Ostpreußen-Warte, Folge 01 vom Januar 1951

Seite 1   Foto: Die königliche Salbung in der Schlosskirche zu Königsberg. Nach einem alten Kupferstich.

 

Seite 1   Zum 18. Januar. Die große Mission Preußens. Von Prof. Götz von Selle, Göttingen

 Preußen ist unter dem Schutt des zweiten Weltkrieges begraben. Es soll nicht untersucht werden, wer alles sich in der Rolle des Totengräbers gefiel. Feinde und Freunde Deutschlands - das ist gewiss - werden sich in diesem Ruhm einmal zu teilen haben. Freunde und Feinde Deutschlands haben dieses Preußen gehasst. Preußen ist dahin. Gewiss

 Aber niemand kann es verwehren, dass die Erinnerung an Preußen wach gehalten wird. Preußen braucht sich vor der Geschichte nicht zu schämen. Sollte sein Schild beschmutzt worden sein - und viele glauben ja heute, dass dies der Fall ist - so trifft Preußen selbst die geringste Schuld. Auch das Preußentum ist zum Stoff der Legende geworden. Seine Wehrlosigkeit hat diesem Vorgang Vorschub geleistet. Geschichtliche Besinnung ist berufen, den tatsächlichen Verhältnissen ihre Rechtmäßigkeit einzuräumen, eine Besinnung, die vielleicht angetan sein kann, weit über unsere Tage hinauszuwirken, wo ein amerikanischer Diplomat Königsberg in der Gestalt von Kaliningrad im Besitz Russlands wähnt, wo ein französischer Staatsmann erklärt, sein Land dächte gar nicht daran, auch nur ein Geringes für die „Befreiung" von Königsberg zu tun.

 Man soll auch Friedrich den Großen nicht tadeln, wenn er meinte, die Tat seines Großvaters, sich am 18. Januar 1701 - also vor 250 Jahren - die Königskrone aufs Haupt zu setzen sei ein barocker Firlefanz gewesen, nur Eitelkeit hätte seinen Vorfahren bewogen dazu der Wille es den europäischen Herrschern gleichzutun, letztlich in Nachfolge des so bewunderten Sonnenkönigs jenseits des Rheins. Der große Preußenkönig übersah die Dinge vielleicht eben so wenig, wie seine heutigen ungekrönten Fachkollegen, vielleicht sogar alle aus ähnlichen Gründen des Gefühls. Friedrich II. war kein Freund der Preußen, die dort oben hinter der Weichsel wohnten. Und doch war da in Königsberg an jenem 18. Januar 1701 etwas Besonderes geschehen. Wie wäre es denn anders möglich gewesen, dass ein Mann wie der große Philosoph Leibniz dieses Ereignis der Königskrönung in der Königsberger Schlosskirche als einen geschichtlichen Vorgang von besonderem Rang bezeichnete. Leibniz konnte unmöglich in diesem Königtum nur eine simple Standeserhöhung eines ehrgeizigen deutschen Fürsten sehen.  

Gewiss, wenn diese Absicht des Brandenburger-Preußischen Kurfürsten bestand, sein Kurfürstentum in ein Königrum zu verwandeln, so konnte er dieses nur in seinem eigentlichen preußischen Land vollziehen, denn dieses Land war souverän, reichsunmittelbar, an keine staatsrechtlichen Abmachungen oder Verträge hinsichtlich des verfassungsmäßigen Zustands des Territoriums gebunden. Es hat daher auch nichts ausgemacht, dass der Vatikan dem neuen preußischen Königtum seine Anerkennung verweigerte und erst etwa 80 Jahre später den bestehenden Zustand stillschweigend anerkannte. Er war aber von großer europäischer Bedeutung, dass der Brandenburger Kurfürst sein Königtum zwar nicht vom deutschen Kaiser entgegennahm, aber doch keineswegs gewillt war. auf die kaiserliche Anerkennung zu verzichten, die denn auch gewährt wurde. Preußen ist durch diesen Akt in das große ostdeutsche Svstem gegen eine eventuelle Bedrohung von Osten her in voller Bewusstheit des europäischen Staatensystems eingetreten.

 

Was Herzog Albrecht In Preußen 1525 begründete, in dem er das alte Ordensland in, eine weltliches Herzogtum umwandelte, das wurde 1701 durch König Friedrich I. auf eine neue erhöhte weithin sichtbare Stufe gehoben. Preußen trat immer mehr in die Rolle ein, Türmer des Reiches, ja Europas im Nordosten zu sein wie es Wien im Südosten war. Dieses Preußen zog die übrigen hohenzollernschen Lande nach sich in seine Bedeutung hinein. Wie Preußen von Brandenburg gestützt wurde so gab ihm Preußen erst seine deutsche Rolle. Sicherlich brauchte dieser Vorgang seine Zeit, aber er entwickelte sich mit geschichtlicher Notwendigkeit. Wenn Preußen stark war, konnte Deutschland leben. Freund und Feind haben diese Wahrheit zur Genüge unter Beweis stellen können, zu allen Zeiten. Es war schon richtig, dass der Göttinger Physiker Lichtenberg an Kant schrieb: „Sendet nur mehr Patrioten und Philosophen dort oben nach Preußen, dann wird Asien nicht über die Grenzen von Kurland vorrücken. Das Land, das uns das bedeutendste politische System gab, wird dies auch im geistigen leisten."  

So war es ja in der Tat gekommen. Wie der Hohenzollernstaat auch namensmäßig sich im Osten Deutschlands fest verankerte, so kam von dort auch die große Philosophie, die dem Menschen seine eigentliche Stellung anzuweisen berufen war. Sie konnte nur dort oben erdacht werden, wo die großen Menschlichkeitsprobleme wie auf einem gewaltigen unterirdischen Strome einander begegnen und zu einem Ausgleich kommen. Zu einem Ausgleich, der bereits vorbildlich erschien. Nach dem Willen Friedrichs, des ersten Königs in Preußen ist zum Zeitpunkt der Krönung der Orden vom schwarzen Adler gestiftet, bis zum Ende der Monarchie die höchste Auszeichnung, die der preußische Staat zu vergeben hatte. Die Devise, die dieser Orden trug, lautete suum cuique, jedem das Seine. Vielleicht knüpfte der Stifter bewusst an das Paulus-Wort, Röm. 13. Vers 7, aber sicherlich bewusst hat der König sich in der Bestimmung dieser Devise von der großen geistigen Bewegung tragen lassen, welche die besten Geister jener Zeit in sich vereinigte, vom Pietismus, dem auch Kant verpflichtet war. Der Tragweite dieser Worte ist sich Friedrich I. vielleicht nicht bewusst gewesen, aber die Grundlage, auf der dieses neue Königtum beruhen sollte, hat er klar bezeichnet. Schon unter seinem Nachfolger. Friedrich Wilhelm I. trat die Grundidee dieser Monarchie deutlich zu Tage.

Aus dem praktischen Grundzug des pietistischen Frömmigkeitsideals ist diese preußische Monarchie entwickelt worden, deren Gehalt ein soziales Königtum war. Dies begründet zu haben, ist der eigentliche Sinn des 18. Januars 1701.

 

 

Seite 1   Gebt Dönitz frei!

 In der vom Institut für Völkerrecht an der Universität Göttingen herausgegebenen Schriftenreihe: „Göttinger Beiträge für Gegenwartsfragen" ist ein Bericht des letzten persönlichen Adjutanten des Großadmirals Dönitz, Walter Lüdde-Neurath, erschienen, der die Ereignisse im Frühjahr 1945 eingehend schildert. Für die Heimatvertriebenen ist dabei vor allem die Schilderung der Bemühungen des Großadmirals und Regierungschefs um die Rettung von Zehn- und Hunderttausenden von Ostdeutschen von größter Bedeutung. Es geht aus dem Bericht hervort dass das hauptsächliche Bemühen der Regierung Dönitz darauf gerichtet war, eine möglichst große Anzahl von Menschen aus dem abgeschnittenen Ostpreußen über See nach dem Westen zu holen und zum anderen möglichst viele Trecks durch die Linien der Westalliierten hindurch in Sicherheit zu bringen. Vor allem aus diesem Grunde wurden die Kampfhandlungen weitergeführt.

 

Damit hat der frühere Großadmiral sich unermessliche Verdienste um die Heimatvertriebenen erworben, die bei diesen unvergessen bleiben werden. Er hat an seiner Stelle nach Kräften dazu beigetragen, die Folgen der bereits damals einsetzenden Massenaustreibungen abzumildern und das unvorstellbare Elend und Grauen einzuschränken. Für diese Handlungsweise gebührt ihm die höchste Anerkennung.

 

Wir fordern daher hiermit die Sprecher der Ostdeutschen Landsmannschaften und die Vorsitzenden der übrigen Vertriebenenorganisationen auf, sich sofort in einer gemeinsamen Resolution der von anderer Seite bereits erhobenen Forderung auf Freigabe des früheren Großadmirals anzuschließen und diese Forderung immer und immer wieder zu erheben, bis ihr Gehör gegeben wird.

 

Wir fordern des weiteren, dass auf sämtlichen Zusammenkünften der Vertriebenen dieser Handlungsweise des Oberkommandierenden der ehemaligen Kriegsmarine gedacht wird und damit zugleich der Dank der über See geretteten Ostdeutschen an die Männer der ehemaligen Kriegs- und Handelsmarine zum Ausdruck gebracht wird, die damals die Evakuierung durchführten. Die Ostpreußische Landsmannschaft wird dabei an erster Stelle stehen. Die übrigen Landsmannschaften sollten, so möchten wir hiermit vorschlagen, den Verfasser der Schrift auffordern, dass er auf ihren Versammlungen über dieses große in letzter Stunde versuchte und teilweise durchgeführte große Rettungswerk zu Lande und zu Wasser berichtet.

 

Wir fordern schließlich, dass von den Heimatvertriebenen eine Dokumentation über dieses Rettungswerk durchgeführt wird, die als Weißbuch veröffentlicht und der ein Memorandum beigefügt wird, das wiederum mit Nachdruck die sofortige Freilassung von Dönitz und all derer verlangt, die ihm bei diesem seinen Bemühen zur Seite standen. Darüber hinaus ist die ganze deutsche Bevölkerung über alle diese Dinge durch Presse und Rundfunk zu unterrichten, so dass sich alle vereinen in der Forderung:

Gebt Dönitz frei!

 

 

Seite 2   Aus der Heimat.

Von den Ostpreußen in Kasakstan

 Wie Heimkehrer aus der Sowjetunion, die trotz der Verurteilung zu 25 Jahren Zwangsarbeit freigelassen worden waren und nunmehr zurückkehrten, berichteten, befinden sich in dem neuen sowjetischen Kohlenzentrum Karaganda mehrere tausend Ostpreußen. Die Stadt Karaganda, in der im Sommer glühende Hitze, im Winter bis zu 50 Grad Kälte herrscht, umfasst jetzt rund 500 000 Einwohner. Die Ostpreußen, die teilweise von Trecks, teilweise nach der Besetzung ihrer Heimat aufgegriffen und nach Karaganda gebracht worden waren, sind gesuchte Arbeiter und arbeiten in Karaganda nicht als Gefangene, sondern zu denselben Lohnbedingungen wie die russischen Arbeiter. Sie dürfen die Stadt und deren Umgebung nur nicht verlassen. Die Männer sind als Handwerker - Klempner, Schuster, Uhrmacher, usw. tätig, die Frauen in der Gärtnerei, die im Sommer mit großen Bewässerungsanlagen unterhalten wird. Die Ostpreußen Karagandas haben einen ungebrochenen Lebensmut und versuchen nach Kräften, den deutschen verurteilten Kriegsgefangenen zu helfen.

 

Memel Holzumschlageplatz für die UdSSR.

Wie die „Baltic Review" berichtet, ist im Rahmen des sowjetischen „Nutzholz-Plans" für 1950/51 der Hafen von Memel zum hauptsächlichen Holzumschlagplatz geworden. Die Einschläge erfolgen vor allem im südwestlichen Teil Litauens und in Weißrussland. Das Holz wird nach Memel geflößt und von dort über See nach Leningrad und nach anderen sowjetischen Ostseehäfen gebracht.

 

Tartaren in Königsberg

1945 wurden 80 000 Ukrainer nach Königsberg gebracht, die das zerstörte Stadtgebiet neu herrichten sollten. Da sie aber mit der Kanalisation, dem Elektrizitätswerk und auch mit der Organisation der Straßenreinigung nicht fertig wurden, zogen sie aus Furcht vor Strafe wieder ab. Niemand weiß wohin. Neuerdings hat man etwa 10 000 Tataren nach Königsberg „verpflanzt". Die Tartaren sollen nunmehr die Stadt Immanuel Kants wieder zu neuem Leben erwecken.

 

In Südostpreußen fehlen Menschen

Nach den eigenen Angaben der polnischen Regierung fehlen in Südostpreußen, der sogenannten „Wojewodschaft Allenstein" noch immer mindestens 350 000 Menschen, denn die Gesamtbevölkerung übersteigt heute erst knapp eine halbe Million. In der Landwirtschaft sind bisher nur 99 000 Familien beschäftigt. In dem polnisch verwalteten Ostpreußen sind von 1 916 000 ha Kulturboden nur 1 257 000 ha unter den Pflug genommen. Ein weiterer Rückgang der Ackerfläche ist jedoch infolge zunehmender Verwaldung zu erwarten. Die berühmte Pferdezucht wurde in Südostpreußen völlig vernichtet, ein wunderlicher Mischlingsbestand an Pferden ist das traurige Kriegserbe.

 

„Ein tüchtiger Masure"

Der „Illustrowany Kurier Kolski" berichtet hocherfreut, dass ein Kleinbauer aus dem Kreise Allenstein Früh- und Spätkartoffeln angebaut und damit zweimal geerntet habe. Der „tüchtige Masure" wird sich wahrscheinlich noch daran erinnern, dass dies, wie im übrigen Europa, auf den Feldern seiner ostpreußischen Nachbarn in jedem Jahr der Fall war.

 

Ostpreuße als Bürgermeister

Der Bauer Bernhard Kriegs aus Ostpreußen wurde wieder einstimmig zum Bürgermeister der Gemeinde Bramel im Landkreis Wesermünde gewählt.

 

 

Seite 2   Koch schreibt „Memoiren“

 Nach einer Mitteilung des Kampfbundes gegen Unmenschlichkeit befindet sich der ehemalige Gauleiter von Ostpreußen, Erich Koch, zusammen mit 80 anderen deutschen Häftlingen und 15 zum Tode Verurteilten im polnischen Untersuchungsgefängnis Mokotow. Koch schreibt dort seine „Memoiren".

 

 

Seite 3   Von Tannenberg nach Marburg. Die Irrfahrt des toten Hindenburg

Foto: Hindenburggruft im Tannenberg-Denkmal

Foto: Wächter vor der Feldherrngruft in Tannenberg. Aufn. H. Koch

Foto: Die Ruhestätte Hindenburgs und seiner Frau in der Elisabethkirche zu Marburg

 Wohl kaum ein Feldherr des ersten Weltkrieges war so sehr mit Ostpreußen verbunden, wie Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg. Ihm verdankte unsere Heimat die Befreiung von der russischen Invasion. In der Schlacht bei Tannenberg fügte er den russischen Eindringlingen eine vernichtende Niederlage zu. Auf geheiligtem Boden des Schlachtfeldes von Tannenberg wurde das Tannenberg-Denkmal errichtet und später zu einem Reichsehrenmal erweitert.  

Das Können Hindenburgs als Politiker ist stark umstritten. Das soll hier aber nicht zur Debatte stehen. Für uns als Ostpreußen war und bleibt Hindenburg der Feldherr, der von unserer Heimat großes Leid abwandte.  

Als Hindenburg am 2. August 1934 auf seinem Familiensitz Neudeck in Westpreußen im Alter von 86 Jahren verstarb, wurde eine 14tägige Volkstrauer angeordnet. Sie entsprach aber zutiefst der Mentalität des deutschen Volkes, denn Hindenburg genoss in den weitesten Kreisen aller Bevölkerungsschichten allergrößte Zuneigung und Verehrung. Er galt, in der damals politisch bewegten Zeit als der eherne Fels in der Brandung.

 

14 Tage lang läuteten damals von allen Kirchtürmen und Domen die Glocken. In einem Staatsakt fand die feierliche Beisetzung Hindenburgs im Reichsehrenmal Tannenberg statt. Seitdem wurde Tannenberg in besonderem Maße zum Wallfahrtsort vieler Deutschen. Doch nur etwas über 10 Jahre sollte die Ruhe des verewigten Feldmarschalls, der mit seiner Frau Gertrud in einem Turm des Tannenberg-Denkmals zur letzten Ruhe beigesetzt worden war, dauern.

 

Januar 1945 . . . In den Tagen, als die Alliierten im Westen und die Sowjets im Osten unseres Vaterlandes eingebrochen waren, als Königsberg, Marienburg und Elbingbing hart umkämpft wurden, als unser Ostpreußen zur Hölle wurde und die Fronten sich wirr durcheinander schoben, der Schein des Geschützfeuers nach Tannenberg herüberleuchtete und der Kanonendonner das Denkmal umtobte, wurde das Tannenberg-Denkmal gesprengt. Auf den Straßen der Flucht wurden die Hindenburgsärge westwärts geschafft. Nur wenige wissen es heute, dass die Särge über den Wasserweg nach Stettin, dann nach Potzdam und schließlich nach der Wartburg transportiert wurden. Als auch diese Burg vor dem Bombenhagel nicht mehr sicher war, wurden die beiden Hindenburg-Särge zusammen mit den Särgen Friedrichs des Großen und des Soldatenkönigs aus der Potsdamer Garnisonkirche in einem Stollen des Salzbergwerks Bernterode in Thüringen aufbewahrt. Als amerikanische Soldaten im April 1945 die Munitionsdepots in dem Bergwerk durchsuchten, fanden sie diese vor. Der Fund wurde zunächst geheim gehalten. Die Särge kamen nach Marburg an der Lahn in den Keller der dortigen Burg.

Was sollte mit den Särgen geschehen? Eine Anfrage ging nach Washington. Ein Jahr später, im April 1946, bekam der damalige Militärgouverneur, Generalleutnant Lucius D. Clay, die Instruktion, die Särge mit den darin Liegenden nach angemessener Art zu bestatten.

 

Nach langen und sorgfältigen Überlegungen kam man zu der Erkenntnis, dass Marburg der gegebene Ort sei, die Toten beizusetzen. Man entschied sich für die Elisabethkirche. Aber da entstand ein neues Hindernis. Der Vertreter der Hessischen Regierung protestierte und behauptete, dass Hindenburg, der Befreier Ostpreußens, an dem Unglück Deutschlands ebenso schuldig sei wie Adolf Hitler. Solche Toten seien der Beisetzung in einer Kirche nicht würdig, hieß es damals. Das letzte Wort sprach Clay und ordnete an, dass die Särge in Marburg bleiben sollten.  

An der Stelle, wo jetzt die Elisabethkirche steht, befand sich ursprünglich eine Kapelle der Franziskaner. Dort erschien eines Tages die junge Witwe und Landgräfin Elisabeth, nachdem sie sich auf der Wartburg wegen ihrer Wohltaten und ihres Büßerlebens verhasst gemacht hatte. Die ungarische Königstochter legte am Altar der Franziskanerkapelle das Gelübde ab, der Welt und ihrer Pracht zu entsagen, kleidete sich in ein graues Gewand, gürtete sich mit einem Strick, ließ sich vor der Kapelle eine Hütte bauen und gründete hier ein Hospital. Im Alter von 24 Jahren starb sie. Fünf Jahre nach ihrem Tode bereits wurde sie heiliggesprochen. Der deutsche Kaiser Friedrich II. erschien zu ihrer Heiligsprechung in Marburg im Mönchsgewande, barfuss, die Krone auf dem Haupte. Über dem Grabe der Elisabeth bauten die deutschen Ordensritter dann die Kirche, die wir heute noch sehen. Die Elisabethkirche beherbergt nicht nur das Grab der Elisabeth, sondern auch viele andere Gräber, - von Ordensrittern und Landgrafen. Die neue Frage für die amerikanischen Offiziere war: wo sollten sie Hindenburg und die Preußenkönige bestatten, ohne die Grabesruhe anderer zu stören?  

Alte Kirchenbücher und Lagepläne der Gräber wurden studiert. Endlich hatte man die Stelle gefunden, wo die Preußenkönige und Hindenburg und seine Frau ihre neue Ruhestätte finden sollten.

 

Beim Anlegen der Gruft für die preußischen Könige im Chor der Kirche stieß man auf Gebeine, wahrscheinlich von Mönchen. Die Gebeine wurden wieder eingesegnet und an einem anderen Ort der Kirche beigesetzt. Als man im Südturm das Grab Hindenburgs und seiner Frau auswarf, stieß man in 60 cm Tiefe bereits auf die Fundamente. Man nahm von einer Sprengung, derselben, Abstand und ließ die Gräber für Hindenburg und dessen Frau in dieser Tiefe. In der Nacht wurden die Särge in die Elisabethkirche gebracht. Jedes Grab wurde mit einer Stahlplatte verschlossen.

 

Die Amerikaner hatten sich wegen der Beisetzung der vier Toten mit den noch lebenden Familienmitglieder in Verbindung gesetzt und deren Einverständnis eingeholt. Die Bestattungsfeiern sollten ursprünglich an einem Tage stattfinden, doch musste die Beisetzungsfeier für Hindenburg und seine Frau wegen eines Missgeschicks, das der Sohn des verewigten Generalfeldmarschalls, Oskar von Hindenburg , in Wiesbaden gehabt hatte, um einige Tage verschoben werden.

 

Oskar von Hindenburg, der von Neudeck getreckt war und den Lebensunterhalt für seine Familie damals als Fuhrmann bestritt, hatte sich in Wiesbaden in einem Hotel mit seinem früheren militärischen Rang als Generalmajor eingetragen und war daraufhin von der Militärpolizei festgenommen worden. So kam es, dass die Preußenkönige am 21. August 1946, Hindenburg und seine Frau dagegen erst am 25. August 1946 beigesetzt werden konnten.

 

Auch diese Beisetzung fand in feierlicher Form statt. Nach einer langen Irrfahrt in der furchtbarsten Notzeit unseres Volkes und Vaterlandes fand hier in Marburg der tote Feldmarschall endlich eine letzte und würdige Ruhestatt.

 

 

Seite 4   Ostpreußischer Hof im Winter. Von Carla von Bassewitz

 

Wie rast jetzt in der lieben östlichen Heimat der Wintersturm über weißverschneite Felder, und fegt Schneewolken über die glitzernden verharschten Flächen und in die helle, durchsichtige Luft!

 

Die alten Alleen im Samland - etwas ausgefahren und tiefer gelegen als die angrenzenden Äcker - sind völlig zugestiemt, und müssen täglich mit Schneepflügen verschiedener Größen, wie sie jeder Hof besitzt, durchfahren werden - teils mit Treckern, teils mit sechs bis acht Pferden bespannt. Trotzdem die dreieckigen Kästen mit Feldsteinen beschwert sind, ist die Fahrbahn nicht so glatt zu bekommen, dass die Wirtschaftsschlitten nicht kippen, und Stroh, Holz und anderen Ladungen an beiden Seiten in hohen Schneewällen versinken. So müssen sie mit der Hand nachgearbeitet und ganze Kolonnen von Menschen zum Schaufeln angestellt werden. Hat man sich bis zur Chaussee durchgeackert, wird dort im „Gänsekrug" ein guter Schnaps genommen!

 

Aus dem Pregelbruch schallt an solchen Tagen das „Haitsch" und „Zeh" herüber, mit dem die strauch- und Holzrückenden Ochsen nach rechts und links gelenkt werden. Sie sind für dies schwierige Gelände geeigneter als das edle ostpreußische Warmblut, da sie sich ihrer gespreizten Klauen wegen nicht so leicht die Beine brechen. Ruhig und geduldig legen sie sich ins Joch - auch in ihrer Zugochseneigenschaft noch leistungsfähige Nachkommen bodenständiger, durchzüchteter Vorfahren des schwarzbunten „Ostpreußischen Holländer" Herdbuchviehs.

 

Zwischen den schlanken Erlenstämmen und niedrigen Stubben schlängeln sich die hoch bepackten Holzschlitten meist nur harrscharf in kurzen Drehungen hindurch. Wie feines Gitterwerk stehen die Kronen der Laubhölzer, dunkelgrün und scharf gezackt die Fichtenwipfel gegen den blassblauen Himmel. Leise rauscht es in der Höhe - ein paar Rehe äugen von den Fütterungen herüber - ein Häher streicht ratschend ab.

 

Die Ochsenkutscher sind heilfroh, wenn die Knüppeldämme an den Buchwiesen und die Holzbrücken über die Beek und ihre kleinen Nebenrinnsale überwunden sind - nicht zuletzt den von unzähligen Jungenschlitten glatt gefahrenen Anberg zum Hof! Da geht es immer mit Geschrei und Jubel bis in den dunklen Abend hinein, und noch bei Sternenlicht unter Beteiligung der ganzen „reiferen Jugend" des Dorfes. Schließlich muss der Besitzer hartherzig sein und Asche streuen lassen, um die Beine seiner Menschen und Pferde zu schützen.

 

Am Hof kehren die Ochsen mit leeren Schlitten ins Bruch zurück, Pferde werden vor die Ladungen gelegt und Strauch und Kloben die Dorfstraße entlang vor die Wohnungen verteilt.

 

An der Stellmacherei heult die Kreissäge oder klopft die Holzhackmaschine - die runden Holzkegel türmen sich unter arbeitsgewohnten Händen. Nasses, frisches Holz zu verfeuern, konnte man sich nicht leisten. Trocken und vorjährig muss es sein, da es dann höhere Heizkraft hat. So heißt es Vordenken und Vorsorgen!

 

Das Wild kommt nun schon nachts bis auf den Hof, trotz Rüben in Häcksel und Heu an sorgfältig geschützten Futterplätzen! Jeden Morgen äugt es zu den Fenstern hinauf, und Lager finden sich unter den Büschen am Wohnhaus.

 

Für die Dächer der mächtigen alten Holzscheunen ist es nun Zeit, Schilf zum Ausbessern zu schneiden, solange die Uferränder der Seen und Flüsse überhalten. Da poltern die Wirtschaftsschlitten, deren im Osten genau so viele wie Wagen für jedes Gespann vorhanden sind, über das wellig, Aufgefrorene Eis des Pregels. Durch die Eisbrecher zu Beginn der Frostperiode hatten sich die Schollen teilweise übereinander geschoben, waren wie schräge Flächen und spitze Wälle wieder fest geworden und mit dicken Schneeschichten bedeckt. Wo diese aufgeweht waren, leuchtete schwarzblau die Tiefe des Flusses herauf. Krachen und Knacken zeigte an, dass unter den Schlittenkufen noch Leben blieb. Am Ufer rauschten die fallenden Schilfgarben - die Männer in dicken Joppen Ohrenklappen unter den Mützen und „Faustkes" - hatten bereifte Augenbrauen und Schnauzbarte - die „scharfgemachten" Pferde stampften schnaufend mit wehenden Schweifen und dampfendem Fell die Uferböschung hinauf.

 

Wenn Eis gefahren wurde, so geschah das auf dem Fee oder „toten" Pregelarm, der durch die Eindeichung vom Fluss auf abgeschnitten und ein ruhiges Wasser geworden

war, das gleichmäßiger zufror. Mit Strauchbesen glatt gefegt, wird das Eis mit der Eissäge in riesige Quader geschnitten - oft 60 bis 80 Zentimeter dick - und mit kurzen Misthaken aufs Feste gebracht. Grünlichblau leuchtend und glasklar, sind sie ein wundervoller Anblick in all ihrer Nützlichkeit. Wie oft entgleiten sie den Männern, rutschen noch von den Schlitten herunter, sausen die Eisfläche entlang, und mit lautem Klatschen ins Wasser! Oben unter den ersten Parkbäumen werden sie mit Stroh und Erde in Mieten für den Sommer verwahrt.

 

Auch bei scharfem. Frost brummt die Dreschmaschine - denn Brotgetreide und Viehfutter müssen beschafft werden - von der großen Feldscheune auf der Höhe.

 

Hier sieht man so weit ins Pregeltal hinein, dass man die Unendlichkeit dieser gewaltigen Landschaft nur mit Ehrfurcht zu messen versucht. In der hügeligen Schneeflache weisen die dunklen Schilfränder des Pregels an braunen „Hüschern" und der goldenen Kugel auf der Arnauer Kirche vorbei auf die Türme von Königsberg im bläulichen Dunst am Himmelsrand.

Der Sturm wirbelt uns Schneewolken und Kaff um die Ohren - aber nimmermüde in jeder Witterung arbeiten Menschen und Tiere, damit die Betriebe bestehen und nicht nur die eigene fleißige Bevölkerung, sondern das ganze liebe Vaterland ernähren konnten.

 

Es war trotz aller Mühsal schön, und eine lebenswerte Aufgabe!

 

 

Seite 4   „Tohus“, von E. Olfers-Batocki

 Wat es „tohus"? - Min Mudderland

Jehott von Muddersch weeke Hand

sinn wi in't Land jebore.

Wat es „tohus"? - Min Voderland:

Errunge von Vodersch harte Hand

jew wi dat nich verlore.

Wat es „tohus? - Min Kinnerland:

Barft Footke mang e witte Sand,

de Hand' voll Ros' und Ähre.

Mudderland - Voderland - Kinnerland!

Wer to em steit met Hart un Hand,

dem ward et Gott bewahre.

 

Seite 4   Briefe aus dem Ermland

 Es war am 21. Januar 1945, als die Russen die Stadt besetzt hatten. Wir kamen nicht mehr raus. Mein Mann wurde dann am 05.02.1945 verschleppt. Dies Jahr habe ich dann von den Heimkehrern erfahren, dass er im Winter 1945 auf dem Transport nach dem Ural verstorben ist. Mein Sohn Johannes, war Soldat und ist im Juli an Typhus gestorben. Ich war bis Februar 1946 noch in der Heimat mit meinen Kindern und musste schwer arbeiten. Dann sind mir im Sommer 1945 noch zwei Kinder gestorben. Ich blieb mit sechs Kindern zurück. Wir mussten viel hungern, aber mit Gottes Hilfe haben wir ausgehalten. Ich hätte noch viel mehr zu schreiben, aber daran denkt man mit Schrecken zurück. So viele mussten ihr Leben lassen, sogar ganze Familien. Wir Frauen mussten die Leichen begraben. Die ersten vierzehn Tage waren die Straßen mit Leichen besät." Frau M.

 

„In der Nähe des Hauptbahnhofes Allenstein lag Schwester Liberia erschossen. Und in den Lazaretten die armen Soldaten, alle ermordet. In der Hindenburgschule fanden wir nach langer Zeit - es war wohl schon März - noch sieben Soldaten im Luftschutzkeller in allen Stellungen liegend und sitzend tot." J. M.

 

„Meine liebe Schwester, die Lehrerin war, weilt nicht mehr unter den Lebenden. Sie wurde von den Russen bis nach dem Ural verschleppt und ist dann dort elend umgekommen. Frau H. ist in Al. an Hungertyphus verstorben, ebenso ihre alte Mutter. Der Sohn der Frau H. ist im Ural verstorben." Frau F.

 

„Habe die traurige Nachricht erhalten, dass meine Tochter Renate auf dem Transport in Tula, Russland, verstorben ist. Als die Russen kamen, wurden wir aus dem Luftschutzkeller rausgeholt und nach dem Gefängnis transportiert. Junge Frauen und Mädchen wurden ausgesucht und verschleppt, darunter auch meine Tochter, die gerade den 16. Geburtstag hatte. Im Gefängnis war ich mit dem Domherrn Steinki zusammen, der ist dort durch die Ruchlosigkeit der Russen ums Leben gekommen. Den Kopf hat der Herr ganz zerschlagen gehabt. Dr. L. ist auch tot und viele andere." B. B.

 

,Am 08.02.1945, beim Einmarsch der Roten Armee wurde auch ich nach Russland verschleppt, meine todkranke Mutter und meinen Sohn von 11 Jahren musste ich zurücklassen. Auf meinem Transport waren zwei Ordensschwestern aus dem Marienkrankenhaus, eine Schwester starb auf dem Hinweg, die andere war in meinem Lazarett. Und ebenso ein Arzt, aus dem Marienkrankenhaus. Schwester und Arzt haben sich unserer Kranken sehr angenommen, aber Gott hat es ihnen nicht vergönnt, wieder nach Deutschland zurückzukehren." H. K.

 

„Von den Russen überrascht, flohen wir von einer Wohnung in die andere. Meiner Schwester und mir wurde nachgeschossen. Meine Schwester ist an den Folgen dieses Schusses gestorben. Nur die hl. Ölung konnte ihr gespendet werden. Habe meinen lieben Verstorbenen selber die Gruft gegraben und auf den Friedhof gefahren. Der Vater ist vor Schwäche gestorben. Ich habe ihn noch am Tage zuvor versehen lassen. Das ist mein größter Trost gewesen. H. P.

 

„Frau P. war Witwe, 73 Jahre alt, ging an zwei Krücken. Trotz ihres hohen Alters wurde die Ärmste von den Russen vergewaltigt. Kurze Zeit darauf starb sie. Sie ist in Palmnicken, Ostpr., begraben." M. O.

 

„Oft fand ich auf meinem Arbeitsweg tote Deutsche liegen, die vor Erschöpfung und Hunger umgefallen waren, und weiter kümmerte sich keiner um sie. Hatte der Tote noch einen Hinterbliebenen, dann steckte eine liebe Hand den Verstorbenen in einen Sack und fuhr ihn auf einem Karren irgendwohin." M. S.

 

Am 22 Januar 1945, marschierten die Russen auf allen Richtungen in die Stadt ein. Während dieser Zeit haben wir Furchtbares durchmachen müssen. Sie raubten und plünderten alles, was wir besaßen und steckten danach alles in Brand. Mein Haus wurde auch angesteckt, aber es brannte nicht. 48 Stunden konnten die Russen machen, was sie wollten. In meinem Haus konnte ich nicht bleiben, weil es zu groß war. Deshalb bin ich mit meiner Tochter in die Bergslraße gegangen. Am Abend bin ich mit Frau G. zurück in meine Wohnung gegangen, um noch etwas Essbares zu holen, habe aber nichts mehr gefunden. Auf dem Rückweg wurde nach uns geschossen. An mir ging der Schuss vorbei, aber Frau G. wurde getroffen. Dann holten sie Herrn G. aus der Wohnung. Dieser musste sich auf die Treppe stellen und wurde dann auch erschossen." T. F.

 

„Meine Schwester und ich mussten am 22. Januar 1945 aus dem 2. Stockwerk unseres Hauses springen, weil die Russen mit Flammenwerfern das Haus so schnell anzündeten, dass ein anderer Weg unmöglich war. Eine Dame aus Berlin, die zufällig dabei war. starb nach drei Tagen. Meine Schwester Franziska starb nach neun Tagen in der Kaplanei. Sie musste noch einmal aus einem brennenden Haus getragen werden und lag mit hohem Fieber 12 Stunden unter freiem Himmel in Frost bei 15 Grad. Ich lag mit Brüchen an drei Wirbelkörpern, am Brustbein und an beiden Sprunggelenken. Schneidermeister K., mein Schwager, ist mit seiner Frau und den beiden Töchtern nach Russland verschleppt worden. Alle sind dort gestorben." Fr. L.

 

 

Seite 5   Wissen Sie, was Bärenfang ist? Von Dr. Max Krause

 Die Ostpreußen wissen es alle! - Und ein genüssiges Schmunzeln spielt in ihren Gesichtern, wenn die Rede auf Bärenfang kommt. Er ist eine Art Nationalgetränk, geht lieblich ein und hat es in sich. Bekannt von Tilsit bis Osterode, war sein Hauptverbreitungsgebiet wohl Masuren. Doch schätzte man den honiggelben, hochprozentigen Trank auf der frischen Nehrung ebenso wie im Großen Moosbruch. Bärenfang ist eben ein typisch ostpreußischer Schnaps und das bedeutet für den Kenner viel.

 

Dabei hat er mit Bären nur mittelbar etwas zu tun. - Der letzte Braunbär Ostpreußens auf freier Wildbahn wurde schon - oder erst - 1815 von einem Wildbereiter in der Puppener Forst, die ein Teil der Johannisburger Heide ist, erlegt, Hundert Jahre zuvor soll der braune Bär in der „Wildnis", dem urigen Waldgürtel, der von Südosten bis hinauf nach Nordosten das Land des Deutschen Ordens gegen feindliche Einfälle schützen sollte, häufig und heimisch gewesen sein. Da werden die vielen Beutner-Dörfer am Waldrand zweifellos manchen Besuch der dickköpfigen, auf Honig versessenen Bären gehabt haben. Doch nicht nur Meister Petz liebte den Honig: nicht minder schätzten ihn die weltlichen und geistlichen Herren des Landes, in deren Naturalsteuern er nie fehlen durfte. Aus der Ordenszeit, wahrscheinlich sogar schon von den Pruzzen her kennt man den altpreußischen Honigtrank, der den Bären fangen und starke Männer umwerfen konnte.

 

Der Bärenfang wurde in unserer Zeit schon industriell hergestellt. Aber den besten Honigschnaps in Ostpreußen stellten die Förster und die Heideschulmeister her, die alt überlieferte Rezepte geheimnisvoll auswerteten und streng bewahrten, oft wurde der aus Bienenhonig und hochprozentigem«Sprit, gelegentlich auch unter Beifügung sorgsam verheimlichter Kräuter, länger als ein Jahr „bearbeitet wenn er „richtig" sein sollte.

 

Ein alter Förster in der Heide vergrub im Spätherbst das angesetzte Gebräu in hölzernen Gebinden metertief in der Erde und ließ es bis zum Frühjahr dort ausreifen. - Das war dann ein Trunk, der wie Feuer und Öl durch die Kehle rann und neben lieblicher Süße, das herbe Aroma des reinen Honigs enthielt. Sein klares Bernsteingelb war ein Genuss für das Auge, sein Duft ergötzte Nase und Gaumen und sein Gehalt - 40 bis 45 Volumen-Prozente! - beschwingte Geist und Glieder.

 

Der erwähnte Forstmann schenkte seinen Gästen den Bärenfang nur aus einer alten Holzkruke ein. Dem alten Piontek in Pilchen am Rosch-See leistete eine bejahrte Petroleumkanne den gleichen Dienst. Beide dieser ungewöhnlichen Gefäße sollen im Innern von "den unzähligen Füllungen schon wie glasiert von dicken Honigrückständen gewesen sein. Aber gerade das war nach der Meinung ihrer Hersteller notwendig, um dem Bärenfang die letzte Vollendung zu geben.

 

Nun, wir haben uns von des Bärenfanges Eigenschaften überzeugt. Oftmals und mit Eifer! - Dann waren auch wir gefangen wie der Bär bei der Honigschleckerei, glaubten tags darauf einen Kopf zu haben, dicker noch als der Petz der Fabel. Aber das ging vorüber. Doch die Vorliebe für den Honigschnaps blieb. Man trank ihn im Winter, weil er schnell die erstarrten Glieder wärmte. Man trank ihn im Sommer, dann machte er fröhlich. - Wir Ostpreußen konnten ihn überall und bei jeder Gelegenheit trinken, denn wir waren ihm, dem uralten Honigtrank der Heimat, besonders gewogen. - Dass wir auch heute, wo sich alles in unserem Leben verändert hat, gelegentlich wieder mit echtem, ostpreußischem Bärenfang Wiedersehen begehen können, das ist uns eine Freude.

 

So, nun werden Sie wissen, was Bärenfang ist. - Irrtum! - Probieren müssen Sie ihn!

 

 

 

Seite 6   Ostpreußische Klei

Text und Bilder von Sabine Hoth

Foto: Trotz Frost und hohem Schnee kam sie doch zum Ziel

Foto: Kleinbahnstrecke Tapiau-Labiau, im Winter

Foto: Königsberg: Partie am Fischmarkt. Aufn.: V. Moslehner, Heuchelheim nbahn

 Wo können wohl diese beiden Aufnahmen gemacht sein? Wo anders als in unserer ostpreußischen Heimat? Ein Schmalspurgleis einer eingleisigen Strecke - und so mühsam schneefrei gehalten? Das kann keine Feldbahn sein. Das ist offenbar die Verkehrsader einer Landschaft, die auch im schneereichsten Winter nur ungern entbehrt werden kann. Wir alle wissen, dass der Schnee in unserer Heimat selten ruhig fällt. Meistens gehört unser ostdeutscher Wind dazu, und wir haben „Stiemwetter". Da ist es klar, dass so ein Bahngleis, wie es hier zu sehen ist, in einer Nacht, ja manchmal in wenigen Stunden, schon wieder „verstiemt" ist. Und dann sehe man sich dieses kleine tapfere Eisenbähnchen an, das dennoch Tag für Tag hier durch den Winter fährt! Wie oft muss wohl im Laufe eines echten Schneewinters diese kleine Lokomotive mit ihrem Schneepflug solche Strecke räumen, um dann ihr kleines Bähnchen nachzuholen! Es gehört schon eine ganze Portion ostpreußischer Energie dazu, um das zu schaffen. Wenn es natürlich auch in jedem Winter mal Tage gegeben hat, da es hieß: „Die Kleinbahn ist im Lischkauer Grund stecken geblieben, wer weiß, wann die heute kommt!" Oder: „Es muss gleich ein Schlitten nach Tapiau geschickt werden, die Frau Kämmrer hat telefonieren lassen, sie kann mit ihrer Kleinen nicht vom Doktor zurückkommen, die Kleinbahn hat gleich hinter der Stadt wieder „umkehren" müssen, es treibt heute zu sehr. Morgen soll der Schneepflug gehen oder es wird ein Schlitten geschickt." Doch das waren immer besondere Fälle. Im Allgemeinen ging sie eben. Wir waren es ja in unserer Heimat gewöhnt, dass der Winter Schwierigkeiten brachte - auf jedem Gebiet - und es war selbstverständlich, dass man irgendwie Wege suchte und fand und sich durchsetzte.

 

Ja, unsere Kleinbahn zwischen Tapiau und Labiau! Viel verlacht von Leuten „aus dem Reich" und doch: wie wichtig! Besonders früher, als noch keine Omnibusse gingen und der Lkw-Verkehr noch keine Rolle spielte. Im Krieg war die Situation ja ähnlich. Es ist ein Unterschied, ob man 16 Kilometer weit sämtliche Gespanne unterwegs hatte, um Getreide zu verladen oder Düngemittel abzuholen oder Vieh zu verladen, oder ob das 300 Meter vom Hof entfernt an der Kleinbahnstation geschehen konnte. Oder ob man morgens und abends je anderthalb Stunden mit Fuhrwerk oder Schlitten unterwegs war bis zur Vollbahnstation, wenn man einen Tag in der Stadt zu tun hatte, oder ob man von Hause fort ging, wenn, die Kleinbahn im Nachbardorf pfiff, und dann gerade noch zur Zeit kam, um sie durch Winken (im Dunkeln mit einer Laterne) zum Halten zu bringen. Freundlich wurde man begrüßt. Die wenigen Beamten auf der Strecke kannten natürlich jeden ansässigen Menschen der Gegend. Man kam ins Gespräch. Die Kleinbahn war schon eine Art Nachrichtenzentrale für die Umgegend. „Fahren Sie mir heute Abend nicht fort, ich komme mit dem 6-Uhr-Zug aus Königsberg zurück", so trennte man sich. Selbstverständlich wussten die Beamten Bescheid über den Stand der Felder, über die Obstblüte usw. Auf so manchem Baum wuchsen auch die Weihnachtsäpfelchen für ihre Kinder und auf jedem Gemengeschlag, da sie täglich vorbeifuhren, auch das Futter für ihre Hühner. Dafür kannten sie auch die Notwendigkeiten der Ortschaften und einzelnen Betriebe. Man kam oft schneller zum Ziel, wenn man beim Schaffner persönlich einen Waggon anforderte, als wenn man den Kleinbahnhof anrief. Zog jemand aus einem anderen Kreis neu in die Gegend, so war er vor Antritt der neuen Arbeitsstelle bereits bestens informiert über alles Für und Wider, Familienverhältnisse usw. Dazu gab es eben die Kleinbahn.

 

Noch ein paar lustige Geschichten möchte ich am Schluss erzählen:

Unsere beste und schnellste Postbeförderung geschah jahrelang durch die Kleinbahn. Hatte man vormittags seine Post gelesen, so konnte man in eiligen Fällen in der mittags Stunde schnell die notwendigsten Eingänge erledigen. Um etwa 3 Uhr ging man zur Kleinbahn. Mit hoch erhobenen Briefschaften winkte man dem daherschnaufenden Züglein. Dann fuhr es ein klein wenig langsamer. In der offenen Tür des Packwagens erschien der Schaffner mit zwei ausgestreckten Armen. „Klapp" schlug er die Hände zusammen, dabei unsere mit ausgestrecktem Arm hingehaltene Post in Empfang nehmend. Unser lautes „Dankeschön" mag er selten gehört haben, aber er grüßte freundlich, und wir wussten, dass unsere Post einen Tag früher am Ziel sein würde. Eine Braut in unserem Hause hat wohl Jahr und Tag ihre Briefe auf diese Weise befördert. Der Schaffner wird wohl nie mehr auf ihre Adresse geguckt haben!

Einmal fuhren wir abends von Labiau nach Hause, vorbei an einem frisch gemähten, herrlich duftenden Kleeschlag. Plötzlich fährt der Zug langsamer, hält schließlich. Was ist los? Da sprang der Schaffner schnell heraus, ergriff einen Arm voll Klee und war schnell nieder im Packwagen verschwunden. Die Fahrt ging weiter. Seine Kaninchen haben ein gutes Abendbrot gehabt!

 

Eines Abends kamen wir aus Königsberg, stiegen in Tapiau um und stellten erstaunt fest, dass der Zug in wenigen Minuten abfuhr, obgleich noch keineswegs die Abfahrzeit da war. Er fuhr darin ein derartig unheimliches Tempo, wie wir es noch nie erlebt hatten, so dass es uns fast ungemütlich wurde. So ging es bis zum Dorf auf halber Strecke. Dort hielten wir wohl mehr als eine halbe Stunde! Was war losgewesen? Die Erklärung war einfach: im dortigen Dorfkrug musste der Antritt eines neuen Schaffners gefeiert werden.

Wo ist sie geblieben - unsere Kleinbahn? Wo in Russland liegt wohl das Gleis? Wo sind die treuen Beamten hin? Es wird nie wieder so sein, wie es war, denn das Zeitalter des Kraftwagenverkehrs wird kaum noch eine Kleinbahn neu erstehen lassen. Aber vergessen werden wir den Pfiff und das Gebimmel dieser Bahn, die der ganzen Gegend die wichtigste Uhr war, nie, und ich freue mich, diese Bilder, die ich einst so ahnungslos für mich selbst geknipst habe, nun als Erinnerung und Heimatgruß hinausschicken zu können - für ostpreußische Menschen - vielleicht sogar für einige, die da auch sagen können: ja unsere Kleinbahn…

 

 

Seite 7   Prof. Dr. Walter Benthin gestorben

 Am 3. Dezember 1950 verstarb in Rheydt (Rheinland) nach längerem, heldenhaft getragenem Herzleiden plötzlich, mitten in seiner Arbeit der bekannte Frauenarzt Professor Benthin, früher Königsberg, dessen Name wohl jedem ostpreußischen Arzt und Tausenden dankbarer Frauen ein Begriff gewesen ist.

Als sein Schüler und Landsmann durfte ich ihm an seinem Grabe Worte des Abschieds und Dankes widmen und habe mit meinen Ausführungen bei den zahlreichen, aus der Umgebung von Rheydt herbeigeeilten Ostpreußen Erinnerungen an unsere Heimat und an schönere Zeiten der Vergangenheit wachgerufen.

Es ist vielleicht für manchen Leser dieser Zeitung von Interesse, von dem Leben des Verstorbenen und seinem Wirken in Königsberg Näheres zu erfahren:

 

Benthin kam kurz vor dem ersten Weltkrieg nach Königsberg an die Universitäts-Frauenklinik in der Drummstraße, die von Geheimrat Professor Dr. Winter geleitet wurde, der als Geburtshelfer, Operateur und Gelehrter weit über die damaligen Grenzen unseres Vaterlandes hinaus einen hohen Ruf genoss. Gegen Ende des Krieges rückte Benthin in die Oberarztstelle auf und erhielt den Professortitel. Wir, seine Mitarbeiter aus jener Zeit (aus der großen Zahl der Namen nenne ich nur einige: Fink, K. Riediger, Abernethy, Offermann, Poeck, Frau Orlopp-Pleick), haben an ihm stets seine unabhängige Arbeitskraft und seine unerreichte Leistungsfähigkeit bewundert, uns an seinem strahlenden Wesen, seinem Humor und seiner mitreißenden frohen Lebensbejahung erfreut, wie auch seine stete Hilfsbereitschaft und seinen erfahrenen Rat dankbar anerkannt.

 

1921 wurde ihm neben seiner klinischen Tätigkeit die Leitung der neugeschaffenen gynäkologischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses übertragen, bei deren Einrichtung ich mithelfen durfte. Nach Winters Emeritierung und der Übernahme der Universitäts-Frauenklinik durch Professor Zangemeister 1925 schied Benthin dort aus und konnte sich nun ganz dem Ausbau der wesentlich erweiterten Städtischen Frauenklinik Hinterroßgarten 52/53, seiner immer größer werdenden ärztlichen Praxis und seiner literarischen Arbeit widmen. In wenigen Jahren hatte er seine Arbeitsstätte zu einer modernen Fachklinik entwickelt, seine ärztlichen Erfolge machten ihn zu einem der bekanntesten und beliebtesten Gynäkologen Ostdeutschlands, und seine Konsilariustätigkeit führte ihn nicht selten weit über die Ostgrenzen hinaus.

 

Besonderen Wert legte er stets auf die enge Verbundenheit mit der Universität und mit den Studenten, denn das Lehren und der Konnex mit der Jugend waren ihm ein wichtiger Lebensinhalt und brachten ihm hohe Befriedigung.

Nach Zangemeisters Tod lag in seiner Hand die Vorbereitung der gynäkologischen Tagung im Rahmen des großen Naturforscherkongresses 1930, die dank seinem Geschick und Organisationstalent glänzend verlief. Einige Jahre später führte ihn eine ehrenvolle Einladung für mehrere Monate durch weite Bezirke Südamerikas, wo er durch zahlreiche stark besuchte Vorträge und durch viele große Operationen vor Fachgenossen nicht wenig zur Förderune und Festigung der Weltgeltung deutscher Wissenschaft und deutschen ärztlichen Könnens beigetragen hat. Diese Reise stellte, wie er selbst oft betonte, den Höhepunkt seines beruflichen Lebens dar. Gefeiert und hochgeehrt, als Ehrendoktor mehrerer latein-amerikanischer Universitäten kehrte er heim.

Ich habe das Glück gehabt, ihm persönlich recht nahe zu kommen und auch nach räumlicher Trennung, nach meiner Übersiedlung nach Marburg und später nach Köln, mit ihm und seiner Familie eng verbunden zu bleiben.

 

Sein ältester Sohn war noch wenige Wochen vor seinem Tode an der Frankreichfront 1940 häufiger Gast in meinem Kölner Hause. Der Krieg und der Zusammenbruch brachten Benthin - wie den allermeisten Ostpreußen - härteste Schicksalsschläge und schwerste Verluste. Auch sein zweiter Sohn wurde ein Opfer des Krieges. Dazu verlor er seine Arbeitsstätte, seine wirtschaftliche Existenz, seine Heimat.

 

Als ich ihn nach Jahren der Trennung und Ungewissheit 1947 am Rhein wiedersah, war ich erschüttert, aber auch voller Bewunderung. Er war tief ins Mark getroffen, seine Gesundheit hatte schwer gelitten, aber er war nicht gebrochen. Trotz der Unbilden und Widerwärtigkeiten, die sich ihm entgegenstellten, baute er sich mit frischem Mut und beispielloser Zähigkeit eine neue Existenz auf, schuf sich allmählich unter primitivsten Arbeitsbedingungen einen immer größer werdenden Kreis von Patientinnen und war auch literarisch außerordentlich fruchtbar, so dass eines seiner Bücher, in den wenigen Nachkriegsjahren in mehreren Auflagen erscheinen konnte.

 

Er erlebte das große Glück, für mehrere Semester mit der Wahrnehmung der Vorlesungstätigkeit in Bonn betraut zu werden, wodurch er wieder Gelegenheit bekam, seine didaktischen Fähigkeiten der jungen Ärztegeneration zu vermitteln. Die Medizinische Fakultät der Universität Bonn ernannte ihn zu ihrem Honorarprofessor; auch wurde er in den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie hinein gewählt und nahm in diesem Gremium an dem großen Gynäkologen - Kongress in Karlsruhe 1949 teil.

 

Aber seine Gesundheit verschlechterte sich deutlich von Monat zu Monat. In Karlsruhe, wohin er unter Aufbietung größter Energie noch gereist war, sah man, dass dieser starke Mann vom Tode gezeichnet war; er selbst wusste es und sprach es auch aus, dass dieses sein letzter Kongress sein würde. Immer wieder raffte er sich von neuem auf und verzehrte sich in Arbeit und Sorge für seine Familie. Es war ihm eine große Freude, zu beobachten, dass sein jüngster, einziger, ihm noch verbliebener Sohn in seine Fußtapfen trat und mit Begeisterung sich der ärztlichen Laufbahn widmete. 

Bis zum letzten Tag seines Lebens ist er unermüdlich tätig gewesen. Am 3. Dezember 1950 fanden ihn seine Angehörigen morgens tot auf seiner Ruhestätte.  

Er ist gestorben an gebrochenem Herzen, fern der Heimat, in der Fremde! Der Rastlose hat nun seine Ruhe gefunden, die er sich im Leben niemals gönnte. Ein erfolgreicher Vertreter unseres Faches, eines der markantesten Glieder der alten Winterschen Schule ist dahingegangen. Wir, seine Schüler und Freunde, gedenken seiner in tiefer Trauer und steter Dankbarkeit. Prof. Dr. H. Naujoks, Frankfurt.

 

 

Seite 7   Wer besitzt Steffeck-Bilder?

 Alle (privat) Besitzer von Steffeckschen Gemälden, insbesondere von Pferden- und Tierbildern, werden gebeten, unter näherer Bezeichnung der Bilder (Name usw. des Pferdes und evtl. des Reiters, wann gemalt ob eigenhändig signiert?) Mitteilung hiervon zu machen an Herrn Major a. D. Karl Steffeck (21a) Bad Pyrmont, Hermannstraße 5 bei Stud.-Rat Schmitz. Gggf. wird um Beifügung eines Photoabzuges von den jeweiligen Bildern gebeten.

 

Seite 7   Lowis Corinth zum Gedächtnis

Auf einer Gedenkstunde, die der Ostdeutsch« Kulturausschuss in Düsseldorf veranstaltete, wurde des großen ostpreußischen Malers Lowis Corinth gedacht. Dr. Gurlitt zeichnete ein Bild von der ganz in ostpreußischem Wesen verwurzelten Kunst Corinths. Der Vorsitzende des Vereins Heimatvertriebener Künstler, der Maler Mollenhauer, der aus der Geburtsstadt Corinths -Tapiau - stammt, gab ein Bild von dem Wesen des Künstlers.

 

Seite 7   Ein Brief aus Frankreich

 . . . Ernst sitzt und liest, natürlich die Ostpreußen-Warte, die Oktoberausgabe. Lieber Herr Pfarrer, was Sie uns mit dieser Ostpreußen-Warte für Freude gemacht haben, können Sie gar nicht denken. Als im April die erste Zeitung kam, haben wir vor Freude geweint, jeden Monat warten wir schon mit Freuden drauf, diesmal kam sie am 24. an. Hier waren noch mehr Ostpreußen, was war das für Freude, gemeinsam haben wir gelesen, nun sind wir bald allein hier, denn viele haben schon nach Deutschland gemacht die Sehnsucht treibt jeden heim. Nun erst durch Ihren lieben Brief wissen wir, dass Sie der liebe Spender sind, meine Kinder lesen auch mit Begeisterung, natürlich die Plattgeschichten muss ich lesen. Nun nehmen Sie von uns vier den herzlichsten Dank entgegen. Ja. die Heimat lebt doch noch. Nun erst macht sich der Spruch wahr: Erst wenn du in der Fremde bist weißt du, wie schön die Heimat ist.

E. Z.,

 

 

Seite 7   Carl Steffeck – Ostpreußens Pferdemaler

Foto: Carl Steffeck: „Bildnis der Tochter“

Foto: „Frantic“ – englisches Reitpferd“ – „Reiterstudie.“. Aufn. H. Hermann Napolsky

 Wenn man von Ostpreußen spricht, denkt man an seine herrlichen Wälder und Seen, an die einst so blühenden Städte und an die Meeresküste. - es gibt so viel Liebenswertes in diesem Land - aber was auch immer der eine oder der andere als besonders hervorstechendes Merkmal in seiner Erinnerung tragen mag: das Schönste vergisst er nie. nämlich Ostpreußens edle und die weltberühmte Zuchtstätte Trakehnen. In diesem Zusammenhang ist außer in Berlin gerade hier ein Name besonders haften geblieben, gedenkt man immer noch gern der markanten Erscheinung des Königsberger Kunstakademie-Direktors Prof. Carl Steffeck.

 

Nachdem er lange Zeit als Professor in Berlin fruchtbringend gewirkt hatte, wo u. a. solch später berühmt gewordene Namen wie Koch. v. Bode. Sperling. Liebermann, v. Marees, Schott und Corinth auf der Liste seiner Schüler standen und wo er ein volles Viertel Jahrhundert dem Verein Berliner Künstler als Präsident vorstand, erhielt er den ehrenvollen Ruf nach Ostpreußens Hauptstadt. Der Abschied von der Akademie der Künste, von seinem prachtvollen Atelier an der Hollmannstraße, das er nach Abschluss seiner Studien in Frankreich und Italien bezogen hatte, ist ihm sicherlich nicht leicht gefallen, aber in seiner Eigenschaft als der Gesuchteste Pferdemaler seiner Zeit konnte er schwerlich ein idealeres Tätigkeitsfeld finden als Ostpreußen. Hier konnte er als Maler nach Herzenslust schaffen, denn die herrlichsten Modelle hatte er stets in nächster Nähe um sich. Und er hat den Wink des Schicksals verstanden, das ihn in den Osten des Reiches führte, denn er wurde der Maler des ostpreußischen Pferdes.

 

Viele Maler haben gute Pferdebilder geschaffen, auch zu seiner Zeit, aber sie alle idealisierten das Pferd oder schufen es um für ihren künstlerischen Zweck; dagegen ist keineswegs etwas einzuwenden. Steffeck aber war der Schöpfer lebenswahrer Pferdebildnisse, von naturnahen Porträts nicht nur mit allen Vorzügen des betreffenden Tieres, sondern auch unter Berücksichtigung gewisser Mängel, die jedem, auch dem besten Pferd anhaften. Da es damals noch keine solch ausgezeichneten Pferdefotos gab wie heute, haben Steffecks Pferdebilder einen zwiefachen Wert: einmal als Kunstwerk als solches, zum anderen als wahrheitsgetreues Zeitdokument für das Aussehen insbesondere von Hengsten, die in der Zucht eine überragende Rolle spielten und deren Blut noch, in den Adern unserer wenigen geretteten Trakehner fließt. Es sei nur erinnert an den Vollblut-Araber „Nedjed". der bis 1939 in Trakehnen deckte und 26 Mutterstuten lieferte. Das Porträt dieses herrlichen Fliegenschimmels ist eines der schönsten Bilder überhaupt, die je von Araberpferden gemalt worden sind. Oder man denke an die Pferdebildnisse von „Zarif". Gallant". „Thunderclap" und „Sahama". die stolzen Säulen der Trakehner Zucht.

 

Aber Steffeck, der oft ein Pferdebild in einem Zuge heruntermalte und damit eine köstliche Frische erzielte, der eine heute so selten gewordene Sicherheit in der Bewältigung des Technischen besaß und ein außergewöhnliches Zeichentalent, standen außerdem noch zwei äußerst wertvolle „Hilfsmittel" zu Gebote: er war selbst ein guter Reiter, der jeden Morgen selbst in den Sattel stieg, und ein gütiges Geschick hatte ihm das wohl Wertvollste für einen Tiermaler schon in die Wiege gelegt, nämlich das Einfühlungsvermögen in die Tierseele. Dieses Hineinhorchen in das Singen und Klingen der Seele alles Lebendigen ist das vielleicht größte Geheimnis seiner Kunst, und es offenbart sich uns nicht nur in seinen Pferdebildern, sondern auch in anderen Tierdarstellungen oder im Rahmen einer größeren Komposition. Hierher gehören z. B. das im Hannoverschen Landesmuseum befindliche Männerbildnis und die köstlichen Familienbilder, die ein Enkel noch gerettet hat und sorgsam hütet, hierher gehören aber vor allem auch die den meisten Königsbergern bekannten Darstellungen zur preußischen Geschichte für das Wilhelms-Gymnasium in Königsberg. Aus diesem Zyklus seien nur erwähnt „Der Einzug des Großmeisters Siegfried von Feuchtwangen in die Marienburg". daneben in Schmalbildern. „Friedrich Wilhelm III. im Gespräch mit Stein und Yorck" und gegenüber „Die

Königin Luise mit ihren beiden Söhnen Fritz und Wilhelm im Park von Luisenwahl". Das erste Original dieses Bildes befand sich im Breslauer Provizialmuseum.

 

So bedeutend diese repräsentativen Historienbilder, die im Auftrage geschaffen wurden, auch sein mögen - Steffecks Herz hing doch wohl mehr an der Darstellung des Einzelmenschen, des einzelnen Tieres, vielleicht auch zusammengefasst in einem Werk wie etwa den „Reitenden Zigeunern". Seiner ganzen Persönlichkeit nach war er der pomphaften Repräsentation, dem Überschwenglichen abgeneigt, und Max Liebermann hat das einmal recht treffend ausgedrückt, wenn er schreibt: „Steffecks Kunst und Leben waren ausgeglichen und in Harmonie, daher die Liebenswürdigkeit, die beides umstrahlt." Daraus ergibt sich ein künstlerisches Schaffen, das nicht aus dem Rahmen der Auffassungen und der Technik seiner Zeit heraus fällt; es ist von ihm niemals auch nur der Versuch gemacht worden, in bisher unbekannte Regionen des Experimentierens über eine künstlerische Aussage in Farbe und Form vorzustoßen. Seine Kunst wollte niemals nach den Sternen greifen und sich über die Grenzen erheben, die der Malerei nun einmal gesteckt sind. Sie ist der Ausdruck einer Persönlichkeit, die sicher in sich selbst ruht und im Einklang steht mit der Harmonie des göttlichen Alls, erinnernd an Theodor Storm. nicht nur in der zufälligen äußerlichen Ähnlichkeit.

 

„Kunst muss gelebt werden, sonst ist's. . . . Handwerk oder Schwindel!" Dieses Wort Cäsar Flaischlens könnte man auch über Steffecks Leben setzen, das vor genau 60 Jahren endete (er wurde am 4. April 1818 in Berlin geboren), aber in seinen Werken immer gegenwärtig bleiben wird. Von den Jahren der Ausbildung, die er vor allem bei dem berühmten Stadt- und Pferdemaler Franz Krüger und später bei Carlo Begas erhielt, bis zu den Bildern der letzten Zeit empfinden wir vor ihnen das Fluidum der Persönlichkeit, denn bereits mit 20 Jahren war er ein fertiger Künstler. Die Flüssigkeit des malerischen Vortrages, die Wärme des Tones und die Sicherheit der Zeichnung, die große Kunst des „Weglassens", beispielsweise bei den Hintergründen seiner Pferdebilder, erwecken beim Beschauer den Eindruck des Schlichten und Ungekünstelten und hinterlassen dadurch jenes eigenartige Gefühl, das uns vor großen Meisterwerken immer befällt, das unnennbar ist, gleichsam als Abglanz, von dem jedes wahre Kunstwerk immer erfüllt ist.

 

Wer einmal die 25 Gemälde von Trakehner Pferden gesehen hat. die einst das Schloss des Landstallmeisters schmückten, wird sie nie vergessen. Sie sind für unser Vaterland leider verloren, da sie den Russen in die Hände fielen, aber es ist doch bezeichnend für den internationalen Ruf Steffecks, dass diese Bilder kürzlich in Moskau auf einer Ausstellung

 

 

 

gezeigt wurden. Wenn diese Mitteilung stimmt, so zeigt sie uns um so eindringlicher die Größe des Verlustes, den der Kunstbesitz unseres Volkes erlitten hat, aber auch um so mehr unsere Pflicht, das noch wenige erhalten Gebliebene getreulich zu hüten; hierzu zählt auch die Erinnerung an Leben und Werk dieses Meisters. –

 

Im Geiste tänzeln vor uns auf weiten Koppeln ostpreußische Pferde in herrlichen Bewegungen, alle Farben spielen auf den vollendeten Formen ihrer schlanken Körper, wir sehen sie unter dem Reiter, vor dem Wagen und dem Pflug, wir sehen sie mit den Augen, mit denen einer der Großen unserer Heimat, Carl Steffeck. sie sah und nachschuf für uns, damit der Eindruck von ihrer Schönheit und ihrem Adel niemals verloren gehe.

Helmut Hermannn Nepolsky.

 

 

Seite 8   Winterbild, von Margot Podlasy

 Die Straße schnürt in halbem Bogen,

Verliert sich dann in stummes Weiß.

Von unsichtbarer Hand gezogen

Im zarten Schnee ein hartes Gleis.

 

Vereinzelt taumeln lichte Flocken

Und fallen irgendwo zur Ruh.

Der Baum am Knick trägt weiße Locken

und zittert leis und nickt mir zu.

 

Von einem Spannungsmast zum andern,

Hat Reif die Drähte dick benetzt.

Die Wolkenballen nicht mehr wandern,

Sie stehn - ins klare Blau gesetzt.

 

Das Haus am Weg duckt seine Streben

Ermüdet unter weißem Fell,

Auf breiten Latten Häubchen kleben,

Im Dornbusch funkelts weich und hell.

Und jetzt im Wald auf allen Tannen

Liegt schwer das sternige Gefeucht.

Und alle meine Träume spannen

sich in des Winterwalds Geläut.

 

Und alle meine Wünsche glänzen

Wie Nadelgrün und Silberweiß.

Mein Herz schwingt wie in Flockentänzen,

Wird schließlich still und endlich leis –

 

 

Seite 9   Aus dem Archiv des KMTV

 Die Faschingszeit bietet Veranlassung, ein Festlied zur Fastnachtskneipe des KMTV. vom

24.02.1903 der Vergessenheit zu entreißen, da in ihm launig das damalige Vereinsleben geschildert und für viele weit über den KMTV hinaus bekannte alte Turner in kurzen Worten ein markantes Denkmal gesetzt worden ist. (Vereinsdichter Emil Vohs).

 

Solange bei uns Fastnacht

zu feiern ist beliebt,

solang' es Kniestchen, Würstchen

und Sauerkraut da gibt -

solang' am Fastnachtsabend

ein Jeder ist ein Narr,

:Solange wird der Turnverein

bestehen auch fürwahr

.

Solange noch die Dicken

zum Hanteln kommen her,

und sich durch Kniebeug', Bücken

das Leben machen schwer,

solange unsre Damen

zur Turnkneipe mitgeh'n,

Solange wird der Turnverein

auch blühen herrlich schön!

 

Solang' noch Turner Wichmann

trägt vor den Reichermann

und, wenn er bleibet stecken,

gleich schreit: „Halt! Halt! Ich kann",

solange Turner Herfort

singt schön „Im grünen Hain",

Solange wird's im Turnverein

fidel - gemütlich sein!

 

Solang' den „Jahrmarktsrummel"

der Teseler singt zu hoch,

und Suttkus sich beim Baden

gehörig abseift noch,

solang' dem Turner Dörffer

beim Hangeln was passiert.  

Solange auch im Turnverein

gar brav geturnet wird!

 

Solange Nitsch in Flora

das Tanzbein gerne schwingt,

solange Fechter Groß

immer tiefer - tiefer sing(k)t,

solang’ das Rokokobein

noch schwingt der Quedenfeld,

Solang' ist's um den Turnverein

gar nimmer schlecht bestellt!

 

Solange unser Rudloff

an bald'gen Eh'stand denkt,

und Strahlendorf, der Biedre,

sich dessentwegen kränkt,

solang' noch Onkel Emil

ein dammlich Lied verbracht,

Solange wankt und weichet auch

der Turnverein noch nicht!

 

Solange Nickel spielet

Billard im Monopol

und Surkau sich befindet

beim tiefen Bass so wohl.

solange Onkel Ludwig

die Reblaus singt so schön,

Solang- wird die Gemütlichkeit

bei uns nicht untergehn!  

 

Solang' Milthaler singet:

„Halt's Maul, da war ich auch"

und auch der Hantler Mohr streicht

sich seinen dicken Bauch,

solange Vogel's Backschieß säggt:

„Se wascht sick man de Feet",

Solange auch der Turnverein

in Ehren noch besteht!

 

Solange Wallner singet

vom „Pastor siene Kauh"

und Takt schlägt Sokolofski

präzise und genau,

auf schwäb'sche Eisenboahne

der gute Adler fährt,

Solange ist der Turnverein

geachtet und geehrt!

 

Solange Lockowandt kiekt

in Nachbars Teller rein,

solange Küssner I singt vom

Rheine und vom Wein,

solange Turner Enders

Litthauscher Konsul bleibt,

Solange auch kein Teufel uns

vom Turnplatz je vertreibt!  

 

Solange Breckenfelder

die Haare wachsen nicht

und bei dem Minnesange

er macht ein fromm’ Gesicht,

solange Turner Wiechert

zum Sange ist stets krank,

Solange wird im Turnverein

geturnt noch - Gott sei Dank!

 

Solange Heinrich Toballs

Kommandostimm' erschallt

und Gabriel noch badet,

wenn's 15 Grad kalt,

solange noch Schellathe

schwärmt für sein Turnerheim

Solange geht der Turnverein

auch nimmer aus dem Leim!

 

Solange Laue. Grüneklee

geh'n zum Pürschen aus

und bringen all' zusammen

'ne Schnepfe kaum nach Haus',

solang der kleine Köhne

noch forsch die Käthe spielt,

Solang' auch noch im Turnverein

ein jeder wohl sich fühlt!

 

Solange Jaxt ohn' Socken

und Unterbüxen geht,

solang' der schwarze Noske

noch Dauerreden red't,

solange Turner Matthes

Beim Reiten. Schwielen kriegt,

Solang' wird auch der Turnverein

Vergessen werden nicht!

 

 

Seite 10   Drei Jahre Suchdienst der Königsberger Stadtverwaltung

 Die Aufklärung schwieriger Suchfälle nach unseren vermissten Arbeitskameraden ist nun im Kommen begriffen. Durch die Berichterstattung vieler Landsleute ist nun bewiesen, dass sich alle Fälle klären lassen. Wir wollen unseren Kameradenfrauen helfen und müssen daher immer wieder an die mitfühlenden Herzen unserer Landsleute appellieren, uns durch irgendeinen Fingerzeig zu helfen. Wenn sich alle daran beteiligen, wird es möglich sein, die Suche nach den vermissten Arbeitskameraden der Stadtverwaltung Königsberg i. Pr. zum Abschluss zu bringen.

 

Wir werden von anderen Königsberger Landsleuten immer wieder gebeten, ihnen in der Suche nach den vermissten Zurückgebliebenen, zu helfen, da alles andere Suchen ohne Erfolg war. Wie schwer es für diese Angehörigen ist, in der Ungewissheit zu leben, wissen wir, aber zunächst soll und muss unsere Magistratsangelegenheit geklärt werden und die Beteiligung aller Landsleute an der Berichterstattung gewährleistet sein. Das Problem der Suche nach unseren verschollenen Zurückgebliebenen nach dem 10.04.1945 muss erst Herzenssache aller sein, dann erst können wir unsere Suche stufenweise auf ganz Königsberg ausbreiten.

 

Die Ostpr. Warte, die sich zu der laufenden Veröffentlichung dieser Suchartikel bereit erklärt hat, müsste dann von allen Landsleuten gehalten und gelesen werden. Nur so kommen wir dann unserem Ziel der Auffindung der Vermissten näher.

 

Erschreckend ist die Zahl derer die sich heute noch cm uns mit der Bitte wenden, ihre Angehöriger, die in Königsberg am 10.04.1945 zurückgeblieben sind, suchen zu helfen, weil alles andere Suchen bisher ohne Erfolg geblieben ist. Wie bereits erwähnt, hängt unsere Entscheidung von der Beteiligung aller Landsleute ab, die irgendwie einen Fingerzeig oder gar die Aufklärung geben können.

 

Zunächst bitten wir, unsere bisher veröffentlichen Artikel in der Ostpr. Warte ab Nr. 7 und fortlaufend, nochmals durchzulesen und uns im Interesse der ganzen Suchaktion zu berichten. Wir bitten aber auch die Angehörigen, an die aufgegebenen Adressen zu schreiben und Nachfrage zu halten und sich nicht etwa der Hoffnung hinzugeben, die Anschriftensammelstelle wird die Kleinarbeit auch noch machen. Das überall Freiumschlag und Papier beizufügen sind, dürfte infolge der ehrenamtlichen Arbeit eine Selbstverständlichkeit sein. Leider ist dem in 60 Fällen nicht der Fall, und bei dem Umfang der ganzen Arbeit kann dann eine Beantwortung nicht mehr erfolgen. Wir bringen nun laufend unsere Suchartikel in der Ostpr. Warte und bitten alle Landsleute um Berichterstattung. Danken möchten wir namens der Angehörigen der Vermissten allen Landsleuten, die uns durch Hinweise, Adressenangabe und Berichterstattung halfen, unser Suchwerk fortzuführen, und zwar den Landsleuten:

St-O-Insp. Wurpach,

Sparkassendirektor Georg Ludat,

St.-Insp. Friedrich Mollowitz,

St.-O.-Insp. Erwin Katschinski,

St.-Insp. Max Tuluweit,

St.-Insp. Günther Gerber,

St.-Insp. Arthur Kahn.

Dipl.-Ing. und Mag.-Baurat Thomas Schellwin,

Architekt Waldemar Nielsen,

Konditormeister Otto Albrecht,

St.-Insp. Wilhelm Schneider,

Fürsorgerin Frau Anna Gerlach.

St.-Amtmann Friedrich Siebert,

Mag.-Rat Carl Brenke, Herbert Szaebel, Elisabeth Schadlowski,

St.-Amtmarin Ernst Märzhäuser,

Brückenwärter Freiwald, Ernst Rostock,

St.-Insp. Waldemar Anstädt,

Stadtrat a. D. Paul Wolff,

Stadtbaumstr. Hans Brodersen,

St.-O.-B.-Tnsp. Willi Bense. Frau Gertrud Böhnke,

Stadtamtmann Carl Eberhardt,

Verw.-Rat Götz Hartwig, Gerda Kumstel,

St.-O.-Insp. Bruno Karpel, Erich Osmialowski,

Spark.-Kassierer Paul Rechtalski,

Spark.-Kassierer Paul Roppel,

St.-Insp. Altenberg, St.-Tnsp. Hans Schmidt,

St.-O.-Sekr. Karl Sellner.

St.-Insp. Richard Schmidau,

St.-O.Sekr. Kurt Dettmann,

St.-Insp. Eugen Schwokowski, Otto Schiemann, Fritz Schiemann, Ernestine Naujoks, Ursula Störmer, Lotti Hoffmann,

St.-InsD. Albert Thimm,

St.-Insp. Erwin Brettschneider,

Kulturbaumeister Bernhard Peppel,

St.-O.-Insp. Paul Skrodzki, gestorben  

St.-B.-Meister Kurt Westerhausen. Frau Edith Justies, Frau Amtmann, Paul Schulz, geb. Brustat, (vielleicht Amtmann, geb. Brustat?)

St.-Amt-mann Alfred Meiert, gestorben ,

Schwester Erna Mintel,

St.-O.-Sekr. Kurt Selbmann, Günther Lange, Walter Karlusch und Frau, Erwin Zielinski, Frau Elisabeth Hoffmann, Otto Beil, Ernst Kalweit, Hans Rosenstock, Gebr. Plorin, Johanna Staffensky.

 

Gesucht werden:

 Carl Lechleiter, Prokurist, Stiftung-Stadtverwaltung, Gefangennahme Bunker Poststr. Gesehen im Lager Bladiau und dann Lager Pr.-Holland. Wer war mit Genannten zusammen? Lechleiter war doch vielen Königsbergern bekannt und da müsste doch Klarheit über seinen Verbleib geschaffen werden.

 

Willy Goltz, St.-O.-Insp. Am 10.04.1945 in Gefangenschaft geraten. Mit unbestimmtem Ziel abtransportiert worden. Eine Klärung über das weitere Schicksal konnte nicht herbeigeführt werden.

 

Erich Becker. St.-B.-O.-Insp. Nach dem hier eingegangenen Bericht soll Becker gefallen sein. Wer war mit dem Genannten bis zur letzten Stunde zusammen? Im Zusammenbang wird ein Kamerad Werner genannt.

 

Bruno Winner, Oberbauleiter d. gemeinnützigen Wohnungsbau. Etwa 54 Jahre alt, letzte Wohnung Treßlerstr. (Maraunenhof). Letzte Nachricht 07.04.1945. Widersprechende Berichte. Wer weiß von dem Genannten etwas?

 

Dr. Seeger, Stadtmedizinalrat. 1947 aus Königsberg abtransportiert. Voraussichtlich im Lager in der Nähe von Irkurtsk (mong. Grenze). Heimkehrer, wer war mit Seeger zusammen?

 

KIara Ballnus, geb Woydtke. Letzte Nachricht im Herbst 1947 aus Königsberg Schwerkrank ins Krankenhaus eingeliefert. Wer weiß etwas über diese Kameradenfrau? Frau Gerlach mit der Bitte um Berichterstattung.

 

Hermann Thiele, Stadtamtmann. Die Berichte über Thiele haben keinen weiteren Suchweg ergeben und nochmals bitten wir alle Heimkehrer, auch die vom Lager Georgenburg bei Inster-burg, sich zu melden, die mit dem Genannten zusammen waren. Wo blieb Thiele, der angeblich dort Krankenträger war? Thiele müsste nach dem kurzen Bericht des Landsmanns Zander die Strapazen überlebt haben. Wo blieb Thiele? –

 

Fritz Gerngruber, St.-O.-Insp. 1945 angeblich bei Danzig in Gefangenschaft geraten. Seither fehlt jede Nachricht von ihm. Heimkehrer müssten doch etwas Positives berichten können.

 

Fritz Lukau, St.-O.-Insp. Soll im Lager Rothenstein gewesen sein. Die dort tätig gewesenen Sanitäter konnten leider bis jetzt nichts berichten. Wer war nun mit dem Genannten zusammen. Wo blieb Lukau nach der Zusammenstellung der Transporte nach dem Osten?

 

Hermann Schenk und Frau Elly, geb. Netzel. Städt. Kammermusiker. Letzte Wohnung: Kunkelstraße 24c/Simsonstr. Am 05.04.1945 noch in Königsberg gesehen worden. Wer war mit Schenk zusammen? - Letzte Nachricht vom 10.04.1945.

 

Fritz-Adolf Behrendt. St -Insp. Letzte Wohnung: Schindekopfstraße 26. Bis 10.04.1945 beim Steueramt Dienst getan. Vermutlich ist er beim Durchbruch vom Stadthaus über den Volksgarten dabei gewesen. Es kann auch sein, dass er im Bunker Poststr. oder Junkerstr. 8 Schutz gesucht hat. Voraussichtlich war sein Abtransport nach Lager Rothenstein. Wer sah und sprach ihn zum Schluss der Auflösung? Widersprechende Berichte mit Kollegen gleichen Namens und Geburtstages.

 

Albert Mertsch, St.-O.-Amtmann. Augenzeugen, die über seinen Tod berichten können, werden von den Angehörigen gesucht.

 

Wernien, St.-O.-Insp. Letztes Lebenszeichen vom 01.04.1945. Bis April mit St.-O.-Insp. Tiedtke in der General-Litzmannstraße beim Volkssturm Dienst getan. Wo fand sein Einsatz statt (Belagerung)? Wer war mit ihm zusammen? - Wer sprach ihn in den letzten Tagen der Übergabe?

 

Johannes Neumann, Städt. Obergärtner. Landsmann Gustav Plorin war mit dem Genannten im Lager Pr.-Eylau und Lager Königsberg, Ostpr-Werk. zusammen. Neumann wurde im Dezember 1946 aus dem Lager entlassen. Im Winter 1946/47 soll Neumann verhungert sein, was der wirkende ev. Pfarrer in Juditten, der Neumann gekannt hat, auch bestätigen kann. Wir suchen nun seine Ehefrau und den Sohn des Neumann, der in Dessau bei Junkers arbeiten soll.

 

Herta Holge, geb. Guske. Spark.-Angestellte. Sparkasse Stadthaus. Am 27.01.1945, mittags Kalth. Straße von ihren Verwandten verabschiedet, um nach Berent/Westpreußen zu ihrem Mann, der bei der Organisation Todt war, zu gelangen. Wer war mit Frau Holge auf dem Wege dorthin zusammen?

 

Kurt Maertsch, St.-O.-Insp. Zuletzt Soldat in Norwegen. Ehefrau Ende August 1944 nach Berlin übergesiedelt. Wo befindet sich der Genannte? - Widersprechende Berichte liegen vor; eingehende Aufklärung erforderlich.

 

Willi Weiß, Hauptzweigstellenleiter, Sparkasse. Königstraße. Am 02.04.1945 über die Nehrung von Danzig kommend in Königsberg eingetroffen. Landsmann Stormer, Frl. Romeike und Frl. Razuweit bitte zur Berichterstattung, ebenfalls die anderen Damen, die mit ihm zusammen waren. Es muss doch Klarheit im Fall Willi Weiß zu erbringen sein. Vielen Königsbergern war Kollege Weiß doch bekannt. Landsleute, helft bitte der Ehefrau, in dem ihr alle Berichte abgebt.

 

Gustav Perkuhn. Stadtinspekt, zuletzt Stadthaus, Wirtsch.-A.. Leider ist über ihn bis heute kein Fingerzeig eingegangen, um den weiteren Suchweg zu beschreiten. Sicher ist er in einem Lager aufgetaucht. Wer war mit ihm zusammen und hat ihn gesprochen. Wohin wurde er abtransportiert? - Letzte Nachricht 1945.

 

Willibald Krüger. St.-Amtmann. Zuletzt Stabszahlmeister im Osten. Seit Januar 1945 keine Nachricht. Heimkehrer, wer war mit dem Genannten zusammen? - Für jeden Fingerzeig sind wir dankbar. Denkt an die Angehörigen, die heute noch in der Ungewissheit leben? –

 

Else Schmolski. Spark.-Angestellte, Sparkasse Stadthaus. Seit Februar 1945 auch von den Eltern dieser Arbeitskameradin keine Spur zu finden. Wer war zuletzt mit der Genannten zusammen? –

 

Fritz Ankermann, Spark.-Angestellter, Sparkasse Stadthaus. Im Juni/Juli 1945 aus einem Zivilgefangenenlager in Königsberg entlassen. Wer sah ihn noch im Juli 1945 dort? - Die Möglichkeit besteht, dass Ankermann sich in der Ostzone aufhält. Welches ist seine Anschrift?

 

Henning, St.-Inspektor. Letzte Dienststelle: Preisbehörde für Mieten und Pachten. Letzte Wohnung Tragheimer Kirchenstraße 73. Seit März 1945 fehlt jede Nachricht von ihm. Kollegen, Landsleute und Hausbewohner gebt irgendeinen Fingerzeig, damit wir den weiteren Suchweg verfolgen können. Wir haben in diesem Falle noch nichts in Erfahrung gebracht.

 

Richard Thiel. Schiffszimmerer und Taucher. Letzte Dienststelle Königsberger Hafengesellschaft, dann zum Volkssturm. Wer war mit ihm bis zuletzt zusammen. Auch hier ist es uns bis jetzt nicht gelungen, einen Weg zu finden, der zur Aufklärung des Falles beitragen könnte.

 

Erich Neumann, Spark.-Kassierer. Letzte Dienststelle Sparkasse Stadthaus. Januar 1945 zum Volkssturm) eingezogen. Am 05. oder 06. April 1945 bei den Kämpfen um Königsberg verwundet. In der Blindenanstalt, Luisenallee, eingeliefert. Dann fehlt jede weitere Spur. Wohin wurde Neumann abtransportiert. Die Verwundeten sind doch größtenteils ins Reich verschickt worden. Der Weg über Pillau stand doch noch offen (Pregelabwärts). Welche Schwester oder Sanitäter, kann Bericht abgeben?

 

Charlotte Lopanz, städt. Angest. Im Mai 1948 noch im Hospital des Lagers Georgenburg, UdSSR., Lager 7445 (Malaria mit schweren Herzanfall). Wo ist sie später geblieben? - Nach ihrer Entlassung wollte sie zu ihren Verwandten bei Lübeck. Wer kann weiteren Bericht abgeben? –

 

Alfred Schusterius. St.-Insp. Als Stabsintendant bei der Heeresgebührnisstelle Königsberg (Pr.) Am 26.02.1945 in einer Totenliste als in Pillau verstorben eingetragen. Heimkehrer. Landsleute, wer kann über die näheren Umstände seines Todes berichten? - Sehr wichtig für die Angehörigen! Helft alle zur Aufklärung des Falles beizutragen.

 

Otto Wilfert und Frau, Beamter der städt. Fuhrgesellschaft. Letzte Wohnung, Luisenallee 96a. Wer kann über die näheren Umstände seines Todes berichten. Wo blieb die Ehefrau nebst Schwiegermutter? - Letzte Nachricht am 04.04.1945.

 

Erich Bartsch. Kassenleiter der Stiftung für gemeinnützigen Wohnungsbau. Seit den Kämpfen um Königsberg vermisst. Wer sah und sprach ihn? - Durch welche Lager ist er gegangen? - Irgendwelche Berichte sind bis heute nicht eingegangen. Gefreiter im Stab, Dienststelle Feldpost Nr. 27 137 E. Wahrscheinlich Einsatz bei Metgethen.

 

Friedrich Wilhelm Fuhlbrügge. Lebensmittelverteiler im Stadthaus. Soll bei den Kämpfen um das Stadthaus als Kommandant gefallen sein. Weitere Berichte besagen, dass er als Befehlshaber des Stadthauses bei der Einnahme erschossen worden sei. Ferner soll er in Gefangenschaft geraten und späterhin in einem Lager verstorben sein. Wer war nun mit Fuhlbrügge bis zuletzt zusammen? Diese widersprechenden Nachrichten können der Ehefrau keine Gewissheit geben.

 

Karl Sellner, St.-Inspektor. Soll im März 1946 im Lager Pr.-Eylau verstorben sein. Wer kann über seinen Tod Näheres berichten. Die Kollegin Elisabeth Venohr. Bremerhaven, die zurzeit

das Hospital des Lagers betreute, bitten wir um Berichterstattung.

 

Alfred Behrendt, Schlosser. KWS., Abteilung Gaswerk, ist noch nicht gefunden worden. Wer war mit Behrendtim Lager zusammen. Die vielen Arbeitskameraden, die 1945 zurückblieben und jetzt bereits im Westen wohnen, müssten doch Bericht erstatten können. Landsleute, achtet auch auf unsere Suchreportagen im Rundfunk!

 

Weitere Berichte in der nächsten Nummer dieses Heimatblattes. Anschriftensammelstelle der Königsberger Magistratsbeamten, -Angestellten und -Arbeiter (16) Biedenkopf, Hospitalstr. 1, II.

 

 

Seite 10   Landsleute bitte herhören

 Unzählige Arbeitskameradinnen und Arbeitskameraden der Stadtverwaltung Königsberg, Pr fehlen noch. Unzählig sind aber auch all die Heimkehrer, die 1947 und 1948 von dort kamen Wir bitten daher nochmals alle Landsleute unsere Artikel in Nr. 7 und 8 der Ostpreußen-Warte durchzulesen und uns jeden Fingerzeig hierher zu melden. Es muss doch möglich sein, alle Falle zu klären. Die Angehörigen unserer Vermissten werden es Euch zu danken wissen, wenn jeder sein Teil des Suchens beiträgt. Bedenkt doch, wie unendlich schwer es ist, in der Ungewissheit zu leben. Gebt die Ostpreußen-Warte weiter, so dass sie auch der letzte Landsmann liest. Nur so kommen wir unserem Ziel näher. Wer unsere Totentafel durchsieht und etwas über Leben und Tod unserer vermissten Arbeitskameraden zu berichten weiß, der gebe Nachricht, die wir den Angehörigen übermitteln werden. Lassen Sie sich nicht immer wieder bitten! Von Ihrer Nachricht hängt viel für die Angehörigen ab, die heute noch bittere Not leiden. Ihnen zu helfen, ist unsere ehrenamtliche Aufgabe.

 

Insbesondere danken wir namens der Angehörigen unserer Vermissten im Fall St.-Verm.O.-Insp. Max Kördel, Landsmann Fritz Mehlhaupt (14) Heubach, für die Berichterstattung. Der Fall Schwimmmeister Friedrich Stein, gestorben,  konnte durch seinen Kameraden Friedrich Romahn, Maxhütte-Haidhof, geklärt werden. Wir danken auch allen anderen Berichterstattern für die vielen Hinweise. –

 

Max Kördel ist voraussichtlich auf dem Wege von Kaserne Ballith nach dem Forth Juditten durch Granatsplitter gefallen. Wer hat ihn helfen beerdigen? Wo befindet sich sein Grab? -Wichtig für die Angehörigen.

 

Stadtoberinspektor Hermann Rehberg: Letzte Wohnung Rennparkallee 100. Am 11.04.1945 in Gefangenschaft geraten. Wer kann weitere Auskunft erteilen?

 

St.-Insp. Fritz Lemke: Zuletzt Oberfeuerwerker im Heereszeugamt Rothenstein. Auf dem Marsch in die Gefangenschaft erkrankt und auf einen Lkw geladen. Von da ab fehlt jede Spur.

 

Eduard Kittler: Bewirtschaftung der Ledergroßhandlung Königsberg. Im August 1945 im Lager Georgenburg. Von da Abtransport. Wer waren die sechs Heimkehrer, die mit Kitller zusammen waren? - Wo ist Kittler geblieben?

 

Frau Marie Laddey, geb. Voelk: Ehefrau des in Königsberg verstorbenen Stadtbaubetriebsoberinspektor Arthur Laddey (Gaswerk). Frau Laddey ist am 06.10.1874 geboren. Wer hat sie in Königsberg gesehen und gesprochen? Schwestern und Betriebsangestellte des Krankenhauses dürften Bericht abgeben können, falls Frau Laddey dort 1945 krank eingeliefert worden ist. Wer fand von den damaligen Krankenfürsorgerinnen, die die Wohnungen nach Kranken durchkämmten, Frau Laddey? –

 

Schwester Dora Ricklinkat: Operationsschwester der Städt. Krankenanstalt. 1944 Außenstation Allenberg. Letzte Nachricht Januar 1945. Wer war mit ihr bis zuletzt zusammen?

 

Vermess.-Ing. Erich Link: Zuletzt im Lager Rothenstein. Wer sah und sprach ihn dort? - Wohin wurde Link abtransportiert?

 

Angestellter Bruno König: Leiter der Seifenbewirtschaftungsstelle in der Drummstraße. Letzte Wohnung Hoffmannstraße 9. Seit April 1945 verschollen. Da Bruno KKönig vielen Königsbergern bekannt war, müsste jemand über ihn berichten können.

 

In Nr. 8 der Ostpreußen-Warte heißt es nicht Frieda Kalbe, sondern Frieda Kolbe, Wohnung Kummerauer Str. 23, zuletzt in Rauschen angeblich gesehen worden. Wer war mit ihr zusammen?

 

Weiter werden gesucht:

 

St.-Insp. Bernhard Lau.

St.-Sekretärin Haack,

Angest. Richard Plüschke, Emil Reitz (KWS.), Otto Steinke, Lothar Neubauer,

Goltzallee 24, Siegfried Christoph, Goltzallee 13,

Rechtsanwalt Nüske, Kramer, Goltzallee 17, Ottokar Bergau, Heinz Radtke, Viktoria-Allee 12, Familie Teschner von der verstorbenen Margott Teschner,

Spark-Angest. Hedwig Kutz,

Ermittlungsbeamter Heinrich Jahnke, Hans Redetzki und Familie,

St.-Amtm. Krüger,

die Bauführer Rockel. Hüge und Bangel,

Bauing. Reß,

Bauaufseher Pflug.

St.-Insp. Otto Kaiser,

St.-Insp. Gustav Mild,

Mag.-Rat Kurt Haasler, Berta Lau (Fuhr-ges.), Anna Hoffmann (Fuhrges.),

St.-Insp. Buttler, aus Friedrichstr. 12,

Dienststelle 3, fogende Landsleute: Franz Sauwan, Liesbeth Hein, Otto Fritsch, Peter Ruffin, Auguste Bojahr, Hertha Sebald,

St.-O.-Insp. Rautenberg.

St.-Insp. Zabe,

Angestellte Frau Lange, Frau Kähler, Frau Krause, Direktor Erlat (Stadthalle).

St.-Insp. Kantelberg,

Angestellter Wypischeck,

Angest. Paul Grenz, Lockau (Wi.-Amt)

Angestellte Dombrowski,

Bauoberinsp. Rudolf Brandtstätter (Masch.-Amt)

Lagerverw. d. KWS.. Wilhelm Raddatz,

St.-Insp. Kuhn, Richard Schmeer (Magisterstr. 41),

Franz Kuhn, Franz Kuhnert (Wilhelmstr.), Wiesbaum. Böhme (Str. d. SA),

Witwe St.-Sekr. Lotto Steffenhagen,

St.-Insp. Mandel

Angestellter Haugwitz,

Angest. August May

St.-Insp. List,

Angest. Dieck,

Dienstanfänger Grentsch Bauing. Franz Borbe,

Stadtbaumstr Max Pulver.

 

Die städtische Angestellte Frau Julianne Johannson starb auf der Flucht am 11.02.1945 in Danzig. Die Landsmännin Frau Elisabeth Hermann, die diese Meldung hierher gereicht hat ist von der Toten bei Lebzeiten beauftragt worden, dies ihren Angehörigen mitzuteilen.

 

Wir suchen die Familie Rittkewitz aus Lauenburg in Pommern bei Frau von Fourier, die sich ebenfalls nach dem Westen begeben hat.

 

Die Arbeitskameradin Irmgard Jähne-Scheel in Spanien sucht die Arbeitskameradin Christel Juergasch-Saul. Die Ostpreußen-Warte wird auch in Spanien gelesen.

 

 

Seite 10   Soldaten der Von-Grollmann-Kaserne Osterode, Ostpreußen

 Russlandheimkehrer, Memelländer! Wer kann über das Schicksal meines Vaters, Hauptmann Gerhard Schmaeling, geb. 19.06.1897 Auskunft geben. Heimatanschrift: Memel, Ad.-Hitler-Straße 8, bzw. Gut Liebken. Letzter Standort: Osterode, Ostpreußen. 3. Kraft.-Ers.-Abteilung. Letzter Einsatz: Gilgenburg/Tannenbergdenkmal, Mitte Januar 1945 als Bataillonskommandeur. Nachrichten erbeten an: Ralph Schmaeling, München 27, Gauß-Straße 4, II.

 

 

Seite 11   Familienanzeigen

 Am 7. Dezember 1950 verschied nach kurzem Leiden unsere liebe Mutter und Großmutter Frau Johanna Schucany, geb. Espe im 83. Lebensjahr. Dies zeigt in tiefer Trauer an Gerhard Schucany, im Namen aller Hinterbliebenen. Düsseldorf, den 11. Dezember 1950. Die Beisetzung hat in aller Stille in Markt-Einersheim stattgefunden.

 

Gott, der Herr, rief für uns unerwartet. 3 ½  Wochen nach dem Heimgang unseres Vaters, am Montag, dem 27. November 1950, zu sich in die Herrlichkeit unsere liebe Mutter, Schwester, Schwiegermutter und Großmutter, die Lehrerwitwe, Emma Buczilowski, geb. Kienitz, im 57. Lebensjahr. Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und Er wird mich hernach aus der Erde auferwecken. Hiob 19,25 Laura Kuberka, geb. Buczilowski, Gr. Upalten (Ostpreußen). Helene Buczilowski, Oberhausen-Sterkrade. Paul Buczilowski. Serrahn. Erna Buczilowski, Bad Münder. Marie Karrasch geb. Kienitz Schulenberg (Hann.). Wattmannshagen, den 30.11.1950 (früher Gr. Upalten, Ostpreußen)

 

Am 11. Februar 1951 begeht der Rentner Herr Karl Biller, früher Königsberg. (Pr.), seinen 75. Geburtstag. Er hat über 40 Jahre bei dem Königsberger Magistrat gearbeitet. Sein Sohn ist der bekannte Rundfunk-Cellist Walter Biller, jetzt Stuttgart. Herr Biller wohnt in Böddenstedt, Krs. Uelzen, mit seiner Tochter und Frau Anna Tromp zusammen, die erst 1948 aus Königsberg kam.

 

Wir gratulieren. Am 5. Februar 1951 feiert die Ostpreußin, Frau Florence Bienko, früher Königsberg. Wallenrodtstraße 6. fern ihrer geliebten Heimat, ihren 85. Geburtstag in Heidelberg. Frau Bienko ist blind und muss bereits seit 2 ½ Jahren das Bett hüten. Wir wünschen dieser Ostpreußin für ihren Lebensabend alles Gute und die Kraft, ihr schweres Schicksal tragen zu können.

 
Russlandheimkehrer! Wer kann Auskunft geben über meinen Sohn Werner Graetz, geb. 30.07.1925 in Erkner bei Berlin, Feldpost-Nr 2 2 848 E. Letzte Nachricht 17.08.1944. Raum Jassy. Zuschriften bitte an Frau Käthe Graetz, (20b) Hornburg, Kreis Wolfenbüttel. Schloßbergstraße 101.

 Russlandheimkehrer: Wer kennt meinen Sohn, den Obergefreiten Reinhold Born, geb. 10.06.1924, Kaufm., Heimatanschrift: Tilslt/Übermeme!, Milchbuderstr. 29. Gehörte der 309. Div. und 349. Nachr.-Abt. an. Er hatte bis 01.04.1945 die Feldp.-Nr. 08642 C, dann Feldp.-Nr. 00353 A. Letzte Nachricht vom 01.04.1945 vor Karlsberg. Born kennt die Anschrift seiner Eltern Georg Born, Kühnitzsch über Wurzen (Sachsen). Wer kennt meinen Sohn, wer hat ihn gesehen, welches Schicksal hat Ihn betroffen? Nachricht erbeten an Georg Born (20b) Lödingsen über Uslar/Land.

 

Feldp.-Nr. 1884 2 D. Wer kann Auskunft geben über Füs. Friedrich Krause, aus Worleinen Krs. Osterode, geb. 23.09.1909. Letzte Nachricht vom 03.03.1945 aus Westpreußen. Nachricht erb. an Erwin Poschmann (24b) Kistorf/Holstein über Ulzburg. Feldp.-Nr. 28 774 C und  19 007 B. Wer war mit Feldw. Alfred Poschmann aus Rössel, geb. 20.12.1919 zusammen? Letzte Nachricht Februar 1945 aus Ungarn. Nachricht erb. an Erwin Poschmann (24b) Kisdorf/Holstein über Ulzburg.

 Gesucht wird Bauer Johannes Nitsch aus Freudenberg Kreis Rössel, geb. 29. Juni 1903 in Waldensee bei Seeburg. Nitsch wurde am 01.02.1945 von Blankensee durch die Russen verschleppt, zuerst nach Seeburg, dann vermutlich nach Sibirien.Seine Angehörigen haben nie ein Lebenszeichen von ihm erhalten. Nachricht über den Verbleib des Gesuchten erbeten an A. Witt. Recklinghausen. Brucknerstr. 18.

 

Wer weiß etwas von dem Schicksal von Max Stobbe. früher Dublinen Kreis Rastenburg. Nachricht erb. herzl. Frau Siebert-Corben, Hannover. Schackstr. 1 b.

 

Willi Stadie. Fuhrhalter, Insterburg, Quandelstr. 5 und Frau Erna Stange geb. Rudat aus Insterburg werden gesucht von Frau Emma Balzereit. Landolfshausen 65 über Göttingen. Die gesuchten Personen können Auskunft geben. dass mein Mann, Gerhard Balzereit, Insterburg, Luisenstr. 3. als Kraftfahrer bei Stadie tätig war.

 

Heinz Hoffmann, geb. 25.06 1917 in Tilsit, Uffz. der Feldpostnummer 09639 B (Tilsiter Bttl.) kam im November 1942 von Frankreich nach Russland. Letzter Brief vom 13.12.1942, ca. 110 km nördl. von Stalino. Der Transnort soll am 23.12.1942 ganz in russ. Hände gefallen sein. Wer kennt die Einheit, wer kennt Heinz Hoffmann und wer kann über die Einheit Auskunft geben? Nachr. erb. an Max Hoffmann (13a) Schlackenhof 14, Post Kemnath Stdt/Oberfr.

 

Familie Svmanzik aus Lyck, Deutsche Straße 1 und Familie Konrad, Lyck, Städt. Siedlung, werden gesucht von M. Wienskowski, Bremen, Wernigeroder Straße 10 oder 19?

 

Wer kann Auskunft geben über den Verbleib der Familie Ernst Soldat, zuletzt mit Frau, Töchterchen Renate und kl. Sohn, in Königsberg, Hindenburgstraße wohnhaft gewesen, wird gesucht von Florenze Bienko, Heidelberg, Posseltstraße 6

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Vater Albert Plikat, Maurermeister und Landwirt aus Grilsen Kreis Goldap. geb. 07.05.1887 in Schönthal Kreis Goldap. Er wurde am 15.03.1945 von den Russen verschlepot, als Ziv. aus unserem Evakuierungsort Groß-Kölln. Kreis Rössel. Mit ihm zusammen war auch Landwirt Franz Tomuschat aus Barkau Kreis Goldap und viele andere Männer und Burschen. Nachricht erbittet Frau Gerda Bambolat, geb. Plikat, (20a), Dinklar 38, über Hildesheim, Hannover

 

Kurt Werner, geb. 22.05.1905 in Königsberg. Bis August 1944 wohnhaft Steindamm 174/5 Vorderh., dann Schrötterstraße 22 bei Dieckert. Werner war Dreher bei der Straßenbahnwerkstatt in Cosse der KWS. Letzte Nachricht vom April 1945 an eine Verwandte in Thür, über den Todesfall seines Schwagers Herb. Böttcher. Nachr. erb. an seinen Vater Fritz Werner (24b) Elmshorn, Kaltenweide 7.

 

Hildegard Trube, geb. Meyer, geb. 25.01.1922 in Waldhausen, letzte Wohnung Insterburg; Gertrud Meyer, geb. 03.03.1923 in Waldhausen bei Insterburg werden gesucht von Maria Jackstien, Mörs/Rhld., Alexanderstr. 34.

 

Heinrich Sadowski, Königsberg, Roonstr. 19; Dr. Karl-Ernst Lowitz, Insterburg. werden gesucht von Erwin Helwing, Viersen/Rhld., Mittelstraße 1.

 

Erika Doliwa aus Neidenburg (Ostpreußen) wird gesucht von Winfried Hennig (21a) Gelsenkirchen, Mühlenbruchstr. 48 (Unkosten werden erstattet).

 

Gesucht werden Hauptfeldwebel Ferdi Walter, Feldp.-Nr. 67 245 B, zutetzt in Schröttersburg/Südostpreußen bei einem Magenbatl., letzte Nachricht Januar 1945, und Klemens Walter, letzte Nachricht aus Russland 1946, Anschrift Moskau, Rotes Kreuz, Postfach 256/1, UdSSR. Heimatanschrift Neurode, Kreis Glatz, Weberberg 19. Nachricht erbittet Ferdinand Walter, Homberg, Bezirk Kassel, Untergasse 30.

 

Frau Hedwig Fabian, Lehrerwitwe, geb. 31.07.1878, zuletzt wohnhaft in Königsberg, Stegemannstr. 51, letztes Lebenszeichen vom 20.02.1945; Frau Betty Schlicker, zuletzt wohnhaft in Königsberg, Samlandweg 6. Wem ist etwas über das Schicksal der Gesuchten bekannt? Nachricht an Walter Fabian, Barsinghausen, Kreis Hannover, Hoppenkamp. 10.

 

Wer kann Auskunft erteilen üb. meinen Onkel Ernst Hess, geb. 07.11.1896 in Neuweide Kreis Pillkallen (kriegsblind seit 1918), wohnhaft gewesen: Tilsit, Erich-Kochstr. 34, totalfliegergesch. Sommer 1944. Auf der Flucht zuletzt im Kreis Heilsberg, Ort unbekannt. In Begleitung von Frau Witwe Büttner oder Bittner, Wanda. Auskunft erb. Charlotte Hess, Stuttgart-O., Abenlsberger? Str. 53.

 

Anna Lurnatus geb. Liedtke, geb. 10.10.1895, letzte Wohnort Danzig-Ohra, Horst-Wessel-Str. 81, und August Liedtke, geb. 13.06.1903, letzter Wohnort Flemdorf über Angermünde, sowie Franz Liedtke, geb. 14. 12.1900, letzter Wohnort Suckschin Kreis Danz.-Höhe, werden gesucht von Frau Helene Reiffer geb. Liedtke, Nord-Lünen/Westf., Steinstr. 235.

 

Wer kann Auskunft geben über Uffz. Fritz Achenbach, aus Ebenrode/Ostpr.? Letzte Nachricht vom 24.03.1945 aus Brockhagen bei Landesschützenbattl. G, 2. Komp., Halle/Westf.? Nachricht erb. an Fritz Teubler, Berlin-Neukölln, Bendastraße 14. III.

 

Wer kann Auskunft geben über Herrn Bruno Lange aus Heiligenbeil, Brausberger Str. 15, Auto-Rep.-Werkstatt und Großtankst.? Nachr. erb. an Kurt Winter, Hildesheim, Hermannstr. 11.

 

Feldp.-Nr. 26 792. Wer kennt Angehörige dieser Feldpostnummer, die zuletzt im Weichselbogen, Januar 1945, gekämpft haben? Wer kann über das Schicksal des Obergefreiten Fritz Venohr, geb. 23.??.1921, Auskunft geben. Nachricht erb. an Studienrat B. Faeskorn (22a) Wesel. Viehtor 6.

 

Königsberger! Wer kann mir Nachricht geben über Frau Sally, wohnh. auf den Hufen, Hindenburg- oder Beekstr., bei der mein Mann, Apotheker Gottfried Jaeger im Herbst 1945 gestorben sein soll. Nachricht erb. an Frau Charl. Jaeger, Happurg über Hersbruck/Mittelfr.

 

Suche meine Mutter Anna Voigt, geb. Manthey und meine Schwester Ilse Voigt, beide wohnhaft Königsberg, Wallenrodtstr. 39. Wir wurden Mitte Februar 1945 im Lager Podewitten(?) bei Tapiau getrennt. Meine Angehörigen sollen in ein Lager bei Pillkallen gebracht worden sein. Nachricht erb. an Brigitte Voigt, Münster, Westf. Roselerstr. 44.

 

Telegr. Bauamt Königsberg./Pr. - Danzig! Wer kann Auskunft oder Hinweis geben über meinen Bruder Werkm. Walter Haack, geb. 14.08.1899. Letzte Wohnung u. Arbeitgeber. Telegr.-Baudienstst. V. Neukirchhöhe über Elbing (soll In Gotenhafen/Danzig gesehen worden sein). Letzte Nachr. Januar 1945. Wer weiß etwas über den Verbleib seiner Familie, Marie geb. Schröder, geb. 31.12.1905 und Kinder Georg, geb. 13.10.1933, Erika, geb. 25.01.1937. Letzter Aufenthalt der Familie in Königsberg bei ihren Eltern, Pens. Postbeamter Schröder, Hans-Sagan-Str. 43, Nachricht erb. an Frau Else Gehrke geb. Haack. Obernburg/Main. Römerstraße 54.

 

Klaus Grunau, geb. 22.11.1926, aus Königsberg, Yorkstraße 7, wird gesucht. Grunau war im RAD-Lager 1/392 Feldpostnummer 28 776/2 in Gehsen bei Johannisburg. Zuletzt im Februar 1945 in Braunsberg auf dem Rückzug gesehen worden Wer war mit ihm zusammen? Auskunft erbeten an seine Schwester Christel Grunau, Kellinghusen, Holstein (24b), Lornsenstraße 19

 

Waltraut Müller, geb. 27.07.1926 in Königsberg, dort wohnhaft, Sackheim 67, am 01.04.1944 zum RAD, im Dezember 1944 nach Hofheim bei Schweinfurth evakuiert. Im Januar 1945 im Krankenrevier des RAD in Rotenburg o. T., im Februar 1945 entlassen mit angeblichem Reiseziel: Tante in Sachsen. Seitdem vermisst. Eltern: Franz Müller, Maler, zuletzt Luftwaffen-uffz.; Mutter: Hedwig. Eltern ausgebombt In Königsberg, seit September 1944 bei Familie Schulzki in Blankensee bei Heilsberg. Nachricht an Heinz Kanty. Wolfratshausen/Obb. Weidach 34.

 

Gesucht werden folgende Kameraden: Ernst Dewner. Plötzig, Heinrich Krüger und Walter Abrahm, aus Gr. Wiesnewke. Kreis Zempelburg, Westpreußen. Wer weiß den jetzigen Aufenthaltsort in Westdeutschland. Nachricht erbittet Gustav Kremin, Neermoor, Kreis Leer. Ostfriesland (Bahnhof).

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Vater Albert Rhode, geb. 02.02.1888, wohnhaft Köngsberg/ Ostpreußen, Am Bahnhofswall 4. Zuletzt 1945 in Allenstein gesehen worden, wollte zu seiner Familie nach Königsberg. Von da an fehlt Jede Spur. Nachricht erbittet Ruth Engel, (23) Krögerdorf über Delmenhorst in Oldenburg.

 

Wer kann Auskunft geben über meine Neffen Obergefr. Helmut Zeise, geb. 23. Juli 1912, letzte Nachricht 07.01.1945. Pr.-Eylau (Ostpreußen), und Erwin Zeise, geb. 21.07.1913, Feldpostnr. 36 115 D. vermisst bei Melitopol. 25.10.1943. Nachricht erbittet E. Zierott, Adenstedt 89, Kr. Alfeld (Leine).

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Sohn SS-Rottenf. Helmut Poerschke, geb. 27.01.1921 in Elbing, Zigarrenmacherstr. 13? Letzte Nachricht aus russ. Gefangenschaft Postfach 315/2. Um Nachricht bittet Hans Poerschke. (22a) Gubberath 4. Kr. Grevenbroich.

 

Welche Elbinger Heimkehrerin aus Russland kann über meine am 14.02.1945 internierte Ehefrau, Schneidermeisterin Erna Kleiß, geb. Radtke, aus Elbing, Admiral-Scheer-Str. 64. Auskunft geben? und: Wer kann Auskunft geben über Verbleib oder Ende von Frau Marta Reichel, geb. Radtke, wohnhaft in Danzig-Lengfuhr. Magdeburger Str. 25. Nachricht erbeten an Hans-Richard Kleiß. (22a) Krefeld, St.-Töniser-Straße 169.

 

Obgefr. Alois Steinmann. Landwirt aus Tykrigehnen (Ostpreußen), Feldpost-Nr. 35 225 C, vermisst seit 16.10.1944 in Litauen, wird gesucht von Frau Liselotte Steinmann, Eslohe. Haus Wenne, Kreis Meschede (Westf.). ,

 

Erwin Smldt, Oberfeldwebel, Pz.-Jg.-Abt. 1, 5. Lehrkomp., Allenstein. geb. 12.10.1921, in Ortelsburg. Zivilberuf Holzkaufmann bei Anders, Ortelsburg. Zuletzt Dorfkampf Jadden bei Alt-Wartenburg/Ostpreußen. Gesucht von Familie Axel Smidt. (20 b) Petershütte 1 über Herzberg. Post Lasfede.

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Sohn Rudolf Marx, aus Elbing, Neuegutstr. 25a, geb. 17.12.1921. Er wurde verschleppt am 10.02.1945 aus Elbing. Nachricht erbittet Frau Marie Marx, Gummersbach, Hindenburgstraße 47.

 

Wer kennt Stabsgefr. Erwin Scheffler, geb. 14.05.1912 in Hoofe/ Landsberg (Ostpreußen). Feldpost-Nr. L 25 116, L 18 309 Luftg. P. A. Frankfurt/Main. Letzte Nachricht 28.12.1944 Gegend Colmar (Frankreich). Nachricht erbittet Frau Irma Scheffler, (24) Mustin. Ratzeburg/Holstein.

 

Willi Pehlke, geb. 24.10.1912 in Kraphausen (Ostpreußen) und Frau Elisabeth, geb. Neumann mit Kindern Horst u. Gerhard, Heimatanschrift Rambsen bei Schönbruch (Ostpreußen) wird gesucht von Paul Wölk, Kratzerimbach. Kr. Freising (Obb.)

 

Gesucht wird Falschirmläger Siegfried Günther, geb. 03.01.1922, Danzig. Letzte Nachricht Januar 1945 Insterburg/Ostpreußen. vorübergehend im Regimentsstab, Zivilberuf Kupferschmied. Danziger Werft. Bitte höflich auch um ungünstige Nachricht. Witwe Selma Günther, (14a) Gerlingen  Stuttgart. Panoramastraße 12.

 

Gesucht wird Käthe Hinzberg, geboren 19.11.1928. letzter Wohnsiitz Rauschken, Kreis Osterode. Von Königsberg mit Frau Ott, aus Juditten geflüchtet. Nachricht erbittet Frau Hinzburg, Marienwarder. Kreis Plön.

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Mann Heinz Arndt, geb. 30.01.1915, wohnhaft Königsberg/ Ostpreußen, Haberberger Neue Gasse 24 a? Vermisst seit 28. Februar 1944 bei Dodosi (Kroatien). Vermutlich in Gefangenschaft geraten. Nachricht erbittet Frieda Arndt, geb. Saga, (24 a) Großenwörden über Himmelpforten. Kreis Stade (Niederelbe). Unkosten werden erstattet.

 

Gesucht werden Familie Anton Festag, früher Liebenthal über Lichtenau (Ostpreußen), Familie Apotheker Otto Tille, früher Tetschen-Bodenbach (Sudeten), Am Weiher 5. von Familie Dr. Otto Kauke. (16) Frankfurt/M. I, Humboldtstraße 47.

 

Wer kann mir Auskunft geben über meine Schwester Helene Leyk, geb. Koletzki, mit Mann und 3 Kindern aus Giesenau, Kreis Sensburg (Ostpreußen)? Sie war im Jahre 1946 in Lähden, Kreis Meppen, und ist seither verschollen. Wer weiß Ihren Aufenthalt? Nachricht erbeten an Paul Koletzki. Tiefenbach bei Holzschwang, Kr. Neu-Ulm/Donau.

 

Achtung! Königsberger. Ostpreußen! Obst- u. Gemüsehändl. Artur Augustin sucht Zeugen, dass ich politisch inhaftiert war; dass ich Kriegsbeschädigten-Rente bezogen habe. Schausteller Arno Eisermann - Otto Albrecht, bitte melden. Artur Augustin, Freilingen über Blankenheim (Eifel).

 

Gesucht werden Gendarmeriemeister Willi Teschke nebst Frau Luise, geb. Volkmann und Sohn Horst aus Schwalbental über Bokellen, Kreis Insterburg. Letzte Nachricht von Frau Teschke Januar 1946 aus Stolp. Auskunft erbittet Hertha Glatt, Flensburg. Zur Exe 14.

 

Russlandheimkehrer! Wer kann Auskunft geben über den Verbleib meines Mannes Uffz. Egon Fischer, geb. 11.08.1909, aus Gr. Engelau, Kr. Wehlau/Ostpreußen Vermisst seit Juni 1944 Mogilew-Minsk, Feldpost-Nr. 25 967 D. Nachricht erbittet Herta Fischer. Allerdorf, Kreis Verden, Bezirk Bremen.

 

Russlandheimkehrerin. Wer ist November 1945 mit Margot Niesziry geb. 30. November 1929, Grünau, Kreis Sensburg (Ostpreußen) nach Berlin zurückgekommen. Nachricht erbittet Frau Auguste Niesziry, Lieborn-Osthusen 12, Kreis Beckum.

 

Feldpost-Nr. 19 053! Wer kann Auskunft geben über meinen Sohn, den Gefreiten Franz Lange, geb. 02.07.1926 in Löningen (Oldenburg)? Seine letzte Nachricht war vom 12. März 1945 aus dem Raume Braunsberg - Heiligenbeil (Ostpreußen). Seit der Zeit fehlt jede Spur von ihm. Für die kleinste Nachricht über den Verbleib unseres Sohnes sind wir dankbar. Unkosten werden erstattet. Karl Lange. Lederfabrik, Löningen (Oldenburg).

 

Wer war im Lager Nischni Tagie? Suche Elfriede König, geb. 19.03.1927, Kontoristin aus Elbing. Jede Auskunft erbittet Paul König, Kettwig / Breitscheid, Ruhrhönenweg 2.

 

Ostpreußen! Wer kann Auskunft geben über meinen Vater Gustav Mehlfeld. geb. 08.01.1889 in Stiegehnen, Kreis Königsberg (Pr.)? Letzte Wohnung und Aufenthalt bis 1945 Jungferndorf, Kr. Königsberg. Nachricht erbittet Otto Mehlfeld, (14a) Ulm/Donau. Yorktstr. 25.

 

Achtung! Kameraden der Einheit Klinke. Gut Liep/Königsberg! Wer war mit meinen Mann, Gefr. Otto Baldßuhn. zusammen? Wer weiß etwas von ihm? Um Auskunft bittet Frau Martha Baldßuhn, Barredam bei Sterup, Krs. Flensburg, früher Insterburg-Sprindt, Birkenweg 21.

 

Gesucht werden Gebr. Klaus und Günther Czwalinna. Hartmut Worgul, aus Prigelsdorf, Kreis Johannisburg (Ostpreußen), Frl. Gertrud Ratty, letzter Wohnort Johannisburg, Stadtrandsiedl. 55 Ostpreußen. Gesucht werden Sulimmer Bekannte, Kreis Johannisburg. Wer kann darüber Auskunft geben? Entstehende Unkosten werden ersetzt. Nachricht erb. Friedhelm Weigt, Datteln-Pelkum 17, Kreis Recklinghausen (Westf.).

 

Ostpreußen! Suche Frau Erna Pfeiffer, geb. Hohmann, aus Glottau, Kr. Heilsberg. Im Februar 1945 verschleppt. Nachricht erbittet: Bruno Pfeiffer. (23) Stenum, Post Schierbrok (Oldenburg).

 

Russlandheimkehrer! Wer kann Auskunft geben über meinen Sohn, den Fahnenj.-Unteroffizier Hans-Eckhart Nendel, geb. 25.08.1924 in Elbing-Westpreußen. Letzte Nachricht 20. März 1945 aus Pommern. Feldp.-Nr. 00 339. Flakeinheit. Nachricht erbittet Gertrud Nendel. (14b) Rot-tenburg a. U., Marktplatz 19.

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Mann Franz Engel, geb. 10.03.1881 in Underwangen. Aus Freudenberg. Kreis Wehlau/Ostpreußen. Zuletzt gesehen im August 1946 in Freudenberg mit Frl. Emma Holstein. Nachricht erb. Frau Auguste Engel, (24 a) Balje, über Stade, Faulenhofe.

 

Gefr. Emil Lask, aus Waldwerder Ostpreußen, letzte Feldpost-Nr. 25 873 B. wird gesucht von seiner Ehefrau Charlotte Lask, Jetzt wohnhaft in Bruchweiler bei Kempfeld, Kreis Bernkastel, Rheinland-Pfalz.

 

Wer weiß etwas vom vermisten Baumeister Scholz, Allenstein? In Rulle wurde bekannt: einige Schlesierinnen wissen etwas von ihm. Wo sind sie? Stud.-Rat Dr. Scholz, Rheinbach, Hauptstraße 22.

 

Achtung! Königsberger. Ostpreu ßen! Obst- u. Gemüsehändl. Artur Augustin sucht Zeugen, daß Ich politisch Inhaftiert war; daß ich Kriegsbeschädigten-Rente bezogen habe Schausteller Arno Eisermann — Otto Albrecht, bitte melden. Artur Augustin, Freilingen Uber Blankenheim (Eitel).

 

Ostpreußische Schicksalsgenossen! Wer kann Auskunft geben über den Verbleib meiner Frau Eliese Mollenhauer, geb. Lindenau. Habe von Nachbarn erfahren, dass sie 1945 im Lager bei Gerdauen gewesen sein soll. Heimatanschrift Amwalde. Kreis Insterburg. Jetzige Anschrift Hermann Mollenhauer, Dorste 114 über Northeim/Harz.

 

Wer kann Auskunft geben über Frau Martha Zimmermann, geb. Dugnus und ihre Kinder Wolfgang u. Gisela aus Tilsit/Ostpreußen, Moltkestraße 4. Letzter Wohnort Horstfeld. Kreis Ripping/Westpreußen. Von dort am 19.01.1945 nach Bromberg/Westpreußen geflüchtet. Für Auskunft ist dankbar Frau Toni Hefft, (20 a) Mehrum über Lehrte.

 

Wer kann Auskunft geben über meinen Mann, den Volkssturmmann Johannes Troschien, Amtsgericht Königsberg. Zuletzt gesehen worden am 7.04.1945 in Königsberg, Berliner Straße. Geb. am 01.07.1880. Nachricht erb. an Anna Troschien, (10) Rochlitz (Sachsen), Leipziger Straße 18.

 

Hellmut Zilian, geb. 04.11.1899, Hauptmann u. Batl.-Kdr„ letzte Feldpostnr. 28515 A, Stadtoberinspektor in Königsberg Pr., ist seit 31. Januar 1945 in Ostpreußen verschollen. Kameraden meldet euch bei der Ehefrau Else Zilian und Sohn Siegfried in (17b) Reichenbach bei Lahr (Baden) Schulhaus.

 

Gren. Herbert Lange geb. 19.09.1902, Feldpostnr. 16244 a, zuletzt Königsberg (Ponarth) Prokurist und Mitinhaber der Bau- und Nutzholzhandlung Walter May, Königsberg, General-Litzmannstr., wird von seiner Frau gesucht. Letzte Nachricht vom Februar 1945. Mitteilungen erb. an Frau Elli Lange, Amberg (Obpf.) Haselmühlstraße 59 (Bayernwerk).

 

Gesucht wird Heinz Witt, geb. 13.01.1921 in Bischofswerder. Letzte Nachricht vom 04.01.1943 unter Feldpostnummer 21 519 B. Er war bei Stalingrad eingesetzt. Nachricht erbitten die Eltern. Bauer Karl Witt und Frau Johanne Witt, aus Karrasch, Kreis Rosenberg, Westpreußen, über das Flüchtlingsamt Stadt Celle, An der Stadtkirche 1

 

 

Seite 12   Hermann Blöde aus Nidden

 Allen Freunden der Kurischen Nehrung aus der Zeit nach dem ersten Weltkriege dürfte die Gestalt des alten Herrmann Blöde aus Nidden wohlbekannt sein. Er war Besitzer jener eigentümlich schönen Gaststätte, die aus dem niedrigen Bau einer alten Dorfkneipe, mehreren neuen Anbauten, der hinten im Garten liegenden Dependance „Villa Luise" sowie aus zwei großen gedeckten Terrassen, gleichzeitig Ausstellungsräume der Niddener Malerkolonie, und einer offenen Sonnenterrasse bestand, deren vorgeschobene Pfeiler von den Wellen des Kurischen Haffs umspült wurden. Unvergesslich dieser ganze schöne Betrieb, der einen durchaus genial künstlerischen Anstrich trug. Unvergesslich das Schlafen in jenen stillen kleinen, einfach ausgestatteten Stuben mit dem Blick auf das mondlichtüberglänzte Haff, zauberhaft das Frühstück auf der frühmorgendlich einsamen Sonnenterrasse, wenn das glühende Tagesgestirn von der Tilsiter Niederung her sich in den weiten Wassern des Haffs spiegelte und tausend zarte Farben aufleuchten ließ. — Wehmütige Erinnerungen an ein verlorenes Sommerparadies...

Dieser große Betrieb wurde zwar von der sehr tüchtigen Tochter Herrmann Blödes und seinem Schwiegersohn, einem Kunstmaler, geführt. Aber anerkanntes Oberhaupt des Betriebes und Mittelpunkt der großen Gästegemeinschaft war und blieb bis in seine letzten Lebensjahre hinein, über die engen Provinzgrenzen weit hinaus bekannt, der alte Blöde. Wenn er am frühen Morgen auf der Terrasse erschien, angetan mit ausgetretenen Filzpantoffeln und einer leicht mitgenommenen Hose, deren Boden fast bis zu den Kniekehlen herabhing, den Oberkörper mit einer speckigen alten Jacke bekleidet, unter der ein selten sauberes, kragen- und schlipsloses Hemd hervorlugte, darüber das unrasierte Kinn, dann traten ihm seine Freunde unter den Gästen mit einem herzlichen „Moin, Herr Blöde", entgegen, in der unverkennbaren Absicht, ihm die Hand zu schütteln. Er aber, von Natur zurückhaltend und äußerst wortkarg, blickte, wie abwesend, ein wenig missvergnügt aus kleinen wasserblauen Augen hinter der angelaufenen Stahlbrille erst über das sonnen glänzende Haff, dann zum Himmel hinauf und, wenn man Glück hatte, schließlich auch auf den Gast, ehe er zögernd die Rechte aus der Hosentasche zog, zu flüchtigem Gruß ausstreckte und sich ein paar Worte von der Seele rang. Das ereignete sich jedoch nur bei seinen Freunden unter den Gästen. Die er aber nicht leiden konnte - und deren gab es so manche - übersah er verächtlich, als sei er taub und blind geboren.

 

In Königsberg gab es einen Juwelier A., der durch seine fast leidenschaftlichen schauspielerischen Neigungen viel von sich reden machte. Nach dem 1. Weltkrieg hatte er, durchaus kein Jüngling mehr, jahrelang als Amateurspieler des Neuen Schauspielhauses die Gestalt des Franz Moor in Schillers Räubern verkörpert. Übrigens eine durchaus beachtliche künstlerische Leistung. Schließlich gelang es den Berufsschauspielern, ihn aus dem Theater zu verdrängen. Was aber tat der unermüdliche Mann, der seinen Juwelierberuf offenbar nur als ein notwendiges Übel betrachtete? Er hielt in seiner großen schönen Wohnung vor geladenen Gästen Privatlesungen ab. Kleinere Dramen von Shakespeare und Marlowe, Cervantes, Calderon und Lope de Vega nahmen seine Zuhörer gefangen. Mit wenigen Requisiten wie etwa einem Kochtopf, einem Spaten oder einem Bettlaken versehen, wusste er als alleiniger Darsteller den Dichtergestalten ein phantastisch lebendiges Leben zu verleihen. Oder er sprach in fast revolutionären Ausführungen über „moderne Lyrik der Welt". Rainer Maria Rilke war für ihn „der größte deutsche Lyriker". Er bewies es, indem er, die zarten Verse mit tiefer Beseelung rezitierend, seine Gäste packte und zu erschüttern vermochte.

 

Besagten Juwelier und Schauspieler A. reizte ich schließlich durch meine enthusiastischen Schilderungen zum Besuch der Kurischen Nehrung, die er, obwohl geborener Königsberger, noch nie gesehen hatte, und empfahl ihm den Gasthof von Herrmann Blöde. Er meldete sich dort an, machte sich auf und fuhr mit seiner Gattin nach Cranz bzw. Cranzbeek, von dort mit einem der schönen neuen Passagierdampfer über das Haff und erschien zu einer etwas außergewöhnlichen Zeit, nämlich zum Mittagessen, bei Blöde, als die Terrassen mit schmausenden und plaudernden Gästen überfüllt waren und die bedienenden Mädchen und Kellner alle Hände voll zu tun hatten, um die Gäste möglichst rasch zu befriedigen. Mit schauspielerischem Aplomb trat er, der Aufmerksamkeit Gewöhnte, mitten in die vordere Terrasse und blickte die dienenden Geister herausfordernd an. Niemand kümmerte sich um ihn. Schließlich fuhr er ein Mädchen ungnädig an: was das hier für ein merkwürdiger Betrieb sei. in dem man sich um die Gäste nicht kümmere, er wolle sofort Herrn Blöde sprechen.

 

Nach geraumer Zeit erschien der alte Blöde - in der gewohnten Aufmachung. Der nervös gewordene Gast musterte ihn erstaunt von Kopf bis zu Fuß und fuhr ihn schließlich an.

„Sind Sie Herrmann Blöde?" Dieser, über den heftigen Ton ungehalten, begann nun seinerseits den Gast sehr aufmerksam von Kopf bis zu Fuß zu mustern und sagte schließlich mit gewohnter Bierruhe: „Ja! - und? - " Darauf legte der Gast los. Was das hier für ein Saubetrieb sei, man käme als wohl angemeldeter Gast hierher, nach einer anstrengenden Reise zu Lande und zu Wasser staubbedeckt und müde und werde so behandelt, als sei man eine „quantite negligeable"... nirgendwer…“

 Diese Bemerkungen, gerieten dem alten Blöde, in die falsche Kehle. Er wisse von nichts, wisse auch gar nicht, um wen es sich eigentlich handele. Und, nach Aufklarung: ja, so diesen Namen kenne er gar nicht und er wisse auch nichts von einer Voranmeldung. Was stimmen' mochte, denn solche Angelegenheiten erledigte das Büro in Gestalt seines Schwiegersohnes, aber es klang reichlich aufreizend und war auch sicherlich so gemeint.

Nun standen sich die beiden alten Herren mit zornroten Köpfen gegenüber und maßen sich funkelnden Blickes. .

„Wie man hier als Gast behandelt wird, spottet jeder Beschreibung", stieß A. mit tremolierender Stimme hervor. „Wenn es sich um einen x-beliebigen jungen Mann handeln würde, ließe man es sich noch gefallen. Aber ein Mann meines Alters..." Hier verschluckte sich der Redner und schwieg empört... er hatte wohl hinzufügen wollen: „und meiner Prominenz.:."

„Wie alt sind Sie eigentlich?" fuhr er den alten Blöde an.

„Achtundsechzig!" Die Antwort kam ^wie aus der Pistole geschossen. - „Und Sie??"

„Fünfundsechzig!" antwortete A. pikiert.

Darauf Blöde mit Nachdruck, ungeheuer verächtlich und außergewöhnlich ostpreußisch: „Schnoddernees!" - Sprach's, machte kehrt und schlürfte unter dem schadenfrohen Gelächter der höchlich amüsierten Zuhörer dieses Streites langsam davon. 

Wutschnaubend verließ A. das Lokal und zog zum „Kurischen Elch", dem litauischen Konkurrenten Blödes. Gegen Abend traf ich ihn auf einem Waldwege. Da hatte er sich bereits beruhigt und erzählte mir lachend seine erste Begegnung mit Vater Blöde. Es gelang mir dann, die Kontroverse zu bereinigen und A. noch am selben Tage den Einzug in das Haus Blöde zu ermöglichen... Aber der alte Blöde hat auch in der Folgezeit die hingestreckte Hand des A. oft genug geflissentlich übersehen... zu seinen „Freunden" durfte A. sich niemals rechnen.  

An einem Morgen dieses Urlaubs erschien A., ansonsten ein anerkannter Langschläfer, ungewöhnlich früh auf der Sonnenterrasse und brach sofort in stürmische Rufe der Begeisterung aus.

Haff, in der Sonne leuchtende Dünen, grüne Ufer, Niederung, die markante Windenburger Ecke mit ihrem schlanken Leuchttürmchen breiteten sich in schier überirdischer Klarheit und einer zauberhaften, duftigen Schönheit vor unsern Augen aus. Zahlreiche Möwen zogen ihre schlanken Kurven über den seidig blauen .Himmel und stießen schrille Rufe aus. Von Zeit zu Zeit fuhr eine gelinde Brise über das Wasser und teilte es in dunkelblaue, unruhig blitzende und funkelnde Flächen und stille silbrige Seen, in denen sich die frohe Sonne spiegelte. Weit draußen glitten Kurkähne mit ihren weißen Segeln und den meterlangen holzgeschnitzten Wimpeln an den Mastspitzen dahin wie eine Schar lautloser, ferner Wassergeister. Die Fischer von Nidden und Pillkoppen kehrten von ihrer anstrengenden Nachtarbeit in den Hafen zurück.

 

Während A. in seiner lauten Begeisterung über alle diese herrlichen Dinge sich förmlich überschlug, saßen die wenigen Gäste, die zu dieser frühen Stunde schon auf den Beinen waren, stumm vor ihrem Frühstückstisch und lauschten ein wenig bekümmert dieser heillosen Suada. Der alte Blöde aber stand an der Terrassenbrüstung, schaute auf das Haff hinaus und tat so, als sehe und höre er nichts.

 

Plötzlich entdeckte der zappelige A. das nachgerade berühmte Fernrohr des Hauses Blöde. Es war dies ein gewichtiges uraltes, doppelt langes Schifferfernglas mit gewaltigem Auszug, das seinen Angestammten Platz an einem Nagel neben der Terrassentüre hatte. Wer es benutzte, war streng gehalten, es sofort nach Gebrauch wieder an den Nagel zu hängen. Vater Blöde konnte recht unangenehm werden, wenn es ein unwissender Gast achtlos auf dem Tisch liegen ließ.  

Dieses Fernrohr entdecken und darauf zustürzen, war für A. eins! Er riss es vom Nagel, presste es aufgeregt vor die Augen, richtete es in seiner heftigen Art nach links, nach rechts, nach oben, nach unten, und nun wurden seine Begeisterungssturms womöglich noch größer. Dabei wandte er sich ausschließlich an Blöde ... Der aber starrte geradeaus und – schwieg … 

Schließlich riss A. denn doch der Geduldsfaden.  Herausfordernd trat er zum alten Blöde, schwang das Fernglas wie eine Trophäe hoch in der Luft und rief aus: „Ah - Papa Blöde! - Das ist ja ein ganz köstliches Glas! Damit kann man ja direkt erkennen, was der Koch in der Kombüse kocht …Sagen Sie, Papa Blöde, kann man das Glas nicht mal auf die Hohe Düne mitnehmen? Von dort aus sieht man ja zu weilen ‚n richtiges Kriegsschiff über den Horizont schaukeln. Ich möchte gerne sehen, was die Herren Offiziere in ihrer Messe zu speisen haben."  

In nationalen Dingen verstand der alte Blöde keinen Spaß, und so sagte er, in breitester ostpreußischer Mundart langsam skandierend, jedes Hauptwort überbetonend.  

„Ich habe Blärrgläserrr, Wäingläserrr, Schnapsgläserr-, aber ich habe nur ä - in Färrnglas - und das bekommen Sie nicht!!!“ 

A. erzählte diese Geschichte später in Königsberg selbst und hatte damit die Lacher auf seiner Seite. Aber, solange er noch zu leben hatte und so oft er auch nach Nidden wieder hinauszog, seine Liebe zum alten Blöde blieb durchaus einseitiger Natur. - Er starb übrigens 1933, bald nach dem nationalsozialistischen Umsturz, durch eigne Hand. Lebhaften Geistes, wie er nun einmal war, und ein Mensch von durchaus edler Natur, sah er wohl sein und seiner Artgenossen düsteres Schicksal voraus und entfloh ihm auf diese Weise ... Er war Jude.  

Und noch eine dritte Geschichte, vom alten Blöde, wäre zu erzählen. Ich wage es zu tun, obwohl sie etwas anstößiger Natur ist. Aber sie hat den Vorzug nicht nur der unbedingten Wahrheit, sondern sie charakterisiert auch den alten Blöde und seinen trockenen, durch nichts zu erschütternden Humor in treffender Weise.  

Einer meiner Freunde, ein junger Arzt, traf in einem Sommerurlaub mit seiner sehr jungen, zarten Freundin bei Blöde zusammen Am ersten Morgen saßen sie sehr frühzeitig auf der völlig einsamen Terrasse und frühstückten stumm, ganz in sich und in den Anblick der reinen Natur versunken. Die junge Dame war reizend angezogen. Zu einer duftigen, weißen, enganliegenden Bluse trug sie eine dunkelblaue, gutsitzende, lange Männerhose, für jene verlassene Gegend ein durchaus passendes und recht kleidsames Kostüm.

 

In dieses Idyll schlürfte der alte Blöde hinein, wie immer wesenlos vor sich hinstarrend. Mein Bekannter, der sich schmeicheln durfte, zu Blödes „Freunden" zu zählen, sprang auf und begrüßte ihn. Und dann stellte er seine junge Freundin vor.

Blöde, an diesem Morgen offenbar gönnerhaft aufgelegt, warf einen stechenden Blick auf die zarte Erscheinung und begann sie dann immer aufmerksamer zu mustern. Fast ein wenig lüstern strichen seine Äuglein von oben nach unten und von unten nach oben, blieben an den zierlichen Rundungen, die die immer verlegener werdende junge Dame gar lieblich umplauderten, ungebührlich lange haften, bis sie plötzlich einen spitzbübischen Ausdruck bekamen. Dann sagte er gewissermaßen zur Begrüßung, sehr gelassen und fast genießerisch.

„Eine scheene junge Dame, warrafftigen Ghott! Das muss selbst der blasse Neid lassen … Aber sagen Sie, Mariellchen, wozu haben Sie eigentlich den "Schlitz da vorne in der Hose, den können Sie doch gar nicht' brauchen...!"

 

Zum letzten Male sah ich den alten Blöde in seiner ganzen urwüchsigen Frische und Gelassenheit im Jahre 1930. Ich gab damals meine Assistentenstelle an der Chirurgischen Universitätsklinik auf, um ins Reich auszuwandern. Schweren Herzens verließ ich die Angestammte Heimat. Noch einmal trieb es mich hinaus auf die Nehrung. Es war Mittte März, für ostpreußische Verhältnisse früh im Jahr, als ich von Cranz aus mit Rucksack auf dem Buckel durch den Sarkauer Wald auf die Nehrungsdünen hinauszog. Beim Gedenken an jene unvergleichlich schönen und starken Eindrücke wollen mir heute noch die Tränen kommen. – Ich erlebte die Nehrung, wie man sie selten zu sehen bekommt: in Schneestürmen, mit dem brausenden Meer zur Linken und dem weiß schaumigen Haff zur Rechten, unter den Füßen den gleitenden fliegenden Dünen-Sand. Zauberhaft, wenn dann plötzlich die Wolken aufbrachen und die überklare Märzsonne ihre glühenden Strahlen, zu mir herab sandte.

 

In Rossitten verbrachte ich die erste sturmgepeitschte Nacht. Ich las das „Majorat" von unserm phantastischen Landsmann E. T. A. Hoffmann. Vor Aufregung vermochte ich kaum zu schlafen, denn in dieser Novelle wird ja das unheimliche Element der Nehrung fabelhaft dargestellt, zudem spielt sie bekanntlich „im Schloss von Rossitten". Bis in meine Träume verfolgte mich der dumpfe Ruf des ermordeten Schlossherrn: „Daniel, Daniel, was machst du hier zu dieser Stunde." Immer wieder fuhr ich aus dem Schlafe hoch, unheimlich, mischte sich das Toben des Sturmes und das Brechen der Wellen mit dem Gang der Handlung dieser Erzählung.

 

Der nächste Tag war still. Eine gleichmäßig graue Wolkendecke zog sich über den Himmel, man spürte Vorfrühlingswärme, und der Schnee schmolz langsam dahin. Pillkoppen blieb tief unter mir liegen. Dann kam die Wanderung über die viele Kilometer lange große Wanderdüne zwischen Pillkoppen und Nidden, die mit der scharf gratigen Hohen Düne und dem weit in das Haff vorstoßenden niddener Dünenhaken endet. In der beginnenden Abenddämmerung schritt ich über die breite niddener Dorfstraße, auf der sich im wandernden Scheinwerferlicht des Leuchtturms diesmal nicht Kurgäste, sondern ausgelassene junge Fischerburschen und ihre Freundinnen im Sonntagsstaat bewegten. Bei Blöde, wo man mich erwartete, wurde ich herzlich aufgenommen. Da ich einziger Gast des Hauses war, zog man mich zum Familientisch zu, an dem die weißhaarige alte Frau Blöde ihres stillen Amtes waltete.   

Zur Nachtzeit brach wieder ein Frühlingssturm aus, diesmal von Osten her. Man hörte das aufgeregte Haff unter den Fenstern rauschen. Wir Männer aber, Vater Blöde, sein Schwiegersohn und ich, saßen bei einem steifen Glase Grog neben dem gemütlich bullernden Ofen. Vater Blöde erzählte unermüdlich alte Fischer- und Gespenstergeschichten von Nidden und dem Haff, und zu vorgerückter Stunde rezitierte ich mit schwerer Zunge jene berühmten Verse aus „Dhapnis, Freß- und Sauflieder" unseres Landsmannes Arno Holz, die mit den Worten beginnen:

 Wie das friert und wie das schneit!

Oh, du angenähme Zeit.

Der Ofen bufft und knallt,

Das Feuer in ihm tukkert.

Itzt ist der ganze Wald

Mit Eis bezuckert.

Dorillgen, sitzt dir ans Spinett,

Itz drillr' ich dir ein Quodlibet.

 

Als alsdann, immer weiter „im Opitzton",

die Verse kamen:

 

Ei ei, was ist denn dorten drin,

Was seind das für Öpfelchin,

Gar zart seind sie erbaut

Und ümb und ümb aus Haut . . .

 

da lachte der Alte wie ein Satan. - Ich war in der „Villa Luise" untergebracht. Nur mit Hilfe des kräftigen, alkoholgewöhnten Schwiegersohnes fand ich schließlich ins Bett. Als ich am nächsten Morgen erwachte, lag unter dem offenen Fenster eine Schneewehe in der Stube.

 

Es folgten ein paar köstliche Tage, wechselnd zwischen frühlingshafter Sonnenwärme und herbem Nachwinter. Alle Lieblingsplätze wurden aufgesucht, und einmal, als die klare Sonne besonders warm hernieder schien und sich kein Lüftchen rührte, wurde ein kurzes Bad mit anschließendem Strandlauf riskiert. Fischer hatten dies aus der Ferne beobachtet und dem alten Blöde berichtet. Ausgerechnet an diesem Tage kam ich erst lange nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Der alte Blöde, im Tiefsten um seinen Gast besorgt, hatte bereits Kundschafter zur See hinausgeschickt, weil er befürchtete, mich habe der Schlag getroffen. Als ich dann frisch und munter vor ihm stand, blinkte aus seinen Augen, obwohl er mich weidlich heruntermachte, eine ehrliche Freude.  

Dann zog ich weiter, über Schwarzort nach Memel. Den letzten Morgen werde ich nie vergessen. Vater Blöde leistete mir beim Frühstück Gesellschaft. Es gab gebratenen Speck mit Spiegelei auf ostpreußische Art, dazu einen kräftigen Kornschnaps. „Damit Ihnen nich’ iebel wird von dem vielen Fätt, lieber Dokter", meinte Vater Blöde und schenkte mein Glas, das an sich schon doppelstockig war, zum zweiten Male voll. Dann standen wir vor dem Hause, neben der grün-weiß gestreiften Pumpe, deren quietschender Schwengel gerade von Annchen, dem dienenden Hausgeist, eifrig bewege wurde. Der alte Blöde schaute mir lange wortlos in die Augen. Dann schlang er zum Abschied seinen Arm um meinen Hals und drückte mir einen herzhaften, stachelbewehrten Kuss auf die Backe. – Was ich mir durchaus zur Ehre anrechnete. – Es war, als ahnte er den Abschied für’s Leben. Denn als ich ihn nach Jahren wiedersah, saß er, ein gelähmter Greis, hilflos in einem Sessel am offenen Fenster und schaute wie je mit seinen trübe gewordenen Augen hinter der Stahlbrille zum blauen Himmel und zur Sonne hinauf. Aber er erkannte selbst seine „Freunde“ nicht mehr.

 Dr. Ernst Melzner, Irschenhausen über München

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