb. 28.05.1919, früher Blücherstr. 17;

42. Kranich, Reinhard, geb. 08.12.1922, früher Mozartstr. 15, seit 1945 in Russland vermisst, gesucht von seinem Vater;

43. Monien, Elli, geb. 02.12.1917. DRK-Schwester, früher Krankenhaus Tragh., Pulverstraße, wurde am 28.01.1945 als Patientin auf „Der Deutsche" verladen. Seit dem Transport vermisst. Begleitpersonal des Transports sollen Schwestern der Universitätskliniken gewesen sein. Gesucht von ihrem Vater.

44. Neumann, geb. Broschinski, Margarete, geb. 19.05.1889, früher Blücherstr. 17;

45. Nernheim, Hermann, geb. 23.12.1891. früher Altroß., Kirchenstr. 10/11, seit April 1945 beim Volkssturm vermisst;

46. Oblitz, geb Degner, Ella, geb. 15.01.1909, früher Flottwellstr. 22a, seit 1947 als Zivilinternierte nach Russland gekommen, gesucht von ihrem Ehemann;

47. Perner, Herbert, geb. 02.10.1928, Tischlerlehrling bei der Feuerwehr, früher Lieper Weg 5, letzte Nachricht vom 24.03.1945 aus einem Lazarett in Danzig, gesucht von seinem Vater;

48. Pokirn, Gerhard, geb. 24.01.1920, Obergefr. beim Ostland Batl. Stablack Süd, früher Turnerstr. 6, seit Januar 1945 vermisst, gesucht von seiner Mutter und seiner Schwester;

49. Rudat, Friedrich, geb. 26.06.1873, Lehrer, früher Metgethen, Birkenweg 22, gesucht von seiner Tochter;

50. Schirrmacher. Herta, qeb. Palnau, geb. 23.05.1913, früher Juditten, Marienberg 7 seit August 1948 in Schwenies bei Ludwigsort vermisst, gesucht von ihrem Ehemann;

51. Schwark, Hermann, geb. 11.02.1895, Polizeiwachtmeister d. Res. beim Forstschutzkommando, früher Reifschlägerstr. 39, letzte Anschrift: Forstschutzkommando Weihersfelde, Post Sophienhof, Kr. Neustadt (Westpr.), letzte Nachricht Februar 1945. gesucht von seiner Ehefrau und seiner Tochter;

52. Strube, Günther, geb. 06.07.1928, früher Aweider Allee 113; am 26.01.1945, in Königsberg (Pr.) gesehen worden; gesucht von seinem Vater;

53. Strube, Werner, geb. 29.08.1924 Fahnenjunker-Feldw., Feldpost-Nr.27053 C, früher Aweider Allee 113; bei Ritopck/Donau, 20 km südl. Belgrad schwer verwundet zum Hauptverbandsplatz gebracht, dort in Gefangenschaft geraten. seit 17.10.1944 vermisst, gesucht von seinem Vater;

54. Tiedtke. Herbert, geb. 04.01.1920, Dreher bei der Waggonfabrik Steinfurt, früher Kuplitzerstraße 7 III; am 06.04.1945 als Soldat in seiner Wohnung gewesen, seitdem vermisst, Feldpostnr. 11851; gesucht von seinem Vater.

55. Amsel, Frieda, geb. Neumann, geb. 03.11.1923. früher Blücherstr. 17;

56. Arndt, Kurt, geb. 15.08.1892, früher Quednau, Wehrmachtsiedl. Nr. 58; soll bis 24.03.1946 in jugosl. Gefangenschaft gewesen sein. Gesucht von seiner Tochter.

57. Bülow, Alfred, geb. 16.03.1910, früher Tannenwalde, Forstweg 12, soll gegen Kriegsende in der Slowakei gefallen sein. Gesucht von seiner Ehefrau und seinen Kindern.

58. Budnick, Helga, geb. 18.06.1928, früher Sackheim 46, wurde am 25.08.1948 von der Besatzungsmacht aus der Wohnung zur Vernehmung geholt; seitdem vermisst. Gesucht von ihren Eltern.

59. Ewert, Justine, geb. Wittrin, früher Hinterroßgarten 5/7.

60. Ewert, Rudolf, geb. 25.10.1928, früher Drummstr. 3;

61. Fleischer, Friedrich, früher Tiepoltstr. 11, gesucht von seinem Sohn.

62. Fleischer, Paul, früher Tiepoltstr. 11, gesucht von seinem Bruder;

63. Gawlick, Fritz, geb. 01.07.1906, früher Wrangelstr. 48, Hausmeister der Herderschule. Gesucht von seiner Frau;

64. Gronau, Reinhard, geb. 04.08.1941, früher Buddestr. 28. Gesucht von seinem Vater;

65. Hartl, Georg, geb. 01.05.1905, früher Münzstraße 22. Seit Russeneinmarsch April 1945 in Königsberg vermisst. Gesucht von seiner Frau,

66. Hollstein, Paul, geb. 19.02.1879. Kaufmann, früher Oberhaberberg 12. Gesucht von seiner Tochter;

67. Hutzel, Betty, verw. Harder geb. Bienk, geb. 17.03.1913 früher Rothenstein, Sperlingsweg 3. war mit ihren drei Kindern bis 11.03.1947 in Königsberg zusammen. Kehrte vom Arbeitsplatz (Kohlenplatz Hafenbecken II - Nachtwache -) nicht zurück. Gesucht von ihren Kindern;  

68. Martin, Fritz, geb. 02.12.1896, früher Cranzer Allee 86. Gesucht von seiner Ehefrau;

69. Neuendorf, Arno, geb. 11.01.1924, Leutnant z. S., früher Metgethen, Birkenweg 38, seit 1944 vermisst. Gesucht von seinen Eltern;

70. Neuendorf, Erich, geb. 18.01.1905, Gartenmeister, früher Ostendorfstr. 11. Seit 1944 in Russland vermisst. Gesucht von seiner Ehefrau;

71. Neuendorf, Paul, Gärtner, geb. 21.11.1906, früher in Lauth. Vermisst seit Ende 1944 in Frankreich. Gesucht von seinen Kindern;

72. Neumann, Gerhard, geb. 06.02.1918, früher Blücherstraße 17;

73. Raeder, Anna, geb. Rohrmoser, geb. 25.07.1893, früher Ratshof, Richterstr. 14. Seit 1944 vermisst;

74. Recklies, Gustav, geb. 23.10.1890, früher Schnürlingstr. 29. Am 09.04.1945 von den Russen verschleppt. Gesucht von seiner Ehefrau;

75. Thaleiser, Ernst, geb. 06.10.1886, früher: An den Birken 24:

76. Tuttlys, Helmut, früher Maraunenhof, Burowstraße 18. Letzter Einsatz bei Danzig. Seit 1945 verschollen. Feldpost-Nr. 64 171 H. Gesucht von seiner Schwester;

77. Werner, Hans, früher Dinterstr. 4. Gesucht von seiner Schwester;

78. Werner, Lisbeth, früher Dinterstr. 4. Gesucht von ihrer Nichte;

79. Werner, Walter, geb. 14.04.1880, früher Dinterstraße 4. Gesucht von seiner Tochter.

Auskünfte und Hinweise erbittet die Stadt Duisburg, Auskunftsstelle Königsberg.

 

Seite 8   Geschichte der Stadt Königsberg

Dr. Franz: „Geschichte der Stadt Königsberg". Schriftenreihe des Göttinger Arbeitskreises, Heft 30. Holzner-Verlag, Kitzingen am Main.

Die Geschichte einer Stadt in gedrängter Kürze schreiben zu wollen, darf als Wagnis angesehen werden. Eine derartige Aufgabe kann nur gemeistert werden, wenn der Verfasser das Stoffgebiet in seinem schwer übersehbaren Umfange völlig beherrscht. Oberstudienrat Dr. Franz gehört nicht nur zu den besten Kennern der Königsberger Stadtgeschichte, sondern er hat vor allem als Autor bereits einen Namen. So gelingt ihm das Meisterstück, in einer kleinen Schrift nicht nur einen klaren Überblick über das Werden der Stadt Kants zu geben, über ihre wirtschaftliche Bedeutung, ihre kulturelle Ausstrahlung, beleuchtet am Rande die Stellung Ostpreußens um 1848, tut dies alles sachlich und stilistisch gekonnt, würzt mit kleinen Betrachtungen über alte Bräuche in der Pregelstadt und rundet die illustrierte Schrift vollends ab durch Beigabe einer Stadtkarte, die klar die Stadtviertel und die allerwesentlichsten Bauten heraushebt.

 

Seite 8   Kein Treffen in Duisburg!

Als die Stadt Duisburg die Patenschaft für Königsberg (Pr.) übernahm, hatte sie die Absicht, wiederkehrende Heimattreffen der Königsberger in der Patenstadt zu veranstalten. Das erste Heimattreifen am 7. September v. Js., von 15 000 Königsbergern besucht, hatte einen sehr guten Beifall gefunden und den Wunsch erweckt, das Treffen möge recht bald wiederholt werden.

In Duisburg, wo es leider noch keine genügend große Versammlungshalle gibt, müssen die Heimattreffen im Freien stattfinden. Nach reiflicher Überlegung aller Gründe, die dafür oder dagegen sprechen, hat sich die Stadt Duisburg entschlossen, das Treffen in diesem Jahr ausfallen zu lassen. Dieser Entschluss fällt aber weniger schwer, weil die Landsmannschaft Ostpreußen in diesem Jahr ein Bundestreffen, aller Ostpreußen in Bochum abhält. Das Treffen findet am 10. Mai 1953 statt und wird Gelegenheit bieten, die Königsberger in einer besonderen Halle zu vereinigen. Die Patenschaft hat die Absicht, sich an diesem Sondertreffen der Königsberger zu beteiligen, und zwar vor allem mit der Aufstellung der „Kartei der Königsberger" und mit der Durchführung eines Auskunfts- und Suchdienstes an Ort und Stelle. Im Jahre 1954 möchte die Patenschaft zusammen mit ihren Königsberger Freunden das 700-jährige Königsberger Stadtjubiläum festlich begehen. Die Vorbereitungen dazu haben bereits begonnen.

Stadt Duisburg Patenschaft für Königsberg (Pr.) Wichtige Hinweise!

Die Heimatauskunftsstelle für den Stadtkreis Königsberg (Pr) im Rahmen des Lastenausgleichs wird nach einer Verordnung der Bundesregierung vom 22. Dezember 1952 beim Landesausgleichsamt Schleswig-Holstein errichtet. An welchem Ort der Sitz der Heimatauskunftsstelle sein wird, ist noch nicht bekannt. Die Heimatauskunftsstellen geben Gutachten und erteilen Auskünfte auf Anordnung der Feststellungsbehörden (Ausgleichsämter) und den Finanzbehörden, dagegen nicht auf Anordnung  der Geschädigten.

Die Staatsbauschule Essen, Robert-Schmid Straße 1, hat die Patenschaft für die Staatsbauschule Königsberg (Pr) übernommen. Sie erteilt Auskünfte für ehemalige Dozenten, Absolventen und ehemalige Studierende der Staatsbauschule Königsberg (Pr.). Eine Absolventen-Kartei und die Anschriften ehemaliger Dozenten sind vorhanden. Der ehemalige Direktor der Deutschen Ostmesse und der ihr angeschlossenen Einrichtungen, Herr Konsul Hans Jonas. Bad Homburg v. d. H., Immanuel-Kant-Straße 16, teilt mit, dass er Personalunterlagen der ehemaligen Angestellten und Arbeiter in den von ihm geleiteten Betrieben besitzt. Dazu gehören: Messamt Königsberg (Pr.) G.m.b.H.; Osteuropa-Verlag G.m.b.H.; Wirtschaftsinstitut für die Oststaaten; Deutsche Städtereklame G.m.b.H., Geschäftsstelle Königsberg (Pr) (früher Ostdeutsche Städtereklame G.m.b.H.).

 

Seite 8   Landsleute, bitte herhören! Sechs Jahre Suchdienst

Am 1. Februar 1953 können wir auf eine 6-jährige Suchdiensttätigkeit zurückblicken. Unzählige Arbeitskameraden und deren Angehörige fehlen noch! So mancher Landsmann hat uns durch seine Berichterstattung den richtigen Suchweg gewiesen, der zur Klärung führte. Ihnen allein gebührt der Dank aller. Wir wollen dabei nicht die Ostpr.-Warte vergessen, die unsere Artikel regelmäßig brachte. Auch ihr unser Dank.

Dem Wunsche vieler nachträglicher Leser der Ostpr.-Warte entsprechend geben wir unsere Toten nochmals bekannt. Wir wollen ihr Andenken in Ehren halten. –

Museumsdirektor Eduard Anderson.

Spark.-Angest. Fritz Ankermann,

Lehrer Alfred Arndt,

St.-O.-Insp. Georg Albrecht,

Oberinsp. Adolf Amling (Fuhrges.),

Bademeister Karl Augstein,

Aufseher Acthin (Alters- u. Pflegeheim),

Bibl.-Insp. Marg. Augustin,

Stadtamtm. Aßmann,

Stadtkämmereidirektor Richard Breitenfeld (Fuhrgesellsch.),

Prof. Dr. Böttner (St.-Kr.-Anst.),

St.-O.-Insp. Wilhelm Bendzko,

Angest. Fritz Brauchhaus (Stadt. Druckerei),

Maschinist Bogdan (St.-Kr. Anst),

Stadtfotograf Artur Borrmann,

Vera Barowski (Schulamt),

Bademeister Bortz,

Kassierer Hermann Bahr,

Maschinist Rudolf Bludau (Siechenhaus),

Otto Büttner (K. W. S.),

Brückenwärter i. R. Heinrich Barakling,

St.-Sekr. Hans Beckmann,

Reviergärtner Brest,

Tiergartenoberinsp. Albert Böhm,

Brunhilde Böse,

Bahr (K. W. S.),

Stadtamtm. Ernst Beyer,

St.-Insp. Paul Beyer,

Stadtbaurat Buchs,

Stadtamtmann Bannasch,

Borowski u. Frau (Spark. Steindamm),

Angest. Birrek (St. Kr.-Angest.),

Stadtbauing. Hans Boltz,

Schwester Hedwig Bargel (St. Kr.-Anst),

St.-lnsp. Ernst Böndel,

Georg Beil,

St.O.-Insp. Beutler,

Angest. Walter Braesch,

Prof. Dr. Walter Benthin (St. Kr.-Anst.),

Stadtoberbauinsp. Rudolf Brandstaeter (Masch. Amt),

St.-lnsp. Buttler,

Angest. Franz Borowski,

Dienststellen-Leiter Bellmann ( W. A.),

Bauaufseher Wilhelm Bartel,

Stadtbaumeister Max Christ,

Stadtbauing. Erich Czech,

Städt. Kammermusiker Johannes Drichel,

Standesamtsvorsteher i. R. Fritz Döring,

Obmann d. Opernchores Horst Döring.

Mag.-Baurat Professor Doherr,

Hebamme Dannappel (St. Kr.-Anst.),

Verw.-Rat Walter Danzer,

St.-lnsp. Heinz-Joachim Dombrowski,

St.-O.-Insp. i. R. Hermann Dezelksi,

St.-O.-B.-Ing. Eichberger,

Obergärtner Engel,

Spark.-Direktor Eberle,

Hallenmeister Federmann,

Friedrich Wilhelm Fuhlbrügge (Lebensmittelverteiler),

Brückenwärter August Fürst,

Mag.-Rat Gerhard Fanelsa und Familie,

Studienrat Dr. Froese,

Gelderheber Fritz Flach (K. W. S.),

Dorothea Fischer,

Fürsorgerin Forstreuter,

St. O.-Sekr. Paul Frommholz,

Vollz.-Sekr. August Fisahn,

Angest. Hans Fahrenholtz (K. W. S.),

St.-lnsp. Arthur Faust,

Stadtbaumeister Walter Grabowski,

Dr. med. vet. Gohr,

Angest. Gruschkus und Frau (St.-Amt 16),

Frau Anni Grow,

Stadtoberbauinsp. Max Gutzeit,

St.-O.-Sekr. Emil Garmeister,

Stadtamtmann Karl Gudat und Frau Anna,

Hans Gerst,

Gartenarchitekt A. Geccelli,

Angestellte Götz (W.-Amt),

Angest. Minna Grinda,

St.-lnsp. Albert Gasenzer,

St.-O.-B.-Insp. Goltz,

St.O.-Insp. Graf,

St.Insp. Gewitsch,

Maschinist Gobien,

St.-O.-Insp. Gomm,

St.-O.Insp. Walter Gronwald,

St.-lnsp. Peter Grabowski,

Angest. Elisabeth Groß (Fam.-Unterh.).

St.-lnsp. Heinz Grenda,

Spark.Angest. Hildegard Grigo,

Groneberg u. Frau (Stiftung),

Stadtamtm. Hansen,

Architekt Hübner,

St.-O.-Sekr. Bruno Hellwig Frau u. Tochter, verehel. Wolter,

St.-Sekretärin Frieda Haupt,

Angestellte Holzmann,

Dipl.-Ing. Hülsmann,

Angestellter Franz Hochmann (Fuhrges.),

Städtischer Konzertmeister August Hewers,

Horch und Frau (Fuhrges.),

Brückenarbeiter Friedrich Heß,

Stadtoberinspektor Hoffmann,

Stadtinspektor Alfred Henseleit.

St.-O.-Insp. Herbert Hahn,

St.-O.-B.Insp. Herbert Hein,

Architekt Hildebrandt,

Angestellte Horn (Grdst.-Amt),

Angest. Erich Horn (St.-Hpt.-Buchhalterei),

Hilde Heyer,

St.-Sekr. Otto Hesse,

Stadtamtmann Jelonneck,

Gartenbauoberinspektor Jobst,

Rektor Jordan,

Johann Jerosch (K. W. S.).

Sutscher? Jackstein,

Baggermeister John,

Juliane Johannsen,

Erna Janke, geb. Treike.

St.-O.-Insp. Josupeit,

St.-O.-Insp. Kruppa,

St.-lnsp. Kroll,

Oberschwester Martha Krüger,

Angestellte Kramer,

Heizer Krüger,

St.-lnsp. Kornblum und Frau,

St.-O.-Sekretärin Martha Kühn,

Lisbeth Kretschmann

Oberbaurektor Dr. Kuntze,

Oberdesinfektor Gustav Kugge,

St.-O.-Insp. Emil Kalau,

Spark.-Angest. Hedwig Kutz,

Gaswerksing. Julius Krüger,

St.-lnsp. Erich Kuhn u. Frau Elsa, geb. Guth,

St.-O.insp. Dr. Kuntze,

Oberdesinfektor Gustav Kugge,

St.-O.-Insp. milie?, Arno Köster,

Schlosser Oskar Kiehn,

Albert Kaminski,

St.-Sekretärin Helene Kreuz,

Frau Kramer (St.-Kr-Anst.),

Pfleger Krüger (St. Kr.-Anst),

St.-O.-Sekr. Hermann Kiauk,

Mag.Ob.-Baurat Erich Knoll,

St.-B.-Ing. i. R. Gottlieb Kalhorn und Insp. i. R. Erwin Katschinski,

St.-Ass. Richard Kohn u. Fakenbildnerin Frau Kaiwert, geb. Fincis (Opernhaus),

Wilhelm Krause,

Spark.-Angest. Kraska,

Werkführer Hermann Kendler,

Katharina Kaslack (Roonschule),

Betr.-Ing. Horst Kollwer (Wasserwerk Jerusalem),

Schlosser Julius Kluge (Gaswerk)

Lehrer Emil Kötzing,

Frau Leeder (Wi. A.),

St.-Sekretärin Elly Lopp,

Oberwäscherin Antonie Lisseck (St. K. Anst.),

Sta.-Insp. Otto Luckau,

Angest. Friedrich Laser,

Mechaniker Jonann Lettau,

St.-lnsp. Otto Leppack,

Lehmann (St. Kr.-Anst.).

St.-lnsp. Gustav Lange u. Frau Gertrud,

St.-lnsp. Leeder,

Bibl. Magazinverwalter August Liedtke,

Prok. Karl Lechleiter,

Hausmeister Wilhelm Laurien,

St.-Ob.-Amtmann Albert Mertsch u. Frau,

St.lnsp. Kurt Meiert,

St.-Amtmann Alfred Meiert,

Spark.-Angest. Marholdt,

Erna Meitz (Grdst.-Amt),

Angest. Hugo Martsch (Poststelle),

Ing. Ernst Munier und Frau (K. W. S.),

techn. Assessorin Eleonore Mielke,

Maschinenmeister Otto Moselewski,

Frau Mertsch (Fr. d. St.-lnsp. M. Wi. Amt),

Brückenmeister Rudolf Metz,

Dipl.-Bibliothekarin Lucie Marter,

St -Insp. Kurt Maertsch,

Inspektor Johann Marciniak (Fuhrges.),

Verw.-Direktor a. D. Mielke,

St. O.-B.-Insp. Manthey,

Prof. Dr. Kurt Munier,

Angest. Elsbeth Meißner.

St.-O.-Insp. a. D. Julius Meißner,

Verm.-Direktor Moritz,

Stadtrat Muß,

St.-O.-Insp. Bruno Magendanz,

Fürsorgerin Lisbeth Mühlhaupt,

Frau Emma Mühlhaupt (Witwe d. St.-O.-Insp. M.),

S.-Insp. Paul Moselewski,

St.-lnsp. Gustav Mildt,

Verw.-Angest. Karl Möhring,

St.-O.-Sekretärin Erna Mirau,

St.-O.-Insp. Richard Mazon (Kasse),

St.-lnsp. Neßlinger,

Bruno Nikolajewski,

Meister d. Feuerlöschpolizei Karl Nikoleit,

Obergärtner Johannes Neumann,

Spark.-Ang. Else Neubauer,

Verw.-Geh. Friedrich Niedermeiser,

Otto Neumann (Kämmerei).

Kammermusiker Noatnick,

Kammermusiker Fritz Nowack,

Sparkass.-Angestellter Erich Neumann,

St. Assessorin i. R. Marg. Neubauer,

St.-Sekretärin Margarete Newger.

St.-O.-Insp. Paul Orlick,

Fürsorgerin Frida Ogilvie,

Hermann Oltersdorf,

St.Insp.-Anwärter Siegfried Oder,

Studienrat Dr. Erich Pokar,

St.-Amtmann Fredi Pfennig,

St.-lnsp. Erich Pfeil,

Spark.-Leiter Franz Potschien,

 Architekt Peto.

St.-O.-Sekr. Friedrich Puck,

 Lehrerin Preck,

Maschinenbuchhalterin Gertrud Pahlke,

Spark.Ans. Hermann-Fritz Paesch,

Rev.-Gärtner Paulun,

Sportwart Oskar Powels,

Arbeiter Gustav Pieper (Schlachthof),

Heizer Christoph Pohlmann (Wohlf.-Anst),

Straßenbahnf. Albert Pohlmann,

Maschinenmeister Robert-Emil Poerschke,

St.-lnsp. Petrusch,

Hallenmeister Pottel,

St.-O.-B.-Insp. Petermann,

Frau Pink (St. Kr.-Anst.),

Paugstadt,

Brückenmeister Carl Peffer,

Stenotypistin Hedwig Preuß,

St.-lnsp. Gustav Perkuhn,

Rev.Gärtner Richard Paskarweit,

St.-Sekr. Arthur Powels.

Angest. Otto Passenheim,

St.-O.-Sekr. Pamluhn u. Frau,

Hafenmeister Bruno Pohl.

Grundstücksverw. Gustav Quoos (Stiftung)

Friedr Emil Quindt (St.-O.-Insp.),

St.-O.-Insp. Reddig u. Frau,

St.-Insp. Rapöhn,

Verw.-Rat Hans Radtke,

Kassierer Ritter und Frau (Spark.),

Wasserwerksleiter Raukuttis,

Ing. Rosenthal

Abtlg.Leiter Wilhelm Ressat (Spark.),

St.-lnsp. Willy Ruth,

St.-Ob.Insp. Kurt Rautenberg u. Frau,

St.-lnsp. Hans Redetzki,

St.-O.B.-Insp. Romeike,

Angest. Emmy Reuter (Wi. Amt).

Staatskapellmstr. Reuß,

St.-O.-Insp. Franz Radtke,

St.-O.-Sekr. Willi Romeike,

Gartenbauinspektor Reiter,

Mag.-Baurat Dr.-Ing. Rieck

Wäscherin Alma Rublin (St. Kr.-Anst.).

Lehrer Oskar Rogge,

Angest. Gertrud Ramm,

St.-Insp. Helmut Sauerbaum

St.-lnsp Singpiel,

Paul Sonnabend (St. Kr.-Anst.),

St.-O.-Sekr. Slonka

St.-O.-Insp. Friedrich Szambien u. Frau,

Fortsetzung folgt

 

Wir suchen und wer berichtet?

Heizer, Kurt Alisat u. Frau Magda (Herderschule),

Gartenbauoberinsp. Ludwig Butz,

Gartenarbeiter Albert Böhnke,

Angest. Frau Bockhorn (Wi. A.),

Heinz Großmann (Reinkestr. 14),

Hausmeister Fritz Gawlick (Herderschule),

Gustav Gier (Feuerschutzpolizei),

Gartenarbeiter, Fritz Heinrich,

Straßenaufseher, Julius Link,

Arbeiter, Hermann Lange (Müllabfuhr),

St.-O.-Sekr. Otto Müller (Schulamt),

Techn. Heinz Thulke (Hochb.-Amt),

St.lnsp. Emil Tollkühn,

St.-O.-Insp. Tiedtke,

Stadtamtm. Hermann Thiele,

St.-Insp. Bruno Tresp,

Taucher u. Schiffszimmermann Richard Thiel,

Angest. Tahl (Fuhrges.),

Stenotypistin Irene-Erna Thimm,

Angehörige d. verstorbenen Margott Teschner,

Staatsanwältin Frau Dr. Tietze,

Angest. Frau Erika Theulieres,

Angest. Anna Thieler,

Spark.-Kass. Walter Tobies,

Familie August Thulke aus Gumbinnen.

Brückenmeister Werner Tobies,

Verw.Lehrling Fritz Thiel,

Lehrer Walter Sand.

Weitere Namen in der nächsten Ausgabe dieses Heimatblattes.

 

Wertvolle Angaben machten uns folgende Landsleute, die uns den Gesuchten finden ließen. Herzlichen Dank!

Legebaum,

Fritz Hilsel,

August Lange,

Berta Torkler,

Kreisoberinspektor Bruno Thermann,

Hanna Hirsch,

Lotte Kaufmann,

Ernst Klamann,

Mag.-Baurat Max Oppenkowski,

Gertrud Frohnert,

Mittelschullehrer Grabienski,

Oberbrandmeister Monien,

Frieda Heckmann.

Liesa Rieck,

Frau A. Wiosna

und alle diejenigen, die uns ihre „Vermutungen" schrieben.

Landsleute, denkt daran, dass die Angehörigen immer noch hoffen und auf Euren Bericht warten? Lasst Euch nicht „bitten sondern gebt uns alles Wissenswerte zur Kenntnis, wir verfolgen fast jeden Suchweg, der zur Aufklärung führen könnte.

Die Berichterstattung unseres Landsmannes Mittelschullehrer i. R Grabienski müssen wir an dieser Stelle besonders hervorheben, weil sie vielen Suchenden die quälende Ungewissheit nahm. Wenn jeder so viel mit seinen Zeilen dazu beitragen würde, wie es Landsmann Grabienski tat, so würde sich in kurzer Zeit vieles klären lassen und Licht in das Geschick mancher Menschen kommen.

 

Wer kannte unsere Arbeitskameradin Frau Jurreit nicht? Von verschiedenen Seiten unserer Landsleute gingen immer wieder Anfragen nach ihrem Verbleib ein. Allen Suchenden an dieser Stelle zur Kenntnis, dass mit dem Ableben der Obengenannten zu rechnen ist. Frau Wiesna berichtet uns nun als 3. Landsmännin, dass Frau Jurreit infolge einer Knieverletzung durch Granatsplitter von Fort Charlottenburg nach der Barmherzigkeit und dann auf eigenen Wunsch in das Haus der Arbeit (Vorderroßgarten) transportiert worden ist. Dort lag sie noch Ende Marz im Keller, wo noch eine Augenerkrankung hinzugekommen ist. Wer war nun bis zuletzt mit ihr zusammen, damit wir den Tod auch bestätigen können?

 

Frau Nadolny u. Familie an dieser Stelle zur Kenntnis, dass Fräulein Haubensack sich noch nicht gemeldet hat. Wir suchen immer!

 

Am 12. Februar 1953 feiert unser lieber Arbeitskamerad Stadtobersekretär a. D. Julius Keller, jetzt wohnhaft (14b) Reutlingen, Kruppstraße 16 bei Thermann, seinen 81. Geburtstag. Trotz seines hohen Alters war er während des Krieges noch Standesbeamter in Königsberg. All die jungen Paare, die von ihm getraut sind, werden sich seiner einleitenden Worte, die zu Herzen gingen, gerne erinnern. Wir alle freuen uns, dass er seinen Geburtstag in geistiger und körperlicher Frische im Kreise seiner Kinder begehen kann. Wir gratulieren daher an dieser Stelle aufs herzlichste und wünschen, dass er noch lange bei bester Gesundheit leben möchte.

 

Um unsere Anschriftensammelstelle fortführen zu können, bitten wir alle diejenigen Kameraden, die die gedruckte Anschriftenliste seit 1951 noch nicht mit 1,-- DM bezahlt haben, das nun sofort nachzuholen. Unsere Arbeit ist eine ehrenamtliche und jeder wird sich aus dem Vorstehenden ein Bild machen können, wie viel Porto an einzelnen Namen „klebt“, um überhaupt den Fall klären zu können. So gerne wir in allen Dingen helfen, aber weiterhin persönliche finanzielle Opfer zu bringen, ist uns bei dem Umfang der eingehenden Anträge nicht mehr möglich. Es wäre schade, wenn wir nun aus finanziellen Gründen diese Anschriftensammelstelle schließen müssten.

Anschriftensammelstelle der Königsberger Magistratsbeamten, - Angestellten und –Arbeiter, (16) Biedenkopf – Hospitalstraße 1.

 

 

Seite 9   Der Artushof/E.J.A. Hoffmann

Gewiss hast Du, günstiger Leser! Schon recht viel von der alten merkwürdigen Handelsstadt Danzig gehört. Vielleicht kennst Du all das Sehenswerte, was sich dort befindet aus mancher Beschreibung; am liebsten sollte es mir aber sein, wenn Du selbst einmal in früherer Zeit dort gewesen wärest, und mit eigenen Augen den wunderbaren Saal geschaut hättest, in den ich Dich jetzt führen will. Ich meine den Artushof. - In den Mittagsstunden wogte drängend und treibend der Handel den mit Menschen der verschiedensten Nationen gefüllten Saal auf und ab, und ein verwirrtes Getöse betäubte die Ohren. Aber wenn die Börsenstunden vorüber, wenn die Handelsherren bei Tische saßen, und nur einzelne geschäftig durch den Saal, der als Durchgang zwei Straßen verbindet, liefen, dann besuchtest Du, günstiger Leser, der Du in Danzig warst, den Artushof wohl am liebsten. Nun schlich ein magisches Helldunkel durch die trüben Fenster, all' das seltsame Bild- und Schnitzwerk, womit die Wände überreich verziert, wurde rege und lebendig. Hirsche mit ungeheuren Geweihen, andere wunderliche Tiere, schauten mit glühenden Augen auf Dich herab, Du mochtest sie kaum ansehen, auch wurde Dir, je mehr die Dämmerung eintrat, das marmorne Königsbild in der Mitte, nur desto schauerlicher. Das große Gemälde, auf dem alle Tugenden und Laster versammelt, mit beigeschriebenen Namen, verlor merklich von der Moral, denn schon schwammen die Tugenden unkenntlich hoch im grauen Nebel, und die Laster, gar wunderschöne Frauen in bunten Kleidern, traten recht verführerisch hervor und wollten Dich verlocken mit süßem Gelispel. Du wendest den Blick lieber auf den schmalen Streif, der beinah rings um den Saal geht, und auf dem sehr anmutig lange Züge buntgekleideter Miliz, aus alter, reichsstädtischer Zeit, abgebildet sind. Ehrsame Bürgermeister mit klugen, bedeutsamen Gesichtern reiten voran auf mutigen, schön geputzten Rossen, und die Trommelschäger, die Pfeifer, die Hellebardirer schreiten so keck und lebendig daher, dass Du bald die lustige Soldatenmusik vernimmst, und glaubst, sie werden nun gleich alle zu jenem großen Fenster dort hinaus, auf den langen Markt ziehen.

Weil sie denn nun fortziehen wollten, konntest Du nicht umhin, günstiger Leser, insofern Du nämlich ein rüstiger Zeichner bist, mit Tinte und Feder jenen prächtigen Bürgermeister mit seinem wunderschönen Pagen abzukonterfeien. Auf den Tischen rings umher lag ja sonst immer auf öffentliche Kosten Papier, Tinte und Federn bereit, das Material war also bei der Hand und lockte Dich unwiderstehlich an. Dir, günstiger Leser! war so etwas erlaubt, aber nicht dem jungen Kaufherren Traugott, der über ähnlichem Beginnen in tausend Not und Verdruss geriet. -

„Avisieren Sie doch sogleich unsern Freund in Hamburg von dem zustande gekommenen Geschäft, lieber Herr Traugott!" - So sprach der Kauf- und Handelsherr Elias Roos, mit dem Traugott nächstens in Kompanie gehen und dessen einzige Tochter Christina er heiraten sollte. Traugott fand mit Mühe ein Plätzchen an den besetzten Tischen, er nahm ein Blatt, tunkte die Feder ein und wollte eben mit einem kecken kalligraphischen Schnörkel beginnen, als er, nochmals schnell das Geschäft, von dem er zu schreiben hatte, überdeckend, die Augen in die Höhe warf. - Nun wollte es der Zufall, dass er gerade vor den in einem Zuge abgebildeten Figuren stand, deren Anblick ihn jedes Mal mit seltsamer unbegreiflicher Wehmut befing. Ein ernster, beinahe düsterer Mann, mit schwarzem krausen Barte, ritt in reichen Kleidern auf einem schwarzen Rosse, dessen Zügel ein wundersamer Jüngling führte, der in seiner Lockenfülle und zierlichen bunten Tracht beinahe weiblich anzusehen war: die Gestalt, das Gesicht des Mannes erregten dem Traugott inneren Schauer, aber aus dem Gesichte des holden Jünglings strahlte ihm eine ganze Welt süßer Ahnungen entgegen. Niemals konnte er loskommen von dieser beiden Anblick, und so geschah es denn auch jetzt, dass statt den Aviso des Herrn Elias Roos nach Hamburg zu schreiben, er nur das wundervolle Bild anschaute und gedankenlos mit der Feder auf dem Papier herumkritzelte. Das mochte schon einige Zeit gedauert haben, als ihn jemand hinterwärts auf die Schulter klopfte und mit dumpfer Stimme rief: „Gut, - recht gut! so lieb' ich's, das kann was werden." - Traugott kehrte sich aus dem Traum erwachend rasch um, aber es traf ihn wie ein Blitzstrahl-Staunen, Schrecken machten ihn sprachlos, er starrte hinein in das Gesicht des düsteren Mannes, der vor ihm abgebildet. Dieser war es, der jene Worte sprach, und neben ihm stand der zarte wunderschöne Jüngling und lächelte ihn an, wie mit unbeschreiblicher Liebe. Sie sind es ja selbst, so fuhr es dem Traugott durch den Sinn. - Sie sind es ja selbst! - Sie werden nun gleich die hässlichen Mäntel abwerfen und dastehen in glänzender altertümlicher Tracht! –

Die Menschen wogten durcheinander, verschwunden im Gewühl waren bald die fremden Gestalten, aber Traugott stand mit seinem Avisobriefe in der Hand, wie zur starren Bildsäule geworden auf derselben Stelle, als die Börsenstunden längst vorüber, und nur noch einzelne durch den Saal liefen. Endlich wurde Traugott Herrn Elias Roose gewahr, der mit zwei fremden Herren auf ihn zuschritt.

„Was spintisieren Sie noch in später Mittagszeit, werter Herr Traugott", rief Elias Roos, „haben Sie den Aviso richtig abgeschickt?" - Gedankenlos reichte Traugott ihm das Blatt hin, aber da schlug Herr Elias Roos die Fäuste über dem Kopf zusammen, stampfte erst ein klein wenig, dann aber sehr stark mit dem rechten Fuße und schrie, dass es im Saale schallte: „Herr Gott! - Herr Gott! Kinderstreiche! - dumme Kinderstreiche! - Verehrter Traugott! - korrupter Schwiegersohn - unkluger Associe. —Ew. Edlen sind wohl ganz des Teufels? - Der Aviso - der Aviso o Gott! die Post!"

Herr Elias Roos wollte ersticken vor Ärger, die fremden Herren lächelten über den wunderlichen Aviso, der freilich nicht recht brauchbar war. Gleich nach den Worten: Auf Ihr Wertes vom 20sten hujus uns beziehend, hatte nämlich Traugott in zierlichem keckem Umriss jene beiden wundersamen Figuren, den Alten und den Jüngling, gezeichnet. Die fremden Herren suchten den Herrn Elias Roos zu beruhigen, indem sie ihm auf das Liebreichste zusprachen; der zupfte aber die Runde Perücke hin und her, stieß mit dem Rohrstock auf den Boden und rief: „das Satanskind, - avisieren soll er, macht Figuren - zehntausend Mark sind - fit!" - Er blies durch die Finger und meinte dann wieder: „Zehntausend Mark!"

„Beruhigen Sie sich, lieber Herr Roos, sprach endlich der Ältere von den fremden Herren: die Post ist zwar freilich fort, in einer Stunde geht indessen ein Kurier ab, den ich nach Hamburg schicke, dem gebe ich Ihren Aviso mit und so kommt er noch früher an Ort und Stelle, als es durch die Post geschehen sein würde." „Unvergleichlichster Mann!" rief Herr Elias mit vollem Sonnenschein im Blick. Traugott hatte sich von seiner Bestürzung erholt, er wollte schnell an den Tisch, um den Aviso zu schreiben. Herr Elias schob ihn aber weg, indem er mit recht hämischem Blick zwischen den Zähnen murmelte: „Ist nicht vonnöten, mein Söhnlein!"

Während Herr Elias gar eifrig schrieb, näherte sich der ältere Herr dem jungen Traugott, der in stummer Beschämung da stand, und sprach „Sie scheinen nicht an Ihrem Platze zu sein, lieber Herr! Einem wahren Kaufmann würde es nicht eingefallen sein, statt, wie es Recht ist zu avisieren, Figuren zu zeichnen." - Traugott musste das für einen nur zu gegründeten Vorwurf halten. Ganz getroffen erwiderte er: „Ach Gott wie viel vortreffliche Avisos schrieb schon diese Hand, aber nur zuweilen kommen mir solche vertrackte Einfälle!" „Ei, mein Lieber", fuhr der Fremde lächelnd fort: „das sollten nun eben keine vertrackte Einfälle sein. Ich glaube in der Tat, dass alle Ihre Avisos nicht so vortrefflich sind, als diese, mit fester Hand, keck und so sauber umrissenen Figuren. Es ist wahrhaftig ein eigner Genius darin." Unter diesen Worten hatte der Fremde den in Figuren übergegangenen Avisobrief dem Traugott aus der Hand genommen, sorgsam zusammengefaltet und eingesteckt. Da stand es ganz fest in Traugotts Seele, dass er etwa viel Herrlicheres gemacht habe, als einen Avisobrief, ein fremder Geist funkelte in ihm auf, und Herr Elias Roos, der mit dem Schreiben fertig geworden, noch bitterböse ihm zurief: „Um zehntausend Mark hätten mich Ihre Kinderstreiche bringen können," da erwiderte er lauter und bestimmter als jemals: „Gebehrden sich Ew. Edlen nur nicht so absonderlich, sonst schreib ich Ihnen in meinem ganzen Leben keinen Avisobrief mehr und wir sind geschiedene Leute!" - Herer Elias schob mit beiden Händen die Perücke zurecht und stammelte mit starrem Blick: „Liebenswürdiger Associe, holder Sohn! was sind das für stolze Redensarten?" Der alte Herr trat abermals ins Mittel, wenige Worte waren hinlänglich, den vollen Frieden herzustellen, und so schritten sie zum Mittagsmahl in das Haus des Herrn Elias, der die Fremden geladen hatte.

Jungfer Christine empfing die Gäste in sorgsam geschniegelten und gebügelten Feierkleidern und schwenkte bald mit geschickter Hand den überschweren silbernen Suppenlöffel. - Wohl könnte ich Dir, günstiger Leser! die fünf Personen, während sie bei Tische sitzen, bildlich vor Augen bringen, ich werde aber nur zu flüchtigen Umrissen gelangen, und zwar zu viel schlechteren als wie sie Traugott in dem ominösen Avisobriefe recht verwegen hinkritzelte, denn bald ist das Mahl geendet, und die wundersame Geschichte des wackeren Traugott, die ich für Dich, günstiger Leser! aufzuschreiben unternommen, reißt mich fort mit unwiderstehlicher Gewalt!

Dass Herr Elias Roos eine runde Perücke trägt, weißt Du günstiger Leser schon aus Obigem, und ich darf auch gar nichts mehr hinzusetzen, denn nach dem. was er gesprochen, siehst Du jetzt schon den kleinen rundlichen Mann in seinem leberfarbenen Rocke, Weste und Hosen mit goldbesponnenen Knöpfen recht vor Augen. Von dem Traugott habe ich sehr viel zu sagen, weil es eben seine Geschichte ist, die ich erzähle, er also wirklich darin vorkommt. Ist es aber nun gewiss, dass Gesinnung, Tun und Treiben aus dem Innern hervortretend, so die äußere Gestalt modeln und formen, dass daraus die wunderbare, nicht zu erklärende, nur zu fühlende Harmonie des Ganzen entsteht, die wir Charakter nennen, so wird Dir, günstiger Leser! aus meinen Worten Traugotts Gestalt von selbst recht lebendig hervorgehen. Ist dies nicht der Fall, so taugt all' mein Geschwätz gar nichts, und Du kannst meine Erzählung nur geradezu für nicht gelesen achten. Die beiden fremden Herren sind Onkel und Neffe, ehedem Handel, jetzt Geschäfte treibend mit erworbenem Gelde, und Herrn Elias Roos Freunde, d. h. mit ihm in starkem Geldverkehr.

Sie wohnen in Königsberg, tragen sich ganz englisch, führen einen Mahagoni-Stiefelknecht aus London mit sich, haben viel Kunstsinn und sind überhaupt feine, ganz gebildete Leute. Der Onkel besitzt ein Kunstkabinett und sammelt Zeichnungen (videatur der geraubte Avisobrief). Eigentlich war es mir hauptsächlich nur darum zu tun, Dir günstiger Leser, die Christina recht lebhaft darzustellen, denn ihr flüchtiges Bild wird, wie ich merke, bald verschwinden, und da ist es gut, dass ich gleich einige Züge zu Buch bringe. Mag sie dann entfliehen. Denke Dir, lieber Leser! ein mittelgroßes wohlgenährtes Frauenzimmer, von etwa zwei- bis dreiundzwanzig Jahren, mit rundem Gesicht, kurzer ein wenig aufgestülpter Nase, freundlichen lichtblauen Augen, aus denen es recht hübsch jedermann anlächelt: „Nun heirate ich bald!" - Sie hat eine blendend weiße Haut, die Haare sind geradezu nicht zu rötlich - recht küssige Lippen - einen zwar etwas weiten Mund, den sie noch dazu seltsam verzieht, aber zwei Reihen Perlenzähne werden dann sichtbar. Sollten etwa aus des Nachbarn brennendem Hause die Flammen in ihr Zimmer schlagen, so wird sie nur noch geschwinde den Kanarienvogel füttern und die neue Wäsche verschließen, dann aber ganz gewiss in das Komtoir eilen und dem Herrn Elias Roos zu erkennen geben, dass nunmehro auch sein Haus brenne. Niemals ist ihr eine Mandeltorte missraten, und die Buttersauce verdickt sich jedes Mal gehörig, weil sie niemals links, sondern immer rechts im Kreise mit dem Löffel rührt!

Da Herr Elias Roos schon den letzten Römer „alten Franz'' eingeschenkt, bemerke ich nur noch in der Eile, das Christinchen den Traugott deshalb ungemein lieb hat, weil er sie heiratet, denn was sollte sie wohl in aller Welt anfangen, wenn sie niemals Frau würde! Nach der Mahlzeit schlug Herr Elias den Freunden einen Spaziergang auf den Wällen vor. Wie gern wäre Traugott, in dessen Innern sich noch nie so viel Verwunderliches geregt hatte, als eben heute, der Gesellschaft entschlüpft, es ging aber nicht; denn wie er eben zur Tür hinauswollte, ohne einmal seiner Braut die Hand geküsst zu haben, erwischte ihn Herr Elias beim Rockschoß, rufend: „Werter Schwiegersohn, holder Associe, Sie wollen uns doch nicht verlassen?“, und so musste er wohl bleiben. - Jener Professor physices meinte der Weltgeist habe, als ein wackrer Experimentator, irgendwo eine tüchtige Elektrisiermaschine gebaut, und von ihr aus, liefen gar geheimnisvolle Drähte durchs Leben, die umschlichen und umgingen wir nun bestmöglichst, aber in irgend einem Moment müssten wir darauf treten, und Blitz und Schlag führen durch unser Inneres, in dem sich nun plötzlich alles anders gestalte. Auf den Draht war wohl Traugott getreten, in dem Moment als er bewusstlos zeichnete, welche lebendig hinter ihm standen, denn mit Blitzes Gewalt hatte ihn die seltsame Erscheinung der Fremden durchzuckt, und es war ihm, als wisse er nun Alles deutlich, was sonst nur Ahnung und Traum gewesen.

Die Schüchternheit, die sonst seine Zunge band, sobald das Gespräch sich auf Dinge wandte, die wie ein heiliges Geheimniss tief in seiner Brust verborgen lagen, war verschwunden, und so kam es, dass, als der Onkel die wunderlichen halbgemalten halb geschnitzten Bilder im Artushof als geschmacklos angriff, und vorzüglich die kleinen Soldatengemälde als abenteuerlich verwarf, er dreist behauptete: wie es wohl sein könne, dass das Alles sich mit den Regeln des Geschmacks nicht zusammenreime, indessen sei es ihm selbst, wie wohl schon mehreren ergangen: eine wunderbare phantastische Welt habe sich ihm in dem Artushof erschlossen und einzelne Figuren hätten ihn sogar mit lebensvollen Blicken ja wie mit deutlichen Worten daran gemahnt, dass er auch ein mäch??? Me??? und schaffen und bilden könne, wie der, aus dessen geheimnisvoller Werkstatt sie hervorgegangen. - Herr Elias sah in der Tat dümmer aus wie gewöhnlich, als der Jüngling solche hohe Worte sprach, aber der Onkel sagte mit recht hämischer Miene: „Ich behaupte es noch einmal, dass ich nicht begreife, wie Sie Kaufmann sein wollen, und sich nicht lieber der Kunst ganz zugewandt haben."

Dem Traugott war der Mann höchst zuwider, und er schloss sich deshalb bei dem Spaziergange an den Neffen, der recht freundlich und zutraulich tat. „O Gott", sprach dieser, „wie beneide ich Sie um Ihr schönes herrliches Talent! Ach könnte ich so wie Sie zeichnen. - An Genie fehlt es mir gar nicht, ??? habe schon recht hübsch  Augen, Nasen und Ohren, ja sogar drei bis vier ganze Köpfe gezeichnet, aber lieber Gott, die Geschäfte! die Geschäfte!" „Ich dächte“, sprach Traugott, „sobald man wahres Genie, wahre Neigung zur Kunst verspürt, sollte man kein anderes Geschäft kennen." „Sie meinen, Künstler werden“, entgegnete der Neffe. , Ei. wie mögen Sie das sagen! Sehen Sie, mein Wertester, über diese Dinge habe ich denn wohl mehr nachgedacht als vielleicht Mancher, ja, selbst ein so entschiedener Verehrer der Kunst, bin ich tiefer in das eigentliche W??? der Sache eingedrungen, als ich es nur zu sagen vermag, daher sind mir nur Andeutungen möglich." Der Neffe sah bei diesen Worten so gelehrt und tiefsinnig aus, dass Traugott ordentlich einige Ehrfurcht für ihn empfand. „Sie werden mir Recht geben", fuhr der Neffe fort, nachdem er eine Prise genommen und ??? genießt hatte, „dass die Kunst Blumen in unser Leben flicht – Erheiterung, Erhoung vom ernsten Geschäft, das ist der schöne Zweck alles Strebens in der Kunst, der desto vollkommener erreicht wird, je vortrefflicher sich die Produktionen gestalten. Im Leben selbst ist dieser Zweck deutlich ausgesprochen, denn nur der, der nach jener Ansicht die Kunst übt, genießt die Behaglichkeit, die den immer und ewig flieht, weicher der wahren Natur der Sache entgegen, die Kunst als Hauptsache, als höchste Lebenstendenz betrachtet. Deshalb, mein Lieber! nehmen Sie sich das ja nicht zu Herzen, was mein Onkel vorbrachte, um Sie von dem ernsten Geschäft des Lebens abzuleiten in ein Tun und Treiben, das ohne Stütze nur wie ein unbehilfliches Kind, hin- und her wankt."

Hier hielt der Neffe inne, als erwarte er Traugotts Antwort; der wusste aber gar nicht, was er sagen sollte. Alles was der Neffe gesprochen, kam ihm unbeschreiblich albern vor. Er begnügte sich zu fragen: „Was nennen Sie denn nun aber eigentlich ernstes Geschäft des Lebens?" Der Neffe sah ihn etwas betroffen an. „Nun, mein Gott“, fuhr er endlich heraus, „Sie werden mir doch zugeben, dass man im Leben, leben muss, wozu es der bedrängte Künstler von Profession beinahe niemals bringt." Er schwatzte nun mit zierlichen Wörtern und gedrechselten Redensarten ins Gelag hinein. Es kam ungefähr darauf hinaus, dass er im Leben, leben nichts Anderes nannte, als, keine Schulden, sondern viel Geld haben, gut Essen und Trinken, eine schöne Frau und auch wohl artige Kinder, die nie einen Talgfleck ins Sonntagsröckchen bringen, besitzen u. s. w. Dem Traugott schnürte das die Brust zu, und er war froh als der verständige Neffe von ihm abließ und er sich allein auf seinem Zimmer befand. „Was führe ich doch“, sprach er zu sich selbst, ,,für ein erbärmlich schlechtes Leben! - An dem schönen Morgen in der herrlichen goldenen Frühlingszeit, wenn selbst durch die finstern Straßen in der der Stadt der laue West zieht, und in seinem dumpfen Murmeln und Rauschen von all! den Wundern zu erzählen scheint, die draußen in Wald und Flur erblühen, da schleiche ich träge und unmutig in Herrn Elias Roos räuchrichtes Komtoir, da sitzen bleiche Gesichter vor großen unförmigen Pulten, und nur das Geräusch des Blätterns in den großen Büchern, das Klappern des gezählten Geldes, einzelne unverständliche Laute und unterbrochen, die düstere Stille in die Alles arbeitend, versunken. Und was für Arbeit? - Wozu alles Sinnen, alles Schreiben? - Damit sich nur die Goldstücke im Kasten mehren, damit nur des Fafn??? unheilbringender Hort immer mehr funkte und gleiße! Wie mag doch solch ein Künstler und Bildner fröhlich hinausziehen und hoch emporgerichteten Hauptes, all die erquicklichen Frühlingsstrahlen einatmen, die die innere Welt voll herrlicher Bilder entzünden, so dass sie aufgeht  im regen lustigen Leben. Aus den dunklen Büschen treten dann wunderbare Gestalten hervor, die sein Geist geschaffen und die sein Eigen bleiben, denn in ihm wohnt der geheimnisvolle Zauber des Lichts, der Farbe, der Form, und so vermag er, was sein inneres Auge geschaut, fest zu bannen, indem er es sinnlich darstellt. - Was hält mich ab, mich loszureißen von der verhassten Lebensweise? - Der alte wunderliche Mann hat es mir bestätigt, dass ich zum Künstler berufen bin, aber noch mehr der schöne holde Jüngling. Ungeachtet der nichts sprach, war es mir ja doch als sage sein Blick mir das deutlich, was so lange sich nur als leise Ahnung in mir regte, und das niedergedrückt von tausend Zweifeln, nicht empor zu streben vermochte. Kann ich denn nicht, statt meines unseligen Treibens, ein tüchtiger Maler werden?"

Traugott holte alles hervor, was er jemals gezeichnet und durchschaute es mit prüfenden Blicken. Manches kam ihm heute ganz anders vor als sonst, und zwar besser. Vorzüglich fiel ihm aber aus den kindlichen Versuchen seiner früheren Knabenzeit ein Blatt in die Hände, auf dem in freilich verzerrten, jedoch sehr kenntlichen Umrissen jener alte Bürgermeister mit dem schönen Pagen abgebildet war. (Fortsetzung folgt)

 

 

Seite 10   Aus den Landsmannschaften

Seesen/Harz. Die Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen wählte folgenden Vorstand: Obmann Schulrat a. D. Papendick; Stellvertreter und Bearbeiter für Eingliederungsdarlehn Bäckermeister Lux; Kassierer Max Wilbudies; Schriftführer Bruno Scharmach; Kulturwart und Veranstaltungsleiter Lieselotte Donnermann. Ferner gehören dem erweiterten Vorstand als Referenten an: Dipl.-Landwirt Dr. Schimmelpfennig für landw. Fragen, Baumeister Liedtke für Wohnungs- und Eigenheimbau, Kaufmann Dsiersk als Saalordner, Photograph Gebhardi als Beisitzer. - Für die Masurenaktion, die im Februar fortgesetzt wird, konnten 1 ½  Zentner hochwertige Bekleidungsstücke an die Zentralstelle Hamburg zur Weiterleitung nach Südostpreußen abgesandt werden. - Die Kulturstunde wurde unter dem Thema „Was man nicht aufgibt, hat man nicht verloren: Wir tragen die Heimat im Herzen" mit heimatlichen Gedichten, Liedern und Balladen gestaltet. - Die Fastnachtfeier am 7. Februar wird als „Bunter Abend" durchgeführt.

 

Gunzenhausen. Die Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen, Danziger und Pommern hielt unter Vorsitz von Rechtsanwalt Klutke-Cronheim in den Brauhausgaststätten ihre Generalversammlung ab. Nach Bericht des Schriftführers Lehrer Adomat, verbunden mit dem Dank an die Leiterin der Kindergruppe, Frau Ströhlein, und die Leiterin der Kulturarbeit, Frau Heumann, einem weiteren Bericht des Kassenwartes, Herrn Büchler und des Kassenrevisors Zemke und nach kurzen Ausführungen des Vorsitzenden über Durchführung und Auswirkungen des Lastenausgleiches, wurde dem alten Vorstand Entlastung erteilt. Da Herr Rechtsanwalt Klutke eine Wiederwahl ablehnte, ergab die Neuwahl folgende Zusammensetzung: 1. Vorsitzende: Frau Heumann-Gunzenhausen, 2. Vorsitzender: Lehrer Adomat, Kassierer: Büchler, Schriftführer: Witke, Beirat: Schulz, Zemke, Bibelhausen. Der neugewählte Vorstand sprach vor allem Landsmann Klutke einen herzlichen Dank für die bisherige Arbeit aus. Nach einem Referat dieses Landsmannes wurde die Generalversammlung mit Versen der ostpreußischen Heimatdichterin Frieda Jung geschlossen.

 

Peine. Die Ortsgruppe der Landsmannschaft Ost- und Westpreußen entfaltete in den letzten Monaten unter ihrem 1. Vorsitzenden Dr. Maluck eine rege Tätigkeit. Am 11. Oktober v. Js. hatte die Ortsgruppe die bekannte ostpreußische Vortragskünstlerin Marion Lindt zu einem „Fröhlichen Abend" verpflichtet. Nach einigen besinnlichen Versen kam „Heiterkeit". Das Lachen nahm kein Ende, und für die Landsleute war es noch eine besondere Freude Marion Lindt mit Landsmann Sperber in einem Sketsch zu erleben. Am 6. November trug Hl. Couhls, der als gebürtiger Niedersachse 20 Jahre in Ostpreußen gewohnt hat, ein mit Spannung erwartetes Selbsterlebnis „Die Entenreise nach Prositten" vor. Seine Schilderungen, die unerschöpfliche Pointen lustiger Begebenheiten enthielten und von Hl. Couhls in Verse gesetzt waren, brachten dem Vortragenden großen Beifall ein. Eine schlichte Weihnachtsfeier mit Vorträgen und Kinderbescherung fand am 20.12. v. Js. im neuen Versammlungslokal „Deutsches Haus statt. Die Monatsversammlung am 8. Januar schloss, mit einem Fleckessen ab, an dem sich ca. 150 Landsleute beteiligten. Das Wintervergnügen am 31. Januar im Saale der Schützengilde war ausschließlich Tanzabend.

 

Burghausen/Obb. Ende Dezember hielt die „Interessengemeinschaft der Ost- und Südostdeutschen Heimatvertriebenen", welche aus 75% Ostpreußen, Westpreußen, Pommern und Brandenburger und zu 25% aus Balkandeutschen besteht, ihre Weihnachtsfeier im Vereinslokal Glöcklhofer ab.

Der erste Vorsitzende Herr Max Kakarot. begrüßte den 1. Bürgermeister der Stadt und die zahlreich erschienenen Mitglieder und Gäste und gedachte der verlorenen Heimat. Er bedankte sich für die Spenden der Stadt und des chemischen Werkes „Wacker", welche es ermöglicht hatten die Feier so reich auszugestalten, so dass noch 14 bedürftige Rentner und Familien mit einer kleinen Geldspende bedacht wurden. Dann sang der Kinderchor mit Geigenbegleitung „Ihr Kindelein kommet", und nach einer Rezitation von Frau Gürr, „Leise rieselt der Schnee". Ein Vortrag von Fräulein Heinze erhöhte die weihnachtliche Stimmung. Für die Kinder kam nun der große Augenblick, der Weihnachtsmann. Mit Schlitten, auf dem große Waschkörbe voller bunter Tüten waren, kam er in den Raum. Die Kinderaugen glänzten, wenn ihre Namen aufgerufen wurden und hell klangen die Summen der Kleinen, wenn sie ihr Verschen gut gelernt hatten und recht verschüchtert, wenn Mutti nachhelfen musste. Als dann der Weihnachtsmann den Raum wieder verlassen hatte erklang unter Begleitung der Hauskapelle allgemein gesungen das „O du fröhliche". Unter Glockenklang einer Schallplatte brachte Herr Gebhard einen melodramischen Vortrag, in dem er der alten Heimat gedachte und jeden aufforderte, bis zum Ende der Glocken ein stilles Gebet für die alte Heimat und die lebend oder tot Dortgebliebenen zu halten. Es war der besinnlichste und ergreifendste Höhepunkt der Feier. Nach Beendigung der offiziellen Feier wurde noch allerhand gespielt und gesungen, Vorträge ernster und heiterer Art gebracht, so dass Mitternacht und darüber wurde.

 

Seite 10   Ostpreußischer Altsitzer wird 90 Jahre

August Zimmerningkat in Holtensen, ein ostpreußischer Bauer von altem Schrot und Korn, feiert am 06.02.1953 seinen 90. Geburtstag. Im Oktober 1944 musste der bisherige Altsitzer in Glaubitz, Kreis Goldap, seine ostpreußische Heimat verlassen. Nach längerem Aufenthalt in verschiedenen Flüchtlingslagern kam er 1946 nach Holtensen, wo er mit seinem Sohne zusammen lebt. Er erfreut sich hier allgemeiner Beliebtheit.

 

Makowka macht von sich reden

Gerhard Makowka, gebürtiger Ostpreuße, heute wohnhaft in Kiel schlug zu Beginn dieses Jahres den Weltrekordmann Werner Lueg in einem 1000-Meter-Lauf. Die Presse ist bereits auf Matkowka aufmerksam geworden und gibt ihm auch auf der Aschenbahn eine „echte Chance". Sie verlangen daher Förderung des „Naturtalentes". Matkowka - als Buchhalter Mitglied des Kieler „Polizei-Sport-Vereins" gewann übrigens im vorigen Jahr die Zehnkampf-Meisterschaft der Junioren Schleswig-Holsteins. - Auch dieser Sieg sollte etwas zu denken geben.

 

Wir gratulieren:

Am 29. Januar 1953, vollendete Frau Anna Kunst aus Königsberg/Pr., Rhesastr. 12/13 in vorzüglicher körperlicher und geistiger Frische ihr 78. Lebensjahr. Sie wohnt jetzt in Seesen a. H., Langestr. 3, bei ihrem Sohn, Schlachterobermeister Reinhold Kussat.

 

Der Böttchermeister Karl Stephan aus Memel, Herderstr. 28, jetzt in Seesen a. Hera, Kl. Reihe 6 wohnhaft, konnte am 31. Januar 1953, bei vollkommener Gesundheit seinen 77. Geburtstag begehen.

 

Der Photograph Ernst Gebhardi aus Insterburg geb. 1873 in Trakehnen, jetzt in Seesen a. Harz, Poststraße 14 wohnhaft und noch voll berufstätig, wird am 14. Februar 1953, 80 Jahre alt.

 

Seite 10:   Suchanzeigen

Witwe Gertrud Koschinsky, geb. Manski, etwa 75 Jahre alt, sowie Frl. Elisabeth Koschinsky, geb. etwa 1895 - beide aus Tilsit, zuletzt gesehen bei Braunsberg. Suchender: M. Koschinsky, Borsum Nr. 147, über Hildesheim.

 

Gesucht wird: Frau Maria Saborowski, geb. Preuß. Geb. 09.01.1887, früher Königsberg/Pr., Arnoldstraße 3. Letzter Aufenthalt: Dezember 1944: Leunenburg, Post Prassen, Post Korschen (Ostpr.) bei Familie Gottfried Stritzel. Suchender: Ihr Sohn G. Saborowski, geb. 23.12.1912, wohnhaft 22a Düsseldorf, Josephinenstraße 8.

 

Wehrbezirkskommando Königsberg. Wer kennt heutige Anschr. dieser ehem. Dienststelle? Ch. Schmidt, Berlin-Friedenau, Südwestkorso 74/1 r. Westberlin.

 

Kaewel, Heinz, geb. 18.11.1913, 1934 - 1939 beim Reiterregiment in Insterburg, dann Beschlagmeister beim Armeepferdelazarett. Im Frühjahr 1944 zur Infanterie kommandiert. Einsatz Südabschnitt. Feldp.-Nr. 22 107. Nach Verwundung wieder im Einsatz. Seit Sommer 1944 fehlt jede Nachricht.

Kaewel, Leonhard, geb. 22 .07.1926, Wohnort Bilderweiten, Krs. Ebenrode. Im April 1944 zu einem Grenadier-Ers.-Batl. gezogen. Letzte Garnison: Marienburg. Im Januar 1946 nach Stablack im Auffanglager. Kam von da als Grenadier einer Maschinengewehr-Komp. Geschl. Batl. Letzte Nachricht am 17.01.1945 v. d. Abfahrt z. Einsatz. Nachr. erb. an: Otto Gerhardt, Warleberg (24b), Post Gettorf, Kreis Eckernförde.

 

Kurt Eggert, Amtsgerichtsr., Königsberg/Pr. Gefr., FP.-Nr. 07437E, gesucht von Vormschlag, Dilchhausen über Marburg.

 

Else Schwarz, geb. 24.10.1920 in Sulimmen b. Lötzen. Letzt. Wohnort: Gutenfeld, Kr. Samland. Nachricht erbeten an Gertrud Schwarz, Krempe/Holstein, Rathausstr. 14.

 

Charlotte Dunker, Angestellte d. Kreissparkasse Samland, Kbg./Pr., Steindamm 19, frühere Wohnung Krausallee. - Frau Lisa Eidt, geb. Rudeck, Insterburg, Luisenstr. - Notgemeinschaft, Charlottenstr. 16, Kbg. - Familien Hochfeld, Tiedermann, Jühnichen. - Frl. Frieda Hoffmann, Lehrerin in Insterburg, Mädchensch., Alter Markt. Nachr. erb. an Frau Frieda Krause, (14b) Simmersfeld (Wttbg.), Hauptstr. 73.

 

Post für Vertriebene? Wer kennt die Anschrift einer Zentrale, die Post aus der Zeit 1944 - 1947 sammelte. Gibt es Sammelbände früherer ostpreußischer Zeitungen: Nachr. erbeten an Heinz Erich Dienelt, Studienrat, Schwelm i. W., Moltkestraße 14.

 

Gustav Spirgatis, Reichsb.-Sekr. i. R., aus Rehhof, Kr. Stuhm, Westpreußen, geb. 26.11.1872. Gesehen Ende Marz 1946 in Danzig. Nachr. erb. an seine Tochter Martha Gaul, (21a) Lette (Westf.), Krs. Coesfeld, Kirchspiel 67.

 

Landesbauamt Allenstein. Wer weiß etwas von Oberbaurat Schäfer, Straßenmeister Wischnewski oder sonst einem Angehörigen? Auskunft an Franz Hermanowski, Höver 70 über Hannover.

 

Schneidereit, Grete, geb. 01.09.1922, Kbg./Pr., Ruth, geb. 29.01.1924, Kbg., Lisbeth, geb. 02.01.1926, Kbg., Kurt, geb. 08.02.1927, Kbg./Pr. Nachr. erb. an Frieda Bogumil, Offenburg (Baden), Straßburger Straße 21

 

Frau Klara Bartels, geb. Behrendt, zuletzt wohnh. Kbg./Pr.-Ponarth, gesucht von ihrer Tante Helene Horn, Nienburg (Weser), Ringstraße 80.

 

Lydia Riemann aus Gr.-Nuhr bei Wehlau, etwa 60 Jahre alt, zuletzt gesehen Januar 1945, Pillau, zusammen mit Frl. Auguste Darge. Nachricht erb. an J. Borowsky, (17a) Waldwimmersbach über Neckargemünd.

 

Max Steinmann, geb. 26.08.1892 in Kbg./Pr., wohnh. Büttelpl. 3, als Volkssturmmann gesehen am 02.04.1945, Palaestra, Befehlsstelle Kreisleiter Wagner. Nachr. erb. an Frau Charlotte Steinmann, (20b) Winnigstedt 39 über Börssum-Land

 

Horst Przyswitt, geb. 04.05.1807 in Drigelsdorf, Kreis Johannisburg (Ostpr.). Letzte Feldpostnummer  25521 B. Wurde zusammen mit den Kameraden Oberle und Steinfurt am 08.02.1945 in Rudolfshammer bei Zinten eingesetzt. Oberle stammt aus dem Schwarzwald, Steinfurt a. d. linksrhein. Gebiet. Nachr. erbeten an Lotte Przyswitt, (22c) Gummersbach, Hindenburgstraße 19,

 

Achtung! Heimkehrer! Wer war in Russland in einem Lager zusammen mit Friedrich Lach aus Königsb./Pr., Samitter Allee 20, Ang. d, Molkereigen. Kbg. Ausk. an Frau Berta Lach, Wirringen, Post Sehnde (Hannover).

 

Clara Laudien, Bibliothekarssekretärin a. D., aus Königsberg, Am Landgraben 26a. Zuletzt gesehen am 02.04.1945 in Königsberg. Nachr. erb. an Dr. A. Laudien, (22a) Düsseldorf-Oberkassel, Kirchweg 16. Unkosten werden gerne erstattet.

 

Wartenburger! Wer weiß etwas über Verbleib oder Ableben des Bauern Otto Heinrich, Wartenburg, Bahnhofstr. 28. Angeblich Januar 1946 auf der Flucht gesehen. Von wem? Wo? 2 Gutstädter sollen etwas vom Tode wissen. Nachricht gegen Portokostenerstattung an Hans Heinrich, (13b) München 56, Hochäckerstr. 10

 

Seite 10   Suchdienst der Heimatortskartei für Ostpreußen.

Wenn Ihnen über den Verbleib der Gesuchten etwas bekannt ist, geben Sie bitte direkt Nachricht an die Heimatortskartei für Ostpreußen – (24b) Neumünster, Postfach 178. Es werden gesucht:

541. Labiau,      Hültz, Hermann, geb. 05.12.1886, Schornsteinfeger, gesucht von Zedler, Anna

542. Labiau,      John, Anna, ca. 70 Jahre, gesucht von Trepke, Fritz

543. Labiau,      Juchnies, Helene, geb. Hennig, geb. 12.06.1888, gesucht von Puschke, Ernst

544. Labiau,      Kablau, Otto, geb. 23.03.1880, Kapitän a. D., gesucht von Zablau, Emma      

545. Labiau,      Kareit, Max, geb. 26.03.1890, Kaufmann, gesucht von Kareit, Oskar

546. Labiau,      Kelch, Ewald, geb. 18.10.1901, Schriftsetzer, ges. von Boßmann, Margarete

547. Labiau,      Kiefening, Johanna, geb. Janz, geb. 1900, ges. von Grunwald, Gustav

548. Labiau,      Klauschies, Maria, geb. 13.12.1906, ges. von Polligkeit, Eliese

549. Labiau,      Klein, Ewald, geb. 28.01.1905, Angestellter, ges. von Klein Elise

550. Labiau,      Klinger, Anna, geb. Tharun, geb. 04.03.1880, ges. von Wiese, Hans-Georg

551. Labiau,      Kloß, Karl, geb. 26.01.1889, Arbeiter, ges. von Kloß, Anna

552. Labiau,      Kohn, Amalie, geb. Will, geb. 02.06.1871, ges. von Andres, Anna

553. Labiau,      Koppetsch, Arthur, geb. 1900, ges. von Röhm, Helmut

554. Labiau,      Korsch, Erich, geb. 30.12.1927, Schiffer, ges. von Ehlers, Eva

555. Labiau,      Korsch, Gustav, geb. 08.08.1883, Schiffseigner, ges. von Ehlers, Eva

556. Labiau,      Korsch, Martha, geb. Raufeisen, geb. 25.12.1890, ges. von Ehlers, Eva

557. Labiau,      Kuhn, Mathilde, geb. Will, geb. 16.05.1878, ges. von Eisenblätter, Albert

558. Labiau,      Kulkies, Anna, geb. 06.11.1897, ges. von Eisenblätter, Albert

559. Labiau,      Kurlbaum, Wilhelmine, geb. Marks, geb. 06.09.1874, ges. von Kurlbaum, Friedrich

560. Labiau,      Kybelka, Johann, geb. 19.09.1890, Postschaffner, ges. von Kybelka, Else

561. Labiau,      Lange, Fritz, geb. 09.09.1906, ges. von Heinrich, Auguste

562. Labiau,      Lange, Hermann, geb. 28.12.1887, ges. von Rosentreter, Max

563. Lyck,        Amelong, Anna, geb. Bolz, geb. 02.01.1891, ges. von Kordaß, Waltraut

564. Lyck,        Amelong, Eduard, geb. 27.02.1881, Forstsekretär, ges. von Blosat, Emma

565. Lyck,        Bahlo, Friedrich, geb. 06.04.1895, Betriebsassistent, ges. von Haystätter, Maria

566. Lyck,        Bechloff, Lothar, geb. 29.07.1929, Hotelbesitzer, ges. von Bechloff, Valentin

567. Lyck,        Bedra, Kurt, geb. 21.03.1896, Friseur, ges. von Bedra, Hannelore

568. Lyck,        Blamrock, Helene, geb. 30.08.1897, ges. von Altenhoff, Elisabeth

569. Lyck,        Brzezenski, Erna, geb. Ley, geb. 03.02.1910, ges. von Melsa, Julie

570. Lyck,        Brzezenski, Renate, geb. 14.02.1936, ges. von Melsa, Julie

571. Lyck,        Dedat, Ernst, geb. 03.03.1884, Finanzamtm., ges. von Dedat, Rudolf

572. Lyck,        Dittbrenner, Hildegard, geb. Dzeik, geb. 13.02.1912, ges. von Ballnus, Berta

573. Lyck,        Drogies, Herbert, geb. 12.04.1886, Fuhrhalter, ges. von Brix, Paul

574. Lyck,        Dyck, Hermann, geb. 26.09.1890, Maurer und Zimmermann, ges. von Dyck, Lisbeth

575. Lyck,        Gosta, Ludwig, geb. 25.05.1889, Schuhmacher, ges. von Matern, Willi

576. Lyck,        Gosta, Elisabeth, geb. 06.03.1903, ges. von Matern, Willi

577. Lyck,        Grigo, (?), geb. 1910, Verkäuferin, ges. von Nährig, Gerhard

578. Lyck,        Grigo, Helene, geb. 11.07.1907, Kassiererin, ges. von Kammer, Hedwig

579. Lyck,        Horn, Lisa, geb. Lutkowski, geb. 19.02.1895, ges. von Sedell, Amalie

580. Lyck,        Jutka, Luise, geb. Woyzik, geb. 06.11.1879, ges. von Ciesla, Luise

581. Lyck,        Kaschluhn, Karl, geb. 04.05.1902, Landwirt, ges. von Kaschluhn, Minna

582. Lyck,        Konrad, Anna, geb. Sefzeg, geb. 27.12.1883, ges. von Konrad, August

583. Lyck,        Kowalewski, Maria, geb. 21.10.1882, Schneiderin, ges. von Nadolny, Charlotte

584. Lyck,        Kowalzik, Rudolf, geb. 29.12.1887, Zimmerpolier, ges. von Kowalzik, Franz

585. Lyck,        Koyro, Wilhelmine, geb. Warda, geb. 03.01.1864, ges. von Troschke, Emilie

586. Lyck,        Köpsel, August, geb. 18.08.1866, Landwirt, ges. von Hoeft, Auguste

587. Lyck,        Krüger, Anna, geb. Jopp, geb. 29.09.1899, ges. von Laskowski, Gertrud

588. Lyck,        Laskowski, Gisela, geb. 24.02.1923, ges. von Laskowski, Gertrud

589. Lyck,        Laskowski, Artwin, geb. 30.09.1928, ges. von Laskowski, Gertrud

590. Lyck,        Löwedanz, Doris, geb. 30.12.1933, ges. von Löwedanz, Willi

 

 

Seite 12   Ein neues Buch. „Gottes Lautenspiel“

Fritz Kudnig: „Gottes Lautenspiel“. Verlag Mona Lisa, Stuttgart 1952

Fritz Kudnig war schon immer einer von den Stillen, ein Träumender und doch zugleich Sehender. Vor über 20 Jahren las er einmal aus seinen Gedichten in Elbing vor Schulkindern und diese stille Stunde wurde zugleich zu einer besinnlichen Feierstunde und die Herzen der unverbildeten und unverdorbenen jungen Menschen erschlossen sich. - Über zwanzig Jahre sind verstrichen - Kundig ist noch innerlicher geworden, stets bestrebt, zu dichten - aber nicht Verse zu schmieden, die lediglich klingen. Wenn er auch sichtlich auch an der Form feilt, um einem tiefen Gedanken auch die geschliffene und strahlende Fassung zu geben. So wählt sich Kudnig ein Wort von Angelus Silesius, das sein Streben kennzeichnet:

„Ein Herze

das zu Grund Gott still ist,

wie er will,

wird gern von ihm berührt:

Es ist sein Lautenspiel."

Der eingeschlagene Weg ist beschwerlich und mühsam, aber er ist nicht ausgetreten und führt abseits der begangenen Straßen zum angestrebten Ziel. Nachstehend bringen wir eine kleine Probe aus dem neuesten Werk des Dichters:

Nichts und Alles

„Du, der du in den Sternen bist,

Und auch in jedem Ding auf Erden,

Urdunkles Nichts, das Alles ist:

Vergangenheit und neues Werden -;

Urgeist, den niemand je geschaut.

Obwohl er rings das All erbaute;

Lichtkrait, die in den Himmeln blaut,

Erdkrait, vor der den Frömmlern graute . . . Du Nichts, das reichste Fülle ist,

Du tiefste Nacht, du Licht der Lichte,

Auch wo das Dunkelste du bist.

Seh ich, wohin den Blick ich richte,

Das Spiegelbild von deinem Angesichte."

 

Insterburger Schatzkästlein

Bücher der Zentralstelle der „heimattreuen Insterburger", Oldenburg/O., Kanalstraße 6 a.

Eigentlich hätte es des liebenswürdigen Hinweises in dem Büchlein „Zu Hause" nicht bedurft, dass die „Erinnerungen der Frau Käthe Andree" in der „Ostpreußenwarte zum Abdruck kamen", um unsere begeisterte Zustimmung zu der Schriftenreihe der Zentralstelle zu finden.

Vielmehr entspringt diese Anerkennung der Freude darüber, dass hier von dem Herausgeber Horst Kühnast stille, aber besonders wertvolle Arbeit geleistet wurde. So sollten Heimatschriften aussehen - mit sichtlicher und spürbarer Liebe gestaltet, glücklich in Format und Umfang, graphisch gut gelöst mit wunderschönen Vignetten und Zwischenzeilen! Wir blättern zuerst im „Insterburger Schatzkästlein", das sich bei genauer Durchsicht tatsächlich als literarisches Kleinod erweist. Wunderschön die Federzeichnungen und Heimatbilder, vielseitig und abwechslungsreich der Inhalt, u. a. mit einem geschickten Auszug aus Ernst Wicherts „Der Große Kurfürst in Preußen" und diese kleine Kostbarkeit lieferbar zu einem erschwinglichen Preis (2,85 DM). Die kleine Schrift „Zu Hause" - „Aus dem Leben und Wirken unserer Heimatdichterin Frieda Jung", ist nicht minder behutsam zusammengestellt. Der Inhalt wird treffend gekennzeichnet durch die Verszeilen des Gedichtes „Heimweh":

„Geh spielen, Kind, und frage nicht, was Heimweh ist.

Fort sprang das Kind, ich aber hab' ins Kissen Vergraben mein verhärmtes Angesicht Und laut vor Heimweh schluchzen müssen . . ." (Preis des Bändchens 2,-- DM.)

Bleibt endlich noch zu verweisen auf den kleinen Bildband „Insterburg, so wie es war". Auch hier gilt ein Satz des Vorwortes: „Heimatstadt Insterburg -! Die Liebe zu Dir wurde in unsere Herzen eingeschrieben . . ." Dass dies nicht ein leeres Lippenbekenntnis ist, spüren wir auch hier bei der Gestaltung. Fassen wir nochmals zusammen: Bändchen dieser Art sollten weitgehende Verbreitung und vor allem möglichst Nachahmung finden!  

 

Dorothea Hollatz: „Wer unter euch ist ohne Sünde", ein Frauenroman. 1.-20. Tausd., 298 Seiten, Ganzlein.. 8,-- DM. C. Bertelsmann Verlag, Gütersloh. Der im Bertelsmann Verlag erschienene Roman von Dorothea Hollatz „Wer unter euch ist ohne Sünde" zeichnet in eindringlicher Offenheit die sich auch nach dem letzten Weltenbrand unzählige Male wiederholenden Nachkriegsschicksale deutscher Frauen auf. Die Verfasserin führt uns in das kleine Gebirgsdorf St. Vaith. Mit warmen Herzen verfolgen wir in einer Art „Jahreschronik" die oft harten seelischen Kämpfe all der Frauen, die in banger Sorge auf ihre Männer warten, oder ihren als Krüppel Zurückgekehrten täglich neuen Mut für das weitere Leben geben müssen, oder aber gar selbst schuldig wurden.

So verschieden die Charaktere sind, so verschiedenartig gestalten sich auch die Schicksalswege der Dörfler. Es ist das Wort des Gottes Sohnes: „Wer unter euch ist ohne Sünde, der werfe den ersten Stein auf sie", das Trost spendet und das der fragenden Clara Schwaighofer, die schuldhaft strauchelte und nun um das Glück ihrer Ehe bangt, zur verstehenden und verzeihenden Antwort wird. Dieses ernste und ehrliche Bemühen um den Menschen macht diesen Frauenroman besonders wertvoll. Wer ihn aufmerksam und nachdenklich liest, wird nicht nur ??? Verständnis für vieles Herzeleid um uns herum gewinnen, sondern auch zum Helfen aus mitbürgerlicher Pflicht wachgerüttelt werden.

 

Albertina-Jahrbuch erschienen.

„Arbeit im Sinne Kants“/“Göttinger Arbeitskreis“ gewinnt an Bedeutung

Soeben erschien der dritte Band des Jahrbuches der Albertusuniversität im Holznerverlag Kitzingen/Main. Er lenkt wieder einmal das Augenmerk auf die stille und wertvolle Arbeit des „Göttinger Arbeitskreises" Diese 63. Veröffentlichung enthält einen Rechenschaftsbericht aus der Feder des Frhrn. von Braun, der zugleich die Klammer für die so verschiedenartigen Beiträge des Bandes darstellt. Ein Journalist wäre versucht, einige der vielen positiven Zuschriften ausländischer Universitäten zu zitieren, der Wissenschaftler, eine Würdigung der einzelnen Beiträge zu schreiben.  Wir lesen in Band III:

Carl Stange: „Zur 4. Ekloge Virgils".

Hans Mortensen: „Kants väterliche Ahnen und ihre Umwelt".

Ulrich Scheuner: „Deutsche Staatstradition und deutscher Osten".

Karl Wilhelm Bink: „Ostpreußisches Niederdeutsch".

Helmut Motekat: „Am Himmel wie auf Erden", Roman von Werner Bergengruen, Versuch einer Interpretation.

Siegfried Korth: „Die Entstehung und Entwicklung des ostdeutschen Großgrundbesitzes".

Freiherr von Engelhardt: „Dorpat und die Entwicklung der Medizin in Deutschland."

Günter Braunschweig: „Untergangstage in Königsberg".

Freiherr von Braun: „Der Göttinger Arbeitskreis", Tätigkeitsbericht 1952

und endlich die fast 100 seitige „Ostdeutsche Bibliographie".

Wie man sieht, der Themen viele und jedes einzelne wert, besonders behandelt zu werden. Gerade das ist aber die Absicht der Herausgeber. Daher sei aus dem Arbeitsbericht jener Abschnitt herausgegriffen, der die grundsätzlichen Ausführungen des Prof. Dr. Götz von Seile, der auch der Redaktor des Jahrbuches ist, auf der Tagung des Beirates bringt, worin Aufgabenkreis und Tätigkeit wie folgt umrissen werden:

„Für Kant ist das Wissen und die Wissenschaft nicht das Letzte gewesen. Er begriff seine gesamte Lebensarbeit selbst als Vorarbeit zu dem, was ihn eigentlich beschäftigt hat. fast bis zu seinem letzten Atemzug. Das Höchste ist für ihn das, was er die praktische Vernunft nennt. Das praktische Verhalten des Menschen allein ist entscheidend. Hier liegen seine eigentlichen Grenzen der Welt und Gott gegenüber. Das ist aber auch der letzte Sinn der Königsberger Universität gewesen; es haftet ihr daher stärker als anderen Universitäten ein universeller Zug an …

Die Form der Arbeit ist niemals maßgebend, sondern der Sinn. Dies alles ist nun für den Arbeitskreis keineswegs beschränkt auf das Heimatland der Universität und des Weisen, denen beiden er sich verpflichtet fühlt. Er will vielmehr noch in einem anderen Sinne, als dem bereits genannten und in dem Charakter der Königsberger Universität begründeten. Über die engeren Grenzen hinaus wirken. Ja, er muss dies tun. Denn dieser Kantsche Geist hat seinen Einfluss bis in die äußersten Winkel des deutschen Ostens ausgeübt, und zwar in demselben Sinne, in dem er gedacht war. Die Namen Adalbert Stifter und Franz Grillparzer mögen hier nur als Stellvertreter für das genannt sein, was gemeint ist."

Selbstverständlich erschöpft sich die aufgezeigte Arbeit nicht m der Herausgabe derartiger Handbücher. Und diesmal sei erlaubt, einige Zahlen und Tatsachen zu bringen: Das Handbuch „Ostdeutschland" (Auflage 7500) „vergriffen" . . . der Bestand an Auslandsanschriften erhöht sich laufend. - Erhöhung des Auslandsbücherversandes, Erweiterung der Archivbestände um mehr als 3000 Ausschnitte und Belege - starkes Anwachsen der Handbücherei, Bearbeitung von osteuropäischen Zeitungen und Zeitschriften, sowie von 17 Zeitungen und Zeitschriften der Emigranten, Herausgabe eines eigenen, beachtlichen Presse- und eines Materndienstes, Ausbau der „Expellee Press Service/EPS". Diese nüchternen Zahlen erhalten ein ganz besonderes Gewicht durch den Umstand, dass es sich ja nicht um „Tagesschrifttum" handelt, sondern um Veröffentlichungen, die wissenschaftlich fundiert sind.

 

„Ostpreußische Gutshäuser" erscheint vor Ostern!

Wir können unseren Lesern nunmehr mitteilen, dass das außergewöhnlich wichtige Werk „Ostpreußische Gutshäuser" von Carl von Lorck in etwa acht Wochen - auf jeden Fall jedoch noch vor Ostern - im Holzner Verlag, Kitzingen/Main, erscheinen wird. Der Verkaufspreis wird 12,50 DM für dieses von allen Ostpreußen mit großem Interesse erwartete Werk betragen. Subskription 10,50 DM. Die Herausgabe und Herstellung eines solchen Bilderwerks ist nach dem Verlust so vieler Unterlagen begreiflicherweise großen Schwierigkeiten unterworfen. Umso mehr ist dem Holzner-Verlag Dank zu sagen für das Zustandekommen dieses Werkes, das zweifellos in der ostpreußischen und ostdeutschen Literatur einen sehr wichtigen Platz einnehmen wird.

 

Foto: Sinfonie in Form und Farbe

Vasen, Schalen, Aschbecher in Cadiner Majolika sind in Farbe und Form völlig eigenwillig und von der handelsüblichen „Ware" leicht zu unterscheiden. Und doch wird es sogar manchen Ostpreußen geben, der heute achtlos an derartigen Stücken vorbeigeht, weil er nicht auf den Gedanken kommt, dass im „Westen“ alte Cadiner Tradition weitergepflegt werden könnte.

In Nienburg an der Weser steht die Keramikfabrik Walter Krüger. Alle ihre Erzeugnisse tragen das Ordenszeichen. Immer größer wird die Nachfrage gerade nach dieser „Cadiner“ Keramik.

Wir zeigen heute Im Bilde eine kleine Auswahl, wie sie bei der letzten Ausstellung in Bielefeld zu sehen war. Denen aber, die Cadinen einst vom Augenschein her kannten, bedeutet diese Art Keramik mehr. Sie erinnern sich der herrlichen Fußwanderungen durch die „Heiligen Hallen“, der Gartenanlagen in Cadinen selbst, mit ihren wunderschönen Baumgruppen und mit ihrer Blumenpracht, mit Rosenduft und Vogelsang …

 

Kommentar zum Lastenausgleich

Dr. Wilhelm Conrad: „Gesetz über den Lastenausgleich mit Erläuterungen", 1952 Verlag Otto Schwartz & Co.. Göttingen, 568 Seiten. 19.-- DM.

Der in der Reihe A der „Schwartz'schen Kommentare" neu herausgegebene Band über das Lastenausgleichsgesetz gibt in einer klaren und übersichtlichen Form Aufschluss über Zusammenhang, Ursachen und Folgerungen, die sich aus der Lastenausgleichsgesetzgebung ergeben. Die Autoren, Dr. Wilhelm Conrad. Vizepräsident des Bundesausgleichsamts, sowie Regierungsdirektor und Justitiar H. Oswald mit ihrer mehr als dreijährigen Praxis auf dem Gebiet des Soforthilferechts bieten die Gewähr dafür, dass das Werk allen an der Materie Beteiligten und Interessierten eine Hilfe in die Hand gibt, die es ihnen erst erlauben wird, die komplizierte Gesetzgebung zu handhaben und zu verstehen.

Der Kommentar bringt zu der Abgabeseite des Gesetzes leicht verständliche Vorbemerkungen zu den einzelnen Abschnitten und zu der Leistungsseite neben eingehenden Vorbemerkungen eine bis ins Einzelne gehende Kommentierung der Paragraphen. Die Zitierung wichtiger Entscheidungen des Spruchsenats für Soforthilfe, sowie Hinweise auf die einschlägigen Rechtsverordnungen und Weisungen des Bundesausgleichsamts neben den sonstigen Erläuterungen klären Zweifelsfragen und zeigen Lücken des Gesetzes auf, die im Wege der Auslegung geschlossen werden konnten.

Mehrere Tabellen über die Höhe der einzelnen Leistungen, insbesondere der Kriegsschadenrente unter Berücksichtigung der anzurechnenden Einkünfte und graphische Darstellungen über die Verfahren zeigen dem einzelnen Geschädigten, auf welche Leistungen er einen Rechtsanspruch hat, was er an Beträgen zu erwarten hat und welche Rechtsmittel er im Falle einer Ablehnung seines Antrags einlegen kann. Außer dem Lastenausgleichsgesetz werden das Feststellungsgesetz und das Währungsausgleichsgesetz in vollem Wortlaut wiedergegeben und erläuternd behandelt. Die bisher erschienenen Rechtsverordnungen und Erlasse einschließlich der Bundesrichtlinien 1952 für den Wohnungsbau und die Weisungen des Bundesausgleichsamts über Aufbaudarlehen für die gewerbliche Wirtschaft und die freien Berufe, für die Landwirtschaft, für den Wohnungsbau, über Arbeitsplatzdarlehen, über die Gewährung der 1. Rate der Hausrathilfe mit Punkttabelle und über Ausbildungshilfe beschließen das umfangreiche Werk.

Alles in allem handelt es sich bei dem vorliegenden Buch um den Kommentar der Praxis, dessen besondere Bedeutung darin liegt, dass es die Auffassung des Bundesausgleichsamts als der für die Auslegung und Durchführung des Gesetzes zuständigen Bundesoberbehörde wiedergibt.

 

Hubert Koch: „Der Väter Land"

Verlag Rautenberg und Möckel/Leer, Ostfriesland 1953 (Kartoniert 6,80 DM. Ganzleinen 9,30 DM)

Ein schlichter, einfacher Umschlag, darauf der Umriss der Marienburg - grau - im Schimmer der aufgehenden Morgensonne - ein Titelbild, das in seiner einfachen Gestaltung trotz der sparsamen Mittel der Schrift und des Fotos zusammen mit dem angenehmen Format des Büchleins sofort über den Inhalt aussagt und für den Inhalt gewinnt. Hubert Koch ging mit viel Liebe und vor allem mit künstlerischem Blick und viel Geschick an seine Aufgabe heran. Eine kleine Heimatkarte zur Einführung, ganze 5 Seiten Text, stilistisch wohl gefeilt und inhaltsschwer und dann ausgesucht gute Bilder, z. B. Schloss und Dom gegenübergestellt, danach Innenaufnahmen von der Schlosskirche in ihrer klaren Linienführung mit den zahllosen Wappen an den Wänden, Inbegriff lebendiger Tradition … Kanonen der ersten Kolonie in Afrika, wie später in Pillau fast behäbig auf Holzlafetten wuchteten - dann wieder ein Elchkopf, so lebendig, dass man den Elch glaubt schnauben zu hören - oder wieder eine lichtfrohe Aufnahme von den Dünen, ausgezeichnet erfasst, so dass wir glauben, den Sand leise harfen zu hören … Schade, dass die heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse die Herausgabe billiger Volksbücher nahezu unmöglich machen - sobald nur ein Mindestmaß formschöner Gestaltung eingehalten wird. Wir wünschten diesem Band eine Riesenauflage.

 

Wilhelm von Scholz: Der Weg nach Ilok,

509 Seiten, Ganzleinen 14,80 DM. Bertelsmann Verlag Gütersloh.

1930 erlebte das Buch seine Erstauflage - war rasch vergriffen. Eine Neuauflage war in den darauf folgenden Jahren nicht mehr möglich, da das Werk nicht mehr „zeitgemäß" erschienen wäre, obwohl es - ein Paradoxum „aktuell im höchsten Maße" war … Wilhelm von Scholz schildert den Lebensweg des gerurchteten Großinquisitors Capistran der als religiöser Fanatiker in Breslau Juden zum Scheiterhaufen führen lässt, im Verlaufe seiner weiteren Entwicklung aber sich läutert, immer größere Taten vollbringend, endlich als „Befreier Belgrads" höchsten Ruhm und Verehrung genießen konnte, aber still, in einsamer Zelle des Klosters Ilok sein Leben beschließt. Fine durch Wunderglauben, Ketzerfurcht und Türkengefahr aufgewühlte Zeit gibt dem historischen Gemälde die ernsten Farben - die Sprache ist schlicht und zwingend -die Freude am Nachempfinden Dantescher Visionen, ganz im Stile der „Göttlichen Komödie" unverkennbar.  

 

Vom Verband heimatvertriebener Kulturschaffender

Der„ Einsendetermin für die „Anthologie junger ostdeutscher Dichtung" wurde auf vielfachen Wunsch bis zum 28. Februar 1953 verlängert.

Einsendungen sind erbeten an die Fachgruppe „Schrifttum“ der Künstlergilde, Eßlingen/Neck., Augustinerstraße 22. Bedingungen: Höchstalter 40 Jahre, Herkunft aus den deutschen Gebieten des Ostens und Südostens. Die Dichtungen (Lyrik, Kurzprosa, Dramenszenen, gepflegtes Feuilleton) können veröffentlicht oder unveröffentlicht sein, möglichst in dreifacher Ausfertigung. Ein kurzer Lebenslauf und Werkbericht (dreifach) ist beizufügen. Die Auswahl erfolgt durch ein Gremium namhafter ostdeutscher Schriftsteller. Der Sammelband soll noch im Jahre 1953 erscheinen.

 

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